„Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben


„Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben



1. BRIEF DES GENERALOBERN



und es in Fülle haben“

(Joh 10,10b)


1 Präsentation der Region Afrika-Madagaskar

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Die Region Afrika-Madagaskar. 1. Afrika-Madagaskar heute. 1.1 Beschaffenheit der salesianischen Präsenzen auf dem afrikanischen Kontinent. 1.2 Die salesianischen Werke. 1.3 Das sozio-politische und religiöse Umfeld, in dem sich unsere Werke befinden. 2. Geschichte und Entwicklung der salesianischen Werke. 2.1 Vor dem Afrika-Projekt. 2.2 Das Afrika-Projekt. 2.3 Afrika-Projekt: Frucht des Zusammenwirkens der Kongregation. 3. Das salesianische Charisma und die afrikanische Realität. 3.1 Jugendpastoral. 3.2 Pfarreien und Missionen. 3.3 Die Soziale Kommunikation. 3.4 Die Salesianische Familie. 3.5 Wirtschaft und Verwaltung. 3.6 Die Ausbildung. 4. Ein Impuls für die Zukunft. 4.1 Die Herausforderungen. 4.2 Neubelebung des Afrika-Projekts. Schluss.


Rom, den 8. September 2007

Fest der Geburt Mariens


Liebe Mitbrüder!


Mit der Zuneigung Don Boscos wende ich mich an Euch, während wir uns darauf vorbereiten, die Seligsprechung der 63 spanischen Martyrer am 28. Oktober in Rom und die des Zeffirino Namuncurá am 11. November in Chinpay (Argentinien) zu feiern. Das Zeugnis unserer Mitbrüder bis zum Blutvergießen und das des Zeffirino, der einen anderen Aspekt der jugendlichen salesianischen Heiligkeit nach dem Vorbild des Dominikus Savio verkörpert, sind ein Aufruf zur Ganzhingabe an den Herrn und zur Treue bis zum letzten Atemzug. So hat es Don Bosco getan und so haben es in seinen Fußspuren die Salesianer und die Jugendlichen von Valdocco getan.


Ich wünsche mir, dass in allen Teilen der Kongregation diese zweifache Erinnerung - sowohl auf der Ebene der salesianischen Gemeinschaft wie auch der erzieherisch-pastoralen Werke - gefeiert wird. Wir dürfen die Gelegenheit nicht versäumen, Gott zu danken für das Geschenk der salesianischen Heiligkeit, mit der Er die spirituelle und apostolische Familie Don Boscos bereichert hat. Es ist auch ein Anlass zur Erneuerung unseres Bemühens, den Jugendlichen hohe Ziele aufzuzeigen, die erstrebenswert sind.


Diesmal schreibe ich Euch über die Region Afrika–Madagaskar und beende damit die Präsentation der acht Regionen in der Kongregation. Ich tue es mit besonderer Begeisterung, weil der Herr in der Tat mit der Einladung zum Aufbruch in diesen unermesslichen und herrlichen Kontinent seine besondere Güte an uns erwiesen hat. Wir haben einen Raum gefunden, um aus ganz Afrika das größte Oratorium der Welt zu machen. Und Afrika ist dabei, die Kongregation mit zahlreichen Berufungen sowie mit eingepflanzten Ausdrucksformen des Charismas zu beschenken.


Seit meinem ersten Besuch in Afrika 1987, und zwar in Konakry und Kankan, als ich noch Direktor des Theologischen Instituts von Tlaquepaque war, wurde mir klar: Der wichtigste Wert, mit dem die Afrikaner am sensibelsten umgehen, ist zwar das Leben. Aber in keinem anderen Teil der Welt ist das Leben paradoxerweise so sehr von Armut, von Hunger und Durst, von Krankheiten, besonders vom AIDS-Virus, von Kriegen und innerethnischen Konflikten, von Sklaverei und erzwungener Emigration, vom Drogen- und Menschenhandel bedroht.


