direttorio_de


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KONGREGATION FÜR DEN KLERUS
DIREKTORIUM
FÜR DIENST UND LEBEN
DER PRIESTER
NEUAUSGABE

1.2 Page 2

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ISBN
Copyright LEV
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1.3 Page 3

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VORWORT
Das Phänomen der „Säkularisierung“ – die Tendenz, das
Leben rein horizontal zu sehen und die Dimension der Trans-
zendenz beiseite zu schieben oder zu neutralisieren, bei gleich-
zeitiger bereitwilliger Annahme des religiösen Diskurses – be-
trifft seit mehreren Jahrzehnten ausnahmslos alle Getauften so
stark, dass dies diejenigen, die von Gott mit einer Führungsrol-
le in der Kirche beauftragt sind, zu einer entschiedenen Stel-
lungnahme verpflichtet. Eine Folge der Säkularisierung, sicher-
lich die entscheidenste, ist die Aufgabe der religiösen Praxis,
verbunden mit der Ablehnung – zuweilen bewusst, zuweilen
verleitet von Gewohnheiten, die von einer zur Entchristianisie-
rung der zivilen Gesellschaft entschlossenen Kultur still und
heimlich auferlegt werden – sowohl des depositum fidei, wie es
vom katholischen Lehramt authentisch gelehrt wird, als auch
der Autorität und der Rolle der geweihten Amtsträger, die
Christus zu sich ruft (vgl. Mk 3,13-19), damit sie an seinem
Heilsplan mitwirken und die Menschen zum Gehorsam des
Glaubens führen (vgl. Sir 48,10; Hebr 4,1-11; Katechismus der Ka-
tholischen Kirche, Nr. 144ff.). Hierin hat der besondere Einsatz
von Benedikt XVI. seine Wurzeln, der von Anfang seines Pon-
tifikates an darauf ausgerichtet ist, die katholische Lehre als or-
ganisches System der von Gott offenbarten authentischen
Weisheit ins Licht zu rücken. Diese Lehre findet in Christus ih-
re Erfüllung, ihre veritative Bedeutung ist der Vernunft aller
Menschen zugänglich (vgl. KKK, Nr. 27ff.).
Die Kirche existiert, lebt und überdauert in der Zeit durch
ihre missionarische Tätigkeit (vgl. ZWEITES VATIKANISCHES
KONZIL, Dekret Ad Gentes), und so wird deutlich, dass die für
sie verderblichste, von der vorherrschenden Säkularisierung
verursachte Auswirkung die Krise des priesterlichen Dienstes
ist; eine Krise, die sich zum einen in der spürbaren Abnahme
von Berufungen zeigt. Zum anderen äußert sie sich in einem
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1.4 Page 4

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zunehmenden Verlust des Bewusstseins von der übernatürli-
chen Bedeutung der priesterlichen Sendung, unechte, un-
glaubwürdige Formen, die nicht selten in den extremsten Aus-
artungen zu mit schwerem Leid verbundenen Situationen ge-
führt haben. Aus diesem Grund fällt die Reflexion über die
Zukunft des Priestertums zusammen mit der Zukunft der
Evangelisierung und deshalb mit der Zukunft der Kirche an
sich. Im Jahr 1992 hat der selige Johannes Paul II. mit dem
nachsynodalen Schreiben Pastores dabo vobis das eben Gesagte
bereits umfassend ins Licht gerückt und anschließend durch
eine Reihe von Stellungnahmen und Initiativen dazu gedrängt,
das Problem ernsthaft zu bedenken. Zweifellos muss hier auch
an das Priesterjahr 2009-2010 erinnert werden, das mit dem
150. Jahrestag des Todes von Johannes Maria Vianney zusam-
menfiel, Patron der Pfarrer und priesterlichen Seelsorger.
Das waren die Gründe, die uns 1994 nach einer langen
Reihe von Beratungen und Konsultationen zur Herausgabe der
ersten Auflage des Direktoriums für Dienst und Leben der Priester
bewogen haben, ein geeignetes Mittel, um den geweihten
Amtsträgern – den in eine schwierige und sich beständig ver-
ändernde Welt eingebundenen, immer mehr desorientierten
Aposteln – Licht und Führung zu bieten bei ihrer Verpflich-
tung zur geistlichen Erneuerung. Die fruchtbare Erfahrung des
Priesterjahres (dessen Nachklang wir noch spüren), die Förde-
rung einer „neuen Evangelisierung“, die wertvollen weiterfüh-
renden Hinweise des Lehramtes von Benedikt XVI. und auch
– leider – die schmerzhaften Wunden, die die Kirche aufgrund
des Verhaltens einiger ihrer Amtsträger aufgewühlt haben, wa-
ren uns eine Mahnung, an eine neue Ausgabe des Direktoriums
zu denken, die dem gegenwärtigen historischen Augenblick
besser entspricht, dabei aber im wesentlichen den Aufbau des
Originaldokumentes beibehält sowie selbstverständlich auch
die immerwährende Lehre der Theologie und der Spiritualität
des katholischen Priestertums. Bereits in der kurzen Einleitung
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werden dessen Absichten deutlich: „Es schien opportun, die
grundlegenden Elemente der Lehre zu unterstreichen, die im
Mittelpunkt der Identität, der Spiritualität und der beständigen
Weiterbildung der Priester stehen, damit sie ihnen helfen, die
Bedeutung ihres Priesterseins und ihre exklusive Beziehung zu
Christus, dem Haupt und Hirten, zu vertiefen: denn dies wird
notwendigerweise dem Sein und Handeln des Priester insge-
samt zugute kommen.“ Damit dies keine fruchtlose Abhand-
lung bleibt, muß sie von ihren direkten Adressaten konkret an-
genommen werden: „Dieses Direktorium ist ein Dokument
zur Auferbauung und Heiligung der Priester in einer Welt, die
in vielerlei Hinsicht säkularisiert und indifferent ist.“
Es lohnt sich, einige traditionelle Themen zu bedenken,
die nach und nach in den Hintergrund gerückt oder zuweilen
offen zurückgewiesen wurden zugunsten einer funktionalisti-
schen Sichtweise des Priester als „Profi des Sakralen“ oder ei-
ner „politischen“ Auffassung, die ihm Würde und Wert nur
dann zuspricht, wenn er im sozialen Bereich aktiv ist. All dies
hat häufig die mehr konnotative Dimension in den Hinter-
grund verwiesen, die man als „sakramental“ bezeichnen könn-
te, das heißt die Dimension des geweihten Amtsträgers, der,
während er die Schätze der göttlichen Gnade austeilt, selbst auf
geheimnisvolle Weise die Gegenwart Christi in der Welt dar-
stellt, in den Grenzen einer von der Sünde verletzten Mensch-
heit.
Da ist vor allem die Beziehung des Priesters zum dreifalti-
gen Gott. Die Offenbarung Gottes als Vater, Sohn und Heili-
ger Geist ist verbunden mit dem Offenbarwerden Gottes als
Liebe, die erschafft und erlöst. Wenn nun die Erlösung eine
Art Erschaffung und deren Fortsetzung ist (denn sie wird
„neue Schöpfung“ genannt), dann wird der Priester als Diener
der Erlösung, die ihrem Wesen nach Quelle neuen Lebens ist,
dadurch zum Werkzeug der Neuschöpfung. Und das reicht be-
reits aus, um über die Größe des geweihten Priestertums nach-
5

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zudenken, unabhängig von persönlichen Fähigkeiten und Ta-
lenten, Grenzen und Armseligkeiten. Und das veranlasst den
heiligen Franz von Assisi in seinem Testament zu erklären:
„Und diese und alle anderen will ich fürchten, lieben und ehren
wie meine Herren. Und ich will in ihnen die Sünde nicht sehen,
weil ich den Sohn Gottes in ihnen erblicke und sie meine Her-
ren sind. Und deswegen tue ich das, weil ich leiblicherweise
von ihm, dem höchsten Sohn Gottes, in dieser Welt nichts se-
he als seinen heiligsten Leib und sein heiligstes Blut, das sie
selbst empfangen und sie allein den anderen darreichen.“ Jenen
Leib und jenes Blut, das die Menschheit zu neuem Leben ge-
biert.
Ein weiterer wichtiger Punkt, über den man im allgemei-
nen wenig spricht, der aber die Grundlage aller praktischen
Implikationen ist, ist der Aspekt der ontologischen Dimension
des Gebets, in der das Stundengebet eine besondere Rolle
spielt. Häufig wird betont, dass dieses auf liturgischer Ebene
eine Art Fortsetzung des eucharistischen Opfers ist (Ps 50:
„Wer Opfer des Lobes bringt, ehrt mich“) und in juridischer
Hinsicht eine Pflicht, von der man nicht absehen kann. Aus
theologischer Sicht des geweihten Priestertums als ontologi-
sche Teilhabe am „Haupt-Sein“ Christi jedoch ist das Gebet
des geweihten Amtsträgers, ganz abgesehen von seiner morali-
schen Situation, in vollem Sinn Gebet Christi mit derselben
Würde und derselben Wirksamkeit. Darüber hinaus erfüllt es –
mit der Autorität, die die Hirten vom Sohn Gottes empfangen
haben, den Himmel an die auf Erden zur Heiligung der Gläu-
bigen entschiedenen Fragen zu „binden“ (vgl. Mt 18,18) – voll-
kommen das Gebot des Herrn, ohne Unterlass zu beten, in je-
dem Augenblick, unermüdlich (vgl. Lk 18,1; 21,36). Und das
ist ein Aspekt, denn man sehr wohl unterstreichen sollte. „Wir
wissen, dass Gott einen Sünder nicht erhört; wer aber Gott
fürchtet und seinen Willen tut, den erhört er“ (Joh 9,31). Wer
aber, wenn nicht Christus, ehrt den Vater und erfüllt voll-
6

1.7 Page 7

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kommen seinen Willen? Wenn der Priester also in jeder seiner
an der Erlösung teilhabenden Tätigkeit – mit den gebührenden
Unterschieden: in der Lehre, in der Heiligung, in der Führung
der Gläubigen zum Heil – in persona Christi handelt, dann kann
nichts an seiner sündhaften Natur die Macht seines Gebetes
verdunkeln. Das darf uns natürlich keineswegs dazu verleiten,
die Bedeutung des moralisch rechten Verhaltens des Amtsträ-
gers (wie jedes Getauften im übrigen) geringzuschätzen, dessen
Maß stets die Heiligkeit Gottes sein muss (vgl. Lev 20,8; 1Petr
1,15-16); vielmehr dient es dazu hervorzuheben, dass das Heil
von Gott kommt und dass Er die Priester braucht, um dies in
der Zeit fortzusetzen. Ebenso wird unterstrichen, dass es kei-
ner komplizierten asketischen Praktiken oder besonderer spiri-
tueller Ausdrucksformen bedarf, damit allen Menschen auch
durch das Gebet der für sie erwählten Hirten die Heilswirkung
des Opfers Christi zugute kommt.
Erneut wird die Wichtigkeit der Ausbildung und Formung
des Priesters betont, die ganzheitlich sein muss, ohne einem
Aspekt unter Vernachlässigung eines anderen den Vorrang zu
geben. Das Wesentliche der christlichen Bildung darf in kei-
nem Fall als „Training“ verstanden werden, das die spirituellen
Fähigkeiten des Menschen (Vernunft und Willen) in ihrer äu-
ßerlichen Erscheinungsweise berührt. Sie ist vielmehr Ver-
wandlung des menschlichen Wesens selbst, und jede ontologi-
sche Veränderung kann nur von Gott selbst bewirkt werden,
und zwar durch den Heiligen Geist, dessen Aufgabe es ist, wie
es im Credo heißt, „lebendig zu machen“. „Formen“ bedeutet
die Gestalt von etwas zu verleihen oder, wie in unserem Fall,
von Jemandem: „Wir wissen, dass Gott bei denen, die ihn lie-
ben, alles zum Guten führt, bei denen, die nach seinem ewigen
Plan berufen sind; denn alle, die er im voraus erkannt hat, hat
er auch im voraus dazu bestimmt, an Wesen und Gestalt seines
Sohnes teilzuhaben“ (Röm 8,28-29). Die besondere Ausbildung
und Formung des Priesters erfordert demnach, weil er, wie be-
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1.8 Page 8

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reits gesagt, eine Art „Mit-Schöpfer“ ist, eine einzigartige Hin-
gabe an das Wirken des Heiligen Geistes. Dabei ist zu vermei-
den, daß man bei gleichzeitiger Einbringung der persönlichen
Talente der Gefahr des Aktivismus erliegt und meint, dass die
Wirksamkeit des eigenen pastoralen Wirkens vom persönlichen
Können abhängig sei. Dieser bedenkenswerte Aspekt kann si-
cherlich denjenigen Mut und Vertrauen schenken, die in einer
weitgehend säkularisierten und für die Argumente des Glau-
bens tauben Welt leicht der Entmutigung verfallen und von da
in die pastorale Mittelmäßigkeit, die Nachlässigkeit abrutschen
könnten und die so letztlich jene Sendung, die sie anfangs mit
so großer aufrichtiger Begeisterung angenommen haben, in
Frage stellen.
Eine gute Kenntnis der Humanwissenschaften (insbeson-
dere der Philosophie und der Bioethik), um die Herausforde-
rungen des Laizismus mit Kompetenz anzunehmen; die Wert-
schätzung und der Einsatz der Massenmedien zur Unterstüt-
zung einer wirksamen Verkündigung des Wortes; die eucharis-
tische Spiritualität als spezifisch priesterliche Spiritualität (die
Eucharistie ist das Sakrament Christi, der bedingungsloses und
vollkommenes Geschenk der Liebe an den Vater und die Brü-
der wird, und dies muss auch derjenige sein, der an der Hinga-
be Christi teilhat), von der auch der Sinn des Zölibats abhängt
(das von mehreren Seiten aus Unverständnis bekämpft wird);
die Beziehung zur kirchlichen Hierarchie und die priesterliche
Brüderlichkeit; die Liebe zu Maria, Mutter der Priester, der in
der Heilsökonomie eine herausragende Rolle zukommt, als we-
sentliches und nicht als dekoratives oder fakultatives Element:
diese und andere Themen werden im vorliegenden Direktori-
um der Reihe nach angesprochen, in klarer und vollständiger
Weise, hilfreich, um falsch verstandene oder entstellte Vorstel-
lungen von der Identität und der Funktion des Dieners Gottes
in der Kirche und in der Welt zu klären. Vor allem kann es ei-
ne wirkliche Hilfe für jeden Priester sein, sich mit Stolz als be-
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1.9 Page 9

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sonderes Glied des wunderbaren Liebesplanes Gottes zu füh-
len: der Rettung des Menschengeschlechts.
MAURO Kard. PIACENZA
Präfekt
CELSO MORGA IRUZUBIETA
Titularerzbischof von Alba marittima
Sekretär
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1.10 Page 10

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EINLEITUNG
Benedikt XVI. hat in seiner Ansprache an die Teilnehmer
des von der Kongregation für den Klerus organisierten Kon-
gresses am 12. März 2010 darauf hingewiesen, dass „das The-
ma der priesterlichen Identität […] für die Ausübung des
Amtspriestertums in Gegenwart und Zukunft entscheidend“ ist.
Diese Worte machen auf eine der für das Leben der Kirche
zentralen Fragen aufmerksam: das Verständnis des Weiheamtes.
Gestützt auf die reiche Erfahrung der Kirche in Bezug auf
den Dienst und das Leben der Priester, wie sie in verschiede-
nen lehramtlichen Dokumenten1 und insbesondere im nach-
synodalen Apostolischen Schreiben Pastores dabo vobis2 zusam-
mengefasst ist, hat dieses Dikasterium vor einigen Jahren ein
Direktorium für Dienst und Leben der Priester3 herausgegeben.
Die Veröffentlichung dieses Dokuments entsprach damals
einer grundlegenden Notwendigkeit: „Die vorrangige pastorale
Aufgabe der Neu-Evangelisierung, die das ganze Volk Gottes
1 Cfr. II. ÖKUMEN. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution über die
Kirche Lumen gentium: AAS 57 (1965), 28; Dekret über die Ausbildung der
Priester Optatam totius: AAS 58 (1966), 22; Dekret über die Hirtenaufgabe der
Bischöfe in der Kirche Christus Dominus: AAS 58 (1966), 16; Dekret über
Dienst und Leben der Priester Presbyterorum Ordinis: AAS 58 (1966), 991-1024 ;
PAUL VI., Enzyklika Sacerdotalis caelibatus (24. Juni 1967): AAS 59 (1967), 657-
697; KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Rundschreiben Inter ea (4. November
1969): AAS 62 (1970), 123-134; BISCHOFSSYNODE, Dokument über das
Amtspriestertum Ultimis temporibus (30. November 1971): AAS 63 (1971), 898-
922; Codex Iuris Canonici (25. Januar 1983), cann. 273-289; 232-264; 1008-1054;
KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE BILDUNGSWESEN, Ratio
Fundamentalis Institutionis Sacerdotalis (19. März 1985), 101; JOHANNES PAUL II.,
Briefe an die Priester zum Gründonnerstag; Katechesen über die Priester in den
Generalaudienzen vom 31. März bis 22. September 1993.
2 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis (25. März 1992): AAS 84 (1992), 657-804.
3 KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Direktorium für Dienst und Leben
der Priester (31. März 1994), LEV, Vatikanstadt 1994.
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2 Pages 11-20

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2.1 Page 11

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betrifft und einen neuen Eifer, neue Methoden und eine neue
Ausdruckskraft für die Verkündigung und das Zeugnis des
Evangeliums fordert, verlangt heute Priester, die radikal und
vollständig in das Geheimnis Christi eingebettet und fähig sind,
einen neuen, von tiefer Verbundenheit mit dem Papst, den Bi-
schöfen und untereinander und von fruchtbarer Zusammenar-
beit mit den gläubigen Laien gekennzeichneten Stil des pasto-
ralen Lebens zu verwirklichen.“4 Das genannte Direktorium
stellte 1994 eine Antwort auf diese Notwendigkeit dar und
auch auf die von zahlreichen Bischöfen geäußerten Bitten, so-
wohl während der Synode von 1990 als auch aus Anlass der
von diesem Dikasterium durchgeführten allgemeinen Konsul-
tation des Episkopats.
Nach 1994 war das Lehramt des seligen Johannes Paul II.
zum Thema des Priestertums sehr reich; ein Thema, das auch
Papst Benedikt XVI. seinerseits mit zahlreichen Beiträgen ver-
tieft hat. Das Priesterjahr 2009-2010 war eine besonders güns-
tige Zeit, um über den priesterlichen Dienst nachzudenken
und eine echte geistliche Erneuerung der Priester zu fördern.
Schließlich wollte Benedikt XVI. mit der Übertragung der
Kompetenzen hinsichtlich der Priesterseminare von der Kon-
gregation für das Katholische Bildungswesen an dieses Di-
kasterium einen klaren Hinweis auf die untrennbare Verbin-
dung von priesterlicher Identität und Ausbildung der zum hei-
ligen Dienst Berufenen geben.
Deshalb schien es angebracht, eine neu bearbeitete Versi-
on des Direktoriums herauszugeben, die auch das reiche jüngere
Lehramt aufnimmt.5
4 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 18.
5 Cfr., zum Beispiel, JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben in
Form eines Motu proprio Misericordia Dei (7. April 2002): AAS 94 (2002), 452-
459; Enzyklika Ecclesia de Eucharistia (17. April 2003): AAS 95 (2003), 433-475;
Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores gregis (16. Oktober 2003):
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2.2 Page 12

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Folglich behält die Neuausgabe den Aufbau des Original-
dokumentes generell bei, das von der Kirche sehr positiv auf-
genommen wurde, insbesondere von den Priestern selbst. Bei
der inhaltlichen Erarbeitung waren sowohl die Vorschläge des
zu diesem Thema weltweit konsultierten Episkopats berück-
sichtigt worden als auch die Ergebnisse der Arbeiten der im
Oktober 1993 im Vatikan abgehaltenen Vollversammlung. Zu-
dem wurden die Reflexionen nicht weniger Theologen, Kir-
chenrechtler und Fachleute aus verschiedenen Teilen der Welt,
die die konkreten pastoralen Situationen kannten und erlebten,
in Betracht gezogen.
Bei der Neubearbeitung des Direktoriums stand das Bemü-
hen im Vordergrund, die wichtigsten Aspekte des Lehramtes
hinsichtlich des Weiheamtes zu unterstreichen, wie es sich von
1994 bis in unsere Tage entwickelt hat, unter Bezugnahme auf
die wesentlichen Dokumente des seligen Johannes Paul II. und
Benedikts XVI. Auch wurden die praktischen Hinweise, die für
etwaige Initiativen nützlich sein könnten, beibehalten. Es wur-
de jedoch vermieden, Detailfragen anzugehen, für die nur die
legitime örtliche Praxis und die realen Gegebenheiten jeder
Diözese und Bischofskonferenz der Klugheit und dem Eifer
AAS 96 (2004), 825-924; Briefe an die Priester (1995-2002; 2004-2005);
BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Sacramentum caritatis
(22. Februar 2007): AAS 99 (2007), 105-180; Botschaft an die Teilnehmer des XX.
Kurses für das Forum internum, veranstaltet von der Apostolischen Pönitentiarie (12. März
2009): Insegnamenti V/1 (2009), 374-377; Ansprache an die Teilnehmer der
Vollversammlung der Kongregation für den Klerus (16. März 2009): Insegnamenti V/1
(2009), 391-394; Schreiben zum Beginn des Prieserjahres aus Anlaß des 150. Jahrestages
des “Dies natalis” von Johannes Maria Vianney (16. Juni 2009): AAS 101 (2009),
569-579; Ansprache an die Teilnehmer eines von der Apostolischen Pönitentiarie
veranstalteten Kurses (11. März 2010): Insegnamenti VI/1 (2010), 318-321;
Ansprache an die Teilnehmer eines von der Kongregation für den Klerus veranstalteten
Theologischen Kongresses (12. März 2010): l.c., 240-242; Gebetsvigil zum Abschluss des
Priesterjahres (10. Juni 2010): AAS 102 (2010), 397-406; Brief an die Seminaristen
(18. Oktober 2010): AAS 102 (2010), 793-798.
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2.3 Page 13

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der Hirten sinnvolle Lösungen empfehlen kann.
Angesichts des gegenwärtigen kulturellen Klimas mag es
nützlich sein, daran zu erinnern, dass die Identität des Priesters
als Mann Gottes nicht überholt ist und dies niemals sein kann.
Es schien opportun, die grundlegenden Elemente der Lehre zu
unterstreichen, die im Mittelpunkt der Identität, der Spirituali-
tät und der beständigen Weiterbildung der Priester stehen, da-
mit sie ihnen helfen, die Bedeutung ihres Priesterseins und ihre
exklusive Beziehung zu Christus, dem Haupt und Hirten, zu
vertiefen: denn dies wird notwendigerweise dem Sein und
Handeln des Priesters insgesamt zugute kommen.
Wie bereits in der Einleitung zur ersten Auflage des Direk-
toriums gesagt wurde, soll auch diese Neubearbeitung weder ei-
ne umfassende Darlegung über das Priestertum noch eine blo-
ße und einfache Wiederholung dessen anbieten, was vom
Lehramt der Kirche bereits authentisch zum Ausdruck ge-
bracht wurde. Vielmehr soll eine Antwort gegeben werden auf
die wichtigsten Fragen doktrinärer, disziplinärer und pastoraler
Art, die den Priestern von den Herausforderungen der Neu-
Evangelisierung gestellt werden, zu deren Förderung Papst
Benedikt XVI. einen entsprechenden Päpstlichen Rat einge-
richtet hat.6
So sollte beispielsweise die christologische Dimension der
priesterlichen Identität besonders hervorgehoben werden wie
auch die priesterliche Gemeinschaft, Freundschaft und Brüder-
lichkeit, die als lebensnotwendiges Gut angesehen werden an-
gesichts ihres Einflusses auf das Leben des Priesters. Dasselbe
kann gesagt werden vom geistlichen Leben des Priesters inso-
weit es auf das Wort Gottes und die Sakramente, insbesondere
6 Cfr. BENEDIKT XVI., Apostolisches Schreiben in Form eines Motu
proprio Ubicumque et semper, mit dem der Päpstliche Rat zur Förderung der
Neuevangelisierung eingerichtet wird (21. September 2010): AAS 102 (2010),
788-792.
13

2.4 Page 14

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die Eucharistie, gegründet ist. Schließlich werden einige
Ratschläge für eine angemessene ständige Weiterbildung gege-
ben, verstanden als Hilfe, die Bedeutung des Priesterseins zu
vertiefen und so mit Freude und Verantwortungsbewusstsein
die eigene Berufung zu leben.
Dieses Direktorium ist ein Dokument zur Auferbauung und
Heiligung der Priester in einer Welt, die in vielerlei Hinsicht
säkularisiert und gleichgültig ist. Der Text ist durch die Ver-
mittlung der Bischöfe in erster Linie an alle Priester der lateini-
schen Kirche gerichtet, auch wenn ein großer Teil des Inhalts
den Priestern anderer Riten nützlich sein kann. Die darin ent-
haltenen Direktiven betreffen insbesondere die diözesanen
Weltpriester, wenn auch viele dieser Richtlinien von den pries-
terlichen Mitgliedern der Institute geweihten Lebens und der
Gesellschaften apostolischen Lebens – entsprechend angepasst
– genauso beachtet werden müssen.
Wie bereits zu Beginn angedeutet stellt diese Neuausgabe
des Direktoriums aber auch eine Hilfe für die Ausbilder in den
Priesterseminaren und die Priesteramtskandidaten dar. Das
Seminar ist die Zeit und der Ort, wo die Kenntnis des Ge-
heimnisses Christi wachsen und reifen soll, und mit ihm das
Bewusstsein, dass so wie sich äußerlich die Echtheit unserer
Liebe zu Gott im Maße der Liebe zu unseren Brüdern und
Schwestern erweist (vgl. 1Joh 4,20-21), im inneren Bereich die
Liebe zur Kirche nur dann wahr ist, wenn sie die Folge einer
intensiven und ausschließlichen Bindung an Christus ist. Über
das Priestertum nachzudenken ist so gleichzusetzen mit der
Betrachtung dessen, für den man bereit ist, alles zu verlassen
und ihm nachzufolgen (vgl. Mk 10,17-30). So ist das Ausbil-
dungsprogramm im wesentlichen gleichzusetzen mit der
Kenntnis des Gottessohnes, der durch die prophetische, pries-
terliche und königliche Sendung alle Menschen durch den Hei-
ligen Geist zum Vater führt: „Und er gab den einen das
Apostelamt, andere setzte er als Propheten ein, andere als
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2.5 Page 15

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Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, um die Heiligen
für die Erfüllung ihres Dienstes zu rüsten, für den Aufbau des
Leibes Christi. So sollen wir alle zur Einheit im Glauben und
in der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, damit wir zum
vollkommenen Menschen werden und Christus in seiner voll-
endeten Gestalt darstellen“ (Eph 4,11-13).
Es bleibt zu wünschen, dass diese Neuausgabe des Direkto-
riums für Dienst und Leben der Priester für jeden Mann, der beru-
fen ist, am Priestertum Christi des Hauptes und Hirten teilzu-
nehmen, eine Hilfe sein kann für die Vertiefung der eigenen
Identität und ein Beitrag zum Wachstum des eigenen geistli-
chen Lebens; eine Ermutigung im Dienst und in der Verwirkli-
chung der eigenen Weiterbildung, deren Erstverantwortlicher
jeder selbst ist, sowie ein Bezugspunkt für ein reichhaltiges und
authentisches Apostolat zum Nutzen der Kirche und der gan-
zen Welt.
Möge Maria Tag für Tag, und insbesondere dann, wenn
wir uns auf die Feier des Altarsopfers vorbereiten, ihre Auf-
forderung bei der Hochzeit in Kana in Galiläa in unseren Her-
zen erklingen lassen: „Was er euch sagt, das tut!“ (Joh 2,5). Wir
vertrauen uns Maria, der Mutter der Priester, mit einem Gebet
von Papst Benedikt XVI. an:
„Mutter der Kirche,
wir Priester wollen Hirten sein,
die nicht sich selbst weiden,
sondern sich Gott hingeben
für die Brüder und Schwestern
und darin ihre Erfüllung und ihr Glück finden.
Nicht nur mit Worten, sondern mit unserem Leben
wollen wir demütig
Tag für Tag unser ‚Hier bin ich‘ sagen.
Von dir geführt,
wollen wir Apostel
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2.6 Page 16

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der Göttlichen Barmherzigkeit sein
und voll Freude jeden Tag
das heilige Opfer des Altares feiern
und allen, die darum bitten,
das Sakrament der Versöhnung spenden.
Fürsprecherin und Mittlerin der Gnaden,
du bist ganz hineingenommen
in die einzige universale Mittlerschaft Christi,
erflehe uns von Gott
ein völlig neues Herz,
das Gott mit all seiner Kraft liebt
und der Menschheit dient wie du.
Sprich zum Herrn noch einmal
dein wirkungsvolles Wort:
‚Sie haben keinen Wein mehr‘ (Joh 2,3),
damit der Vater und der Sohn
über uns den Heiligen Geist
wie in einer neuen Sendung ausgießen.“ 7
7 BENEDIKT XVI., Akt des Anvertrauens und der Weihe der Priester an das
Unbefleckte Herz Mariä (12. Mai 2010), Insegnamenti VI/1 (2010), 690-691.
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2.7 Page 17

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I. IDENTITÄT DES PRIESTERS
In seinem nachsynodalen Apostolischen Schreiben Pastores
dabo vobis, hat der selige Johannes Paul II. die Identität des
Priesters wie folgt beschrieben: „Die Priester sind in der Kir-
che und für die Kirche eine sakramentale Vergegenwärtigung
Jesu Christi, des Hauptes und Hirten; sie verkünden mit Voll-
macht sein Wort, sie wiederholen sein vergebendes Wirken
und sein umfassendes Heilsangebot, vor allem durch die Taufe,
die Buße und die Eucharistie, sie sorgen wie er liebevoll bis zur
völligen Selbsthingabe für die Herde, die sie in der Einheit
sammeln und durch Christus im Geist zum Vater führen.“8
Das Priestertum als Geschenk
1. Der gesamten Kirche wurde an der priesterlichen Sal-
bung Christi im Heiligen Geist Anteil gegeben. In der Kirche
bilden „nämlich alle Gläubigen eine heilige und königliche
Priesterschaft, bringen geistige Opfer durch Jesus Christus
Gott dar und verkünden die Machttaten dessen, der sie aus der
Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat (1Petr 2,5.9)“9.
In Christus ist im Hinblick auf das Heil aller Menschen sein
ganzer mystischer Leib durch den Heiligen Geist mit dem Va-
ter vereint.
Die Kirche kann eine solche Sendung jedoch nicht allein
weiterführen: Ihre gesamte Tätigkeit braucht zuinnerst die Ver-
bundenheit mit Christus als Haupt seines Leibes. Sie ist unauf-
löslich mit dem Herrn vereint, von Ihm selbst empfängt sie
ständig Gnade und Wahrheit, sowie Führung und Unterstüt-
zung (vgl. Kol 2,19), damit sie allen und jedem „Zeichen und
Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die
8 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 15: AAS 84 (1992), 679-681.
9 II. VAT. KONZIL, Dekret Presbyterorum Ordinis, 2.
17

2.8 Page 18

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Einheit der ganzen Menschheit“10 sein kann.
Das Amtspriestertum findet seine Daseinsberechtigung in
dieser Perspektive der vitalen und wirksamen Einheit mit
Christus. Durch diesen Dienst nämlich fährt der Herr fort, in-
mitten seines Volkes jenes Wirken zu vollbringen, das allein
Ihm als Haupt seines Leibes zukommt. Daher macht das
Amtspriestertum das eigene Tun Christi, des Hauptes, greifbar
nahe und bezeugt damit, dass Christus seine Kirche nicht ver-
lassen hat, sie vielmehr mit seinem andauernden Priestertum
weiterhin belebt. Deshalb betrachtet die Kirche das
Amtspriestertum als Geschenk, das ihr durch den Dienst eini-
ger ihrer Gläubigen vermittelt wird.
Dieses Geschenk wurde von Christus eingesetzt, um seine
Heilssendung weiterzuführen. Anfänglich den Aposteln verlie-
hen, besteht es durch deren Nachfolger, die Bischöfe, in der
Kirche weiter. Diese geben es wiederum in untergeordnetem
Rang an die Priester weiter insofern sie Mitarbeiter der Bischö-
fe sind; aus diesem Grund wurzelt die Identität der Bischöfe in
ihrer Übereinstimmung mit der Sendung der Kirche, die sich
für den Priester wiederum verwirklicht in der Gemeinschaft
mit dem eigenen Bischof.11 „Die Berufung des Priesters ist da-
her eine sehr hohe Berufung, die auch für jene, die sie empfan-
gen haben, ein großes Geheimnis bleibt. Unsere Grenzen und
unsere Schwächen müssen uns dazu veranlassen, mit tiefem
Glauben dieses kostbare Geschenk zu leben und zu hüten, mit
dem Christus uns sich gleichgestaltet hat, indem er uns an sei-
ner heilbringenden Sendung teilhaben lässt.“ 12
10 II. VAT. KONZIL, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 1.
11 Vgl. II. VAT. KONZIL, Dekret Presbyterorum Ordinis, 2.
12 BENEDIKT XVI., Ansprache an die Teilnehmer eines von der Kongregation für
den Klerus organisierten Theologischen Kongresses (12. März 2010): AAS 102 (2010),
242.
18

2.9 Page 19

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Sakramentaler Ursprung
2. Durch die sakramentale Weihe, die durch Handaufle-
gung und Weihegebet des Bischofs geschieht, wird im Priester
ein „besonderes ontologisches Band“ bewirkt, „das den Pries-
ter mit Christus, dem Hohenpriester und Guten Hirten eint“13.
Daher leitet sich die Identität des Priesters von der spezifi-
schen Teilhabe am Priestertum Christi ab. In und für die Kir-
che wird der Geweihte ein reales, lebendiges und transparentes
Bild des Priesters Christus, „eine sakramentale Vergegenwärti-
gung Christi, des Hauptes und des Hirten“14. Durch die Weihe
erhält der Priester „als Geschenk eine geistliche Vollmacht, die
Teilhabe an jener Autorität ist, mit welcher Jesus Christus
durch den Heiligen Geist die Kirche leitet“15.
Diese sakramentale Identifikation mit dem ewigen Ho-
henpriester fügt den Priester in besonderer Weise ins trinitari-
sche Geheimnis und durch das Geheimnis Christi in die Ge-
meinschaft des Amtes der Kirche ein, um dem Volk Gottes zu
dienen.16 Aber nicht so wie ein Beauftragter für religiöse Fra-
gen, sondern so wie Christus, „der nicht gekommen ist, um
sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben
hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mt 20,28). Es verwundert
also nicht, dass „das innere Prinzip, die Kraft, die das geistliche
Leben des Priesters, insofern er Christus, dem Haupt und Hir-
ten, nachgebildet ist, beseelt und leitet […], die pastorale Liebe
[ist], die Teilhabe an der Hirtenliebe Jesu Christi. Sie ist unver-
dientes Geschenk des Heiligen Geistes und zugleich Aufgabe und
Appell an die freie und verantwortungsvolle Antwort des Pries-
13 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 11.
14 Ibid., 15.
15 Ibid., 21; vgl. II. VAT. KONZIL, Dekret Presbyterorum Ordinis, 2; 12.
16 Vgl. ibid., 12.
19

2.10 Page 20

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ters.“17
Zugleich darf nicht vergessen werden, dass jeder Priester
als Person einzigartig ist und seine eigene Art zu sein besitzt.
Jeder ist einmalig und unersetzlich. Gott löscht die Persönlich-
keit des Priesters nicht aus, sondern fordert sie vielmehr ganz,
weil er sich ihrer bedienen möchte – denn die Gnade baut auf
der Natur auf –, damit der Priester die tiefsten und kostbarsten
Wahrheiten durch seine persönlichen Eigenschaften hindurch
vermitteln kann, die Gott respektiert und die auch die andern
respektieren müssen.
1.1. Trinitarische Dimension
In Gemeinschaft mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist
3. Der Christ tritt durch die Taufe in Gemeinschaft mit
dem einen und dreifaltigen Gott, der ihm das eigene göttliche
Leben mitteilt, um ihn in seinem einzigen Sohn als Kind anzu-
nehmen; von daher ist er gerufen, Gott als Vater anzuerkennen
und durch die Gotteskindschaft die väterliche Vorsehung zu
erfahren, die ihre Kinder nie im Stich lässt. So wie dies für je-
den Christen gilt, so ist es auch wahr, dass der Priester durch
das Weihesakrament in eine besondere und spezifische Bezie-
hung mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist hin-
eingestellt wird. Es stimmt: „Unsere Identität hat ihren tiefsten
Ursprung in der Liebe des Vaters. Wir sind mit dem von ihm
gesandten Sohn, dem Hohenpriester und Guten Hirten, durch
den Heiligen Geist im Amtspriestertum sakramental vereint.
Leben und Dienst des Priesters sind Weiterführung des Lebens
und des Tuns Christi selbst. Das ist unsere Identität, unsere
wahre Würde, Quelle unserer Freude und die Gewissheit unse-
res Lebens.“18
17 Ibid., 23.
18 Ibid., 18; Botschaft der Synodenväter an das Volk Gottes (28. Oktober
20

3 Pages 21-30

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3.1 Page 21

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Identität, Amt und Existenz des Priesters sind also wesen-
haft auf die Allerheiligste Dreifaltigkeit bezogen, und dies im
Hinblick auf den priesterlichen Dienst in der Kirche und an al-
len Menschen.
In der trinitarischen Heilsdynamik
4. Der Priester ist „als sichtbare Weiterführung und sak-
ramentales Zeichen Christi, der selbst sowohl der Kirche als
auch der Welt als dauernder und immer neuer Ursprung des
Heils gegenübersteht“19, in die trinitarische Dynamik mit einer
besonderen Verantwortung eingefügt. Seine Identität leitet sich
vom ministerium verbi et sacramentorum ab, das wesenhaft in Be-
ziehung steht: zum Dienst der rettenden Liebe des Vaters (vgl.
Joh 17,6-9.24; 1 Kor 1,1; 2 Kor 1,1), zum priesterlichen Sein
Christi, der seinen Diener persönlich beruft und dazu erwählt,
mit ihm zu sein (vgl. Mk 3,15), sowie zur Gabe des Geistes
(vgl. Joh 20,21), die dem Priester die nötige Kraft mitteilt, um
vielen Kindern Gottes Leben zu schenken, die in sein einziges
Volk berufen und zum Reich des Vaters unterwegs sind.
Vertraute Beziehung zur Dreifaltigkeit
5. Von daher versteht man die wesentlich „relationale“
(vgl. Joh 17,11.21)20 Eigenschaft der Identität des Priesters.
Die Gnade und das unauslöschliche Prägemal, die mit der
sakramentalen Salbung des Heiligen Geistes21 vermittelt werden,
stellen den Priester also in eine personale Beziehung zur Dreifal-
1990), III, “L’Osservatore Romano”, 29.-30. Oktober 1990.
19 Ibid., 16.
20 Vgl. ibid., 12.
21 Vgl. KONZIL VON TRIENT, Sessio XXIII, De sacramento Ordinis: DS,
1763-1778; JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 11-18; Generalaudienz (31. März 1993): Insegnamenti XVI/1,
784-797.
21

3.2 Page 22

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tigkeit, die ja die Quelle des priesterlichen Seins und Tuns ist.
Das Konzilsdekret Presbyterorum Ordinis betont gleich zu
Anfang die grundlegende Beziehung zwischen dem Priester
und der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, wobei es auf die drei
göttlichen Personen im einzelnen Bezug nimmt: „Da das Amt
der Priester dem Bischofsstand verbunden ist, nimmt es an der
Vollmacht teil, mit der Christus selbst seinen Leib auferbaut,
heiligt und leitet. Darum setzt das Priestertum der
Amtspriester zwar die christlichen Grundsakramente voraus,
wird aber durch ein eigenes Sakrament übertragen. Dieses
zeichnet die Priester durch die Salbung des Heiligen Geistes
mit einem besonderen Prägemal und macht sie auf diese Weise
dem Priester Christus gleichförmig, so dass sie in der Person
des Hauptes Christus handeln können. […] Das Ziel also, auf
das Dienst und Leben der Priester ausgerichtet sind, ist die
Verherrlichung Gottes des Vaters in Christus.“22
Diese Beziehung muss vom Priester klarerweise in vertrau-
ter und personaler Art gelebt werden: im anbetenden und lie-
benden Dialog mit den drei göttlichen Personen und im Be-
wusstsein, dass ihm das empfangene Geschenk für den Dienst
an allen gegeben wurde.
1.2. Christologische Dimension
Spezifische Identität
6. Wie die trinitarische, so leitet sich die christologische
Dimension direkt vom Sakrament ab, das ontologisch mit
Christus, dem Priester, Lehrer, Heiligmacher und Hirten seines
Volkes gleichgestaltet.23 Die Priester haben darüber hinaus als
Mitarbeiter des Bischofs am einen Priestertum Christi teil: da-
bei handelt es sich um eine sakramentale Bestimmung, die
22 II. VAT. KONZIL, Dekret Presbyterorum Ordinis, 2.
23 Vgl. II. VAT. KONZIL, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 18-
31; Dekret Presbyterorum Ordinis, 2; CIC, can. 1008.
22

3.3 Page 23

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nicht allein „organisatorisch“ gedeutet werden darf.
Denjenigen Gläubigen, die zum Amtspriestertum erwählt
und bestellt werden, obzwar sie dem allgemeinen oder dem mit
der Taufe verbundenen Priestertum eingefügt bleiben, ist eine
unauslöschliche Teilhabe am einzigen Priestertum Christi
selbst gegeben in der öffentlichen Dimension als Vermittler
und Autorität, und dies im Hinblick auf Heiligung, Lehre und
Leitung des ganzen Gottesvolkes. Wenn also einerseits das all-
gemeine Priestertum der Gläubigen und das hierarchische oder
Amtspriestertum aufeinander hingeordnet sind, weil beide auf
jeweils eigene Weise am einzigen Priestertum Christi teilhaben,
so unterscheiden sie sich andererseits wesenhaft voneinander
und nicht nur dem Grad nach.24
In diesem Sinn ist die Identität des Priesters neu im Ver-
gleich mit jener aller Christen, die in ihrer Gesamtheit durch
die Taufe schon am einzigen Priestertum Christi teilhaben und
dazu berufen sind, es auf der ganzen Erde zu bezeugen.25 Die
Besonderheit des Amtspriestertums ist daher nicht auf der
Grundlage einer angenommenen „Überlegenheit“ gegenüber
dem allgemeinen Priestertum zu sehen, sondern ist vielmehr
definiert durch den Dienst, den es zugunsten aller Gläubigen
zu leisten gerufen ist, damit sie der Mittlerschaft und der Herr-
schaft Christi zustimmen und treu sein können, die durch die
Ausübung des Amtspriestertums sichtbar gemacht wird.
In bezug auf diese spezifisch christologische Identität
muss sich der Priester bewusst sein, dass sein Leben als ein
Geheimnis in einer neuen Art ganz eingetaucht ist in das Mys-
terium Christi und der Kirche und dass ihn dies im pastoralen
24 Vgl. II. VAT. KONZIL, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 10;
Dekret Presbyterorum Ordinis, 2.
25 Vgl. II. VAT. KONZIL., Dekret Apostolicam actuositatem: AAS 58
(1966), 3; JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Christifideles laici (30. Dezember 1988), 14: AAS 81 (1989), 409-413.
23

3.4 Page 24

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Dienst ganz fordert und seinem Leben Sinn gibt.26 Dieses Be-
wusstsein von seiner Identität ist im aktuellen säkularisierten
kulturellen Kontext besonders wichtig, wo „der Priester oft
dem allgemeinen Empfinden als ‚fremd‛ [erscheint], und das
gerade wegen der grundlegendsten Aspekte seines Amtes:
Mann des Heiligen, der Welt entrückt zu sein, um für die Welt
einzutreten, und der in diese Sendung von Gott und nicht von
den Menschen eingesetzt wird (vgl. Hebr 5,1).“27
7. Dieses Bewusstsein – das auf die ontologische Bindung
an Christus gegründet ist – führt weg von „funktionalisti-
schen“ Auffassungen, die den Priester lediglich als Sozialarbei-
ter oder Leiter heiliger Riten sehen wollten und „dabei Gefahr
liefen, das Priestertum Christi zu verraten“28 und das Leben
des Priesters auf reine Pflichterfüllung zu reduzieren. Alle
Menschen haben eine natürliche religiöse Sehnsucht, die sie
von jedem anderen Lebewesen unterscheidet und sie zu Gott-
suchern macht. Deshalb suchen die Menschen im Priester den
Mann Gottes, durch den sie Sein Wort, Seine Barmherzigkeit
und das Brot vom Himmel entdecken, das „der Welt das Le-
ben gibt“ (Joh 6,33): „Gott ist der einzige Reichtum, den die
Menschen letztendlich in einem Priester finden wollen.“29
Ist der Priester sich seiner Identität bewusst, wird er ange-
sichts der Ausbeutung, des Elends oder der Unterdrückung,
angesichts der säkularisierten und relativistischen Mentalität,
die die Grundwahrheiten unseres Glaubens in Frage stellt, oder
angesichts vieler anderer Situationen der postmodernen Kul-
26 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 13-14; Generalaudienz (31. März 1993): l.c., 784-797.
27 BENEDIKT XVI., Ansprache an die Teilnehmer eines von der Kongregation für
den Klerus organisierten Theologischen Kongresses (12. März 2010): l.c., 324.
28 Ibid.
29 BENEDIKT XVI., Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung der
Kongregation für den Klerus (16. März 2009): l.c., 393.
24

3.5 Page 25

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tur, eine Gelegenheit sehen, um sein besonderes Amt als Hirte
auszuüben, der gerufen ist, der Welt das Evangelium zu ver-
künden. Denn der Priester „wird aus den Menschen ausge-
wählt und für die Menschen eingesetzt zum Dienst vor Gott“
(Hebr 5,1). Er verkündet den Seelen das Geheimnis Christi, in
dessen Licht allein das Geheimnis des Menschen ganz verstan-
den werden kann.30
Weihe und Sendung
8. Christus gibt den Aposteln Anteil an seiner Sendung.
„Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“ (Joh
20,21). In der heiligen Weihe selbst ist die missionarische Di-
mension ontologisch gegenwärtig. Der Priester ist erwählt, ge-
weiht und gesandt, um diese ewige Sendung Christi31, dessen
authentischer Repräsentant und Bote er wird, wirksam zu ak-
tualisieren. Es geht dabei nicht um eine rein äußerliche Vertre-
tungsfunktion, sondern er ist ein echtes Werkzeug zur Weiter-
gabe der Gnade der Erlösung: „Wer euch hört, der hört mich,
und wer euch ablehnt, der lehnt mich ab; wer aber mich ab-
lehnt, der lehnt den ab, der mich gesandt hat“ (Lk 10,16).
Man kann also sagen, dass die Konfiguration mit Christus
den Priester durch die sakramentale Weihe im Schoß des Got-
tesvolkes einsetzt und ihn in eigener Weise, der heiligenden,
lehrenden und pastoralen Vollmacht Jesu Christi selbst teilhaf-
tig werden lässt, des Hauptes und Hirten der Kirche.32
Indem der Priester Christus ähnlicher wird ist er – durch
30 Vgl. II. VAT. KONZIL, Konstitution Gaudium et spes, 22: AAS 58
(1966),1042.
31 Vgl. KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Erklärung
Dominus Iesus über die Einzigkeit und Heilsuniversalität Jesu Christi und der
Kirche (6. August 2000), 13-15: AAS 92 (2000), 754-756.
32 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 18.
25

