GO-HomSanCallisto2009


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HOMILIE DES GENERALOBEREN PFINGSTMONTAG 2009 IN SAN CALLISTO VOR
DEM RELIQUIENSCHREIN DON BOSCOS
Tob 1,1a.2; 2,1-9; Mc 12.1-12
Liebe Mitbrüder,
gestern haben wir das Pfingstfest gefeiert, das Fest der Herabkunft des Hl. Geistes auf die
Apostel und Jünger. Von Seinem Licht erleuchtet, entflammt von Seinem Feuer und aus
Seiner Kraft haben diese Frauen und Männer redegewandt, mutig und überzeugend Zeugnis
abgelegt für ihrem Herrn Jesus und sein Evangelium.
Vom Hl. Geist geführt geht die Kirche als lebendige Gegenwart des Auferstandenen seit dem
Tag immer weiter voran. Sie leistet ihren Beitrag zur Heiligung und Befreiung der Menschen,
sie trägt dazu bei, dass der einzelne Mensch und auch die Gesellschaften neu werden, damit
so der wunderbare Heilsplan Gottes ganz Wirklichkeit werden kann.
Wir sind hier an den Kallixtus-Katakomben zusammengekommen, an einem Ort, der durch die
Martyrer der ersten Jahrhunderte geheiligt ist und Zeugnis ablegt für den festen Glauben,
die Hoffnung und die Liebe vieler Frauen und Männer, Priester und Laien, Erwachsener und
junger Menschen.
Mit unserem Besuch am heutigen Tag hier, zu Beginn der Sommersitzungen des Generalrats,
fällt die Ankunft des Reliquien-Schreins Don Boscos zusammen. Der Hl. Geist bringt uns in
der Person unseres lieben Stifters und Vaters wieder unsere Anfänge nahe, damit wir Licht
finden, Kraft schöpfen und unsere Treue zu seinem geistlichen und apostolischen Konzept
stärken können.
Was und wie wir sind und leben sollen, welchen Weg wir dabei einschlagen sollen, das zu
verstehen hilft uns auch jetzt wieder die Hl. Schrift mit den heutigen Lesungen aus dem Buch
Tobit und dem Markus-Evangelium. Beide Schriftstellen sind ganz unterschiedlich, beleuchten
so aber, fast wie Gegenlicht-Aufnahmen, zwei Arten, wie man sein Leben leben kann:
Man kann es gierig an sich reißen und für den eigenen Vorteil – oder das, was man dafür hält –
bis zum Äußersten ausnutzen und genießen wollen – so wie es die Winzer gemacht haben, die
zuerst „nur“ unredlich waren und dann sogar zu Mördern wurden. Und man kann es mit einem
großen und weiten Herzen verbringen, das immer nach dem Guten trachtet, sich nicht um das
Urteil anderer Menschen kümmert, frei und rechtschaffen handeln, wie Tobit es gemacht
hat. Die Winzer dachten nur an ihren eigenen Vorteil, Tobit war gastfreundlich, barmherzig
und wohltätig, setzte sogar sein Leben aufs Spiel für andere. Die einen lebten eigennützig und
nur an sich und ihrem Vorteil interessiert, Tobit verhielt sich solidarisch mit dem Leiden
seines Volks. Das sind keine Lebensmodelle aus einer anderen, fremden und fernen Welt, es
gibt sie auch heute, ganz in unserer Nähe. Sie stehen vor uns in unserem Alltagsleben, bei
jeder Aufgabe, vor die das Leben uns stellt – an uns ist es, uns zu entscheiden. Aber schauen
wir einmal, was die Texte uns sagen.
Die erste Lesung aus dem Buch Tobit bietet uns nicht so sehr eine geschichtliche Erzählung
an, sie ist vor allem eine Lehrschrift, die auch erbauen soll. Als fiktive und gleichnishafte
Erzählung will sie eine Moral lehren, wobei zwei Personen besonders heraustreten. Wir sehen

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da vor allem einen Gott, der immer für seine Getreuen sorgt, sie zwar prüft, aber sie dann
auch belohnt. Daneben sehen wir den wahren, echten Gläubigen, der sich besonders durch die
strenge Einhaltung des Gesetzes des Herrn und durch die Liebe zu den Brüdern auszeichnet.
