Authority-Obedience_de


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KONGREGATION FÜR DIE INSTITUTE DES GEWEIHTEN LEBENS
UND DIE GESELLSCHAFTEN DES APOSTOLISCHEN LEBENS
DER DIENST DER AUTORITÄT
UND DER GEHORSAM
Faciem tuam, Domine, requiram
Instruktion
EINLEITUNG
»Lass dein Angesicht leuchten, dann ist uns geholfen«
(Ps 80[79],4)
Das geweihte Leben als Zeugnis der Suche nach Gott
1. »Faciem tuam, Domine, requiram«: dein Angesicht, Herr, will ich
suchen (Ps 27[26],8). Als Pilger auf der Suche nach dem Sinn des Lebens
und eingetaucht in das große Geheimnis, das ihn umgibt, sucht der
Mensch in Wirklichkeit — wenn auch oft unbewusst — das Antlitz des
Herrn. »Zeige mir, Herr, deine Wege, lehre mich deine Pfade« (Ps
25[24],4): keiner wird je das Herz des Menschen der Suche nach
Demjenigen berauben können, von dem die Bibel sagt »Er ist alles« (Sir
43,27). Gleiches gilt für die Suche nach den Wegen, auf denen Er zu
finden ist.
Das geweihte Leben ist dazu berufen, in Welt und Kirche die
charakteristischen Eigenschaften Jesu, der jungfräulich, arm und
gehorsamen war, sichtbar zu machen1 und blüht gerade auf dem Boden
dieser Suche nach dem Antlitz des Herrn und dieses Weges, der zu Ihm
führt (vgl. Joh 14,4-6). Es handelt sich um eine Suche, die zum inneren
Frieden führt — »en sua voluntate è nostra pace« 2 — gleichzeitig aber
auch die Mühe des Alltags mit sich bringt, denn Gott ist Gott, und seine
Wege und Gedanken sind nicht unsere Wege und Gedanken (vgl. Jes
55,8). Gottgeweihte bezeugen also die frohe und zugleich mühsame,
beständige Suche nach dem Willen Gottes, und darum ergreifen sie alle
verfügbaren Mittel, die ihnen dabei behilflich sein können, diesen Willen
zu erkennen und zu erfüllen.
Auch die Ordensgemeinschaft findet hierin ihre Bedeutung und ihren
Sinn, die sie als eine Gemeinschaft von Gottgeweihten besitzt, die
geloben, den Willen Gottes gemeinsam zu suchen und zu erfüllen: eine
Gemeinschaft von Brüdern oder Schwestern mit unterschiedlichen
Aufgaben, doch mit dem gleichen Ziel und derselben Leidenschaft.
Während darum alle in der Gemeinschaft angehalten sind, zu suchen, was
Gott gefällt, und Ihm zu gehorchen, sind einige, gewöhnlich für eine

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befristete Zeit, dazu berufen, die besondere Aufgabe wahrzunehmen,
Zeichen der Einheit und Führer in der gemeinsamen Suche und der
persönlichen und gemeinschaftlichen Erfüllung des Willens Gottes zu
sein. Dies ist der Dienst der Autorität.
Ein Weg der Befreiung
2. Die stark auf das Subjekt konzentrierte Kultur unserer westlichen
Gesellschaft hat dazu beigetragen, die Achtung für die Würde der
menschlichen Person als Wert zu verbreiten, sowie deren freie Entfaltung
und Autonomie positiv zu beeinflussen.
Die Tatsache dieser Anerkennung stellt einen der bedeutendsten
Wesenszüge der Neuzeit dar und ist gottgewollt. Sie stellt uns vor die
Aufgabe, neue Wege zu finden, wie Autorität zu verstehen ist und wie man
sich mit ihr in Beziehung zu setzen hat. Man darf dabei jedoch nicht
übersehen, dass, wenn Freiheit in Willkür umschlägt und persönliche
Autonomie sich in Unabhängigkeit vom Schöpfer und von der Beziehung
zu den übrigen Menschen verwandelt, Formen von Götzendienst
entstehen, die nicht die Freiheit vermehren, sondern zu Sklaverei führen.
In diesem Zusammenhang müssen Menschen, die an den Gott Abrahams,
Isaaks und Jakobs und an den Gott Jesu Christi glauben, auf jeden Fall
einen Weg der persönlichen Befreiung von jeder Form von Götzenkult
beschreiten. Es ist dies ein Weg, der in der Erfahrung vom Exodus sein
Vorbild hat und dort Anregung finden kann: ein Weg, der von der
Anpassung an verbreitete Denkweisen befreit und die gewonnene Freiheit
einsetzt, um sich dem Herrn anzuschließen, ein Weg, der von einer
verflachenden Beurteilung der Dinge von einseitigen Wertmaßstäben her
zur Suche nach Möglichkeiten anleitet, die zur Gemeinschaft mit dem
lebendigen und wahren Gott führen.
Bei der Wanderung, die im Buch Exodus beschrieben ist, geht die
leuchtende und zugleich schattenspendende Wolke des Geistes Gottes
allen voran und, obwohl diese sich zuweilen auf völlig sinnlose Wege zu
begeben und dort zu verlieren scheint, führt sie dennoch zur
seligmachenden Einheit mit dem Herzen Gottes als ihrem festgesteckten
Ziel: »Ich habe euch auf Adlerflügeln getragen und hierher zu mir
gebracht« (Ex 19,4). Ein versklavtes Volk wird befreit, um ein heiliges
Volk zu werden, das am freiwilligen Dienst vor Gott seine Freude hat. Die
Ereignisse des Exodus sind von paradigmatischer Bedeutung für das
gesamte biblische Ereignis. Sie sind eine prophetische Vorwegnahme des
irdischen Lebens Jesu, der uns durch seinen Gehorsam gegenüber dem
fürsorglichen Willen des Vaters vom Sklavendasein befreit.
Adressaten, Absicht und Grenzen des Dokuments
3. Die Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die
Gesellschaften des apostolischen Lebens hat auf ihrer letzten
Vollversammlung vom 28.-30. September 2005 ihre Aufmerksamkeit auf
die Themen der Ausübung der Autorität und der Praxis des Gehorsams im
geweihten Leben gerichtet. Es wurde festgehalten, dass diesem Thema

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eine besonders eingehende Reflexion gewidmet werden muss, und zwar
vor allem aufgrund der Veränderungen, denen die Institute und
Gemeinschaften während der vergangenen Jahre ausgesetzt gewesen sind,
aber auch in Anbetracht der Beiträge, die vom Lehramt in jüngster Zeit
zur Erneuerung des geweihten Lebens geleistet wurden.
Die vorliegende Instruktion ist Ergebnis der erwähnten Vollversammlung
sowie der anschließenden Überlegungen, die dieses Dikasterium hierzu
angestellt hat. Sie wendet sich an die Mitglieder der Institute des
geweihten Lebens, die in Bruder- und Schwestergemeinschaften
zusammenleben, also an Männer und Frauen der Religioseninstitute,
denen die Mitglieder von Gesellschaften des apostolischen Lebens nahe
stehen. Dennoch können ihr auch alle, die sich Gott auf andere Weise
geweiht haben, hinsichtlich ihrer Lebensweise nützliche Hinweise
entnehmen. Dieses Dokument möchte allen, die berufen sind, durch ihren
freiwilligen Gehorsam gegenüber dem heiligen Willen Gottes für dessen
Primat Zeugnis abzulegen, Hilfe und Ermutigung sein, damit sie ihr Ja
zum Herrn frohgemut leben.
Bei der Behandlung des Themas dieser Instruktion war man sich seiner
inneren Verbundenheit mit vielen anderen Fragen wohl bewusst. Es wurde
auch bedacht, dass in der Welt des geweihten Lebens heute nicht nur eine
große Vielfalt von charismatischen Projekten und missionarischen
Aufgaben anzutreffen ist, sondern dass sich auch unterschiedliche
Leitungsstile und Konkretisierungen des Gehorsams entwikkelt haben,
Unterschiede, die oft unter dem Einfluss des kulturellen Umfelds
entstanden sind.3 Außerdem sollten, auch in psychologischer Hinsicht, die
Besonderheiten von sowohl Frauen- als auch Männergemeinschaften
berücksichtigt werden. Hieran sollten sich Überlegungen anschließen
hinsichtlich der neuen Herausforderungen, die die zahlreichen Formen
missionarischer Zusammenarbeit, besonders mit den Laien, an die
Ausübung von Autorität stellen. Auch das unterschiedliche Gewicht, das
der von örtlicher oder zentraler Stelle ausgeübten Autorität in den
verschiedenen Religioseninstituten zukommt, bedingt in der Praxis
uneinheitliche Formen und Modalitäten von Autorität und Gehorsam.
Schließlich sei auch darauf hingewiesen, dass die Tradition des geweihten
Lebens allgemein in der ,,synodalen’’ Form des Generalkapitels (oder
ähnlicher Versammlungen) die höchste Autorität des Instituts sieht,4 auf
die sich alle Mitglieder, allen voran die Oberen, beziehen müssen.
Zudem ist noch festzustellen, dass sich in diesen Jahren sowohl innerhalb
der Kirche als auch in der Gesellschaft die Art und Weise, wie Autorität
und Gehorsam wahrgenommen und gelebt werden, geändert hat.
Verursacht hat diese Veränderung unter anderem ein wachsendes
Bewusstsein vom Wert der einzelnen Person, inklusive ihrer Berufung,
ihrer Gefühlswelt und ihrer intellektuellen und geistigen Begabung, ihrer
Freiheit und ihrer Fähigkeit, Beziehungen einzugehen. Des Weiteren ist
hier die zentrale Bedeutung einer Spiritualität der communio 5 zu nennen
und die damit verbundene Aufwertung jener Mittel, die zu ihrer
lebendigeren Verwirklichung beitragen. Nicht zuletzt hat dazu auch ein
anderes und weniger individualistisches Sendungsverständnis beigetragen,
da die Sendung nun in den entsprechenden Formen konkreter

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Zusammenarbeit von allen Mitgliedern des Gottesvolkes mitgetragen
wird.
Denkt man dessen ungeachtet an den Einfluss, den die gegenwärtige
Kultur ausübt, dann ist daran zu erinnern, dass der Wunsch nach
Selbstverwirklichung oft mit den Projekten der Gemeinschaft in Konflikt
geraten kann; die Suche nach dem persönlichen Wohlergehen auf
spirituellem und materiellen Gebiet kann die Ganzhingabe im Dienst an
der gemeinsamen Sendung erschweren; eine allzu subjektive Auslegung
des Charismas und des apostolischen Dienstes kann die Zusammenarbeit
und die brüderliche Gemeinschaft schwächen.
Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass in einigen Bereichen genau die
entgegen gesetzten Probleme anzutreffen sind, die dann von einer
unausgewogenen Überbetonung der Kollektivität und übertriebenen
Vereinheitlichung herrühren, was die Gefahr in sich birgt, dass Aspekte
wie Wachstum und die individuelle Verantwortung der Einzelnen Schaden
leiden. Was für das rechte Verhältnis zwischen Einzelperson und
Gemeinschaft gilt, nämlich, dass es nicht leicht herzustellen ist, das trifft
auch auf das Verhältnis zwischen Autorität und Gehorsam zu.
Diese Instruktion möchte nicht auf sämtliche Probleme eingehen, die sich
aus den eben genannten Gesichtspunkten oder Empfindungsweisen
unterschiedlicher Natur ergeben können. Diese bilden sozusagen nur den
Hintergrund der Überlegungen und der Hinweise, die hier vorgetragen
werden. Das Hauptziel dieser Instruktion ist es, erneut zu bestätigen, dass
Gehorsam und Autorität, wenngleich auf verschiedene Art und Weise
praktiziert, immer in einer besonderen Beziehung zum Herrn, dem
gehorsamen Diener, stehen. Außerdem möchte sie denjenigen, die die
Autorität repräsentieren, bei der Ausübung ihres dreifachen Dienstes
behilflich sein: an den einzelnen Personen, die berufen sind, ihre eigene
Weihe zu leben (erster Teil); am Aufbau brüderlicher Gemeinschaften
(zweiter Teil); an der Teilnahme an der gemeinsamen Sendung (dritter
Teil).
Die nachfolgenden Überlegungen und Hinweise verstehen sich als eine
Weiterführung der Vorgaben jener Dokumente, die den Weg des geweihten
Lebens in diesen nicht leichten Jahren begleitet haben, besonders der
Instruktionen Potissimum institutioni 6 (1990), Das brüderliche Leben in
Gemeinschaft 7 (1994), das Nachsynodale Apostolische Schreiben Vita
consecrata 8 (1996) und die Instruktion Neubeginn in Christus 9 (2002).
ERSTER TEIL
DIE WEIHE UND DIE SUCHE
NACH DEM WILLEN GOTTES
»Damit wir, befreit, ihm furchtlos dienen
in Heiligkeit und Gerechtigkeit«
(vgl. Lk 1,74-75)

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Wen suchen wir?
4. Jesus, der Herr, stellt den ersten Jüngern, die vielleicht noch unsicher
und ohne Klarheit einem neuen Rabbì nachfolgen, die Frage »Was wollt
ihr?« (Joh 1,38). Diese Frage wirft weitere grundlegende Fragen auf: was
sucht dein Herz? Wofür mühst du dich ab? Suchst du dich selbst oder
suchst du den Herrn, deinen Gott? Gehst du deinen Interessen nach, oder
dem Wunsch Dessen, der dein Herz erschaffen hat und der dessen
Verwirklichung sehen möchte, und zwar nach einem Plan, den nur er
kennt? Greifst du nur nach vergänglichen Dingen, oder suchst du Den, der
nicht vergeht? »Herr unser Gott, womit sollen wir uns auf dieser Erde
befassen, die Dir so unähnlich ist«, fragte sich der hl. Bernhard. »Vom
Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sehe ich Menschen
überwältigt vom Getriebe dieser Welt: einige suchen nach Reichtum,
andere nach Privilegien, wieder andere nach Popularität«.10
»Dein Angesicht, Herr, will ich suchen« (Ps 27[26],8) ist die Antwort des
Menschen, der die Einzigartigkeit und unendliche Größe des
Geheimnisses Gottes und den souveränen Charakter seines heiligen
Willens verstanden hat; doch dies ist auch die unbewusst geahnte Antwort
jedes menschlichen Geschöpfs auf der Suche nach Wahrheit und Glück.
Quaerere Deum war seit jeher das Programm jeder Existenz, die nach dem
Absoluten und Ewigen hungert. Viele neigen heute dazu, jede Form von
Abhängigkeit als Kasteiung zu betrachten; doch gehört es zur
wesentlichen Befindlichkeit des Geschöpfs, von einem Anderen
abzuhängen — und gerade für den Menschen als Beziehungswesen gehört
es darüber hinaus auch noch dazu von anderen Menschen abzuhängen.
Der Glaubende sucht den lebendigen und wahren Gott, den Urgrund und
das Ziel aller Dinge, den Gott, der nicht Abbild unseres eigenen Ichs ist,
der vielmehr uns nach seinem Bild und Gleichnis erschaffen hat, der
seinen Willen kundtut und die Wege aufzeigt, wie er zu erreichen ist: »Du
zeigst mir den Pfad zum Leben. Vor deinem Angesicht herrscht Freude in
Fülle, zu deiner Rechten Wonne für alle Zeit« (Ps 16[15],11).
Den Willen Gottes suchen bedeutet, einen freundlich zugewandten,
wohlgesonnenen Willen zu suchen, dem es um unsere wahre
Verwirklichung geht, der vor allem die freie Antwort der Liebe auf seine
Liebe möchte, um uns zu Werkzeugen der göttlichen Liebe zu machen.
Auf dieser via amoris gedeihen sowohl das Hinhören als auch der
Gehorsam.
Der Gehorsam als aufmerksames Hinhören
5. »Höre, mein Sohn« (Spr 1,8). Der Gehorsam ist vor allem eine
kindliche Haltung. Er ist jene besondere Form von Hinhören, die nur ein
Sohn seinem Vater schenken kann, weil er in seinem Innern die klare
Gewissheit besitzt, dass der Vater dem Sohn, nur Gutes zu sagen und zu
geben hat; ein Hinhören, das von jenem Vertrauen durchdrungen ist, das
den Sohn für den Willen des Vaters aufnahmebereit macht, weil dieser ihm
mit Sicherheit nur zum Besten gereichen wird.

