Don Bosco – Das Stichwort
Mit Sachverstand und Mut
zum Wohl junger Menschen
18 · Don Bosco Magazin 3/2008
Die „Vernunft“ ist im Drei-
klang der drei pädagogischen
Säulen Don Boscos (Ver-
nunft, Religion, Liebenswür-
digkeit) immer das erstge-
nannte Prinzip. In einer Zeit,
in der viele Menschen vor
allem auf das Gefühl zu set-
zen und Vernunft und Ver-
stand auszublenden schei-
nen, erscheint es nicht gerade
modern, diese zu einem der
Grundprinzipien der Pädago-
gik zu erheben. Doch eine
ganzheitliche Pädagogik
kann auf sie nicht verzichten.
Der Praktiker Don Bosco hat-
te nicht so sehr das philoso-
phische Verständnis von Ver-
nunft im Blick. Er versteht
darunter „den ‚praktischen
Sinn’ und den ‚gesunden
Menschenverstand’ in der Be-
wältigung der erzieherischen
Aufgaben“ (Nikolaus Endres).
Dies schließt Tugenden wie
Klugheit, Besonnenheit, Maß
und Respekt sowie Verständ-
nis für die Eigenarten des jun-
gen Menschen ein. Eine ver-
nünftige Pädagogik im Sinne
Don Boscos zeigt sich in ver-
schiedenen, einander ergän-
zenden Momenten.
Eine vernünftige
Pädagogik
Sie beginnt für Don Bosco da-
mit, die jungen Menschen
vorurteilsfrei zu sehen, wie
sie sind und wo sie stehen.
Nur wer ihre Situation mög-
lichst gut kennt und in den
Angeboten auf ihre Bedürf-
nisse und Nöte angemessen
einzugehen weiß, kann ein
guter Erzieher sein.
Dabei ist es für Don Bosco
zentral, unerschütterlich an
die Möglichkeiten des jungen
Menschen zu glauben: „In je-
dem, auch im Unglücklich-
sten, gibt es einen Punkt, wo
er für das Gute zugänglich ist;
und die erste Pflicht des Er-
ziehers ist es, diesen Punkt
des Herzens zu suchen und
fruchtbar zu machen.“ Wer
wie Don Bosco mit einem re-
alistischen und zugleich opti-
mistischen Menschenbild an
junge Menschen herangeht,
kann ihnen helfen, den Ruf
Gottes in ihrem Herzen zu
entdecken und ihre Wachs-
tumspotentiale freizusetzen.
„Väterliches Prinzip“
Don Bosco war sich bewusst,
dass vor jeglichem pädago-
gischen Tun ein förderliches
Umfeld von größter Bedeu-
tung ist. Dieses wird durch
ein ganzheitliches und ju-
gendgemäßes Raumangebot
(„Haus“, „Spielhof“, „Schule“,
„Kirche“), ein familiäres und
frohes Klima und vor allem
durch das personale Angebot
geprägt. Erzieher, Lehrer, Ju-
gendseelsorger und ältere Ju-
gendliche sollen durch ihre
Präsenz („Assistenz“) als Vor-
bilder animierend wirken.
Um den jungen Menschen für
das Gute zu gewinnen, setzt
Don Bosco nicht auf Strafen
oder auf einen autoritären Er-
ziehungsstil. Er traut den Ju-
gendlichen etwas zu und
sucht sie durch Argumentati-
on und Einsicht für Werte zu
gewinnen. Gespräch und Di-
alog sind für ihn zentral, wie
zum Beispiel das „Wort ins
Ohr“ oder das „Gute-Nacht-
Wort“. Damit kommt das „vä-
terliche Prinzip“ der Pädago-
gik zur Sprache, das in einer
zunehmend „vaterlosen Ge-
sellschaft“ von wachsender
Bedeutung ist.
Eine vernünftige Pädagogik
setzt dabei auch pädagogisch-
pastorale Kompetenz und die
ständige Bereitschaft zur Re-
flexion und zeitgemäßen
Weiterentwicklung voraus.
„Ich habe immer so gehan-
delt, wie es die Umstände er-
forderten und wie der Geist
Gottes es mir eingab“, fasst
Don Bosco sein Verständnis
des pädagogischen Grund-
prinzips der Vernunft zusam-
men. Letztlich heißt es nichts
anderes, als sich im Blick auf
die Zeichen der Zeit mit Sach-
verstand, Klugheit und Mut
zum Wohl junger Menschen
zu engagieren. Die „Vernünf-
tigkeit“ ihres pädagogisch-pa-
storalen Handelns ist damit
ein bleibendes Qualitäts-
merkmal, an dem sich all die
messen lassen müssen, die im
Geiste Don Boscos leben und
arbeiten.
P. Reinhard Gesing (45)
leitet das Institut für
Salesianische Spiritualität in
Benediktbeuern. In unser
Serie erläutert der Theologe
Schlüsselbegriffe des Er-
ziehungsmodells Don Boscos.