Der „Held“ der Erzählung wird beschrieben als ein Jude, der auch im Exil „den Weg der
Wahrheit und der Gerechtigkeit“ nicht verlässt (1. 1). Wenn man im Exil unter Menschen mit
einer ganz anderen Kultur und ganz verschiedenen Bräuchen lebt, vergisst – oder versteckt –
man ja leicht seine moralische und religiöse Identität. Tobit ist da anders, er hält an den
Traditionen seiner Väter fest. Er ist gastfreundlich und lädt, wie er es gelernt hat, an
Feiertagen einige aus seinem Volk zum Essen ein, die arm und bedürftig sind. Seine Familie ist
also offen, so wie es die Bibel ja auch häufig empfiehlt. An einem dieser Feiertage – das
Essen stand schon auf dem Tisch – berichtet ihm sein Sohn, ein Jude sei erdrosselt worden
und der Leichnam liege auf dem Marktplatz. Daraufhin springt Tobit sofort auf, um den
Toten zu bergen, damit er ihn nach Sonnenuntergang würdig begraben kann. Das ist sehr
gefährlich, denn das war bei Todesstrafe verboten, und Tobit stand bereits unter Verdacht.
Seine Angehörigen schimpfen mit ihm, sie wollen nicht, dass er sich derart exponiert, aber
Tobt zieht es vor, dem Gesetz des Herrn zu gehorchen, und nicht dem des Königs. Die
Gesetzestreue steht an erster Stelle. Der Glaube des Tobit ist ein mutiger Glaube. Wir
finden hier eine Botschaft und ein Beispiel für unseren eigenen Glauben, und vor allem dann,
wenn alle und alles um uns herum gegen uns ist.
Im Markus-Evangelium hören wir ein Gleichnis Jesu, das wir auf einem zweifachen
Hintergrund verstehen müssen. Literarisch gehört es zu dem Weinberg-Lied von Jes 5, 1 – 7.
Der Prophet fasst hier die gesamte Geschichte Israels zusammen: auf der einen Seite die
unermüdliche Sorge Gottes, auf der anderen Seite das Volk, das immer wieder sündigt – eine
Geschichte, die natürlich nicht für alle Zeit so weitergehen kann und so mit dem Urteil der
Verdammnis endet: „Ich entferne seine schützende Hecke; so wird er zur Weide. Seine
Mauer reiße ich ein; dann wird er zertrampelt“. Der andere Hintergrund ist geschichtlich: das
Volk Gottes hat immer seine Propheten zurückgewiesen. Auf diesem zweifachen Hintergrund
ist das Gleichnis eine Interpretation all dessen, was Jesus zustößt: Israel lehnt ihn ab, weist
ihn zurück, die Heiden nehmen ihn auf.
So lassen das Schicksal der Propheten und das Jesu eine gemeinsame Logik, eine Kontinuität
erkennen. Zugleich gibt es aber auch einen ganz tiefen Unterschied, denn Jesus ist ja nicht
einfach einer der Knechte, er ist der geliebte Sohn, und er wird zuletzt gesandt. Im
Vergleich zum Weinberg-Lied des Jesaja bringt das Gleichnis Jesu dazu noch etwas
entscheidend Neues: Gott hat nicht nur die Propheten gesandt, sondern Seinen Sohn, und das
Volk hat nicht nur die Propheten zurückgewiesen, sondern diesen Sohn. Der
Weinbergbesitzer ist geduldig und so beharrlich, dass er sogar seinen Sohn schickt. Er hofft
bis zum Letzten: „Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben“ (12, 6). Aber auch seine
Geduld hat ihre Grenzen, er kann es nicht hinnehmen, dass die Winzer immer weiter zu
Gewalt greifen.