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In Bezug auf Gott ist dies in unvorstellbar zutreffenderer Weise wahr. Wir
erreichen nämlich unsere Vollendung nur in dem Maße, wie wir uns dem
Plan fügen, den Er uns in väterlicher Liebe zugedacht hat. Der Gehorsam
ist also der einzige Weg, über den die menschliche Person als intelligentes
und freies Wesen verfügt, um zur vollen Selbstverwirklichung zu
gelangen. Denn wenn der Mensch zu Gott ,,Nein’’ sagt, stellt er sich dem
Plan Gottes entgegen, würdigt sich selbst herab und verurteilt sich zum
Scheitern.
Der Gehorsam ist der Weg des Wachstums, und deshalb auch der Freiheit
der Person; denn er ermöglicht die Annahme eines Projektes oder eines
Willens, der vom eigenen abweicht, der aber keineswegs die Würde des
Menschen demütigt oder herab setzt, der sie vielmehr erst begründet.
Gleichzeitig ist die Freiheit an sich auch ein Weg des Gehorsams, da der
Gläubige gerade im kindlichen Gehorsam gegenüber dem Plan des Vaters
seine Freiheit verwirklicht. Es versteht sich, dass ein solcher Gehorsam es
erforderlich macht, sich selbst als Kind anzuerkennen und sich der
Kindschaft zu freuen, denn nur ein Sohn oder eine Tochter können sich
frei der Hand des Vaters anvertrauen: genau wie der Sohn Jesus, der sich
dem Vater anheim gegeben hat. Und wenn er sich in seiner Passion sogar
an Judas, an die Hohenpriester, an seine Peiniger, an die feindliche Menge
und an seine Henker ausgeliefert hat, dann hat er dies nur getan, weil er
die völlige Gewissheit hatte, dass in der absoluten Treue zum Heilsplan
des Vaters, dem — wie der hl. Bernhard herausstreicht — »der Tod nicht
gefiel, sondern die Absicht dessen, der aus freien Stücken sein Leben
hingab«,11 alles seinen Sinn erhält.
»Höre Israel« (Dtn 6,4)
6. Für den Herrn, unseren Gott, ist Israel der Sohn, das Volk, das Er sich
erwählt hat, das er hervorgebracht hat und an seiner Hand aufwachsen
ließ, das er an seine Wange hob und gehen lehrte (vgl. Hos 11,1-4), an das
er — als höchsten Ausdruck seiner Liebe — ununterbrochen sein Wort
gerichtet hat, selbst wenn dieses Volk nicht immer darauf hörte oder das
Wort als eine Last, als ein ,,Gesetz’’ empfand. Das ganze Alte Testament
ist eine Einladung zum Hören, und das Hören steht im Dienst des neuen
Bundes: wenn ich, so spricht der Herr, »meine Gesetze in ihr Inneres
hineinlege und sie ihnen in ihr Herz schreibe; dann werde ich ihr Gott
sein, und sie werden mein Volk sein« (Hebr 8,10; vgl. Jer 31,33).
Auf das Hören folgt der Gehorsam als freie und befreiende Antwort des
neuen Israel auf das Angebot des neuen Bundes; der Gehorsam ist Teil des
neuen Bundes, ja, er ist dessen charakteristisches Merkmal. Daraus folgt,
dass er nur innerhalb der Logik der Liebe, der Intimität mit Gott, der
endgültigen und schließlich befreienden Zugehörigkeit zu ihm ganz
verstanden werden kann.
Der Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes
7. Der erste Gehorsam den das Geschöpf leistet, ist jener des Ins- Dasein-
Tretens. Dies geschieht im Gehorsam gegenüber dem göttlichen fiat, das
es ins Leben ruft. Dieser Gehorsam erreicht seinen höchsten Ausdruck in

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einem Geschöpf, das frei ist, sich selbst zu erkennen und sich als ein
Geschenk Gottes anzunehmen, ,,Ja’’ zu sagen zum eigenen Ursprung aus
Gott. So tätigt es den ersten wirklichen Akt der Freiheit, der gleichzeitig
auch der erste und grundlegende Akt echten Gehorsams ist.
Der dem gläubigen Menschen eigene Gehorsam ist die Zustimmung zu
jenem Wort, mit welchem Gott sich selbst offenbart und sich mitteilt, und
durch das er täglich seinen Liebesbund erneuert. Aus diesem Wort
entspringt das Leben, das uns täglich zuteil wird. Darum sucht der
Gläubige jeden Morgen den lebendigen und dauernden Kontakt mit dem
Wort, das an diesem Tag verkündet wird, indem er es im Herzen betrachtet
und als Schatz aufbewahrt, es zum Beweggrund all seinen Tuns erhebt und
zum maßgeblichen Faktor beim Treffen aller Entscheidungen macht. Am
Ende des Tages stellt er sich ihm dann und lobt Gott wie Simeon, weil er
die Erfüllung des ewigen Wortes innerhalb des bescheidenen eigenen
Alltags geschaut hat (vgl. Lk 2,27-32), wobei er der Kraft des Wortes all
das anvertraut, was noch unvollendet geblieben ist. Denn das Wort wirkt
nicht nur am Tag, sondern immerfort, wie der Herr uns im Gleichnis vom
Wachsen der Saat lehrt (vgl. Mk 4,26-27).
Die liebevolle tägliche Begegnung mit dem Wort lehrt uns, die Pfade des
Lebens zu entdecken und lässt uns die Art und Weise aufspüren, wie Gott
seine Kinder befreien will; sie nährt den geistlichen Instinkt für die Dinge,
die Gott gefallen, vermittelt das Gespür und den Geschmack für seinen
Willen; schenkt Frieden und Freude in seiner Treue und macht sie für alle
Facetten des Gehorsams empfänglich und bereit: für das Evangelium
(Röm 10,16; 2 Thes 1,8), den Glauben (Röm 1,5; 16,26) und die Wahrheit
(Gal 5,7; 1 Pt 1,22).
Man darf darüber nicht vergessen, dass die wahre Gotteserfahrung immer
eine Erfahrung des Andersartigen ist, dass »zwischen dem Schöpfer und
dem Geschöpf keine noch so große Ähnlichkeit besteht, als dass zwischen
ihnen nicht immer noch eine größere Unähnlichkeit verbliebe«.12 Die
Mystiker und all jene, die intimste Erfahrungen von Gott gemacht haben,
erinnern uns daran, dass der Kontakt mit dem höchsten Geheimnis immer
ein Kontakt mit dem Anderen ist, mit einem Willen, der sich zuweilen auf
dramatische Weise vom unsrigen unterscheidet. Gott gehorchen bedeutet
ja in eine ,,andere’’ Ordnung von Werten einzutreten, einen neuen und
andersartigen Sinn für die Realität zu gewinnen, eine undenkbare Freiheit
zu erfahren und an die Schwelle des Geheimnisses zu gelangen: »Meine
Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine
Wege — Spruch des Herrn. So hoch der Himmel über der Erde ist, so
hoch erhaben sind meine Wege über euren Wegen und meine Gedanken
über euren Gedanken« (Jes 55,8-9).
Wenn dieser Eintritt in die Welt Gottes auch Furcht einflößen kann, so
zeigt diese Erfahrung, welche auch die Heiligen gemacht haben, dass
Dinge, die dem Menschen unmöglich sind, von Gott möglich gemacht
werden; ja, solche Erfahrungen sind geradezu Ausweis eines
authentischen Gehorsams gegenüber dem Geheimnis Gottes dar, der
zugleich »interior intimo meo« 13 und radikal anders ist.

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In der Nachfolge Jesu, des gehorsamen Sohnes des Vaters
8. Auf diesem Weg sind wir nicht allein: das Beispiel Christi, des geliebten
Sohnes, an dem der Vater sein Wohlgefallen hat, leitet uns an (vgl. Mt
3,17; 17,5). Er ist es auch, der uns durch seinen Gehorsam frei gemacht
hat. Er ist die treibende Kraft hinter unserem Gehorsam, damit auch durch
unser Mitwirken der göttliche Heilsplan sich erfülle.
In ihm ist alles Hinhören auf den Vater und Annahme des Vaters (vgl. Joh
8,28-29), alles in seinem irdischen Leben ist Ausdruck und Fortführung
dessen, was das Wort seit Ewigkeit tut: sich vom Vater lieben zu lassen,
seine Liebe bedingungslos anzunehmen, – was so weit geht, dass er nichts
aus sich selbst tut (vgl. Joh 8,28), sondern immer das, was dem Vater
gefällt. Der Wille des Vaters ist die Speise, die Jesus bei seinem Wirken
Kraft spendet (vgl. Joh 4,34), die Ihm und uns in übervollem Maß die
Früchte der Auferstehung einbringt, die strahlende Freude, ins Herz Gottes
selbst und in die selige Schar seiner Kinder einzutreten (vgl. Joh 1,12).
Dieses Gehorsams Jesu wegen »sind alle gerecht gemacht worden« (Röm
5,19).
Er hat ihn gelebt, auch als dieser zu einem bitteren Kelch wurde (vgl. Mt
26,39.42; Lk 22,42), er war »gehorsam bis zum Tod, ja, bis zum Tod am
Kreuz« (Phil 2,8). Hier begegnen wir der dramatischen Seite des
Gehorsams des Sohnes, die umgeben ist von einem für uns nie ganz zu
durchdringenden Geheimnis, das für uns jedoch gleichzeitig von großer
Bedeutung ist, weil uns hierdurch noch deutlicher die kindliche Natur des
christlichen Gehorsams aufgezeigt wird: nur der Sohn, der sich vom Vater
geliebt weiß und ihn aus ganzem Herzen wieder liebt, kann diese Form
des radikalen Gehorsams erreichen.
Wie Christus, so begreift sich auch der Christ als ein gehorsames Wesen.
Der unbestreitbare Primat der Liebe im christlichen Leben kann nicht
vergessen machen, dass genau diese Liebe in Christus ein Gesicht, einen
Namen gefunden hat und zum Gehorsam geworden ist. Der Gehorsam ist
also keine Demütigung, sondern eine Wahrheit, auf der die Fülle des
Menschseins gründet und Verwirklichung erreicht. Darum wünscht der
Gläubige so leidenschaftlich, den Willen des Vaters zu tun, dass er dies zu
seinem höchsten Ziel macht. Wie Jesus, so will auch er nach diesem
Willen leben. In der Nachfolge Christi, und nach seinem Beispiel, hat der
gottgeweihte Mensch in einem Akt höchster Freiheit und bedingungslosen
Vertrauens seinen Willen in die Hände des Vaters gelegt, um ihm ein
vollkommenes und wohlgefälliges Opfer darzubringen (vgl. Röm 12,1).
Aber noch ehe sein Gehorsam zum Modellbeispiel für jeden anderen
Gehorsam wird, ist Christus der, dem aller echte christliche Gehorsam gilt.
Tatsächlich setzt die praktische Umsetzung seiner Worte die Jüngerschaft
in Kraft (vgl. Mt 7,24). Die Beobachtung seiner Gebote verleiht der Liebe
zu Ihm konkrete Gestalt und zieht die Liebe des Vaters auf sich (vgl. Joh
14,21). Christus steht im Zentrum der Ordensgemeinschaft als der, der
dient (vgl. Lk 22,27), aber auch als derjenige, dem man den eigenen
Glauben bekennt (»Glaubt an Gott und glaubt an mich«: Joh 14,1) und
dem man seinen Gehorsam schenkt; denn nur in diesem Gehorsam

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verwirklicht man auf sichere und beharrliche Weise die Nachfolge: »In der
Tat ist es der auferstandene Herr selbst, der unter den Brüdern und
Schwestern, die in seinem Namen versammelt sind, wieder gegenwärtig
ist und der den zu beschreitenden Weg aufzeigt«.14
Gehorsam gegenüber Gott durch menschliche Vermittlungen
9. Gott äußert seinen Willen durch die innere Bewegung des Geistes, der
»zur ganzen Wahrheit führt« (vgl. Joh 16,13), sowie auf vielfältigen
äußeren Vermittlungswegen. Tatsächlich ist die Heilsgeschichte eine
Geschichte der Vermittlung, wodurch das Geheimnis der Gnade, die Gott
im Innersten der Herzen bewirkt, gewissermaßen sichtbar wird. Auch am
Leben Jesu ist in nicht geringem Maße die Mittlerfunktion von Menschen
erkennbar, durch die Er den Willen des Vaters als eigenen Daseinsgrund
und als Speise für sein Leben und seine Sendung erkannt, gedeutet und
angenommen hat.
Die Zwischeninstanzen, die den Willen Gottes zum Ausdruck bringen,
erkennt man einerseits an den Ereignissen des Lebens und an den
besonderen Erfordernissen der spezifischen Berufung; doch sie kommen
auch in den Regeln, die das Zusammenleben ordnen, zum Ausdruck,
sowie in den Anordnungen jener, die zur Leitung bestimmt sind. Im
kirchlichen Kontext machen es rechtmäßig erlassene Gesetze und
Verordnungen möglich, den Willen Gottes zu erkennen, da diese eine
konkrete und ,,geordnete’’ Verwirklichung der Forderungen des
Evangeliums darstellen, denn ihre Formulierung geht vom Evangelium
aus und wird von diesem her verstanden.
Gottgeweihte Personen sind außerdem innerhalb eines vom Geist
angeregten und von der Kirche anerkannten charismatischen
oder ,,evangelischen’’ Projekts in die Nachfolge des gehorsamen Christus
gerufen. Indem die Kirche ein charismatisches Projekt, wie z.B. ein
Ordensinstitut, anerkennt, garantiert sie, dass die Inspirationen, die ihm zu
Grunde liegen und die Normen, die es ordnen, Freiraum schaffen können
für einen Weg der Heiligkeit und der Suche nach Gott. Auch die
Ordensregel und die übrigen Anweisungen für das Leben werden so zu
Vermittlungsinstanzen in Bezug auf den Willen des Herrn: es sind
menschliche Instanzen, zwar unvollkommen, aber dennoch verbindlich;
sie sind Ausgangspunkt, von dem aus jeden Tag neu aufzubrechen ist, der
aber auch mit jener hochherzigen und kreativen Beschwingtheit
übertroffen werden kann, die zur Heiligkeit führt, die Gott für jeden
Geweihten ,,will’’. Wer Autorität ausübt, ist mit der pastoralen Aufgabe
betraut, in Übereinstimmung mit diesem Weg zur Heiligkeit zu leiten und
zu entscheiden.
Es versteht sich, dass all dies nur so lange überzeugend und fruchtbar
gelebt werden kann, wie das Verlangen lebendig bleibt, den Willen Gottes
zu erkennen und zu tun, andererseits aber auch das Bewusstsein der
eigenen Schwachheit vorhanden ist, sowie die Bereitschaft besteht, die
Gültigkeit der spezifischen Vermittlungsinstanzen anzunehmen, auch
wenn man die von ihnen angegebenen Begründungen nicht völlig

1.10 Page 10

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verstehen mag.
Bei den geistigen Intuitionen der Gründer und Gründerinnen, vor allem
jener, die den Weg des Ordenslebens über die Jahrhunderte in besonderer
Weise vorgezeichnet haben, nahm der Gehorsam immer einen
hervorgehobenen Platz ein. Der hl. Benedikt richtet sich gleich zu Beginn
seiner Regel an den Mönch mit den Worten: »An dich also richte ich jetzt
mein Wort, wer immer du bist, wenn du nur deinem Eigenwillen absagst,
für Christus, den Herrn und wahren König, kämpfen willst und den
starken, strahlenden Schild des Gehorsams ergreifst«.15
Ferner muss daran erinnert werden, dass die Beziehung Autorität-
Gehorsam sich in den weiteren Zusammenhang des Geheimnisses der
Kirche einfügt und eine besondere Art der Verwirklichung ihrer
Mittlerfunktion darstellt. Der Codex des Kirchenrechts empfiehlt den
Oberen diesbezüglich, »im Geist des Dienens ihre von Gott durch den
Dienst der Kirche empfangene Vollmacht auszuüben«.16
Den Gehorsam im Alltag erlernen
10. Es kann der geweihten Person also durchaus widerfahren, dass sie aus
Leid, oder aus besonderen, schwierigen Situationen ,,den Gehorsam zu
lernen’’ hat: wenn beispielsweise verlangt wird, bestimmte Pläne und
persönliche Vorhaben aufzugeben und auf den Anspruch zu verzichten,
das Leben und die Sendung allein zu gestalten; oder jedesmal, wenn das,
was verlangt wird, oder der, der es verlangt, rein menschlich gesehen
wenig überzeugend erscheint. Wer sich in solchen Situationen befindet,
darf also nicht vergessen, dass die Vermittlung aus sich heraus begrenzt
und niedriger ist als das, worauf sie sich bezieht. Dies gilt eben gerade
dann, wenn es sich darum handelt, dass Menschen eine Mittlerfunktion in
Bezug auf den Willen Gottes zukommt. Doch wenn man einen rechtmäßig
erteilten Auftrag erhalten hat, erinnere man sich auch daran, dass der Herr
den Gehorsam gegenüber der Person verlangt, die ihn in diesem
Augenblick repräsentiert,17 und dass auch Christus »durch Leiden den
Gehorsam lernte« (Hebr 5,8).
An dieser Stelle soll an die Worte Pauls VI. erinnert werden: »Ihr müsst
also etwas von der Last erfahren, die den Herrn an sein Kreuz heftete, jene
Taufe, mit der er getauft werden musste, wo sich jenes Feuer entzündete,
das auch euch ansteckt (vgl. Lk 12,49-50); etwas von jener Torheit, die der
hl. Paulus für uns alle wünschte, da nur sie uns weise macht (vgl. 1 Kor
3,18-19). Das Kreuz sei für euch, wie einst für Christus, der höchste
Liebeserweis. Besteht denn nicht eine geheimnisvolle Beziehung
zwischen Verzicht und Freude, zwischen Opfer und Weitung des Herzens,
zwischen Disziplin und geistlicher Freiheit«? 18
Gerade in solch schmerzlichen Fällen lernt die gottgeweihte Person, dem
Herrn zu gehorchen (vgl. Ps 119[118],71), auf ihn zu hören und nur ihm
anzuhangen, in der geduldigen und hoffnungsvollen Erwartung seines
offenbarenden Wortes (vgl. Ps 119[118],81), in voller und großmütiger
Bereitschaft, nicht den eigenen, sondern seinen Willen zu erfüllen (vgl. Lk