Es ist deshalb nur natürlich, das Gleichnis vom Guten Hirten, in dem Jesus das ganze Ziel seines Daseins in den Worten zusammenfasst: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10b), als ein Wort der Ermunterung und Hoffnung, verbunden mit einem präzisen Auftrag, zu begreifen. Wir Salesianer sind nach Afrika gekommen, um diesen Guten Hirten zu „verkörpern“, dessen Ankunft Leben in Fülle gewährleistet, und um daran mitzuarbeiten, die Kultur des Todes zu überwinden und zu bewirken, dass das Leben aufkeimt, wächst und zu seiner Fülle gelangt. Unsere Mitarbeit am Aufbau des Gottesreiches vollzieht sich über unser Bemühen, das Leben, den Frieden und die Freiheit in den verschiedenen Ländern Afrikas und Madagaskars durch unsere Hingabe an die Jugendlichen, an ihre Erziehung, an ihre Begegnung mit Christus und an die Reifung ihrer Lebensentwürfe zu fördern. Die echte menschliche Förderung, die wir Salesianer betreiben, kann nicht losgelöst von der Erziehung und Evangelisierung gesehen werden. Deshalb können wir unsere Präsenz nicht auf diejenige von Sozialarbeitern reduzieren, wenngleich es viele dringende soziale Probleme gibt, die unseren Einsatz sowie unsere großherzige und wirksame Hingabe fordern. Wir sind eingeladen worden, um zu evangelisieren, um den Jugendlichen DEN anzusagen und zu geben, der das Leben in Fülle garantieren kann: Jesus Christus.


Der oben zitierte Text, den ich für diesen Brief ausgewählt habe, ist in der Tat programmatisch: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10b). Er ist Teil der Rede, in der Jesus den Unterschied zwischen dem Dieb, dem Gauner, dem Fremdling und dem Hirten hervorhebt. Der Gegensatz zwischen den beiden wird deutlich an ihrer unterschiedlichen Handlungsweise, wenn sie sich der Herde nähern, an der Art des Eintretens in den Pferch zu den Schafen, an der Beziehung mit ihnen und natürlich an der Art des Herausgehens, gefolgt oder nicht gefolgt von den Schafen. Während der Dieb von einer anderen Seite einsteigt, um zu rauben, zu zerstören und zu töten, tritt der gute Hirte durch die Tür ein, am Tag; seine Stimme ist familiär; er kennt seine Schafe mit Namen, geht ihnen voraus, führt sie auf gute Weiden und tränkt sie an klaren Wassern. Kurzum: Der gute Hirte opfert sich ganz und gar, damit seine Schafe leben – bis zu dem Punkt, an dem er das eigene Leben hingibt, damit sie das Leben in Fülle haben.


Ich meine, dass dies ein Text ist, der dazu dient, die vergangene und die gegenwärtige Wirklichkeit in Afrika kritisch zu verstehen, und der zu einer Botschaft der Hoffnung für diese Völker und zu einem echten Lebensprogramm für uns wird. Ich lade Euch nun ein, Euch auf diese wunderbare Region einzulassen.


Die Region Afrika-Madagaskar


Die Region Afrika-Madagaskar zieht auch heute noch aus verschiedenen Gründen die Aufmerksamkeit der Salesianer auf sich. Es ist die jüngste Region der Kongregation, und viele Provinzen pflegen auf Grund ihrer aktiven Rolle bei deren Errichtung eine intensive, auch affektive Verbundenheit mit ihr. Sie weckt auch deshalb unser besonderes Interesse, weil sie eine der wenigen Gebiete ist, in denen die Kongregation zahlenmäßig zunimmt. Es handelt sich wirklich um eine Region der großen Verheißungen und zugleich der großen Herausforderungen und der großen Möglichkeiten für das salesianische Charisma.