3.6 Page 26

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Christus und nicht durch sich selbst – Mitarbeiter am Heil sei-
ner Brüder und Schwestern: nicht mehr er lebt, sondern Chris-
tus lebt in ihm (vgl. Gal 2,20).
Indem der Priester „in persona Christi Capitis“ handelt,
wird er Diener der wesentlichen Heilstaten, vermittelt die zum
Heil notwendige Wahrheit und leitet das Volk Gottes und
führt es zur Heiligkeit.33
Aber die Gleichgestaltung des Priesters mit Christus er-
folgt nicht nur durch die Tätigkeit der Evangelisierung, der
Sakramentenspendung und der Pastoral. Sie verwirklicht sich
auch in der Selbsthingabe und der Sühne, dass heißt in der lie-
bevollen Annahme der Leiden und Opfer, die mit dem Pries-
teramt verbunden sind.34 Der heilige Apostel Paulus hat diese
bezeichnende Dimension des priesterlichen Dienstes mit der
berühmten Formulierung zum Ausdruck gebracht: „Jetzt freue
ich mich in den Leiden, die ich für euch ertrage. Für den Leib
Christi, die Kirche, ergänze ich, in meinem irdischen Leben
das, was an den Leiden Christi noch fehlt“ (Kol 1,24).
1.3. Pneumatologische Dimension
Sakramentaler Charakter
9. In der Priesterweihe hat der Priester das Siegel des Hei-
ligen Geistes empfangen, welches aus ihm einen Menschen
gemacht hat, der mit dem sakramentalen Prägemal bezeichnet
ist, um für immer Diener Christi und der Kirche zu sein. Mit
der versprochenen Zusicherung, der Tröster werde „für immer
mit ihm sein“ (Joh 14,16-17), weiß der Priester, dass er nie die
Gegenwart und wirksame Vollmacht des Heiligen Geistes ver-
lieren wird, um seinen Dienst ausüben und die pastorale Liebe
– Quelle, Kriterium und Maß der Liebe und des Dienstes – als
33 Vgl. ibid., 15.
34 Vgl. II. VAT. KONZIL, Dekret Presbyterorum Ordinis, 12.
26

3.7 Page 27

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Ganzhingabe für das Heil der eigenen Brüder und Schwestern
leben zu können. Diese Liebe bestimmt im Priester die Art
und Weise, zu denken, zu handeln und auch sein Verhalten
den anderen gegenüber.
Personale Communio mit dem Heiligen Geist
10. Wiederum ist es der Heilige Geist, der dem Priester in
der Priesterweihe die prophetische Aufgabe überträgt, das
Wort Gottes zu verkünden und mit Autorität zu erläutern. Mit
der gesamten Priesterschaft eingefügt in die Gemeinschaft der
Kirche, wird der Priester vom Geist der Wahrheit geleitet, den
der Vater durch Christus gesandt hat und der ihn alles lehrt
und an alles erinnert, was Jesus den Aposteln gesagt hat. Daher
entdeckt der Priester mit Hilfe des Heiligen Geistes und durch
das Studium des Gotteswortes in den Schriften, im Licht der
Überlieferung und des Lehramtes35, den Reichtum des Wortes,
um es der ihm anvertrauten Gemeinde zu verkünden.
Anrufung des Heiligen Geistes
11. Der Priester ist vom Heiligen Geist gesalbt. Dies
bringt nicht nur das Geschenk eines durch die Salbung verlie-
henen unauslöschlichen Zeichens mit sich, sondern auch die
Aufgabe, unaufhörlich den Tröstergeist anzurufen – Gabe des
Auferstandenen –, ohne den der priesterliche Dienst fruchtlos
bliebe. Jeden Tag bittet der Priester um das Licht des Heiligen
Geistes, damit er Christus nachfolgen und ihm ähnlich werden
kann.
Durch den sakramentalen Charakter und durch die Identi-
fikation mit der Kirche ist der Priester in der Feier der Liturgie
immer in Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist, vor allem bei
35 Vgl. II. VAT. KONZIL, Dogmatische Konstitution Dei Verbum: AAS
58 (1966), 10; Dekret Presbyterorum Ordinis, 4.
27

3.8 Page 28

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der Feier der Eucharistie und der anderen Sakramente. Den in
jedem Sakrament ist es ja Christus selbst, der zum Wohl der
Kirche handelt, und zwar durch den Heiligen Geist, der in sei-
ner wirksamen Vollmacht vom zelebrierenden Priester in perso-
na Christi angerufen wird.36
Die sakramentale Feier erhält ihre Wirksamkeit durch das
Wort Christi, der sie eingesetzt hat, und durch die Kraft des
Geistes, den die Kirche in der Epiklese anruft.
Dies ist besonders evident im eucharistischen Hochgebet:
Der Priester ruft über Brot und Wein die Macht des Heiligen
Geistes herab, spricht die Worte Jesu, damit sich die Trans-
substantiation des Brotes in den von Christus hingegebenen
Leib und des Blutes in das von Christus vergossene Blut voll-
zieht und sein einmaliges Erlösungsopfer sakramental verge-
genwärtigt wird.37
Kraft zur Gemeindeleitung
12. Schließlich findet der Priester in der Gemeinschaft des
Heiligen Geistes die Kraft, die ihm anvertraute Gemeinde zu
leiten und sie in der vom Herrn gewollten Einheit zu bewah-
ren.38 Das Gebet des Priesters im Heiligen Geist kann sich das
priesterliche Gebet Jesu Christi zum Vorbild nehmen (vgl. Joh
17). Daher muss er für die Einheit der Gläubigen beten, damit
sie eins seien und die Welt glaube, dass der Vater zum Heil al-
ler den Sohn gesandt hat.
36 Vgl. II. VAT. KONZIL, Dekret Presbyterorum Ordinis, 5; Katechismus der
Katholischen Kirche, 1120.
37 Vgl. BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Sacramentum caritatis, 13; 48.
38 Vgl. II. VAT. KONZIL, Dekret Presbyterorum Ordinis, 6.
28

3.9 Page 29

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1.4. Ekklesiologische Dimension
„In“ und „gegenüber“ der Kirche
13. Christus, der dauernde und immer neue Quell des
Heils, ist das ursprüngliche Geheimnis, aus dem das Geheim-
nis der Kirche hervorgeht. Sie ist sein Leib und seine Braut, die
er als Bräutigam berufen hat, Zeichen und Werkzeug der Erlö-
sung zu sein. Durch das den Aposteln und ihren Nachfolgern
anvertraute Werk fährt Christus fort, seiner Kirche Leben zu
schenken. In ihr findet der Dienst der Priester seinen natürli-
chen „Ort“ und erfüllt er seine Sendung.
Durch das Geheimnis Christi ist der Priester in der Aus-
übung seines vielfältigen Dienstes auch in das Geheimnis der
Kirche eingefügt, die „sich im Glauben bewusst wird, nicht aus
sich selbst zu sein, sondern aus der Gnade Christi im Heiligen
Geist“39. So findet sich der Priester zugleich in der Kirche und
ihr gegenüber.40
Herausragendster Ausdruck dieser Stellung des Priesters in
und gegenüber der Kirche ist die Feier der Eucharistie, in der
„der Priester das Volk einlädt, die Herzen zum Herrn in Gebet
und Danksagung zu erheben und es mit sich in jenem Gebet
vereint, das er im Namen der ganzen Gemeinschaft durch Je-
sus Christus im Heiligen Geist an Gott den Vater richtet“41.
Teilhabe an der Brautschaft Christi
14. Tatsächlich macht das Weihesakrament den Priester
nicht nur zum Teilhaber am Geheimnis Christi, des Priesters,
Lehrers, Hauptes und Hirten, sondern in gewisser Weise auch
am Geheimnis Christi, des „Dieners und Bräutigams der Kir-
39 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 16.
40 Vgl. ibid.
41 Institutio Generalis Missalis Romani (2002), 78.
29

3.10 Page 30

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che“42. Sein „Leib“ ist sie, die er geliebt hat und die er liebt bis
zur Hingabe seiner selbst für sie (vgl. Eph 5,25); er erneuert
und läutert sie ständig durch das Wort Gottes und die Sakra-
mente (vgl. ibid. 5,26); er macht sie immer schöner (vgl. ibid.
5,27) und schließlich nährt und umsorgt er sie (vgl. ibid. 5,29).
Die Priester bilden als Mitarbeiter der Bischöfe mit ihrem
Bischof ein einziges Presbyterium43 und partizipieren auf un-
tergeordneter Stufe am einzigen Priestertum Christi. Sie parti-
zipieren sogar ähnlich dem Bischof an jener bräutlichen Di-
mension hinsichtlich der Kirche, die im Ritus der Bischofswei-
he durch die Ringverleihung gut zum Ausdruck kommt.44
Die Priester, die „in den einzelnen Ortsgemeinden der
Gläubigen sozusagen den Bischof vergegenwärtigen, mit dem
sie vertrauensvoll und großmütig geeint sind“45, sollen der
Braut treu sein und gleichsam als lebendige Ikonen Christi, des
Bräutigams, die vielfältige Hingabe Christi an seine Kirche
wirksam entfalten. Berufen aus übernatürlicher Liebe, absolut
ohne Gegenleistung, liebt der Priester die Kirche wie Christus
sie geliebt hat, indem er ihr all seine Energien widmet und sich
ihr mit pastoraler Liebe bis zur täglichen Hingabe seines eige-
nen Lebens schenkt.
Universalität des Priestertums
15. Die Weisung des Herrn, zu allen Völkern zu gehen
42 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 3.
43 Vgl. II. VAT. KONZIL, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 28;
Dekret Presbyterorum Ordinis, 7; Dekret Christus Dominus, 28; Dekret Ad gentes,
19; JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo
vobis, 17.
44 Vgl. II. VAT. KONZIL, Dogmatische Konstitution Lumen gentium 28;
Pontificale romanum, Ordinatio Episcoporum, Presbyterorum et Diaconorum, cap. I., n.
51, Ed. typica altera, 1990, 26.
45 II. VAT. KONZIL, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 28.
30

4 Pages 31-40

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4.1 Page 31

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(vgl. Mt 28,18-20), bestimmt eine weitere Modalität der Ein-
stellung des Priesters „gegenüber“ der Kirche.46 Gesandt – mis-
sus – vom Vater durch Christus, gehört der Priester „in unmit-
telbarer Weise“ der gesamten Kirche47 an, die die „Mission“
hat, die Frohbotschaft „bis an die Enden der Erde“ (Apg 1,8)
zu verkünden.48
„Das geistliche Geschenk, das die Priester in der Weihe
empfangen haben, bereitet sie auf eine sehr weite und univer-
sale Heilssendung vor.“49 Durch die Weihe und das übertrage-
ne Amt sind ja alle Priester den Bischöfen verbunden und – in
hierarchischer Gemeinschaft mit ihnen – dienen sie gemäß ih-
rer Berufung und Gnade dem Wohl der ganzen Kirche.50 Da-
her darf die Tatsache der Inkardination51 den Priester nicht in
einer engen und partikularistischen Mentalität einschließen,
sondern muss ihn vielmehr öffnen für den Dienst an der einen
Kirche Jesu Christi.
Im Hinblick darauf empfängt jeder Priester eine Ausbil-
dung, die es ihm erlaubt der universalen Kirche zu dienen und
sich nicht nur an einem Ort oder auf eine bestimmte Aufgabe
zu spezialisieren. Diese „Ausbildung für die universale Kirche“
bedeutet auch, bereit zu sein, die verschiedensten Situationen
in Angriff zu nehmen mit der beständigen Bereitschaft, der
46 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 16.
47 Vgl. KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Brief über die
Kirche als Gemeinschaft Communionis notio (28. Mai 1992), 10: AAS 85 (1993),
844.
48 Vgl. JOHANNES PAUL II., Enzyklika Redemptoris missio (7. Dezember
1990), 23: AAS 83 (1991), 269.
49 II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 10; vgl. JOHANNES
PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis, 32.
50 Vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 28;
Dekret Presbyterorum Ordinis, 7.
51 Vgl. CIC, can. 266, § 1.
31

4.2 Page 32

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ganzen Kirche bedingungslos zu dienen.52
Missionarisches Priestertum für eine neue Evangelisierung
16. Der Priester, der an der Weihe Christi teilhat, wird hin-
eingenommen in seine Heilssendung, dem letzten Gebot
Christi entsprechend: „Darum geht zu allen Völkern und
macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den
Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,
und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“
(Mt 28,19-20; vgl. Mk 16,15-18; Lk 24,47-48; Apg 1,8). Die
missionarische Spannung ist konstitutiver Bestandteil des
priesterlichen Lebens, denn der Priester ist berufen „Brot“ zu
werden, „gebrochen für das Leben der Welt“: „Die erste und
fundamentale Aufgabe, die uns aus den heiligen Geheimnissen,
die wir feiern, erwächst, ist die, mit unserem Leben Zeugnis
abzulegen. Das Staunen über das Geschenk, das Gott uns in
Christus gemacht hat, überträgt unserem Leben eine neue Dy-
namik, indem es uns verpflichtet, Zeugen seiner Liebe zu sein.
Wir werden Zeugen, wenn durch unser Handeln, unsere Wor-
te, unser Sosein ein Anderer erscheint und sich mitteilt.“53
„Als Mitarbeiter des Bischofs sind die Priester kraft des
Weihesakramentes aufgerufen, die Sorge für die Mission mit
ihm zu teilen. ‚Die geistliche Gabe, die die Priester in der Wei-
he empfangen haben, bereitet sie nicht auf eine begrenzte und
enge Sendung vor, sondern auf eine umfassende und allgemei-
ne Heilssendung im weitesten Sinn […]‛ (Presbyterorum Ordinis,
52 Vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 23;
26; KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Instruktion Postquam Apostoli (25.
März 1980), 5; 14; 23: AAS 72 (1980), 346-347; 353-354; 360-361;
TERTULLIAN, De praescriptione, 20, 5-9: CCL 1, 201-202; KONGREGATION FÜR
DIE GLAUBENSLEHRE, Schreiben Communionis notio über einige Aspekte der
Kirche als Communio, 10: l.c., 844.
53 BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Sacramentum
caritatis, 85.
32

4.3 Page 33

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10). […] Alle Priester müssen ein missionarisches Herz und ei-
ne missionarische Mentalität haben. Sie müssen offen sein für
die Bedürfnisse der Kirche und der Welt.“54 Diese Anforde-
rung des kirchlichen Lebens in der zeitgenössischen Welt muss
von jedem Priester gespürt und gelebt werden. Deshalb ist je-
der Priester gerufen, einen missionarischen Geist zu haben, das
heißt einen wirklich „katholischen“ Geist, der sich von Chris-
tus ausgehend an alle wendet, damit sie „gerettet werden und
zur Erkenntnis der Wahrheit Christi gelangen“ (1Tim 2,4-6).
Deshalb ist es wichtig, dass er sich dieser missionarischen
Realität seines Priestertums voll und ganz bewusst ist und diese
wirklich lebt, und zwar in voller Übereinstimmung mit der Kir-
che, die es heute wie gestern als nötig erachtet, ihre Diener
dorthin zu schicken, wo sie besonders dringend gebraucht
werden, besonders zu den Ärmsten55. Dadurch wird auch eine
gerechtere Verteilung des Klerus erreicht.56 Diesbezüglich ist
anzuerkennen, dass die Priester, die bereit sind, ihren Dienst in
anderen Diözesen oder Ländern auszuüben, ein großes Ge-
schenk sowohl für die Teilkirche sind, in die sie gesandt wer-
den, als auch für diejenige, die sie sendet.
17. „Heute herrscht jedoch eine wachsende Verwirrung,
die viele dazu verleitet, den Missionsauftrag des Herrn (vgl. Mt
28,19) ungehört und unwirksam zu lassen. Oft meint man, dass
54 JOHANNES PAUL II., Enzyklika Redemptoris missio, 67.
55 Vgl. KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Rundschreiben Die
missionarische Identität des Priesters in der Kirche: eine der Ausübung der tria munera
innewohnende Dimension (29. Juni 2010), 3.3.5: LEV, Vatikanstadt 2011, 307.
56 Vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 23;
Dekret Presbyterorum Ordinis, 10; JOHANNES PAUL II., Nachsynodales
Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis, 32; KONGREGATION FÜR DEN
KLERUS, Instruktion Postquam Apostoli (25. März 1980): l.c., 343-364;
KONGREGATION FÜR DIE EVANGELISIERUNG DER VÖLKER, Pastorale Leitlinien
für Diözesanpriester in den von der Kongregation für die Evangelisierung der Völker
abhängenden Teilkirchen (1. Oktober 1989), 4: EV 11, 1588-1590; CIC, can. 271.
33

4.4 Page 34

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jeder Versuch, andere in religiösen Fragen zu überzeugen, die
Freiheit einschränke. Es wäre nur erlaubt, die eigenen Ansich-
ten darzulegen und die Menschen einzuladen, nach ihrem Ge-
wissen zu handeln, ohne ihre Bekehrung zu Christus und zum
katholischen Glauben zu fördern: Man sagt, es genüge, den
Menschen zu helfen, bessere Menschen oder der eigenen Reli-
gion treuer zu sein; es genüge, Gemeinschaften zu bauen, die
fähig sind, für Gerechtigkeit, Freiheit, Frieden und Solidarität
zu arbeiten. Darüber hinaus behaupten einige, dass man Chris-
tus denen, die ihn nicht kennen, nicht verkünden und deren
Zugehörigkeit zur Kirche nicht fördern sollte, weil es möglich
sei, auch ohne ausdrückliche Kenntnis Christi und ohne for-
male Eingliederung in die Kirche gerettet zu werden.“57
Der Diener Gottes Paul VI. wendet sich auch an die Pries-
ter, wenn er sagt: „Es wäre sicher nicht ohne Nutzen, wenn je-
der Christ und jeder Verkündiger folgenden Gedankengang im
Gebet vertiefte: Die Menschen können durch die Barmherzig-
keit Gottes auf anderen Wegen gerettet werden, auch wenn wir
ihnen das Evangelium nicht verkünden; wie aber können wir
uns retten, wenn wir aus Nachlässigkeit, Angst, Scham – was
der heilige Paulus ‚sich des Evangeliums schämen‘ nennt (vgl.
Röm 1,16) – oder infolge falscher Ideen es unterlassen, dieses
zu verkünden? Denn das heißt, Gottes Anruf zu verraten, der
durch die Stimme der Diener des Evangeliums den Samen
wachsen lassen will; es hängt von uns ab, ob dieser zu einem
Baum heranwachsen und reiche Frucht bringen kann.“58 Des-
halb muss der Klerus sich heute mehr denn je in seinem Apos-
tolat verpflichtet fühlen, alle Menschen in Christus, in seiner
Kirche zu vereinen. „Zu dieser katholischen Einheit des Got-
57 KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Lehrmäßige Note zu
einigen Aspekten der Evangelisierung (3. Dezember 2007), 3: AAS 100 (2008), 491.
58 PAUL VI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi
(8. Dezember 1975), 80: AAS 68 (1976), 74.
34

4.5 Page 35

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tesvolkes, die den allumfassenden Frieden bezeichnet und för-
dert, sind alle Menschen berufen.“59
Aus diesem Grund sind all jene Auffassungen unzuläs-
sig, die im Namen einer falsch verstandenen Achtung der
einzelnen Kulturen dazu tendieren, das missionarische Wir-
ken der Kirche zu entstellen. Denn diese ist gerufen am uni-
versalen Heilsgeheimnis mitzuwirken, das alle Kulturen
übersteigt und sie beleben muss.60 Die universale Auswei-
tung ist dem priesterlichen Dienst inhärent und daher unver-
zichtbar.
18. Von den Anfängen der Kirche an haben die Apostel
dem letzten Gebot des auferstandenen Herrn Folge geleistet.
Auf ihren Spuren „verkündet die Kirche durch die Jahrunderte
hindurch das Evangelium und hat den Weg der Evangelisie-
rung niemals unterbrochen“61.
Die Evangelisierung „geschieht freilich auf verschiedene
Weisen je nach den unterschiedlichen Situationen, in denen sie
sich entfaltet. Im eigentlichen Sinn gibt es die ‚missio ad gen-
tes‘ zu denen, die Christus nicht kennen. In einem weiteren
Sinn spricht man von ‚Evangelisierung‘, um die gewöhnliche
Seelsorge zu bezeichnen“62. Evangelisierung ist die Aktivität
der Kirche, die die Frohbotschaft verkündet im Hinblick auf
die Bekehrung, die Einladung zum Glauben, die persönliche
59 II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 13.
60 Vgl. KONGREGATION FÜR DIE EVANGELISIERUNG DER VÖLKER,
Pastorale Leitlinien für Diözesanpriester in den von der Kongregation für die
Evangelisierung der Völker abhängenden Teilkirchen, l.c., 1580-1650; JOHANNES
PAUL II., Enzyklika Redemptoris missio, 54; 67.
61 RATZINGER KARD. JOSEPH, Vortrag zum Jubiläum der Katecheten und
Religionslehrer (10. Dezember 2000): http://www.vatican.va/roman_curia/
congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_20001210_jubilcatechist
s-ratzinger_it.html.
62 KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Lehrmäßige Note zu einigen
Aspekten der Evangelisierung (3. Dezember 2007), 12: AAS 100 (2008), 501.
35

4.6 Page 36

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Begegnung mit Christus, in der man in Gemeinschaft mit der
Kirche zu seinem Jünger wird. Dies erfordert das beständige
Bemühen, zu denken wie er, zu urteilen wie er und zu leben,
wie er gelebt hat.63
Die Evangelisierung beginnt mit der Verkündigung des
Evangeliums und findet ihre letzte Erfüllung in der Heiligkeit
des Jüngers, der als Glied der Kirche zum Verkünder des
Evangeliums geworden ist. In diesem Sinne ist die Evangelisie-
rung das globale Wirken der Kirche, ist sie „die zentrale und al-
le anderen einschließende Aufgabe im Kontext des Dienstes an
der Menschheitsfamilie, zu dem die Kirche und in ihr die Laien
berufen sind“64.
„Der Evangelisierungsprozess gliedert sich folglich in
Etappen oder ‚wesentliche Momente‘: das missionarische Wir-
ken für die Nichtglaubenden und für die, die in religiöser
Gleichgültigkeit leben; das katechetisch-initiierende Wirken für
die, die sich für das Evangelium entscheiden, und für die, die
es nötig haben, ihre Initiation zu vervollständigen oder neu zu
strukturieren; und das pastorale Wirken für die schon reifen
Christusgläubigen im Schoß der christlichen Gemeinde. Diese
Momente sind jedoch nicht abgeschlossene Etappen: sie wer-
den, wenn nötig, wiederholt, so dass sie dem geistlichen
Wachstum jeder Person und der Gemeinde selbst die passen-
de, dem Evangelium entsprechende Nahrung geben.“65
19. „Dennoch beobachten wir einen fortschreitenden Pro-
zess der Entchristlichung und des Verlustes der grundlegenden
menschlichen Werte, der besorgniserregend ist. Ein großer Teil
63 Vgl. KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Allgemeines Direktorium für die
Katechese (15. August 1997), 53: LEV, Vatikanstadt 1997, 55-56.
64 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Christifideles laici (30. Dezember 1988), 37: l.c., 460-462.
65 KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Allgemeines Direktorium für die
Katechese (15. August 1997), 49: l.c., 51.
36

4.7 Page 37

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der Menschheit von heute findet in der beständigen Evangeli-
sierung der Kirche nicht das Evangelium, das heißt die über-
zeugende Antwort auf die Frage: Wie soll ich leben? […] Alle
brauchen das Evangelium; das Evangelium ist für alle be-
stimmt und nicht nur für einen bestimmten Kreis, und deshalb
sind wir verpflichtet, neue Wege zu suchen, um das Evangeli-
um zu allen zu bringen.“66
Trotz aller Sorge darf uns eine solche Entchristlichung
nicht dazu führen, zu bezweifeln, dass das Evangelium das
Herz unserer Zeitgenossen berühren kann: „Jemand mag sich
vielleicht fragen, ob die Männer und Frauen der postmoder-
nen Kultur, der fortschrittlichsten Gesellschaften, noch in der
Lage sind, sich dem christlichen Kerygma zu öffnen. Die
Antwort muss positiv ausfallen. Das Kerygma kann von je-
dem Menschen zu jeder Zeit und in jeder Kultur verstanden
und angenommen werden. Auch die intellektuellsten oder
die einfachsten Milieus können evangelisiert werden. Wir müs-
sen sogar glauben, dass auch die sogenannten Post-Christen
erneut von der Person Jesu Christi berührt werden können.“67
Schon Papst Paul VI. sagte: „Die Verhältnisse der Gesell-
schaft legen uns allen die Verpflichtung auf, die Methoden zu
überprüfen und mit allen Mitteln uns zu bemühen herauszu-
finden, wie man dem modernen Menschen die christliche Bot-
schaft nahebringen kann, in der allein er die Antwort auf seine
Fragen zu finden vermag und die Kraft für seinen Einsatz zu
menschlicher Solidarität.“68 Der selige Johannes Paul II. be-
66 RATZINGER KARD. JOSEPH, Vortrag zum Jubiläum der Katecheten und
Religionslehrer (10. Dezember 2000).
67 KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Rundschreiben Die missionarische
Identität des Priesters in der Kirche: eine der Ausübung der tria munera innewohnende
Dimension (29. Juni 2010), 3.3: l.c., 27.
68 PAUL VI., Ansprache an das Kardinalskollegium (22. Juni 1973): AAS 65,
1973, 383, zitiert im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Evangelii
nuntiandi (8. Dezember 1975), 3.
37

4.8 Page 38

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schrieb das neue Jahrtausend folgendermaßen: „Heute muss
man sich mutig einer Situation stellen, die im Zusammenhang
mit der Globalisierung und der neuen gegenseitigen Verflech-
tung von Völkern und Kulturen, die sie mit sich bringt, immer
vielfältiger und anspruchsvoller wird.“69 Es heißt also, dass ei-
ne „Neuevangelisierung“ begonnen hat, die allerdings nicht mit
einer „Re-Evangelisierung“70 gleichzusetzen ist, denn die neue
Mission der Verkündigung „ist nicht anders als die erste. Das
Kreuz dauert, mag sich auch die Welt verändern“71. Sie ist in-
sofern neu, „als sie sich über die kontinuierliche, nie unterbro-
chene und nie aufzugebende Evangelisierung hinaus um eine
neue Evangelisierung bemüht, die in der Lage ist, sich in jener
Welt bemerkbar zu machen, die keinen Zugang zur ‚klassi-
schen‘ Evangelisierung findet“72.
20. Die Neuevangelisierung bezieht sich vor allem73, aber
nicht ausschließlich74, auf „die Kirchen alter Gründung“75, wo
es viele Menschen gibt, „die zwar in der katholischen Kirche
getauft, aber sich von der Übung des sakramentalen Lebens
69 JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte (6.
Januar 2001), 40: AAS 93 (2001), 294-295.
70 JOHANNES PAUL II., Ansprache an die Vollversammlung des CELAM,
Port-au-Prince (9. März 1983): AAS 75 (1983), 771-779.
71 JOHANNES PAUL II., Predigt in der heiligen Messe in der Heilig-Kreuz-Kirche
von Mogila (9. Juni 1979): AAS 71 (1979), 865.
72 RATZINGER KARD. JOSEPH, Vortrag zum Jubiläum der Katecheten und
Religionslehrer (10. Dezember 2000).
73 BENEDIKT XVI., Apostolisches Schreiben in Form eines Motu
proprio Ubicumque et semper, mit dem der Päpstliche Rat zur Förderung der
Neuevangelisierung eingerichtet wird (21. September 2010): l.c., 790-791.
74 Vgl. BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Africae
munus (19. November 2011), LEV, Vatikanstadt 2011, 165.
75 BENEDIKT XVI., Apostolisches Schreiben in Form eines Motu
proprio Ubicumque et semper, mit dem der Päpstliche Rat zur Förderung der
Neuevangelisierung eingerichtet wird (21. September 2010): l.c., 790-791.
38

4.9 Page 39

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oder gar vom Glauben entfernt haben“76. Die Priester haben
die Aufgabe, „allen die frohe Botschaft Gottes zu verkünden,
um so in der Erfüllung des Herrenauftrags: ‚Gehet hin in alle
Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen‘ (Mk
16,15) das Gottesvolk zu begründen und zu mehren“77. Sie
sind „Diener Jesu Christi unter den Völkern“78, sie „schulden
also allen, Anteil zu geben an der Wahrheit des Evangeliums,
deren sie sich im Herrn erfreuen“79. Und dies um so mehr, weil
festzustellen ist: „Die Zahl jener, die Christus nicht kennen
und nicht zur Kirche gehören, ist ständig im Wachsen; seit
dem Ende des Konzils hat sie sich sogar beinahe verdoppelt.
Diese ungeheure Zahl von Menschen wird vom Vater, der für
sie seinen Sohn gesandt hat, geliebt; die Dringlichkeit der Mis-
sion für sie liegt klar auf der Hand.“80 Der selige Johannes Paul
II. bekräftigte feierlich: „Ich halte die Zeit für gekommen, da
alle kirchlichen Kräfte für die neue Evangelisierung und für die
Mission ad gentes einzusetzen sind. Keiner, der an Christus
glaubt, keine Institution der Kirche kann sich dieser obersten
Pflicht entziehen: Christus muss allen Völkern verkündet wer-
den.“81
21. Die Priester setzen alle ihre Kräfte für diese Neuevan-
gelisierung ein, die vom seligen Johannes Paul II. folgender-
maßen charakterisiert wurde: „Neu in ihrem Eifer, in ihren
76 II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 28; vgl.
KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten
der Evangelisierung (3. Dezember 2007), 12: l.c., 501; PAUL VI., Nachsynodales
Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi (8. Dezember 1975), 52.
77 II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 4.
78 Ibid., 2.
79 Ibid., 4.
80 JOHANNES PAUL II., Enzyklika Redemptoris missio (7. Dezember 1990),
3: AAS 83 (1991), 251-252.
81 Ibid.
39

4.10 Page 40

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Methoden und in ihrer Ausdrucksweise“82.
Zunächst gilt es, „in uns wieder den Schwung des Anfangs
dadurch zu entzünden, dass wir uns von dem glühenden Eifer
der apostolischen Verkündigung, die auf Pfingsten folgte, mit-
reißen lassen. Wir müssen uns die glühende Leidenschaft des
Paulus zu eigen machen, der ausrief: ‚Weh mir, wenn ich das
Evangelium nicht verkünde!‘ (1Kor 9,16).“83 Denn: „Wer Chris-
tus wirklich begegnet ist, kann ihn nicht für sich behalten, er
muss ihn verkündigen.“84 Nach dem Vorbild der Apostel ist
der Eifer des Apostolats die Frucht einer umstürzenden Erfah-
rung, die der Nähe zu Jesus entspringt. „Die Mission ist eine
Frage des Glaubens, sie ist ein unbestechlicher Gradmesser
unseres Glaubens an Christus und seine Liebe zu uns.“85 Der
Herr hört nicht auf, seinen Heiligen Geist zu senden, aus des-
sen Kraft wir uns beleben lassen müssen im Hinblick auf jenen
„erneuerten missionarischen Elan […], Ausdruck einer neuen
hochherzigen Offenheit für das Geschenk der Gnade“86. „Es
ist grundlegend und unerlässlich, dass der Priester sich bewusst
und entschieden dazu entschließt, nicht nur jene anzunehmen
und zu evangelisieren, die ihn aufsuchen, sowohl in der Pfarrei
als auch andernorts, sondern dass er ‚sich aufmacht‘ auf die
Suche vor allem nach den Getauften, die aus verschiedenen
Gründen die Zugehörigkeit zur kirchlichen Gemeinschaft
nicht leben, aber auch nach all denen, die Jesus Christus kaum
82 JOHANNES PAUL II., Ansprache an die Vollversammlung des CELAM,
Port-au-Prince (9. März 1983): l.c., 771-779.
83 JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte (6.
Januar 2001), 40.
84 Ibid.
85 JOHANNES PAUL II., Enzyklika Redemptoris missio (7. Dezember 1990),
11: l.c., 259-260.
86 BENEDIKT XVI., Apostolisches Schreiben in Form eines Motu
Proprio Ubicumque et semper, mit dem der Päpstliche Rat zur Förderung der
Neuevangelisierung eingerichtet wird (21. September 2010): l.c., 790-791.
40

5 Pages 41-50

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5.1 Page 41

▲back to top
oder gar nicht kennen.“87
Die Priester sollen daran denken, dass sie sich nicht allein
in der Mission engagieren können. Als Hirten ihres Volkes sol-
len sie die christlichen Gemeinden zum Zeugnis des Evangeli-
ums und zur Verkündigung der Frohbotschaft ausbilden. Es
geht um ein „neues missionarisches Engagement […], das
nicht einer kleinen Schar von ‚Spezialisten‘ übertragen werden
kann, sondern letztendlich die Verantwortung aller Glieder des
Gottesvolkes einbeziehen muss. […] Ein neuer apostolischer
Aufbruch tut not, der als tägliche Verpflichtung der christlichen Ge-
meinden und Gruppen gelebt werden soll.“88 Die Pfarrgemeinde
ist nicht nur Ort der Katechese, sondern sie ist auch das le-
bendige Umfeld, in dem die Neuevangelisierung umgesetzt
werden muss89, indem sie sich versteht als „unentwegte Missi-
on“90. Jede Gemeinde ist Bild der Kirche, die „ihrer Natur
nach gerufen ist, aus sich selbst hinauszugehen in einer Bewe-
gung auf die Welt zu, um Zeichen des Emanuel zu sein, des
fleischgewordenen Wortes, des Gott-mit-uns“91. „In der Ge-
meinde werden die Pfarrer die Gemeindemitglieder zusam-
menrufen müssen, Gottgeweihte und Laien, um sie angemes-
sen vorzubereiten und sie in Mission zu den einzelnen Men-
schen, zu den Familien zu senden, auch durch Hausbesuche,
und in alle sozialen Umfelder, die sich auf dem Gemeindege-
87 KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Rundschreiben Die missionarische
Identität des Priesters in der Kirche: eine der Ausübung der tria munera innewohnende
Dimension (29. Juni 2010), 3.3.1.
88 JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte (6.
Januar 2001), 40.
89 Vgl. JOHANNES PAUL II., Predigt in der heiligen Messe im Heiligtum des
Kreuzes von Mogila (9. Juni 1979), l.c.
90 KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Rundschreiben Die missionarische
Identität des Priesters in der Kirche: eine der Ausübung der tria munera innewohnende
Dimension (29. Juni 2010), Schluss.
91 Ibid., 11.
41

5.2 Page 42

▲back to top
biet befinden.“92
Im Gedenken daran, dass die Kirche „Geheimnis von
Gemeinschaft und Sendung“93 ist, werden die Hirten die Ge-
meinden dazu führen, mit ihrem Glauben, „der bekannt, gefei-
ert, gelebt und im Gebet ausgedrückt wird“94, und mit ihrer
Begeisterung95 Zeugen zu sein. Papst Paul VI. rief zur Freude
auf: „Die Welt von heute, die sowohl in Angst wie in Hoff-
nung auf der Suche ist, möge die Frohbotschaft nicht aus dem
Munde trauriger und mutlos gemachter Verkünder hören, die
keine Geduld haben und ängstlich sind, sondern von Dienern
des Evangeliums, deren Leben voller Glut erstrahlt, die als ers-
te die Freude Christi in sich aufgenommen haben.“96 Die
Gläubigen müssen von ihren Hirten ermutigt werden, damit
sie keine Angst davor haben, den Glauben freimütig zu ver-
künden. Denn wer evangelisiert, der erlebt, dass die missionari-
sche Geste schon Quelle der persönlichen Erneuerung ist:
„Durch die Mission wird die Kirche tatsächlich erneuert,
Glaube und christliche Identität werden bestärkt und erhalten
neuen Schwung und neue Motivation. Der Glaube wird stark
durch Weitergabe!97
22. Die Evangelisierung ist auch neu in ihren Methoden.
Angespornt von dem Apostel, der ausrief: „Weh mir, wenn ich
das Evangelium nicht verkünde!“ (1Kor 9,16), wird sie sich all
der Medien zu bedienen wissen, die die moderne Wissenschaft
92 Ibid., 28.
93 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
gregis (16. Oktober 2003), 37.
94 BENEDIKT XVI., Apostolisches Schreiben in Form eines Motu
proprio Porta fidei (11. Oktober 2011), 9: AAS 103 (2011), 728.
95 Vgl. BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Africae
munus (19. November 2011).
96 PAUL VI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi
(8. Dezember 1975), 80.
97 JOHANNES PAUL II., Enzyklika Redemptoris missio (7. Dezember 1990), 2.
42

5.3 Page 43

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und Technik bieten.98 Sicherlich ist nicht alles abhängig von
diesen Mitteln oder den menschlichen Fähigkeiten, denn die
göttliche Gnade kann ihr Ziel unabhängig vom Werk der Men-
schen erreichen; aber im Plan Gottes ist die Verkündigung des
Wortes normalerweise der bevorzugte Kanal für die Weiterga-
be des Glaubens und die Sendung der Evangelisierung.
Er wird die Laien in die Evangelisierung mit den moder-
nen Kommunikationsmitteln einzubeziehen wissen. In jedem
Fall wird seine Teilnahme in diesen Bereichen stets eine be-
sondere Nächstenliebe spiegeln müssen, einen Sinn für das
Übernatürliche, Nüchternheit und Maß, um zu bewirken, dass
sich alle nicht so sehr von der Person des Priesters als vielmehr
von Jesus Christus, unserem Herrn, selbst angezogen fühlen.
23. Der dritte charakteristische Aspekt der Neuevangelisie-
rung ist die Neuheit in ihren Ausdrucksweisen. In einer sich
verändernden Welt muss das Bewusstsein von der eigenen
Sendung als Verkünder des Evangeliums, als Werkzeug Christi
und des Heiligen Geistes in der Pastoral immer konkreter wer-
den, so dass der Priester im Licht des Wortes Gottes die ver-
schiedenen Situationen und Lebensbereiche beleben kann, in
denen er seinen Dienst ausübt.
Um wirksam und glaubwürdig zu sein, ist es daher wichtig,
dass der Priester – im Hinblick auf den Glauben und sein Amt
– mit konstruktiv kritischem Bewusstsein die Ideologien, die
Sprache, die kulturellen Bezüge, die Stereotypen kennt, die
über die Medien verbreitet werden und die Mentalität in gro-
ßem Umfang konditionieren. Er soll sich an alle zu wenden
wissen, „ohne jemals die radikalsten Forderungen zu verheim-
lichen, die das Evangelium stellt. Doch man muss auch den
Bedürfnissen jedes einzelnen entgegenkommen, was Einfüh-
98 Vgl. BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Africae
munus (19. November 2011).
43

5.4 Page 44

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lungsvermögen und Sprache angelangt. Paulus kann dafür als
Beispiel dienen: ‚Allen bin ich alles geworden, um auf jeden
Fall einige zu retten‘ (1Kor 9,22).“99 Das Zweite Vatikanische
Konzil hat bekräftigt, dass die Kirche „von Beginn ihrer Ge-
schichte an gelernt hat, die Botschaft Christi in der Vorstel-
lungswelt und Sprache der verschiedenen Völker auszusagen
und darüber hinaus diese Botschaft mit Hilfe der Weisheit der
Philosophen zu verdeutlichen, um so das Evangelium sowohl
dem Verständnis aller als auch berechtigten Ansprüchen der
Gebildeten angemessen zu verkünden. Diese in diesem Sinne
angepasste Verkündigung des geoffenbarten Wortes muss ein
Gesetz aller Evangelisation bleiben.“100 Das wird jedoch mit
dem gebührenden Respekt vor dem jeweils unterschiedlichen
Weg eines jeden Menschen und mit Aufmerksamkeit gegen-
über den verschiedenen Kulturen geschehen, in die die christli-
che Botschaft eingebettet werden soll, dabei vollkommen sie
selbst bleibt in vollkommener Treue zur Verkündigung des
Evangeliums und zur Tradition der Kirche. Das Christentum
des dritten Jahrtausends wird so auch das Angesicht der vielen
alten und neuen Kulturen tragen, deren spezifische Werte
nicht verleugnet, sondern gereinigt und zu ihrer Fülle gebracht
werden.101
Geistliche Vaterschaft
24. Die pastorale Berufung der Priester ist groß und uni-
versal: sie richtet sich auf die ganze Kirche und ist daher auch
missionarisch. „Normalerweise ist sie an den Dienst für eine
bestimmte Gemeinschaft des Volkes Gottes gebunden, wo je-
99 JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte
(6. Januar 2001), 40.
100 II. VAT. KONZ., Konstitution Gaudium et spes, 44.
101 Vgl. JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Novo millennio
ineunte (6. Januar 2001), 40.
44

5.5 Page 45

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der Aufmerksamkeit, Sorge und Liebe erwartet.“102 Daher ist
der Dienst des Priester auch ein Dienst der Vaterschaft.103
Durch seine Hingabe an die Seelen werden viele von ihnen in
Christus zu neuem Leben geboren. Es handelt sich um eine
echte geistliche Vaterschaft, wie der heilige Paulus ausrief:
„Hättet ihr nämlich auch ungezählte Erzieher in Christus, so
doch nicht viele Väter. Denn in Christus Jesus bin ich durch
das Evangelium euer Vater geworden“ (1Kor 4,15). Wie Abra-
ham so wird auch der Priester „Vater vieler Völker“ (Röm 4,18)
und findet im christlichen Wachstum, das um ihn erblüht, den
Lohn für die Mühen und Leiden seines täglichen Dienstes.
Darüber hinaus endet die Mission der Vaterschaft sowohl auf
übernatürlicher wie auch auf natürlicher Ebene nicht mit der
Geburt, sondern erstreckt sich auf das ganze Leben: „Wer hat
Eure Seele beim ersten Eintritt in das Leben aufgenommen?
Der Priester. Wer nährt sie, um ihr die Kraft zu geben, ihre
Pilgerschaft zu vollenden? Der Priester. Wer wird sie darauf
vorbereiten, vor Gott zu erscheinen, indem er sie zum letzten
Mal im Blut Jesu Christi wäscht? Der Priester, immer der Pries-
ter. Und wenn diese Seele [durch die Sünde] stirbt, wer wird sie
auferwecken, wer wird ihr die Ruhe und den Frieden geben?
Wieder der Priester […] Nach Gott ist der Priester alles! […]
Erst im Himmel wird er sich selbst recht verstehen.“104
Die Priester lassen in ihrem Leben die ergreifenden Worte
des Apostels wahr werden: „meine Kinder, für die ich von
neuem Geburtswehen erleide, bis Christus in euch Gestalt an-
102 JOHANNES PAUL II., Gründonnerstagsbrief an die Priester (8. April 1979),
8: AAS 71 (1979), 393-417.
103 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 16; PAUL VI.,
Enzyklika Sacerdotalis caelibatus (24. Juni 1967), 56.
104 HL. JOHANNES MARIA VIANNEY, in B. NODET, Le curé d’Ars. Sa
pensée - Son cœur, éd. Xavier Mappus, Foi Vivante, 1966, 98-99 (zitiert in BENE-
DIKT XVI., Schreiben zum Beginn des Priesterjahres anlässlich des 150. Jahrestages des
“Dies natalis” von Johannes Maria Vianney (16. Juni 2009).
45

5.6 Page 46

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nimmt“ (Gal 4,19). So leben sie großherzig, jeden Tag neu, die-
se Gabe der geistlichen Vaterschaft, und auf sie richten sie die
Erfüllung aller Aufgaben ihres Dienstes aus.
Autorität als „amoris officium“
25. Ein weiteres Zeugnis für die Tatsache, dass der Pries-
ter der Kirche gegenüber steht, ist: er ist Leiter, der jene Gläubi-
gen zur Heiligung hinführt, die seinem wesenhaft pastoralen
Dienst anvertraut sind. Jedoch tritt er dabei mit jener Autorität
auf, die anziehend wirkt und die Botschaft glaubwürdig macht
(vgl. Mt 7,29). Denn jede Autorität muss im Geiste des Diens-
tes ausgeübt werden, als amoris officium und uneigennützige
Hingabe für das Wohl der Herde (vgl. Joh 10,11;13,14).105
Diese mit Demut und Kohärenz zu lebende Realität kann
zwei gegensätzlichen Versuchungen ausgesetzt sein. Die erste
ist die, das eigene Amt herrisch gegenüber der Herde auszu-
üben (vgl. Lk 22,4-27; 1Petr 5,1-4), während die zweite Versu-
chung darin besteht, in einer unrichtigen Vorstellung von
„Gemeinschaft“ die eigene Gleichgestaltung mit Christus, dem
Haupt und Hirten, herabzumindern.
Die erste Versuchung war auch für die Jünger sehr stark
und erfuhr von Jesus einen deutlichen und wiederholten Tadel.
Wenn diese Dimension fehlt, fällt man leicht der Versuchung
des „Klerikalismus“ zum Opfer, mit dem Wunsch über die
Laien zu herrschen, was immer Gegensätze zwischen Amts-
priestertum und Volk zur Folge hat.
Der Priester darf seine eigene Rolle nicht auf die eines blo-
ßen Leiters beschränkt sehen. Er ist der Mittler – die Brücke –,
das heißt derjenige, der sich immer daran erinnern muss, dass
der Herr und Meister „nicht gekommen ist, sich dienen zu las-
105 Vgl. HL. AGUSTINUS, In Iohannis Evangelium Tractatus, 123, 5: CCL 36,
678; II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 14.
46

5.7 Page 47

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sen, sondern um zu dienen“ (Mk 10,45); dass er sich nieder-
kniete, um seinen Jüngern die Füße zu waschen (vgl. Joh 13,5),
bevor er am Kreuz starb und bevor er sie in die ganze Welt
aussandte (vgl. Joh 20,21). So wird der Priester, der für die Her-
de sorgt, die dem Herrn gehört, sich bemühen „die Herde zu
schützen, zu nähren und sie zu Ihm zu führen, dem wahren
Guten Hirten, der das Heil aller Menschen will. Die Herde des
Herrn zu nähren ist daher ein Dienst wachsamer Liebe, der
vollkommene Hingabe bis zur Erschöpfung der Kräfte erfor-
dert und, falls notwendig, auch das Opfer des eigenen Le-
bens.“106
Die Priester geben dann authentisches Zeugnis für den
auferstandenen Herrn, „dem alle Macht im Himmel und auf
der Erde“ (Mt 28,18) gegeben wurde, wenn sie sie im sowohl
demütigen als auch mit Autorität ausgestatteten Dienst an der
eigenen Herde ausüben107 und die Aufgaben respektieren, die
Christus und die Kirche sowohl gläubigen Laien108 als auch im
Sinn der evangelischen Räte gottgeweihten Gläubigen109 anver-
trauen.
Demokratische und egalitäre Versuchung
26. Zuweilen geschieht es, dass man, um die erste Fehlhal-
tung zu vermeiden, der zweiten verfällt und dazu neigt, jeden
Unterschied der Aufgaben zwischen den Gliedern des Leibes
Christi, der die Kirche ist, zu eliminieren und damit praktisch
die Unterscheidung zwischen allgemeinem Priestertum und
106 BENEDIKT XVI., Ansprache an die Mitglieder des XI. Ordentlichen Rates des
Generalsekretariats der Bischofssynode (1. Juni 2006): Insegnamenti II/1 (2006),
746-748.
107 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 21; CIC, can. 274.
108 Vgl. CIC, cann. 275, § 2; 529, § 1.
109 Vgl. ibid., can. 574, § 1.
47