2 Pages 11-20

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2.1 Page 11

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22,42).
Im Licht und in der Kraft des Geistes
11. Man bindet sich also an den Herrn, wenn man seine Gegenwart in den
menschlichen Vermittlungsinstanzen, besonders in der Ordensregel, in den
Oberen, in der Gemeinschaft,19 in den Zeichen der Zeit, in den
Erwartungen der Menschen, besonders der Armen erkennt; wenn man den
Mut findet, die Netze »auf sein Wort hin« (vgl. Lk 5,5) auszuwerfen —
und nicht allein aufgrund menschlicher Berechnung; wenn man den
Gehorsam nicht nur Gott gegenüber, sondern auch gegenüber den
Menschen wählt, in jedem Fall aber um des Herrn und nicht um der
Menschen Willen. Der hl. Ignatius von Loyola schreibt in seinen
Konstitutionen: »... der wahre Gehorsam erwägt nicht, wem gegenüber
man ihn leistet, sondern um wessentwillen man ihn leistet. Und wenn man
ihn allein um unseres Schöpfers und Herrn willen leistet, gehorcht man
demjenigen in Person, der der Herr aller ist«.20
Wer in schwierigen Zeiten zum Gehorsam aufgerufen wird, soll vom Vater
inständig den Beistand des Geistes erbitten (vgl. Lk 11,13). Er wird ihm
diesen schenken, und der Geist wird Licht und Kraft zum Gehorsam
spenden, er wird die Wahrheit lehren, und die Wahrheit wird frei machen
(vgl. Joh 8,32).
Jesus selbst wurde in seiner Menschheit vom Wirken des Hl. Geistes
geführt: empfangen im Schoß der Jungfrau Maria durch das Wirken des
Hl. Geistes; am Beginn seiner Sendung, in der Taufe, empfängt er den
Geist, der auf ihn herabsteigt und ihn führt; auferstanden spendet er den
Geist seinen Jüngern, damit sie seine Sendung übernehmen und das von
ihm gewirkte Heil und die Vergebung verkünden. Der Geist hat Jesus
gesalbt und kann auch unsere Freiheit seiner Freiheit, die dem Willen
Gottes vollkommen entspricht, ähnlich machen.21
Es ist also notwendig, dass jeder sich darum bemüht, dem Geist gegenüber
fügsam zu sein, allen voran die Oberen, die ja gerade vom Hl. Geist ihre
Autorität empfangen.22 Diese müssen sie »im Hinhören auf den Willen
Gottes« 23 und unter seiner Leitung ausüben.
Die Autorität steht im Dienst des Gehorsams gegenüber dem Willen
Gottes
12. Im geweihten Leben muss jeder aufrichtig den Willen des Vaters
suchen, denn sonst stünde die Rechtfertigung seines Lebensentscheids
selbst in Frage; es ist jedoch ebenso wichtig, diese Suche gemeinsam mit
den Brüdern oder Schwestern zu fördern, weil gerade sie es ist, die eint
und zu einer mit Christus verbundenen Familie macht.
Die Autorität steht im Dienst dieser Suche. Sie soll garantieren, dass diese
in Ehrlichkeit und Wahrheit stattfinden kann. Zu Beginn seines
Petrusdienstes hat Benedikt XVI. bei seiner Ansprache
bezeichnenderweise Folgendes hervorgehoben: »Das eigentliche

2.2 Page 12

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Regierungsprogramm aber ist, nicht meinen Willen zu tun, nicht meine
Ideen durchzusetzen, sondern gemeinsam mit der ganzen Kirche auf Wort
und Wille des Herrn zu lauschen und mich von ihm führen zu lassen,
damit er selbst die Kirche führe in dieser Stunde unserer Geschichte«.24
Andererseits muss auch anerkannt werden, dass die Aufgabe, andere zu
führen, nicht einfach ist, besonders wenn es zu einem übertriebenen,
konfliktträchtigen und konkurrierenden Streben nach persönlicher
Autonomie kommt. Alle müssen deshalb im Geiste des Glaubens genau
bedenken, was zu diesem Auftrag gehört, sich also am Verhalten des
dienenden Jesus orientieren, der die Füße seiner Apostel wäscht, damit sie
an seinem Leben und an seiner Liebe teilhaben (vgl. Joh 13,1-17).
Eine große Kohärenz wird von denen verlangt, die ein Institut leiten, eine
Provinz (oder andere Teile des Instituts) oder eine Gemeinschaft. Die zum
Dienst der Autorität bestellte Person muss wissen, dass sie diesen nur
erfüllen kann, wenn sie sich selbst zuerst auf jene Pilgerschaft begibt, die
zur ernsthaften und aufrichtigen Suche nach Gottes Willen führt. Für sie
gilt der Rat, den der hl. Ignatius von Antiochien einem Mitbruder im
Bischofsamt gibt: »Nichts geschehe ohne deine Zustimmung, du jedoch
tue nichts ohne die Zustimmung Gottes«.25 Wer Autorität innehat, muss so
handeln, dass die Mitbrüder oder Mitschwestern erkennen können, dass er,
wenn er befiehlt, dies einzig tut, um Gott zu gehorchen.
Die Achtung vor dem Willen Gottes bewahrt die Autorität in einem
Zustand der demütigen Suche, auf dass ihr Tun möglichst vollkommen mit
jenem heiligsten Willen übereinstimme. Der hl. Augustinus erinnert daran,
dass derjenige, der gehorcht, immer den Willen Gottes tut, nicht weil der
Befehl der Autorität notwendigerweise dem Willen Gottes entspricht,
sondern weil es Gottes Wille ist, dem Vorgesetzten zu gehorchen.26 Wer
Autorität innehat, muss seinerseits jedoch im Gebet, in der Sammlung und
im Rat der anderen ständig das suchen, was Gott wirklich will.
Andernfalls laufen der Obere oder die Oberin leicht Gefahr, anstatt Gott
zu suchen, sich selbst willkürlich an seine Stelle zu setzen.
Im Bestreben, den Willen Gottes zu tun, sind Autorität und Gehorsam also
keine voneinander verschiedenen oder gar entgegen gesetzten Realitäten,
sondern zwei Dimensionen einer Wirklichkeit, die im Evangelium fußt,
ein und desselben christlichen Geheimnisses. Sie sind zwei sich
ergänzende Weisen der Teilhabe an der Selbsthingabe Christi. Autorität
und Gehorsam finden in Jesus ihre Personifizierung: deshalb müssen sie in
direkter Beziehung zu Ihm und in tatsächlicher Angleichung an Ihn
verstanden werden. Das geweihte Leben will nichts anderes, als Seine
Autorität und Seinen Gehorsam zu leben.
Einige Prioritäten des Dienstes der Autorität
13. a) Im geweihten Leben ist Autorität in erster Linie geistlicher Natur.27
Sie weiß, das sie gerufen ist, einem Ideal zu dienen, das sie unendlich
übersteigt, einem Ideal, dem man sich nur in einer Atmosphäre des
Gebetes und der demütigen Suche nähern kann. Diese Suche ermöglicht
es, das Wirken des Geistes im Herzen jedes Bruders und jeder Schwester

2.3 Page 13

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zu erkennen. Autorität ist dann ,,geistlich’’, wenn sie sich in den Dienst
dessen stellt, was der Geist durch die Gaben verwirklichen will, die er
jedem Mitglied der Gemeinschaft innerhalb eines charismatischen
Programms des Instituts schenkt.
Um das geistliche Leben zu fördern wird derjenige, der Autorität innehat,
dieses zuerst in sich selbst pflegen, und zwar durch eine betende, tägliche
Vertrautheit mit dem Wort Gottes, mit der Ordensregel und den anderen
Lebensnormen, mit der Bereitschaft, den anderen zuzuhören und die
Zeichen der Zeit zu berücksichtigen. »Der Dienst der Autorität verlangt
eine ständige Präsenz, die es versteht, Anregungen zu geben, auf die
Grundlagen des geweihten Lebens hinzuweisen, und somit den Menschen
dabei zu helfen, in stets erneuerter Treue dem Anruf des Geistes zu
entsprechen«.28
b) Wer Autorität ausübt, ist angehalten, der eigenen Gemeinschaft
Gebetszeiten, sowie die Qualität des Gebets selbst zu gewährleisten,
indem er über die tägliche Treue zum Gebet wacht, im Bewusstsein, dass
man Gott mit kleinen, aber beharrlich erfolgenden Schritten entgegen
geht, Tag für Tag, ohne Ausnahme, und dass die Geweihten für andere in
dem Maße nützlich sein können, in welchem sie selbst mit Gott verbunden
sind. Zudem hat, wer Autorität ausübt, darüber zu wachen, dass — bei der
eigenen Person beginnend — der tägliche Kontakt mit dem Wort Gottes
nicht fehle, denn dieses »hat die Kraft« (Apg 20,32), den Einzelnen und
die Gemeinschaft aufzubauen und die Wege der Sendung aufzuzeigen. In
Anlehnung an den Auftrags des Herrn »tut dies zu meinem Gedächtnis«
(Lk 22,19) wird man dafür Sorge tragen, dass das heilige Geheimnis des
Leibes und Blutes Christi als ,,Höhepunkt und Quelle’’ 29 der
Gemeinschaft mit Gott und unter den Brüdern und Schwestern gefeiert
und verehrt werde. Bei der Feier und Anbetung des Geschenks der
Eucharistie, die in treuem Gehorsam gegenüber dem Herrn stattfindet,
schöpft die religiöse Gemeinschaft Kraft und Mut für ihre Ganzhingabe an
Gott, damit sie Zeichen seiner ungeschuldeten Liebe zur Menschheit und
wirksamer Hinweis auf die zukünftigen Güter sein kann.30
c) Wer Autorität ausübt, ist angehalten, die Würde der Person zu fördern,
indem er jedem Mitglied der Gemeinschaft und dessen Wachstum
Aufmerksamkeit schenkt und einem jeden die eigene Wertschätzung und
positive Einstellung bekundet, allen gegenüber aufrichtige Liebe zeigt und
die ihm im Vertrauen mitgeteilten Dinge diskret behandelt.
Es ist auch angebracht daran zu erinnern, dass vor der Mahnung zum
Gehorsam - wo sie notwendig ist - die Liebe walten muss, - die
unverzichtbar ist. Auch kann und darf das Wort communio weder als eine
Art des Delegierens der Autorität an die Gemeinschaft verstanden werden,
(wobei indirekt jeder dazu eingeladen würde, ,,zu tun und zu lassen, was
er will’’), noch als eine mehr oder weniger verschleierte Aufdrängung des
eigenen Standpunktes (,,jeder tue, was ich will’’).
d) Wer Autorität ausübt, ist angehalten, in schwierigen Situationen Mut
und Hoffnung zu wecken. Wie Paulus und Barnabas den Brüdern Mut
zusprachen, indem sie ihnen sagten »durch viele Drangsale müssen wir in

2.4 Page 14

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das Reich Gottes gelangen« (Apg 14,22), so muss die Autorität bei der
Annahme der Schwierigkeiten des Augenblicks behilflich sein und darauf
hinweisen, dass sie Teil jener Leiden sind, die den Weg kennzeichnen, der
zum Reich Gottes führt.
Angesichts der Prüfungen, die auf das geweihte Leben heute mancherorts
zukommen, beispielsweise auf Grund seiner schwindende Präsenz, wird
der Leiter einer Gemeinschaft an den durch alle Zeiten gültigen Wert
dieser Lebensform erinnern, da es gestern, heute und immerdar nichts
Wichtigeres, Schöneres und Wahrhaftigeres gibt, als das eigene Leben für
den Herrn und für die Geringsten unter seinen Kindern hinzugeben.
Wer die Gemeinschaft führt, dem fällt die Aufgabe des guten Hirten zu,
der sein Leben für die Schafe hingibt, der sich in kritischen Augenblicken
nicht in Sicherheit bringt, sondern präsent bleibt, teilnimmt an den Sorgen
und Schwierigkeiten der ihm anvertrauten Personen und sich als erster
ihrer annimmt. Wie der gute Samariter wird er auch bereit sein, etwaige
Wunden zu heilen, in Demut seine eigenen Grenzen zu erkennen sowie
das Bedürfnis der anderen, Hilfe zu erfahren anzuerkennen, weil er es
versteht, aus den eigenen Misserfolgen und Niederlagen zu lernen.
e) Wer Autorität ausübt, ist angehalten, das Charisma der eigenen
Ordensfamilie lebendig zu erhalten. Die Ausübung von Autorität bringt es
auch mit sich, dass man sich in den Dienst des institutseigenen Charismas
stellt, es sorgfältig bewahrt und in der Hausgemeinschaft oder der Provinz
oder im ganzen Institut auf den neuesten Stand bringt, insbesondere
gemäß den von den Generalkapiteln (oder anderen entsprechenden
Versammlungen) verabschiedeten Projekten und Leitlinien.31 Dies
verlangt von demjenigen, der die Autorität ausübt, eine angemessene
Kenntnis des Charismas des Instituts, indem er dieses vor allem zu einem
Teil der eigenen persönlichen Erfahrung macht, um es dann im Blick auf
die brüderliche Gemeinschaft und deren Einbindung in das kirchliche und
soziale Umfeld zu deuten.
f) Wer Autorität ausübt, ist angehalten, das ,,sentire cum Ecclesia’’
lebendig zu erhalten. Der Autorität kommt auch die Aufgabe zu, dabei
behilflich zu sein, den Sinn für den Glauben und die kirchliche
Gemeinschaft inmitten eines Volkes lebendig zu erhalten, das die
Wundertaten Gottes anerkennt und preist, indem es von der Freude
Zeugnis ablegt, die es erfüllt, da es zur großen Familie der einen, heiligen,
katholischen und apostolischen Kirche gehört. Die Nachfolge des Herrn
kann unmöglich von Einzelkämpfern wahrgenommen werden, sie
vollzieht sich vielmehr im Schiff Petri, das alle aufnimmt und den
Stürmen standhält. Eine geweihte Person wird durch ihre aktive und frohe
Treue ihren Beitrag zu einer guten Überfahrt leisten.32 Wer Autorität
ausübt, wird daher daran erinnern, dass »unser Gehorsam ein Mitglauben
mit der Kirche, ein Mitdenken und Mitsprechen mit ihr und ein Dienen
vereint mit ihr ist. Dazu gehört dann auch immer wieder, was Jesus dem
Petrus vorhergesagt hat: Jemand wird dich führen, wohin du nicht willst.
Dieses Sich-Führen-Lassen, wohin wir nicht wollen, ist eine wesentliche
Dimension unseres Dienens, und gerade dies macht uns frei«.33