Don Egidio Viganò rief das „Afrika-Projekt“ 1980 ins Leben. Von Anfang an gab es einen kräftigen Ansporn in Richtung auf die Ausdehnung und das Wachstum der salesianischen Präsenzen in Afrika-Madagaskar. Der 25. Jahrestag des Beginns dieses Projektes wurde in vielen Nationen des Kontinents gefeiert. In anderen ist man dabei, die Feiern in Übereinstimmung mit dem Jahr, in dem die Salesianer ihre Präsenz begannen, zu veranstalten. Ein Erinnerungsband mit dem Titel 25 Jahre Afrika-Projekt – 1980-2005 wurde in verschiedenen Sprachen veröffentlicht, um die 25-Jahrfeier hervorzuheben. Er bietet eine reichhaltige und vielfältige Kenntnis des Projektes mit einem Blick auf die Vergangenheit und die Gegenwart der salesianischen Präsenz in Afrika-Madagaskar. Ich wünsche mir, dass alle dieses Buch, das reich an Informationen und Anstößen ist, in die Hand nehmen können. Es könnte zudem eine gute Ergänzung dessen sein, was ich in diesem Brief notwendigerweise in knapper Form darlege.


Von eventuellen salesianische Gründungen in Afrika war schon zu Lebzeiten Don Boscos die Rede. Vom Jahr 1864 an hatte er Kontakte mit dem heiligen Daniele Comboni, einem echten missionarischen Pionier Afrikas, und mit dem Erzbischof Charles Lavigerie, einem großen Apostel Algeriens, im Hinblick auf mögliche salesianische Initiativen in Afrika. Angesichts der Unmöglichkeit, sofort Salesianer an die von den beiden Missionaren vorgeschlagenen Orte zu senden, nahm Don Bosco mit großer Freude eine gewisse Anzahl von Waisen ins Oratorium in Valdocco auf (vgl. MB 9,734-735). Im Jahr 1886 bekräftigte Don Bosco im Verlauf einer Versammlung des Obernkapitels (so nannte man damals den Generalrat), dass die afrikanische Mission (oder genauer das Projekt der Eröffnung einer Präsenz in Kairo) „einer meiner Pläne, einer meiner Träume ist“ (vgl. MB 18,142). Und in der Tat hatte er einen Traum über Afrika im Juli 1885 (vgl. MB 17,643-645).

Der Traum Don Boscos über Afrika begann sich während der Amtszeit von Don Michele Rua allmählich im Rahmen eines Gesamtprojekts für die Ausdehnung der Salesianischen Gesellschaft auf Weltebene zu verwirklichen. Die erste salesianische Präsenz geht auf das Jahr 1891 zurück, als eine Gruppe französischer Salesianer in Algerien ankam, um mit dem Oratorium San Luigi in Oran zu beginnen. 1894 bekam Tunesien eine salesianische Präsenz, und 1896 folgten weitere in Ägypten und in Süd-Afrika. Zusätzliche Präsenzen wurden in verschiedenen Nationen zwischen 1907 und 1975 eröffnet. Man muss aber einräumen, dass es kein klar definiertes Projekt hinsichtlich des Engagements in der Unermesslichkeit Afrikas gewesen ist.


Dank des „Afrika-Projekts“ gibt es in Afrika und Madagaskar heute blühende salesianische Werke. Zur Zeit umfasst die Region zwei Provinzen, zehn Visitatorien und eine Delegation, zusammengeschlossen in der Konferenz der Provinzen und Visitatorien von Afrika-Madagaskar (CIVAM). Nach den im Januar 2007 veröffentlichten Statistiken gibt es in der Region insgesamt 1.241 Professen und 89 Novizen, verteilt auf 168 Gemeinschaften und 11 weitere Präsenzen. Einige davon betreuen mehrere Werke. Das Erfreulichste an diesen Statistiken ist die Zahl der Professen afrikanischer Herkunft: 52% der Gesamtzahl. Und jedes Jahr wächst die Prozentzahl mit den neuen jungen afrikanischen Professen. Das afrikanische Erscheinungsbild der salesianischen Kongregation, von dem Don Bosco geträumt hatte, scheint Jahr für Jahr mehr als eine Realität zu werden.


