Die Heiligsprechung Don Boscos – 75 Jahre später
Am 1. April 1934, dem damaligen Hohen Osterfest und dem Abschluss des außerordentlichen
Heiligen Jahres der Erlösung, sprach Papst Pius XI. (1922-1939) den Turiner Priester
Johannes Bosco (1815-1888) heilig.
Damit endete ein langer Prozess der Selig- und Heiligsprechung, der am 4. Juni 1890 in Turin
eröffnet worden war. Die erste Phase, die „ordentlicher Prozess“ genannt wird, da sie sich
unter der Verantwortung des Ortsbischofs, also des Ortsordinarius, vollzieht, endete am 1.
Juni 1897. Schon 10 Jahre später wurde am 24. Juli 1907 der „apostolische Prozess“ in Rom
eröffnet. Dieser dauerte 20 Jahre bis zum 8. Februar 1927 und vollzog sich in wechselnden
Phasen. Es reicht, daran zu erinnern, dass es am Ende eines der vorbereitenden Treffen,
demjenigen des 20. Juli 1926, einigen Teilnehmern schien, als ob man im
Heiligsprechungsverfahren Don Boscos nicht fortfahren könne.
Das autoritative Eingreifen Papst Pius XI. jedoch machte eine Wiederholung des Treffens
einige Monate später am 14. Dezember 1926 möglich. Papst Pius hatte Don Bosco persönlich
schon als junger Priester kennen gelernt. „Mit großer Genugtuung gehören Wir zu den
ältesten persönlichen Freunden des ehrwürdigen Don Bosco“, hatte der neu gewählte Papst in
einer denkwürdigen Audienz gesagt. Und er hat sich diese hohe Wertschätzung bewahrt.
Der gute Ausgang dieses neuen Treffens eröffnete den Weg für die späteren Schritte: die sog.
„Generalkongregation“ mit dem Papst am 8. Februar 1927 sowie die folgende Verlesung des
Dekrets der heroischen Tugendhaftigkeit des ehrwürdigen Johannes Bosco am 20. Februar
1927. So konnte man nach der Überprüfung der damals vorgeschriebenen vier Wunder (zwei
für die Seligsprechung, zwei für die Heiligsprechung) mit der Seligsprechung am 2. Juni 1929
und schließlich mit der Heiligsprechung am 1. April 1934 fortfahren.
Gerade der römische Prozess (1907-1927) enthält besonders interessante Elemente, um die
immer aktuelle Bedeutung der Heiligsprechung Don Bosco heute, 75 Jahre später, zu
reflektieren. Denn er vollzog sich, wie es die damals geltende Prozedur vorsah, gemäß der
Methode von „Einwänden“ (animadversiones), die vom sog. „Advocatus diaboli“ („Anwalt
des Teufels“) vorgebracht wurden, und den „Erwiderungen“ (respensiones) darauf, die vom
„Advocatus angeli“, also dem Verteidiger der Heiligsprechung, vorbereitet wurden, der von
Seiten des Postulators bestimmt worden war.
Die erhobenen Einwände sind ziemlich bekannt. Es handelte sich hauptsächlich um die sog.
„Schlauheit“ („Listigkeit“) Don Boscos, die nach dem „Anwalt des Teufels“ auf eine
brennende Leidenschaft nach persönlichem Erfolg und wirtschaftlichem Gewinn ausgerichtet
gewesen sein soll. In diesem Zusammenhang wurden Don Bosco auch − aus ähnlichen
Motiven − das Hörigmachen von Jugendlichen, die „mangelnde Transparenz“ (wie wir es
heute nennen würden) im Sich-Sichern von Spenden und Erbschaften und der beinahe
systematische Ungehorsam gegenüber dem damaligen Turiner Erzbischof Lorenzo Gastaldi
(1815-1883) vorgeworfen.
Die Antwort auf diese Einwände kam – über die im Verfahren vorgesehenen Organe hinaus –
von der höchsten Autorität, dem Papst. Daher bleiben folglich die Worte Pius XI. ein
unumgänglicher Ausgangspunkt, um die die tiefe Bedeutung der Heiligsprechung Don Boscos
heute neu zu deuten.
Zum Abschluss des römischen Prozesses am 8. Februar 1927 sagte der Papst: „Der
verehrungswürdige Don Bosco gehört zu einer wunderbaren Kategorie aus der ganzen
Menschheit auserwählter Menschen, zu jenen Riesen wohltätiger Größe. Und seine Figur