2.5 Page 15

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Das sentire cum Ecclesia, das in Gründerinnen und Gründern besonders
aufleuchtet, hat seine Quelle in einer authentisch gemeinschaftsbezogenen
Spiritualität, das heißt »einer wirksamen und herzlichen Verbundenheit
mit den Hirten, vor allem mit dem Papst als dem Zentrum der Einheit der
Kirche«: 34 ihm schuldet jede geweihte Person auch kraft des Gelübdes
selbst vollen und vertrauensvollen Gehorsam.35 Die kirchliche
Gemeinschaft fordert zudem eine treue Bindung an das Lehramt des
Papstes und der Bischöfe als konkretes Zeugnis der Liebe zur Kirche und
des leidenschaftlichen Eifers für ihre Einheit.36
g) Wer Autorität ausübt, ist angehalten, das ständige Wachstum zu
fördern. Die Menschen, die einem anvertraut wurden, auf ihrem
Lebensweg zu begleiten ist eine Aufgabe, die von den Oberen als immer
wichtiger anzusehen ist. Diese Aufgabe erfüllen sie nicht nur dadurch,
dass sie bei etwaigen Problemen und deren Lösungsfindung, sowie bei der
Bewältigung von Krisen ihre Hilfe anbieten, sondern auch indem sie
aufmerksam das normale Wachstum eines jeden in allen Lebensphasen
begleiten, damit so gewährleistet werde, dass die geweihte Person jene
»Jugendlichkeit des Geistes, die stets fortbesteht« ,37 besitzt, was diese
immer mehr in Übereinstimmung mit jener Gesinnung bringt »die dem
Leben in Christus Jesus entspricht« (Phil 2,5).
Es liegt also in der Verantwortung der Autorität, in jedem Einzelnen eine
hohe Bereitschaft wach zu halten, sich weiter formen zu lassen. Sie wird
in ihm jene Fähigkeit fördern, vom Leben zu lernen und die Bereitschaft
zur freien Entscheidung, sich von anderen formen zu lassen. Gleichzeitig
wird die Autorität dafür Sorge tragen, dass der Einzelne sich seiner
eigenen Verantwortung für das Wachstum des jeweils Anderen bewußt ist.
Dabei sollen jene Mittel für das gemeinschaftliche Wachstum eingesetzt
werden, die uns die Tradition empfiehlt und die heute immer wärmer von
denen empfohlen werden, die über zuverlässige Erfahrungen im Bereich
der geistlichen Bildung verfügen: das gemeinsame Teilen des Wortes;
persönliches und gemeinschaftliches Planen; gemeinschaftliche Beratung;
Revision des Lebens; brüderliche Zurechtweisung.38
Der Dienst der Autorität im Lichte der kirchlichen Normen
14. Auf den vorhergehenden Seiten ist der Dienst der Autorität im
geweihten Leben im Hinblick auf die Suche nach dem Willen des Vaters
beschrieben worden; dabei wurden einige Prioritäten besonders
hervorgehoben.
Damit diese Prioritäten nicht als rein fakultativ verstanden werden,
erscheint es angebracht, im Folgenden die besonderen Merkmale
herauszustellen, welche die Wahrnehmung der Leitungsaufgabe gemäß
dem Codex des kanonischen Rechtes auszeichnen.39 Hier werden die im
Evangelium gegebenen Kennzeichen der von den Ordensoberen auf
verschiedenen Ebenen ausgeübten Entscheidungsgewalt in Normen
umgesetzt.
a) Der Gehorsam des Oberen. Ausgehend von der charakteristischen

2.6 Page 16

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Natur der kirchlichen Vollmacht als munus (Amt), erinnert der Codex des
kanonischen Rechts den Ordensobern daran, dass er an erster Stelle dazu
berufen ist, allen voraus gehorsam zu sein. Kraft des übernommenen
Amtes schuldet er dem Gesetz Gottes Gehorsam; von diesem leitet sich
seine Autorität ab und vor diesem, sowie vor dem Gesetz der Kirche, vor
dem Heiligen Vater und vor dem Eigenrecht des Instituts, muss er
gewissenhaft Rechenschaft ablegen.
b) Geist des Dienstes. Nachdem der charismatische Ursprung und die
kirchliche Verleihung religiöser Autorität bekräftigt worden sind, wird
erneut hervorgehoben, dass, wie alle Autorität in der Kirche, auch die
Autorität des Ordensobern von einer Haltung des Dienstes gekennzeichnet
sein muss, ganz nach dem Beispiel Christi, der »nicht gekommen ist, um
bedient zu werden, sondern um zu dienen« (Mk 10,45).
Insbesondere werden einige Aspekte dieser Haltung des Dienstes
aufgezeigt, deren aufmerksame Observanz es den Ordensoberen
ermöglichen wird, in der Erfüllung ihrer spezifischen Aufgaben als »treu
gegenüber dem Willen Gottes« anerkannt zu werden.40
Alle Oberen sind daher dazu berufen, als Bruder unter Brüdern oder
Schwester unter Schwestern, jene Liebe sichtbar werden zu lassen, mit der
Gott seine Kinder liebt, wobei sie einerseits jegliches Herrschaftsgebaren
und andererseits jegliche Form von Paternalismus oder Maternalismus
vermeiden sollen.
All das ist dadurch möglich, dass man vertrauensvoll das
Verantwortungsbewusstsein der Mitbrüder weckt, »unter Achtung vor der
menschlichen Person deren freiwilligen Gehorsam« 41 fördert und auf den
Dialog baut, wobei zu beachten ist, dass die Zustimmung »im Geist des
Glaubens und der Liebe« erfolgen muss, »im Sinne der Nachfolge des bis
zum Tode gehorsamen Christus« 42 und nicht aus anderen Beweggründen.
c) Pastorale Sorge. Der Codex des kanonischen Rechts verweist auf das
Hauptziel der Ausübung der Vollmacht im Ordensleben, nämlich »eine
brüderliche Gemeinschaft in Christus aufzubauen, in der Gott vor allem
gesucht und geliebt wird«.43 Aus diesem Grunde ist die Vollmacht in den
Ordensgemeinschaften ihrem Wesen nach pastoraler Natur, insofern sie
wesenhaft ganz der Erbauung des brüderlichen Lebens in Gemeinschaft
dient, wie es der kirchlichen Identität, die dem Ordensleben zueigen ist,
entspricht.44
Die bevorzugten Mittel, die der Obere einsetzen muss, um dieses
Primärziel zu erreichen, können nur auf dem Glauben basieren: diese sind,
im Besonderen, das Hören von Gottes Wort und die Feier der Liturgie.
Schließlich werden einige Bereiche aufgezeigt, in denen Ordens- obere
gegenüber den Mitbrüdern oder Mitschwestern besondere pastorale Sorge
walten lassen sollen: »in persönlichen Nöten sollen sie ihnen geziemend
beistehen; sie sollen sich der Kranken sorgsam annehmen und sie
besuchen, die Störenfriede zurechtweisen, die Kleinmütigen trösten,

2.7 Page 17

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gegenüber allen geduldig sein«.45
Ausgesandt in der Freiheit der Kinder Gottes
15. Die Botschaft wendet sich heute nicht selten an Menschen, die um ihre
Autonomie besorgt sind, die eifersüchtig ihre Freiheit verteidigen und
befürchten, ihre Unabhängigkeit zu verlieren.
Durch sein Lebenszeugnis weist der geweihte Mensch auf einen anderen
Weg hin, wie man sich im eigenen Leben verwirklichen kann, einen Weg,
auf dem Gott das Ziel, sein Wort das Licht und sein Wille der Wegweiser
ist. Es ist ein Weg, auf dem man heiter voranschreitet, weil man sich von
der Hand eines fürsorglichen und umsichtigen Vaters sicher gehalten weiß,
ein Weg, auf dem man von Brüdern und Schwestern, die vom selben Geist
erfüllt sind, begleitet wird, von dem Geist, der die vom Vater in das Herz
eines jeden gelegten Sehnsüchte befriedigen will und der auch weiß, wie
er dies bewerkstelligen kann.
Dies ist der erste Sendungsauftrag der geweihten Menschen: sie müssen
die Freiheit der Kinder Gottes bezeugen, eine Freiheit, die nach dem
Vorbild Christi gestaltet ist, sie müssen Menschen sein, die frei sind, um
Gott und den Brüdern zu dienen; durch das eigene Lebenszeugnis müssen
sie deutlich machen, dass jener Gott, der das menschliche Geschöpf aus
Ton gebildet (vgl. Gen 2,7.22) und im Schoß seiner Mutter gewoben hat
(vgl. Ps 139[138],13), auch fähig ist, dessen Leben nach dem Vorbild
Christi, des neuen und vollkommen freien Menschen, zu gestalten.
ZWEITER TEIL
AUTORITÄT UND GEHORSAM
IM BRÜDERLICHEN LEBEN
»Einer allein ist euer Meister, ihr aber seid alle Brüder«
(Mt 23,8)
Das neue Gebot
16. In Verbindung mit dem Gebot »du sollst den Herrn, deinen Gott,
lieben mit ganzen Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken«
wird allen, die Gott suchen, das »ebenso wichtige zweite Gebot« gegeben:
»du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (Mt 22,37-39). Jesus
fügt dem noch hinzu: »Liebt einander, wie ich euch geliebt habe«, denn an
der Art eurer Liebe »werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid«
(Joh 13,34-35). Der Aufbau brüderlicher Gemeinschaften ist eine der
grundlegenden Aufgaben im geweihten Leben. Ihr müssen sich die
Mitglieder der Gemeinschaft stellen, indem sie sich von der Liebe
antreiben lassen, die der Herr in ihre Herzen gegossen hat. Das
brüderliche Leben in Gemeinschaft ist tatsächlich ein konstitutives
Element des Ordenslebens und ein beredtes Zeichen dafür, dass das Reich
Gottes in der Gegenwart humanisierend wirkt.
So sehr es zutrifft, dass eine Gemeinschaft in der es keine brüderliche

2.8 Page 18

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Liebe gibt, bedeutungslos bleibt, so trifft es auch zu, dass ein rechtes
Verständnis von Gehorsam und Autorität eine wirksame Hilfe bieten kann,
im Alltag das Gebot der Liebe zu leben, besonders wenn es darum geht,
Schwierigkeiten zu begegnen, die das Verhältnis von Person und
Gemeinschaft betreffen.
Autorität im Dienst der Gemeinschaft, Gemeinschaft im Dienst am
Reich
17. »Alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Söhne Gottes«
(Röm 8,14): Wir sind also in dem Maße Schwestern und Brüder, in dem
Gott Vater derjenige ist, der durch seinen Geist die brüderliche und
schwesterliche Gemeinschaft leitet und sie seinem Sohn ähnlich macht.
In dieser Gesamtkonzeption findet auch der Dienst der Autorität seinen
Platz. Obere und Oberinnen sind angehalten, gemeinsam mit den ihnen
anvertrauten Menschen eine geschwisterliche Gemeinschaft in Christus
aufzubauen, die Gott sucht und über alles liebt, damit sein Heilsplan
verwirklicht werde.46 Die Autorität steht also im Dienst der Gemeinschaft,
wie Jesus, der die Füße seiner Apostel gewaschen hat, damit die
Gemeinschaft ihrerseits im Dienst am Reich stehe (vgl. Joh 13,1-17).
Inmitten der Brüder Autorität auszuüben, bedeutet, ihnen nach dem
Beispiel dessen zu dienen, der »sein Leben hingegeben hat als Lösegeld
für viele« (Mk 10,45), damit auch sie ihr Leben hingeben.
Nur wenn der Obere selbst Christus gegenüber im Gehorsam lebt und die
Regel treu beobachtet, können die Mitglieder der Gemeinschaft verstehen,
dass ihr Gehorsam dem Obern gegenüber der Freiheit der Kinder Gottes
alles andere als widerspricht, ja diese vielmehr Christus, der dem Vater
gehorsam war, ähnlicher werden und in dieser Ähnlichkeit reifen lässt.47
Gelehrig gegenüber dem Geist, der zur Einheit führt
18. Es ist ein und derselbe Anruf Gottes, der die Mitglieder einer
Gemeinschaft oder eines Instituts zusammengeführt hat (vgl. Kol 3,15);
der gemeinsame Wille, Gott zu suchen, führt sie weiter. »Weiterhin ist das
Gemeinschaftsleben für Kirche und Gesellschaft Zeichen für die
besondere Verbundenheit, die aus derselben Berufung und aus dem
gemeinsamen Willen, dieser Berufung zu gehorchen, erwächst, ohne
Rücksicht auf Unterschiede in Bezug auf Rasse und Herkunft, Sprache
und Kultur. Als Heilmittel gegen den Geist, der Zwietracht sät und
Trennung hervorruft, leuchten Autorität und Gehorsam als ein Zeichen
jener einzigartigen Vaterschaft auf, die von Gott stammt. Sie sind Zeichen
jener Brüderlichkeit, die aus dem Geist hervorgeht, sowie der inneren
Freiheit dessen, der trotz der menschlichen Schwächen all derer, die Ihn
vertreten, auf Gott vertraut«.48
Der Geist schafft in jedem eine Haltung der Verfügbarkeit für das Reich,
wobei die Verschiedenheit von Gaben und Aufgaben erhalten bleibt (vgl. 1
Kor 12,11). Der Gehorsam gegenüber seinem Wirken eint die
Gemeinschaft im Zeugnis für seine Gegenwart, macht das Streben aller
freudig (vgl. Ps 37[36],23) und wird zum Fundament des brüderlichen

2.9 Page 19

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Lebens, in dem alle gehorchen, wenngleich in unterschiedlichen
Aufgaben. Die Suche nach dem Willen Gottes und die Bereitschaft, ihn zu
erfüllen, ist das geistliche Bindemittel, das die Gruppe vor jener
Zersplitterung bewahrt, die durch die Vielfalt persönlicher
Eigentümlichkeiten entstehen könnte, wenn ihnen das einigende Prinzip
fehlt.
Für eine Spiritualität der ,,communio’’ und eine Heiligkeit in
Gemeinschaft
19. Eine vertiefte anthropologische Reflexion hat in den vergangenen
Jahren die Bedeutung hervortreten lassen, die Beziehungen für den
Menschen haben. Diese Erkenntnis findet weit reichende Bestätigungen
im Menschenbild der Heiligen Schrift. Sie hat zweifellos auch die Art und
Weise beeinflusst, wie Beziehung innerhalb der Ordensgemeinschaft
verstanden wird, indem sie auf den Wert der Öffnung auf das Von-sich-
Verschiedene, auf die Fruchtbarkeit der Beziehung zum Andersartigen und
auf die sich daraus für alle ergebende Bereicherung aufmerksam machte.
Eine solche beziehungsorientierte Anthropologie hat, wie bereits bemerkt,
wenigstens indirekt auch die Spiritualität der ,,communio’’ beeinflusst und
zum Neuverständnis des Begriffs der Sendung beigetragen, die als
gemeinsamer Einsatz aller Glieder des Gottesvolkes im Geist der
Zusammenarbeit und Mitverantwortung angesehen wird. Zu Beginn des
Dritten Jahrtausends stellt sich die Spiritualität der communio als das
geistliche Klima der Kirche dar, und somit als aktiv zu übernehmende und
beispielhaft geltende Aufgabe des Ordenslebens auf allen Ebenen. Sie ist
der zukunftsweisende Weg für das Glaubensleben und das christliche
Zeugnis.
Sie findet ihren unverzichtbaren Bezugspunkt im eucharistischen
Geheimnis, dessen Zentralität immer deutlicher erkannt wird, gerade weil
sich die Eucharistie als »grundlegend für das Sein und Handeln der
Kirche« erweist und so »Kirche wurzelhaft als Geheimnis der Communio«
49 vorstellt.
Heiligkeit und Sendung sind ohne die Gemeinschaft nicht realisierbar,
denn der auferstandene Herr wird durch sie und in ihr gegenwärtig,50
indem er die Gemeinschaft und die in ihr auftretenden Beziehungen
heiligt. Hat Jesus etwa nicht versprochen, dort zugegen zu sein, wo zwei
oder drei in seinem Namen versammelt sind (vgl. Mt 18,20)? Der Bruder
und die Schwester werden so zum Sakrament Christi und der Begegnung
mit Gott, sie werden zu einer konkreten Möglichkeit, das Gebot der
Nächstenliebe zu leben. Der Weg der Heiligkeit wird so zum Weg, den die
ganze Gemeinschaft zusammen beschreitet; nicht nur als Weg des
Einzelnen, sondern immer mehr als Erfahrung von Gemeinschaft: in der
gegenseitigen Annahme; in der Mitteilung der Gaben, besonders der Gabe
der Liebe, der Vergebung und der brüderlichen Zurechtweisung; in der
gemeinsamen Suche nach dem Willen jenes Gottes, der reich an Gnade
und Erbarmen ist; in der Bereitschaft eines jeden, den Weg des anderen
mit zu tragen.