5.8 Page 48

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Amtspriestertum ablehnt. 110
Unter den diversen Formen dieser Ablehnung, die heute
zu verzeichnen sind, ist der sogenannte „Demokratismus“, der
dazu führt, die Autorität und die Gnade Christ als Haupt, die
in den geweihten Priestern da ist, nicht anzuerkennen und die
Kirche, die der mystische Leib Christi ist, zu entstellen. Es
ziemt sich in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, dass
die Kirche all jene Verdienste und Wohltaten anerkennt, die
die demokratische Kultur in der zivilen Gesellschaft mit sich
gebracht hat. Zudem setzt sich die Kirche selbst immer mit al-
len ihr zur Verfügung stehenden Mitteln für die Annerkennung
der gleichen Würde aller Menschen ein. Auf der Grundlage der
Offenbarung hat sich das Zweite Vatikanische Konzil offen
zur gleichen Würde aller Getauften in der Kirche bekannt.111
Jedoch ist es notwendig, darauf hinzuweisen, dass das letzte
Fundament sowohl dieser radikalen Gleichheit als auch der
Verschiedenheit der Lebensformen und Aufgaben die Natur
der Kirche selbst ist.
Denn sie verdankt ihre Existenz und ihre Struktur dem
Heilsplan Gottes. Sie betrachtet sich selbst als Gabe eines
wohlwollenden Vaters, der sie durch die Erniedrigung seines
Sohnes am Kreuz befreit hat. Die Kirche möchte deshalb – im
Heiligen Geist – dem freien und befreienden Willen ihres
Herrn Jesus Christus ganz konform und treu sein. Dieses
Heilsgeheimnis bewirkt, dass sich die Realität der Kirche auf-
grund ihrer Eigennatur von menschlichen Gesellschaften un-
terscheidet.
Folglich ist in der Kirche eine gewisse Mentalität nicht zu-
110 Vgl. KONZIL VON TRIENT, Sessio XXIII, De sacramento Ordinis, cap. I
e IV, cann. 3, 4, 6: DS, 1763-1776; II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution
Lumen gentium, 10; KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Schreiben
Sacerdotium ministeriale (6. August 1983), 1: AAS 75 (1983), 1001.
111 Vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 9, 32;
CIC, can. 208.
48

5.9 Page 49

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lässig, die sich bisweilen besonders in einigen Organismen der
kirchlichen Mitbestimmung zeigt und die entweder dazu neigt,
die Aufgaben der Priester und jene der gläubigen Laien zu
verwechseln oder die dem Bischof eigene Autorität von jener
der Priester als Mitarbeiter der Bischöfe nicht zu unterschei-
den. Ebenso tendiert sie dazu, nicht in dem gebotenen Maße
auf das universale Lehramt zu hören, das der Papst in seinem
vom Herrn gewollten Primat ausübt. In verschiedener Hinsicht
handelt es sich um den Versuch, die Mentalität und Praxis in
einigen Strömungen der sozio-politischen Kultur unserer Zeit
automatisch auf die Kirche zu übertragen, ohne ausreichend zu
berücksichtigen, dass sie ihre Existenz und ihre Struktur dem
Heilsplan Gottes in Christus zu verdanken hat.
In diesem Zusammenhang soll daran erinnert werden,
dass das Presbyterium und der Priesterrat – ein vom Dekret
Presbyterorum Ordinis112 gewünschte juridische Institution – nicht
Ausdruck des Assoziationsrechts der Kleriker sind und sie
noch weniger nach Betrachtungsweisen gewerkschaftlicher Art
angesehen werden können, welche das Aufkommen von For-
derungen und Teilinteressen verursachen, die der kirchlichen
Gemeinschaft fremd sind.113
Unterschied zwischen allgemeinem Priestertum und Amtspriestertum
27. Der Unterschied zwischen allgemeinem oder durch die
Taufe erlangten Priestertum und Amtspriestertum, weit ent-
fernt davon Trennung oder Teilung zwischen die Mitglieder
der christlichen Gemeinde zu bringen, harmonisiert und eint
das Leben der Kirche, denn „das gemeinsame Priestertum der
Gläubigen und das Priestertum des Dienstes, das heißt das hie-
rarchische Priestertum, unterscheiden sich zwar dem Wesen
112 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 7.
113 Vgl. ibid.
49

5.10 Page 50

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und nicht bloß dem Grade nach. Dennoch sind sie einander
zugeordnet.“114 Denn als Leib Christi ist die Kirche eine orga-
nische Gemeinschaft aller Glieder, wo jedes zum gemeinsamen
Leben beiträgt, wenn es die eigene Rolle und die eigene spezifi-
sche Berufung im vollen Sinne lebt (1Kor 12,12ff ).115
Niemandem steht es daher zu, was Christus für seine Kir-
che gewollt hat, zu verändern. Sie ist unauflöslich an ihren
Gründer und ihr Haupt gebunden, der ihr als einziger durch
die Macht des Heiligen Geistes Amtsträger zum Dienst an den
Gläubigen gibt. An die Stelle Christi, der durch die legitimen
Hirten beruft, weiht und sendet, kann sich keine Gemeinde
setzen, die sich – womöglich in einer Notlage befindlich – auf
andere als von der Kirche vorgesehene Weise ihren eigenen
Priester geben möchte: das Priestertum beruht auf einer Er-
wählung durch Jesus und nicht auf der Entscheidung der Ge-
meinde (vgl. Joh 15,16). Die Antwort zur Lösung von Notfällen
ist das Gebet Jesu: „Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter
für seine Ernte auszusenden“ (Mt 9,38). Wenn sich an dieses
vom Glauben getragene Gebet das intensive Leben karitativer
Gemeinschaft anschließt, dann seien wir sicher, dass es der
Herr nicht versäumen wird, Hirten nach seinem Herzen zu
schenken (vgl. Jer 3,15).116
28. Um die von unserem Herrn Jesus Christus eingerichtet
Ordnung zu erhalten, ist auch die sogenannte „Klerikalisie-
rung“117, der Laien zu vermeiden, die dazu neigt, das Amtsprie-
stertum des Presbyters zu unterdrücken, dem allein nach dem
114 II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 10.
115 Vgl. KONGREGATION FÜR DIE EVANGELISIERUNG DER VÖLKER,
Pastorale Leitlinien für Diözesanpriester in den von der Kongregation für die
Evangelisierung der Völker abhängenden Teilkirchen, 3: l.c., 1586-1588.
116 Vgl.. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 11.
117 Vgl. JOHANNES PAUL II., Ansprache an die Schweizer Bischöfe (15. Juni
1984): Insegnamenti VII/1 (1984), 1784.
50

6 Pages 51-60

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6.1 Page 51

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Bischof und aufgrund der vom Bischof empfangenen Pries-
terweihe im eigentlichen und eindeutigen Sinn der Begriff
„Hirte, lat. pastor“ zukommen kann. Tatsächlich bezieht sich
die Bezeichnung „pastoral“ auf die Teilhabe am bischöflichen
Dienst.
1.5 Priesterliche Gemeinschaft
„Communio“ mit der Dreifaltigkeit und mit Christus
29. Im Licht all dessen, was bereits über die Identität des
Priesters gesagt wurde, verwirklicht sich die Gemeinschaft des
Priesters vor allem mit dem Vater, dem tiefsten Ursprung jeder
seiner Vollmachten, mit dem Sohn, an dessen Erlösersendung
er partizipiert, und mit dem Heiligen Geist, der ihm die Kraft
schenkt, „als inneres Prinzip, die Kraft, die das geistliche Le-
ben des Priesters […] beseelt und leitet“118, jene pastorale Lie-
be zu leben und zu verwirklichen, die ihn priesterlich qualifi-
ziert. Eine pastorale Liebe, die weit davon entfernt ist, auf eine
Gesamtheit von Techniken und Methoden reduziert werden zu
können, die auf die funktionale Wirksamkeit des Dienstes aus-
gerichtet sind. Vielmehr bezieht diese pastorale Liebe sich auf
die der Sendung der Kirche eigene Natur, die auf das Heil der
Menschheit ausgerichtet ist.
Tatsächlich „kann man also das Wesen und die Sendung
des Priestertums des Dienstes nur in diesem vielfältigen und
reichen Zusammenspiel von Beziehungen bestimmen, die aus
der innergöttlichen Trinität kommen und sich in die Gemein-
schaft der Kirche, als Zeichen und Werkzeug in Christus für
die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der gan-
zen Menschheit, hinein fortsetzen“119.
118 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 23.
119 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
51

6.2 Page 52

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„Communio“ mit der Kirche
30. Aus dieser fundamentalen Unio-Communio mit Christus
und mit der Dreifaltigkeit leitet sich für den Priester seine Co-
munio-Beziehung mit der Kirche im Hinblick auf ihr Mysterium
und auf die kirchliche Gemeinschaft ab.120
Konkret verwirklicht sich die Gemeinschaft des Priesters
mit der Kirche in verschiedener Weise. Mit der Priesterweihe
tritt er nämlich in besondere Verbundenheit mit dem Papst, mit
dem Bischofskollegium, mit dem eigenen Bischof, mit den anderen
Priestern und mit den gläubigen Laien.
Hierarchische „Communio“
31. Die Communio als Charakteristikum des Priestertums ist
auf der Einzigkeit des Hauptes, Hirten und Bräutigams der
Kirche, auf Christus, gegründet.121
In solcher Gemeinschaft des Amtes nehmen auch be-
stimmte Bindungen Form an: zuallererst mit dem Papst, dem
Bischofskollegium und dem eigenen Bischof. „Den priesterli-
chen Dienst gibt es nur in Gemeinschaft mit dem Papst und
mit dem Bischofskollegium, besonders mit dem eigenen Diö-
zesanbischof; ihnen muss der Priester ‚den kindlichen Respekt
und den Gehorsam‘ entgegenbringen, den er im Ritus der
Priesterweihe gelobt hat.“122 Es handelt sich also um eine hie-
rarchische Gemeinschaft, d. h. um eine Communio in jener Hie-
rarchie, wie sie eben in ihrem Innern strukturiert ist.
Solche Communio impliziert aufgrund der Teilhabe am ei-
nen Amtspriestertum auf der den Bischöfen – die mit einer
dabo vobis, 12; vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 1.
120 Vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 8.
121 Vgl. HL. AUGUSTINUS, Sermo 46, 30: CCL 41, 555-557.
122 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 28.
52

6.3 Page 53

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„eigenen, ordentlichen und unmittelbaren Gewalt“ bekleidet
sind, „auch wenn ihr Vollzug letztlich von der höchsten kirch-
lichen Autorität geregelt wird“123 – untergeordneten Stufe eine
geistliche und organisch-strukturelle Bindung der Priester an
den gesamten Stand der Bischöfe und an den Papst. Dies wird
durch die Tatsache bestärkt, dass der ganze Stand der Bischöfe
in seiner Gesamtheit und jeder einzelne Bischof in hierarchi-
scher Gemeinschaft mit dem Haupt des Kollegiums sein
muss.124 Dieses Kollegium setzt sich nämlich nur aus geweihten
Bischöfen zusammen, die in hierarchischer Gemeinschaft mit
dem Haupt und seinen Gliedern stehen.
„Communio“ in der Eucharistiefeier
32. Die hierarchische Gemeinschaft findet man im eucha-
ristischen Hochgebet bedeutungsvoll zum Ausdruck gebracht,
wo der Priester für den Papst betet, für die Gemeinschaft der
Bischöfe und für den eigenen Bischof, und damit nicht bloß
ein Gefühl der Verehrung ausdrückt, sondern die Authentizität
seiner Zelebration bezeugt.125
Selbst die Konzelebration unter den vorgesehenen Um-
ständen und Bedingungen126, wenn sie unter dem Vorsitz des
Bischofs stattfindet und unter Mitfeier der Gläubigen, manifes-
tiert gut die Einheit des Priestertums Christi in der Vielheit
seiner Ämter, wie auch die Einheit des Opfers und des Got-
tesvolkes.127 Außerdem trägt sie dazu bei, die Brüderlichkeit
123 II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 27.
124 Vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 22;
Dekret Christus Dominus, 4; CIC, can. 336.
125 Vgl. KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Schreiben
Communionis notio über einige Aspekte der Kirche als Communio, 14.
126 Vgl. CIC, can. 902; KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND
DIE SAKRAMENTENORDNUNG, Decr. part. Promulgato Codice (12. September
1983), II, I, 153: Notitiae 19 (1983), 542.
127 Vgl. Hl. THOMAS VON AQUIN, Summa theol., III, q. 82, a. 2 ad 2; Sent. IV,
53

6.4 Page 54

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des Dienstes unter den Priestern zu stärken.128
„Communio“ in der Ausübung des Dienstes
33. Jeder Priester soll der Person des Heiligen Vaters mit
tiefer, demütiger und kindlicher Liebe und ebensolchem Ge-
horsam verbunden sein und seinem Petrusamt als Lehrer,
Priester und Hirte beispielhaft anhängen.129
Auch ist die Gemeinschaft mit dem eigenen Bischof in der
Haltung eines Sohnes unerläßlich für die wirksame Ausübung
seines Priesteramtes. Erfahrene Seelsorger stellen leicht die
Notwendigkeit fest, jede Art von Subjektivismus in der
Amtsausübung zu vermeiden und sich mitverantwortlich an
die Pastoralpläne zu halten. Solches Zusammenhalten, die das
Vorgehen in Übereinstimmung mit dem Geist des Bischofs be-
inhaltet, ist Ausdruck von Reife und trägt zur Auferbauung je-
ner Einheit der Gemeinschaft bei, die für das Werk der Evan-
gelisierung unerläßlich ist.130
Durch die volle Respektierung der hierarchischen Unter-
ordnung wird der Priester zum Protagonisten einer aufrichti-
gen Beziehung zum eigenen Bischof, die durch ehrliches Ver-
trauen, herzliche Freundschaft, Gebet für seine Person und
seine Anliegen, Suche nach Einvernehmen und Konvergenz in
Ideen und Plänen charakterisiert ist. Überlegte persönliche Ini-
tiative und pastoraler Unternehmungsgeist werden dadurch
nicht beeinträchtigt.131 Im Hinblick auf das eigene geistliche
d. 13, q. 1, a 2, q 2; II. VAT. KONZ., Konstitution Sacrosanctum Concilium, 41, 57.
128 Vgl. HL. RITENKONGREGATION, Instruktion Eucharisticum Mysterium
(25. Mai 1967), 47: AAS 59 (1967), 565-566.
129 Vgl. CIC, can. 273.
130 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 15; JOHANNES
PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis, 65; 79.
131 Hl. IGNATIUS VON ANTIOCHIEN, Ad Ephesios, XX, 1-2: „Wenn der
Herr mir offenbart, dass ihr, jeder einzelne für sich und alle gemeinsam... dem
Bischof und dem Presbyterium in unumstößlicher Ergebenheit herzlich
54

6.5 Page 55

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und pastorale Wachstum und aus Liebe zu seiner Herde sollte
der Priester dankbar die Hinweise des Bischofs oder seiner
Vertreter in bezug auf die Entwicklung seines pastoralen
Dienstes annehmen und diese auch regelmäßig zu erlangen su-
chen. Es ist ebenso eine bewundernswerte Praxis, Priester mit
größerer Erfahrung und qualifizierte Laien um ihre Meinung
hinsichtlich der besten pastoralen Methoden zu bitten.
„Communio“ im Presbyterium
34. Aufgrund des Weihesakramentes „ist jeder Priester mit
den anderen Mitgliedern des Presbyteriums durch besondere
Bande der apostolischen Liebe, des Amtes und der Brüderlich-
keit vereint“132. Er ist ja eingefügt in den Ordo Presbyterorum, der
jene Einheit bildet, die sich als eine wahre Familie verstehen
kann, in der die Bande nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus
der Weihegnade kommen.133
Die Zugehörigkeit zu einem konkreten Presbyterium134 er-
folgt immer im Bereich einer Teilkirche, eines Ordinariates oder
einer Personalprälatur, das heißt innerhalb einer „bischöflichen
Sendung“, nicht nur im Hinblick auf die Inkardination. Das
hindert nicht daran, dass der Priester als Getaufter unmittelbar
zur universalen Kirche gehört: in der Kirche ist niemand ein
verbunden seid, indem ihr das eine Brot brecht, das Arznei der
Unsterblichkeit, Gegengift des Todes ist und vielmehr ervirkt, immer in Jesus
Christus zu leben“: Patres Apostolici, ed. F.X. FUNK, II, 203-205.
132 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 17; vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium,
28; Dekret Presbyterorum Ordinis, 8; CIC, can. 275, § 1.
133 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 74; KONGREGATION FÜR DIE EVANGELISIERUNG DER
VÖLKER, Pastorale Leitlinien für Diözesanpriester in Missionsgebieten, 6.
134 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 8; CIC, cann. 369;
498; 499.
55

6.6 Page 56

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Fremder; die ganze Kirche und jede Diözese ist eine Familie, die
Familie Gottes135.
Priesterliche Brüderlichkeit und Zugehörigkeit zum Pres-
byterium sind also den Priester charakterisierende Elemente.
Besonders bedeutungsvoll ist diesbezüglich in der Priesterwei-
he der Ritus der Handauflegung durch den Bischof, an dem al-
le anwesenden Priester teilnehmen, um sowohl die Teilnahme
an der gleichen Amtsstufe anzuzeigen als auch, dass der Pries-
ter nicht allein agieren kann, sondern immer nur innerhalb des
Presbyteriums, da er Mitbruder all jener wird, die es bilden.136
„Die Bischöfe und Priester empfangen die Sendung und die
Vollmacht [heilige Gewalt], ‚in der Person Christi des Hauptes‘ [in
persona Christi Capitis] zu handeln, die Diakone die Kraft, in
Gemeinschaft mit dem Bischof und seinem Presbyterium dem
Volk Gottes in der ‚Diakonie‘ der Liturgie, des Wortes und der
Liebe zu dienen.“137
Die Inkardination, eine rechtliche Bindung mit spirituellem Wert
35. Die Inkardination in eine bestimmte „Teilkirche
oder Personalprälatur oder ein Institut geweihten Lebens
oder eine Gesellschaft, die diese Befugnis haben“138 bildet
eine echte rechtliche Bindung139, die auch spirituellen Wert
hat, so dass sich von ihr „die Beziehung zum Bischof in
135 Vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 6;
BENEDIKT XVI., Angelus (19. Juni 2005): Insegnamenti I (2005), 255-256;
JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in Africa
(14. September 1995): AAS 88 (1996), 63.
136 Vgl. Pontificale Romanum, De Ordinatione Episcopi, Presbyterorum et
Diaconorum, cap. II, 105; 130; II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 8.
137 Katechismus der Katholischen Kirche, 875.
138 CIC, can. 265.
139 Vgl. JOHANNES PAUL II., Ansprache in der Kathedrale von Quito an die
Bischöfe, Priester, Ordensleute und Seminaristen (29. Januar 1985): Insegnamenti VIII/1
(1985), 247-253.
56

6.7 Page 57

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dem einen Presbyterium, die Teilnahme an seinem Bemü-
hen um die Kirche und die Hingabe an die am Evangelium
orientierte Sorge um das Volk Gottes unter den konkre-
ten Bedingungen von Geschichte und Umwelt“140 ableiten.
In diesem Zusammenhang darf nicht vergessen werden,
dass in die Diözese nicht inkardinierte Weltpriester und solche
Priester, die als Mitglieder einer Ordensgemeinschaft in der
Diözese wohnhaft sind und zu deren Wohl irgendein Amt
ausüben, sehr wohl ihrem legitimen Ordinarius unterstehen,
jedoch voll oder unter anderem Titel dem Presbyterium der
betreffenden Diözese141 angehören, wo „sie aktives und passi-
ves Wahlrecht bei der Bildung des Priesterrates haben“142. Be-
sonders die Priester der Ordensgemeinschaften tragen mit ver-
einten Kräften zum pastoralen Eifer bei, indem sie den Beitrag
spezifischer Charismen anbieten und „durch ihre Anwesenheit
die Teilkirche dazu anspornen, ihre Öffnung nach allen Seiten
intensiver zu leben“143.
Priester schließlich, die einer Diözese inkardiniert, jedoch
einer von der zuständigen kirchlichen Autorität anerkannten
kirchlichen Bewegung oder neuen approbierten Gemein-
schaft144 dienen, sollen sich bewusst sein, dass sie Mitglieder
des Presbyteriums der Diözese sind, wo sie ihren Dienst ver-
richten, und dass sie ehrlich mit ihm zusammenarbeiten sollen.
Seinerseits soll der Bischof der Inkardination das Recht auf ei-
ne eigene Spiritualität, welche das Kirchenrecht allen Gläubi-
gen zuerkennt145, aktiv fördern; den durch die Zugehörigkeit
140 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 31.
141 Vgl. ibid., 17; 74.
142 CIC, can. 498, § 1, 2°.
143 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis., 31.
144 Vgl. ibid., 31; 41; 68.
145 Vgl. CIC, cann. 214-215.
57

6.8 Page 58

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zur Bewegung erforderlichen Lebensstil respektieren und nach
Maßgabe des Rechts bereit sein, dem Priester zu gestatten, sein
Amt in anderen Teilkirchen auszuüben, falls dies zum Charis-
ma der Bewegung gehört146, wobei er sich in jedem Fall dafür
einsetzt, die kirchliche Gemeinschaft zu fördern.
Das Presbyterium als Ort der Heiligung
36. Das Presbyterium ist der privilegierte Ort, wo der
Priester die entsprechenden Mittel zur Ausbildung und For-
mung, zur Heiligung und Evangelisation finden können müsste
und wo er Hilfe erfahren sollte, um besonders heute empfun-
dene menschliche Grenzen und Schwächen zu überwinden.
Er soll sich daher in jeder Weise bemühen, sein eigenes
Priestertum nicht in einer isolierten und subjektivistischen Art
zu leben. Er wird die brüderliche Gemeinschaft zu fördern su-
chen und zwar durch Geben und Nehmen – von Priester zu
Priester –, herzliche Freundschaft, gefühlsmäßige Anteilnahme,
Gastfreundschaft, brüderliche Zurechtweisung147, im Bewusst-
sein, dass die Weihegnade „die menschlichen, psychologischen,
emotionalen, freundschaftlichen und geistlichen Beziehungen
erhebt […] und sich verdeutlicht und konkretisiert in den un-
terschiedlichen Formen gegenseitiger Hilfeleistung, nicht nur
geistlicher, sondern auch materieller Art“148.
All dies wird nicht nur in der Liturgiefeier mit der Weihe
der heiligen Öle – Ausdruck der Gemeinschaft der Priester mit
ihrem Bischof –, sondern auch in der Liturgie der Messe In
Coena Domini am Gründonnerstag deutlich sichtbar, welche
zeigt, wie die Priester aus der eucharistischen Gemeinschaft –
146 Vgl. CIC, can. 271.
147 Vgl. BENEDIKT XVI., Botschaft zur Fastenzeit 2012 (3. November
2011): AAS 104 (2012), 199-204.
148 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 74.
58

6.9 Page 59

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eingesetzt beim Letzten Abendmahl – die Fähigkeit empfan-
gen, einander so zu lieben, wie der Meister sie liebt.149
Brüderlich- priesterliche Freundschaft
37. Der tiefe und kirchliche Sinn des Presbyteriums be-
hindert keinesfalls, sondern erleichtert vielmehr das Wahrneh-
men der persönlichen Verantwortung jedes Priesters in dem
Amt, das ihm vom Bischof anvertraut wurde.150 Die Fähigkeit,
reife und tiefe Freundschaftsbeziehungen zu kultivieren und zu
leben, macht in der Ausübung des Amtes Gelassenheit und
Freude sichtbar. Sie ist entscheidende Unterstützung in
Schwierigkeiten und wertvolle Hilfe beim Wachstum pastoraler
Liebe, die der Priester besonders jenen Mitbrüdern zuwenden
muss, die sich in Schwierigkeiten befinden, Verständnis, Hilfe
und Unterstützung brauchen.151 Die priesterliche Brüderlich-
keit, Ausdruck des Gesetzes der Liebe, ist weit davon entfernt,
sich auf ein bloßes Gefühl zu reduzieren, sondern sie wird für
den Priester existentielles Gedenken Christi und apostolisches
Zeugnis der kirchlichen Gemeinschaft.
„Vita communis“
38. Ein Zeichen solcher Gemeinschaft ist auch die von der
Kirche immer geförderte vita communis152, die von den Doku-
menten des II. Vatikanischen Konzils153 sowie vom anschlie-
149 Vgl. JOHANNES PAUL II., Generalaudienz (4. August 1993), 4:
Insegnamenti XVI/2, 139-140.
150 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 12-14.
151 Vgl. ibid., 8.
152 Vgl. S. AGOSTINO, Sermones 355, 356, De vita et moribus clericorum: PL
39, 1568-1581.
153 Vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 28;
Dekret Presbyterorum Ordinis, 8; Dekret Christus Dominus, 30.
59

6.10 Page 60

▲back to top
ßenden Lehramt154 empfohlen und in nicht wenigen Diözesen
positiv praktiziert wird. „Das Gemeinschaftsleben ist daher
Ausdruck einer Hilfe, die Christus unserem Dasein gewährt,
indem er uns durch die Anwesenheit der Mitbrüder zu einer
immer tieferen Gleichgestaltung mit seiner Person beruft.
Miteinander leben bedeutet, die Notwendigkeit der eigenen
ständigen Umkehr zu akzeptieren und vor allem die Schön-
heit dieses Weges zu entdecken, die Freude der Demut, der
Buße, aber auch des Miteinandersprechens, der gegenseitigen
Vergebung und Unterstützung. Ecce quam bonum et quam iucun-
dum habitare fratres in unum, ‚Seht doch, wie gut und schön ist
es, wenn Brüder miteinander in Eintracht leben‘ (Ps 133,1).“155
Um eines der wichtigsten heutigen Probleme im priesterli-
chen Leben, das heißt die Einsamkeit des Priesters, zu über-
winden, „kann den Priestern nie genug eine gewisse Form des
gemeinsamen Lebens empfohlen werden, die das priesterliche
Amt stärker mit Frömmigkeit erfüllt; ebenso häufige Zusam-
menkünfte zu brüderlichem Gedanken- und Erfahrungsaus-
tausch und mitbrüderlicher Ermunterung; und schließlich die
Förderung von Vereinigungen, die Anregungen zur priesterli-
chen Heiligung bieten“156.
39. Unter ihren verschiedenen Formen (gemeinsames
Haus, Tischgemeinschaft, usw.) muss man die gemeinsame
Teilnahme am liturgischen Gebet157 am höchsten einschätzen.
154 Vgl. KONGREGATION FÜR DIE BISCHÖFE, Direktorium Ecclesiae Imago
(22. Februar 1973), 112; KONGREGATION FÜR DIE BISCHÖFE, Direktorium
Apostolorum Successores für den Hirtendienst der Bischöfe (22. Februar 2004),
LEV, Vatikanstadt 2004, 211; CIC, cann. 280; 245, § 2; 550, § 1; JOHANNES
PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis, 81.
155 BENEDIKT XVI., Audienz für die Priesterbruderschaft der Missionare des
heiligen Karl Borromäus aus Anlass des del XXV. Gründungsjubiläums (12. Februar
2011), “L’Osservatore Romano”, 13. Februar 2011, 8.
156 PAUL VI., Enzyklika Sacerdotalis caelibatus (24. Juni 1967), 80.
157 Vgl. II. VAT. KONZ., Konstitution Sacrosanctum Concilium, 26; 99;
60

7 Pages 61-70

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7.1 Page 61

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Die verschiedenen Modalitäten müssen gemäß den Möglich-
keiten und einer angemessenen Handhabung gefördert werden,
ohne deshalb ebenso lobenswerte Modelle des Ordenslebens
zu kopieren. Besonders sind jene Vereinigungen zu loben, wel-
che die priesterliche Brüderlichkeit fördern sowie die Heiligkeit
in der Ausübung des Dienstes und die Gemeinschaft mit dem
Bischof und mit der ganzen Kirche.158
Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Tatsache, dass die
Priester in der Nähe der Gläubigen wohnen, mit deren Seel-
sorge sie beauftragt sind, ist es zu wünschen, dass Pfarrer dazu
bereit sind, im Pfarrhaus die „vita communis“ mit ihren Pfarr-
vikaren zu fördern159, indem sie diese effektiv als Kooperato-
ren und Teilhaber an der pastoralen Sorge hochachten; ihrer-
seits müssen die Pfarrvikare zum Gelingen der priesterlichen
Gemeinschaft beitragen, indem sie die Autorität des Pfarrers
anerkennen und respektieren.160 In Fällen, wo es nur einen
Pfarrer in einer Gemeinde gibt, wird die Möglichkeit des Zu-
sammenlebens mit anderen Priestern der benachbarten Pfar-
reien sehr empfohlen.161
Vielerorts ist die Erfahrung dieses gemeinsamen Lebens
sehr positiv gewesen, denn es stellte eine echte Hilfe für den
Priester dar: es wird ein familiäres Umfeld geschaffen, man
kann – mit Erlaubnis des Ordinarius162 – eine Kapelle mit dem
Allerheiligsten im Haus haben, man kann gemeinsam beten, etc.
Darüber hinaus kann, wie es die Erfahrung und die Lehre der
Heiligen zeigen, niemand „die regenerierende Kraft des Ge-
meinschaftslebens […] ohne das Gebet, […] ohne ein getreu
Institutio generalis Liturgiae Horarum, 25.
158 Vgl. CIC, can. 278, § 2; JOHANNES PAUL II., Nachsynodales
Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis, 31; 68; 81.
159 Vgl. CIC, can. 550, § 2.
160 Vgl. ibid., can. 545, § 1.
161 Vgl.. ibid., can. 533, § 1.
162 Vgl. ibid., cann. 1226; 1228.
61

7.2 Page 62

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vollzogenes sakramentales Leben empfangen. Wenn man nicht
in den ewigen Dialog eintritt, den der Sohn mit dem Vater im
Heiligen Geist hält, ist kein echtes Gemeinschaftsleben mög-
lich. Man muss mit Jesus sein, um mit den anderen sein zu
können.“163 Viele Priester haben in der Übernahme angemes-
sener Formen des gemeinschaftlichen Lebens eine wichtige
Hilfe sowohl für ihre persönlichen Bedürfnisse als auch für die
Ausübung ihres pastoralen Dienstes gefunden.
40. Das gemeinschaftliche Leben ist Abbild jener apostolica
vivendi forma Jesu und seiner Jünger. Mit dem Geschenk des hei-
ligen Zölibats um des Himmelreiches willen hat der Herr uns
in besonderer Weise zu Mitgliedern seiner Familie gemacht. In
einer stark vom Individualismus gekennzeichneten Gesell-
schaft braucht der Priester tiefere persönliche Beziehungen
und einen von der brüderlichen Freundschaft charakterisierten
Lebensraum, wo er als Christ und Priester leben kann: „Die
gemeinsamen Zeiten des Gebets und der Fortbildung sowie
das Mittragen der Herausforderungen des priesterlichen Le-
bens und Wirkens der Mitbrüder sind ein notwendiger Teil eu-
res Lebens.“164
So wird der Priester in dieser Atmosphäre gegenseitiger
Hilfe ein geeignetes Terrain finden, um in der Berufung im
Dienst der Kirche auszuharren: „In der Gesellschaft Christi
und der Brüder kann jeder Priester die Kräfte finden, die not-
wendig sind, um sich um die Menschen zu kümmern, um sich
der geistlichen und materiellen Bedürfnisse, auf die er trifft,
anzunehmen, um mit immer neuen, von der Liebe diktierten
Worten die ewigen Wahrheiten des Glaubens zu lehren, nach
163 BENEDIKT XVI., Audienz für die Priesterbruderschaft der Missionare des heiligen
Karl Borromäus aus Anlass des XXV. Gründungsjubiläums (12. Februar 2011).
164 BENEDIKT XVI., Predigt in der Vesper (Fatima, 12. Mai 2010): Insegna-
menti VI/1 (2010), 685-688.
62

7.3 Page 63

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denen auch unsere Zeitgenossen dürsten.“165
Im Hohepriesterlichen Gebet beim Letzten Abendmahl
hat Jesus für die Einheit seiner Jünger gebetet: „Wie du, Vater,
in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein“ (Joh
17,21). Jede Gemeinschaft in der Kirche „entspringt der Ein-
heit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“166. Die
Priester sollen übezeugt sein, dass ihre brüderliche Gemein-
schaft, insbesondere im gemeinsamen Leben, ein Zeugnis für
das darstellt, was Jesus in seinem Gebet an den Vater beschrie-
ben hat: die Jünger sollen eins sein, damit „die Welt glaubt,
dass du mich gesandt hast“ (Joh 17,21) und damit sie weiß,
„dass du die Meinen ebenso geliebt hast wie mich“ (Joh 17,23).
„Jesus bittet, dass die priesterliche Gemeinschaft Widerschein
und Teilnahme an der trinitarischen Gemeinschaft sei. Welch
ein hohes Ideal!“167.
„Communio“ mit den gläubigen Laien
41. Als Mensch der Gemeinschaft wird der Priester seine
Liebe zum Herrn und zur Kirche nicht zum Ausdruck bringen
können, ohne sie in eine tatkräftige und bedingungslose Liebe
zum christlichen Volk, dem Objekt seiner pastoralen Sorge,
umzusetzen.168
Wie Christus muss er diese „in der ihm anvertrauten Her-
de gleichsam an sich selbst transparent werden lassen“169, in-
165 BENEDIKT XVI., Audienz für die Priesterbruderschaft der Missionare des
heiligen Karl Borromäus aus Anlass des XXV. Gründungsjubiläums (12. Februar 2011).
166 Hl. ZYPRIANUS, De Oratione Domini, 23: PL 4, 553; vgl. II. VAT.
KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 4.
167 JOHANNES PAUL II., Generalaudienz (4. August 1993), 4: Insegnamenti
XVI/2, 139-140.
168 Vgl. JOHANNES PAUL II., Generalaudienz (7. Juli 1993): Insegnamenti
XVI/2, 34-44; II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 15.
169 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 15.
63

7.4 Page 64

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dem er mit den gläubigen Laien einen positiven und förderli-
chen Umgang pflegt. Deren Würde als Kinder Gottes aner-
kennend, fördert er deren eigene Rolle in der Kirche und dient
ihnen mit seinem gesamten priesterlichen Dienst und mit sei-
ner pastoralen Liebe.170 Diese Haltung der Nächstenliebe ist
weit entfernt von einer Angleichung der Priester an die Laien.
Letztere führt dazu, im Priester gerade das zu verwässern, was
seine Identität darstellt: die Gläubigen erwarten von ihren
Priestern, dass sie als solche erkennbar sind, sowohl äußerlich
als auch in ihrem Inneren, zu jeder Zeit, an jedem Ort und in
jeder Situation. Eine wertvolle Gelegenheit für die Seelsorger,
ihren Evangelisierungsauftrag zu erfüllen, besteht in den tradi-
tionellen jährlichen Hausbesuchen und der Ostersegnung der
Familien.
Besonders zeigt sich diese Dimension beim Aufbau der
christlichen Gemeinde in der Überwindung jeglicher partikula-
ristischer Haltung; denn die Priester dürfen sich niemals in den
Dienst einer besonderen Ideologie stellen, das würde ihrem
Dienst die Wirksamkeit nehmen. Die Beziehung des Priesters
zu den Gläubigen muss stets wesentlich priesterlich sein.
Im Bewusstsein der tiefen Gemeinschaft, die den Priester
mit den gläubigen Laien und den Ordensleuten verbindet, wird
dieser sich alle Mühe geben, um „die Mitverantwortung für die
eine gemeinsame Heilssendung anzuregen und zu entfalten,
mit lebhafter und herzlicher Anerkennung aller Charismen und
Aufgaben, die der Geist den Gläubigen für die Auferbauung
der Kirche schenkt“171.
Konkret wird also der Pfarrer, der immer um das Ge-
meinwohl der Kirche bemüht ist, die Vereinigungen und Be-
170 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 9; CIC, cann. 275,
§ 2; 529, § 2.
171 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis., 74.
64

7.5 Page 65

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wegungen oder neuen Gemeinschaften der Gläubigen mit reli-
giösen Zielsetzungen fördern172, sie alle aufnehmen und ihnen
dabei helfen, untereinander Einheit in den Absichten, im Ge-
bet und im Apostolat zu finden.
Eine Aufgabe, die besondere Aufmerksamkeit erfordert,
ist die Ausbildung der Laien. Der Priester kann sich nicht da-
mit zufriedengeben, dass die Gläubigen eine oberflächliche
Kenntnis vom Glauben haben, sondern er muss sich bemühen,
ihnen eine solide Ausbildung zu vermitteln, insbesondere
durch theologische Vorträge, Kurse über die Glaubenslehre,
vor allem verbunden mit dem Studium des Katechismus der Ka-
tholischen Kirche und seines Kompendiums. Eine solche Bildung
wird den Laien helfen, ihre besondere Rolle ganz zu erfüllen,
die in der Beseelung der zeitlichen (politischen, kulturellen,
wirtschaftlichen, gesellschaftlichen) Wirklichkeiten mit christli-
chem Geist besteht.173 Darüber hinaus können in bestimmten
Fällen den Laien, die eine ausreichende Ausbildung und den
aufrichtigen Wunsch haben, der Kirche zu dienen, in Überein-
stimmung mit den Bestimmungen der Kirche einige Aufgaben
übertragen werden, die nicht exklusiv dem priesterlichen
Dienst zuzurechnen sind und die diese auf der Grundlage ihrer
beruflichen und persönlichen Erfahrung übernehmen können.
So wird der Priester mehr Freiheit haben, seinen vorrangigen
Verpflichtungen mehr Sorgfalt zu widmen, wie der Predigt, der
Feier der Sakramente und der geistlichen Leitung. In dieser
Hinsicht besteht eine wichtige Aufgabe des Pfarrers darin, un-
ter den Gläubigen Personen mit den Fähigkeiten, Tugenden
und einem konsequenten christlichen Leben – zum Beispiel
hinsichtlich der Ehe – zu finden, die ihn in den verschiedenen
pastoralen Aktivitäten wirksam unterstützen können: Vorberei-
tung der Kinder auf die Erstkommunion und die erste Beichte
172 Vgl. CIC, can. 529, § 2.
173 Vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 31.
65

7.6 Page 66

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oder der Jugendlichen auf die Firmung, Familienpastoral, Ka-
techese in den Ehevorbereitungskursen, etc. Zweifelsohne soll-
te die Ausbildung und Formung dieser Personen – die Vorbil-
der für viele andere sind – und die Unterstützung ihres Glau-
bensweges eine Hauptsorge der Priester sein.
Insofern der Priester die Familie Gottes vereint und die
Kirche als Communio verwirklicht, wird der Priester im Be-
wusstsein des großen Geschenks seiner Berufung zum „Ponti-
fex“, der den Menschen mit Gott verbindet und sich zum
Bruder der Menschen macht, gerade indem er ihnen Hirte, Va-
ter und Lehrer sein will.174 Für den heutigen Menschen, der
den Sinn seiner Existenz sucht, ist er guter Hirte und Wegbe-
gleiter zur Christusbegegnung. Diese Begegnung geschieht als
Zusage und als zwar noch nicht endgültige, aber doch schon
gegenwärtige Realität in der Kirche. So wird sich der zum
Dienst am Volk Gottes bestimmte Priester als erfahren in den
Fragen des Menschen erweisen, als ein Mensch der Wahrheit
und der Gemeinschaft sowie als Zeuge der Sorge des einzigen
Hirten für alle und jedes einzelne seiner Schafe. Die Gemeinde
wird mit Sicherheit auf seine Verfügbarkeit zählen können, auf
seine unermüdliche Evangelisierungsarbeit und vor allem auf
seine treue und bedingungslose Liebe. Ausdruck dieser Liebe
wird vor allem seine Hingabe in der Verkündigung, in der Feier
der Sakramente, insbesondere der Eucharistie und des Bußsak-
raments, sein wie auch in der geistlichen Leitung als Hilfe, um
die Zeichen des Willens Gottes zu erkennen.175 Er wird daher
seine geistliche Aufgabe mit Liebenswürdigkeit und Festigkeit
174 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 74; PAUL VI., Enzyklika Ecclesiam suam (6. August 1964), III:
AAS 56 (1964), 647.
175 Vgl. KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Der Priester, Diener der
Göttlichen Barmherzigkeit. Arbeitshilfe für Beichtväter und geistliche Begleiter (9. März
2011): LEV, Vatikanstadt 2011.
66

7.7 Page 67

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ausüben, mit Demut und im Geist des Dienstes176, indem er
mitleidsvoll teilnimmt an den Leiden, die den Menschen auf-
grund verschiedener Formen spiritueller und materieller, alter
und neuer Armut erwachsen. Er wird es auch verstehen, mit
Barmherzigkeit den schweren und tastenden Weg der Bekeh-
rung der Sünder zu begleiten, denen er das Geschenk der
Wahrheit und das geduldige und ermutigende Wohlwollen des
Guten Hirten anbietet, der das verirrte Schaf nicht bestraft,
sondern voller Freude über seine Rückkehr zur Herde auf die
Schultern nimmt (vgl. Lk 15,4-7).177
Es geht darum, die Liebe Christi zu bekräftigen als Ur-
sprung und vollkommene Verwirklichung des neuen Men-
schen (vgl. Eph 2,15), das heißt dessen, was der Mensch in sei-
ner vollen Wahrheit ist. Diese Liebe verwandelt sich im Leben
des Priesters in eine authentische Leidenschaft, die seinem
Dienst ausdrücklich Gestalt verleiht im Hinblick auf die Her-
vorbringung des Gottesvolkes.
„Communio“ mit den Gottgeweihten
42. Besondere Aufmerksamkeit wird er den Brüdern und
Schwestern vorbehalten, die in den verschiedensten Formen
des gottgeweihten Lebens engagiert sind, indem er mit ehrli-
cher Hochachtung und im Geist apostolischer Zusammenar-
beit deren spezifische Charismen respektiert und fördert. Er
wird außerdem dazu beitragen, dass das gottgeweihte Leben
zum Nutzen der ganzen Kirche immer leuchtender erscheint,
sowie immer überzeugender und anziehender für die jungen
Generationen.
Im Sinne solcher Hochschätzung des gottgeweihten Le-
bens, wird sich der Priester besonders um jene Gemeinschaf-
176 Vgl. JOHANNES PAUL II., Generalaudienz (7. Juli 1993): l.c., 34-44.
177 Vgl. CIC, can. 529, § 1.
67

7.8 Page 68

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ten kümmern, die aus verschiedenen Gründen größeren Bedarf
an guter Glaubenslehre, an Hilfestellung und an Ermutigung
zur Treue und zur Förderung von Berufungen haben.
Berufungspastoral
43. Jeder Priester wird sich mit besonderer Hingabe der
Förderung von Berufungen widmen, ohne zu versäumen, das
Gebet um Berufungen anzuregen, sowie in der Katechese, in
der Ausbildung der Ministranten und in sonstigen geeigneten
Initiativen durch persönlichen Kontakt darauf zu achten, dass
Talente entdeckt werden und dass der Wille Gottes im Hin-
blick auf eine mutige Entscheidung für die Nachfolge Christi
erkannt wird.178 Bei dieser Arbeit sind die Familien von grund-
legender Bedeutung: Sie sind die Hauskirchen, wo die jungen
Menschen von klein auf lernen zu beten, in den Tugenden zu
wachsen, großherzig zu sein. Die Priester müssen die christli-
chen Eheleute ermutigen, ihre Familie zu einer wahren Schule
des christlichen Lebens zu machen, zusammen mit ihren Kin-
dern zu beten, Gott zu bitten, einen von ihnen in eine engere
Nachfolge mit ungeteiltem Herzen (vgl. 1Kor 7,32-34) zu beru-
fen, immer mit Freude auf die Berufungen zu reagieren, die in
der eigenen Familie geweckt werden können.
Diese Pastoral muss hauptsächlich auf die Größe der Be-
rufung gegründet sein – göttliche Erwählung im Dienst für die
Menschen: den Jugendlichen muss vor allem das kostbare und
schöne Geschenk vor Augen gestellt werden, das es bedeutet,
Jesus nachzufolgen. Deshalb hat der geweihte Amtsträger hier
eine besonders wichtige Rolle durch das Vorbild seines Glau-
bens und Lebens: das klare Bewusstsein der eigenen Identität,
die Kohärenz des Lebens, offensichtliche Freude und missio-
narischer Eifer des Priesters sind unerlässliche Elemente einer
178 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 11; CIC, can. 233, § 1.
68

7.9 Page 69

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Berufungspastoral, die in eine organische und ordentliche Pas-
toral zu integrieren sind. Deshalb strahlen das freudige Zeugnis
für seine Treue zum Geheimnis Jesu, seine betende Haltung,
die Sorgfalt und Frömmigkeit, mit der er die heilige Messe fei-
ert und die Sakramente spendet, jenes Vorbild aus, das die Ju-
gendlichen fasziniert.
Die lange Erfahrung des kirchlichen Lebens hat darüber
hinaus gezeigt, dass man für die Ausbildung und Formung der
jungen Menschen von klein auf mit Geduld, Ausdauer und
ohne Entmutigung sorgen muss; so werden sie die notwendi-
gen spirituellen Ressourcen haben, um auf eine etwaige Beru-
fung durch Gott zu antworten. In diesem Zusammenhang ist
es unerlässlich – und müsste Teil jeder Berufungspastoral sein
–, bei ihnen das Gebetsleben und die Vertrautheit mit Gott,
den Empfang der Sakramente, insbesondere der Eucharistie
und der Beichte, die geistliche Leitung als Hilfe zum Fort-
schritt im inneren Leben zu fördern. Die Priester werden so in
angemessener und großherziger Weise die Jugendlichen, die
dafür empfänglich zu sein scheinen, zur Frage der persönlichen
Berufung führen. Dieser Einsatz sollte konstant sein, wird sich
aber unter besonderen Umständen verstärken, wie zum Bei-
spiel aus Anlass von Einkehrtagen, der Vorbereitung der Firm-
linge oder der Begleitung der Ministranten.
Mit dem Seminar als Wiege der eigenen Berufung und als
Lernstätte erster Erfahrungen gemeinschaftlichen Lebens, wird
der Priester immer Beziehungen herzlicher Zusammenarbeit
und ehrlicher Fürsorge pflegen.
„Es ist ein unaufhebbares Erfordernis der pastoralen Lie-
be“179, der Liebe zum eigenen Priestertum, dass jeder Priester –
die Gnade des Heiligen Geistes unterstützend – sich bemüht,
Berufungen zum Priestertum zu wecken, die sein Amt im
179 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 74.
69

7.10 Page 70

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Dienst des Herrn und zum Wohl der Menschen fortsetzen
können.
Politischer und sozialer Einsatz
44. Der Priester wird als Diener der Kirche, die sich ihrer
Universalität und ihrer Katholizität wegen an keine historische
Kontingenz binden kann, über jeglichen politischen Parteiun-
gen stehen. Er kann nicht in politischen Parteien oder in der
Führung gewerkschaftlicher Vereinigungen aktiv teilnehmen,
außer es wäre nach Ansicht der zuständigen kirchlichen Auto-
rität für die Verteidigung der Rechte der Kirche oder zur För-
derung des Gemeinwohls erforderlich. 180 Obwohl nämlich die-
se Dinge in sich gut sind, so sind sie doch dem Stand der Kle-
riker nicht angemessen, insofern sie eine schwere Gefahr der
Spaltung der kirchlichen Gemeinschaft darstellen können.181
Wie Jesus (vgl. Joh 6,15ff.) muss der Priester „darauf ver-
zichten, sich in Formen aktiver Politik zu betätigen, vor allem
wenn dies fast unvermeidlich auf nur einer Seite geschieht,
damit er als Mensch aller seine Schlüsselstellung hinsichtlich
spiritueller Brüderlichkeit behalten kann“182. Jeder Gläubige
muss daher jederzeit zum Priester kommen können, ohne sich
jemals aus irgendeinem Grund ausgeschlossen zu fühlen.
Der Priester wird sich daran erinnern, dass es „nicht Sache
der Hirten der Kirche ist, in die politischen Strukturen und in
die Organisation des Gesellschaftslebens direkt einzugreifen.
180 Vgl. CIC, can. 287, § 2; KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Dekret
Quidam Episcopi (8. März 1982), AAS 74 (1982), 642-645.
181 Vgl. KONGREGATION FÜR DIE EVANGELISIERUNG DER VÖLKER,
Pastorale Leitlinien für Priester in Missionsgebieten, 9; KONGREGATION FÜR DEN
KLERUS, Dekret Quidam Episcopi (8. März 1982), l.c., 642-645.
182 JOHANNES PAUL II., Generalaudienz (28. Juli 1993), 3: Insegnamenti
XVI/2, 109-110; vgl. II. VAT. KONZ., Pastorale Konstitution Gaudium et spes,
43; BISCHOFSSYNODE, Dokument über das Amtspriestertum Ultimis temporibus
(30. November 1971), II, I, 2: l.c., 912-913; CIC, cann. 285, § 3; 287, § 1.
70