Und die Entwicklung dieses wunderbaren salesianischen Epos möchte ich mit diesem Brief Euerer Aufmerksamkeit nahe bringen.


1. Afrika-Madagaskar heute

Erlaubt mir, dass ich Euch noch einige Angaben über die salesianische Tätigkeit in Afrika und Madagaskar, wie sie sich heute darstellt, vorlege.



    1. Beschaffenheit der salesianischen Präsenzen auf dem afrikanischen Kontinent


Nach Asien ist Afrika der größte und am meisten bevölkerte Kontinent. Er hat eine Ausdehnung von 30.250.499 Quadratkilometern, umfasst die benachbarten Inseln, bedeckt 6% der gesamten Oberfläche der Erde und 24% des Festlandes. Mit etwa 900.000.000 Einwohnern, die zu 53 unabhängigen Nationen und drei abhängigen Territorien gehören, macht er 14% der Weltbevölkerung aus.


Wir Salesianer sind in 42 dieser Länder präsent und tätig. Die Sahara, unermessliche Wüste im Norden des Kontinents, ist die größte Wüste der Welt mit etwa 9 Millionen Quadratkilometern. Mehr als Zweidrittel der afrikanischen Bevölkerung wohnen in Ländern im Süden der Sahara. Die salesianischen Präsenzen erstrecken sich über das gesamte Gebiet der Sub-Sahara (Teil des afrikanischen Kontinents südlich der Sahara), mit Ausnahme von Botswana, Gambia, Guinea Bissau und Somalia.


Von den 42 Nationen, in denen wir präsent sind, ist Ägypten Teil der Provinz Mittlerer Orient und gehört zur Region Italien-MOR. Kap Verde ist verbunden mit der portugiesischen Provinz, Marokko mit Frankreich und Tunesien mit der Delegation Malta, das seinerseits rechtlich von der irländischen Provinz abhängt. Als solche sind diese salesianischen Präsenzen Teil der beiden europäischen Regionen. In Libyen sind zur Zeit keine salesianischen Gemeinschaften; aber ein Salesianer mit Sonderauftrag leistet seinen Dienst im Vikariat von Bengasi. Eine kürzlich erstellte Studie des Generalrats über das salesianische Leben und Wirken in diesen Ländern hält es für klug, diese Angliederungen so zu belassen, wie sie zur Zeit sind, und bessere Zeiten abzuwarten für eine Neuorganisation, welche die Integration in die Region Afrika-Madagaskar begünstigen könnten.


Auf Grund auch der kolonialen Vergangenheit sind die 37 Nationen innerhalb der Region Afrika-Madagaskar in Sprachgruppen unterteilt: die englischsprachige (AET, AFE, AFM, AFW, ZMB); die französischsprachige (AFC, AFO, AGL, ATE, MDG) und die portugiesischsprachige (AQNG, MOZ).


Mit Ausnahme von Zentralafrika (AFC), Angola (ANG) und Mozambique (MOZ) umfassen die Provinzen und Visitatorien mehr als eine Nation.

  • Zum französischsprachigen West-Afrika (AFO) gehören Benin, Burkina Faso, Guinea, Elfenbeinküste, Mali, Senegal und Togo. Das Provinzialat befindet sich in Abidjan an der Elfenbeinküste.

  • Dann kommt Tropisch-Äuquatorial-Afrika (ATE) mit sechs Nationen: Kamerun, Republik Zentralafrika, Tschad, Kongo Brazzaville, Äquatorialguinea und Gabun. Das Provinzialat ist in Yaoundé in Kamerun. Während in fünf dieser Länder französisch gesprochen wird, wird in Äquatorialguinea die spanische Sprache verwendet.

  • Das englischsprachige West-Afrika (AFW) umfasst vier Staaten: Ghana, Liberia, Nigeria und Sierra Leone. Der Sitz des Provinzials ist in Ashaiman in Ghana.