2.10 Page 20

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Im heutigen kulturellen Klima stellt die Heiligkeit einer Gemeinschaft ein
überzeugendes Zeugnis dar, wohl noch mehr als das Zeugnis des
Einzelnen: Sie zeigt den bleibenden Wert der Einheit, jenes Geschenks,
das der Herr uns vermacht hat. Dies wird besonders in internationalen und
interkulturellen Gemeinschaften deutlich, die hohe Anforderungen
hinsichtlich gegenseitiger Annahme und Dialog stellen.
Die Autorität soll das Wachstum des brüderlichen Lebens fördern
20. Das Wachsen der Brüderlichkeit ist das Ergebnis einer ,,geordneten’’
Liebe. Deshalb ist es »unabdingbar, dass das Eigenrecht möglichst präzise
die verschiedenen Kompetenzen der Gemeinschaften, der Räte, der
Amtsträger und des Oberen umschreibt. Unklarheiten in diesem Bereich
geben oft Anlass zu Verwirrung und Konflikten. Auch bei
den ,,Gemeinschaftsprojekten’’, die eine Beteiligung am
Gemeinschaftsleben und an seinen unterschiedlichen Aufgaben
begünstigen können, sollte man sorgsam darauf bedacht sein, die
Aufgaben und Kompetenzen der Autorität in Übereinstimmung mit den
Konstitutionen klar festzulegen«.51
In diesem Zusammenhang fördert die Autorität das Wachsen des
brüderlichen Lebens durch den Dienst des Zuhörens und des Dialogs, der
Schaffung eines günstigen Klimas für Austausch und Mitverantwortung,
der Anteilnahme aller an den Anliegen aller, des ausgeglichenen Einsatzes
für den Nächsten und die Gemeinschaft, der Entscheidungshilfe und der
Förderung des brüderlichen Gehorsams.
a) Der Dienst des Zuhörens
Die Ausübung von Autorität setzt beim Oberen ein bereitwilliges Zuhören
gegenüber demjenigen voraus, den der Herr ihm anvertraut hat.52 Der hl.
Benedikt besteht darauf, dass »der Abt die ganze Gemeinschaft
zusammenrufen« soll; »dass alle zur Beratung zu rufen seien, ... weil der
Herr oft einem Jüngeren offenbart, was das Bessere ist«.53
Das Hören ist einer der wichtigsten Dienste des Obern, zu dem er immer
bereit sein sollte, besonders jenen gegenüber, die sich isoliert fühlen und
Aufmerksamkeit brauchen. Zuhören bedeutet nämlich, den anderen
bedingungslos anzunehmen, ihm im eigenen Herzen Raum zu geben.
Deshalb vermittelt das Zuhören Wohlwollen und Verständnis, es drückt
gegenüber dem anderen Hochachtung aus und zeigt, dass seine
Anwesenheit und seine Meinung Beachtung finden.
Wer vorsteht, soll bedenken, dass, wer den Bruder oder die Schwester
nicht anzuhören versteht, das Gleiche auch mit Gott versäumt; dass
aufmerksames Zuhören erlaubt, die der Gemeinschaft gegebenen Energien
und Gaben des Geistes besser zu koordinieren. Man soll in seinen
Entscheidungen auch die Grenzen und Schwierigkeiten bestimmter
Mitglieder berücksichtigen. Die für die Anhörung aufgewendete Zeit ist
nie verlorene Zeit. Zuhören kann oft Krisen und schwierigen Momenten
vorbeugen, die Einzelnen oder Gemeinschaften drohen.

3 Pages 21-30

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3.1 Page 21

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b) Schaffung eines Klimas zugunsten von Dialog, Austausch und
Mitverantwortung
Die Autorität muss also dafür Sorge tragen, dass ein Vertrauensklima
geschaffen wird, indem sie die Fähigkeiten und Empfindsamkeiten der
Einzelnen immer mehr anerkennt und fördert. Darüber hinaus wird sie in
Wort und Tat die Überzeugung vermitteln, dass Brüderlichkeit der
Teilnahme bedarf und darum auch der Information.
Neben dem Zuhören wird sie einen aufrichtigen, freien Dialog schätzen,
um mit anderen Gefühle, Erwartungen und Projekte auszutauschen: In
diesem Klima kann jeder seine Identität anerkannt finden und seine
Beziehungsfähigkeit verbessern. Die Autorität wird sich nicht scheuen,
jene Probleme zu sehen und sich ihnen zu stellen, die leicht aus einem
gemeinsamen Suchen entstehen können, aus gemeinsamem Beschließen,
aus gemeinsamer Arbeit, aus der gemeinsamen Beschreitung des besseren
Weges für eine fruchtbare Zusammenarbeit. Sie wird im Gegenteil den
Ursachen eventueller Missstände und Missverständnisse auf den Grund
gehen und Maßnahmen vorschlagen, die möglichst von allen mit getragen
werden. Sie wird sich ferner bemühen, jede Form von Unreife bei den
Anbefohlenen zu überwinden und diese von jedem Versuch abbringen,
einer Verantwortung oder belastenden Aufgabe auszuweichen, sich in die
eigene Welt und Eigeninteressen zu verschließen oder als Einzelgänger zu
arbeiten.
c) Die Bitte um den Beitrag aller zu den gemeinsamen Anliegen
Wer vorsteht, trägt zwar die Verantwortung für die Letztentscheidung,54
doch darf er nicht allein zu dieser Entscheidung gelangen, sondern er muss
den freien Beitrag aller Mitbrüder oder Mitschwestern auf bestmögliche
Art und Weise berücksichtigen. Eine Gemeinschaft ist das, was ihre
Mitglieder aus ihr machen: es ist also von fundamentaler Bedeutung, dass
alle zum Beitragen angeregt und motiviert werden, damit jeder sich in die
Pflicht genommen fühlt, den eigenen Anteil an Liebe, Kompetenz und
Kreativität beizusteuern. Menschliche Begabungen müssen gestärkt
werden und in das gemeinsame Projekt einfließen, indem man hierzu
motiviert und ihnen Respekt zollt.
Es reicht nicht aus, die materiellen Güter gemeinsam zu haben, denn
erheblich wichtiger ist die Teilhabe aller an den persönlichen Gütern und
Fähigkeiten, den persönlichen Vorzügen und Talenten, den Intuitionen und
Inspirationen der Mitglieder, und noch grundlegender sind Förderung und
Austausch der geistlichen Güter, des Hinhörens auf das Wort Gottes und
des Glaubens, wobei »das Band der Brüderlichkeit um so stärker ist, je
zentraler und vitaler das ist, was man miteinander teilt«.55
Nicht jeder und jede wird wohl sofort zu dieser Form der Teilhabe bereit
sein: ohne auf das Projekt zu verzichten, wird sich die Autorität bei
etwaigen Widerständen bemühen, in Klugheit die Einladung, eine
dynamische und unternehmungsfreudige Gemeinschaft aufzubauen, mit
der Kunst verbinden, sich im Vertrauen auf Gott als den einzigen Herrn,
der die Herzen der Menschen erreichen und wandeln kann, in Geduld zu

3.2 Page 22

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üben und keinen unmittelbaren Erfolg aufgrund der eigenen Bemühungen
zu erwarten.
d) Im Dienst am Einzelnen und an der Gemeinschaft
Bei der Übertragung einzelner Aufgaben wird die Autorität der
Persönlichkeit jedes Mitbruders und jeder Mitschwester, ihren
Schwierigkeiten und Veranlagungen, Rechnung tragen, damit unter
Achtung der Freiheit aller jeder die Möglichkeit hat, seine Fähigkeiten
einzubringen; gleichzeitig wird sie notwendigerweise das Wohl der
Gemeinschaft im Auge haben und den Dienst an den ihr eventuell
anvertrauten Werken berücksichtigen.
Eine solche Verbindung von Zielsetzungen wird nicht immer leicht
umsetzbar sein. Es wird dann unverzichtbar, dass der Vorgesetzte auf
ausgewogene Weise vorgeht. Dies zeigt sich sowohl in der Fähigkeit, in
jedem Einzelnen das Positive aufzugreifen und die verfügbaren Kräfte
bestmöglich einzusetzen, als auch in jener Reinheit der Absicht, die ihn
innerlich frei macht, sodass er nicht allzu sehr darum besorgt ist, zu
gefallen und zufrieden zu stellen, und den wahren, eigentlichen Sinn der
Sendung geweihter Menschen klar aufzeigt, die sich nicht auf die
Anerkennung der Veranlagungen der Einzelnen beschränken kann.
Es wird auch erforderlich sein, dass die geweihte Person die übertragene
Aufgabe im Geist des Glaubens und aus der Hand des Vaters annimmt,
selbst dann, wenn diese nicht ihren Wünschen und Erwartungen oder
ihrem Verständnis vom Willen Gottes entspricht. Obwohl die einzelne
geweihte Person ihre Schwierigkeiten mitteilen darf, indem sie diese in
Offenheit als einen Beitrag zur Wahrheit äußert, bedeutet Gehorsam in
solchen Fällen, sich der letzten Entscheidung der Autorität zu fügen in der
Überzeugung, dass ein solcher Gehorsam einen wertvollen, wenngleich
hart erkämpften Beitrag zum Aufbau des Reiches darstellt.
e) Die Entscheidungsfindung in Gemeinschaft
»In der vom Geist beseelten Brüderlichkeit führt jeder mit dem anderen
einen wertvollen Dialog, um den Willen des Vaters zu erkennen, und alle
anerkennen an dem, der die Leitung innehat, den Ausdruck der Vaterschaft
Gottes und die Ausübung der von Gott im Dienst der Unterscheidung und
der Gemeinschaft empfangenen Autorität«.56
Wenn das Eigenrecht des Instituts dies vorsieht oder die Wichtigkeit der
zu treffenden Entscheidung es erfordert, ist zuweilen die Suche nach einer
angemessenen Antwort der gemeinschaftlichen Unterscheidung
anvertraut, wobei es dann auf das zu hören gilt, »was der Geist der
Gemeinschaft sagt« (Offb 2,7).
Wenn auch die Unterscheidung im eigentlichen Sinne auf die wichtigsten
Entscheidungen begrenzt ist, so sollte doch der Geist der Unterscheidung
jeden Entscheidungsprozess, der die Gemeinschaft einschließt,
auszeichnen. Vor keiner Entscheidung darf daher jemals eine Zeit des
Gebets und der persönlichen Besinnung fehlen, verbunden mit einer Reihe

3.3 Page 23

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von wichtigen Voraussetzungen, damit gemeinsam gefunden werden kann,
was recht und Gott gefällig ist. Einige dieser vorauszusetzenden
Haltungen seien hier genannt:
– die Entschlossenheit, einzig und allein den Willen Gottes zu suchen,
indem man sich vom Handeln Gottes, wie es in der Heiligen Schrift und in
der geschichtlichen Entwicklung des Charismas des Instituts begegnet,
inspirieren lässt. Dabei sollte man sich dessen bewusst sein, dass die
Logik des Evangeliums im Vergleich zur menschlichen Logik, die nach
Erfolg, Effizienz und Anerkennung strebt, oft ,,auf den Kopf gestellt ist’’;
– die Bereitschaft, anzuerkennen, dass jeder Mitbruder und jede
Mitschwester fähig ist, die Wahrheit zumindest teilweise zu erfassen und
dass sie somit mit ihrer Meinung dazu beisteuern können, dass Gottes
Wille gemeinsam gefunden wird. Die Bereitschaft des Oberen sollte
soweit gehen, dass er fähig ist, die Überlegenheit der Gedanken anderer
anzuerkennen;
– die Aufmerksamkeit gegenüber den Zeichen der Zeit, den Erwartungen
der Menschen, den Bedürfnissen der Armen, den Anforderungen der
Evangelisierung, den Prioritäten der Gesamtkirche und Teilkirche, den
Richtlinien der Kapitel und der höheren Oberen;
– die Freiheit von Vorurteilen, von übertriebenen Anhänglichkeiten an die
eigenen Vorstellungen, von starren oder verzerrten
Wahrnehmungsmustern, von Parteibildung, welche die Unterschiede der
Ansichten zu sehr unterstreicht;
– der Mut, Argumente für die eigenen Gedanken und Positionen zu liefern,
aber auch der Mut, sich neuen Betrachtungsweisen zu öffnen und den
eigenen Standpunkt zu ändern;
– der ernste Vorsatz, in jedem Fall die Einheit zu wahren, wie immer auch
die definitive Entscheidung ausfallen mag.
Die Unterscheidung in Gemeinschaft ersetzt die Autorität, welcher die
letzte Entscheidung zusteht, weder der Natur, noch der Funktion nach;
dennoch kann die Autorität nicht übersehen, dass die Gemeinschaft der
bevorzugte Ort ist, wo der Wille Gottes zu erkennen und anzunehmen ist.
Auf jeden Fall ist die Entscheidungsfindung einer der bedeutendsten
Momente des geweihten Lebens, wo sowohl die Zentralität Gottes als des
letzten Ziels der Suche aller besonders klar sichtbar wird, als auch die
Verantwortung und der Beitrag eines jeden auf dem Weg aller zur
Wahrheit.
f) Unterscheidung, Autorität und Gehorsam
Die Autorität wird sich beim folgenreichen Prozess der Unterscheidung,
den sie in seinen einzelnen Phasen zu gewährleisten und in den kritischen
Momenten zu stützen hat, in Geduld üben. Ebenso wird sie mit
Bestimmtheit die Anwendung der Beschlüsse einfordern. Sie wird sich
nicht der eigenen Verantwortung entziehen, sei es, um ein ruhiges Leben

3.4 Page 24

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zu führen, sei es weil sie befürchtet, jemandes Empfindungen zu
verletzen. Sie wird nicht nachlässig sein, wenn es gilt, klare und zuweilen
unbequeme Entscheidungen zu fällen.57 Die wahre Liebe zur
Gemeinschaft ist es gerade, welche die Autorität in die Lage versetzt,
Festigkeit mit Geduld und Aufmerksamkeit gegenüber jedem mit
Entschlusskraft zu verbinden. Sie widersteht der Versuchung, Augen und
Ohren zu verschließen.
Schließlich ist noch zu bemerken, dass sich eine Gemeinschaft nicht in
einem Prozess ständiger Unterscheidung befinden kann. Nach der Zeit der
Entscheidungsfindung kommt die Zeit des Gehorsams, das heißt der
Ausführung des Beschlossenen: beide Zeiten müssen im Geist des
Gehorsams gelebt werden.
g) Der brüderliche Gehorsam
Der hl. Benedikt schreibt am Ende seiner Regel: »Die Tugend des
Gehorsams soll man nicht nur dem Abt gegenüber erweisen. Die Brüder
müssen ebenso einander gehorchen; sie wissen doch, dass sie auf diesem
Weg des Gehorsams zu Gott gelangen«.58 »Das bedeutet: Sie sollen sich
in gegenseitiger Achtung zuvorkommen; ihre körperlichen und
charakterlichen Schwächen sollen sie mit unerschöpflicher Geduld
ertragen; im gegenseitigen Gehorsam sollen sie miteinander wetteifern;
keiner achte auf das eigene Wohl, sondern mehr auf das des anderen«.59
Der hl. Basilius fragt sich: »In welcher Weise soll man sich gegenseitig
gehorchen?«, und antwortet: »wie Sklaven ihren Besitzern, gemäß der
Anweisung des Herrn: Wer bei euch groß sein will, der soll der letzte von
allen und euer Diener sein (vgl. Mk 10,43-44); Dann fügt er diese noch
beeindruckenderen Worte hinzu: ,,auch der Menschensohn ist nicht
gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen’’ (Mk 10,45);
und mit den Worten des Apostels: ,,dient einander in Liebe’’ (Gal
5,13)«.60
Wahre Brüderlichkeit gründet auf der Anerkennung der Würde des
Bruders oder der Schwester und verwirklicht sich in der Aufmerksamkeit
für den andern und seine Bedürfnisse, in der Fähigkeit, sich über seine
Gaben zu freuen, die eigene Zeit für ihn zur Verfügung zu stellen, um ihn
anzuhören oder von ihm zu lernen. Doch verlangt dies alles, selbst
innerlich frei zu sein. Wer überzeugt ist, seine Gedanken und Vorschläge
seien immer die besseren; wer meint, ohne jede Mittler- instanz allein
entscheiden zu können, was jeweils der Wille Gottes ist; wer meint, immer
im Recht zu sein und stets überzeugt ist, dass die anderen sich ändern
müssen; wer immer nur an die eigenen Anliegen denkt und kein Gespür
hat für die Bedürfnisse der anderen; wer glaubt, der Gehorsam gehöre
anderen Zeiten an und sei in einer entwickelten modernen Welt nicht mehr
zumutbar, der ist sicherlich nicht frei.
Frei ist dagegen, wer stets aufmerksam darauf bedacht ist, in jeder
Lebenssituation — vor allem in jedem Nächsten — eine Mittlerinstanz des
göttlichen Willens zu erkennen, wie geheimnisvoll dieser auch immer sein
mag — und danach lebt. »Zur Freiheit hat uns Christus befreit« (Gal 5,1).

