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willige bewusste Akt der Unterwerfung, endlich nur die äußere Handlung, „die
der Unterwerfung als Wirkung und Abhängigkeit derselben folgt.“ „Das Wort
'anbeten' („adorer“), schrieb er etwas weiter unten, von wo es immer ausgegangen
sein mag, will nichts anderes sagen, als Ehre erweisen, entweder Gott oder Krea-
turen. Und was immer damit gemeint sei, das einfache gemeine Volk empfindet,
dass es ein Wort sei, das nur der Gott geschuldeten Ehre eigen ist.“
Bleiben wir dabei, mit dem einfachen Volk, bei der Gott geschuldeten Ehre.
Eine der besten Arten, ihm Ehre zu erweisen, wird Franz (von Sales) eines Tages
in einer Predigt darlegen: Sie besteht darin, ihm ein „Opfer des Lobes“6 („un sac-
rifice de louange“) darzubringen. Seine fromme Seele floss über im Kommentar
zu diesem Audruck: „Ein Opfer des Lobes bringen ist nichts anderes, als Gott zu
loben und zu verherrlichen für seine Barmherzigkeit und Gnade. Die göttliche
Majestät zu lobpreisen ist ein Akt, den jeder Mensch zu vollziehen verpflichtet ist,
und den niemand unterlassen darf. Man darf nicht die Pflicht leugnen, die jeder
hat, Gott zu loben, aufgrund seiner Wohltaten, ebenso wenig wie man nicht leug-
nen können wird, dass ein Gott existiert, welcher der Schöpfer und Lenker der
Welt ist. Die heidnischen Philosophen waren gezwungen, ihn zu bekennen, ob-
wohl sie noch nicht vom Licht der Wahrheit erleuchtet waren. Cicero, wie mehre-
re andere, hat frei anerkannt, dass eine Gottheit existierte, und niemand anderer
als nur sie den Menschen erschaffen, noch dieses große Weltall regieren und er-
halten konnte. Und die christliche Lehre unterrichtet uns, dass wir Gott allzeit
loben sollen: wenn wir trinken, essen, wach sind oder schlafen, während des Ta-
ges, in der Nacht, weil wir zu jeder Zeit die Wirkungen seiner Gnade (seines Er-
barmens) verspüren. Alle guten Christen tun dies, wenn sie den Gottesdiensten
beiwohnen oder in die Kirchen gehen, um Gott kennen zu lernen, ihn zu loben,
ihn anzubeten, und wenn sie ihn inmitten der anderen Tätigkeiten lobpreisen und
ihn anrufen.“7 Man erkennt in diesem Finale die Spiritualität des Alltags, die dem
heiligen Franz so wertvoll war. Es ist möglich, Gott immer und überall anzubeten.
Der Christ bringt sein „Opfer des Lobes“ in der Kirche dar, aber auch inmitten der
Fügungen und Arbeiten seiner Tage. Die Kirchen und die Statuen sind nicht uner-
lässlich für den, der Gott „im Geist und in der Wahrheit“ anbetet.
Eine schwierig gewordene Geste
Die Welt hat sich seit Franz von Sales gewandelt. Er fand überall Räume für die
Anbetung Gottes, während Gott und die heilige Dreifaltigkeit heute aus dem tägli-
chen Leben der Menschen verbannt worden sind. In weiter Ferne ist die Zeit, wo
der Psalmist Gott die Berge erschüttern, das Meer unter den Füßen der Hebräer
spalten und die Führung ihrer Armeen an sich nehmen sah. Gott hat keinen Le-
bensraum mehr in der zeitgenössischen Welt. Der Prozess der Säkularisierung, der
dazu gelangt, den Menschen von der Hypothese Gottes zu befreien, macht die
Frage der Anbetung unnötig. Das Wort tendiert sogar dazu, aus den Vokabularen,
ja selbst den theologischen, zu verschwinden.8 Die zeitgenössische Kultur bevor-
zugt eher von Gott zu sprechen, als mit Gott, in einem Kontext von Gebet und
Anbetung. Aus diesem Grund bewahrt in der katholischen Christenheit allein die
Realpräsenz des Sohnes Gottes in der Eucharistie einen Raum der Anbetung.
Deswegen genügt es den Salesianern, was die Anbetung betrifft, sich selbst
(Francis Desramaut, Einhundert Schlüsselworte der salesianischen Spiritualität,
Art.: „Adoration“ - „Anbetung“