8 Pages 71-80

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8.1 Page 71

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Diese Aufgabe gehört zur Sendung der gläubigen Laien, die
aus eigenem Ansporn mit ihren Mitbürgern zusammenarbei-
ten.“183 Allerdings wird er nicht versäumen, sich den Kriterien
des Lehramtes folgend „für die rechte Bildung ihres Gewis-
sens“184 einzusetzen. Dem Priester kommt demnach eine be-
sondere Verantwortung zu, die religiösen und sittlichen Wahr-
heiten zu erklären, zu unterstützen und, falls nötig, zu verteidi-
gen – immer den Weisungen des Kirchenrechtes und des
Lehramtes der Kirche folgend. Dies gilt auch gegenüber der
öffentlichen Meinung und, wenn er die notwendige spezifische
Ausbildung besitzt, im weiten Bereich der Massenmedien. In
einer immer mehr säkularisierten Kultur, in der die Religion oft
vernachlässigt und als irrelevant oder illegitim für die gesell-
schaftliche Debatte betrachtet oder höchstens auf den privaten
Bereich der Gewissen beschränkt wird, ist der Priester gerufen,
die öffentliche und gemeinschaftliche Bedeutung des christli-
chen Glaubens zu verteidigen, indem er ihn klar und überzeu-
gend weitergibt, bei jeder Gelegenheit, ob man ihn hören will
oder nicht (vgl. 2 Tim 4,2), und indem er sich auf den reichen
Schatz der Soziallehre der Kirche stützt. Das Kompendium der
Soziallehre der Kirche ist ein wirksames Instrument, das ihm hel-
fen wird, diese Soziallehre darzulegen und im heutigen kultu-
rellen Kontext deren Reichtum aufzuzeigen.
Die Reduktion seiner Sendung auf zeitliche, rein soziale,
politische oder jedenfalls seiner Identität fremde Aufgaben ist
keine Errungenschaft, sondern stellt vielmehr einen schweren
Verlust für die evangeliumsgemäße Fruchtbarkeit der ganzen
Kirche dar.
183 Katechismus der Katholischen Kirche, 2442; CIC, can. 227.
184 BISCHOFSSYNODE, Dokument über das Amtspriestertum Ultimis
temporibus (30. November 1971), II, I, 2.
71

8.2 Page 72

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8.3 Page 73

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II. PRIESTERLICHE SPIRITUALITÄT
Die Spiritualität des Priesters besteht in erster Linie in ei-
ner tiefen Beziehung der Freunschaft zu Christus, denn er ist
gerufen „zu ihm zu kommen“ (vgl. Mk 3,13). In diesem Sinn
wird Jesus im Leben des Priesters immer den Vorrang vor al-
lem anderen haben. Jeder Priester wirkt in einem besonderen
historischen Konzext mit seine verschiedenen Herausforde-
rungen und Bedürfnissen. Gerade deshalb wurzelt die Gewähr-
leistung eines fruchtbaren Dienstes in einem tief innerlichen
geistlichen Leben. Wenn der Priester nicht auf den Primat der
Gnade zählt, wird er nicht auf die Herausforderungen der Zeit
antworten können, und jeder Pastoralplan, so detailliert er auch
ausgearbeitet sein mag, wäre zum Scheitern verurteilt.
2.1. Der historische Kontext der Gegenwart
Die Zeichen der Zeit zu verstehen wissen
45. Leben und Dienst der Priester entwickeln sich immer
im historischen Kontext, in dem die pilgernde Kirche zu leben
hat und der von mal zu mal voll neuer Probleme und unver-
muteter Ressourcen ist.
Das Priestertum erwächst nicht aus der Geschichte, son-
dern aus dem unveränderlichen Willen des Herrn. Allerdings
konfrontiert es sich mit den historischen Umständen und –
obgleich es immer identisch bleibt – gestaltet sich durch die
konkrete Form der Entscheidungen, aber auch durch eine kri-
tische Bezugnahme und eine Suche nach einer dem Evangeli-
um entsprechenden Bewertung der „Zeichen der Zeit“. Aus
diesem Grund haben die Priester die Pflicht, solche „Zeichen“
im Licht des Glaubens zu interpretieren und sie einer klugen
Unterscheidung zu unterziehen. Jedenfalls können sie diese
nicht ignorieren, besonders dann nicht, wenn man das eigene
Leben in wirksamer und passender Weise so orientieren möch-
73

8.4 Page 74

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te, dass Dienst und Zeugnis immer mehr fruchtbar werden für
das Reich Gottes.
In der gegenwärtigen Phase des kirchlichen und gesell-
schaftlichen Lebens – in einem stark vom Säkularismus ge-
kennzeichneten gesellschaftlichen Kontext und nachdem allen
erneut der „hohe Maßstab“ des gewöhnlichen christlichen Le-
bens, nämlich die Heiligkeit, vor Augen gestellt wurde185 – sind
die Priester gerufen, mit ganzer Tiefe ihren Dienst zu leben, als
Zeugen der Hoffnung und der Transzendenz angesichts der
immer tiefgreifenderen, zahlreicheren und schwierigeren nicht
nur pastoralen, sondern auch sozialen und kulturellen Bedürf-
nisse und Nöte, die anzugehen sind.186
Sie sind daher heute in verschiedenen Bereichen des Apos-
tolats engagiert, wo Großzügigkeit und ganze Hingabe, intel-
lektuelle Vorbereitung und vor allem ein reifes und tiefes, in
pastoraler Liebe verwurzeltes geistliches Leben verlangt wird.
Dies ist ihr spezifischer Weg zur Heiligkeit und dies stellt im
Rahmen der pastoralen Tätigkeit einen authentischen Dienst an
den Gläubigen dar. Wenn sie sich bemühen, ihre Weihe ganz zu
leben – indem sie mit Christus vereint bleiben und sich von sei-
nem Geist durchdringen lassen – , werden sie trotz ihrer Gren-
zen ihr Dienstamt verwirklichen können, mit Hilfe der Gnade,
in die sie ihr Vertrauen setzen. Zu ihr müssen sie Zuflucht
nehmen, „in dem Bewusstsein, dass sie so nach der Vollkom-
menheit streben können in der Hoffnung, immer mehr in der
Heiligkeit zu wachsen“187.
185 Vgl. JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Novo millennio
ineunte (6. Januar 2001): AAS 93 (2001), 266-309; BENEDIKT XVI.,
Generalaudienz (13. April 2011), “L’Osservatore Romano”, 14. April 2011, 8.
186 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 5.
187 JOHANNES PAUL II., Generalaudienz (26. Mai 1993): Insegnamenti XVI/1
(1993), 1328-1340.
74

8.5 Page 75

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Die Dringlichkeit der Bekehrung für die Evangelisierung
46. Daraus ergibt sich, dass der Priester in ganz beson-
derer Weise in den Einsatz der gesamten Kirche für die
Evangelisierung einbezogen ist. Ausgehend vom Glauben an
Jesus Christus, den Erlöser des Menschen, hat er die Ge-
währ, dass in Ihm ein „unausschöpflicher Reichtum“ (Eph 3,8)
da ist, den keine Kultur und keine Epoche je aufbrauchen kann
und aus dem die Menschen immer Bereicherung erfahren.188
Daher ist dies die Stunde der Erneuerung unseres Glau-
bens an Jesus Christus, der „gestern, heute und immer“ (Hebr
13,8) derselbe ist. Deshalb ist „der Aufruf zur Neu-Evange-
lisierung zunächst ein Aufruf zur Bekehrung“189. Gleichzeitig
ist es ein Aufruf zur Hoffnung, „die sich auf die Verheißungen
Gottes stützt, auf die Treue zu seinem Wort, und die als un-
umstößliche Gewissheit die Auferstehung Christi hat, seinen
endgültigen Sieg über Sünde und Tod, die erste Botschaft und
Begründung jeder Evangelisierung, das Fundament jeden
menschlichen Fortschritts, das Prinzip jeder authentischen
christlichen Kultur“190.
In diesem Kontext muss der Priester zunächst seinen
Glauben, seine Hoffnung und seine aufrichtige Liebe zum
Herrn verlebendigen, damit er Ihn den Gläubigen und allen
Menschen veranschaulichen kann, wie Er wahrhaft ist: eine le-
bendige Person, faszinierend, uns mehr als alle anderen lie-
bend, weil er sein Leben für uns hingab; „niemand hat eine
größere Liebe als der, der sein Leben hingibt für seine Freun-
de“ (Joh 15,13).
Zugleich sollte der Priester in seinem Wirken von einer
188 Vgl. JOHANNES PAUL II., Eröffnungsansprache zur IV. Vollversammlung
des lateinamerikanischen Episkopats (Santo Domingo, 12-28. Oktober 1992), 24:
AAS 85 (1993), 826.
189 Ibid., 1.
190 Ibid., 25.
75

8.6 Page 76

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aufnahmebereiten und freudigen Haltung beseelt sein, die
Frucht seiner Gottverbundenheit durch Gebet und Opfer ist.
Denn dies ist ein wesentliches Element seines Evangelisie-
rungsauftrags, allen alles zu werden (vgl. 1 Kor 9,19-23), um sie
für Christus zu gewinnen. Ebenso muss er im Bewusstsein der
unverdienten Barmherzigkeit Gottes in seinem eigenen Leben
und in dem seiner Mitbrüder die Tugenden der Demut und der
Barmherzigkeit gegenüber dem ganzen Gottesvolk pflegen,
insbesondere jenen Personen gegenüber, die sich der Kirche
fremd fühlen.
Gleichzeitig wird der Priester als Antwort auf alles Suchen
Jesus Christus verkünden, und zwar im Bewusstsein, dass jeder
Mensch auf verschiedene Weise eine Liebe sucht, die ihn die
engen Grenzen seiner Schwächen, seines Egoismus und
schließlich seines Todes überwinden lassen kann.
Der Priester ist aufgerufen, in der Neu-Evangelisierung ein
Bote der Hoffnung191 zu sein, die auch dem Bewusstsein ent-
springt, dass er selbst als erster vom Herrn berührt wurde: er
lebt in seinem Inneren die Freude des ihm von Jesus geschenk-
ten Heils. Es handelt sich dabei nicht um eine rein intellektuel-
le Hoffnung, sondern auch eine Hoffnung des Herzens, denn
der Priester ist von der Liebe Christi berührt worden: „nicht
ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt“ (Joh
15,16).
Herausforderung durch Sekten und neue Kulte
47. Eine besondere Herausforderung ergibt sich für den
pastoralen Dienst aus der Verbreitung von Sekten und neuen
Kulten, die sich auch unter gläubigen Katholiken ausbreiten.
Dieses Phänomen hat komplexe Ursachen. Jedenfalls wird
vom Dienst der Priester verlangt, auf die Suche nach dem Hei-
191 Vgl. ibid.
76

8.7 Page 77

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ligen und auf die heute besonders stark vorhandene Suche
nach authentischer Spiritualität entsprechend vorbereitet und
gezielt einzugehen. Folglich muss der Priester ein Mann Gottes
und ein Meister des Gebetes sein. Gleichzeitig erscheint es
notwendig, dass die seiner pastoralen Sorge anvertraute Ge-
meinde eine Atmosphäre bietet, wo sich niemand, der zu ihr
gehört, der Anonymität oder auch der Gleichgültigkeit überlas-
sen erfahren muss. Es handelt sich dabei um eine Verantwor-
tung, die sicherlich alle Gläubigen angeht, aber in besonderer
Weise doch den Priester als Mann der Gemeinschaft. Wenn es
der Priester versteht, mit Freundlichkeit und Respekt jeman-
den, der auf ihn zukommt, anzunehmen und als Persönlichkeit
zu schätzen, dann entsteht daraus ein Stil authentischer Liebe,
der sich schrittweise in der ganzen Gemeinde bemerkbar ma-
chen wird.
Um der Herausforderung durch Sekten und neue Kulte zu
begegnen, bedarf es – über den Wunsch des ewigen Heils für
alle Gläubigen hinaus, der im Herzen jedes Priesters schlägt –
besonders einer bewährten und umfassenden Katechese, die
heute von Seiten des Dieners Gottes spezielle Anstrengungen
verlangt, damit alle seine Gläubigen die Bedeutung der christli-
chen Berufung und des katholischen Glaubens wirklich ken-
nenlernen. In diesem Sinne besteht die „einfachste und offen-
sichtlich dringend zu ergreifende Maßnahme, die sich auch als
die wirksamste erweisen könnte, darin, das Beste aus den
Reichtümern des christlichen spirituellen Erbes hervorzuho-
len“192.
Insbesondere müssen die Gläubigen darüber genau unter-
richtet werden, welche Beziehung zwischen ihrer spezifischen
Berufung in Christus und ihrer Zugehörigkeit zu seiner Kirche
192 PÄPSTLICHER RAT FÜR DEN INTERRELIGIÖSEN DIALOG, Dokument
Jesus Christus - Bringer des Wassers des Lebens. Eine christliche Betrachtung zu „New
Age“, § 6.2 (3. Februar 2003): EV 22, 54-137.
77

8.8 Page 78

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besteht, die sie aufrichtig und standhaft lieben sollen. All das
lässt sich verwirklichen, wenn der Priester in seinem Leben
und Dienst alles vermeidet, was Lauheit, Kälte oder bloß selek-
tive Annahme der Lehren und Normen der Kirche zur Folge
haben könnte. Zweifellos wird für alle, die im vielgestaltigen
religiösen Angebot Antworten suchen, „die Faszination des
Christentums vor allem deutlich werden im Zeugnis der Mit-
glieder der Kirche, in ihrem Vertrauen, ihrer Ruhe, Geduld
und Zuneigung sowie in ihrer konkreten Nächstenliebe, alles
Früchte ihres Glaubens, der genährt wird vom echten persön-
lichen Gebet“193.
Licht und Schattenseiten der Dienstausübung
48. Sehr tröstlich ist festzustellen, dass heute Priester aller
Alterstufen in überwiegender Mehrheit mit freudigem Einsatz,
der oft Frucht eines stillen Heroismus ist, ihren heiligen Dienst
ausüben und bis an die Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit
arbeiten, manchmal ohne die Früchte ihrer Arbeit zu sehen.
Durch diesen ihren Einsatz stellen sie heute eine lebendige
Verkündigung jener göttlichen Gnade dar, die im Augenblick
der Priesterweihe gespendet, dauernd neue Kraft zur Dienst-
ausübung schenkt.
Diesem Licht, welches das Leben des Priesters erhellt, feh-
len freilich nicht die Schatten, die dazu neigen, die Schönheit
des Zeugnisses vor der Welt abzuschwächen und die Wirk-
samkeit des Dienstes zu mindern: „In der Welt von heute, in
der die Menschen so vielen Geschäften nachzukommen haben
und von so vielfältigen Problemen bedrängt werden, die oft
nach einer schnellen Lösung verlangen, geraten nicht wenige in
Not, weil sie sich zersplittern. Erst recht können sich Priester,
die von den überaus zahlreichen Verpflichtungen ihres Amtes
193 Ibid.
78

8.9 Page 79

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hin und her gerissen werden, mit bangem Herzen fragen, wie
sie mit ihrer äußeren Tätigkeit noch das innere Leben in Ein-
klang zu bringen vermögen.“194
Der pastorale Dienst ist ein faszinierendes, aber auch
schwieriges Unternehmen, vielfach dem Unverständnis und
der Verdrängung ins Abseits ausgesetzt, und heute vor allem
der Müdigkeit, der Isolation und manchmal der Einsamkeit.
Um gegenüber den Herausforderungen zu bestehen, die
sich für den Priester von der verweltlichten Mentalität her
ständig ergeben, wird er dem spirituellen Leben, dem Sein mit
Christus und dem Leben großmütiger pastoraler Liebe den ab-
soluten Vorrang einräumen, sowie die Gemeinschaft mit allen
und zuallererst mit den anderen Priestern intensivieren. So er-
innerte auch Benedikt XVI. die Priester: „Die Beziehung zu
Christus, der persönliche Dialog mit Christus ist eine grundle-
gende pastorale Priorität, sie ist die Bedingung für unsere Ar-
beit für die anderen! Und das Gebet ist nichts Nebensächli-
ches: Beten ist der ‚Beruf‘ des Priesters, auch stellvertretend für
die Menschen, die nicht wissen, wie man betet, oder die keine
Zeit zum Beten finden.“195
2.2. Mit Christus im Gebet verweilen
Primat des geistlichen Lebens
49. Der Priester wurde in jenem langen Gebet sozusagen
konzipiert, als Jesus zum Vater von seinen Aposteln gesprochen
hat und sicherlich von allen, die im Lauf der Jahrhunderte an
seiner Sendung partizipieren würden (vgl. Lk 6,12; Joh 17,15-
20)196. Auch das ganz auf das priesterliche Golgatha-Opfer
194 II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 14.
195 BENEDIKT XVI., Vigil zum Abschluss des Priesterjahres (10. Juni 2010):
l.c., 397-406.
196 Vgl. BENEDIKT XVI., Predigt in der Chrisam-Messe (9. April 2009): In-
segnamenti V/1 (2009), 578-583.
79

8.10 Page 80

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ausgerichtete Gebet Jesu im Garten von Getsemani (vgl. Mt
26,36-44 par.), zeigt in paradigmatischer Weise, „wie unser
Priestertum zutiefst an das Gebet gebunden sein muss: ver-
wurzelt im Gebet“197.
Aus diesen Gebeten geboren und zur sakramentalen und
unblutigen Erneuerung des von ihnen untrennbaren Opfers
berufen, werden die Priester ihren Dienst lebendig erhalten
durch ein spirituelles Leben, dem sie den absoluten Vorrang
einräumen, indem sie vermeiden, es wegen diverser Aktivitäten
zu vernachlässigen.
Gerade um den pastoralen Dienst fruchtbar gestalten zu
können, braucht der Priester den besonderen und tiefen Ein-
klang mit Christus, dem Guten Hirten, der allein der eigentli-
che Protagonist jeder pastoralen Tätigkeit bleibt: „Darum
bleibt er [Christus] immerfort Ursprung und Quelle für die
Einheit ihres Lebens. Die Priester werden also ihrem Leben
eine einheitliche Linie geben, wenn sie sich mit Christus verei-
nigen im Erkennen des väterlichen Willens und in der Hingabe
für die ihnen anvertraute Herde. Wenn sie so die Rolle des Gu-
ten Hirten übernehmen, werden sie gerade in der Betätigung
der Hirtenliebe das Band der priesterlichen Vollkommenheit
finden, das ihr Leben und ihr Wirken zur Einheit ver-
knüpft.“198
Mittel für das geistliche Leben
50. Unter den tiefen Widersprüchen der relativistischen
Kultur tritt eine Zersplitterung der Persönlichkeit hervor, die
von der Verdunkelung der Wahrheit über den Menschen ver-
ursacht wird. Die Gefahr eines Dualismus im Leben des Pries-
ters ist immer gegeben.
197 JOHANNES PAUL II., Brief an die ‘Priester zum Gründonnerstag (13. April
1987): AAS 79 (1987), 1285-1295.
198 II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 14.
80

9 Pages 81-90

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9.1 Page 81

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Ein solches spirituelles Leben muss in der Existenz jedes
Priesters inkarniert werden, sowohl durch die Liturgie und
durch das persönliche Gebet als auch durch entsprechenden
Lebensstil und durch Praxis der christlichen Tugenden, die
zum Gelingen des priesterlichen Dienstes beitragen. Christus
gleichförmig zu werden verlangt vom Priester, eine Atmosphä-
re der Freundschaft mit Jesus, dem Herrn, zu pflegen, indem
er eine Erfahrung der persönlichen Begegnung mit ihm macht
und indem er sich in den Dienst der Kirche stellt, die sein Leib
ist und die der Priester offensichtlich liebt, indem er treu und
unermüdlich seine Pflichten im pastoralen Dienst erfüllt.199
Daher darf im Gebetsleben des Priesters folgendes nie-
mals fehlen: die tägliche Eucharistiefeier200 mit geeigneter Vor-
bereitung und anschließender Danksagung; die häufige Beich-
te201 und die bereits im Seminar und häufig schon vorher prakti-
zierte Seelenführung202; die vollständige und eifrige Feier des
Stundengebetes203, wozu er täglich angehalten ist204; die Gewis-
senserforschung205; das betrachtende Gebet im engeren Sinn206;
199 Vgl. CIC, can. 276, § 2, 1°.
200 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 5; 18; JOHANNES
PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis, 23; 26; 38;
46; 48; CIC, cann. 246, § 1; 276, § 2, 2°.
201 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 5; 18; CIC, cann.
246, § 4; 276, § 2, 5°; JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches
Schreiben Pastores dabo vobis, 26; 48.
202 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 18; CIC, can. 239;
JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis,
40; 50; 81.
203 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 18 CIC, cann. 246,
§ 2; 276, § 2, 3°; JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 26; 72; KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE
SAKRAMENTENORDNUNG, Antworten Celebratio integra auf Fragen hinsichtlich
der Verpflichtung zum Stundengebet (15. November 2000), in Notitiae 37 (2001),
190-194.
204 Vgl. CIC, can., 1174, § 1.
205 II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 18; JOHANNES PAUL II.,
81

9.2 Page 82

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die lectio divina207, die ausgedehnten Zeiten des Schweigens und
des Gesprächs, vor allem in den Exerzitien und in regelmäßi-
gen Einkehrtagen208; die kostbaren Ausdrucksformen mariani-
scher Frömmigkeit, wie der Rosenkranz209; die Via Crucis und
die übrigen Frömmigkeitsübungen210; die fruchtbringende ha-
giographische Lektüre211; etc. Selbstverständlich wird der gute
Nutzen der Zeit aus Liebe zu Gott und zur Kirche es dem
Priester erlauben, leichter ein solides Gebetsleben aufrechtzu-
erhalten. In der Tat ist zu raten, dass der Priester sich mit der
Hilfe seines geistlichen Leiters darum bemühen soll, sich aus-
dauernd an diesen Lebensplan zu halten, der es ihm erlaubt in-
nerlich zu wachsen in einem Kontext, in dem die vielfachen
Anforderungen des Lebens häufig zum Aktivismus verleiten
könnten und dazu, die geistliche Dimension zu vernachlässigen.
Jedes Jahr, während der Chrisam-Messe des Gründonners-
tags, sollen die Priester vor ihrem Bischof und zusammen mit
ihm als Zeichen dauernden Treuebemühens, die in der Pries-
terweihe gegebenen Versprechen erneuern. 212
Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis, 26; 37-38; 47; 51;
53; 72.
206 Vgl. CIC, can. 276, § 2, 5°.
207 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 4; 13; 18;
JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis,
26; 47; 53; 70; 72.
208 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 18; CIC, can. 276, §
2, 4°; JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 80.
209 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis 18; CIC, cann. 246,
§ 3; 276, § 2, 5°. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 36; 38; 45; 82.
210 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 18; JOHANNES
PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis, 26; 37-38;
47; 51; 53; 72.
211 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 18.
212 Vgl. JOHANNES PAUL II., Brief an die Priester zum Gründonnerstag 1979
(8. April 1979), 1: l.c., 394; Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
82

9.3 Page 83

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Die Sorge um das geistliche Leben, das den Feind der Lau-
heit fernhält, muss vom Priester selbst als freudige Pflicht
wahrgenommen werden, aber auch als ein Recht der Gläubi-
gen, die in ihm bewusst oder unbewusst den Mann Gottes su-
chen, den Berater, den Friedensstifter, den treuen und klugen
Freund, den sicheren Begleiter, dem man sich in den härtesten
Augenblicken des Lebens anvertrauen kann, um Trost und Si-
cherheit zu finden213.
Das Lehramt Benedikts XVI. enthält einen sehr bedeu-
tungsvollen Text über den Kampf gegen die geistliche Lauheit,
den auch diejenigen führen müssen, die dem Herrn aufgrund
ihres Amtes näher sind: „Niemand ist seinem Herrn so nahe
wie der Diener, der ins Privateste seines Lebens Zugang hat.
Insofern bedeutet Dienen Nähe, fordert Vertrautheit. Diese
Vertrautheit birgt auch eine Gefahr: Das Heilige, dem wir im-
merfort begegnen, wird uns gewöhnlich. Die Ehrfurcht er-
lischt. Wir spüren durch alle Gewohnheiten hindurch das
Große, Neue, Überraschende nicht mehr, dass Er selber da ist,
zu uns redet, sich uns schenkt. Dieser Gewöhnung ans Große,
der Gleichgültigkeit des Herzens müssen wir immer wieder
entgegentreten, immer neu unsere Armseligkeit erkennen und
die Gnade, die es ist, dass Er sich so in unsere Hände gibt.“214
Das Vorbild des betenden Christus
51. Aufgrund vieler Verpflichtungen, die in hohem Maß
mit der pastoralen Tätigkeit zu tun haben, ist das Leben der
Priester heute mehr denn je einer Reihe von Anforderungen
ausgesetzt, die es in Richtung eines wachsenden Aktivismus
lenken und es manchmal einem frenetischen und überfordern-
dabo vobis, 80.
213 Vgl. POSSIDIUS, Vita Sancti Aurelii Augustini, 31: PL 32, 63-66.
214 BENEDIKT XVI., Predigt in der Chrisam-Messe (20. März 2008): Insegna-
menti IV/1 (2008), 442-446.
83

9.4 Page 84

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den Rhytmus unterwerfen.
Gegenüber solcher „Versuchung“ darf man nicht verges-
sen, dass die erste Absicht Jesu jene war, Apostel um sich zu
sammeln, damit sie „mit ihm seien“ (Mk 3,14).
Der Sohn Gottes selbst wollte uns auch das Zeugnis sei-
nes Gebetes hinterlassen. Tatsächlich präsentieren uns die
Evangelien mit großer Häufigkeit Christus im Gebet: bei der
Offenbarung seiner Sendung durch den Vater (vgl. Lk 3,21-
22), vor der Berufung der Apostel (vgl. Lk 6, 12), in der Dank-
sagung an Gott bei der Brotvermehrung (vgl. Mt 14,19; 15,36;
Mk 6,41; 8,7; Lk 9,16; Joh 6,11), bei der Verklärung auf dem
Berg (vgl. Lk 9,28-29), als er den Taubstummen heilt (vgl. Mk
7,34) und Lazarus erweckt (vgl. Joh 11,41ff.), vor dem Petrus-
bekenntnis (vgl. Lk 9,18), als er die Jünger beten lehrt (vgl. Lk
11,1) und diese dann von der Mission zurückkehren (vgl. Mt
11,25ff.; Lk 10,21ff.), bei der Segnung der Kinder (vgl. Mt
19,13) und beim Gebet für Petrus (vgl. Lk 22,32), etc.
All sein tägliches Tun kam aus dem Gebet. So zog er sich
in die Wüste oder auf den Berg zurück, um zu beten (vgl. Mk
1,35; 6,46; Lk 5,16; Mt 4,1; Mt 14,23), er stand früh am Mor-
gen auf (vgl. Mk 1,35) und verbrachte die ganze Nacht im Ge-
bet mit Gott (vgl. Mt 14,23.25; Mk 6,46.48; Lk 6,12).
Bis ans Ende seines Lebens, beim Letzten Abendmahl
(vgl. Joh 17,1-26), in der Agonie (vgl. Mt 26,36-44) und am
Kreuz (vgl. Lk 23,34.46; Mt 27,46; Mk 15,34), hat der göttliche
Meister gezeigt, dass das Gebet seinen messianischen Dienst
und seinen österlichen Exodus beseelte. Auferweckt vom Tod,
lebt er für immer und betet für uns (vgl. Hebr 7,25)215.
Deshalb hat für den Priester seine persönliche Beziehung
zu Christus fundamentale Priorität: durch eine Fülle der Mo-
mente der Stille und des Gebets, in denen er sein persönliches
215 Vgl. Institutio Generalis Liturgiae Horarum, 3-4; Katechismus der Katholischen
Kirche, 2598-2606.
84

9.5 Page 85

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Verhältnis zum lebendigen Herrn Jesus Christus pflegt und
vertieft. Nach dem Vorbild des heiligen Josef ist das Schweigen
des Priesters „nicht Audruck innerer Leere, sondern im Ge-
genteil der Fülle des Glaubens, den er im Herzen trägt und der
alle seine Gedanken und Handlungen leitet“216. Eine Stille, die
wie die des heiligen Patriarchen, „das Wort Gottes bewahrt,
das er in der Heiligen Schrift kennengelernt hatte“ und dem er
„fortwährend die Ereignisse im Leben Jesu gegenüberstellt;
sein Schweigen ist durchdrungen von beständigem Gebet – ein
Gebet des Lobpreises an den Herrn, der Anbetung seines hei-
ligen Willens und der vollkommenen Hingabe an seine Vorse-
hung“217.
In der Gemeinschaft der Heiligen Familie von Nazaret
steht die Stille Josefs in harmonischer Übereinstimmung mit
der Sammlung Mariens, die den Glaubensgehorsam am voll-
kommensten verwirklicht hat218 und „die alle großen Dinge des
Allmächtigen im Gedächtnis bewahrt und in ihrem Herzen be-
denkt“219.
Auf diese Weise werden die Gläubigen im Priester einen von
der Leidenschaft zu Christus ergriffenen Mann sehen, der das
Feuer Seiner Liebe in sich trägt; ein Mann, der sich von Gott ge-
rufen weiß und von der Liebe zu den Seinen ganz erfüllt ist.
Das Vorbild der betenden Kirche
52. Um der Verpflichtung seines „Mit-Jesus-Seins“ treu zu
bleiben, soll sich der Priester die betende Kirche zum Vorbild
nehmen.
Bei der Weitergabe des Wortes Gottes sei der Priester ein-
216 BENEDIKT XVI., Angelus (18. Dezember 2005): Insegnamenti I (2005),
1003.
217 Ibid.
218 Katechismus der Katholischen Kirche, 144.
219 Ibid., 2599; vgl. Lk 2, 19.51.
85

9.6 Page 86

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gedenk der an ihn am Tag seiner Priesterweihe vom Bischof
gerichteten Mahnung: „Damit mache das Wort zum Gegens-
tand deiner ständigen Betrachtung, glaube immer was du liest,
lehre was du glaubst, verwirkliche im Leben was du lehrst. So
wirst du mit der Glaubenslehre das Volk Gottes nähren und es
mit dem guten Beispiel deines Lebens trösten und unterstüt-
zen. Du wirst mitbauen am Tempel Gottes, der die Kirche ist.“
Ähnliches gilt hinsichtlich der Feier der Sakramente und insbe-
sonders der Eucharistie: „Sei dir daher bewusst, was du tust,
ahme nach, was du vollziehst. Weil du das Mysterium des To-
des und der Auferstehung des Herrn feierst, trage den Tod
Christi in deinem Leib und gehe ein in sein neues Leben.“ Und
schließlich gilt es hinsichtlich der pastoralen Leitung des Got-
tesvolkes, damit es hingeführt wird zum Vater, durch Christus
und im Heiligen Geist: „Damit höre nie auf, den Blick auf
Christus, den Guten Hirten zu richten, der nicht gekommen
ist, sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und jene zu
suchen und zu retten, die verloren waren.“220
Gebet als „communio“
53. Kraft der besonderen Bindung an den Herrn wird der
Priester jene Augenblicke zu bestehen wissen, in denen er sich
mitten unter den Menschen einsam fühlen könnte; und zwar
indem er nachdrücklich sein Sein mit Christus in der Eucharis-
tie erneuert, wahrer Ort der Gegenwart seines Herrn.
Wie Jesus, der im Alleinsein ständig mit dem Vater war
(vgl. Lk 3,21; Mk 1,35), so muss auch der Priester ein Mensch
sein, der in der Sammlung, der Stille, der Einsamkeit die Ge-
meinschaft mit Gott findet221, um dann mit dem heiligen Amb-
220 Pontificale Romanum, De ordinatione Episcopi, Presbyterorum et Diaconorum,
II, 151.
221 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 18;
BISCHOFSSYNODE, Dokument über das Amtspriestertum Ultimis temporibus (30.
November 1971), II, I, 3; JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches
86

9.7 Page 87

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rosius sagen zu können: „Nie bin ich weniger einsam als dann,
wenn ich einsam zu sein scheine.“222
Beim Herrn wird der Priester Kraft und Mittel finden, um
die Menschen wieder Gott anzunähern, um ihren Glauben zu
entfachen und um Einsatz und Mitarbeit zu erreichen.
2.3. Pastorale Liebe
Zeichen der Liebe Christi
54. Die pastorale Liebe, eng verbunden mit der Eucharis-
tie, bildet das innere und dynamische Prinzip, das die vielfälti-
gen und verschiedenen pastoralen Tätigkeiten des Priesters ei-
nen und die Menschen zu einem Leben in der Gnade führen
kann.
Der priesterliche Dienst muss eine Manifestation der Lie-
be Christi sein, deren Einstellungen und Haltungen der Pries-
ter erkennen lassen wird, bis zur eigenen Ganzhingabe für die
Herde, die ihm anvertraut wurde.223 Er wird den Leidenden,
den Kleinen und Schwachen, den Kindern, den Menschen in
Schwierigkeiten, den Ausgegrenzten und Armen besonders
nahe sein und allen die Liebe und Barmherzigkeit des Guten
Hirten bringen.
Die Nachahmung der Hirtenliebe Christi bis zur entspre-
chenden Gestaltung des eigenen Lebens, ist ein Ziel, das vom
Priester ein tiefes eucharistisches Leben sowie Bemühungen
und fortwährende Opfer verlangt, weil diese Liebe nicht im
Improvisieren besteht, noch ein Pausemachen oder ein Ein-
für-allemal-Erreichthaben kennt. Der Diener Christi wird sich
Schreiben Pastores dabo vobis, 46-47; Generalaudienz (2. Juni 1993), 3: Insegnamenti
XVI/1, 1389.
222 „Numquam enim minus solus sum, quam cum solus esse videor”:
Epist. 33 (Maur. 49), 1: CSEL 82, 229.
223 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 14; JOHANNES
PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis, 23.
87

9.8 Page 88

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verpflichtet fühlen, diese Realität immer und überall zu leben
und zu bezeugen, auch wenn er aus Altersgründen von den
pastoralen Aufgaben entbunden ist.
Jenseits des Funktionalismus
55. Die pastorale Liebe läuft vor allem heute Gefahr,
durch den sogenannten Funktionalismus ihres Sinnes entleert zu
werden. Tatsächlich nimmt man nicht selten, auch seitens eini-
ger Priester, den Einfluss einer Mentalität wahr, die irrigerweise
dazu neigt, das Amtspriestertum lediglich auf die funktionalen
Aspekte zu reduzieren. Von Beruf Priester sein, dabei einzelne
Serviceleistungen anbieten und manche Dienste garantieren,
wäre demnach die ganze priesterliche Existenz. Aber der Pries-
ter übt nicht lediglich einen „Beruf“ aus, im Anschluss an den
er dann frei wäre für sich selbst: Eine derart reduzierte Auffas-
sung von Identität und Amt des Priesters riskiert dessen Leben
in Richtung einer Leere zu drängen, die dann oft mit nicht zum
eigenen Amt passenden Lebensformen ausgefüllt wird.
Der Priester, der weiß, dass er Diener Christi und der Kir-
che ist, und der als jemand, der von der Leidenschaft für Chris-
tus ergriffen wurde, mit allen Kräften seines Lebens im Dienst
an Gott und an den Menschen wirkt, wird im Gebet, im Studi-
um und in der geistlichen Lesung die nötige Kraft finden, auch
diese Gefahr zu überwinden.224
2.4. Der Gehorsam
Fundament des Gehorsams
56. Der Gehorsam ist eine Tugend von vorrangiger Wich-
tigkeit und steht in enger Verbindung zur Liebe. Wie der Die-
ner Gottes Paul VI. lehrt, wird das „rechtliche Gehorsamsver-
224 Vgl. CIC, can. 279, § 1.
88

9.9 Page 89

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hältnis […] durch die Hirtenliebe nur noch fester und der Ge-
horsam selbst williger, aufrichtiger und sicherer“225. Das Kreu-
zesopfer Jesu erwarb selbst Wert und Heilsbedeutung auf-
grund seines Gehorsams und seiner Treue zum Willen des Va-
ters. Er war „gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz“
(Phil 2,8). Der Hebräerbrief unterstreicht auch, dass Jesus
„durch sein Leiden Gehorsam gelernt hat“ (Hebr 5,8). Man
kann also sagen, dass der Gehorsam gegenüber dem Vater im
Herzen des Priestertums Christi selbst ist.
Wie für Christus ist auch für den Priester der Gehorsam
Ausdruck der totalen und freudigen Bereitschaft, den Willen
Gottes zu erfüllen. Daher anerkennt der Priester, dass sich die-
ser göttliche Wille auch in den Hinweisen der legitimen Obe-
ren offenbart. Die Verfügbarkeit ihnen gegenüber muss als
wahre Verwirklichung der persönlichen Freiheit verstanden
werden und als Konsequenz einer im Gebet vor dem Ange-
sicht Gottes konstant gereiften Entscheidung. Die Tugend des
Gehorsams, vom Wesen des Sakraments und der hierarchi-
schen Struktur der Kirche her gefordert, wird vom Kleriker
klar versprochen, zunächst bei der Diakonweihe und dann bei
der Priesterweihe. Damit verstärkt der Priester seinen Willen
zur Gemeinschaft und begibt sich so in die Dynamik des Ge-
horsams Christi, der sich zum Knecht gemacht hat, gehorsam
bis zum Tod am Kreuz (vgl. Phil 2,7-8)226.
In der zeitgenössischen Kultur werden die Bedeutung der
Subjektivität und der Autonomie des Individuums als dem
Wesen seiner Würde entsprechend hervorgehoben. Diese an
sich positiven Aspekte nehmen, wenn sie verabsolutiert und
außerhalb des rechtmäßigen Kontextes eingefordert werden,
225 PAUL VI., Enzyklika Sacerdotalis caelibatus (24. Juni 1967), 93.
226 Vgl. ibid., 15; JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches
Schreiben Pastores dabo vobis, 27.
89

9.10 Page 90

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eine negative Bedeutung an.227 Dies kann sich auch im kirchli-
chen Bereich und im Leben des Priesters selbst zeigen, so dass
es in diesem Falle dazu kommt, dass die Aktivitäten, die er
zum Wohl der Gemeinde entwickelt, zu einer rein subjektiven
Angelegenheit reduziert werden.
In Wirklichkeit befindet sich der Priester aufgrund der ei-
gentlichen Natur seines Amtes im Dienst Christi und der Kir-
che. Er wird sich also bereitwillig zeigen, anzunehmen, was
ihm rechtmäßig von den Vorgesetzten aufgetragen ist, und
insbesondere, wenn er nicht legitimerweise gehindert ist, muss
er die ihm von seinem Ordinarius anvertraute Aufgabe akzep-
tieren und treu erfüllen.228
Das Dekret Presbyterorum Ordinis beschreibt die Grundlagen
des priesterlichen Gehorsams ausgehend vom göttlichen Werk,
zu dem sie berufen sind, und verdeutlicht anschließend den
Rahmen, in den dieser Gehorsam einzuordnen ist:
- das Geheiminis der Kirche: Weil „der priesterliche
Dienst ein Dienst der Kirche ist, kann er nur in der hierarchi-
schen Gemeinschaft des ganzen Leibes ausgeübt werden“.229
- die christliche Brüderlichkeit: „Die Hirtenliebe drängt al-
so die Priester dazu, in dieser Gemeinschaft zu handeln und
darum den eigenen Willen gehorsam in den Dienst für Gott
und die Brüder zu stellen, indem sie gläubigen Geistes anneh-
men und ausführen, was der Papst und der eigene Bischof so-
wie andere Vorgesetzte vorschreiben oder nahelegen; gern ge-
ben sie alles hin und sich selbst dazu, in jeglichem Dienst, der
ihnen anvertraut wird, sei er auch gering und ärmlich. Auf die-
se Weise bewahren und stärken sie die notwendige Einheit mit
ihren Mitbrüdern im Amt, vor allem aber mit denjenigen, der
227 Vgl. JOHANNES PAUL II., Enzyklika Veritatis splendor (6. August 1993),
31; 32; 106: AAS 85 (1993), 1158-1159; 1159-1160; 1216.
228 Vgl. CIC, can. 274, § 2.
229 II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 15.
90

10 Pages 91-100

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10.1 Page 91

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der Herr zu sichtbaren Leitern seiner Kirche bestellt hat, und
tragen so zum Aufbau des Leibes Christi bei, der ‚durch jedes
Band der Hilfeleistung‘ wächst.“230.
Hierarchischer Gehorsam
57. Dem Priester obliegt dem Papst und dem eigenen Or-
dinarius gegenüber „die besondere Pflicht der Ehrfurcht und
des Gehorsams“231. Aufgrund der Zugehörigkeit zu einem be-
stimmten Presbyterium ist der Priester sodann dem Dienst in
einer Teilkirche zugeordnet. Das Prinzip und Fundament ihrer
Einheit ist der Bischof232, der dazu über alle für die Ausübung
seines pastoralen Amtes nötige, ordentliche, eigenberechtigte
und unmittelbare Gewalt verfügt.233 Die vom Weihesakrament
geforderte hierarchische Unterordnung findet ihre ekklesiolo-
gisch-strukturelle Verwirklichung in Bezug auf den eigenen Bi-
schof und auf den Papst, der den Primat (principatus) der or-
dentlichen Gewalt über alle Teilkirchen innehat.234
Die Verpflichtung, dem Lehramt in Glaubens- und Sitten-
lehre anzuhangen, ist an alle Funktionen, die der Priester in der
Kirche auszuüben hat, zuinnerst gebunden.235 Dissens in dieser
Hinsicht ist als schwerwiegend anzusehen, weil er unter den
Gläubigen Anstoß und Verwirrung hervorruft. Der Aufruf
zum Ungehorsam, insbesondere in Bezug zum endgültigen
Lehramt der Kirche, ist kein Weg zur Erneuerung der Kir-
230 Ibid.
231 Vgl. CIC, can. 273.
232 Vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 23.
233 Vgl. ibid., 27; CIC, can. 381, § 1.
234 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Christus Dominus, 2; Dogmatische
Konstitution Lumen gentium, 22; CIC, can. 333, § 1.
235 Vgl. zur Professio fidei, CIC, can. 833 sowie KONGREGATION FÜR DIE
GLAUBENSLEHRE, Formel, die für das Glaubensbekenntnis und den Treueeid bei der
Übernahme eines kirchlichen Amtes zu verwenden ist, mit einem Lehrmäßigen Kommentar zur
Schlußformel der Professio fidei (29. Juni 1998): AAS 90 (1998), 542-551.
91

10.2 Page 92

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che.236 Deren unerschöpfliche Lebendigkeit kann nur aus der
Nachfolge des Meisters entspringen, der gehorsam bis zum
Kreuz war und an dessen Sendung sie mitwirkt, erfüllt „von
der Freude des Glaubens, der Radikalität des Gehorsams, der
Dynamik der Hoffnung und der Kraft der Liebe“237.
Niemand ist sich mehr als der Priester der Tatsache be-
wusst, dass die Kirche Normen braucht, die dazu dienen, die
der Kirche anvertrauten Gaben des Heiligen Geistes angemes-
sen zu hüten; da nämlich ihre hierarchische und organische
Struktur sichtbar ist, muss die Ausübung der ihr von Gott
anvertrauten Funktionen, besonders jene der Leitung und
der Sakramentenspendung, entsprechend organisiert sein.238
Als Diener Christi und seiner Kirche macht sich der Pries-
ter großmütig die Aufgabe zu eigen, treu alle einzelnen Nor-
men zu erfüllen, indem er jene Formen einer nach subiektiven
Kriterien bloß teilweisen Einhaltung vermeidet, die Spaltungen
schaffen und mit beträchtlichem pastoralem Schaden Rückwir-
kungen auf die Gläubigen und auf die öffentliche Meinung ha-
ben. In der Tat „verlangen die kanonischen Gesetze naturge-
mäss deren Einhaltung“ und sie erfordern, dass „was vom
Haupt befohlen wird, von den Gliedern ausgeführt werde“ 239.
Indem der Priester der eingesetzten Autorität gehorcht, be-
günstigt er unter anderem die gegenseitige Liebe innerhalb des
Presbyteriums und jene Einheit, die ihr Fundament in der Wahr-
heit hat.
236 Vgl. BENEDIKT XVI., Predigt in der Chrisam-Messe (5. April 2012),
“L'Osservatore Romano”, 6. April 2012, 7.
237 Ibid.
238 Vgl. JOHANNES PAUL II., Apostolische Konstitution Sacrae disciplinae
leges (25. Januar 1983): AAS 75 (1983), Pars II, XIII; Ansprache an die Teilnehmer
des Internationalen Symposiums «Ius in vita et in missione Ecclesiae» (23. April 1993),
“L’Osservatore Romano”, 25. April 1993, 4.
239 Vgl. JOHANNES PAUL II., Apostolische Konstitution Sacrae disciplinae
leges (25. Januar 1983): l.c., Pars II, XIII.
92

10.3 Page 93

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Autorität mit Liebe ausüben
58. Damit die Beobachtung des Gehorsams verwirklicht
und der kirchlichen Gemeinschaft von Nutzen sein kann, müs-
sen jene, die als Autorität eingesetzt sind (alle Ordinarien, die
Ordensoberen, die Moderatoren der Gemeinschaften apostoli-
schen Lebens), neben der nötigen und konstanten persönli-
chen Beispielgebung, mit Liebe das eigene institutionelle Cha-
risma ausüben, indem sie in entsprechender Art und zur rech-
ten Zeit, das Anhangen an jede Disposition im Bereich des
Lehramtes und der Disziplin vorsehen und verlangen.240
Solche Zustimmung ist Quelle der Freiheit, insofern es die
reife Spontaneität des Priesters nicht hindert, sondern stimu-
liert. Er wird es verstehen, eine frohe und ausgeglichene pasto-
rale Haltung an den Tag zu legen, indem er die Harmonie her-
beiführt, in der die persönlichen Züge mit einer Einheit, die
auf höherer Ebene liegt, verschmelzen.
Einhaltung der liturgischen Normen
59. Unter den verschiedenen Aspekten des Problems, die
heute häufig aufgezeigt werden, verdient jener hervorgehoben
zu werden, der die überzeugte Liebe zu den liturgischen Nor-
men und ihre Respektierung betrifft.
Die Liturgie ist Ausübung des Priestertums Christi241, „der
Gipfel, auf den das Tun der Kirche hinstrebt und gleichfalls
die Quelle, aus der alle ihre Tugenden hervorfließen“242. Sie
bildet einen Bereich, wo sich der Priester in besonderer Weise
bewusst sein muss, dass er Amtsträger ist, das heißt Diener,
und dass er der Kirche treu gehorchen muss. „Das Recht, die
heilige Liturgie zu ordnen, steht einzig der Autorität der Kirche
240 Vgl. CIC, cann. 392; 619.
241 Vgl. II. VAT. KONZ., Konstitution Sacrosanctum Concilium, 7.
242 Ibid., 10.
93