Das Gleichnis enthält in erster Linie eine christologische Thematik, aber daneben weist es
auch auf das Gericht hin. Gott ist getreu und geduldig, aber es stimmt auch: die Winzer
werden bestraft und der Weinberg anderen gegeben (12, 9). Das Gericht zeigt, dass Gott die

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Verantwortung und die Freiheit des Menschen sehr ernst nimmt. Aber auch hier ist das
letzte Wort nicht eine Drohung, sondern gibt der Hoffnung Raum: „Der Stein, den die
Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden“ (12, 10). Dieses Zitat gehört nicht
mehr zum Gleichnis, sondern ist ein Kommentar, den Jesus oder die Gemeinde anfügt. Es
spielt deutlich auf die Auferstehung und auf Gottes Treue an: Das letzte Wort in der
Geschichte Jesu ist nicht die Zurückweisung, die er erfahren musste, sondern das Eingreifen
Gottes, der mit seinem Propheten solidarisch ist. Und so wird gerade das, was die Menschen
verworfen haben, zum Werkzeug des Heils. Gott wählt das, was die Menschen verwerfen.
Das ist nich so leicht, gewiss, denn dann muss man gegen den Strom schwimmen. Hören wir
einmal, was der hl. Franz von Sales vor rund 500 Jahren in seiner Philothea, der Einführung in
das gottgeweihte Leben (IV, 1) schrieb:
„Sobald die Leute merken, dass du dich für das gottgeweihte Leben entschieden hast, wird
auf dich ein Hagel von tausend Pfeilen des Mitleids und ebenso vielen Blitzen mit schlimmer
und übler Nachrede heruntergehen. Die Wütendsten werden deinen Wandel Scheinheiligkeit
nennen, bigotte Frömmelei, Verrat; sie werden sagen, die Welt habe dich enttäuscht, und
jetzt tröstest du dich mit Gott. Deine Freunde werden sich eifrigst bemühen, dich mit
Vorwürfen zu überschütten, die natürlich, wie sie meinen, sehr klug und liebevoll gemeint sind.
Bereits jetzt wissen sie, dass du das bedauern wirst, an Glaubwürdigkeit vor den Leuten
verlierst, unerträglich wirst, vorzeitig alterst, und bei dir daheim geht alles drunter und
drüber. Sie werden dich daran erinnern, dass man in der Welt und getreu ihren Regeln leben
muss, dass man auch ohne große Geschichten seine Seele retten kann, und ähnliches dummes
Zeug.
Glaub mir, Philothea, das ist alles nur dummes und unnützes Geschwätz. Diese braven Leute
sind nicht im geringsten an deiner Gesundheit oder an deinen Angelegenheiten interessiert.
Der Erlöser sagt: „Wenn ihr von der Welt wäret, dann würde euch die Welt als Teil von sich
lieben; aber weil ihr nicht zur Welt gehört, hasst sie euch“. Ich habe gesehen, wie adelige
Männer und Frauen mehrere Nächte hintereinander mit Kartenspiel und Schach verbracht
haben. Gibt es etwas, das noch leerer, öder geisttötender ist als das? Aber die braven Leute
verlieren darüber kein Wort, und die Freunde sind darüber nicht im geringsten besorgt. Wenn
wir aber eine Stunde Betrachtung halten, oder wenn sie sehen, dass wir morgens etwas
früher als üblich aufstehen, um uns auf die Kommunion vorzubereiten, dann rennen sie alle
zum Arzt, damit der uns von Angstzuständen oder Gelbsucht heilt. Tanze einmal dreißig
Nächte durch, und niemand wird das lächerlich finden. Aber an Weihnachten, nach dem
Mitternachtsgottesdienst, hat ein Haufen Leute Husten oder Bauchweh“.
So etwas passiert nicht nur Menschen, die sich Gott weihen, wie ein Offener Brief an den
Schriftleiter in einer Zeitung vom 10. Juni 1882 zeigt:
„Sehr geehrter Herr Schriftleiter der La Provincia di Brescia. In Nr. 188 Ihrer Zeitung lese
ich folgendes: ,Rechtsanwalt Tovini steht für die klerikale Sekte in all ihrer
Vaterlandsfeindlichkeit und ihrer ganzen anti-italienischen Einstellung. Er ist die Speerspitze
der bischöflichen Kurie, die wir bereits in den Händen der Horden trüber Agitatoren gesehen
haben, die fanatisiert gegen die Behörden und gegen die Unversehrheit des Vaterlandes zu
Felde ziehen´.