3.5 Page 25

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Er hat uns befreit, damit wir auf den zahllosen Wegen unserer Existenz
jeden Tag Gott begegnen können.
»Wer bei euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein« (Mt 20,27)
21. Auch wenn man es heutzutage als eine besonders schwere Last
empfinden kann, die der Autorität typischen Verantwortungen zu
übernehmen, und es Demut abverlangt, sich zum Diener und zur Dienerin
anderer zu machen, so ist es dennoch immer gut, auch an die ernsten
Worte Jesu an jene zu erinnern, die ihre Autorität mit weltlichem Prestige
zu umgeben versucht sind: »und wer bei euch der Erste sein will, soll euer
Sklave sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich
dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als
Lösegeld für viele« (Mt 20,27-28).
Wer im eigenen Amt ein Mittel dazu sieht, gut dazustehen oder sich zu
bestätigen, um sich dienen zu lassen oder andere zu beherrschen, der stellt
sich ganz offensichtlich außerhalb des Modells der Autorität, wie sie im
Evangelium vorgestellt wird. Hier sind die Worte beherzigenswert, die der
hl. Bernhard an einen seiner Schüler richtete, der Nachfolger des hl. Petrus
wurde: »Bedenke, ob du Fortschritte auf dem Weg der Tugend, der
Weisheit, der Einsicht und der Güte gemacht hast... Bist du anmaßender
oder demütiger geworden? Wohlwollender oder überheblicher?
Barmherziger oder unbarmherziger? ... Was hast du in dir entfaltet: die
Gottesfurcht oder eine gefährliche Überheblichkeit?«.61
Der Gehorsam ist auch unter den besten Bedingungen nicht leicht. Doch,
wenn die geweihte Person sieht, dass derjenige, der die Autorität ausübt,
sich demütig und eifrig in den Dienst an Bruder und Schwester und an der
Sendung stellt: wenn er sich bei der Ausübung seiner Autorität, trotz aller
menschlicher Unzulänglichkeiten, darum bemüht, in seinem Tun die
inneren Haltungen und Empfindungen und die Gesinnung des Guten
Hirten nachzuempfinden, dann wird dieser Gehorsam leichter sein.
In ihrem Testament schrieb die hl. Klara von Assisi: »Ich bitte diejenige,
die unter den Schwestern das Amt erhalten wird, sich zu bemühen, den
anderen eher durch ihre Tugend und ihre heiligen Sitten als durch die
Amtsgewalt vorzustehen, damit ihre Mitschwestern, von ihrem Beispiel
angespornt, ihr nicht so sehr des Amtes wegen, sondern aus Liebe
gehorchen«.62
Das brüderliche Leben als Sendung
22. Unter der Leitung der Autorität sind die geweihten Personen
angehalten, sich oft mit dem neuen Gebot auseinander zu setzen, dem
Gebot, das alles neu macht: »Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe«
(Joh 15,12).
Einander lieben, wie der Herr geliebt hat, bedeutet, nicht nur das
persönliche Verdienst der Brüder und Schwestern zu sehen; es bedeutet,
nicht den eigenen Wünschen, sondern Gott zu gehorchen, der durch die
Umstände, in denen die Brüder und Schwestern sich befinden, und durch

3.6 Page 26

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ihre Bedürfnisse zu uns spricht. Zeit, die für ein qualitativ verbessertes
brüderliches Leben verwendet wird, ist keine vergeudete Zeit, weil »die
ganze Fruchtbarkeit des Ordenslebens von der Qualität des brüderlichen
Lebens abhängt«,63 wie Papst Johannes Paul II. seligen Angedenkens
wiederholt betont hat.
Das Bestreben, brüderliche Gemeinschaften zu schaffen, ist nicht nur eine
Vorbereitung für die Sendung, sondern ihr integraler Bestandteil, weil »die
brüderliche Gemeinschaft als solche bereits ein Apostolat ist«.64 Als
Gemeinschaft in der Sendung zu stehen, täglich neu in ständiger Suche
nach dem Willen Gottes Brüderlichkeit zu schaffen, das bedeutet zu
bekennen, dass es in der Nachfolge Christi möglich ist, eine neue, humane
Welt menschlichen Zusammenlebens hervorzubringen.
DRITTER TEIL
AUSGESANDT
»Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich euch«
(Joh 20,21)
Nach dem Beispiel unseres Herrn mit seinem ganzen Sein in der
Sendung aufgehen
23. Jesus, der Herr, gibt uns durch seine eigene Lebensform zu verstehen,
dass zwischen Sendung und Gehorsam ein Zusammenhang besteht. In den
Evangelien stellt Jesus sich immer als derjenige vor, ,,der vom Vater
gesandt wurde, um dessen Willen zu erfüllen’’ (vgl. Joh 5,36-38; 6.38-40;
7,16-18). Er tut stets, was dem Vater gefällt. Man kann sagen, das ganze
Leben Jesu ist Sendung vom Vater her. Er ist schlechthin die vom Vater
ausgehende Sendung.
So wie das Wort, Christus, seine Sendung damit begann, in einer
menschlichen Natur, die sich vollkommen vereinnahmen ließ, Fleisch
anzunehmen, so wirken auch wir an Christi Sendung und deren Erfüllung
maßgeblich mit, indem wir Ihn aufnehmen, uns zu einem Raum seiner
Gegenwart machen und sein Leben in der Geschichte fortführen, damit
andere ihm begegnen können.
Wenn man bedenkt, dass Christus in seinem Leben und Wirken das an den
Vater gerichtete Amen (vgl. Offb 3,14) und das vollkommene Ja (vgl. 2
Kor 1,20) ist, und dass weiterhin ,,Ja sagen’’ ganz einfach gehorchen
bedeutet, dann kann man sich keinerlei Sendungsauftrag vorstellen, von
dem der Gehorsam wegzudenken wäre. Die eigene Sendung zu leben
heißt immer, ausgesandt worden zu sein; es ergibt sich also zugleich ein
Bezug zu dem, der aussendet, und zum Inhalt der Sendung, zur Botschaft.
Darum bleibt, wenn der Bezug zum Gehorsam fehlt, der Begriff der
Sendung unverständlich und läuft Gefahr, rein ichbezogen interpretiert zu
werden. Der Sendungsauftrag kann stets engführend als ,,Beruf’’
betrachtet werden, der mit Blick auf die eigene Verwirklichung, und
deshalb mehr oder weniger selbständig, ausgeübt wird.

3.7 Page 27

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Ausgesandt, um zu dienen
24. In seinen Geistlichen Exerzitien schreibt der hl. Ignatius von Loyola,
dass der Herr alle zu sich ruft, um ihnen zu verkünden: »Wer mit mir
kommen will, muss auch mit mir arbeiten, damit er, in Mühsal und Leiden
mir ähnlich geworden, mir auch in die Herrlichkeit folgen möge«.65
Damals wie heute sieht man sich bei der Verwirklichung des
Sendungsauftrags erheblichen Schwierigkeiten gegenüber gestellt, die nur
mit Hilfe der göttlichen Gnade überwunden werden können, im demütigen
und lebendigen Bewusstsein, dass man von Ihm gesandt worden ist und
gerade deshalb auf seine Hilfe bauen darf.
Allein der Gehorsam schenkt uns die Gewissheit, dem Herrn zu dienen,
im eigenen Tun und Leiden ,,Diener und Dienerinnen des Herrn’’ zu sein.
Diese Gewissheit bringt Früchte hervor, die da sind: vorbehaltloser
Einsatz, unerschütterliche Treue, innerer Frieden, selbstloser Dienst und
eine Hingabe, die sich mit dem Einsatz aller Kräfte vollzieht. »Wer
gehorcht, hat darüber hinaus die Gewähr, tatsächlich seine Sendung zu
erfüllen, in der Nachfolge des Herrn zu stehen und nicht nach seinen
eigenen Wünschen oder Erwartungen auszuschauen. So ist es möglich,
sich vom Geist des Herrn geleitet und auch inmitten großer
Schwierigkeiten von seiner sicheren Hand gehalten zu wissen (vgl. Apg
20,22f)«.66
Man führt seinen Sendungsauftrag aus, wenn man — fern davon nach
Selbstbestätigung zu suchen — in erster Linie vom Verlangen geleitet ist,
den anbetungswürdigen Willen Gottes zu erfüllen. Dieses Verlangen ist
Seele des Gebets (»Dein Reich komme, dein Wille geschehe«) und die
Kraft des Apostels. Die Sendung verlangt nach dem Einsatz aller
menschlichen Kräfte und Fähigkeiten. Diese tragen zum Heil bei, wenn
sie sich am Willen Gottes orientieren, der wie ein Strom die vergänglichen
Dinge in den Ozean der ewigen Dinge münden lässt, wo Gott als
unbegrenzte Glückseligkeit, alles in allen ist (vgl. 1 Kor 15,28).
Autorität und Sendung
25. Dies alles bedeutet, dass der Autorität in Bezug auf die Sendung, die in
Treue zum eigenen Charisma wahrgenommen werden muss, eine wichtige
Aufgabe zukommt. Es handelt sich um keine einfache Aufgabe, denn an
Schwierigkeiten und Missinterpretationen fehlt es nicht. Es mag sein, dass
die Autorität in der Vergangenheit der Gefahr ausgesetzt war, vorwiegend
äußere Werke und deren Leitung im Blickfeld zu haben, wobei der
Mensch vergessen wurde; heute hingegen besteht die Gefahr eher darin,
dass diejenigen, die Autorität besitzen, sich zu sehr scheuen, diese
auszuüben, persönliche Empfindungen zu verletzen, oder aber darin, dass
Kompetenzen und Verantwortlichkeiten dermaßen unübersichtlich verteilt
sind, dass die Ausrichtung auf das gemeinsame Ziel erschwert ist und die
Autorität selbst dabei ineffizient wird.
Wer Autorität ausübt, trägt jedoch nicht nur dafür Verantwortung, der
Gemeinschaft Anregungen zu geben, sondern er koordiniert auch im Blick
auf den Sendungsauftrag die verschiedenen Kompetenzen, wobei er

3.8 Page 28

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gemäß den internen Normen des Instituts vorgeht und die Rolle eines
jeden berücksichtigt. Wenn die Autorität auch nicht alles tun kann (und
nicht tun darf), so trägt sie dennoch die letzte Verantwortung für alles.67
Die heutige Zeit stellt diejenigen, die Autorität ausüben, vor vielfältige
Herausforderungen, denn sie müssen es verstehen, vorhandene Kräfte
gemäß dem Sendungsauftrag zu koordinieren. Auch diesbezüglich seien
hier einige für den Dienst der Autorität wichtige Aufgaben angeführt:
a) Die Autorität ermutigt dazu, Verantwortung zu übernehmen und
respektiert die einmal übernommene Verantwortung
Mancher fürchtet sich davor, Verantwortung zu tragen. Wesentliche
Aufgabe der Oberen ist es deshalb, ihren Mitarbeitern christliche Stärke
zu vermitteln und den Mut, Schwierigkeiten in Angriff zu nehmen und so
Ängste und Verzagtheit zu überwinden.
Sie werden sich daher bemühen, nicht nur Teilnahme an Informationen,
sondern auch an Verantwortung zu gewähren, wobei sie jeden in der ihm
zukommenden Autonomie respektieren. Für denjenigen, der Autorität
ausübt, bedeutet dies Koordinierungsarbeit, die geduldig versehen werden
muss, seitens der geweihten Person setzt es eine aufrichtige Bereitschaft
zur Mitarbeit voraus.
Wer Autorität besitzt, muss, wann immer es notwendig ist, ,,da sein’’, um
den Mitgliedern der Gemeinschaft den Sinn für das Miteinander zu
erschließen, was weder zu infantiler Abhängigkeit führen, noch
selbstgenügsame Unabhängigkeit erlauben sollte. Dies alles ist Frucht
jener inneren Freiheit, die jeden befähigt, Arbeit zu leisten oder
mitzuarbeiten, Stellvertretungen zu übernehmen oder zu erbitten,
Schlüsselfigur zu sein oder den eigenen Beitrag lediglich aus der hinteren
Reihe zu erbringen.
Wer den Dienst der Autorität leistet, sollte sich davor hüten, selbstherrlich
zu glauben, alles hinge von seiner Person ab, während es weniger wichtig
— ja unnütz — sei, jeweils die Gemeinschaft in Aktivitäten einzubinden.
Es ist nämlich besser, einen Schritt gemeinsam zu tun, als zwei (oder auch
mehrere) Schritte allein.
b) Die Autorität lädt ein, Verschiedenheiten im Geist der ,,communio’’
anzunehmen
Die raschen kulturellen Veränderungen rufen nicht nur strukturelle
Umwandlungen hervor, die sich auf Aktivität und Sendung auswirken,
sondern können auch zu Spannungen innerhalb der Gemeinschaften
führen, wenn aufgrund von unterschiedlichen Grundformen kultureller
oder geistlicher Ausbildung die Zeichen der Zeit verschieden ausgelegt
werden und deswegen voneinander abweichende, zuweilen unvereinbare
Projekte vorgeschlagen werden. Zu solchen Situationen kann es heute
häufiger kommen als früher, da die Zahl der Gemeinschaften, deren
Mitglieder aus unterschiedlichen Kulturen oder Kulturgemeinschaften
stammen, wächst und die Generationsunterschiede sich verschärfen. Wer

3.9 Page 29

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Autorität ausübt, ist dazu angehalten, diesen heterogenen Gemeinschaften
im Geist der communio zu helfen und in einer zersplitterten Welt Zeugnis
dafür abzulegen, dass es möglich ist, gemeinsam zu leben und sich zu
lieben, auch wenn man voneinander so verschieden ist. Dabei sollte man
an den folgenden theoretisch-praktischen Prinzipien festhalten, an sie
erinnern und sie umsetzen:
– Wo der Geist des Evangeliums herrscht, arten Konflikte über
verschiedene Denkweisen niemals zu zwischenmenschlichen Konflikten
aus;
– Eine Vielfalt von Ansichten begünstigt eine Vertiefung der Themen;
– Die Kommunikation ist stets zu fördern, damit der freie Austausch von
Ideen die Positionen klärt und jeder einen positiven Beitrag leisten kann,
der auch gewürdigt wird;
– Es soll Hilfe geleistet werden, um egozentrische und ethnozentrische
Denkweisen zu überwinden — diese führen leicht dazu, dass die Anderen
zum Ursprung allen Übels erklärt werden — und dahin zu gelangen, dass
man füreinander Verständnis aufbringt;
– Das Ideal ist nicht die konfliktfreie Gemeinschaft, sondern eine
Gemeinschaft, die es mit den Spannungen aufnimmt, die in ihrem Inneren
vorhanden sind und in positiver Weise Lösungen findet, bei denen nichts
Unverzichtbares aufgegeben wird.
c) Die Autorität hält das Gleichgewicht unter den verschiedenen
Bereichen des geweihten Lebens aufrecht
Unter den verschiedenen Bereichen des geweihten Lebens können
tatsächlich Spannungen auftreten. Es ist Aufgabe der Vorgesetzten,
darüber zu wachen, dass das Leben weiterhin eine unzerrissene Einheit
bildet und dass in der Praxis so weit wie möglich ein ausgewogenes
Verhältnis besteht zwischen der Zeit, die für das Gebet und der Zeit, die
für die Arbeit verwendet wird, weiterhin zwischen dem Einzelnen und der
Gemeinschaft, zwischen Engagement und Erholung, zwischen Pflege des
Gemeinschaftslebens und Hinwendung zu Kirche und Welt, zwischen
persönlicher und gemeinschaftlicher Fortbildung.68
Am schwierigsten ist es mitunter, ein Gleichgewicht zwischen dem
gemeinschaftlichen Bereich und dem Bereich des Sendungsauftrags,
zwischen Leben ad intra und Leben ad extra zu erzielen.69 Da die
Dringlichkeit der zu erfüllenden Aufgaben dazu verleiten kann, die
Belange der Gemeinschaft zu vernachlässigen, und da man heute immer
häufiger als Einzelner zu arbeiten hat, ist es angebracht einige Regeln zu
kennen, deren Beachtung unumgänglich ist, um zu gewährleisten, dass
einerseits in der Gemeinschaft, die sich dem Apostolat widmet, ein Geist
der Brüderlichkeit herrscht und sich andererseits im brüderlichen
Miteinander eine Sensibilität für das Apostolat ergibt.
Es ist wichtig, dass diejenigen, die Autorität ausüben, für diese Regeln

3.10 Page 30

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einstehen und dass sie alle und jeden Einzelnen daran erinnert, dass
Mitglieder der Gemeinschaft, auch wenn sie einen Auftrag oder
apostolischen Dienst alleine wahrnehmen, immer im Namen des Instituts
oder der Gemeinschaft, ja dank der Gemeinschaft handeln. Oft können die
Betreffenden nur dadurch für eine bestimmte Aktivität freigestellt werden
und diese durchführen, weil jemand aus der Gemeinschaft seine Zeit zur
Verfügung gestellt, sie beraten oder motiviert hat; oft ergibt es sich auch,
dass, wer in der Gemeinschaft bleibt, denjenigen, der außerhalb
beschäftigt ist, bei Arbeiten im Haus ersetzt, für ihn betet oder durch die
eigene Treue unterstützt.
So sollte also der Apostel nicht nur zutiefst dankbar sein, sondern auch in
allem, was er tut, aufs engste mit der eigenen Gemeinschaft verbunden
bleiben; er sollte sich des Apostolats nicht bemächtigen, sondern um jeden
Preis bemüht sein, im gleichen Rhythmus wie die Gemeinschaft
vorzugehen, wenn notwendig auf Langsamere zu warten, den Beitrag
jedes Einzelnen hochzuschätzen, sowie, wann immer möglich, Freuden
und Mühen, Gedanken und Ungewissheiten teilen, damit ein jeder das
Apostolat des anderen so ansieht, als sei es das eigene, ohne Neid und
Eifersucht. Der Apostel soll sich dessen sicher sein, dass er, wie viel er
auch von sich in die Gemeinschaft einbringen mag, nie im Vergleich zu
dem bestehen kann, was er von der Gemeinschaft empfangen hat und
empfängt.
d) Die Oberen haben ein barmherziges Herz
Der hl. Franz von Assisi gab in einem ergreifenden Brief an einen Oberen
folgende Anweisungen bezüglich etwaiger Schwächen seiner Mitbrüder:
»Und daran will ich erkennen, dass du den Herrn und mich, seinen und
deinen Knecht, liebst, wenn du Folgendes tust: dass es keinen Bruder auf
der Welt geben mag, den du — und hätte er auch noch so viel gesündigt
— nachdem er Dir in die Augen gesehen hat, ohne deine barmherzige
Vergebung von dir weist, wenn er um sie bat; und erbäte er die
Barmherzigkeit nicht, frage du ihn, ob er Barm- herzigkeit will. Und wenn
er daraufhin tausend Mal vor deinen Augen sündigte, liebe ihn deswegen
mehr als mich aus folgendem Grund: du willst ihn für den Herrn
gewinnen; und übe mit solchen Brüdern immer Barmherzigkeit«.70
Wer Autorität ausübt, ist berufen, eine Pädagogik der Vergebung und der
Barmherzigkeit zu entwickeln, also Werkzeug der Liebe Gottes zu sein,
der annimmt, korrigiert und immer eine neue Möglichkeit für den Bruder
oder die Schwester eröffnet, wenn diese sich verfehlt haben oder in Sünde
gefallen sind. Vor allem müssen die Oberen bedenken, dass der Mensch
ohne Hoffnung auf Vergebung nur mühsam seinen Weg wieder aufnimmt
und fast unvermeidlich dazu neigt, dem Bösen noch mehr Böses und
jedem Sturz einen weiteren hinzuzufügen. Barmherzigkeit jedoch öffnet
Horizonte, die erkennen lassen, dass Gott dazu in der Lage ist, auch aus
Lebenssituationen, die von der Sünde gekennzeichnet sind, Gutes
hervorzubringen.71 So sollen sich also die Vorgesetzten dafür einsetzen,
dass die ganze Gemeinschaft diese Art Barmherzigkeit erlernt.
e) Sie haben einen Sinn für Gerechtigkeit