10.4 Page 94

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zu. Diese Autorität liegt beim Apostolischen Stuhl und nach
Maßgabe des Rechtes beim Bischof.“243 Deshalb wird der
Priester nach eigenem Gutdünken in dieser Materie nichts hin-
zufügen, wegnehmen oder ändern.244
Dies gilt in besonderer Weise für die Feier der Sakramen-
te, die herausragende Akte Christi und der Kirche sind und die
der Priester in der Person Christi, des Hauptes, und im Namen
der Kirche zum Wohl der Gläubigen spendet.245 Diese haben
ein wahres Recht darauf, an liturgischen Feiern teilzunehmen,
wie sie die Kirche will, und nicht nach dem persönlichen Ge-
schmack des einzelnen Amtsträgers, nach partikularistischen
Ritualen, die nicht approbiert sind, oder nach den Ausdrucks-
weisen einzelner Gruppen, die dazu neigen, sich der Universa-
lität des Volkes Gottes zu verschließen.
Einheit in den Pastoralplänen
60. Es ist notwendig, dass die Priester in der Ausübung ih-
res Dienstes nicht nur an der Erstellung von Pastoralplänen,
die der Bischof in Zusammenarbeit mit dem Priesterrat246 vor-
legt, verantwortungsbewusst mitarbeiten, sondern auch, dass
sie deren praktische Verwirklichung in ihren eigenen Gemein-
den danach ausrichten.
Die der Reife des Priesters entsprechende weise schöpferi-
sche Kraft und der Sinn für Initiative werden so nicht abgetö-
tet, sondern im Gegenteil zum Vorteil der pastoralen Frucht-
barkeit entsprechend gewürdigt. Getrennte Wege auf diesem
Gebiet einzuschlagen, kann effektiv die Schwächung des Wer-
kes der Evangelisierung bedeuten.
243 CIC, can. 838.
244 Vgl. II. VAT. KONZ., Konstitution Sacrosanctum Concilium, 22.
245 Vgl. CIC, can. 846, § 1.
246 Vgl. KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Rundschreiben Omnes
Christifideles (25. Januar 1973), 9: EV 5, 1207-1208.
94

10.5 Page 95

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Bedeutung und Vorschrift der Priesterkleidung
61. In einer säkularisierten und tendentiell materialistischen
Gesellschaft, wo auch äußere Zeichen sakraler und übernatürli-
cher Wirklichkeiten im Schwinden begriffen sind, wird beson-
ders die Notwendigkeit empfunden, dass der Priester – als
Mann Gottes und als Ausspender seiner Geheimnisse – den
Augen der Gemeinde auch durch seine Kleidung als unmiß-
verständliches Zeichen seiner Hingabe und seiner Identität als
Träger eines öffentlichen Amtes zu erkennen sei.247 Der Pries-
ter muss vor allem durch sein Verhalten erkennbar sein, aber
auch durch seine Bekleidung, so dass jedem Gläubigen und
überhaupt jedem Menschen248 seine Identität und seine Zugehö-
rigkeit zu Gott und zur Kirche unmittelbar erkenntlich ist.
Die geistliche Kleidung ist äußeres Zeichen einer inneren
Wirklichkeit: „Denn der Priester gehört nicht mehr sich selbst,
sondern ist durch das empfangene sakramentale Siegel (vgl. Ka-
techismus der Katholischen Kirche, Nr. 1563, 1582) ‚Eigentum‘ Got-
tes. Dieses sein ‚einem Anderen zu gehören‘ muss durch ein
klares Zeugnis für alle erkennbar sein. In seiner Art zu denken,
zu sprechen, die Gegebenheiten der Welt zu beurteilen, zu
dienen und zu lieben, mit den Menschen auch im Priesterge-
wand in Beziehung zu treten, soll der Priester aus seiner sak-
ramentalen Zugehörigkeit, aus seinem tiefsten Wesen prophe-
tische Kraft beziehen.“249
247 JOHANNES PAUL II., Brief an den Kardinalvikar von Rom (8. September
1982): Insegnamenti V/2 (1982), 847-849.
248 Vgl. PAUL VI., Ansprachen an den Klerus (17. Februar 1969; 17. Februar
1972; 10. Februar 1978): AAS 61 (1969), 190; 64 (1972), 223; 70 (1978), 191;
JOHANNES PAUL II., Brief an die Priester zum Gründonnerstag 1979 (8. April 1979),
7: l.c., 403-405; Ansprachen an den Klerus (9. November 1978; 19. April 1979):
Insegnamenti I (1978), 116; II (1979), 929.
249 BENEDIKT XVI., Ansprache an die Teilnehmer eines von der Kongregation für
den Klerus veranstalteten Theologischen Kongresses zum Priesterjahr (12. März 2010).
95

10.6 Page 96

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Aus diesem Grund muss der Kleriker wie auch der Dia-
kon, der Anwärter auf den Presbyterat ist250:
a) den Priestertalar oder „gemäß den von der Bischofs-
konferenz herausgegebenen Normen und gemäß den legitimen
lokalen Gewohnheiten eine schickliche kirchliche Kleidung
tragen“251; sollte dies nicht der Talar sein, muss die Kleidung
verschieden von der Art der Kleidung der Laien und mit der
Würde und Sakralität des Amtes konform sein. Schnitt und
Farbe müssen von der Bischofskonferenz festgelegt werden.
b) wegen ihrer Inkohärenz mit dem Geist solcher Diszip-
lin, können konträre Praktiken nicht als legitime Gewohnhei-
ten252 angesehen werden und müssen von den zuständigen Au-
toritäten abgeschafft werden253.
Abgesehen von ganz außergewöhnlichen Situationen,
kann der Nichtgebrauch der kirchlichen Kleidung seitens des
Klerikers, ein schwaches Bewusstsein für die eigene Identität
als ein ganz dem Dienst der Kirche ergebener Hirte zum Aus-
druck bringen.254
Darüber hinaus ist der Talar – auch in Form, Farbe und
Würdigkeit – besonders angemessen, weil er die Prieser klar
von den Laien unterschiedet und den heiligen Charakter ihres
Dienstes besser verständlich macht, indem er den Priester
250 Vgl. PÄPSTLICHER RAT FÜR DIE INTERPRETATION VON GESETZES-
TEXTEN, Klärungen bezüglich der Verbindlichkeit von Art. 66 des Direktoriums für
Dienst und Leben der Priester (22. Oktober 1994), “Communicationes” 27 (1995),
192-194.
251 CIC, can. 284.
252 Vgl. ibid., can. 24, § 2.
253 Vgl. PAUL VI., Motu Proprio Ecclesiae Sanctae, I, 25, § 2: AAS 58
(1966), 770; KONGREGATION FÜR DIE BISCHÖFE, Rundschreiben an alle
Päpstlichen Vertreter Per venire incontro (27. Januar 1976): EV 5, 1162-1163;
KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE BILDUNGSWESEN, Rundschreiben
The document (6. Januar 1980), “L’Osservatore Romano” suppl., 12. April 1980.
254 Vgl. PAUL VI., Generalaudienz (17. September 1969); Ansprache an den
Klerus (1. März 1973): Insegnamenti VII (1969), 1065; XI (1973), 176.
96

10.7 Page 97

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selbst daran erinnert, dass er in jedem Augenblick Priester ist,
geweiht, um zu dienen, zu lehren, zu leiten und die Seelen zu
heiligen, insbesondere durch die Feier der Sakramente und die
Verkündigung des Wortes Gottes. Den Priestertalar zu tragen
ist außerdem ein Schutz der Armut und der Keuschheit.
2.5. Verkündigung des Wortes
Treue zum Wort
62. Christus hat den Aposteln und der Kirche den Auftrag
zur Verkündigung der Frohbotschaft an alle Menschen anver-
traut.
Die Weitergabe des Glaubens ist, dem Herrn ein Volk zu
bereiten, sie ist Aufdecken, Verkünden und Vertiefen der
christlichen Berufung; d.h. der Ruf Gottes ergeht an jeden
Menschen, dem das Heilsgeheimnis gezeigt wird und damit
gleichzeitig der Platz, den er unter Bezugnahme auf jenes Ge-
heimnis als Sohn im Sohn einnehmen soll.255 Dieser doppelte
Aspekt wird zusammengefasst im Glaubensbekenntnis hervor-
gehoben, das eine der maßgebenden Ausdrucksweisen jenes
Glaubens ist, mit dem die Kirche immer auf den Ruf Gottes
geantwortet hat.256
Nun stellen sich dem priesterlichen Dienst zwei notwen-
dige Aufgaben. Da ist zunächst der missionarische Charakter
der Weitergabe des Glaubens. Der Dienst am Wort kann nicht
abstrakt und fern vom Leben der Menschen sein; im Gegen-
teil, er muss auf den Lebenssinn des Menschen, jedes Men-
schen, direkten Bezug nehmen und daher auf die drängendsten
Fragen eingehen, die sich dem menschlichen Gewissen stellen.
Andererseits ist Authentizität erforderlich, sowie Konfor-
255 Vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Dei Verbum, 5;
Katechismus der Katholischen Kirche, 1-2, 142.
256 Vgl. ibid., 150-152, 185-187.
97

10.8 Page 98

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mität mit dem Glauben der Kirche, welche die Wahrheit über
Gott und über den Menschen bewahrt. Dies muss mit äußers-
tem Verantwortungsbewusstsein geschehen, geht es doch da-
bei um die wichtigsten Fragen nach dem Leben und nach dem
Sinn der Existenz des Menschen.
Für einen fruchtbaren Dienst am Wort wird der Priester in
diesem Kontext den Vorrang des gelebten Zeugnisses berück-
sichtigen, das die Macht der Liebe Gottes entdecken lässt und
sein Wort überzeugend macht. Darüber hinaus wird er die Pre-
digt über das Geheimnis Christi an die Gläubigen, an die
Nicht-Christen und an die Nicht-Glaubenden nicht vernach-
lässigen, ebensowenig wie die Katechese, die eine geordnete
und organische Darlegung der Lehre der Kirche ist, und auch
die Anwendung der geoffenbarten Wahrheit zur Lösung kon-
kreter Fälle.257
Das Bewusstsein der absoluten Notwendigkeit, dem Wort
Gottes und der Tradition treu zu sein und ihnen verankert zu
„bleiben“, um wahrhaft Jünger Christi zu sein und die Wahr-
heit zu erkennen (vgl. Joh 8,31-32), hat die Geschichte der
priesterlichen Spiritualität immer begleitet. Dies wurde auch
vom II. Vatikanischen Konzil maßgeblich bekräftigt.258 Darin
erweist sich die Nützlichkeit „der altbewährten Praxis der lectio
divina, der ‚geistlichen Lesung‘ der Heiligen Schrift […]. Sie be-
steht darin, sich lange mit einem Bibeltext zu beschäftigen, ihn
wieder und wieder zu lesen, gleichsam um ihn ‚wiederzukäuen‘,
wie die Kirchenväter sagen, und um sozusagen seinen ganzen
‚Saft‘ herauszupressen, damit er die Meditation und Betrach-
tung nähre und das konkrete Leben gewissermaßen bewässe-
re.“259
257 Vgl. JOHANNES PAUL II., Generalaudienz (21. April 1993), 6: Insegna-
menti XVI/1 (1993), 936-947.
258 Vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Dei Verbum, 25.
259 BENEDIKT XVI., Angelus (6. November 2005): Insegnamenti I/1 (2005),
98

10.9 Page 99

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Besonders die zeitgenössische Gesellschaft, die in vielen
Ländern vom theoretischen und praktischen Materialismus,
von Subjektivismus und kulturellem Relativismus gekenn-
zeichnet ist, hat es nötig, dass ihr das Evangelium als „die
Macht Gottes, die jene retten kann, die glauben“ (vgl. Röm 1,6),
angeboten wird. Die Priester, eingedenk dessen, dass „der
Glaube vom Hören kommt, vom Hören auf das Wort Christi“
(Röm 10,17), werden alle ihre Energien aufbringen, um dieser
Mission, die in ihrem Dienst vorrangig ist, zu entsprechen. Sie
sind ja nicht nur Zeugen, sondern auch Verkünder und Über-
lieferer des Glaubens.260
Dieser Dienst – ausgeübt in der hierarchischen Gemein-
schaft – befähigt sie, mit Autorität den katholischen Glauben
darzulegen und den Glauben im Namen der Kirche zu bezeu-
gen. Denn „das Volk Gottes wird an erster Stelle geeint durch
das Wort des lebendigen Gottes, das man mit Recht vom Pries-
ter verlangt“261.
Um authentisch zu sein, muss das Wort ohne Doppelzün-
gigkeit und ohne jede Verfälschung, sondern als offenes Leh-
ren der Wahrheit vor Gott (vgl. 2 Kor 42) überliefert werden.
Der Priester wird es mit gereifter Verantwortung vermeiden,
die göttliche Botschaft zu verkehren, zu reduzieren, zu verzer-
ren oder zu verwässern. Seine Aufgabe ist nämlich „nicht eine
eigene Weisheit zu lehren, vielmehr das Wort Gottes zu lehren
und alle nachdrücklich zur Bekehrung und zur Heiligkeit ein-
zuladen“262. „Demgemäss müssen seine Worte, Entscheidun-
gen und Haltungen zunehmend eine Transparenz, eine Ver-
kündigung und ein Zeugnis des Evangeliums darstellen. ‚Nur
759-762.
260 Vgl. CIC, cann. 757; 762; 776.
261 II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 4.
262 Ibid.; vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales
Schreiben Pastores dabo vobis, 26.
Apostolisches
99

10.10 Page 100

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wenn er im Wort bleibt, wird der Priester ein vollkommener
Jünger des Herrn werden, wird er die Wahrheit erkennen und
wirklich frei sein‘.“263
Die Predigt kann sich also nicht darauf beschränken, eige-
ne Gedanken mitzuteilen, die persönliche Erfahrung hervor-
zukehren und simple Erklärungen psychologischer264, soziolo-
gischer oder philanthropischer Art anzubieten; genausowenig
kann sie exzessiv in faszinierender Rethorik schwelgen, wie es
in den Massenmedien oft geschieht. Es geht darum, ein Wort
zu verkünden, worüber nicht willkürlich verfügt werden kann,
weil es der Kirche anvertraut ist, damit es gehütet, erforscht
und treu überliefert wird.265 In jedem Fall ist es notwendig,
dass der Priester seine Predigt angemessen vorbereitet durch
Gebet, ernsthaftes Studium auf dem neuesten Stand und das
Bemühen, sie auf die konkrete Situation der Adressaten auszu-
richten. Benedikt XVI. wies dabei auf folgendes hin: „Es er-
scheint angebracht, den Gläubigen – ausgehend vom Drei-
Jahres-Lektionar – wohlbedacht thematische Homilien zu hal-
ten, die im Laufe des liturgischen Jahres die großen Themen
des christlichen Glaubens behandeln und dabei auf das zu-
rückgreifen, was vom Lehramt maßgebend vorgeschlagen wird
in den ‚vier Säulen‘ des Katechismus der Katholischen Kirche und
dem später erschienenen Kompendium: dem Glaubensbekennt-
nis, der Feier des christlichen Mysteriums, dem Leben in Chris-
tus und dem christlichen Gebet.“266 So werden die Homelien,
Katechesen, etc. eine echte Hilfe für die Gläubigen sein kön-
263 BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Verbum
Domini (30. September 2010), 80: AAS 102 (2010), 751-752.
264 Vgl. JOHANNES PAUL II., Generalaudienz (12. Mai 1993): Insegnamenti
XVI/1 (1993), 1194-1204.
265 Vgl. II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Dei Verbum, 10;
JOHANNES PAUL II., Generalaudienz (12. Mai 1993): l.c., 1194-1204.
266 BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Sacramen-
tum caritatis, 46.
100

11 Pages 101-110

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11.1 Page 101

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nen, ihr Leben der Beziehung zu Gott und zu den anderen zu
verbessern.
Wort und Leben
63. Das Bewusstsein der eigenen Sendung als Verkünder
des Evangeliums, als Werkzeug Christi und des Heiligen Geis-
tes, wird immer mehr pastoral konkretisiert werden müssen,
damit der Priester im Licht des Wortes Gottes die verschiede-
nen Situationen und Umfelder, in denen er seinen Dienst aus-
übt, entsprechend beleben kann.
Um wirkungsvoll und glaubhaft sein zu können, ist es da-
her wichtig, dass der Priester – aus der Sicht seines Glaubens
und seines Dienstes – mit konstruktivem kritischem Sinn, die
Ideologien, die Sprache, die kulturellen Verflechtungen und die
Typologien, die von den Massenmedien verbreitet werden und
die weithin Geisteshaltungen konditionieren, zu durchschauen
vermag.
Angeregt vom Apostel, der ausrief: „Weh mir, wenn ich
das Evangelium nicht verkünde!“ (1Kor 9,16), wird er alle jene
Kommunikationsmittel, die ihm die Wissenschaft und die mo-
derne Technik anbieten, zu nützen wissen.
Sicherlich hängt nicht alles von solchen Mitteln oder von
menschlichen Fähigkeiten ab, da ja die göttliche Gnade ihren
Zweck auch unabhängig vom Werk der Menschen erreichen
kann. Aber im Plan Gottes ist die Wortverkündigung norma-
lerweise der privilegierte Weg der Glaubensweitergabe und der
Evangelisierung.
Für die vielen, die heute außerhalb oder fern der Christus-
verkündigung sind, wird der Priester die dramatischen Fragen
besonders dringlich und aktuell empfinden: „Wie sollen sie an
den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Und wie sollen
sie hören, wenn niemand verkündigt?“ (Röm 10,14).
Um auf derartige Fragen zu antworten, wird er sich per-
101

11.2 Page 102

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sönlich verpflichtet fühlen, durch das Studium einer gesunden,
vor allem patristischen Exegese mit der Heiligen Schrift be-
sonders vertraut zu werden, auch durch Meditation nach Me-
thoden, die sich in der spirituellen Tradition der Kirche be-
währt haben, um sich solchermaßen ein von Liebe beseeltes
Verständnis anzueignen.267 Es ist besonders wichtig, zu einer
Pflege dieser persönlichen Beziehung zum Wort Gottes schon
in den Jahren des Priesterseminars hinzuführen, wenn die
Priesteramtskandidaten aufgerufen sind, die Heilige Schrift zu
studieren: „Das Studium der Schrift muss das Geheimnis der
göttlichen Offenbarung stärker zu Bewusstsein bringen und
gegenüber dem Herrn, der spricht, eine Haltung betender
Antwort erwecken. Andererseits lässt auch ein echtes Gebets-
leben in der Seele des Kandidaten von selbst den Wunsch
wachsen, den Gott, der sich in seinem Wort als unendliche
Liebe offenbart hat, immer besser kennenzulernen.“268
64. Deshalb wird der Priester die Pflicht spüren, der lang-
und kurzfristigen Vorbereitung der liturgischen Homilie be-
sondere Aufmerksamkeit zu widmen, hinsichtlich der Inhalte,
indem er die von der Liturgie vorgegebenen Texte, vor allem
das Evangelium, nachklingen lässt, sowie hinsichtlich der Aus-
gewogenheit zwischen Auslegung und Anwendung, der Päda-
gogik und der Vortragstechnik, bis hin zur guten Diktion, die
Rücksicht nimmt auf die Würde der Sache und der Adressa-
ten.269 „Zu vermeiden sind allgemein gehaltene und abstrakte
Predigten, die die Einfachheit des Wortes Gottes verdunkeln,
ebenso wie nutzlose Abschweifungen, bei denen Gefahr be-
steht, dass sie die Aufmerksamkeit mehr auf den Prediger als
auf den Kernpunkt der Botschaft des Evangeliums lenken. Die
267 Vgl. HL. THOMAS VON AQUIN, Summa theologiae, I, q. 43, a. 5.
268 BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Verbum
Domini (30. September 2010), 82.
269 Vgl. CIC, can. 769.
102

11.3 Page 103

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Gläubigen müssen deutlich erkennen, dass es dem Prediger am
Herzen liegt, Christus aufzuzeigen, der im Mittelpunkt einer
jeden Predigt stehen muss.“270
Wort und Katechese
65. Heutzutage, wo sich in vielen Lebensumfeldern ein re-
ligiöser Analphabetismus verbreitet und die Grundelemente
des Glaubens immer weniger bekannt sind, erweist sich die
Katechese als bedeutsamer Teil des Evangelisierungsauftrags
der Kirche, da sie ein privilegiertes Mittel der Lehre und der
Reifung des Glaubens ist.271
Der Priester trägt als Mitarbeiter und Beauftragter des Bi-
schofs die Verantwortung dafür, die katechetischen Aktivitäten
der ihm anvertrauten Gemeinde anzuregen, zu koordinieren
und zu leiten. Es ist wichtig, dass er es versteht, solche Aktivi-
täten in ein organisches Projekt der Evangelisierung zu integ-
rieren und dabei vor allem die Einmütigkeit der Katechese der
eigenen Gemeinde mit der Person des Bischofs, mit der Orts-
kirche und mit der Gesamtkirche zu garantieren.272
Insbesonders wird er darauf bedacht sein, eine rechte und
angemessene Verantwortung und Mitarbeit hinsichtlich der
Katechese zu erreichen, sei es bei Mitgliedern von Instituten
des geweihten Lebens und von Gemeinschaften apostolischen
Lebens, sei es bei entsprechend vorbereiteten gläubigen Lai-
en273, denen er Anerkennung und Achtung für die katecheti-
sche Aufgabe entgegenbringt.
Spezielles Bemühen wird er für die Grundausbildung und
270 BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Verbum
Domini (30. September 2010), 59.
271 Vgl. JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Catechesi tradendae
(16. Oktober 1979), 18: AAS 71 (1979), 1291-1292.
272 Vgl. CIC, can. 768.
273 Vgl. CIC, cann. 528, § 1 e 776.
103

11.4 Page 104

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für die Weiterbildung der Katecheten aufbringen, sowie für
Vereinigungen und für Bewegungen. Im Rahmen des Mögli-
chen sollte der Priester der Katechet der Katecheten sein, der mit
ihnen eine wahre Gemeinschaft der Jünger des Herrn bildet,
die als Bezugspunkt für die Katechese-Teilnehmer dient. So
wird er sie lehren, dass sich der Dienst am Amt des Lehrens
mit dem Wort Gottes messen muss und nicht an Theorien und
Privatmeinungen: es ist „der Glaube der Kirche, dessen Diener
wir sind“274.
Als Lehrer275 und Erzieher276 des Glaubens wird der Pries-
ter sicherstellen, dass die Katechese überhaupt einen privile-
gierten Teil der christlichen Erziehung in der Familie, im Reli-
gionsunterricht, im Ausbildungswesen der apostolischen Be-
wegungen, etc. darstellt und dass sie alle Kategorien von Gläu-
bigen erreicht: Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senioren.
Darüber hinaus wird er es verstehen, katechetische Lehrinhalte
weiterzugeben, indem er sämtliche Hilfen benützt wie etwa di-
daktische Hilfsmittel und Kommunikationsmittel, die wir-
kungsvoll sein können, damit die Gläubigen entsprechend ih-
rem Verstehenshorizont, ihren Fähigkeiten, ihrem Lebensalter
und ihren praktischen Lebensverhältnissen, in die Lage ver-
setzt werden, die christliche Lehre umfassender zu erfahren
und sie auf geeignete Weise in die Praxis umzusetzen.277
Zu diesem Zweck wird der Priester als hauptsächlichen
Bezugspunkt den Katechismus der Katholischen Kirche und dessen
Kompendium nehmen. Diese Texte stellen nämlich die sichere
und authentische Norm der kirchlichen Lehre dar278, und des-
halb muss man deren Lektüre und Studium ermutigen. Sie
274 BENEDIKT XVI., Predigt in der Chrisam-Messe (5. April 2012): l.c., 7.
275 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 9.
276 Vgl. ibid., 6.
277 Vgl. CIC, can. 779.
278 Vgl. JOHANNES PAUL II., Apostolische Konstitution Fidei Depositum
(11. Oktober 1992): AAS 86 (1992), 113-118.
104

11.5 Page 105

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müssen stets die sichere und unersetzliche Grundlage bilden
für „die Lehre der grundlegenden Glaubensinhalte […], die im
Katechismus der Katholischen Kirche systematisch und organisch zu-
sammengefasst sind“279. Denn, auch daran erinnert uns Bene-
dikt XVI, im Katechismus „leuchtet nämlich der Reichtum der
Lehre auf, die die Kirche in den zweitausend Jahren ihrer Ge-
schichte empfangen, gehütet und dargeboten hat. Von der Hei-
ligen Schrift zu den Kirchenvätern, von den Lehrern der Theo-
logie zu den Heiligen über die Jahrhunderte hin bietet der Kate-
chismus eine bleibende Erinnerung an die vielen Weisen, in de-
nen die Kirche über den Glauben meditiert und Fortschritte in
der Lehre hervorgebracht hat, um den Gläubigen in ihrem
Glaubensleben Sicherheit zu geben.“280
2.6. Das Sakrament der Eucharistie
Das eucharistische Geheimnis
66. Wenn der Dienst am Wort das Grundelement des
priesterlichen Amtes ist, so bildet dessen Herz und vitales
Zentrum ohne Zweifel die Eucharistie, die vor allem die Real-
präsenz des einzigen und ewigen Opfers Christi in der Zeit
ist.281
Als sakramentales Gedenken des Todes und der Auferste-
hung Christi, als reale und wirksame Vergegenwärtigung des
einzigen Erlösungsopfers, als Quelle und Gipfelpunkt des
christlichen Lebens und aller Evangelisierung282, ist die Eucha-
ristie der Anfang, die Mitte und das Ziel des priesterlichen
279 BENEDIKT XVI., Apostolisches Schreiben in Form eines Motu
proprio Porta fidei (11. Oktober 2011), 11: AAS 103 (2011), 730.
280 Ibid.
281 Vgl. JOHANNES PAUL II., Generalaudienz (12. Mai 1993), 3: l.c., 1195-
1196.
282 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 5; BENEDIKT XVI.,
Nachsynodales Apostolisches Schreiben Sacramentum caritatis, 78; 84-88.
105

11.6 Page 106

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Dienstes, denn „alle kirchlichen Dienste und Apostolatswerke
sind eng an die Eucharistie gebunden und auf sie hingeord-
net“283. Geweiht, um das heilige Opfer weiterhin darzubringen,
offenbart der Priester auf augenfällige Weise seine Identität.284
Es gibt nämlich einen engen Zusammenhang zwischen der
Zentralität der Eucharistie, der pastoralen Liebe und der Ein-
heit des Lebens des Priesters285, welcher in ihr entscheidende
Weisungen für den Weg der Heiligkeit erhält, zu der er auf be-
sondere Weise berufen ist.
Wenn der Priester durch den eigenen Dienst, Christus,
dem ewigen Hohenpriester, Intelligenz, Willen, Stimme und
Hände anbietet, damit er dem Vater das sakramentale Opfer
der Erlösung darbringen kann, muss er sich die innere Einstel-
lung des Meisters zu eigen machen und wie Er als Gabe für
seine Brüder leben. Deshalb muss er lernen, sich mit der Op-
fergabe innig zu vereinen, indem er auf dem Opferaltar sein
ganzes Leben als sichtbares Zeichen der freien und zuvor-
kommenden Liebe Gottes darbringt.
Die Eucharistie gut feiern
67. Der Priester ist aufgerufen, das heilige Opfer der Eu-
charistie zu feiern, beständig über desssen Bedeutung nachzu-
283 Ibid.
284 „Sacerdos habet duos actus: unum principalem, supra corpus Christi
verum; et alium secundarium, supra corpus Christi mysticum. Secundus autem
actus dependet a primo, sed non convertitur“ (HL.THOMAS, Summa theologiae,
Suppl., q. 36, a. 2, ad 1).
285 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 5; 13; Hl. JUSTINUS,
Apologia I, 67: PG 6, 429-432; Hl. AUGUSTINUS, In Iohannis Evangelium Tractatus,
26, 13-15: CCL 36, 266-268; BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches
Schreiben Sacramentum caritatis, 80; KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST
UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG, Instruktion Redemptionis Sacramentum über
einige Dinge bezüglich der heiligsten Eucharistie, die einzuhalten und zu
vermeiden sind (25. März 2004), 110: AAS 96 (2004), 581.
106

11.7 Page 107

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denken und sein Leben in eine Eucharistiefeier zu verwandeln,
was in der Liebe zum täglichen Opfer und vor allem in der Er-
füllung der Standespflichten zum Ausdruck kommt. Die Liebe
zum Kreuz führt den Priester dazu, selbst – in Christus – ein
dem Vater wohlgefälliges Opfer zu werden (vgl. Röm 12,1). In
einer hedonistischen Gesellschaft das Kreuz zu lieben erregt
Anstoss, aus der Sicht des Glaubens aber ist es Quelle des in-
neren Lebens. Der Priester muss mit seinem Lebensstil den er-
lösenden Wert des Kreuzes predigen.
Es ist notwendig, an den unersetzlichen Wert zu erinnern,
den die tägliche Zelebration der heiligen Messe – „Quelle und
Höhepunkt“286 des priesterlichen Lebens – für den Priester
hat, auch wenn dafür keine Gläubigen zusammenkommen soll-
ten.287 In diesem Zusammenhang lehrt Benedikt XVI.: „Ge-
meinsam mit den Synodenvätern empfehle ich den Priestern
deshalb ‚die tägliche Feier der heiligen Messe, auch wenn keine
Gläubigen teilnehmen‘. Diese Empfehlung steht zunächst in
Einklang mit dem objektiv unendlichen Wert jeder Eucharis-
tiefeier und hat überdies seinen Beweggrund in ihrer einzigarti-
gen geistlichen Wirkkraft, denn wenn die heilige Messe mit
Aufmerksamkeit und Glauben erlebt wird, ist sie formend im
tiefsten Sinn des Wortes, da sie die Gleichgestaltung mit Chris-
tus fördert und den Priester in seiner Berufung stärkt.“288
Er wird sie als den zentralen Moment des ganzen Tages
und des täglichen Dienstes erleben, als Frucht ehrlicher Sehn-
sucht und als Gelegenheit zur tiefen und wirksamen Begeg-
nung mit Christus. In der Eucharistie lernt der Priester, sich
jeden Tag hinzuschenken, nicht nur in Augenblicken großer
286 II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 11; vgl.
auch das Dekret Presbyterorum Ordinis, 18.
287 Vgl. CIC, can. 904.
288 BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Sacramen-
tum caritatis, 80.
107

11.8 Page 108

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Schwierigkeiten, sondern auch in den kleinen Widrigkeiten des
Alltags. Dieses Lernen spiegelt sich in der Liebe, um sich auf
die Feier des heiligen Opfers vorzubereiten, um es andächtig
und fromm zu feiern, ohne Eile, und dabei sorgfältig die litur-
gischen Normen und Vorschriften zu beachten, damit die
Gläubigen so darin eine echte Katechese sehen können.289
In einer Zivilisation, die immer mehr sensibel ist für die
Kommunikation durch Zeichen und Bilder, wird der Priester
all dem sein Augenmerk schenken, was Schmuck und Sakralität
der Eucharistiefeier erhöhen kann. Es ist wichtig, bei der Eu-
charistiefeier die Eignung und Sauberkeit des Ortes in rechter
Weise zu berücksichtigen, die Architektur des Altares und des
Tabernakels290, die Erhabenheit der liturgischen Gefäße, der
Paramente291, des Gesangs292, der Musik293, das heilige Schwei-
gen294, die Verwendung des Weihrauchs in den festlicheren
Eucharistiefeiern, etc., in der Wiederholung jener liebevollen
Geste Marias gegenüber dem Herrn, als sie „ein Pfund echtes,
kostbares Nardenöl nahm, Jesus die Füße salbte und sie mit ih-
rem Haar trocknete. Das Haus wurde vom Duft des Öls er-
füllt“ (Joh 12,3). All dies sind Elemente, die zu einer besseren
289 Vgl. ibid., 64.
290 Vgl. II. VAT. KONZ., Konstitution Sacrosanctum Concilium, 128;
JOHANNES PAUL II., Enzyklika Ecclesia de Eucharistia (17. April 2003), 49-50:
l.c., 465-467; BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Sacramentum caritatis, 80.
291 Vgl. II. VAT. KONZ., Konstitution Sacrosanctum Concilium, 122-124;
KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTEN-
ORDNUNG, Instruktion Redemptionis Sacramentum (25. März 2004), 121-128: l.c.,
583-585.
292 Vgl. II. VAT. KONZ., Konstitution Sacrosanctum Concilium, 112, 114,
116; JOHANNES PAUL II., Enzyklika Ecclesia de Eucharistia (17. April 2003), 49:
l.c., 465-466; BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Sacramentum caritatis, 42.
293 Vgl. II. VAT. KONZ., Konstitution Sacrosanctum Concilium, 120.
294 Vgl. ibid., 30; BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches
Schreiben Sacramentum caritatis, 55.
108

11.9 Page 109

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Teilnahme am eucharistischen Opfer beitragen können. Zu-
wenig Aufmerksamkeit nämlich für die symbolischen Aspekte
der Liturgie, weiter Auslassungen und Eile, Oberflächlichkeit
und Unordnung, entleeren die Zeichenhaftigkeit und schwä-
chen das Glaubenswachstum.295 Wer schlecht zelebriert, zeigt
damit die Schwachheit seines Glaubens und erzieht andere
nicht zum Glauben. Gut zelebrieren dagegen bildet eine erste
wichtige Katechese über das heilige Opfer.
Insbesondere müssen bei der Eucharistiefeier die liturgi-
schen Normen mit großherziger Treue beachtet werden. „Sie
sind ein konkreter Ausdruck der authentischen Kirchlichkeit
der Eucharistie; das ist ihr tiefster Sinn. Die Liturgie ist niemals
Privatbesitz von irgend jemandem, weder vom Zelebranten
noch von der Gemeinde, in der die Mysterien gefeiert werden.
[…] Auch in unserer Zeit muss der Gehorsam gegenüber den
liturgischen Normen wiederentdeckt und als Spiegel und
Zeugnis der einen und universalen Kirche, die in jeder Eucha-
ristiefeier gegenwärtig wird, geschätzt werden. Der Priester, der
die heilige Messe getreu nach den liturgischen Normen feiert,
und die Gemeinde, die sich diesen Normen anpasst, bekunden
schweigend und doch beredt ihre Liebe zur Kirche.“296
Dann muss sich der Priester, auch wenn er alle seine Ta-
lente in den Dienst der Eucharistiefeier stellt, um sie in der
Mitfeier aller Gläubigen lebendig zu gestalten, an den festgeleg-
ten Ritus halten, gemäss den von den zuständigen Autoritäten
approbierten liturgischen Büchern, ohne Hinzufügungen, ohne
Weglassungen und ohne irgenwelchen Veränderungen.297 So
295 Vgl. CIC, can. 899, § 3.
296 JOHANNES PAUL II., Enzyklika Ecclesia de Eucharistia (17. April 2003),
52. Vgl. KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTEN-
ORDNUNG, Instruktion Redemptionis Sacramentum (25. März 2004).
297 Vgl. II. VAT. KONZ., Konstitution Sacrosanctum Concilium, 22; CIC,
can. 846, § 1; BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Sacramentum caritatis, 40.
109

11.10 Page 110

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wird sein Zelebrieren wirklich ein Zelebrieren der Kirche und
mit der Kirche: Er tut nicht etwas „Eigenes“, sondern er ist
zusammen mit der Kirche im Gespräch mit Gott. Das begüns-
tigt auch eine angemessene aktive Teilnahme der Gläubigen an
der heiligen Liturgie: „Die ars celebrandi ist die beste Bedingung
für die actuosa participatio. Die ars celebrandi entspringt aus dem
treuen Gehorsam gegenüber den liturgischen Normen in ihrer
Vollständigkeit, denn gerade diese Art zu zelebrieren ist es, die
seit zweitausend Jahren das Glaubensleben aller Gläubigen si-
cherstellt, die dazu berufen sind, die Zelebration als Gottes-
volk, als königliches Priestertum, als heiliger Stamm zu erleben
(vgl. 1Petr 2,4-5.9).“298
Die Ordinarien, die Oberen der Institute des geweihten
Lebens und die Moderatoren der Gesellschaften apostolischen
Lebens haben die ernste Pflicht, mit gutem Beispiel voranzu-
gehen und außerdem darüber zu wachen, dass die liturgischen
Normen bezüglich der Eucharistiefeier stets überall von allen
treu befolgt werden.
Zelebrierende und auch konzelebrierende Priester haben
die von den liturgischen Normen vorgeschriebenen heiligen
Gewänder anzulegen.299
Eucharistische Anbetung
68. Die zentrale Stellung der Eucharistie soll nicht nur
durch die würdige Feier des Opfers erkennbar sein, sondern
auch durch häufige Anbetung des Sakraments in solcher Form,
298 BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Sacramen-
tum caritatis, 38.
299 Vgl. CIC, can. 929; Institutio Generalis Missalis Romani (2002), 81; 298;
KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTEN-
ORDNUNG, Instruktion Liturgicae instaurationes (5. September 1970), 8: AAS 62
(1970), 701; Instruktion Redemptionis Sacramentum (25. März 2004), 121-128: l.c.,
583-585.
110

12 Pages 111-120

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12.1 Page 111

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dass der Priester damit der Gemeinde auch Vorbild ist, was
fromme Aufmerksamkeit und eifrige Meditation – wo immer
es möglich ist – vor dem im Tabernakel gegenwärtigen Herrn
betrifft. Es ist zu wünschen, dass mit Gemeindeleitung beauf-
tragte Priester der gemeinschaftlichen Anbetung breiten Raum
geben – zum Beispiel jeden Donnerstag, an den Gebetstagen
um Berufungen, etc. – und dafür sorgen, dass das allerheiligste
Sakrament des Altares auch außerhalb der Messfeier mehr als
jeder andere Ritus und Gestus beachtet und in Ehren gehalten
wird. „Der Glaube und die Liebe zur Eucharistie können nicht
gestatten, dass der im Tabernakel gegenwärtige Christus allein
bleibt.“300 Vom Glaubensvorbild der Hirten angespornt, wer-
den auch die Gläubigen im Laufe der Woche Gelegenheiten
suchen, sich in die Kirche zu begeben, um unseren Herrn an-
zubeten, der im Tabernakel gegenwärtig ist.
Eine privilegierte Zeit der eucharistischen Anbetung kann
die Feier des Stundengebetes sein, die während des Tages die
echte Fortsetzung des Lob- und Dankopfers darstellt, das in
der heiligen Messe sein Zentrum und seinen sakramentalen
Ursprung hat. In der Feier des Stundengebetes ist der mit
Christus vereinte Priester die Stimme der Kirche für die ganze
Welt. Die Feier wird, wenn möglich auch gemeinschaftlich, in
geeigneter Form so erfolgen, dass sie „Interpret und Übertra-
gungsmittel der universalen Stimme ist, die die Herrlichkeit
Gottes besingt und das Heil des Menschen erfleht“301.
300 JOHANNES PAUL II., Generalaudienz (9. Juni 1993), 6: Insegnamenti
XVI/1 (1993), 1469-1461; vgl. Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 48: l.c., 744; Katechismus der Katholischen Kirche, 1418; JOHANNES
PAUL II., Enzyklika Ecclesia de Eucharistia (17. April 2003), 25; KONGREGATION
FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG, Instruktion
Redemptionis Sacramentum (25. März 2004), 134; BENEDIKT XVI., Nachsynodales
Apostolisches Schreiben Sacramentum caritatis, 67-68.
301 JOHANNES PAUL II., Generalaudienz (2. Juni 1993), 5: l.c., 1390-1391;
vgl. II. VAT. KONZ., Konstitution Sacrosanctum Concilium, 99-100.
111

12.2 Page 112

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Beispielhafte Feierlichkeit soll bei diesen Gottesdiensten
von den Kapiteln der Kanoniker beachtet werden.
Man sollte immer dafür sorgen, dass die gemeinschaftliche
oder individuelle Feier mit Liebe und im Sühnegedanken aus-
geführt wird, ohne sie auf eine bloße Pflicht zu reduzieren, die
mechanisch wie eine einfache und hastige Lesung abläuft, ohne
die nötige Aufmerksamkeit für den Sinn des Textes.
Messintentionen
69. „Die Eucharistie ist also ein Opfer, denn sie stellt das
Opfer des Kreuzes dar (und macht es dadurch gegenwärtig), ist
dessen Gedächtnis und wendet dessen Frucht zu.“302Jede Eucha-
ristiefeier vergegenwärtigt das eine, vollkommene und endgül-
tige Opfer Christi, der die Welt am Kreuz ein für allemal geret-
tet hat. Die Eucharistie wird vor allem zur Ehre Gottes gefeiert
und als Danksagung für das Heil der Menschheit. Einer sehr
alten Tradition folgend bitten die Gläubigen den Priester, die
heilige Messe zu feiern, damit sie „zur Vergebung der Sünden
der Lebenden und der Toten dargebracht [wird] und um von
Gott geistliche und zeitliche Wohltaten zu erlangen“303. „Den
Priestern wird eindringlich empfohlen, die Messe […] nach
Meinung der Gläubigen […] zu feiern.“304
Um auf ihre Weise am Opfer des Herrn teilzuhaben, nicht
nur mit der Hingabe ihrer selbst, sondern auch eines Teils ihres
Besitzes, fügen die Gläubigen, die in einer bestimmten Mei-
nung eine heilige Messe applizieren lassen wollen, diesem eine
Spende bei, gewöhnlich eine Geldsumme. Es handelt sich da-
bei in keinster Weise um eine Vergütung, da das eucharistische
Opfer vollkommen umsonst ist. „Aus frommer und kirchlicher
Gesinnung“ wollen die Gläubigen „gleichsam ein gewisses ei-
302 Katechismus der Katholischen Kirche, 1366.
303 Ibid., 1414; vgl. CIC, can. 901.
304 Vgl. CIC, can. 945, § 2.
112

12.3 Page 113

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genes Opfer dem eucharistischen Opfer anschließen, um daran
tätiger teilzunehmen. Auf diese Weise leisten sie für ihren Teil
einen Beitrag zu den Bedürfnissen der Kirche, vor allem zum
Unterhalt ihrer Diener.“305 Das Stipendium für die Feier heili-
ger Messen ist als „eine ausgezeichnete Form des Almosens“
zu betrachten.306
Diesen Brauch „hat die Kirche daher nicht nur gebilligt,
sondern auch gefördert. Denn sie sieht darin ein Zeichen der
Verbundenheit des getauften Menschen mit Christus und auch
des Gläubigen mit dem Priester, der sein Dienstamt zum Bes-
ten des Gläubigen ausübt“307. Die Priester müssen diesen
Brauch demnach durch eine entsprechende Katechese fördern,
indem sie den Gläubigen dessen geistlichen Sinn und dessen
Fruchtbarkeit erläutern. Sie werden selbst Sorge dafür tragen,
die Eucharistie mit einem lebendigen Bewusstsein dafür zu fei-
ern, dass sie in Christus und mit Christus Fürsprecher vor Gott
sind, nicht nur um allgemein das Kreuzesopfer auf das Heil der
Menschheit zu applizieren, sondern auch um dem göttlichen
Wohlwollen die ihnen anvertraute besondere Intention darzu-
bringen. Dies stellt für sie eine herausragende Weise dar, um
aktiv an der Feier des Gedächtnisses des Herrn teilzunehmen.
Die Priester müssen auch davon überzeugt sein, dass „da
die Sache direkt das Allerheiligste Sakrament berührt, auch der
geringste Anschein von Gewinnstreben und mehr noch von
Simonie Ärgernis erregen würde“308. Aus diesem Grund hat die
Kirche diesbezüglich eine genaue Regelung erlassen309 und be-
305 PAUL VI., Motu Proprio Firma in Traditione (13. Juni 1974): AAS 66
(1974), 308.
306 KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Dekret Mos iugiter (22. Februar
1991), art. 7: AAS 83 (1991), 446.
307 PAUL VI., Motu Proprio Firma in Traditione (13. Juni 1974): l.c., 308.
308 KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Dekret Mos iugiter (22. Februar
1991): l.c., 443-446.
309 Vgl. CIC, cann. 945-958.
113

12.4 Page 114

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straft mit einer gerechten Strafe diejenigen, die „unrechtmäßig
aus einem Mess-Stipendium Gewinn ziehen“310. Jeder Priester,
der die Verpflichtung übernommen hat, eine Messe nach Mei-
nung derer, die ein Stipendium gegeben haben, zu feiern, muss
diese Verpflichtung aus Gerechtigkeit erfüllen, indem er so vie-
le Messen appliziert, wie es Meinungen sind.311
Es ist dem Priester nicht erlaubt, eine größere Summe zu
verlangen als die im Dekret von der zuständigen Autorität
festgelegte oder, falls dies nicht der Fall sein sollte, eine den in
der Diözese herrschenden Gewohnheiten entsprechende
Summe. Es ist ihm aber erlaubt, eine geringere Summe als die
festgelegte anzunehmen, und auch eine höhere, wenn sie aus
eigenem Antrieb gegeben wird.312
„Jeder Priester muss genau aufzeichnen, welche Messen er
zu feiern angenommen und welche er gefeiert hat.“313 Der
Pfarrer wie auch der Rektor einer Kirche haben ein besonderes
Buch zu führen, in das sie diese eintragen.314
Man darf nur Stipendien für heilige Messen annehmen, die
innerhalb eines Jahres gefeiert werden können.315 „Priester, die
in großer Zahl Stipendien für Messfeiern nach besonderen
Meinungen erhalten […] und die persönlich im Laufe eines
Jahres den übernommenen Verpflichtungen nicht entsprechen
können, sollen diese nicht zurückweisen und damit die fromme
Absicht der Spender enttäuschen und sie um ihren guten Vor-
satz bringen, sondern sie anderen Priestern (vgl. CIC can. 955)
oder dem eigenen Ordinarius weitergeben (vgl. CIC can. 956).“316
310 Ibid., can. 1385.
311 Vgl. ibid., cann. 948-949; 199, 5°.
312 Vgl. CIC, can. 952.
313 Ibid., can. 955, 4.
314 Vgl. ibid., can. 958, § 1.
315 Vgl. ibid., can. 953.
316 KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Dekret Mos iugiter (22. Februar
1991), art. 5, § 1: l.c., 443-446.
114

12.5 Page 115

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„Wenn die Spender zuvor und ausdrücklich informiert wor-
den sind und in Freiheit zustimmen, dass ihre Gaben mit ande-
ren zur Feier einer einzigen Messe zusammengefasst werden, ist
es erlaubt, mit einer einzigen Messe nach einer ‚kollektiven‘ Mei-
nung den übernommenen Verpflichtungen zu entsprechen. In
diesem Fall müssen notwendig öffentlich Ort und Zeit angege-
ben werden, wo und wann diese Messe gefeiert wird; dies darf
nicht öfter als zweimal wöchentlich geschehen.“317 Sollte diese
Ausnahme vom in Kraft befindlichen Kirchenrecht allzusehr
ausgeweitet werden, würde dies einen tadelnswerten Miss-
brauch darstellen.318
Wenn der Priester mehrmals am Tag zelebriert, behält er
nur das Stipendium für eine Messe und führt die anderen den
vom Ordinarius vorgeschriebenen Zwecken zu.319
Jeder Pfarrer ist „verpflichtet, an allen Sonntagen und ge-
botenen Feiertagen eine Messe für das ihm anvertraute Volk
zu applizieren“.320
2.7. Das Sakrament der Buße
Diener der Versöhnung
70. Die Gabe des Auferstandenen an die Apostel ist der
Heilige Geist zur Vergebung der Sünden: „Empfangt den Hei-
ligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie verge-
ben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verwei-
gert“ (Joh 20,22-23). Christus hat das sakramentale Werk der
Versöhnung des Menschen mit Gott ausschließlich seinen
Aposteln und ihren Nachfolgern anvertraut. Priester sind daher
nach dem Willen Christi die einzigen Ausspender des Sakra-
317 Ibid., art. 2, §§ 1-2, 443-446.
318 Vgl. ibid., art. 2, § 3, 443-446.
319 Vgl. CIC, can. 951.
320 Ibid., can. 534, § 1.
115