Auf diese Anklagen, ich sei anti-patriotisch und anti-italienisch, gibt mein privates und
öffentliches Leben die Antwort. Ich bin nicht der Meinung einiger, die behaupten, heute

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müsse man, um Patriot zu sein, gegen den Papst, die Bischöfe, die Kirche und sogar gegen den
Glauben sein. Deshalb kann man doch jemanden, der als Katholik lebt, nicht gleich als anti-
patriotisch und anti-italienisch abqualifizieren. Falls Sie sich aus diesem Grund zu dieser
Anschuldigung veranlasst gesehen haben, dann will ich Ihnen sagen, dass mich in dem Fall Ihre
Beschuldigung ehrt, denn die größten Italiener bekannten sich zum Katholizismus; und es
macht mich sogar froh, denn das gibt mir die Gelegenheit, aus Liebe zu dem Glauben, für den
ich auch mein Leben gäbe, geschmäht zu werden. Katholisch zu sein hat mich nie daran
gehindert, Italiener zu sein, und als Italiener die Freiheit, Unabhängigkeit und Größe des
Vaterlands zu wollen und zu ersehnen. Katholisch zu sein hindert mich übrigens auch nicht
daran, für den Papst die absolute Freiheit und Unabhängigkeit der Päpste zu wollen und zu
wünschen, denn nach meiner Ansicht gibt es ohne dies nichts wirklich und dauerhaftes Gutes,
und zwar weder in Italien noch in der Gesellschaft. (…) Das sind meine Überzeugungen, für
die bin ich immer mit offenem Visier eingetreten und würde sie für keinen Ratssitz aufgeben.
Ich vertraue darauf, dass Sie sich einverstanden erklären, diesen meinen Brief als Antwort
auf das zu veröffentlichen, was Sie über mich geschrieben haben und gegen das ich mit allem
gebührenden Respekt protestiere“ (Der Brief erschien am 10.06.1882 unter der Überschrift
,Der Glaube, für den ich mein Leben geben würde: Brief von Giuseppe Tovini an den
Schriftleiter der Tageszeitung La Provincia di Brescia´).
In den politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und religiösen Umwälzungen im Italien
des 19. Jahrhunderts, die wir als „Risorgimento“ kennen, nahm Don Bosco das Drama eines
Volks wahr, das sich immer mehr vom Glauben entfernte. Vor allem hatte er ein Gespür für
das Drama der von Jesus besonders geliebten Jugend, die mit ihren Idealen und Hoffnungen
von den Politikern und den Männern der Wirtschaft im Stich gelassen und verraten wurde –
und leider auch von der Kirche. Don Bosco reagierte sehr energisch darauf und fand neue
Formen, wie man dem Übel abhelfen konnte. Den negativen Kräften in der Gesellschaft stellte
er sich entgegen und machte klar, wie zweischneidig und gefährlich die Situation war, und
stemmte sich so starken Strömungen in seiner Zeit entgegen: Er griff die damaligen
kulturellen Voraussetzungen und wirtschaftlichen Möglichkeiten auf, bündelte sie,
entwickelte sie weiter und potenzierte sie. So konnte er Oratorien gründen, Schulen
verschiedenen Typus, Lehrwerkstätten, Zeitungen und Zeitschriften, Druckereien und
Verlage, Jugendbündnisse mit verschiedenen Schwerpunkten wie Glauben, Bildung, Freizeit
u.ä.; er widmete sich dem Kirchbau, den Auslandsmissionen, Hilfsaktionen für Emigranten, und
gründete zwei Ordensgemeinschaften und eine Laienvereinigung, die dann gemeinsam seine
Arbeit weiterführen.