4 Pages 31-40

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4.1 Page 31

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Wenn auch die Aufforderung des hl. Franz von Assisi, dem sündigen
Bruder zu vergeben, als eine wertvolle allgemeine Regel zu betrachten ist,
so ist doch festzuhalten, dass es unter den Mitgliedern der Gemeinschaften
von Gottgeweihten zu Verhaltensweisen kommen kann, die dem Nächsten
schweren Schaden zufügen und im Widerspruch zu den Pflichten stehen,
die man gegenüber Außenstehenden hat und der Einrichtung, der man
angehört. Wenn man also für diejenigen, die sich schuldig gemacht haben,
Verständnis aufbringen muss, so bedarf es dennoch auch eines strengen
Verantwortungsbewusstseins und einer konsequenten Nächstenliebe
gegenüber denjenigen, die möglicherweise durch das Fehlverhalten eines
Gottgeweihten Schaden erlitten haben.
Wer immer sich verfehlt, soll wissen, dass er persönlich für die Folgen
seines Handelns aufzukommen hat. Verständnis für den Mitbruder
aufzubringen, kann nicht heißen, die Gerechtigkeit auszuschließen,
besonders wenn es um Menschen geht, die wehrlos sind oder Opfer von
Missbrauch wurden. Wenn man zugibt, dass man versagt hat und die
Konsequenzen verantwortungsvoll trägt, befindet man sich bereits auf
dem Weg der Barmherzigkeit: ebenso macht Israel, das sich vom Herrn
entfernt hat, in dem Augenblick den ersten Schritt zur Umkehr, indem es
die Folgen seines Fehlverhaltens (das Exil) akzeptiert und so auf tiefere
Weise seine Beziehung zu Gott entdeckt.
f) Sie fördern die Zusammenarbeit mit den Laien
Die zunehmende Zusammenarbeit mit Laien in Werken und Tätigkeiten,
die unter der Leitung von Gottgeweihten stehen, stellt die Gemeinschaft
und die Vorgesetzten vor neue Fragen, die ebenso neue Antworten
verlangen. Wenn Laien ermutigt werden, »den Ordensfamilien den
wertvollen Beitrag ihres weltlichen Charakters und ihres spezifischen
Dienstes« anzubieten, »führt deren Mitwirken nicht selten dazu, dass
manche Aspekte des Charismas auf unerwartete und fruchtbare Weise
vertieft werden«.72
Um eine wechselseitige Zusammenarbeit unter Ordensleuten und Laien zu
erzielen, — so wurde zurecht bemerkt — werden Ordensgemeinschaften
gebraucht, »die eine klare charismatische Identität besitzen, eine Identität,
welche sie sich angeeignet haben und leben, welche sie daher auch
imstande und bereit sind, an andere weiterzugeben und mit anderen zu
teilen. Es werden Ordensgemeinschaften gebraucht, die ihre Spiritualität
intensiv leben und mit missionarischem Enthusiasmus ihre Sendung zu
erfüllen suchen, damit der gleiche Geist und die gleiche treibende Kraft im
Dienst der Evangelisierung entfacht und weitergegeben werden können;
Ordensgemeinschaften müssen es verstehen, Laien zu motivieren. Sie
müssen sie dazu ermutigen, immer entsprechend ihrem weltlichen
Charakter und ihrem eigenen Lebensstil neue Formen der Verwirklichung
des betreffenden Charismas und der entsprechenden Sendung zu
entdecken, um so am Charisma des Instituts teilzuhaben. Auf diese Weise
kann die Ordensgemeinschaft zu einem Zentrum werden, von dem
geistliche Impulse ausgehen. Dies wird Ausstrahlkraft besitzen, Mut
machen und zu einem Ort werden, an dem die verschiedenen Beiträge zur
Erbauung des Leibes Christi, der die Kirche ist, ihren jeweiligen Teil

4.2 Page 32

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beisteuern«.73
Außerdem müssen die jeweiligen Zuständigkeiten und
Verantwortungsbereiche der Laien und Ordensleute, sowie jene der
Zwischeninstanzen (Verwaltungsräte und ähnliche Instanzen) klar
festgelegt sein. In alledem ist derjenige, der der Gemeinschaft von
Gottgeweihten vorsteht, in seiner Aufgabe unersetzlich.
Schwierige Gehorsamsakte
26. Einige Gehorsamsakte können sich bei der konkreten Erfüllung der
Mission als besonders schwierig erweisen, da es unterschiedliche
Perspektiven oder Vorgehensweisen gibt, von denen her das Apostolat
bzw. der Dienst wahrgenommen und verstanden werden kann. Wenn der
Gehorsam besonders harte Anforderungen stellt, ja regelrecht ,,absurd’’
erscheint, kann es dazu kommen, dass man versucht ist, das Vertrauen zu
verlieren und sogar den Austritt zu erwägen. Lohnt es sich, weiter zu
machen? Kann ich meine Vorstellungen in einer anderen Umgebung nicht
besser verwirklichen? Wozu sich gegenseitig in unnützen Kontroversen
aufreiben?
Schon der hl. Benedikt beschäftigte sich mit der Frage eines Gehorsams,
der »sehr beschwerlich, oder geradezu unausführbar« ist; der hl. Franz von
Assisi seinerseits beschäftigte sich mit dem Fall »eines Untergebenen, der
Besseres und Nützlicheres für seine Seele erkannte, als das ihm vom
Oberen Befohlene«. Der Vater des Mönchtums schlägt ein freies, offenes,
demütiges und vertrauensvolles Gespräch zwischen Mönch und Abt vor;
am Ende jedoch, wenn es sich als notwendig erweist, soll der Bruder »aus
Liebe und im Vertrauen auf Gottes Hilfe gehorchen«.74 Der Heilige von
Assisi lädt zu einem ,,karitativen Gehorsam, einem Gehorsam der Liebe’’
ein, in dem der Mitbruder freiwillig seinen Standpunkt aufopfert und die
empfangene Weisung befolgt, weil er so »Gott und den Nächsten
zufriedenstellt«.75 Er sieht einen ,,vollkommenen Gehorsam’’ da, wo ein
Ordensmann, auch wenn er nicht gehorchen kann, weil ihm »etwas gegen
seine Seele« befohlen wird, dennoch nicht mit seinem Oberen und der
Gemeinschaft bricht und bereit ist, hierfür auch Verfolgungen auf sich zu
nehmen. »Wer nämlich« — stellt der hl. Franziskus fest — »lieber
Verfolgung auf sich nimmt, als sich von seinen Brüdern zu trennen, bleibt
wirklich im vollkommenen Gehorsam, denn er gibt seine Seele für seine
Brüder hin«.76 So werden wir daran erinnert, dass Liebe und communio
höchste Werte darstellen, denen auch die Ausübung der Autorität und der
Gehorsam untergeordnet sind.
Wenn eine Anhänglichkeit an persönliche Vorstellungen und
Überzeugungen vorliegt, die durch Reflexion und Erfahrung mit der Zeit
gereift sind, ist dies nur verständlich. Daher ist es auch gut, den Versuch
zu unternehmen, diese zu verteidigen und in einem aufrichtigen und
konstruktiven Dialog vorzubringen, aber stets mit dem Blick auf das
Reich Gottes. Andererseits darf nicht vergessen werden, dass immer Jesus
von Nazareth das Vorbild ist, der selbst während der Passion Gott darum
bat, der Wille seines Vaters möge geschehen und der vor dem Tod am

4.3 Page 33

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Kreuz keinen Rückzieher machte (vgl. Hebr 5,7-9).
Wenn von ihnen der Verzicht auf die eigenen Ideen oder Pläne verlangt
wird, kann Gottgeweihte ein Gefühl der Verwirrung und der Ablehnung
gegenüber dem Vorgesetzten überkommen. Sie können in sich »lautes
Schreien und Tränen« (Hebr 5,7) vernehmen und flehen, der Kelch möge
an ihnen vorübergehen. Doch ist dies auch der Augenblick, sich dem Vater
anzuvertrauen, damit sein Wille geschehe und aktiv mit allem, was man
ist, »für das Leben der Welt« (Joh 6,51) an der Sendung Christi
mitzuwirken.
Wenn eine geweihte Person in einer so schwierigen Lage ihre
Zustimmung gibt, kann es ihr gelingen, den Gehorsam als höchsten Akt
der Freiheit zu verstehen, womit dessen tiefster Sinn freigelegt wird, da er
Ausdruck der völligen und vertrauensvollen Hingabe der eigenen Person
an Christus, den aus freien Stücken dem Vater gehorsamen Sohn, ist; von
daher lässt sich auch die Dimension der Sendung als gehorsame
Selbsthingabe, die den Segen des Höchsten auf sich zieht, begreifen: »Ich
will dir Segen schenken in Fülle ...(und) Segen sollen alle Völker der Erde
empfangen, weil du auf meine Stimme gehört hast« (Gen 22,17.18). Wer
als Gottgeweihter gehorcht, weiß, dass ihm in diesem Segen all das
zurückerstattet wird, worauf er im Opfer seiner Selbstaufgabe verzichtet
hat; in jenem Segen liegt auch die vollkommene Verwirklichung seines
Menschseins verborgen (vgl. Joh 12,25).
Gehorsam und Gewissenseinspruch
27. Hier stellt sich die Frage: kann es zu Situationen kommen, in denen
das persönliche Gewissen es nicht gestattet, die Anweisungen der
Autorität zu befolgen? Kann es schließlich vorkommen, dass der
Gottgeweihte in Bezug auf Normen und Obere erklären muss: »Man muss
Gott mehr gehorchen als den Menschen« (Apg 5,29)? Es handelt sich um
den so genannten Gewissenseinspruch, von dem Paul VI.77 sprach und der
gemäß seiner authentischen Bedeutung verstanden werden muss.
Wenn wirklich das Gewissen der Ort ist, an dem die Stimme Gottes
vernommen wird, die uns aufzeigt, wie wir uns verhalten sollen, dann ist
es auch wahr, dass man, um diese Stimme zu erkennen und von anderen
Stimmen unterscheiden zu können, lernen muss, mit großer
Aufmerksamkeit auf sie zu hören. Diese Stimme ist nämlich nicht mit
jenen anderen zu verwechseln, die einem Subjektivismus das Wort reden,
der die für die Gewissensbildung unverzichtbaren Quellen und
verbindlichen Kriterien nicht kennt oder sie vernachlässigt: »aus dem zum
Herrn und zur Liebe des Guten bekehrten ,,Herzen’’ gehen die
Gewissensurteile hervor, die wahr sind«,78 und »Gewissensfreiheit ist
niemals Freiheit ,,von’’ der Wahrheit, sondern einzig und allein
Freiheit ,,in’’ der Wahrheit«.79
Bevor sie zu dem Schluss kommen, dass nicht der empfangene
Gehorsamsbefehl, sondern das innerlich Wahrgenommene, den Willen
Gottes darstellt, müssen die Gottgeweihten daher gut überlegen. Sie
müssen auch in allen Fällen daran denken, das Gesetz der Vermittlung in

4.4 Page 34

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ihre Überlegungen mit einzubeziehen und sich hüten, schwerwiegende
Entscheidungen zu treffen, ohne die Sichtweise anderer zu
berücksichtigen und einer Überprüfung zu unterziehen. Es steht natürlich
außer Frage, dass es letztlich darum geht, den Willen Gottes zu erkennen
und diesen zu tun. Ebenso außer Frage sollte aber auch die Tatsache
stehen, dass der Gottgeweihte sich durch ein Gelübde verpflichtet hat,
diesen heiligen Willen durch Vermittlung von bestimmten Menschen
entgegenzunehmen. Zu sagen, nur der Wille Gottes zähle, nicht jedoch die
Vermittlung, diese also abzulehnen oder nur nach Belieben zu akzeptieren,
beraubt das Gelübde allzu leicht seiner Bedeutung und unterschlägt
zugleich eine wesentliche Charakteristik des eigenen Lebens.
»Mit Ausnahme von Befehlen, die ganz offenkundig Gottes Geboten oder
den Konstitutionen des Instituts widersprechen, beziehungsweise deren
Erfüllung ein schwerwiegendes und sicher zu erwartendes Übel mit sich
bringen würde, bei denen keine Pflicht zum Gehorsam besteht, betreffen
die Anordnungen der Obern also in der Regel einen Bereich, in welchem
die Bewertung, was das Beste ist, je nach Standpunkt variieren kann. Eine
Anordnung als unrechtmäßig und als mit dem Gewissen unvereinbar
einzustufen, weil sie einem objektiv weniger gut erscheint, hieße, sehr
wenig Wirklichkeitssinn an den Tag zu legen, denn nicht wenige Dinge im
Leben der Menschen sind undurchsichtig und auf vielfältige Weise
auslegbar. Ordensleute sollten nicht leichtfertig annehmen, es bestehe ein
Widerspruch zwischen ihrem eigenen Gewissensurteil und dem ihrer
Oberen. Diese außergewöhnliche Situation kann aber auch manchmal
wirkliches inneres Leid heraufbeschwören, das der Erfahrung Christi, ,,der
durch Leiden den Gehorsam lernte’’ (Hebr 5,8) nahekommt«.80
Autorität als beschwerliche Aufgabe
28. Wer Autorität ausübt, kann mitunter selbst der Enttäuschung
anheimfallen und den Mut verlieren. Aufgrund des Widerstandes
Einzelner bzw. ganzer Gemeinschaften, oder aufgrund von scheinbar
unlösbaren Problemen kann man versucht sein, die Arbeit aufzugeben und
jede Anstrengung, die darauf abzielt, eine Verbesserung der Lage
herbeizuführen, als nutzlos zu betrachten. Dann aber gerät man in Gefahr,
als Funktionär routinemäßige Verwaltungsarbeit zu leisten und sich mit
dem Mittelmaß zufrieden zu geben. Man verspürt Hemmungen,
einzugreifen und hat keinen Mut, anderen Ideale aufzuzeigen, die man
sich im authentischen geweihten Leben als Ziele zu stecken hat und läuft
stets Gefahr, die ursprüngliche Liebe und das Verlangen, sie zu bezeugen,
zu verlieren.
Wen die Ausübung der Autorität belastet und wer sich damit schwer tut,
denke daran, dass der Herr die Ausübung dieses Amtes als ein ihm
dargebrachten Liebeserweis versteht: »Simon, Sohn des Johannes, liebst
du mich?« (Joh 21,16); auch wird es heilsam sein, sich auf die Worte des
hl. Paulus zu besinnen: »Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der
Bedrängnis, beharrlich im Gebet! Helft den Heiligen, wenn sie in Not
sind!« (Röm 12,12-13).
Die stille innere Mühsal, die zur Treue gegenüber der eigenen Aufgabe