12.6 Page 116

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mentes der Versöhnung.321 Sie sind wie Christus gesandt, Sün-
der zur Bekehrung aufzurufen und durch barmherziges Urteil
zum Vater zurückzubringen.
Die sakramentale Versöhnung stellt die Freundschaft mit
Gott Vater wieder her und mit allen seinen Kindern in seiner
Familie, welche die Kirche ist, die damit verjüngt und in allen
ihren Dimensionen auferbaut wird: universal, diözesan, pfarr-
lich.322
Trotz der traurigen Feststellung, dass in den Kulturen un-
serer Zeit der Sinn für die Sünde weithin abhanden gekommen
ist, muss der Priester mit Freude und Hingabe den Dienst der
Gewissensbildung, der Vergebung und des Friedens ausüben.
Deshalb soll er sich gewissermaßen mit dem Sakrament zu
identfizieren wissen und sich in Annahme der Haltung Christi
wie ein guter Samariter über die verwundete Menschheit beu-
gend, das christlich Neue an der heilsamen Dimension der Buße
erkennbar machen, die auf Heilung und Vergebung hinzielt.323
Hingabe im Dienst der Versöhnung
71. Der Priester muss aufgrund seines Amtes324 und auf-
grund seiner sakramentalen Weihe zum Beichthören Zeit und
Energie aufwenden, auch zu festgesetzten Zeiten an bestimm-
ten Tagen.325 Wie die Erfahrung zeigt, kommen die Gläubigen
gerne zum Sakramentenempfang, wenn sie wissen und sehen,
321 Vgl. KONZIL VON TRIENT., Sessio VI, De Iustificatione, c. 14; Sessio
XIV, De Poenitentia, c. 1, 2, 5-7, can. 10; Sessio XXIII, De Ordine, c. 1; II. VAT.
KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 2, 5; CIC, can. 965.
322 Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 1443-1445.
323 Vgl. CIC, cann. 966, § 1; 978, § 1; 981; JOHANNES PAUL II., Ansprache
an die Apostolische Pönitentiarie (27. März 1993): Insegnamenti XVI/1 (1993), 761-
766.
324 Vgl. CIC, can. 986.
325 Vgl. JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben in Form eines
Motu proprio Misericordia Dei (7. April 2002), 1-2: l.c., 455.
116

12.7 Page 117

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dass dafür Priester zur Verfügung stehen. Darüber hinaus soll-
te den einzelnen Gläubigen der Empfang des Sakramentes der
Buße und Versöhnung auch während der Feier der heiligen
Messe erleichtert werden.326 Dies gilt überall, aber vor allem für
die meistbesuchten Kirchen und für die Wallfahrtskirchen, wo
eine brüderliche und verantwortungsvolle Zusammenarbeit mit
Ordensangehörigen und älteren Priestern möglich ist.327
Wir dürfen nicht vergessen, dass „die gläubige und groß-
zügige Bereitschaft der Priester, nach dem Vorbild der großen
Heiligen der Geschichte, vom hl. Jean Marie Vianney und dem
hl. Johannes Bosco, vom hl. Josemaría Escrivá bis zum hl. Pio
da Pietrelcina, vom hl. Giuseppe Cafasso bis zum hl. Leopold
Mandić, Beichte zu hören, uns allen zeigt, dass der Beichtstuhl
ein wirklicher ‚Ort‘ der Heiligung sein kann“328.
Jeder Priester wird sich an die kirchlichen Normen halten,
die den Wert der individuellen Beichte verteidigen und för-
dern, das persönliche umfassende Sündenbekenntnis im direk-
ten Gespräch mit dem Beichthörenden.329 „Das persönliche
326 „Die Ortsordinarien sowie die Pfarrer und Rektoren von Kirchen
und Heiligtümern müssen periodisch überprüfen, dass tatsächlich die
größtmöglichen Erleichterungen für die Beichte der Gläubigen bestehen.
Empfohlen wird insbesondere die sichtbare Anwesenheit der Beichtväter in
den Kultstätten während der vorgesehenen Zeiten, die Anpassung dieser
Zeiten an die reale Lebenssituation der Pönitenten und die spezielle
Bereitschaft dazu, vor den Messfeiern die Beichte abzunehmen und, sofern
andere Priester zur Verfügung stehen, dem Bedürfnis der Gläubigen nach der
Beichte auch während der Messfeier nachzukommen“ (JOHANNES PAUL II.,
Apostolisches Schreiben Misericordia Dei (7. April 2002), 2: l.c., 455.
327 Vgl. KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Rundschreiben an die
Direktoren der Wallfahrtskirchen (15. August 2011), “L’Osservatore Romano”, 12.
August 2011, 7.
328 BENEDIKT XVI., Ansprache an die Teilnehmer eines Kurses der Apostolischen
Pönitentiarie (25. März 2011), “L’Osservatore Romano”, 26. März 2011, 7.
329 Vgl. CIC, can. 960; JOHANNES PAUL II., Enzyklika Redemptor hominis,
20: AAS 64 (1979), 257-324; Apostolisches Schreiben Misericordia Dei (7. April
2002), 3.
117

12.8 Page 118

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und vollständige Bekenntnis und die Absolution bilden den
einzigen ordentlichen Weg, auf dem ein Gläubiger, der sich ei-
ner schweren Sünde bewusst ist, mit Gott und der Kirche ver-
söhnt wird“, und deshalb ist „jeder, dem von Amts wegen die
Seelsorge aufgetragen ist, zur Vorsorge dafür verpflichtet, dass
die Beichten der ihm anvertrauten Gläubigen gehört wer-
den“330. Die Vornahme gemeinschaftlicher Absolutionen ohne
die Einhaltung der geltenden Normen ist als schwerer Miss-
brauch zu betrachten.331
Hinsichtliche des Ortes für die Entgegennahme sakramen-
taler Beichten werden die Normen von der Bischofskonferenz
erlassen; „dabei ist jedoch sicherzustellen, dass sich immer an
offen zugänglichem Ort Beichtstühle befinden, die mit einem
festen Gitter zwischen Pönitent und Beichtvater versehen sind,
damit die Gläubigen, die dies wünschen, frei davon Gebrauch
machen können“332. Der Beichthörende soll das Gewissen des
Pönitenten mit womöglich wenigen, jedoch der konkreten Si-
tuation angepassten Worten erhellen, um derart eine persönli-
che Neuorientieung in Richtung der Bekehrung zu födern und
tiefgründig auf seinen spirituellen Weg einzugehen, auch durch
330 JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Misericordia Dei (7. April
2002), 1.
331 Beichte und gemeinschaftliche Absolution werden nur in den
außergewöhnlichen Fällen und unter den vorgeschriebenen Bedingungen von
den folgenden gültigen Regelungen vorgesehen: vgl. CIC, cann. 961-963;
PAUL VI., Ansprache (20. März 1978): AAS 70 (1978), 328-332; JOHANNES
PAUL II., Ansprache (30. Januar 1981): AAS 73 (1981), 201-204; Nachsynodales
Apostolisches Schreiben Reconciliatio et paenitentia (2. Dezember 1984), 33: AAS
77 (1985), 270; Apostolisches Schreiben Misericordia Dei (7. April 2002), 4-5.
332 CIC, can. 964, § 2. Darüber hinaus kann der Sakramentenspender aus
gerechtem Grund und der Fall von Notwendigkeit ausgeschlossen zu Recht
entscheiden, auch wenn es der Pönitent eventuell anders wünscht, dass die
sakramentale Beichte in einem Beichtstuhl mit einem festen Gitter gehört wird
(Vgl. PÄPSTLICHER RAT FÜR DIE INTERPRETATION VON GESETZESTEXTEN,
Responsio ad propositum dubium: de loco excipiendi sacramentales confessiones: AAS 90
[1998], 711).
118

12.9 Page 119

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Auferlegung einer angemessenen Genugtuung.333 So wird die
Beichte auch als ein Moment der geistlichen Leitung erlebt
werden können.
Jedenfalls wird es der Priester verstehen, die Feier der Ver-
söhnung auf der sakramentalen Ebene zu halten, indem er die
Reue über die Sünden, das Vertrauen in die Gnade anregt, etc.,
und zugleich der Gefahr zu begegnen, sie auf eine bloß psy-
chologische oder einfach formalistische Tätigkeit zu reduzie-
ren.
Dies wird sich unter anderem auch durch treue Einhaltung
der geltenden Disziplin hinsichtlich des Ortes und des Beicht-
stuhls zeigen. „Außerhalb des Beichtstuhls dürfen Beichten
nur aus gerechtem Grund entgegengenommen werden.“334
Beichten als Notwendigkeit
72. Wie jeder Gläubige hat es auch der Priester nötig, die
eigenen Sünden und Schwächen zu beichten. Er weiß als ers-
ter, dass ihn die Praxis dieses Sakraments im Glauben sowie in
der Gottes- und Nächstenliebe stärkt.
Damit unter besten Bedingungen und wirksam die Schön-
heit der Buße gezeigt werden kann, ist es wesentlich, dass der
Diener des Sakramentes ein persönliches Zeugnis bietet und
den anderen Gläubigen in der Erfahrung von Vergebung vo-
rangeht. Dies ist auch die erste Bedingung für eine pastorale
Wiederaufwertung des Sakraments der Versöhnung: in der
häufigen Beichte lernt der Priester, die anderen zu verstehen,
und wird – dem Vorbild der Heiligen folgend – gedrängt, „es
wieder ins Zentrum […][der] pastoralen Sorge zu setzen“335.
333 Vgl. CIC, cann. 978, § 1; 981.
334 Ibid., can. 964; vgl.. JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben
Misericordia Dei (7. April 2002), 9.
335 BENEDIKT XVI., Schreiben zum Beginn des Priesterjahres anlässlich des 150.
“Dies natalis” von Johannes Maria Vianney, 16. Juni 2009.
119

12.10 Page 120

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In diesem Sinn ist es gut, wenn die Gläubigen wissen und
sehen, dass auch ihre Priester regelmäßig beichten gehen.336
„Die ganze priesterliche Existenz würde unweigerlich schwe-
ren Schaden nehmen, wenn man es aus Nachlässigkeit oder
anderen Gründen unterließe, regelmäßig und mit echtem
Glauben und tiefer Frömmigkeit das Bußsakrament zu emp-
fangen. Wenn ein Priester nicht mehr zur Beichte geht oder
nicht gut beichtet, so schlägt sich das sehr schnell in seinem
priesterlichen Leben und Wirken nieder, und auch die Ge-
meinde, deren Hirte er ist, wird dessen bald gewahr.“337
Seelenführung für sich und für andere
73. Parallel zum Sakrament der Versöhnung wird es der
Priester auch am Dienst der Seelenführung338 nicht fehlen lassen.
Die Wiederentdeckung und Verbreitung dieser Praxis, auch zu
anderen als zu den für die Beichte vorgesehenen Zeiten, ist ei-
ne große Wohltat für die Kirche in der gegenwärtigen Zeit.339
Die großzügige und aktive Einstellung der Priester, die sie
praktizieren, ist auch eine wichtige Gelegenheit, Berufungen
zum Priestertum und zu den verschiedenen Formen des ge-
weihten Lebens auszumachen und zu unterstützen.
Um zur Verbesserung ihrer Spiritualität beizutragen, ist es
336 Vgl. CIC, can. 276, § 2, 5°; II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum
Ordinis, 18.
337 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Reconciliatio et paenitentia (2. Dezember 1984), 31; Nachsynodales Apostolisches
Schreiben Pastores dabo vobis, 26.
338 Vgl. BENEDIKT XVI., Botschaft an Kard. James Francis Stafford,
Großpönitentiar, und an die Teilnehmer des XX. Kurses für das Forum internum,
veranstaltet von der Apostolischen Pönitentiarie (12. März 2009): l.c., 374-377;
KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Der Priester, Diener der göttlichen
Barmherzigkeit. Arbeitshilfe für Beichtväter und geistliche Begleiter (9. März 2011), 64-
134.
339 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Reconciliatio et paenitentia (2. Dezember 1984), 32.
120

13 Pages 121-130

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13.1 Page 121

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notwendig, dass die Priester selbst die Seelenführung praktizie-
ren, denn „anhand einer […] geistlichen Begleitung oder Bera-
tung ist es leichter, im Leben eines jeden Menschen das Wirken
des Heiligen Geistes zu erkennen“ 340. Indem sie die Formung
ihrer Seele in die Hände eines weisen Mitbruders – Werkzeug
des Heiligen Geistes – legen, werden sie schon von den ersten
Schritten im Dienst an ein Bewusstsein entwickeln für die
Wichtigkeit, nicht allein die Wege des geistlichen Lebens und
des pastoralen Einsatzes zu gehen. Beim Gebrauch dieses in
der Kirche sosehr erprobten und wirksamen Mittels der geistli-
chen Formung, werden die Priester volle Freiheit in der Wahl
jener Person haben, die sie führen kann.
2.8. Stundengebet
74. Eine grundlegende Weise für den Priester, vor dem
Herrn zu verweilen, ist das Stundengebet: darin beten wir als
Menschen, die einen Dialog mit Gott brauchen, indem wir auch
all denen eine Stimme geben und in ihrem Namen stellvertre-
tend beten, die nicht beten können, es nicht wollen oder keine
Zeit dafür finden.
Das Zweite Ökumenische Vatikanische Konzil weist dar-
auf hin, dass die Gläubigen, „die das vollbringen, eine der Kir-
che obliegende Pflicht erfüllen und zugleich Anteil haben an
der höchsten Ehre der Braut Christi; denn indem sie Gott das
Lob darbringen, stehen sie im Namen der Mutter Kirche vor
dem Throne Gottes“341. Dieses Gebet ist „die Stimme der
Braut, die zum Bräutigam spricht, ja es ist das Gebet, das
Christus vereint mit seinem Leibe an seinen Vater richtet“342.
340 KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Der Priester, Diener der göttlichen
Barmherzigkeit. Arbeitshilfe für Beichtväter und geistliche Begleiter (9. März 2011), 98;
vgl. ibid. 110-111.
341 II. VAT. KONZ., Konstitution Sacrosanctum Concilium, 85.
342 Ibid., 84.
121

13.2 Page 122

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In diesem Sinne lässt der Priester das Gebet Christi, des Pries-
ters, fortdauern und aktualisiert es.
75. Die Verpflichtung, täglich das Brevier (das Stundenge-
bet) zu beten, gehört zu den feierlichen Verpflichtungen, die
bei der Diakonweihe öffentlich übernommen worden sind und
die man nicht ohne schwerwiegenden Grund unterlassen darf.
Es handelt sich um eine Verpflichtung der Liebe, die in allen
Situationen eingehalten werden muss, auch in den Ferien. Der
Priester ist „verpflichtet, täglich alle Horen zu beten“343, das
heißt Laudes und Vesper wie auch die Lesehore, wenigstens
einen Teil der Hora media und die Komplet.
76. Damit die Priester die Bedeutung des Stundengebets
vertiefen können, ist es nicht nur erforderlich „die Stimme mit
dem betenden Herzen in Einklang zu bringen, sondern auch
‚sich eine reichere liturgische und biblische Bildung‘ anzueig-
nen, ‚zumal was die Psalmen betrifft‘“344. So muss das Wort
Gottes verinnerlicht werden, aufmerksam darauf, was der Herr
„mir“ mit diesem Wort sagen will, dann sind die Kommentare
der Kirchenväter oder auch des Zweiten Ökumenischen Vati-
kanischen Konzils zu hören, das Leben der Heiligen oder auch
die Ansprachen des Papstes zu vertiefen, in der zweiten Le-
sung der Lesehore, und mit dieser großen Anrufung zu beten,
die die Psalmen darstellen, durch die wir in das Gebet der Kir-
che eingefügt sind. „In dem Maße, in dem wir diese Struktur
verinnerlicht, sie verstanden und die Worte der Liturgie in uns
aufgenommen haben, können wir eintreten in diesen inneren
Einklang und daher nicht nur als Einzelpersonen mit Gott
sprechen, sondern in das ,Wir‘ der betenden Kirche eintreten.
343 BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Verbum
Domini (30. September 2010), 62; vgl. Institutio Generalis Liturgiae Horarum, 29;
CIC, cann. 276, § 3; 1174, § 1.
344 Katechismus der Katholischen Kirche, 1176, mit Zitat aus II. VAT. KONZ.,
Konstitution Sacrosanctum Concilium, 90.
122

13.3 Page 123

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Und auf diese Weise können wir auch unser ,Ich‘ verwandeln,
indem wir in das ‚Wir‘ der Kirche eintreten, dieses ,Ich‘ reicher
und weiter machen, mit der Kirche, mit den Worten der Kir-
che beten und so wirklich im Gespräch mit Gott stehen.“345
Mehr als das Brevier zu rezitieren geht es darum, eine Haltung
des Hörens zu fördern und auch die „Erfahrung der Stille“346
zu machen. Denn das Wort kann nur in der Stille gesprochen
und gehört werden. Zugleich weiß der Priester allerdings, dass
unsere Zeit der stillen Sammlung nicht förderlich ist. Oftmals
hat man den Eindruck, dass es so etwas wie eine Angst gibt,
sich auch nur einen Augenblick von den Massenkommunikati-
onsmitteln zu trennen.347
Daher müssen die Priester die Bedeutung der Sammlung
und der inneren Ruhe wiederentdecken, „um in den Herzen
den vollen Klang der Stimme des Heiligen Geistes zu verneh-
men und um das persönliche Gebet enger mit dem Wort Got-
tes und mit der öffentlichen Stimme der Kirche zu verei-
nen“348. Der Priester muss immer mehr sein Wesen als Für-
sprecher verinnerlichen.349
Mit der Eucharistie, für die er „geweiht“ und der er „zu-
geordnet“ ist, wird der Priester qualifizierter Fürsprecher, um
mit großer Einfachheit des Herzens (simpliciter) mit Gott die
Fragen und Probleme seiner Mitmenschen, seiner Brüder und
Schwestern zu besprechen. Papst Johannes Paul II. sagte dazu
in seiner Ansprache zum 30. Jahrestag des Dekrets Presbytero-
rum Ordinis: „Die priesterliche Identität ist eine Frage der Treue
345 BENEDIKT XVI., Begegnung mit den Priestern der Diözese Albano, Castel
Gandolfo (31. August 2006): Insegnamenti II/2 (2006), 163-179.
346 JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Spiritus et Sponsa, 13:
AAS 96 (2004), 425.
347 Vgl. BENEDIKT XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Verbum Domini, 66.
348 Institutio Generalis Liturgiae Horarum, 202.
349 Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 2634-2636.
123

13.4 Page 124

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zu Christus und zum Volk Gottes, zu dem wir gesandt sind.
Sie ist nicht nur etwas Inneres […]. Sie ist eine Realität, die von
den Menschen ständig kontrolliert und geprüft wird, weil der
Priester ‚aus den Menschen ausgewählt, für das Wohl der Men-
schen einesetzt wird in den Dingen, die Gott betreffen‘. […]
Da der Priester Mittler zwischen Gott und den Menschen ist,
wenden sich viele Menschen an ihn und bitten um Gebete.
Das Gebet ‚macht‘ also in gewissem Sinn den Priester, beson-
ders als Seelsorger. Und zugleich ‚macht‘ jeder Priester durch
das Gebet ständig sich selbst. Ich denke an das herrliche Gebet
des Breviers – Officium Divinum –, worin die ganze Kirche
durch die Lippen ihrer Amtsträger zusammen mit Christus be-
tet.“350
2.9. Gemeindeleiter
Priester für die Gemeinde
77. Der Priester ist aufgefordert, sich mit den typischen
Anforderungen eines weiteren Aspektes seines Amtes ausei-
nanderzusetzen, neben den bereits behandelten. Es handelt
sich um die Sorge für das Leben der ihm anvertrauten Ge-
meinde, die sich vor allem im Zeugnis der Liebe ausdrückt.
Als Hirte der Gemeinde – nach dem Bild des Guten Hir-
ten, der sein ganzes Leben für die Kirche hingibt – existiert
und lebt der Priester für sie; für sie betet, studiert, arbeitet er
und für sie opfert er sich. Für sie ist er bereit, sein Leben hin-
zugeben, indem er sie liebt wie Christus und ihr all seine Liebe
und Hochachtung entgegenbringt351, indem er sich mit allen
Kräften und ohne Zeitgrenzen zu setzen für sie verschwendet,
350 JOHANNES PAUL II., Ansprache an den Teilnehmer des Internationalen Symposi-
um anlässlich des 30. Jahrestages der Promulgation des Konzilsdekretes Presbyterorum Ordinis,
(27. Oktober 1995), 5.
351 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 22-23; vgl. Apostolisches Schreiben Mulieris dignitatem (15.
August 1988), 26: AAS 80 (1988), 1715-1716.
124

13.5 Page 125

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um sie gemäss dem Bild der Kirche als Braut Christi zum
Wohlgefallen des Vaters immer schöner und der Liebe des
Heiligen Geistes würdig erscheinen zu lassen.
Diese bräutliche Dimension des Priesterlebens als Hirte
wird bewirken, dass er seine Gemeinde leiten wird, indem er
hingebungsvoll allen und jedem ihrer Mitglieder dient, ihnen
ihr Bewusstsein mit dem Licht der geoffenbarten Wahrheit er-
hellt, mit Vollmacht Sorge trägt für die evangeliumsgemäße
Authentizität des christlichen Lebens, Irrtümer korrigiert, ver-
zeiht, Wunden heilt, die Betrübten tröstet und die Brüderlich-
keit fördert.352
Diese Gesamtheit von Aufmerksamkeiten garantiert nicht
nur ein immer mehr transparentes und wirksames Zeugnis der
Liebe, darüberhinaus wird es auch die tiefe Gemeinschaft
sichtbar machen, die zwischen dem Priester und seiner Ge-
meinde entsteht, gleichsam als Fortsetzung und Aktualisierung
der Gemeinschaft mit Gott, mit Christus und mit der Kir-
che.353 In der Nachfolge Jesu ist der Priester nicht gerufen, sich
dienen zu lassen, sondern zu dienen (vgl. Mt 20,28). Er muss
beständig wachsam sein gegenüber der Versuchung, im Hin-
blick auf einen persönlichen Vorteil den großen Respekt und
die Verehrung zu missbrauchen, die die Gläubigen dem Pries-
tertum und der Kirche entgegenbringen.
352 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 6; CIC, can. 529, § 1.
353 Hl. JOHANNES CHRYSOSTOMUS, De sacerdotio, III, 6: PG 48, 643-644:
„Die geistige Geburt der Seelen ist ein Privileg der Priester: Diese rufen sie
durch die Taufe ins Gnadenleben; mit ihrer Hilfe ziehen wir Christus an, sind
wir mit dem Gottessohn gemeinsam begraben und werden wir Mitglieder
dieses seligen Hauptes (vgl. Röm 6,1; Gal 3,27). Daher müssen wir sie nicht nur
mehr als Könige und Fürsten achten, sondern sie mehr ehren als unsere
Eltern. Diese in der Tat haben uns aus dem Blut und dem Willen des Fleisches
gezeugt (vgl. Joh 1,13); jene aber gebären uns als Söhne Gottes; sie sind die
Werkzeuge unserer seligen Wiedergeburt, unserer Freiheit und unserer
Adoption in der Gnadenordnung.“
125

13.6 Page 126

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„Sentire cum Ecclesia“
78. Um ein guter Leiter seines Volkes zu sein, wird der
Priester darauf achten, die Zeichen der Zeit zu erkennen: jene,
die die Gesamtkirche und ihren Weg in der Menschheitsge-
schichte betreffen, sowie jene, die eher die konkrete Situation
der einzelnen Gemeinde betreffen.
Diese Unterscheidung erfordert die ständige und korrekte
Aktualisierung im Studium der theologischen Wissenschaften
mit Bezug auf die verschiedenen theologischen und pastoralen
Probleme, sowie die Durchführung einer gewissenhaften Re-
flexion der sozialen, kulturellen und wissenschaftlichen Daten
und Fakten, die unsere Zeit kennzeichnen.
Diese Anforderung werden die Priester in der Ausübung
ihres Amtes in eine konstante und ehrliche Haltung des „senti-
re cum Ecclesia“ einzubringen wissen, so dass sie stets in ver-
bindlicher Gemeinschaft mit dem Papst wirken werden, mit
den Bischöfen, mit den anderen Mitbrüdern im Priestertum,
mit den Diakonen, mit den durch die Gelübde der evangeli-
schen Räte gottgeweihten Gläubigen und mit allen Gläubigen.
Die Priester sollen eine brennende Liebe zur Kirche zei-
gen, die die Mutter unserer christlichen Existenz ist, und sie
sollen die Freude der kirchlichen Zugehörigkeit als kostbares
Zeugnis für das ganze Volk Gottes leben.
Sie werden bei der Ausübung ihrer Tätigkeit überdies nicht
versäumen, um die Mitarbeit von Gottgeweihten und gläubi-
gen Laien zu ersuchen, unter Berücksichtigung der legitimen
Formen und der jeweiligen Fähigkeiten jeder einzelnen Person.
2.10. Der priesterliche Zölibat
Fester Wille der Kirche
79. Überzeugt von den tiefen theologischen und pastora-
len Gründen, welche die Beziehung zwischen Priestertum und
126

13.7 Page 127

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Zölibat unterstützen, und erleuchtet vom Zeugnis, das auch
heute den spirituellen und evangeliumsgemäßen Wert in so vie-
len priesterlichen Existenzen bestätigt, hat die Kirche beim
Zweiten Vatikanischen Konzil und wiederholt bei späteren
päpstlichen Lehraussagen den „festen Willen bekräftigt, das
Gesetz beizubehalten, das von den Priesterkandidaten im latei-
nischen Ritus den frei gewählten und dauernden Zölibat ver-
langt“354.
Der Zölibat ist nämlich eine freudige Gabe, welche die
Kirche erhalten hat und bewahren will, davon überzeugt, dass
er für sie selbst und für die Welt ein hohes Gut ist.
Theologisch-spirituelle Begründung des Zölibats
80. Wie jeder Wert des Evangeliums muss auch der Zöli-
bat als Gabe der göttlichen Barmherzigkeit, als das befreiend
Neue gelebt werden, als besonderes Zeugnis der Radikalität in
der Nachfolge Christi und als Zeichen eschatologischer Reali-
tät: „Der Zölibat ist eine Vorwegnahme, die möglich wird
durch die Gnade des Herrn, der uns zu sich ,zieht‘, zur Welt
der Auferstehung hin; er lädt uns immer von neuem ein, uns
selbst zu übersteigen, diese Gegenwart, hin auf die wahre Ge-
genwart der Zukunft, die heute Gegenwart wird.“355
„Nicht alle können dieses Wort erfassen, sondern nur die,
denen es gegeben ist. Denn es ist so: Manche sind von Geburt
an zur Ehe unfähig, manche sind von den Menschen dazu ge-
macht, und manche haben sich selbst dazu gemacht – um des
Himmelreiches willen. Wer das erfassen kann, der erfasse es“
354 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 29; vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 16; PAUL VI.,
Enzyklika Sacerdotalis caelibatus (24. Juni 1967), 14; CIC, can. 277, § 1.
355 BENEDIKT XVI., Gebetsvigil aus Anlass des Abschlusses des Priesterjahres
(10. Juni 2010): l.c., 397-406.
127

13.8 Page 128

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(Mt 19,10-12).356 Der Zölibat erweist sich als Entsprechung in
der Liebe eines Menschen, der „Vater und Mutter verlässt und
Jesus folgt, dem Guten Hirten, in eine apostolische Gemein-
schaft, um dem Volk Gottes zu dienen“357.
Um mit Liebe und Großmut die erhaltene Gabe zu leben,
ist es besonders wichtig, dass der Priester schon von der Semi-
narausbildung an die theologische Dimension und die spirituel-
le Begründung der kirchlichen Disziplin des Zölibats ver-
steht358. Dieser verlangt als Gabe Gottes und als besonderes
Charisma die Einhaltung der Keuschheit, also der vollkomme-
nen und dauernden Enthaltsamkeit um des Himmelreiches wil-
len, damit die geweihten Diener Christus mit ungeteiltem Her-
zen leichter anhangen und sich freier dem Dienst für Gott und
für die Menschen widmen können359: „Der Zölibat trägt, da er
den Menschen zu einer wunderbaren Würde erhöht, wahrhaft
zur Vollendung des Menschseins bei.“360 Bevor noch jemand
seinen Willen bekundet, dazu bereit zu sein, manifestiert die
kirchliche Disziplin den Willen der Kirche, der seinen tiefsten
Grund im engen Band zwischen Zölibat und heiliger Weihe
findet, die den Priester mit Jesus Christus, dem Haupt und
Bräutigam der Kirche, konfiguriert.361
356 Vgl. JOHANNES PAUL II., Enzyklika Veritatis splendor (6. August 1993), 22.
357 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 29.
358 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Optatam totius, 10; CIC, can. 247, § 1;
KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE BILDUNGSWESEN, Ratio
Fundamentalis Institutionis Sacerdotalis (19. März 1985), 48; Bildungsrichtlinien zur
Vorbereitung auf den priesterlichen Zölibat (11. April 1974), 16: EV 5 (1974-1976),
200-201.
359 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 16; JOHANNES
PAUL II., Brief an die Priester zum Gründonnerstag 1979 (8. April 1979), 8: l.c., 405-
409; Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis, 29; CIC, can.
277, § 1.
360 PAUL VI., Enzyklika Sacerdotalis caelibatus (24. Juni 1967), 55.
361 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 16; PAUL VI.,
128

13.9 Page 129

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Der Brief an die Epheser stellt die priesterliche Gabe
Christi (vgl. 5,25) in einen engen Zusammenhang mit der Hei-
ligung der Kirche (vgl. 5,26), welche mit bräutlicher Liebe ge-
liebt wird. Sakramental eingefügt in dieses Priestertum der ex-
klusiven Liebe Christi zur Kirche, seiner treuen Braut, bringt
der Priester mit seinem zölibatären Einsatz solche Liebe zum
Ausdruck, die auch fruchtbare Quelle pastoraler Wirksamkeit
wird.
Der Zölibat ist also weder ein Einfluss, der von außen auf
den priesterlichen Dienst einwirkt, noch kann er einfach als ei-
ne vom Gesetz auferlegte Institution betrachtet werden. Denn
wer das Weihesakrament empfängt, hat sich bewusst und frei
verpflichtet362, nach mehrjähriger Vorbereitung, gründlicher
Reflexion und eifrigem Gebet. Zur festen Überzeugung ge-
langt, dass ihm Christus diese Gabe gibt für das Wohl der Kir-
che und für den Dienst an den anderen, übernimmt der Pries-
ter den Zölibat für das ganze Leben und bekräftigt diesen sei-
nen Willen gemäss dem schon während der Diakonatsweihe
gegebenen Versprechen. 363
Aus diesen Gründen bestätigt das kirchliche Gesetz einer-
seits das Charisma des Zölibats und zeigt auf, wie innig es mit
dem heiligen Dienst verbunden ist in jener doppelten Dimen-
sion der Beziehung zwischen Christus und der Kirche. Ande-
rerseits schützt sie die Freiheit dessen, der ihn übernimmt.364
Der demnach unter einem neuen und hehren Titel365 Christus
Enzyklika Sacerdotalis caelibatus (24. Juni 1967), 14: l.c., 662.
362 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 16; CIC, cann. 1036;
1037.
363 Vgl. Pontificale Romanum, De ordinatione Episcopi, Presbyterorum et
Diaconorum, III, 228, l.c., 134; JOHANNES PAUL II., Brief an die Priester zum
Gründonnerstag 1979 (8. April 1979), 9: l.c., 409-411.
364 Vgl. BISCHOFSSYNODE, Dokument über das Amtspriestertum Ultimis
temporibus (30. November 1971), II, I, 4.
365 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 16.
129

13.10 Page 130

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geweihte Priester muss sich voll bewusst sein, dass er von Gott
eine Gabe erhalten hat, von einem rechtsverbindlich genau fest-
gelegten Band sanktioniert, aus der sich eine moralische Ver-
pflichtung zur Einhaltung ergibt. Diese freiwillig übernommene
rechtsverbindliche Verpflichtung hat noch vor dem rechtlichen
Aspekt theologischen und moralischen Charakter. Sie ist Zei-
chen jener bräutlichen Wirklichkeit, die in der sakramentalen
Weihe zum Tragen kommt.
Durch die Gabe des Zölibats übernimmt der Priester auch
jene geistliche und doch reale Vaterschaft, die eine universale
Dimension hat und dann besonders gegenüber der ihm anver-
trauten Gemeinde konkretisiert wird.366 „Sie sind Kinder seines
Geistes, Menschen, die der Gute Hirt seiner Sorge anvertraut hat.
Es sind viele Menschen, mehr als eine normale menschliche Fa-
milie umfassen kann. […] Soll das Herz des Priesters für einen
solchen Dienst, für solche Sorge und Liebe verfügbar werden, so
muss es frei sein. Der Zölibat ist so Zeichen einer Freiheit, die
sich zum Dienst bereit macht. Aufgrund dieses Zeichens ist das
hierarchische oder Amtspriestertum nach der Tradition unserer
Kirche unmittelbar auf das gemeinsame Priestertum der Gläubi-
gen hingeordnet.“367
Das Beispiel Jesu
81. Der Zölibat ist also Sich-selbst-Hingeben „in“ und
„mit“ Christus an seine Kirche und Ausdruck des priesterli-
chen Dienstes an der Kirche „in“ und „mit“ dem Herrn.368
Das Vorbild ist der Herr selbst, indem er, entgegen der zu
seiner Zeit dominierenden Kultur, sich frei entschieden hat,
366 Vgl. ibid.
367 JOHANNES PAUL II., Brief an die Priester zum Gründonnerstag (8. April
1979), 8: Insegnamenti II/1 (1979), 841-862.
368 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 29.
130

14 Pages 131-140

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14.1 Page 131

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zölibatär zu leben. In seiner Nachfolge verließen die Jünger
„alles“, um die ihnen anvertraute Mission auszuführen (Lk
18,28-30).
Aus diesem Grund wollte die Kirche seit den Zeiten der
Apostel die Gabe der dauernden Enthaltsamkeit der Kleriker
bewahren, und sie ist dazu übergegangen, die Kandidaten für
heilige Weihen unter den Zölibatären auszuwählen (vgl. 2Thess
2,15; 1Kor 7,5; 9,5; 1Tim 3,2.12; 5,9; Tit 1,6.8).369
Der Zölibat ist eine Gabe, die man von der Barmherzig-
keit Gottes empfängt370, als freie Wahl und dankbare Annahme
einer besonderen Berufung der Liebe zu Gott und zu den
Menschen. Er darf nicht verstanden und gelebt werden als
bloße Begleiterscheinung des Priestertums.
Schwierigkeiten und Einwände
82. Im aktuellen kulturellen Klima, häufig konditioniert
von einer Sicht des Menschen ohne Werte und vor allem unfä-
hig, der menschlichen Sexualität einen vollen, positiven und
befreienden Sinn zu geben, stellt man immer wieder die Frage
nach der Wichtigkeit und der Bedeutung des priesterlichen Zö-
libats oder manchmal danach, inwiefern die Angemessenheit
369 Zur Interpretation dieser Texte, vgl. KONZIL VON ELVIRA (305),
cann. 27; 33: BRUNS HERM., Canones Apostolorum et Conciliorum saec. IV-VI II, 5-
6; KONZIL VON NEOCESAREA (314), can. 1: Pont. Commissio ad redigendum CIC
Orientalis, IX, I/2, 74-82; KONZIL VON NIZÄA I (325), can. 3: Conc. Oecum.
Dekret, 6; KONZIL VON KARTHAGO (390): Concilia Africae a. 345-525, CCL 149,
13. 133ss; SYNODE VON ROM (386): Conc. Oecum. Dekret, 58-63; KONZIL VON
TRULLO II (691), cann. 3, 6, 12, 13, 26, 30, 48: Pont. Commissio ad redigendum CIC
Orientalis, IX, I/1, 125-186; SIRICIUS, Decretale Directa (386): PL 13, 1131-1147;
INNOZENZ I, Brief Dominus inter (405): BRUNS cit. 274-277; Hl. LEO DER
GROßE, Brief an Rusticus (456): PL 54, 1191; EUSEBIUS VON CAESAREA,
Demonstratio Evangelica, 1, 9: PG, 22, 82; EPIPHANIUS VON SALAMINA, Panarion:
PG 41, 868. 1024; Expositio Fidei, PG 42, 823ss.
370 Vgl. KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE BILDUNGSWESEN,
Bildungsrichtlinien zur Vorbereitung auf den priesterlichen Zölibat (11. April 1974), 16.
131

14.2 Page 132

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seiner engen Verbindung und seines tiefen Einklangs mit dem
Amtspriestertum zu bejahen ist.
„In gewisser Hinsicht mag diese beständige Kritik am Zö-
libat überraschen, in einer Zeit, in der es immer mehr Mode
wird, nicht zu heiraten. Aber dieses Nicht-Heiraten ist etwas
vollständig und grundlegend anderes als der Zölibat, denn das
Nicht-Heiraten ist auf den Willen gegründet, nur für sich selbst
zu leben, keine endgültige Bindung zu akzeptieren, das Leben
zu jedem Zeitpunkt in vollkommener Autonomie zu leben, je-
den Augenblick zu entscheiden, was zu tun ist, was man vom
Leben nimmt; es ist daher ein ‚Nein‘ zur Bindung, ein ‚Nein‘
zur Endgültigkeit, es bedeutet, das Leben nur für sich allein zu
haben. Der Zölibat dagegen ist genau das Gegenteil: er ist ein
endgültiges ‚Ja‘, ein sich von den Händen Gottes Ergreifenlas-
sen, ein sich in die Hände Gottes, in sein ‚Ich‘ Hineinlegen, das
heißt es ist ein Akt der Treue und des Vertrauens, ein Akt, der
auch Voraussetzung ist für die Treue in der Ehe. Es ist genau
das Gegenteil dieses ‚Nein‘, dieser Autonomie, die sich nicht
verpflichten will, die keine Bindung eingehen will.“371
Der Priester verkündet nicht sich selbst, „im eigenen
Menschsein und durch das eigene Menschsein muss jeder
Priester sich bewusst sein, dass er einen anderen, Gott selbst,
in die Welt trägt. Gott ist der einzige Reichtum, den die Men-
schen letztendlich in einem Priester finden wollen.“372 Das
priesterliche Vorbild ist das eines Zeugen des Absoluten: die
Tatsache, dass der Zölibat heute in vielen Bereichen wenig ver-
standen und geschätzt wird, darf nicht dazu führen, andere
Szenarien zu entwerfen. Vielmehr erfordert es die Neuentde-
ckung dieser Gabe der Liebe Gottes an die Menschen. Denn
371 BENEDIKT XVI., Gebetsvigil aus Anlass des Abschlusses des Priesterjahres
(10. Juni 2010): l.c., 397-406.
372 BENEDIKT XVI., Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung der
Kongregation für den Klerus (16. März 2009): l.c., 393.
132

14.3 Page 133

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der priesterliche Zölibat wird auch von vielen Menschen, die
keine Christen sind, bewundert und geschätzt.
Man darf nicht vergessen, dass der Zölibat von der Praxis
der Tugend der Keuschheit belebt wird, die nur gelebt werden
kann durch die Pflege der Reinheit mit übernatürlicher und
menschlicher Reife373, insofern sie wesentlich ist, um das „Ta-
lent“ der Berufung zu entwickeln. Es ist unmöglich, mit einem
unreinen Herzen Christus und die anderen zu lieben. Die Tu-
gend der Reinheit macht es möglich, die Aufforderung des
Apostels zu leben: „Verherrlicht also Gott in eurem Leib!“
(1Kor 6,20). Andernfalls werden, wenn diese Tugend fehlt,
auch alle anderen Dimensionen beeinträchtigt. Auch wenn es
wahr ist, dass es im aktuellen Kontext verschiedene Schwierig-
keiten gibt, die heilige Reinheit zu leben, so ist es doch umso
wahrer, dass der Herr seine Gnade überreich erweist und die
notwendigen Mittel schenkt, um diese Tugend mit Freude und
Gelassenheit zu praktizieren.
Um dieser Gabe ein Klima froher Ausgeglichenheit und
spirituellen Fortschritts zu sichern und zu bewahren, müssen
alle jene Maßnahmen ergriffen werden, die den Priester von
möglichen Schwierigkeiten fernhalten.374
373 Vgl.. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 29; 50; KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE
BILDUNGSWESEN, Instruktion über Kriterien zur Berufungsklärung von Personen mit
homosexuellen Tendenzen im Hinblick auf ihre Zulassung für das Priesteramt und zu den
heiligen Weihen (4. November 2005): AAS 97 (2005), 1007-1013; Bildungsrichtli-
nien zur Vorbereitung auf den priesterlichen Zölibat (11. April 1974): EV 5 (1974-
1976), 188-256.
374 Vgl. HL. JOHANNES CHRYSOSTOMUS, De Sacerdotio, VI, 2: PG 48, 679:
„Die Seele des Priesters muss reiner als die Strahlen der Sonne sein, damit der
Heilige Geist ihn nicht verlässt und er sagen kann: ‚Nicht mehr ich lebe,
sondern Christus lebt in mir‘ (Gal 2,20). Wenn die Anachoreten der Wüste,
weit entfernt von Städten, öffentlichen Versammlungsorten und allem dort
üblichen Lärm, sich nicht dazu verleiten lassen, auf die Sicherheit ihres
derartigen Lebens, wo sie Zuflucht und Stille in vollem Maß genießen, zu
133

14.4 Page 134

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Es ist daher notwendig, dass sich Priester mit entspre-
chender Klugheit im Umgang mit Personen verhalten, mit de-
nen vertraut zu sein die Treue zur Gabe gefährden oder bei
den Gläubigen Ärgernis hervorrufen könnte.375 In Einzelfällen
muss man sich dem Urteil des Bischofs unterwerfen, der ver-
pflichtet ist, in der Materie genaue Normen zu erlassen.376
Konsequenterweise muss sich der Priester allen zweideutigen
Verhaltens enthalten und darf seine Hauptpflicht nicht verges-
sen, die darin besteht, von der erlösenden Liebe Christi Zeug-
nis zu geben. Im Zusammenhang mit diesem Thema haben sich
unglücklicherweise Situationen ergeben, die der Kirche und ih-
rer Glaubwürdigekeit großen Schaden zugefügt haben, auch
wenn es in der Welt viel mehr solcher Situationen gibt. Der ak-
tuelle Kontext verlangt von den Priestern eine noch größere
Sensibilität und Klugheit in Bezug auf die Beziehung zu Kin-
dern und Schutzbefohlenen.377 Insbesondere sind Situationen zu
vermeiden, die Anlass zu Gerede geben könnten (z.B. Kinder al-
lein ins Pfarrhaus zu lassen oder Minderjährige im Auto mitzu-
nehmen). Was die Beichte angeht, wäre es angebracht, wenn die
bauen, und im Gegenteil obendrein unendlich viel mehr Bedachtsamkeit
verwenden, indem sie sich nach allen Seiten hin wappnen und sich einüben,
alles mit großer Sorgfalt zu tun oder zu sagen, damit sie, soweit das
menschenmöglich ist, im Vertrauen und in unbescholtener Reinheit vor das
Angesicht Gottes treten können; welche Kraft und Gewalt erscheint dir dann,
muss der Priester besitzen, um seine Seele jeder Beschmutzung zu entziehen
und ihre geistige Schönheit unbefleckt zu bewahren? Er bedarf sicherlich einer
exzellenteren Keuschheit als die Mönche. Und darüber hinaus ist er, der ihrer
mehr bedarf, zahlreicheren umvermeidlichen Gelegenheiten ausgesetzt, bei
denen er verunreinigt werden kann, wenn er nicht seine Seele mit eifriger
Nüchternheit und Wachsamkeit für jene Hinterhalte unnahbar macht.“
375 Vgl. CIC, can. 277, § 2.
376 Vgl. ibid., can. 277, § 3.
377 Vgl. JOHANNES PAUL II., Litterae apostolicae Motu Proprio datae
Sacramentorum sanctitatis tutela quibus Normae de gravioribus delictis Congregationi pro
Doctrina Fidei reservatis promulgantur (30. April 2001): AAS 93 (2001), 737-739
(modifiziert von Benedikt XVI. am 21. Mai 2010: AAS 102 [2010] 419-430).
134

14.5 Page 135

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Minderjährigen normalerweise im Beichtstuhl während der Öff-
nungszeiten der Kirche beichten oder andernfalls, wenn aus ir-
gendeinem Grund eine andere Lösung notwendig wäre, die ent-
sprechenden Gebote der Klugheit beachtet werden.
Überdies sollen die Priester jene asketischen Regeln befol-
gen, die von der Erfahrung der Kirche garantiert sind und die
von den heutigen Umständen erst recht eingefordert werden.
Daher sollen sie klugerweise vermeiden, gewisse Orte zu fre-
quentieren und Vorstellungen beizuwohnen, sich schlechter
Lektüre zu widmen oder Internetseiten aufzurufen, was immer
die Einhaltung der zölibatären Keuschheit gefährden378 oder
sogar Anlass zu schweren Sünden gegen die christliche Moral
sein könnte. Beim Gebrauch von sozialen Kommunikations-
mitteln, als Mitarbeiter oder als Nutznießer derselben, sollen
sie die nötige Diskretion wahren und alles vermeiden, was der
Berufung schaden könnte.
Um in einem Klima ausgeprägter sexueller Permissivität
die empfangene Gabe mit Liebe zu bewahren, müssen die
Priester auf all jene natürlichen und übernatürlichen Mittel zu-
rückgreifen, an denen die Tradition der Kirche so reich ist.
Zum einen die priesterliche Freundschaft, die Pflege guter Be-
ziehungen, die Askese und die Selbstbeherrschung, die Abtö-
tung; es ist auch nützlich, eine Kultur der Schönheit in den
verschiedenen Bereichen des Lebens zu fördern, die im Kampf
gegen alles, was entwürdigend und schädlich ist, hilft, eine ge-
wisse Leidenschaft für den eigenen apostolischen Dienst zu
hegen, eine gewisse Einsamkeit freudig zu akzeptieren, eine
weise und fruchtbare Einteilung der Freizeit, damit diese keine
unausgefüllte Zeit wird. Ebensowichtig ist die Gemeinschaft
mit Christus, eine tiefe eucharistische Spiritualität, die häufige
Beichte, die geistliche Leitung, Einkehrtage und Exerzitien, ei-
nen Geist der Annahme der Kreuze des täglichen Lebens, das
378 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 16.
135

14.6 Page 136

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Vertrauen in und die Liebe zur Kirche, die kindliche Vereh-
rung der seligen Jungfrau Maria, ebenso wie die Betrachtung
der Beispiele heiliger Priester aller Zeiten.379
Schwierigkeiten und Einwände haben im Lauf der Jahr-
hunderte immer die Entscheidung der lateinischen und man-
cher orientalischen Kirche begleitet, das Amtspriestertum nur
solchen Männern zu übertragen, die von Gott die Gabe der
Keuschheit im Zölibat erhalten haben. Die Disziplin der ande-
ren orientalischen Kirchen, die verheiratete Priester zulassen,
steht in keinem Widerspruch zur lateinischen Kirche. Immer-
hin verlangen dieselben orientalischen Kirchen nämlich den
Zölibat der Bischöfe. Außerdem gestatten sie nicht die Heirat
von Priestern und sie erlauben nicht die Wiederverheiratung
von Witwern. Es handelt sich immer und nur um die Weihe
bereits verheirateter Männer.
Die Einwände, die manche auch heute vorbringen, werden
oft mit einem Vorwand als Argument begründet, wie zum Bei-
spiel der Vorwurf eines fleischlosen Spiritualismus oder der
Vorwurf, dass Enthaltsamkeit Misstrauen und Verachtung der
Sexualität bedeute, oder man geht von traurigen und schmerz-
lichen Einzelfällen aus, die verallgemeinert werden. Man ver-
gisst allerdings das Zeugnis, das von der überwiegenden Mehr-
heit der Priester gegeben wird, die den eigenen Zölibat mit in-
nerer Freiheit leben, mit reichhaltiger aus dem Evangelium ge-
schöpfter Motivation, mit spiritueller Fruchtbarkeit, in einem
Horizont überzeugter Treue und voll Freude über die eigene
Berufung und Sendung, ganz zu schweigen von den vielen Lai-
en, die glücklich sind, einen fruchtbaren apostolischen Zölibat
zu leben.
379 Vgl. PAUL VI, Enzyklika Sacerdotalis caelibatus (24 giugno 1967), 79-81;
JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis, 29.
136