Die geschichtliche Bedeutung Don Boscos liegt jedoch nicht zuerst in seinen vielen Werken
und in seinen relativ neuen Methoden, sondern
dass er mit seinem Verstand und Gefühl erkannte, wie umfassend, theologisch
und gesellschaftlich wichtig das Problem der „im Stich gelassenen, verlassenen“ Jugend
war, also der ungeheuer vielen Kinder und Jugendlichen, um die sich niemand kümmerte oder
für die nur schlecht gesorgt wurde;
dass er merkte, dass es in Turin, in Italien und dann in der ganzen Welt in
Gesellschaft und Politik eine deutliche Sensibilität für das Problem der Jugenderziehung
gab, und dass die gebildeten Schichten und die ,Öffentliche Meinung´ dafür aufgeschlossen
waren und Verständnis aufbrachten;

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dass er mit allen Mitteln den Gedanken vertrat, es sei für Kirche und
Gesellschaft eine Pflicht, auf breiter Ebene Maßnahmen zu ergreifen, und dass dies für
das Leben der Kirche und für das Überleben der Gesellschaftsordnung eine ganz vorrangige
Notwendigkeit sei;
und dass er fähig war, seine Vorstellungen an eine ganz große Zahl von
Mitarbeitern, Wohltätern und Bewunderern weiterzuvermitteln.
Don Bosco ging von dem Gedanken aus, dass die Erziehung viel vermag, gleich in welcher
Situation, wenn sie mit einem Maximum an gutem Willen, Engagement und Fähigkeit, auf die
jungen Menschen einzugehen geschieht. Er bemühte sich um die Gewissensbildung der jungen
Menschen, um Einstellungen zu ändern, sie zu Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit sowie
bürgerlicher und politischer Loyalität zu erziehen und – aus dieser Perspektive – durch
Erziehung die Gesellschaft zu „verändern“.
Die Werte, an die er glaubte und für die er immer und überall eintrat, setzte er in konkrete
Taten um, ohne sich dabei auf geistliche oder kirchliche Positionen zurückzuziehen, für die
Probleme der Welt und des Lebens keine Rolle spielen würden. Im Gegenteil, im starken
Bewusstsein seiner Berufung als priesterlicher Erzieher sorgte er für einen Alltag und ein
Umfeld mit weiten Horizonten, wenn auch Werte und Ideale immer eine wichtige Rolle
spielten; das war keine schützende Nische ohne offene Auseinandersetzung, aber mit
ernsthaftem Sich-messen mit einer viel größeren und ganz verschiedenen Realität; hier
begnügte man sich nicht mit der Befriedigung einiger weniger Bedürfnisse und der mehr oder
weniger mechanischen Wiederholung traditioneller Haltungen und Verhaltensweisen; hier
wurde auch nicht jeder Spannung, jedem Opfer und jedem Risiko aus dem Weg gegangen, auf
den Spaß hier und jetzt oder auf Kampf verzichtet. Und doch bedeutete diese Welt für Don
Bosco und die Salesianer Freiheit und den berechtigten Stolz auf Unabhängigkeit.
Die Persönlichkeit Don Boscos, seine Bedeutung und die Bedeutung seines Werks werden von
der Geschichte und überall auf der Welt anerkannt, auch wenn der bekannte Schriftsteller
Alberto Moravia der Ansicht ist, „die Heiligen machen keine Geschichte“. Natürlich findet
jeder das „Geheimnis“ seines „Erfolgs“ in einer die vielen verschiedenen Facetten seiner
komplexen Persönlichkeit: fähiger Unternehmer mit Erziehungseinrichtungen, langfristig
vorausplanender Organisator nationaler und internationaler Werke, äußerst fähiger Erzieher,
großartiger Lehrer usw.
Der Herr kennt unsere angeborene Schwäche und unser mangelhaftes Durchhaltevermögen
im Guten, selbst wenn wir es wollen; bitten wir Ihn, dass er uns Seinen Hl. Geist schenkt,
damit wir wie Don Bosco Seiner Wahrheit und Seinem Willen in allen Wechselfällen des
Lebens treu bleiben und jedem Druck widerstehen können. Er mache unsere Herzen weit für
ein umfassendes Mitleid, das zu konkreten Taten voller Freundlichkeit und Liebe wird. Er
mache uns feinfühlig für den Schmerz und für die Hoffnung der Menschen, vor allem der
jungen Menschen, die „arm, verlassen und gefährdet“ sind. Und Er helfe uns, dass aus
unserem Kleinmut der heilige Wagemut wird, der für Ihn mit fruchtloser Liebe Zeugnis
ablegt.
Don Pascual Chávez V.
San Callisto – 01.06.2009