Das Fest der Unbefleckten Empfängnis
und der Anfang des Sonntagsoratoriums
(aus den Erinnerungen Don Boscos)
Kaum war ich in das Konvikt des hl. Franz von Assisi eingetreten, fand ich
auch schon eine Schar von Jungen, die mich auf den Straßen, den Plätzen
und selbst bis in die Sakristei der Institutskirche begleiteten. Aber aus
Raummangel konnte ich mich nicht direkt ihrer annehmen. Ein lustiger
Vorfall brachte die Gelegenheit, die Verwirklichung meines Plans für die
Jugendlichen zu versuchen, die in den Straßen der Stadt herumstreunten,
besonders für diejenigen, die aus dem Gefängnis entlassen worden waren.
Am Festtag der Unbefleckten Empfängnis Mariens, dem 8. Dezember
1841, war ich gerade dabei, die liturgischen Gewänder anzulegen, um die
heilige Messe zu feiern. Josef Comotti, der Sakristan (Küster, Messner),
sah währenddessen in einer Ecke einen Jungen und lud ihn ein,
herzukommen und mir bei der Messe zu dienen.
- „Das kann ich nicht!“, antwortete dieser ganz beschämt.
- „Komm her!“, erwiderte der andere. „Ich will, dass du Messe
dienst.“
- „Das kann ich nicht!“, entgegnete der Junge. „Ich habe noch nie
gedient.“
- „Du Idiot!“ sagte der Sakristan ganz wütend.
„Wenn du nicht ministrieren kannst, wozu kommst du dann in die
Sakristei?“
Damit griff er nach dem Stiehl eines Besens, und schon hagelte es
Schläge auf die Schultern und den Kopf des armen Kerls. Während dieser
floh, ging ich dazwischen:
- „Was macht Ihr denn da?“ rief ich mit lauter Stimme. „Warum
schlagt Ihr ihn derart? Was hat er denn getan?“
- „Warum kommt er in die Sakristei, wenn er nicht ministrieren
kann?“
- „Trotzdem: Ihr habt schlecht gehandelt!“
- „Was geht das Sie an?!“
- „Das geht mich sehr viel an, denn er ist einer meiner Freunde. Ruft
ihn sofort zurück! Ich muss mit ihm sprechen.“
- „Hey, hey!“
begann er zu rufen, rannte dem Jungen nach, sicherte ihm eine
bessere Behandlung zu und brachte ihn zu mir.
Der Junge trat heran, zitternd und weinend wegen der Schläge, die er
bekommen hatte.
- „Hast du schon die Messe gehört?“
fragte ich ihn so liebenswürdig wie eben möglich.
- „Nein!“, erwiderte der andere.