14.7 Page 137

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2.11. Priesterliche Armut
Armut als Verfügbarkeit
83. Die Armut Jesu ist auf das Heil bezogen: Christus, der
reich war, hat sich für uns arm gemacht, damit wir durch seine
Armut reich würden (2Kor 8,9).
Der Brief an die Philipper zeigt die Beziehung zwischen
Entäußerung seiner selbst und dem Geist des Dienstes, der das
pastorale Amt beseelen muss. Paulus schreibt ja, dass Jesus
nicht „daran festhielt, Gott gleich zu sein, sondern sich entäu-
ßerte und wie ein Sklave wurde“ (2,6-7). In Wahrheit wird der
Priester schwerlich zum wahren Knecht und Diener seiner
Brüder werden, wenn er sich allzusehr um seine Annehmlich-
keiten und um ein exzessives Wohlergehen kümmert.
Durch seine Armut zeigt Christus, dass er alles von Ewig-
keit her vom Vater empfangen hat und ihm alles bis zur Ganz-
hingabe seines Lebens zurückgibt.
Das Beispiel Christi muss den Priester dahin bringen, ihm
gleichförmig zu werden, in innerer Freiheit gegenüber allen
Gütern und Reichtümern der Welt.380 Der Herr lehrt uns, dass
das wahre Gut Gott ist und dass der wahre Reichtum im Ge-
winn des ewigen Lebens besteht: „Was nützt es einem Men-
schen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber seine Seele
verliert, sein Leben einbüßt? Um welchen Preis könnte ein
Mensch sein Leben zurückkaufen?“ (Mk 8,36-37). Jeder Pries-
ter ist gerufen, die Tugend der Armut zu leben, die wesentlich
darin besteht, sein Herz Christus zu übergeben, als wahren
Schatz, und es nicht an die materiellen Güter zu verlieren.
Der Priester, dessen Erbteil der Herr ist (vgl. Num
18,20)381, weiß darum, dass seine Sendung wie jene der Kirche
380 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 17; 20-21.
381 Vgl.. BENEDIKT XVI., Ansprache an die Römische Kurie (22. Dezember
2006): AAS, 98 (2006).
137

14.8 Page 138

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inmitten der Welt auszuführen ist und dass die geschaffenen
Güter für die persönliche Entwicklung des Menschen nötig
sind. Er wird jedoch solche Güter mit Sinn für Verantwortung
und Bescheidenheit gebrauchen, mit rechter Intention und Ab-
stand, eben wie jemand, der seinen Schatz im Himmel hat und
weiß, dass alles zum Aufbau des Reiches Gottes genützt wer-
den muss (Lk 10,7; Mt 10,9-10; 1Kor 9,14; Gal 6,6)382. Daher
wird er sich gewinnbringender Tätigkeiten enthalten, die nicht
seinem Amt entsprechen.383 Der Priester muss außerdem ver-
meiden, auch nur den geringsten Anlass zu Unterstellungen zu
geben hinsichtlich der Tatsache, dass er sein Amt auch als Ge-
legenheit verstehen könnte, Nutzen daraus zu ziehen, die Sei-
nen zu begünstigen oder privilegierte Positionen anzustreben.
Er muss vielmehr mitten unter den Menschen sein, um den
anderen ohne Einschränkung zu dienen, indem er dem Bei-
spiel Christi, des Guten Hirten, folgt (vgl. Joh 10,10). Sich
überdies erinnernd, dass das Geschenk, welches er erhalten
hat, umsonst ist, sei er bereit, umsonst zu geben (Mt 10,8; Apg
8,18-25)384, und was er bei der Ausübung seines Amtes erhal-
ten hat, für das Wohl der Kirche und karitative Zwecke einzu-
setzen, nachdem er für den eigenen angemessenen Unterhalt
und für die Erfüllung seiner Standespflichten gesorgt hat.385
Schließlich ist der Priester, obwohl er Armut nicht durch
ein öffentliches Gelübde versprochen hat, an eine einfache Le-
bensführung gehalten. Er muss sich all dessen enthalten, was
den Beigeschmack der „vanitas“386 hat, und so die freiwillige
Armut annehmen, um so Christus in größerer Nähe zu fol-
382 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 17; JOHANNES
PAUL II., Generalaudienz (21. Juli 1993), 3: Insegnamenti XVI/2 (1993), 89-90.
383 Vgl. CIC, cann. 286; 1392.
384 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 17.
385 Vgl. ibid.; CIC, cann. 282; 222, § 2; 529, § 1.
386 Vgl. CIC, can. 282, § 1.
138

14.9 Page 139

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gen387. In allem (Wohnung, Transportmittel, Urlaub, usw.)
vermeide der Priester jede Art von Wählerischsein und Lu-
xus.388 In diesem Sinne muss der Priester Tag für Tag dagegen
ankämpfen, dass er nicht dem Konsumismus erliegt und einem
bequemen Leben verfällt, von dem heute die Gesellschaft in
vielen Teilen der Welt durchdrungen ist. Eine ernsthafte Ge-
wissenserforschung wird ihm helfen, festzustellen, wie sein
Lebensstandard aussieht, wie es um seine Bereitschaft bestellt
ist, für die Gläubigen Sorge zu tragen und die eigenen Pflichten
zu erfüllen. Sie wird ihm helfen, sich zu fragen, ob die Mittel,
derer er sich bedient, einer echten Notwendigkeit entsprechen
oder ob er im Gegenteil Bequemlichkeit sucht und das Opfer
scheut. Gerade in der Übereinstimmung zwischen dem, was er
sagt, und dem, was er tut, insbesondere in Bezug auf die Ar-
mut, steht zum großen Teil die Glaubwürdigkeit des Priesters
und die Wirksamkeit seines Apostolats auf dem Spiel.
Als Freund der Ärmsten wird er ihnen die besondere Auf-
merksamkeit seiner pastoralen Liebe widmen, mit einer bevor-
zugenden Option für jegliche Form von alter und neuer Armut,
die es tragischerweise auf der Welt gibt. Er erinnert sich immer
daran, dass das erste Elend, von dem der Mensch befreit werden
muss, die Sünde ist, die tiefste Wurzel jeden Übels.
2.12. Marienverehrung
Die Tugenden der Mutter nachahmen
84. Es gibt eine „wesenhafte Beziehung zwischen der Mut-
ter Jesu und dem Priestertum der Diener ihres Sohnes“, die aus
jener zwischen der Gottesmutterschaft Marias und dem Pries-
tertum Christi hervorgeht.389
387 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 17.
388 Vgl. ibid., 17.
389 Vgl. JOHANNES PAUL II., Generalaudienz (30. Juni 1993): Insegnamenti
139

14.10 Page 140

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In dieser Beziehung ist die marianische Spiritualität jedes
Priesters verwurzelt. Priesterliche Spiritualität kann nicht voll-
ständig sein ohne die ernsthafte Erwägung des letzen Willens
Christi am Kreuz, der die Mutter dem auserwählten Jünger an-
vertraute und durch ihn allen Priestern, die zur Fortführung
seines Erlösungswerkes berufen sind.
Wie dem Johannes zu Füßen des Kreuzes, so ist in beson-
derer Weise jedem Priester Maria als Mutter anvertraut (vgl. Joh
19,26-27).
Die Priester, die zu den am meisten geliebten Jüngern des
gekreuzigten und auferstandenen Jesus zählen, müssen Maria
als ihre Mutter in ihr eigenes Leben aufnehmen und sie zum
Objekt ständiger Aufmerksamkeit und Gebetsverbundenheit
machen. Die immerwährende Jungfrau wird dann die Mutter,
die sie zu Christus hinführt, die sie authentische Liebe zur Kir-
che lehrt, die für sie eintritt und zum Himmelreich geleitet.
85. Jeder Priester weiß, dass Maria eben weil sie Mutter ist,
auch die hervorragendste Erzieherin in seinem Priestertum ist,
ja, dass sie es ist, die sein priesterliches Herz zu formen, ihn
vor Gefahren, vor Müdigkeiten und vor Entmutigungen zu
schützen weiß, sowie mit mütterlichem Eifer wacht, bis er an
Weisheit, Alter und Gnade zunimmt, vor Gott und vor den
Menschen (vgl. Lk 2,40).
Allerdings sind jene keine guten Söhne, welche die Tugen-
den der Mutter nicht nachzuahmen wissen. Der Priester wird
also auf Maria schauen, um ein demütiger, gehorsamer, keu-
scher Diener zu sein und um die Liebe in der Ganzhingabe an
den Herrn und an die Kirche zu bezeugen.390
XVI/1 (1993), 1689-1699.
390 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 18.
140

15 Pages 141-150

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15.1 Page 141

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Die Eucharistie und Maria
86. In jeder Eucharistiefeier hören wir jenes „Siehe dein
Sohn!“, das der Sohn zu seiner Mutter sagt, während er selbst
an uns gerichtet wiederholt: „Siehe deine Mutter!“ (Joh 19,26-
27). Die Eucharistie zu leben bedeutet auch, kontinuierlich die-
ses Geschenk zu empfangen: „In ihrem ganzen Leben ist Ma-
ria eine ‚eucharistische‘ Frau. Die Kirche, die auf Maria wie auf
ihr Urbild blickt, ist berufen, sie auch in ihrer Beziehung zu
diesem heiligsten Mysterium nachzuahmen. […] Mit der Kir-
che und als Mutter der Kirche ist Maria in jeder unserer Eu-
charistiefeiern anwesend. Wenn die Kirche und die Eucharistie
untrennbar miteinander verbunden sind, muss dasselbe auch
von Maria und der Eucharistie gesagt werden.“391 So umfasst
die Begegnung mit Jesus im Altarsopfer unweigerlich auch eine
Begegnung mit Maria, seiner Mutter. Denn „durch seine Iden-
tifizierung und sakramentale Gleichgestaltung mit Jesus, dem
Sohn Gottes und Sohn Marias, kann und muss jeder Priester
sich wirklich als besonders geliebter Sohn dieser erhabenen
und zutiefst demütigen Mutter fühlen“392.
Als erste Frucht des priesterlichen Opfers Christi reprä-
sentiert die immerwährende Jungfrau und Gottesmutter die
Kirche in reinster Form, „ohne Flecken und Falten“, ganz
„heilig und makellos“ (Eph 5,27). Diese Betrachtung der seli-
gen Jungfrau – zu der sich auch der heilige Josef gesellt, Meis-
ter des inneren Lebens – stellt dem Priester das Ideal vor Au-
gen, das es im Dienst an der eigenen Gemeinde hochzuhalten
gilt, bis auch sie „verherrlichte Kirche“ (ibid.) wird durch das
priesterliche Geschenk des eigenen Lebens.
391 JOHANNES PAUL II., Enzyklika Ecclesia de Eucharistia (17. April 2003).
392 BENEDIKT XVI., Generalaudienz (12. August 2009): Insegnamenti V/2
(2009), 94.
141

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15.3 Page 143

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143

15.4 Page 144

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III. FORMATIO PERMANENS
Für den Priester besteht stets die Notwendigkeit, seine Bil-
dung und Formung zu vertiefen. Auch wenn er am Tag seiner
Weihe das unauslöschliche Siegel erhalten hat, das ihn in æter-
num Christus, dem Haupt und Hirten, gleichgestaltet, ist er zu
steter Verbesserung aufgerufen, um seinen Dienst wirksamer
auszuüben. In dieser Hinsicht ist es von grundlegender Bedeu-
tung, dass die Priester sich der Tatsache bewusst sind, dass ihre
Ausbildung mit den Jahren im Priesterseminar nicht abge-
schlossen ist. Im Gegenteil, vom Tag seiner Weihe an, muss
der Priester die Notwendigkeit spüren, sich beständig zu ver-
vollkommnen, um immer mehr Christus, dem Herrn, zu gehö-
ren.
3.1. Grundsätze
Notwendigkeit von Weiterbildung heute
87. Benedikt XVI. hat darauf hingewiesen, dass „das
Thema der priesterlichen Identität […] für die Ausübung des
Amtspriestertums in Gegenwart und Zukunft entscheidend“393
ist. Diese Worte des Heiligen Vaters bilden den Bezugspunkt,
auf den hin die beständige Weiterbildung des Klerus ausgerich-
tet sein muss: Hilfestellung zu geben, um die Bedeutung des
Priesterseins zu vertiefen. „Die grundlegende Beziehung für
den Priester ist die zu Jesus Christus, dem Haupt und Hir-
ten“394, und in diesem Sinne müsste die beständige Weiterbil-
dung ein Mittel sein, um diese „exklusive“ Beziehung wachsen
zu lassen, die sich notwendigerweise auf das gesamte Sein und
393 BENEDIKT XVI., Audienz für die Teilnehmer an dem von der Kongregation
für den Klerus organisierten Theologischen Kongress (12. März 2010): l.c., 323-326.
394 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 16.
144

15.5 Page 145

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Tun des Priesters auswirkt. Die Weiterbildung ist ein Erfor-
dernis, das entsteht und sich entfaltet aus dem Empfang des
Weihesakramentes, durch das der Priester nicht nur vom Vater
„geweiht“ und vom Sohn „gesandt“ wird, sondern auch „be-
seelt“ wird vom Heiligen Geist. Sie ist deshalb dazu bestimmt
fortschreitend Leben und Wirken des Priesters immer tiefer zu
ergreifen und umzugestalten in Treue zur empfangenen Gabe:
„Darum rufe ich dir ins Gedächtnis: Entfache die Gnade Got-
tes wieder, die dir durch die Auflegung meiner Hände zuteil
geworden ist“ (2Tim 1,6).
Es handelt sich dabei um eine Notwendigkeit, die zutiefst
verbunden ist mit der göttlichen Gabe selbst395, die immerfort
„belebt“ werden muss, auf dass der Priester seiner Berufung
angemessen entsprechen kann. Als geschichtlich eingebunde-
nem Menschen eignet ihm das Bedürfnis, sich in allen Aspek-
ten seiner menschlichen und geistlichen Existenz zu vervoll-
kommnen, um jene Gleichförmigkeit mit Christus zu errei-
chen, die das einende Prinzip von allem darstellt.
Die schnellen und vielfältigen Veränderungen und ein oft
säkularisiertes soziales Umfeld sind Kennzeichen der gegen-
wärtigen Welt und darüberhinaus Faktoren, die eine Verpflich-
tung des Priesters unabweisbar machen, angemessen vorberei-
tet zu sein, um die eigene Identität nicht zu verwässern und auf
die Anforderungen der neuen Evangelisierung zu antworten.
Diese bereits schwere Verpflichtung geht einher mit einem
ausdrücklichen Recht der Gläubigen, denen die Früchte der
guten Ausbildung und Heiligkeit der Priester zugute kom-
men.396
88. Das geistliche Leben des Priesters und sein pastoraler
Dienst sind mit der fortgesetzten Arbeit an sich selbst – Mit-
395 Vgl. ibid., 70.
396 Vgl. ibid.
145

15.6 Page 146

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wirkung am heiligenden Wirken des Heiligen Geistes – in einer
Weise zu vereinen, die es erlaubt, dass sowohl die geistliche, als
auch die menschliche, wie die geistige und pastorale Bildung
vertieft und in eine harmonische Synthese gebracht werden.
Diese Arbeit, die mit der Seminarzeit beginnen muss, ist von
den Bischöfen auf verschiedenen Ebenen zu fördern: national,
regional und vor allem diözesan.
Es ist Anlass zur Ermutigung, feststellen zu können, dass
bereits zahlreiche Diözesen und Bischofskonferenzen vielver-
sprechende Initiativen unternehmen, um eine echte Weiterbil-
dung der eigenen Priester zu gewährleisten. Es ist zu wün-
schen, dass alle Diözesen sich diesem Erfordernis stellen. Wo
dies jedoch momentan nicht geschehen kann, ist es ratsam,
dass solche sich untereinander verständigen oder Kontakt auf-
nehmen mit jenen Einrichtungen oder Personen, die besonders
geeignet sind für die Ausführung einer so bedeutsamen Aufga-
be.397
Mittel der Heiligung
89. Die Weiterbildung erweist sich für den Priester als not-
wendiges Mittel, um den Sinn seiner Berufung zu erfüllen: den
Dienst für Gott und an seinem Volk.
Praktisch besteht sie darin, allen Priestern zu helfen, groß-
zügig dem Einsatz zu entsprechen, den die Würde und die
Verantwortung erfordern, die Gott ihnen durch das Weihesak-
rament übertragen hat; im Bewahren, Verteidigen und Entfal-
ten ihrer spezifischen Identität und Berufung; in der Heiligung
ihrer selbst und der anderen durch die Ausübung ihres heiligen
Dienstes.
Dies bedeutet, dass der Priester jeglichen Dualismus zwi-
schen Spiritualität und Dienstamt vermeiden muss, die wesent-
397 Vgl. ibid., 79.
146

15.7 Page 147

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liche Ursache mancher Krise.
Klar ist: Um diese Zielsetzungen übernatürlicher Ordnung
zu erreichen, müssen die allgemeinen Kriterien freigelegt und
analysiert werden, mit denen die Weiterbildung der Priester
strukturiert werden soll.
Diese allgemeinen Kriterien oder Prinzipien der Organisa-
tion müssen entworfen werden von ihrer Zielsetzung her, die
ihnen vorgegeben ist, oder – treffender ausgedrückt – sie sind
in ihr zu suchen.
Sie muss von der Kirche erteilt werden
90. Weiterbildung ist Recht und Pflicht des Priesters, sie
zu erteilen, ist Recht und Pflicht der Kirche. Dies ist daher
vom allgemeinen Recht festgelegt.398 Wie nämlich die Berufung
zum heiligen Dienst empfangen wird in der Kirche, so kommt
es allein der Kirche zu, die spezifische Ausbildung gemäß der
Verantwortung dieses Dienstes vorzuschreiben. Weil die Wei-
terbildung eine Unternehmung ist, die an die Ausübung des
Amtspriestertums gebunden ist, gehört sie in die Verantwor-
tung des Papstes und der Bischöfe. Die Kirche hat deshalb die
Pflicht und das Recht, die Ausbildung ihrer Diener fortzufüh-
ren, um ihnen beim Fortschritt zu helfen im großzügigen Ant-
worten auf die Gabe, die Gott ihnen verliehen hat.
Der Amtsträger hat mit der Weihe – als Erfordernis der
Gabe – auch das Recht erhalten, seitens der Kirche die nötige
Hilfe zu empfangen, um seinen Dienst wirksam und heiligmä-
ßig zu erfüllen.
Sie muss kontinuierlich sein
91. Die Bildungstätigkeit gründet auf einem dynamischen,
dem Charisma des Amtes innewohnenden Anspruch, wobei
398 Vgl. CIC, can. 279.
147

15.8 Page 148

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das Amt selbst in sich fortdauernd Bestand hat und unwider-
ruflich ist. Sie kann darum niemals als abgeschlossen gelten,
weder auf seiten der Kirche, die sie vorschreibt, noch auf sei-
ten des Amtsträgers, der sie erhält. Es ist also notwendig, sie in
solcher Weise zu konzipieren und zu entfalten, dass alle Pries-
ter sie stets empfangen können, wobei jenen Möglichkeiten und
Eigenheiten Rechnung zu tragen ist, die mit der Verschieden-
heit in Alter, Lebensbedingungen und anvertrauten Aufgaben
verbunden sind.399
Sie muss umfassend sein
92. Eine solche Ausbildung soll alle Dimensionen der
priesterlichen Bildung umfassen und aufeinander abstimmen.
Sie soll also darauf ausgerichtet sein, dass jedem Priester zur
Entfaltung einer menschlich gereiften Persönlichkeit im Geist
des Dienstes an den anderen verholfen wird, welche Aufgabe
auch immer ihm anvertraut wird; dass er in Übereinstimmung
mit dem Lehramt der Kirche in den theologischen400 und auch
in den Humanwissenschaften, die mit seinem Dienst verbun-
den sind, intellektuell ausgebildet ist, damit er mit größerer
Wirksamkeit seine Aufgabe als Zeuge des Glaubens ausüben
kann; dass er ein tiefes und solides geistliches Leben zu führen
vermag, das von der Vertrautheit mit Jesus Christus und von
der Liebe zur Kirche genährt wird; dass er seinen pastoralen
Dienst mit Einsatz und Hingabe ausüben kann.
Daher muss eine solche Ausbildung umfassend sein: in
399 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 76.
400 Vgl. KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Instruktion Donum
veritatis über die kirchliche Berufung des Theologen (24. Mai 1990), 21-41:
AAS 82 (1990), 1559-1569; INTERNATIONALE THEOLOGISCHE KOMMISSION,
Theses Rationes magisterii cum theologia über die Beziehung zwischen kirchlichem
Lehramt und Theologie (6. Juni 1976), These Nr. 8: “Gregorianum” 57 (1976),
549-556.
148

15.9 Page 149

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gleicher Weise spirituell, pastoral, menschlich, intellektuell, sys-
tematisch und personal.
Menschliche Bildung
93. Die menschliche Bildung ist besonders wichtig, denn
„ohne eine angemessene menschliche Bildung entbehrte die
ganze Priesterausbildung ihrer notwendigen Grundlage“401; sie
stellt objektiv die Grundlage dar, auf der es möglich ist, den
Bau der intellektuellen, geistlichen und pastoralen Formung zu
errichten. Der Priester darf nicht vergessen, dass er „aus den
Menschen erwählt, […] einer von ihnen bleibt und gerufen ist,
ihnen zu dienen, indem er ihnen das Leben Gottes schenkt“402.
Darum wird sich der Priester als Bruder unter Brüdern, um
sich zu heiligen und um seine priesterliche Sendung zu erfül-
len, mit einer guten Ausrüstung an menschlichen Tugenden
präsentieren müssen, die ihn der Achtung seiner Brüder wert
werden lassen. Man muss daran erinnern, dass es „für den
Priester, der andere auf dem Weg durchs Leben und bis zur
Pforte des Todes begleiten soll, wichtig ist, dass er selbst Herz
und Verstand, Vernunft und Gefühl, Leib und Seele ins rechte
Gleichgewicht gebracht hat und menschlich ‚integer‘ ist.“403
Den Blick fest auf Christus gerichtet, wird er besonders
die Herzensgüte praktizieren müssen, Geduld, Liebenswürdig-
keit, Charakterfestigkeit, Gerechtigkeitssinn, Ausgeglichenheit,
Treue zum gegebenen Wort, Kohärenz mit freiwillig über-
nommenen Verpflichtungen, etc.404
401 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 43; vgl.. II. VAT. KONZ., Dekret Optatam totius, 11.
402 BENEDIKT XVI., Videobotschaft an die Teilnehmer der Internationalen
Priesterexerzitien in Ars (27. September – 3. Oktober 2009): Insegnamenti V/2
(2009), 300-303.
403 BENEDIKT XVI., Brief an die Seminaristen (18. Oktober 2010), 6: l.c.,
797-798.
404 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 3.
149

15.10 Page 150

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Ebenso ist es wichtig, dass der Priester über sein soziales
Verhalten nachdenkt, über die Korrektheit der verschiedenen
Formen menschlicher Beziehungen, über Werte der Freund-
schaft, über gute Umgangsformen, usw. Die beständige Wei-
terbildung in diesem Bereich begünstigt das Wachstum in den
menschlichen Tugenden und hilft dem Priester, jeden Augen-
blick „die Einheit des Lebens in der Erfüllung ihres Diens-
tes“405 zu leben, von den herzlichen Umgangsformen über die
normalen Regeln eines guten Verhaltens bis hin zur Fähigkeit,
sich in jedem Kontext entsprechend zu verhalten.
Es gibt eine Verbindung zwischen natürlich-menschlichem
Leben und geistlichem Leben, die abhängt von der dem
menschlichen Wesen eigenen Einheit von Leib und Seele, und
aus diesem Grund ist die „Struktur“ der menschlichen Persön-
lichkeit, dort wo schwerwiegende menschliche Defizite beste-
hen, niemals sicher vor plötzlichen „Zusammenbrüchen“.
Ebenso ist es wichtig, dass der Priester über sein soziales
Verhalten nachdenkt, über die Korrektheit und die gute Erzie-
hung – die auch der Liebe und der Demut enstammen – in den
verschiedenen Formen menschlicher Beziehungen, über die
Werte der Freundschaft, über gute Umgangsformen, etc.
Schließlich muss diese Bildung in der heutigen kulturellen
Situation auch so ausgerichtet sein, dass sie zur menschlichen
Reifung beiträgt, auch unter Zuhilfenahme, falls dies sich als
als notwendig erweisen sollte, der psychologischen Wissen-
schaften406. Auch wenn diese Formung in ihren Inhalten
schwer zu bestimmen ist, wird sie unweigerlich Ausgeglichen-
heit und Harmonie umfassen in der Integration der Bestrebun-
405 Ibid., 14.
406 Vgl. KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE BILDUNGSWESEN,
Leitlinien für die Anwendung der Psychologie bei der Aufnahme und Ausbildung von
Priesteramtskandidaten (29. Juni 2008), 5: “L’Osservatore Romano”, 31. Oktober
2008, 4f.
150

16 Pages 151-160

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16.1 Page 151

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gen und der Werte, sowie eine psychische und affektive Stabili-
tät, Klugheit, Objektivität in den Urteilen, Stärke in der Be-
herrschung des eigenen Charakters, Aufgeschlossenheit, etc.
Auf diese Weise wird man den Priestern, vor allem den jünge-
ren unter ihnen, helfen, an menschlicher und affektiver Reife
zu gewinnen. In Bezug auf letzteren Aspekt wird man auch
lehren, mit Taktgefühl die Keuschheit zu leben, verbunden mit
Bescheidenheit und Zurückhaltung, insbesondere im weisen
Gebrauch von Fernsehen und Internet.
Besonders wichtig ist in der Tat eine Bildung im Gebrauch
des Internet und der neuen Kommunikationstechnologien all-
gemein. Nüchternheit und Maß sind notwendig, um Hinder-
nisse für ein Leben in der Vertrautheit mit Gott zu umgehen.
Das Web enhält große Potentialitäten im Hinblick auf die
Evangelisierung. Wenn aber diese Potentialitäten schlecht ge-
nutzt werden, können sie den Seelen auch schweren Schaden
zufügen; zuweilen kann sich unter dem Vorwand einer besse-
ren Zeitausnutzung oder des notwendigen Informiertseins eine
ungeordnete Neugier entwickeln, die die stets notwendige
Sammlung behindert, von der die Wirksamkeit des Einsatzes
abhängt.
Zweifellos bildet der Gebrauch des Internet eine nützliche
Gelegenheit, um mit der Verkündigung des Evangeliums viele
Menschen zu erreichen. Dennoch muss der Priester klug und
ausgewogen seinen Einsatz abwägen, so dass er seinem pasto-
ralen Dienst keine Zeit stiehlt, im Hinblick auf die Verkündi-
gung des Wortes Gottes, die Feier der Sakramente, die geistli-
che Leitung, etc., Aspekte, in denen er wirklich unersetzlich ist.
In jedem Fall wird seine Beteiligung in diesen Bereichen stets
eine besondere Nächstenliebe spiegeln müssen, einen Sinn für
das Übernatürliche, Nüchternheit und Maß, um zu bewirken,
dass sich alle nicht so sehr von der Person des Priesters als
vielmehr von Jesus Christus, unserem Herrn selbst angezogen
fühlen.
151

16.2 Page 152

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Spirituelle Formung
94. Unter Bezugnahme auf all das, was bereits ausführlich
zum geistlichen Leben dargelegt wurde, wird an dieser Stelle
lediglich auf einige praktische Methoden der Bildung verwie-
sen.
Vor allem wäre es notwendig, die entscheidenden Aspekte
der priesterlichen Existenz zu vertiefen, indem besonders die
biblische, patristische, theologische und hagiographische Lehre
herangezogen werden. Darin soll sich der Priester ständig auf
dem Laufenden halten, nicht nur durch die Lektüre guter Bü-
cher, sondern auch durch die Teilnahme an Kursen, Tagungen,
usw. 407
Besondere Studientage sollten der Sorge um die Feier der
Sakramente gewidmet sein, wie auch dem Studium von Fragen
der Spiritualität, wie etwa christliche und menschliche Tugen-
den, Formen des Gebets, Beziehung zwischen dem geistlichen
Leben und liturgischem Dienst, Pastoral, usw.
Konkret wäre es wünschenswert, dass jeder Priester, wo-
möglich in zeitlicher Übereinstimmung mit geistlichen Übun-
gen, einen eigenen Entwurf seines persönlichen Lebens ausar-
beitet, in Absprache mit seinem geistlichen Begleiter. Dafür
wollen wir einige Punkte andeuten: 1. tägliche Meditation des
Wortes der Schrift oder eines Glaubensgeheimnisses; 2. tägli-
che Begegnung mit Jesus in der Eucharistie, über die andächti-
ge Feier der Heiligen Messe und die häufige Beichte hinaus; 3.
marianische Frömmigkeit (Rosenkranz, Weihe, vertrautes
Zwiegespräch); 4. Zeit für theologische und hagiographische
Weiterbildung; 5. gebührende Ruhepause; 6. erneutes Bemü-
407 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 19; Dekret Optatam
totius, 22; CIC, can. 279, § 2; KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE
BILDUNGSWESEN, Ratio Fundamentalis Institutionis Sacerdotalis (19. März 1985),
101.
152

16.3 Page 153

▲back to top
hen um Verwirklichung der Weisungen des eigenen Bischofs
und Überprüfung der eigenen überzeugten Zustimmung zum
Lehramt und zur Ordnung der Kirche; 7. Pflege von Einheit
sowie Freundschaft und Brüderlichkeit unter den Priestern.
Andere Aspekte wie die eigene Zeiteinteilung und der
Gebrauch des Besitzes, die Arbeit und die Wichtigkeit, mit an-
deren zusammenzuarbeiten, sollten ebenfalls vertieft werden.
Intellektuelle Bildung
95. Im Blick auf den enormen Einfluss humanistisch-
philosophischer Strömungen in der modernen Kultur und un-
ter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Priester nicht im-
mer entsprechende Ausbildung in diesen Disziplinen erworben
haben (vielleicht auch, weil sie von unterschiedlichen Studien-
ausrichtungen geprägt sind), ist es notwendig, dass in den Stu-
dientagen die hauptsächlichen humanistischen und philosophi-
schen Themen behandelt werden oder auch Themen, „die mit
den theologischen [Wissenschaften] verbunden sind, […] so-
weit sie im besonderen zur Ausübung des Hirtendienstes“ bei-
tragen.408
Diese Themen stellen auch eine wertvolle Hilfe dar, um
die Hauptfragen der Heiligen Schrift, der Fundamentaltheolo-
gie, der Dogmatik und der Moraltheologie, der Liturgie, des
Kanonischen Rechts, des Ökumenismus, usw. in der richtigen
Weise zu behandeln. Dabei ist darauf zu achten, dass die Dar-
legung dieser Themen weder nur „problematisierend“ noch
rein theoretisch oder informativ erfolgt, sondern zu einer au-
thentischen Bildung, d.h. zum Gebet, zur Gemeinschaft und
zum pastoralen Handeln, führen soll. Außerdem wird das –
möglichst tägliche – Studium von Handbüchern oder philoso-
408 CIC, can. 279, § 3; KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE
BILDUNGSWESEN, Dekret zur Reform der kirchlichen Studien der Philosophie (28.
Januar 2011), 8ff.: AAS 103 (2011), 148ff.
153

16.4 Page 154

▲back to top
phischen oder theologischen Abhandlungen und dem Kirchen-
recht eine große Hilfe sein, um das sentire cum Ecclesia zu vertie-
fen; in dieser Aufgabe stellen der Katechismus der Katholischen Kir-
che und sein Kompendium ein wertvolles und grundlegendes Mit-
tel dar.
In den Studientagen sollen die Dokumente des Lehramtes
gemeinsam und unter kompetenter Anleitung vertieft werden,
um in der diözesanen Pastoral jene Einheit der Interpretation
und der Praxis zu erleichtern, die dem Bemühen um die Evan-
gelisierung so sehr nützt.
Besonders wichtig für die intellektuelle Bildung ist die Be-
handlung aktueller Themen, wie z.B. jener, die sich auf die So-
zialethik, die Bioethik, sowie auf andere Themen von größerer
pastoraler Bedeutung beziehen.
Eine eingehende Behandlung soll ferner jenen Fragen ge-
widmet sein, die sich aus dem technischen Fortschritt ergeben,
der ja die Geisteshaltung und das Leben der heutigen Men-
schen so tief beeinflusst. Der Priester darf sich der Erfordernis
nicht entziehen, in angemessener Weise auf dem Laufenden zu
bleiben sowie bereit zu sein, Rede und Antwort zu stehen und
Zeugnis zu geben von seiner Hoffnung (vgl. 1Pt 3,15) ange-
sichts der Fragen, die ihm die Gläubigen – von denen viele ei-
ne höhere Bildung haben – stellen können, indem er von den
Fortschritten im Bereich der Wissenschaften unterrichtet ist
und es nicht unterlässt, auf die Beratung ausgebildeter und zu-
verlässiger Fachleute zurückzugreifen. So muss der Priester in
der Darlegung der Heiligen Schrift die progressive Zunahme
der intellektuellen Bildung der Menschen berücksichtigen und
sich ihrem Niveau anzupassen wissen, den verschiedenen
Gruppen oder ihrer Herkunft entsprechend.
Äußerst wichtig ist es ferner, die Soziallehre der Kirche zu
studieren, zu vertiefen und zu verbreiten. Den Anregungen des
Lehramtes folgend ist es erforderlich, dass das Interesse jedes
Priesters – und, durch sie, das Interesse aller Gläubigen – zu-
154

16.5 Page 155

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gunsten der Bedürftigen nicht auf der Ebene eines frommen
Wunsches bleibt, sondern sich in eine konkrete Verpflichtung
des Lebens übersetzt. „Heute mehr denn je ist sich die Kirche
bewusst, dass ihre soziale Botschaft in erster Linie im Zeugnis
der Werke Glaubwürdigkeit erlangt, eher noch als in ihrer Ko-
härenz und inneren Logik.“409
Ein unerlässliches Erfordernis für die intellektuelle Bil-
dung der Priester ist die Kenntnis und der weise Gebrauch der
sozialen Kommunikationsmittel in ihrer Tätigkeit. Diese stel-
len, wenn sie gut verwendet werden, ein providentielles Instru-
ment der Evangelisierung dar, indem so nicht nur eine große
Zahl von Gläubigen erreicht, sondern auch tiefgehend auf ihre
Geisteshaltung und Verhaltensweise eingewirkt werden kann.
Dazu wäre es angemessen, dass der Bischof oder die Bi-
schofskonferenz selbst Programme und technische Mittel vor-
bereiten, die für diesen Zweck geeignet sind. Zugleich muss
der Priester jede Art von Zurschaustellung vermeiden, so dass
nicht er es ist, der vor den Frauen und Männern seiner Zeit
brilliert, sondern dass Christus hervortritt.
Pastorale Ausbildung
96. Für eine entsprechende pastorale Bildung ist es nötig,
Studientage zu veranstalten, die als Hauptziel die Reflexion
über den Pastoralplan der Diözese haben sollten. Es sollte
auch die Behandlung all jener Fragen nicht fehlen, die zum Le-
ben und zur pastoralen Tätigkeit der Priester gehören, wie z.B.
die Fundamentalmoral, die Berufs- und Sozialethik, etc. Von
besonderem Interesse könnte die Veranstaltung von Kursen
oder Seminaren über die Pastoral des Bußsakraments sein410
409 Vgl. JOHANNES PAUL II., Enzyklika Centesimus annus (1. Mai 1991),
57: AAS 83 (1991), 862-863.
410 Vgl. PÄPSTLICHER RAT FÜR DIE FAMILIE, “Vademecum” für Beichtväter
in einigen Fragen der Ehemoral (12. Februar 1997), “L’Osservatore Romano”,
155

16.6 Page 156

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oder über praktische Fragen der geistlichen Leitung, sowohl
allgemein wie auch in besonderen Situationen. Die praktische
Ausbildung im Bereich der Liturgie ist ebenso von besonderer
Wichtigkeit. Besondere Aufmerksamkeit sollte darauf gerichtet
werden, zu lernen, die heilige Messe gut zu zelebrieren – wie
bereits bemerkt wurde ist die ars celebrandi eine Bedingung sine
qua non der actuosa partecipatio der Gläubigen – und auch auf die
Anbetung außerhalb der Messe.
Andere Themen, deren Behandlung für eine entsprechen-
de pastorale Bildung besonders nützlich ist, können jene sein,
die sich auf die Katechese, die Familie, die Berufungen zum
Priestertum oder zum Ordensleben, die Kenntnis des Lebens
und der Spiritualität der Heiligen, die Jugend, die Menschen im
vorgerückten Alter, den Ökumenismus, die sogenannten
„Fernstehenden“, Fragen der Bioethik etc. beziehen.
Es ist für die Pastoral unter den gegenwärtigen Bedingun-
gen sehr wichtig, dass besondere Kurse veranstaltet werden,
um den Katechismus der Katholischen Kirche zu vertiefen und sich
anzueignen. Dieser stellt ja, besonders für die Priester, ein
wertvolles Instrument der Bildung dar, sowohl für die Predigt
als auch für die Evangelisierung im allgemeinen.
Sie muss systematisch und vollständig sein
97. Damit die Weiterbildung umfassend sei, soll sie ent-
sprechend strukturiert sein, „nicht als etwas Episodisches,
sondern als systematisches, inhaltliches Angebot, das sich
durch verschiedene Etappen hindurch entfaltet und durch prä-
zise Formen bestimmt ist“411. Dies macht eine gewisse organi-
satorische Struktur notwendig, die in angemessener Weise Mit-
tel, Zeiten und Inhalte für ihre konkrete und adäquate Ver-
2. März 1997, suppl.
411 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 79.
156

16.7 Page 157

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wirklichung vorsieht. In dieser Hinsicht wird es nützlich sein,
im Leben des Priesters auf Themen zurückzukommen wie: die
Kenntnis der Heiligen Schrift in ihrer Gesamtheit, die Kennt-
nis der Kirchenväter und der großen Konzilien; der einzelnen
Glaubensinhalte in ihrer Einheit; der wesentlichen Fragen der
Moraltheologie und der Soziallehre der Kirche; der Theologie
der Ökumene und der grundlegenden Leitlinien hinsichtlich
der großen Religionen in Bezug auf den ökumenischen, inter-
religiösen und interkulturellen Dialog; der Philosophie und des
Kirchenrechts.412
Dieser organisierten Weiterbildung muss sich das persön-
liche Studium anschließen, weil auch periodische Kurse von
geringem Nutzen wären, wenn sie nicht vom persönlichen
Studium begleitet wären.413
Sie muss auf die einzelne Person zugeschnitten sein
98. Auch wenn sie sich an alle wendet, bleibt das direkte
Ziel der Weiterbildung der Dienst an jedem einzelnen, der sie
in Anspruch nimmt. Deshalb muss es neben den kollektiven
oder gemeinsamen Mitteln auch andere geben, die darauf ab-
zielen, die persönliche Bildung zu einer wirklich personalen zu
machen.
Aus diesem Grund ist, besonders unter den Verantwortli-
chen, das Bewusstsein zu fördern, dass jeder Priester persön-
lich erreicht werden soll, indem man sich um jeden sorgt, und
sich nicht damit zufrieden gibt, allen die verschiedenen Ange-
bote zur Verfügung zu stellen.
Jeder Priester soll sich seinerseits ermutigt fühlen, nach
dem Wort und dem Beispiel seines Bischofs und der Mitbrüder
412 Vgl. KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE BILDUNGSWESEN,
Ratio fundamentalis institutionis sacerdotalis (19. März 1985), 76ss.
413 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 79.
157

16.8 Page 158

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im Priesteramt, die eigene Verantwortung für seine Bildung zu
übernehmen, da er der erste Ausbilder seiner selbst ist.414
3.2. Organisation und Mittel
Studientage und Priestertreffen
99. Das Programm der Studientage für Priestertreffen soll
durch Einheitlichkeit und durch etappenweises Fortschreiten
gekennzeichnet sein.
Diese Einheitlichkeit soll in der Angleichung an Christus zur
Konvergenz kommen, und zwar so, dass die Wahrheit des Glau-
bens, das geistliche Leben und die Ausübung des Dienstes zur
fortschreitenden Reifung des gesamten Presbyteriums führen.
Der einheitliche Bildungsweg ist durch klar definierte
Etappen zu gliedern. Dies wird besondere Aufmerksamkeit für
die verschiedenen Altersgruppen unter den Priestern erfor-
dern, von denen keine übersehen werden darf, wie auch eine
Überprüfung der zurückgelegten Etappen. Dabei ist darauf zu
achten, die gemeinsamen Bildungswege mit den persönlichen
Bildungswegen, ohne die die ersteren nicht zum Erfolg führen
könnten, in Übereinstimmung zu bringen.
Die Studientage der Priester sind erforderlich, um in der
Gemeinschaft zu wachsen, für eine immer größere Bewusst-
seinsbildung und für eine angemessene Behandlung der jeder
Altersgruppe eigenen Probleme.
Bezüglich der Inhalte solcher Studientage kann man auf
Themen zurückgreifen, die eventuell von nationalen oder regi-
onalen Bischofskonferenzen vorgeschlagen wurden. Auf jeden
Fall ist es notwendig, dass diese Inhalte in einer genauen Bil-
dungsplanung der Diözese festgelegt werden, die möglichst je-
des Jahr zu erneuern ist.415
414 Vgl. ibid.
415 Vgl. ibid.
158

16.9 Page 159

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Organisation und Realisierung können vom Bischof in
kluger Weise einer Fakultät sowie theologischen oder pastora-
len Instituten anvertraut werden, dem Seminar, Organisationen
oder Einrichtungen, die sich der Priesterbildung widmen,416
oder einem anderen spezialisierten Zentrum oder Institut, je-
weils nach den gegebenen Möglichkeiten, sei es ein diözesanes,
regionales oder nationales. Es soll dabei nur die Übereinstim-
mung mit den Erfordernissen der Rechtgläubigkeit, der Treue
zum Lehramt und zur kirchlichen Ordnung ebenso wie die
wissenschaftliche Kompetenz und die angemessene Kenntnis
der wirklichen pastoralen Situationen gewährleistet sein.
Pastoraljahr
100. Es ist Aufgabe des Bischofs, eventuell auch durch ei-
ne klug gewählte Zusammenarbeit, dafür zu sorgen, dass in
dem auf die Weihe zum Priester oder zum Diakon folgenden
Jahr ein sogenanntes Pastoraljahr geplant wird. Dieses soll den
Übergang vom unerlässlichen Leben im Seminar zur Aus-
übung des heiligen Dienstes durch ein stufenweises Vorgehen
erleichtern und so eine fortschreitende, harmonische, mensch-
liche und spezifisch priesterliche Reifung unterstützen.417
Während dieses Jahres wird es erforderlich sein, zu ver-
meiden, dass die Neugeweihten übermäßig schwierigen oder
heiklen Situationen ausgesetzt werden. Ebenso sind Einsatzor-
te zu vermeiden, in denen sie weit entfernt von den Mitbrü-
dern arbeiten müssen. Es wäre im Gegenteil gut, nach Mög-
416 Vgl. ibid.; II. VAT. KONZ., Dekret Optatam totius, 22; Dekret
Presbyterorum Ordinis, 19.
417 Vgl. PAUL VI., Apostolisches Schreiben Ecclesiae Sanctae (6. August
1966), I, 7: AAS 58 (1966), 761; KONGREGATION FÜR DEN KLERUS,
Rundschreiben an die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen Inter ea (4.
November 1969), 16: l.c., 130-131; KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE
BILDUNGSWESEN, Ratio Fundamentalis Institutionis Sacerdotalis (19. März 1985),
63; 101; CIC, can. 1032, § 2.
159

16.10 Page 160

▲back to top
lichkeit eine geeignete Form gemeinsamen Lebens zu fördern.
Diese Zeit der Ausbildung könnte in einem ausdrücklich
dafür vorgesehenen Haus (Wohnhaus für Kleriker) verbracht
werden oder an einem Ort, der einen bestimmten und zuver-
lässigen Bezugspunkt für alle Priester während der Periode der
ersten pastoralen Erfahrungen darstellen könnte. Dies würde
das Gespräch und die Begegnung mit dem Bischof und mit
den Mitbrüdern, das gemeinsame Gebet, insbesondere das
Stundengebet, wie auch andere fruchtbare Frömmigkeitsübun-
gen, darunter die eucharistische Anbetung, der Rosenkranz,
etc., den Austausch von Erfahrungen, die gegenseitige Ermuti-
gung sowie die Entstehung guter freundschaftlicher Beziehun-
gen erleichtern.
Es ist angebracht, dass der Bischof die Neugeweihten zu Mit-
brüdern sendet, die sich durch beispielhaftes Leben und pastoralen
Eifer auszeichnen. Der erste Einsatzort sollte, trotz der oft schwe-
ren pastoralen Nöte, vor allem dazu geeignet sein, die jungen Pries-
ter in rechter Weise einzuführen. Das Opfer eines Jahres könnte
sich in der Zukunft als sehr fruchtbringend erweisen.
Im besonderen soll unterstrichen werden, dass dieses heik-
le und wertvolle Jahr zum Ziel hat, die volle Reifung der be-
reits im Seminar begonnenen Bekanntschaft zwischen Priester
und Bischof zu fördern, die eine echte Beziehung, wie zwi-
schen Vater und Sohn, werden soll.
In Bezug auf die intellektuelle Seite sollte dieses Jahr nicht
so sehr eine Zeit des Erlernens neuer Inhalte sein, sondern
eher der vertieften Aneignung und Verinnerlichung dessen
dienen, was in den vorgeschriebenen Kursen studiert wurde.
Auf diese Weise soll die Heranbildung einer Geisteshaltung
unterstützt werden, die in der Lage ist, das Einzelne im Licht
des Heilsplanes Gottes zu deuten.418
418 Vgl. KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE BILDUNGSWESEN,
Ratio Fundamentalis Institutionis Sacerdotalis (19. März 1985), 63.
160