  • Auch die Visitatorie Sambia (ZMB) umfasst vier Nationen: Malawi, Namibia, Sambia und Simbabwe mit dem Provinzialat in Lusaka in Sambia.

  • Die Provinz Afrika Ost (AFE) dehnt sich nun auf drei Nationen aus: Kenia, Tansania und Sudan. Dennoch ist der Sudan eine halb-autonome Delegation mit besonderen, vom Generalobern approbierten Satzungen.

  • Zur Einheit Afrika Süd (AFM) gehören außer Südafrika auch Lesotho und Swaziland. Das Provinzialat ist in Johannesburg.

  • Afrika Große Seen (AGL) ist eine jüngst errichtete Visitatorie, die Burundi, Ruanda und Uganda umfasst. Letztgenannte Nation hat Englisch als allgemeine Sprache. Dagegen ist die Verständigung in der Visitatorie zweisprachig: französisch und englisch. Das Provinzialat ist in Kimihurura in Ruanda angesiedelt.

  • Die AET umfasst Äthiopien und Eritrea. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern sind derart angespannt, dass das Reisen extrem gefährlich wird. Darum ist man im Hinblick auf die Treffen auf Provinzebene gezwungen, eine neutrale Nation auszusuchen, um die Teilnahme aller zu gewährleisten. Aber auch das ist nicht immer möglich. Das Provinzialat ist in Addis Abeba in Äthiopien.

  • Die Visitatorie Madagaskar (MDG) bezieht sich hauptsächlich auf die Inselnation Madagaskar, wo praktisch alle salesianischen Häuser angesiedelt sind, einschließlich des Provinzialats. Nur eine Gemeinschaft befindet sich in dem kleinen Inselstaat Mauritius.


Ich habe das internationale Erscheinungsbild der Rechtsbezirke von Afrika-Madagaskar mit einigen Details dargestellt, um die sehr komplexe und schwierige Situation der salesianischen Präsenzen in dieser Region herauszustellen1 Die Verschiedenheit der Sprachen, die weiten Entfernungen, das Fehlen von leicht zugänglichen Kommunikations- und Transportmitteln kommen zu den gewöhnlichen Schwierigkeiten der Leitung und Animation einer Provinz hinzu. Die Provinziale des größten Teils dieser Rechtsbezirke verwenden einen Teil ihrer kostbaren Zeit darauf, um Reisedokumente – auch für die Visitationsreisen zu den Gemeinschaften – zu erhalten. Zudem erreichen die Ausgaben für die Verwaltung und Animation der Provinzen astronomische Zahlen, vor allem auf Grund der Notwendigkeit, von einer Nation zur anderen zu reisen. Ich überlasse es Euch, Euch die Mühe vorzustellen, welche die Animationsarbeit erfordert.


    1. Die salesianischen Werke


Im Rückblick auf die Erfahrung in Afrika-Madagaskar seit den Anfängen und besonders während der letzten dreißig Jahre können wir bestätigen, dass Afrika und das salesianische Charisma in der Tat füreinander geschaffen sind. Es ist ein Kontinent, der überquillt von Jugendlichen, von denen viele in jeder Beziehung bedürftig und deshalb echte Zielgruppen unserer apostolischen Tätigkeit sind. Die letzten 40 Jahre haben einen rapiden Anstieg der Bevölkerung des Kontinents gebracht; und zwar mit dem Ergebnis, dass ein erheblicher Prozentsatz relativ jung ist. Die Schätzungen besagen, dass 60% der Afrikaner Kinder und Jugendliche sind.


Im Hinblick auf unsere Ankunft in Afrika im Jahr 1988 bemerkte Don Egidio Viganò: „Wir sind die letzten Ankömmlinge mit dem Bemühen um Evangelisierung des afrikanischen Kontinents. Wir müssen viel von allen anderen lernen. Aber wir besitzen einen Schatz, den die anderen wahrscheinlich nicht haben. Wir bringen eine besondere Methode für die Evangelisierung der Jugendlichen: die Vorliebe zu ihnen und einen Stil, der einzigartig ist.“ Die Aufmerksamkeit für die Jugendlichen und ihre Belange hat deshalb die salesianische Ausbreitung in Afrika insgesamt geprägt.