4.5 Page 35

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gehört, und die bisweilen im Einsamsein bestehen kann oder darin, dass
einem von denjenigen, denen man seine Hingabe widmet, Unverständnis
entgegengebracht wird, wird zum Weg der persönlichen Heiligung und
vermittelt denjenigen, deretwegen man leidet, das Heil.
Gehorsam bis zum Ende
29. Wer glaubt, sucht mit seinem ganzen Leben nach Gott. Und so besteht
die Aufgabe jedes Tages darin, die Kunst zu erlernen, auf seine Stimme zu
hören, damit sein Wille geschehe. Gewiss handelt es sich dabei um eine
anspruchsvolle Schule, geradezu ein Ringen zwischen jenem Ich, das dazu
neigt, Herr seiner selbst und seiner Geschichte sein zu wollen, und jenem
Gott, der ,,der Herr’’ aller Geschichte ist; eine Schule, in der man lernt, so
sehr auf Gott und seine Vaterliebe zu vertrauen, dass man sein Vertrauen
auch auf die Menschen, seine Kinder und unsere Brüder, setzt. So wächst
die Gewissheit, dass der Vater niemanden im Stich lässt, selbst dann nicht,
wenn man den Brüdern die Sorge um das eigene Leben anvertrauen muss.
Man soll vielmehr in ihnen das Zeichen seiner Gegenwart und den
Ausdruck seines Willens erkennen.
Wenn auch noch auf unbewusste Weise, war unser Eintritt ins Leben doch
ein Akt des Gehorsams gewesen, indem wir jenem guten Willen Aufnahme
schenkten, der unser Dasein unserem Nichtsein vorzog. Wir werden
unseren Weg auch mit einem Akt des Gehorsams abschließen, von dem
wir gerne wollen, dass wir ihn so bewusst und frei wie möglich gestalten
können, der aber vor allem Ausdruck unserer völligen Hingabe an jenen
guten Vater sein soll, der uns endgültig zu sich in sein Reich rufen wird,
wo unendliches Licht herrscht, der endlose Tag des Herrn, in dem unser
Suchen einen Abschluss findet und unsere Augen ihn schauen werden.
Dann werden wir auf vollkommene Weise gehorsam und in Fülle
verwirklicht sein, weil wir jener Liebe, die uns erschaffen hat, um mit Ihr
und in Ihr glücklich zu sein, in Ewigkeit unser Jawort geben werden.
Gebet für einen Oberen
30. »O Jesus, du guter, milder und liebenswerter Hirte! Ein armseliger und
elender Hirte erhebt seine Stimme zu dir, ein schwacher, unerfahrener und
unnützer Hirte, und doch, wie auch immer, ein Hirt deiner Herde.
Lehre mich, deinen Diener, o Herr, lehre mich, ich flehe dich an, durch
deinen Heiligen Geist, was ich tun kann, um meinen Brüdern zu dienen
und mich für sie zu verzehren. Lass mich, o Herr, in deiner
unaussprechlichen Gnade, lernen, geduldig ihre Schwächen zu ertragen,
ihre Leiden in Güte zu teilen und ihnen unauffällig zu helfen. In der
Schule deines Geistes lehre mich, Trauernde zu trösten, Schwache zu
stärken, Gefallene wieder aufzurichten, mit den Schwachen schwach zu
sein, mit denen, die an Ärgernissen leiden, mich zu empören, allen alles zu
werden, um alle zu retten. Lege Worte der Wahrheit, der Gerechtigkeit und
der Milde in meinen Mund, damit sie im Glauben, in der Hoffnung und in
der Liebe, in der Keuschheit und in der Demut, in der Geduld und im
Gehorsam, im Eifer des Geistes und im Schwung des Herzens bestärkt
werden.

4.6 Page 36

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Alle lege ich in deine heiligen Händen und vertraue sie deiner milden
Vorsehung an, damit sie dir niemand entreiße, noch der Hand deines
Dieners, dem du sie anvertraut hast. Lass sie vielmehr beharrlich ihrem
heiligen Vorsatz bis zum Ende treu sein, damit sie mit deiner Hilfe, o Herr,
das ewige Leben erlangen, der du lebst und herrschest von Ewigkeit zu
Ewigkeit. Amen«.81
Gebet zu Maria
31. Heilige Jungfrau Maria, bei der Verkündigung des Engels hast du uns
durch deinen gläubigen und Antwort suchenden Gehorsam Christus
geschenkt. Mit aufmerksamem Herzen hast du uns in Kana gezeigt, wie
man verantwortungsvoll handelt. Du hast nicht passiv darauf gewartet,
dass dein Sohn eingreift, sondern bist ihm zuvorgekommen, indem du ihn
auf die Not aufmerksam gemacht und mit diskret ausgeübter Autorität die
Initiative ergreifend Diener zu Ihm gesandt hast.
Am Fuß des Kreuzes bist du im Gehorsam Mutter der Kirche und aller
Glaubenden geworden, indessen im Abendmahlsaal durfte jeder Jünger an
Dir erkennen, mit welcher Milde die Autorität der Liebe und des Dienens
sich erzeigt.
Hilf uns zu verstehen, dass in der Kirche und im geweihten Leben jede
wahre Autorität in der Gelehrigkeit gegenüber dem Willen Gottes ihr
Fundament hat, und dass wir alle für andere tatsächlich zur Autorität
werden, wenn wir selbst gegenüber Gott im Gehorsam leben.
O milde und gütige Mutter, »die du mit promptem Gehorsam ... den
Willen des Vaters erfüllt hast«,82 mach uns durch das Licht und die Kraft
des Heiligen Geistes im Leben aufmerksam auf das Wort, treu in der
Nachfolge Jesu, des Herrn und Dieners, froh in der brüderlichen
Gemeinschaft, großzügig in der Sendung, eifrig im Dienst an den Armen,
stets dem Tag zustrebend, an dem der Glaubensgehorsam in ein Fest der
Liebe, das kein Ende kennt, münden wird.
Am 5. Mai 2008 hat der Heilige Vater das vorliegende Dokument der
Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die
Gesellschaften des apostolischen Lebens approbiert und seine
Veröffentlichung angeordnet.
Rom, am 11. Mai, dem Pfingstfest des Jahres 2008
Franc Kard. Rodé, C.M.
Präfekt
Gianfranco A. Gardin, OFM Conv.
Sekretär

4.7 Page 37

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INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung
1. Das geweihte Leben als Zeugnis der Suche nach Gott
2. Ein Weg der Befreiung
3. Adressaten, Absicht und Grenzen des Dokuments
ERSTER TEIL
Die Weihe und die Suche nach dem Willen Gottes
4. Wen suchen wir?
5. Der Gehorsam als aufmerksames Hinhören
6. »Höre Israel« (Dtn 6,4) .
7. Der Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes
8. In der Nachfolge Jesu, des gehorsamen Sohnes des Vaters
9. Gehorsam gegenüber Gott durch menschliche Vermittlungen
10. Den Gehorsam im Alltag erlernen
11. Im Licht und in der Kraft des Geistes
12. Die Autorität steht im Dienst des Gehorsams gegenüber dem Willen
Gottes
13. Einige Prioritäten des Dienstes der Autorität
a) Im geweihten Leben ist Autorität in erster Linie geistlicher
Natur
b) Wer Autorität ausübt, ist angehalten, der eigenen
Gemeinschaft Gebetszeiten, sowie die Qualität des Gebets
selbst zu gewährleisten
c) Wer Autorität ausübt, ist angehalten, die Würde der Person
zu fördern
d) Wer Autorität ausübt, ist angehalten, in schwierigen
Situationen Mut und Hoffnung zu wecken
e) Wer Autorität ausübt, ist angehalten, das Charisma der
eigenen Ordensfamilie lebendig zu erhalten
f) Wer Autorität ausübt, ist angehalten, das ,,sentire cum
Ecclesia’’ lebendig zu erhalten
g) Wer Autorität ausübt, ist angehalten, das ständige
Wachstum zu fördern
14. Der Dienst der Autorität im Lichte der kirchlichen Normen
15. Ausgesandt in der Freiheit der Kinder Gottes
ZWEITER TEIL
Autorität und Gehorsam im brüderlichen Leben
16. Das neue Gebot
17. Autorität im Dienst der Gemeinschaft, Gemeinschaft im Dienst am
Reich
18. Gelehrig gegenüber dem Geist, der zur Einheit führt
19. Für eine Spiritualität der ,,communio’’ und eine Heiligkeit in

4.8 Page 38

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Gemeinschaft
20. Die Autorität soll das Wachstum des brüderlichen Lebens fördern
a) Der Dienst des Zuhörens
b) Schaffung eines Klimas zugunsten von Dialog, Austausch
und Mitverantwortung
c) Die Bitte um den Beitrag aller zu den gemeinsamen
Anliegen
d) Im Dienst am Einzelnen und an der Gemeinschaft .
e) Die Entscheidungsfindung in Gemeinschaft
f) Unterscheidung, Autorität und Gehorsam
g) Der brüderliche Gehorsam
21. »Wer bei euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein« (Mt 20,27)
22. Das brüderliche Leben als Sendung
DRITTER TEIL
Ausgesandt
23. Nach dem Beispiel unseres Herrn mit seinem ganzen Sein in der
Sendung aufgehen
24. Ausgesandt, um zu dienen
25. Autorität und Sendung
a) Die Autorität ermutigt dazu, Verantwortung zu übernehmen
und respektiert die einmal übernommene Verantwortung
b) Die Autorität lädt ein, Verschiedenheiten im Geist
der ,,communio’’ anzunehmen
c) Die Autorität hält das Gleichgewicht unter den
verschiedenen Bereichen des geweihten Lebens aufrecht
d) Die Oberen haben ein barmherziges Herz
e) Sie haben einen Sinn für Gerechtigkeit .
f) Sie fördern die Zusammenarbeit mit den Laien
26. Schwierige Gehorsamsakte
27. Gehorsam und Gewissenseinspruch
28. Autorität als beschwerliche Aufgabe
29. Gehorsam bis zum Ende
30. Gebet für einen Oberen
31. Gebet zu Maria
1Vgl. Johannes Paul II., Postsynodales Apostolisches Schreiben Vita
consecrata (25. März 1996), 1.
2Dante Alighieri, Divina Commedia, Paradies III, 85.
3Vgl. Vita consecrata, 42; Kongregation für die Institute des geweihten

4.9 Page 39

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Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens, Instruktion Das
brüderliche Leben in Gemeinschaft (2. Februar 1994), 5; Kongregation für
die Ordensleute und die Säkularinstitute, Instruktion Wesentliche
Elemente der Lehre der Kirche über das religiöse Leben (31. Mai 1983),
41.
4Vgl. Codex des kanonischen Rechtes, can. 631, §1.
5Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte
(6. Januar 2001), 43-45; Vita consecrata, 46, 50.
6Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die
Gesellschaften des apostolischen Lebens, Instruktion Potissimum
institutioni (2. Februar 1990), besonders 15, 24-25, 30-32.
7Besonders 47-52.
8Besonders 42-43, 91-92.
9Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die
Gesellschaften des apostolischen Lebens, Instruktion Neubeginn in
Christus (19. Mai 2002), besonders 7 und 14.
10Hl. Bernhard, De diversis 42,3: PL 183,662B.
11Hl. Bernhard, De errore Abelardi 8,21: PL 182,1070A.
12Benedikt XVI., Enzyklika Spe salvi (30. November 2007), 43; vgl.
Conc. Ecum. Lateranense IV, in DS 806.
13»Innerlicher als mein Innerstes«: Hl. Augustinus, Confessiones III,6,11.
14Benedikt XVI., Schreiben an den Präfekten der Kongregation für die
Institute geweihten Lebens und die Gesellschaften apostolischen Lebens
anlässlich der Vollversammlung, 27. September 2005, in Insegnamenti di
BenedettoXVI,2005,I, Città del Vaticano, 588.
15Hl. Benedikt, Regel, Prolog, I,3; vgl. auch Hl. Augustinus, Regel, 7; Hl.
Franziskus von Assisi, nicht bullierte Regel, I,1; bullierte Regel, I,1; vgl.
Vita consecrata, 46.
16Codex des kanonischen Rechtes, can. 618.
17Vgl. II. Vat. Konzil, Dekret über die Erneuerung des Ordenslebens
Perfectae caritatis, 14.
18Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelica testificatio (29. Juni
1971), 29.

4.10 Page 40

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19Vgl. Evangelica testificatio, 25.
20Hl. Ignatius von Loyola, Konstitutionen der Gesellschaft Jesu, IV,29.
21Vgl. Benedikt XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Sacramentum Caritatis (22.Februar 2007), 12.
22Vgl. Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die
Gesellschaften des apostolischen Lebens und Kongregation für die
Bischöfe, Leitlinien für die gegenseitigen Beziehungen zwischen
Bischöfen und Ordensleuten in der Kirche Mutuae relationes (14. Mai
1978), 13.
23Perfectae caritatis, 14.
24Benedikt XVI., Predigt in der Messe zur Amtseinführung (24. April
2005), in AAS 97(2005) 709.
25Hl. Ignatius von Antiochien, Brief an Polycarp 4,1.
26Vgl. Hl. Augustinus, Enarrationes in Psalmos 70,I,2: PL 36,875.
27Vgl. Das brüderliche Leben in Gemeinschaft, 50.
28Benedikt XVI., Ansprache an die Generalobern (22. Mai 2006), in
Insegnamenti di Benedetto XVI, II,1, Città del Vaticano, 659.
29Vgl. II. Vat. Konzil, Konstitution Sacrosanctum Concilium 10;
Neubeginn in Christus, 26.
30Vgl. Sacramentum Caritatis 8; 37; 81.
31Vgl. Vita consecrata, 42.
32Vgl. Mutuae Relationes, 34-35.
33Benedikt XVI., Predigt am Gründonnerstag in der Chrisam-Messe (20.
März 2008), in L'Osservatore Romano, 20./21. März 2008, 8.
34Neubeginn in Christus, 32.
35Vgl. Codex des kanonischen Rechtes, can. 590 §2.
36Vgl. Vita consecrata, 46.
37Vita consecrata, 70.

5 Pages 41-50

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5.1 Page 41

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38Vgl. Das brüderliche Leben in Gemeinschaft, 32.
39Vgl. Codex des kanonischen Rechts, cann. 617-619.
40Codex des kanonischen Rechts, can. 618.
41Codex des kanonischen Rechts, can. 618.
42Codex des kanonischen Rechts, can. 601.
43Codex des kanonischen Rechts, can. 619.
44Die Ordensgemeinschaft ist daraufhin ausgelegt, den Primat der Liebe
Gottes zu erlangen und nach außen zu zeigen; er ist das Ziel selbst des
geweihten Lebens, und daher auch dessen erste Verpflichtung und das
erste Apostolat der einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft. Vgl. Codex
des kanonischen Rechts, cann. 573; 607; 663 §1; 673.
45Codex des kanonischen Rechtes, can. 619.
46Vgl. Codex des kanonischen Rechtes, cann. 618-619.
47Vgl. Perfectae Caritatis, 14.
48Vita consecrata, 92.
49Sacramentum caritatis, 15.
50Vgl. Vita consecrata, 42.
51Das brüderliche Leben in Gemeinschaft, 51.
52Vgl. Perfectae caritatis, 14.
53Hl. Benedikt, Regel 3,1.3.
54Vgl. Vita consecrata, 43; Das brüderliche Leben in Gemeinschaft, 50c;
Neubeginn in Christus, 14.
55Das brüderliche Leben in Gemeinschaft, 32.
56Vita consecrata, 92.
57Vgl. Vita consecrata, 43.
58Hl. Benedikt, Regel 71,1-2.

5.2 Page 42

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59Hl. Benedikt, Regel 72,4-7.
60Hl. Basilius, Die kürzeren Mönchsregeln (regulae brevius tractatae),
115: PG 31,1161.
61Hl. Bernhard, De consideratione II, XI, 20: PL 182,754D.
62Hl. Klara von Assisi, Testament 61-62.
63Johannes Paul II., Schreiben an die Vollversammlung der Kongregation
für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des
apostolischen Lebens (20. November 1992), in L'Osservatore Romano,
21. November 1992, S.3; vgl. Das brüderliche Leben in Gemeinschaft, 54;
71.
64Das brüderliche Leben in Gemeinschaft, 54.
65Hl. Ignatius von Loyola, Geistliche Exerzitien 95,4-5.
66Vita consecrata, 92.
67Vgl. Vita consecrata, 43.
68Vgl. Das brüderliche Leben in Gemeinschaft, 50.
69Vgl. Das brüderliche Leben in Gemeinschaft, 59.
70Hl. Franz von Assisi, Brief an einen Geistlichen, 7-10.
71Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Dives in misericordia (30. November
1980), 6.
72Vita consecrata, 55; vgl. Neubeginn in Christus, 31.
73Das brüderliche Leben in Gemeinschaft, 70.
74Hl. Benedikt, Regel 68,1-5.
75Hl. Franz von Assisi, Ermahnungen III, 5-6.
76Hl. Franz von Assisi, Ermahnungen III, 9.
77Vgl. Paul VI., Evangelica testificatio, 28-29.
78Johannes Paul II., Enzyklika Veritatis Splendor (6. August 1993), 64.
79Veritatis splendor, 64.

5.3 Page 43

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80Evangelica testificatio, 28.
81Aelredo di Rievaulx, Oratio pastoralis 1; 7; 10.
82Vita consecrata, 112.