17 Pages 161-170

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17.1 Page 161

▲back to top
In diesen Zusammenhang könnten in geeigneter Form
Vorlesungen und Seminare über praktische Fragen der Beichte,
der Liturgie, der Katechese und der Predigt, des Kanonischen
Rechts, der Spiritualität der Priester, der Laien sowie der Or-
densmänner und Ordensfrauen, der Soziallehre, der Kommu-
nikation und ihrer Mittel, der Kenntnis von Sekten und For-
men „neuer Religiosität“, etc. eingebaut werden.
Praktisch kann also gesagt werden, dass der Weg, den das
Pastoraljahr durchlaufen soll, das Bemühen um Synthese ist.
Jedes Element soll so dem grundlegenden Projekt der Reifung
des geistlichen Lebens entsprechen.
Der Erfolg des Pastoraljahres ist im übrigen immer vom
persönlichen Einsatz des Betroffenen abhängig, der sich jeden
Tag um Heiligung bemühen soll, und dabei all jene Formen
anzuwenden sucht, die ihm bereits im Seminar geholfen haben.
Wenn es in einigen Diözesen praktische Schwierigkeiten geben
sollte – Priestermangel, eine große Menge an Pastoralarbeit,
etc. –, dann muss der Bischof, um ein Jahr mit den oben ge-
nannten Kennzeichen möglich zu machen, überlegen, wie er
die verschiedenen Vorschläge für das Pastoraljahr den konkre-
ten Gegebenheiten anpassen kann. Dabei muss er berücksich-
tigen, dass sich dieses Jahr als sehr wichtig für die Formung
und die Ausdauer der jungen Priester in ihrem Dienst erweist.
Zeiten der Erholung
101. Die Gefahr der Gewohnheit, die körperliche Er-
schöpfung aufgrund der Arbeitslast, der insbesondere heutzu-
tage die Priester in ihrem Dienst unterliegen, ebenso psychi-
sche Erschöpfung, oft verursacht durch die häufige Auseinan-
dersetzung mit Verkennung, Missverständnissen, Vorurteilen,
der Widerstand gegen organisierte und machtvolle Kräfte, die
in der Öffentlichkeit die Meinung durchsetzen wollen, dass der
Priester heute zu einer kulturell überlebten Minderheit gehöre:
161

17.2 Page 162

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das alles sind darüber hinaus Faktoren, die im Gemüt des Seel-
sorgers dazu führen können, dass er sich nicht mehr wohl
fühlt.
Ungeachtet der pastoralen Dringlichkeiten, ja gerade um
ihnen wirksam und angemessen zu begegnen, ist es notwendig,
unsere Grenzen zu erkennen, „die Demut zu finden und zu
haben, den Mut zu haben auszuruhen“419. Auch wenn die re-
gelmäßige normale Erholung das wirksamste Mittel ist, die
Kräfte zu stärken und für das Reich Gottes weiterzuarbeiten,
kann es nützlich sein, den Priestern mehr oder weniger ausge-
dehnte Zeiten zu gewähren, um in größerer Ruhe und intensi-
ver mit Jesus, dem Herrn, zusammmensein zu können und da-
bei wieder Kraft und Mut zu finden für die Fortsetzung des
Weges der Heiligung.
Um diesem besonderen Erfordernis zu entsprechen, sind
vielerorts verschiedene Initiativen erprobt worden, oft mit viel-
versprechenden Ergebnissen. Diese Erfahrungen sind wertvoll
und können in Erwägung gezogen werden trotz der Schwierig-
keiten, die in einigen Gebieten auftreten, wo man mehr unter
zahlenmäßigem Priestermangel leidet.
Für diesen Zweck könnten die Klöster, Wallfahrtsstätten
oder andere Gnadenorte eine bedeutende Funktion überneh-
men. Sie sollten möglichst außerhalb der Ballungszentren gele-
gen sein und den Priester für den Zeitraum, in dem er sich dort
zurückzieht, von unmittelbaren pastoralen Verantwortlichkei-
ten befreien.
In einigen Fällen könnte nützlich sein, dass diese Aufent-
halte zur Zielsetzung das Studium haben oder die Vertiefung
der theologischen Wissenschaften, ohne gleichzeitig dabei den
Zweck der geistlichen und apostolischen Wiedererstarkung zu
vernachlässigen.
419 BENEDIKT XVI., Gebetsvigil zum Abschluss des Priesterjahres (10. Juni
2010): l.c., 397-406.
162

17.3 Page 163

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In jedem Falle sei sorgfältig die Gefahr vermieden, diese
Zeiten als Ferien zu betrachten oder als Anrecht einzufordern;
und ganz besonders soll der Priester in den Tagen der Erho-
lung das Bedürfnis spüren, das eucharistische Opfer zu feiern,
Zentrum und Quelle seines Lebens.
Priesterhaus
102. Wo es möglich ist, ist die Errichtung eines „Hauses
des Klerus“ wünschenswert, in denen nicht nur die erwähnten
Zusammenkünfte zur Aus- und Weiterbildung gehalten wer-
den, sondern das auch Ort der Begegnung und Bezugspunkt
für zahlreiche andere Gelegenheiten sein könnte. So ein Haus
müsste alle jene organisatorischen Einrichtungen bieten, die es
angenehm und anziehend machen können.
Wo es ein derartiges Zentrum noch nicht gibt und die
Notwendigkeit es nahelegt, ist es empfehlenswert, auf nationa-
ler oder regionaler Ebene geeignete Einrichtungen für Priester
in besonderen Notlagen zu errichten, wo sie die physischen,
psychischen und geistlichen Kräfte wiedererlangen können.
Einkehrtage und Exerzitien
103. Wie die lange spirituelle Erfahrung der Kirche zeigt,
sind Einkehrtage und Exerzitien geeignetes und wirksames In-
strument für eine angemessene und dauernde Fortbildung des
Klerus. Sie bewahren auch heute zur Gänze ihre Notwendig-
keit und Aktualität. Gegen eine Praxis, die dazu neigt, dem
Menschen alles abzusprechen, was Innerlichkeit ist, muss der
Priester Gott und sich selbst finden, indem er geistlich inne-
hält, um sich in Meditation und Gebet zu vertiefen.
Daher legt das Kirchenrecht fest, dass die Kleriker „zu
geistlichen Einkehrtagen gemäß den Vorschriften des Partiku-
163

17.4 Page 164

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larrechtes verpflichtet“ sind.420 Die beiden gebräuchlichsten
Arten, die vom Bischof in seiner eigenen Diözese vorgeschrie-
ben werden könnten, sind der Einkehrtag, womöglich monat-
lich, und die jährlichen, zum Beispiel sechstägigen Exerzitien.
Es ist sehr angebracht, dass der Bischof Einkehrtage und
jährliche Exerzitien so plant und organisiert, dass jedem Pries-
ter die Möglichkeit bleibt, die jährlichen Exerzitien aus jenen
zu wählen, die normalerweise in der Diözese stattfinden, oder
unter denen, die außerhalb der Diözese von beispielhaften
Priestern gehalten werden, oder von Priestervereinigungen421
oder Ordensgemeinschaften, die durch das ihnen eigene Cha-
risma in der geistlichen Ausbildung erfahren sind, oder in
Klöstern.
Es ist auch empfehlenswert, einen besonderen Einkehrtag
für die Priester zu veranstalten, die in den letzten Jahren ge-
weiht wurden, an diesem möge auch der Bischof aktiv teil-
nehmen.422
Während solcher Zusammenkünfte ist es wichtig, dass
geistliche Themen im Mittelpunkt stehen. Sie sollen weiten
Raum für Stille und Gebet bieten. Besondere Sorgfalt soll den
liturgischen Feiern, dem Sakrament der Buße, der eucharisti-
schen Anbetung, der geistlichen Begleitung und der Verehrung
der seligen Jungfrau Maria gelten.
Um diesen Mitteln der formatio permanens größere Wichtig-
keit und Wirksamkeit zu verleihen, könnte der Bischof einen
Priester eigens mit der Aufgabe betrauen, die Termine und den
Ablauf zu planen. Jedenfalls sollen die Einkehrtage und beson-
ders die jährlichen Exerzitien Zeiten intensiven Gebetes sein
und nicht die Form von Kursen zur theologisch-pastoralen
420 CIC, can. 276, § 2, 4°; vgl. cann. 533, § 2; 550, § 3.
421 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 8.
422 Vgl. KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE BILDUNGSWESEN,
Ratio Fundamentalis Institutionis Sacerdotalis (19. März 1985), 101.
164

17.5 Page 165

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Weiterbildung annehmen.
Nötige Planung
104. Auch wenn man die Schwierigkeiten anerkennt, die
einer beständigen Weiterbildung gewöhnlich entgegenstehen,
vor allem wegen der zahlreichen und belastenden Aufgaben, zu
denen die Priester gerufen sind, können doch alle Schwierig-
keiten überwunden werden, wenn man sich dafür wahrhaft mit
Verantwortungsbewusstsein einsetzt.
Um den Gegebenheiten gewachsen zu bleiben und sich
den Ansprüchen der dringenden Aufgabe der Evangelisierung
zu stellen, wird – unter anderem – eine mutige Aktion pastora-
ler Leitung notwendig, deren Ziel in ganz besonderer Weise die
Sorge um die Priester ist. Es ist unverzichtbar, dass die Bischö-
fe mit der Kraft der Liebe verlangen, dass ihre Priester groß-
herzig die Anordnungen ausführen, die bezüglich dieser Mate-
rie rechtskräftig erlassen worden sind.
Das Vorhandensein eines Plans zur beständigen Weiter-
bildung bringt es mit sich, dass er nicht nur entworfen wird,
sondern dass zu seiner Verwirklichung auch geeignete Schritte
gesetzt werden. Daher ist eine klare Strukturierung der Arbeit,
nach Zielen, Inhalten und geeigneten Mitteln zu ihrer Realisierung
erforderlich. „Diese Verantwortung führt den Bischof in Ge-
meinschaft mit seinem Presbyterium dazu, einen Plan und ein
Programm zu entwerfen, die geeignet sind, die Weiterbildung
zu gestalten, nicht als etwas Vorübergehendes, sondern als sys-
tematisches, inhaltliches Konzept, das sich schrittweise entfal-
tet und zu einer genauen Vorgehensweise wird.“423
423 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 79.
165

17.6 Page 166

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3.3. Die Verantwortlichen
Der Priester selbst
105. Der erste und wichtigste Verantwortliche der eigenen
Weiterbildung ist der Presbyter selbst. Tatsächlich kommt je-
dem Priester die Pflicht zu, der Gabe Gottes und der Dynamik
der täglichen Bekehrung treu zu sein, die aus dem Geschenk
Gottes selbst kommt.424
Diese Pflicht beruht auf der Tatsache, dass niemand den
einzelnen Presbyter im Achten auf sich selbst (vgl. 1Tim 4,16)
ersetzen kann. In der Teilnahme am alleinigen Priestertum
Christi ist er nämlich gerufen, gemäß seiner einzigartigen und
unwiederholbaren Berufung, einige Aspekte des außerordentli-
chen Reichtums der Gnade, die er empfangen hat, zu offenba-
ren und zu verwirklichen.
Auf der anderen Seite sind die Bedingungen und Situatio-
nen des Lebens jedes einzelnen Priesters so, dass sie, auch vom
einfach menschlichen Standpunkt aus, fordern, dass er sich
persönlich so auf seine Weiterbildung einlässt, dass er seine ei-
genen Fähigkeiten und Möglichkeiten zur Entfaltung bringt.
Er soll daher aktiv an den Zusammenkünften zur Weiter-
bildung teilnehmen, indem er seinen eigenen Beitrag aufgrund
seiner Kompetenzen und konkreten Möglichkeiten leistet. Er
soll sich Bücher und Zeitschriften beschaffen und lesen, die
der rechten Lehre entsprechen und von bewährter Brauchbar-
keit für sein geistliches Leben und die fruchtbare Ausübung
seines Dienstes sind.
Den ersten Platz in der Lektüre müssen die Heilige Schrift,
sodann die Kirchenväter, die Kirchenlehrer sowie die klassi-
schen und modernen geistlichen Lehrmeister und die Doku-
mente des kirchlichen Lehramtes einnehmen. Letztere bilden
die Quelle für die Weiterbildung, die am meisten maßgebend
424 Vgl. ibid., 70.
166

17.7 Page 167

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und auf dem neuesten Stand ist; darüber hinaus sind auch die
Schriften von Heiligen und über ihr Leben sehr nützlich. Die
Priester sollen sie daher direkt und persönlich studieren und
vertiefen, um sie in angemessener Weise den gläubigen Laien
darlegen zu können.
Hilfe der Mitbrüder
106. In allen Aspekten der priesterlichen Existenz sollen
„die besonderen Bande der apostolischen Liebe, des Dienstes
und der Brüderlichkeit“425 sichtbar werden, auf die sich die ge-
genseitige Hilfe gründet, die die Presbyter einander zukommen
lassen.426 Es ist wünschenswert, dass die Zusammenarbeit aller
Priester in der Sorge um ihr geistliches und menschliches Le-
ben, um den priesterlichen Dienst und um alle Aspekte des
täglichen Daseins sich entwickelt und wächst. Die Hilfe, die in
diesem Bereich den Priestern gegeben werden muss, kann eine
solide Unterstützung in den verschiedenen Priestervereinigun-
gen finden. Es handelt sich um Vereinigungen, die „nach von
der zuständigen Autorität gebilligten Statuten, durch eine ge-
eignete und allgemein anerkannte Lebensordnung sowie durch
brüderlichen Beistand ihre Heiligkeit in der Ausübung des
Dienstes fördern und der Einheit der Kleriker untereinander
und mit dem eigenen Bischof dienen“427.
Aus dieser Sicht ist es erforderlich, sorgfältig das Recht je-
des Diözesanpriesters zu respektieren, sein eigenes geistliches
Leben in der Weise zu gestalten, die er für am meisten ange-
messen hält, klarerweise immer entsprechend den Merkmalen
der eigenen Berufung und den Verbindlichkeiten, die daraus
erwachsen.
Die Arbeit, die diese Vereinigungen wie auch die Bewe-
425 II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 8.
426 Vgl. ibid.
427 CIC, can. 278, § 2.
167

17.8 Page 168

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gungen und approbierten neuen Gemeinschaften zum Wohl
der Priester erfüllen, wird von der Kirche hoch geschätzt.428 Sie
erkennt heute darin ein Zeichen der Lebendigkeit, mit der der
Heilige Geist sie fortwährend erneuert.
Der Bischof
107. Wie groß und der pastoralen Sorge bedürftig auch der
Teil des Volkes Gottes sein mag, der dem Bischof anvertraut
ist, so soll er doch eine ganz besondere, seinem Dienstamt ent-
sprechende, Fürsorge für die formatio permanens seiner Presbyter
aufwenden.429
Die besondere Beziehung, die zwischen dem Bischof und
den Presbytern aufgrund der Tatsache besteht, „dass die Pries-
ter durch ihn ihr Priestertum empfangen und mit ihm die pas-
torale Sorge um das Gottesvolk teilen“430, bestimmt auch die
eigene und besondere Verantwortung des Bischofs im Bereich
der priesterlichen Weiterbildung. Der Bischof muss in der Tat
die Haltung eines Vaters gegenüber den eigenen Priestern ha-
ben, angefangen bei den Seminaristen. Dabei muss er die Fer-
ne und einen Stil, der einem bloßen Arbeitgeber zueigen ist,
vermeiden. Kraft dieser seiner Funktion muss er seinen Pries-
tern immer nahe und leicht für sie zu erreichen sein: seine erste
Sorge müssen die eigenen Priester sein, das heißt die Mitarbei-
ter in seinem bischöflichen Dienst.
Diese Verantwortung äußert sich sowohl gegenüber den
einzelnen Presbytern in der Weise, dass die Weiterbildung so-
428 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Presbyterorum Ordinis, 8; CIC, can. 278,
§ 2; JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo
vobis, 81.
429 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Christus Dominus, 16; JOHANNES PAUL II.,
Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores gregis (16. Oktober 2003), 47.
430 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 79.
168

17.9 Page 169

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weit wie möglich personalisiert ist, als auch gegenüber allen, in-
soweit sie das diözesane Presbyterium bilden. In diesem Sinn
soll der Bischof es nicht unterlassen, zuvorkommend die
Kommunikation und die Gemeinschaft unter den Presbytern
zu pflegen. Im besonderen soll er dafür Sorge tragen, das wah-
re Wesen der formatio permanens zu bewahren und zu fördern.
Er soll den Sinn der Priester für deren Wichtigkeit und Not-
wendigkeit verfeinern und schließlich für ihre Planung und
Organisation sorgen, indem er ein Konzept zur Weiterbildung
festlegt, die notwendigen Einrichtungen schafft und geeignete
Personen mit der Realisierung beauftragt.431
In der Sorge für die Weiterbildung seiner Priester ist es
notwendig, dass der Bischof sich selbst auf die eigene und per-
sönliche formatio permanens einlässt. Die Erfahrung lehrt, dass, je
mehr der Bischof, als erster, sich um die eigene Weiterbildung
bemüht und davon überzeugt ist, um so mehr wird er es ver-
stehen, die Weiterbildung seines Presbyteriums zu fördern und
zu unterstützen.
In dieser delikaten Aufgabe soll der Bischof den Priester-
rat um seine Mitarbeit bitten, auch wenn er selbst als Bischof
dabei eine unersetzbare, nicht delegierbare Rolle innehat. Der
Priesterrat scheint durch sein Wesen und seine Zielsetzung die
geeignete Einrichtung, ihn dabei besonders zu unterstützen,
was z.B. die Ausarbeitung des Konzeptes zur Weiterbildung
betrifft.
Außerdem wird jeder Bischof in der Bischofskonferenz
von den anderen Mitbrüdern im Bischofsamt Unterstützung
und Hilfe für seine Aufgabe erfahren.432
431 Vgl. ibid.: l.c., 797-798.
432 Vgl. II. VAT. KONZ., Dekret Optatam totius, 22; KONGREGATION FÜR
DAS KATHOLISCHE BILDUNGSWESEN, Ratio Fundamentalis Institutionis Sacerdotalis
(19. März 1985), 101.
169

17.10 Page 170

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Ausbildung der Ausbilder
108. Keine Weiterbildung ist möglich, wenn nicht – neben
der Person, die sie erhalten soll – auch die Person vorhanden
ist, die sie vermittelt. Die Qualität und Wirksamkeit eines Kon-
zeptes zur Weiterbildung sind zum Teil von den entsprechen-
den Einrichtungen abhängig, in erster Linie aber von den Per-
sonen, die Weiterbildung vermitteln.
Es liegt auf der Hand, dass die Verantwortung des Bi-
schofs gegenüber diesen Personen besonders unerlässlich ist,
da er an erster Stelle die schwierige Aufgabe hat, die Ausbilder
auszubilden, damit sie „jene ‚Wissenschaft der Liebe‘ haben,
„die man nur im ‚Herz-an-Herz-Sein‘ mit Christus erlernt“433.
So werden diese Priester unter der Führung des Bischofs lernen,
keinen anderen Wunsch zu haben als den, ihren Mitbrüdern
durch diese Arbeit der Formung und Ausbildung zu dienen.
Es ist daher notwendig, dass der Bischof selbst eine
Gruppe von Personen mit der Weiterbildung beauftragt. Diese
Personen müssen unter jenen Priestern ausgewählt werden, die
durch ihre Ausbildung und menschliche, geistliche, kulturelle
und pastorale Reife hoch qualifiziert und deswegen sehr geach-
tet werden. Die mit der Weiterbildung beauftragten Personen
müssen vor allem wirklich Menschen des Gebetes sein, Leh-
rende mit einem starken Sinn für das Übernatürliche, mit tie-
fem geistlichen Leben, einer beispielhaften Lebensführung, mit
entsprechender Erfahrung im priesterlichen Dienst, mit der
Fähigkeit, wie die Kirchenväter und die heiligen Lehrer aller
Zeiten, die geistlichen Erfordernisse mit denen im eigentliche-
ren Sinn menschlichen des Priesters zu verbinden. Sie können
auch aus den Mitgliedern der Seminarien, der von der kirchli-
chen Autorität approbierten akademischen Zentren oder Insti-
433 BENEDIKT XVI., Predigt. Eröffnung des Priesterjahres mit der Zweiten
Vesper am Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu (19. Juni 2009): Insegnamenti V/1
(2009), 1036.
170

18 Pages 171-180

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18.1 Page 171

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tutionen ausgewählt werden, sowie innerhalb jener Orden und
geistlichen Gemeinschaften, deren Charisma sich gerade auf
das Leben und die priesterliche Spiritualität bezieht. Auf jeden
Fall müssen die Rechtgläubigkeit der Lehre und die Treue zur
kirchlichen Ordnung garantiert sein. Die Personen, die mit der
Weiterbildung betraut sind, müssen überdies für den Bischof
Mitarbeiter seines Vertrauens sein; der Bischof bleibt der
Letztverantwortliche für die Weiterbildung der Priester, die
seine kostbarsten Mitarbeiter sind.
Es ist angebracht, dass eine Gruppe für die Planung und
Verwirklichung gebildet wird, aus Mitgliedern, die nicht zum
Kreis der Ausbilder gehören, und deren Ziel es ist, dem Bi-
schof zu helfen, die Inhalte festzulegen, die jährlich in jedem
Bereich der formatio permanens zu entwickeln sind; deren Aufga-
be ist auch die Vorbereitung der notwendigen Unterlagen; die
Vorbereitung von Kursen, Sitzungen, Zusammenkünften, Ein-
kehrtagen; die Organisation der Termine in der Weise, dass für
die Vertretung der abwesenden Presbyter vorgesorgt wird etc.
Um ein gutes Programm zu erhalten, kann auch der Rat von
Fachleuten zu besonderen Themen in Anspruch genommen
werden.
Während es ausreicht, dass eine Gruppe von Personen mit
der Weiterbildung beauftragt ist, können – wenn notwendig –
verschiedene Gruppen für die Planung und Realisierung beste-
hen.
Zusammenarbeit der Teilkirchen
109. Was vor allem die gemeinsamen Einrichtungen und
die Planung ihrer Nutzung für die Weiterbildung und deren
konkrete Inhalte betrifft – unter Beibehaltung der Veranwort-
lichkeit des eigenen Bischofs für sein Territoirum –, kann
durch gemeinsame Übereinkunft zwischen den verschiedenen
Teilkirchen festgelegt werden, sei es auf nationaler Ebene, sei
171

18.2 Page 172

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es auf regionaler mittels der betreffenden Bischofskonferen-
zen, vor allem, zwischen angrenzenden oder nahe beieinander-
liegenden Diözesen. So könnte man zum Beispiel, wenn es für
geeignet erachtet wird, jene interdiözesanen Strukturen benüt-
zen, wie Fakultäten, theologische und pastorale Institute und
Einrichtungen oder Vereinigungen, die mit der presbyteralen
Ausbildung befasst sind. Diese Vereinigung der Kräfte könnte,
außer der Verwirklichung der authentischen Communio zwi-
schen den Teilkirchen, allen qualifiziertere Möglichkeiten für
eine bessere Förderung der Weiterbildung bieten.434
Zusammenarbeit akademischer und spiritueller Zentren
110. Überdies können Institute für Studium und For-
schung, spirituelle Zentren, sowie Klöster von beispielhafter
Observanz und Wallfahrtskirchen ebenfalls Bezugspunkte für
die theologische und pastorale Weiterbildung sein, wie auch
Orte der Stille, des Gebets, der sakramentalen Beichte und der
geistlichen Begleitung, der heilsamen auch physischen Ruhe,
der Gelegenheit zu priesterlicher Gemeinschaft. Auf diese
Weise könnten auch die religiösen Gemeinschaften an der
Weiterbildung mitarbeiten und zu jener Erneuerung des Klerus
beitragen, die für die Neu-Evangelisierung des dritten Jahrtau-
sends erforderlich ist.
3.4. Anforderungen bezüglich diverser Lebensalter und
Situationen
Die ersten Jahre des Priestertums
111. Während der ersten Jahre nach der Priesterweihe sollten die
Priester äußerst bevorzugt werden, wenn es darum geht, jene
Lebens- und Arbeitsbedingungen zu finden, die ihnen erlau-
434 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 79.
172

18.3 Page 173

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ben, die in der Ausbildungszeit im Seminar erworbenen Ideale
in die Praxis umsetzen zu können.435 Diese ersten Jahre, die
nach der ersten schwierigen Begegnung mit der Realität die
Stunde der Wahrheit hinsichtlich der Grundausbildung darstel-
len, sind die für die Zukunft entscheidendsten. Sie setzen des-
halb eine harmonische Reifung voraus, um dann schwierigen
Momenten mit Glaube und Starkmut zu begegnen. Die jungen
Priester müssten gegebenenfalls auf die persönliche Beziehung
zum eigenen Bischof und zu einem weisen geistlichen Vater
zurückgreifen können; weiters auf Momente des Ausruhens,
auf Meditation und auf eine monatliche Rekollektio. Im übri-
gen scheint es angebracht, die Notwendigkeit zu unterstrei-
chen, dass vor allem die jungen Priester in einen authentischen
Weg des Glaubens im Presbyterium oder in der Pfarrgemeinde
eingefügt werden, begleitet vom Bischof und von den damit
beauftragten priesterlichen Mitbrüdern.
Weiters liegen unter Berücksichtigung dessen, was bereits
über das Pastoraljahr gesagt wurde, jährliche Bildungsveran-
staltungen nahe, wo man entsprechende theologische, juristi-
sche, spirituelle und kulturelle Themen bearbeitet und vertieft,
ev. mit speziellen Runden für moralische Probleme, Pastoral,
Liturgie etc. Solche Veranstaltungen können auch Gelegenheit
bieten, um die Beichterlaubnis zu erneuern, wie es vom Kodex
des Kanonischen Rechts und vom Bischof festgelegt ist.436 Es wäre
auch angebracht, bei jungen Priestern familiäres Zusammenle-
ben untereinander und mit solchen, die schon reifer sind, zu
fördern, damit Erfahrungsaustausch, gegenseitiges Kennenler-
nen und auch die evangeliumsgemäße Praxis der „correctio
fraterna“ ermöglicht wird.
Vielerorts hat man auch gute Erfahrungen gemacht mit der
Veranstaltung von kürzeren, über das Jahr verteilten Treffen un-
435 Vgl. ibid., 76.
436 Vgl. CIC, cann. 970; 972.
173

18.4 Page 174

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ter der Leitung des Bischofs für junge Priester, zum Beispiel mit
weniger als zehn Jahren priesterlichem Dienst, mit dem Ziel, sie
in diesen ersten Jahren aus größerer Nähe zu begleiten. Zwei-
felsohne werden dies auch Gelegenheiten sein, um über die
priesterliche Spiritualität, die Herausforderungen für die Amts-
träger, die pastorale Praxis, etc. zu sprechen, in einer Atmosphä-
re des brüderlichen und priesterlichen Zusammenseins.
Schließlich sollte der junge Klerus in einer spirituellen Um-
gebung von echter Brüderlichkeit und Feingefühl reifen, was sich
in persönlicher Aufmerksamkeit zeigt, auch was physische Ge-
sundheit und verschiedene materielle Aspekte des Lebens betrifft.
Nach einer gewissen Anzahl von Jahren
112. Nach einigen Jahren im Amt erwerben die Priester viel
Erfahrung und das große Verdienst, sich in der täglichen Ar-
beit für die Ausbreitung des Reiches Gottes ganz hinzugeben.
Dieser Teil der Priester stellt eine große spirituelle und pastora-
le Ressource dar.
Sie brauchen Ermutigung, eine kluge Nutzung ihrer Fä-
higkeiten und neuerliche Vertiefung der Ausbildung in allen ih-
ren Dimensionen, um sich selbst und ihr eigenes Handeln zu
überprüfen. Um die Motivationen für den heiligen Dienst wie-
der aufleben zu lassen, um über die pastoralen Methoden im
Hinblick auf das Wesentliche nachzudenken in der priesterli-
chen Gemeinschaft und in der Freundschaft mit dem eigenen
Bischof; um eventuelle Gefühle von Müdigkeit, Frustration
Einsamkeit zu überwinden; und um schließlich die Quellen
priesterlicher Spiritualität wiederzuentdecken.437
Wichtig ist deshalb, dass diese Priester von speziellen und
gründlichen Bildungsangeboten Gebrauch machen, wo sie ne-
437 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 77.
174

18.5 Page 175

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ben den theologisch-pastoralen Inhalten auch jene psychologi-
schen und affektiven Schwierigkeiten behandeln können, die in
dieser Zeit manchmal entstehen. Daher ist es ratsam, dass an
solchen Zusammenkünften nicht nur der Bischof, sondern
auch solche Experten teilnehmen, die einen wertvollen und si-
cheren Beitrag zur genannten Problemlösung leisten können.
Im vorgerückten Alter
113. Auch Priester in fortgeschrittenem Lebensalter, de-
nen alle Achtung gebührt, bedürfen der dauernden Weiterbil-
dung, nicht sosehr als vertiefendes Studium und als Kulturde-
batte, sondern als „Bestätigung und Zusicherung der Rolle, die
ihnen im Presbyterium immer noch zusteht“438.
Sie können neben den Bildungsangeboten, die für Priester
in mittleren Jahren organisiert werden, auch solche nützen, die
speziell den kontemplativen Sinn des priesterlichen Lebens
vertiefen, um die Reichhaltigkeit der früher studierten kirchli-
chen Lehre wiederzuentdecken und neu daran Geschmack zu
finden, um sich gebraucht zu fühlen, was ja stimmt, um sich in
geeigneten Formen der eigenen Dienstausübung zu bewähren,
vor allem als Beichthörende und als Seelenführer. Sie könnten
mit anderen ihre eigenen Erfahrungen austauschen, Ermuti-
gung schenken, Gastfreundschaft anbieten, Zuhören und Ge-
lassenheit an die Mitbrüder verschenken, sowie verfügbar sein,
wenn sie um den Dienst ersucht werden, „ihrerseits zu wir-
kungsvollen Begleitern und Helfern für andere Priester zu
werden“439.
Priester in besonderen Situationen
114. Unabhängig vom Lebensalter können sich Priester in
438 Ibid.
439 Ibid.
175

18.6 Page 176

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„einem Zustand physischer Schwächung oder moralischer
Müdigkeit“440 befinden. Sie tragen mit der Aufopferung ihres
Leidens in besonderer Art zum Erlösungswerk bei, indem sie
„ein Zeugnis geben, das von der entschiedenen Annahme des
Kreuzes, von Hoffnung und Osterfreude bezeichnet ist“441.
Die Weiterbildung muss diesen Priestern Anregungen bie-
ten, „gelassen und starkmütig ihren Dienst an der Kirche fort-
zusetzen“442 und beredsames Zeichen zu sein für den Primat
des Seins über das Handeln, der Inhalte über die Techniken,
der Gnade über den äußeren Erfolg. So könnten sie die Erfah-
rung des heiligen Paulus leben: „Jetzt freue ich mich in den
Leiden, die ich für euch ertrage. Für den Leib Christi, die Kir-
che, ergänze in meinem irdischen Leben das, was an den Lei-
den Christi noch fehlt“ (Kol 1,24).
Der Bischof und die Mitbrüder dürfen periodische Besu-
che bei erkrankten Mitbrüdern nicht versäumen, die man über
die Vorgänge in der Diözese auf dem Laufenden halten kann,
um sie spüren zu lassen, dass sie Mitglieder des Prebyteriums
der Gesamtkirche sind, die sie mit ihren Leiden aufbauen.
Von ganz besonderer und einfühlsamer Aufmerksamkeit
müssten die Priester umgeben werden, die ihre Erdentage bald
beschließen, die sie im Dienst an Gott für das Heil der Mit-
menschen verbracht haben.
Dem dauernden Glaubensbeistand und der Zuvorkom-
menheit in der Spendung der Sakramente, wird dann unter
Teilnahme des gesamten Presbyteriums das Begräbnis folgen.
Einsamkeit des Priesters
115. Der Priester kann in jedem Lebensalter und in jed-
440 Ibid.
441 Ibid., 41.
442 Ibid., 77.
176

18.7 Page 177

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welcher Situation das Gefühl der Einsamkeit verspüren.443
Dies kann, ohne es als psychologische Isolierung zu deuten,
ganz normal und Konsequenz des ehrlichen Bemühens um
Nachfolge im Sinn des Evangeliums sein und eine kostbare
Dimension des eigenen Lebens bilden. Bei manchen könnte es
auf spezielle Schwierigkeiten zurückzuführen sein, wie etwa
Ausgrenzung, Unverständnis, Abwege, Verlassenheit, Torhei-
ten, charakterliche Grenzen bei sich selbst und bei anderen,
Verleumdungen, Demütigungen usw. Daraus kann sich ein
bohrendes Gefühl der Frustration entwickeln, das extrem be-
drückend wäre.
Aber auch diese schwierigen Momente können mit der
Hilfe des Herrn privilegierte Möglichkeiten des Wachstums auf
dem Weg der Heiligkeit und des Apostolates werden. Darin
kann der Priester womöglich entdecken, dass es sich um „eine
von der Gegenwart des Herrn bewohnte Einsamkeit han-
delt“444. Selbstverständlich darf dies nicht die schwerwiegende
Verantwortung des Bischofs und des gesamten Presbyteriums
vergessen lassen, jede durch Nachlässigkeit in der priesterli-
chen Gemeinschaft entstehende Einsamkeit zu vermeiden. Es
ist Aufgabe der Diözese festzulegen, wie man Priestertreffen
durchführen kann, damit die Priester das Zusammensein erle-
ben, einer vom anderen lernen, sich gegenseitig helfen und
korrigieren, denn niemand ist allein Priester und auschließlich
in dieser Gemeinschaft mit dem Bischof kann jeder seinen
Dienst leisten.
Man darf schließlich jene Mitbrüder nicht vergessen, die
die Ausübung ihres heiligen Amtes aufgegeben haben und de-
nen die nötige Hilfe anzubieten ist, vor allem in Gebet und
Buße. Die ihnen geschuldete verständnisvolle Haltung soll aber
keineswegs zu Überlegungen führen, ihnen etwa kirchliche
443 Vgl. ibid., 74.
444 Ibid.
177

18.8 Page 178

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Aufgaben anzuvertrauen, was besonders unter den Gläubigen
wegen ihrer Situation eher Verwirrung stiften und Mißbilligung
hervorrufen könnte.
178

18.9 Page 179

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SCHLUSS
Der Herr der Ernte, der die Arbeiter ruft und zur Arbeit
auf sein Feld schickt (vgl. Mt 9,38), hat mit ewiger Treue ver-
sprochen: „Ich gebe euch Hirten nach meinem Herzen“ (Jer
3,15). Noch heute ist diese Verheißung Gottes in der Kirche
lebendig und wirksam.445 Darauf beruht die Hoffnung, ausrei-
chend viele und heilige Priesterberufungen zu empfangen, was
übrigens in vielen Ländern bereits der Fall ist. Darauf beruht
auch die Gewissheit, dass es der Herr seiner Kirche nicht am
nötigen Licht mangeln lassen wird, um das leidenschaftliche
Abenteuer anzugehen, die Netze auszuwerfen.
Dem Geschenk Gottes antwortet die Kirche mit Danksa-
gung, Treue, Hören auf den Geist, demütigem und inständi-
gem Gebet.
Um seine apostolische Sendung zu verwirklichen, wird je-
der Priester in seinem eigenen Herzen die Worte Jesu einge-
meißelt tragen: „Vater, ich habe dich auf Erden verherrlicht
und das Werk vollbracht, das du mir aufgetragen hast, um den
Menschen ewiges Leben zu geben“ (Joh 17,2-4). Deshalb wird
er sein Leben zur Selbsthingabe – Wurzel und Zusammenfassung
der pastoralen Liebe – an die Kirche machen, nach dem Bild
der Hingabe Christi.446 So wird er mit Freude und in Frieden
all seine Kräfte verzehren, um seinen Brüdern und Schwestern
zu helfen, und als Zeichen der übernatürlichen Liebe, in Ge-
horsam, in zölibatärer Keuschheit, in der Einfachheit des Le-
bens und im Respektieren der communionalen Disziplin der
Kirche leben.
In seinem Evangelisierungswerk transzendiert der Priester
die natürliche Ordnung, um sich beständig „dem Dienst vor
445 Vgl. JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Pastores dabo vobis, 82.
446 Vgl. ibid., 23.
179

18.10 Page 180

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Gott“ (Hebr 5,1) zuzuwenden. Er ist nämlich berufen, den
Menschen aufzurichten und im göttlichen Leben einzupflan-
zen, sowie ihn darin bis zur Fülle Christi wachsen zu lassen.
Genau deshalb bildet ein authentischer Priester, der in seiner
Treue zu Christus und zur Kirche motiviert ist, wirklich eine
unvergleichliche Kraft für den wahren Fortschritt der ganzen
Welt.
„Die Neu-Evangelisierung braucht neue Verkünder, und
das sind die Priester, die sich verpflichten, ihr Priestertum als
besonderen Weg zur Heiligkeit zu leben.“447 Der Mann Gottes
ist es, der die Werke Gottes vollbringt!
Wie Christus muss sich der Priester der Welt als Vorbild
übernatürlichen Lebens darstellen: „Ich habe euch ein Beispiel
gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt
habe“ (Joh 13,15).
Das durch das Leben gegebene Zeugnis qualifiziert den
Priester und bildet die überzeugendste Predigt. Die kirchliche
Disziplin, die mit authentischer innerer Motivation gelebt wird,
erweist sich als fruchtbarer Dienst zum Leben der eigenen
Identität, zur Förderung der Liebe und zur Leuchtkraft des
Zeugnisses, ohne die jedwelche kulturelle Bildung und rigorose
Planung bloß eine Illusion wäre. Zu nichts nützt das „Ma-
chen“, wenn das „Sein mit Christus“ fehlt.
Hierin liegt der Horizont der Identität, des Lebens, des
Dienstes und der Weiterbildung des Priesters. Es ist eine im-
mense, offene, mutige, vom Glauben erleuchtete, von Hoff-
nung getragene und in der Liebe verwurzelte Arbeit und Auf-
gabe.
Bei diesem sowohl notwendigen als auch dringlichen Werk
ist niemand allein. Es ist nötig, dass den Priestern geholfen
wird, und zwar durch den exemplarischen, anerkannten und
starkmütigen pastoralen Leitungsdienst der eigenen Bischöfe,
447 Ibid., 82.
180

19 Pages 181-190

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in erkennbarer Gemeinschaft mit dem Heiligen Stuhl und
schließlich durch die brüderliche Zusammenarbeit mit dem ge-
samten Presbyterium und mit dem ganzen Volk Gottes.
Jeder Priester möge sich Maria, dem Stern der Neuevangeli-
sierung, empfehlen. In ihr, „die in ihrem Leben das Beispiel je-
ner mütterlichen Liebe war, von der alle beseelt sein müssen, die
in der apostolischen Sendung der Kirche zur Wiedergeburt der
Menschen mitwirken“448, werden die Priester dauernd Schutz
und Hilfe für die Erneuerung des eigenen Lebens finden, damit
aus ihrem Priestertum, in diesem dritten Jahrtausend der Erlö-
sung, ein intensiver und erneuerter Elan der Evangelisierung
hervorgeht.
Papst Benedikt XVI. hat das vorliegende Direktorium am 14. Ja-
nuar 2013 approbiert und seine Veröffentlichung angeordnet.
Rom, am Sitz der Kongregation, 11. Februar 2013, Ge-
denktag Unserer Lieben Frau in Lourdes.
MAURO KARD. PIACENZA
Präfekt
CELSO MORGA IRUZUBIETA
Titularerzbischof von Alba marittima
448 II. VAT. KONZ., Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 65.
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Sekretär
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19.4 Page 184

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Gebet zu Maria449
Maria,
Mutter Jesu Christi und Mutter der Priester,
empfange diesen Namen, den wir Dir entgegenbringen,
um Deine Mutterschaft zu feiern
und mit Dir das Priestertum
Deines Sohnes und Deiner Söhne
zu betrachten,
Heilige Gottesmutter.
Mutter Christi,
dem Messias und Priester
hast Du einen menschlichen Leib geschenkt
durch die Kraft des Heiligen Geistes,
zum Heil der Armen und im Herzen Betrübten:
behüte die Priester
in Deinem Herzen und in der Kirche,
Mutter des Erlösers.
Mutter des Glaubens,
Du hast den Menschensohn zum Tempel geleitet,
in Erfüllung der den Vätern gegebenen Verheißung:
empfiehl die Priester Deines Sohnes
dem Vater zu seiner Verherrlichung,
Arche des Bundes.
Mutter der Kirche,
449 JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores
dabo vobis, 82.
184

19.5 Page 185

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inmitten der Jünger im Abendmahlssaal
hast Du zum Heiligen Geist
gebetet für das Neue Volk
und die Hirten: erhalte dem Priesterstand
die Früchte der Gaben,
Königin der Apostel.
Mutter Jesu Christi,
Du warst bei Ihm in den Anfängen seines Lebens
und seiner Sendung. Ihn, den Meister,
hast Du in der Menschenmenge gesucht,
Ihm bist du beigestanden,
da er von der Erde erhöht wurde
und sich hingab als das eine und ewige Opfer;
Du hattest Johannes bei Dir, Deinen Sohn:
nimm an, die von Anfang an gerufen sind,
schütze ihr Wachsen,
begleite Deine Söhne in ihrem Leben und Dienst,
Mutter der Priester.
Amen!
185

19.6 Page 186

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ZUSAMMENFASSUNG
VORWORT.................................................................................................... 3
EINLEITUNG ........................................................................................... 10
I. IDENTITÄT DES PRIESTERS ...................................................... 17
Das Priestertum als Geschenk .................................................................... 17
Sakramentaler Ursprung............................................................................ 19
1.1. Trinitarische Dimension ................................................................... 20
In Gemeinschaft mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist ........... 20
In der trinitarischen Heilsdynamik ............................................................. 21
Vertraute Beziehung zur Dreifaltigkeit ...................................................... 21
1.2. Christologische Dimension ............................................................. 22
Spezifische Identität.................................................................................... 22
Weihe und Sendung.................................................................................... 25
1.3. Pneumatologische Dimension........................................................ 26
Sakramentaler Charakter .......................................................................... 26
Personale Communio mit dem Heiligen Geist.............................................. 27
Anrufung des Heiligen Geistes.................................................................... 27
Kraft zur Gemeindeleitung.......................................................................... 28
1.4. Ekklesiologische Dimension........................................................... 29
„In“ und „gegenüber“ der Kirche................................................................. 29
Teilhabe an der Brautschaft Christi ............................................................ 29
Universalität des Priestertums..................................................................... 30
Missionarisches Priestertum für eine neue Evangelisierung ........................... 32
Geistliche Vaterschaft................................................................................. 44
Autorität als „amoris officium“ .................................................................. 46
Demokratische und egalitäre Versuchung.................................................... 47
Unterschied zwischen allgemeinem Priestertum und Amtspriestertum........... 49
1.5 Priesterliche Gemeinschaft ............................................................... 51
„Communio“ mit der Dreifaltigkeit und mit Christus................................. 51
„Communio“ mit der Kirche ....................................................................... 52
Hierarchische „Communio“ ........................................................................ 52
„Communio“ in der Eucharistiefeier ........................................................... 53
„Communio“ in der Ausübung des Dienstes ............................................... 54
„Communio“ im Presbyterium.................................................................... 55
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19.7 Page 187

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Die Inkardination, eine rechtliche Bindung mit spirituellem Wert................ 56
Das Presbyterium als Ort der Heiligung ..................................................... 58
Brüderlich- priesterliche Freundschaft .......................................................... 59
„Vita communis“....................................................................................... 59
„Communio“ mit den gläubigen Laien........................................................ 63
„Communio“ mit den Gottgeweihten........................................................... 67
Berufungspastoral ....................................................................................... 68
Politischer und sozialer Einsatz.................................................................. 70
II. PRIESTERLICHE SPIRITUALITÄT ......................................... 73
2.1. Der historische Kontext der Gegenwart....................................... 73
Die Zeichen der Zeit zu verstehen wissen..................................................... 73
Die Dringlichkeit der Bekehrung für die Evangelisierung ............................ 75
Herausforderung durch Sekten und neue Kulte ............................................ 76
Licht und Schattenseiten der Dienstausübung.............................................. 78
2.2. Mit Christus im Gebet verweilen ................................................... 79
Primat des geistlichen Lebens ...................................................................... 79
Mittel für das geistliche Leben..................................................................... 80
Das Vorbild des betenden Christus............................................................. 83
Das Vorbild der betenden Kirche................................................................ 85
Gebet als „communio“................................................................................ 86
2.3. Pastorale Liebe .................................................................................... 87
Zeichen der Liebe Christi............................................................................ 87
Jenseits des Funktionalismus....................................................................... 88
2.4. Der Gehorsam...................................................................................... 88
Fundament des Gehorsams ......................................................................... 88
Hierarchischer Gehorsam............................................................................ 91
Autorität mit Liebe ausüben ...................................................................... 93
Einhaltung der liturgischen Normen ........................................................... 93
Einheit in den Pastoralplänen..................................................................... 94
Bedeutung und Vorschrift der Priesterkleidung............................................ 95
2.5. Verkündigung des Wortes................................................................ 97
Treue zum Wort ........................................................................................ 97
Wort und Leben....................................................................................... 101
Wort und Katechese.................................................................................. 103
2.6. Das Sakrament der Eucharistie.................................................... 105
Das eucharistische Geheimnis ................................................................... 105
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19.8 Page 188

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Die Eucharistie gut feiern ......................................................................... 106
Eucharistische Anbetung .......................................................................... 110
Messintentionen ........................................................................................ 112
2.7. Das Sakrament der Buße................................................................ 115
Diener der Versöhnung............................................................................. 115
Hingabe im Dienst der Versöhnung ......................................................... 116
Beichten als Notwendigkeit....................................................................... 119
Seelenführung für sich und für andere ........................................................ 120
2.8. Stundengebet ..................................................................................... 121
2.9. Gemeindeleiter .................................................................................. 124
Priester für die Gemeinde.......................................................................... 124
„Sentire cum Ecclesia“.............................................................................. 126
2.10. Der priesterliche Zölibat............................................................... 126
Fester Wille der Kirche ............................................................................. 126
Theologisch-spirituelle Begründung des Zölibats ......................................... 127
Das Beispiel Jesu...................................................................................... 130
Schwierigkeiten und Einwände ................................................................. 131
2.11. Priesterliche Armut......................................................................... 137
Armut als Verfügbarkeit ......................................................................... 137
2.12. Marienverehrung............................................................................. 139
Die Tugenden der Mutter nachahmen ....................................................... 139
Die Eucharistie und Maria ...................................................................... 141
III. FORMATIO PERMANENS........................................................ 144
3.1. Grundsätze .......................................................................................... 144
Notwendigkeit von Weiterbildung heute .................................................... 144
Mittel der Heiligung ................................................................................. 146
Sie muss von der Kirche erteilt werden ....................................................... 147
Sie muss kontinuierlich sein ...................................................................... 147
Sie muss umfassend sein............................................................................ 148
Menschliche Bildung ................................................................................. 149
Spirituelle Formung.................................................................................. 152
Intellektuelle Bildung................................................................................ 153
Pastorale Ausbildung ............................................................................... 155
Sie muss systematisch und vollständig sein ................................................. 156
Sie muss auf die einzelne Person zugeschnitten sein.................................... 157
3.2. Organisation und Mittel ................................................................. 158
188

19.9 Page 189

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Studientage und Priestertreffen .................................................................. 158
Pastoraljahr.............................................................................................. 159
Zeiten der Erholung ................................................................................. 161
Priesterhaus.............................................................................................. 163
Einkehrtage und Exerzitien..................................................................... 163
Nötige Planung ........................................................................................ 165
3.3. Die Verantwortlichen....................................................................... 166
Der Priester selbst..................................................................................... 166
Hilfe der Mitbrüder.................................................................................. 167
Der Bischof .............................................................................................. 168
Ausbildung der Ausbilder ........................................................................ 170
Zusammenarbeit der Teilkirchen............................................................... 171
Zusammenarbeit akademischer und spiritueller Zentren ............................ 172
3.4. Anforderungen bezüglich diverser Lebensalter und Situationen.... 172
Die ersten Jahre des Priestertums .............................................................. 172
Nach einer gewissen Anzahl von Jahren.................................................... 174
Im vorgerückten Alter............................................................................... 175
Priester in besonderen Situationen ............................................................. 175
Einsamkeit des Priesters........................................................................... 176
SCHLUSS ................................................................................................... 179
Gebet zu Maria.......................................................................................... 184
ZUSAMMENFASSUNG ....................................................................... 186
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