In der Tat konzentriert sich ein großer Teil unserer Tätigkeit in Afrika-Madagaskar auf den Erziehungsdienst an den Jugendlichen und auf die pastorale Betreuung der Pfarreien. Auf erzieherischer Ebene wurde den technischen Schulen und den Berufsausbildungszentren besondere Bedeutung beigemessen, wenngleich es in den letzten Jahren mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden war, solche Schulen einzurichten. Die Pfarreien sind zahlreich. Einige davon haben verschiedene Außenstationen, die mit dem Hauptzentrum verbunden sind. Ein dritter wichtiger Tätigkeitsbereich ist das Oratorium oder Jugendzentrum, eine erstaunliche Initiative, um unzählige Jugendliche zu erreichen.


Es gibt weiter Tätigkeitsbereiche in verschiedenen Teilen Afrikas und Madagaskars. Insgesamt können wir aber feststellen, dass Afrika und Madagaskar noch in Erwartung des vollen Aufblühens des salesianischen Charismas in seinen vielfältigen Facetten sind.


    1. Das sozio-politische und religiöse Umfeld, in dem sich unsere Werke befinden


In der Welt von heute ist es mehr oder weniger zur Mode geworden, von den vielen Problemen in Afrika zu sprechen, angefangen von den mannigfachen Formen der Armut und des Elends bis zur Ausbreitung des AIDS-Virus, als ob das allein eine afrikanische Krankheit wäre. Es stimmt, dass man einige dieser Realitäten nicht leugnen kann, weil sie sich vor unseren Augen unübersehbar darstellen. Aber hinter dem Erscheinungsbild von Armut und Krankheit befinden sich Völker, die eine Geschichte und ein kulturelles Erbe haben, welche mit vielen anderen in der Welt vergleichbar sind.


Viele Jahrhunderte hindurch haben die Afrikaner große Ungerechtigkeiten und unvorstellbare Unterdrückung erlitten, und zwar als Folge der Kolonialziele europäischer Völker und vor allem wegen des verabscheuungswürdigen Sklavenhandels. Nunmehr sehnen sich die Völker Afrikas danach, die Ketten der Vergangenheit abzuschütteln und eine verheißungsvolle Zukunft zu errichten.


Man muss sagen, dass nicht ganz Afrika gleichermaßen arm und notleidend ist. Als ein Extrem finden wir das stark industrialisierte Südafrika oder Teile der Großstädte vieler Staaten. Das andere Extrem ist die große Mehrheit der Armen, die zu nichts anderem Zugang haben als zu ihrer Selbstversorgung. Die Kluft zwischen den wenigen Reichen und den vielen Armen ist auf dem afrikanischen Kontinent sehr ausgeprägt.


Ein reichhaltiges Mosaik, zusammengefügt aus einer Unmenge von Stämmen, Sprachen und Kulturen, formt die Bevölkerung Afrikas. Die Musik und der Tanz sind Wesensbestandteile des Lebensstils einer jeden afrikanischen Nation, so dass es fast unmöglich ist, sich nicht in das festliche Getriebe der Leute einbezogen zu fühlen. Es gibt keine zeitliche Begrenzung, wenn eine Feierlichkeit religiöser oder ziviler Art stattfindet. „Du hast die Uhr, aber wir haben die Zeit“: Das ist die Mahnung, die sie an die Leute der sogenannten entwickelten Länder richten, die so sehr konditioniert sind von Terminen und Fristen. Da verwundert es nicht, wenn die Sonntagsmesse in einer Pfarrei nicht unter zwei Stunden dauert. Ich habe immer große Freude dabei empfunden, wenn ich die Eucharistie mit den Menschen in verschiedenen Teilen Afrikas gefeiert habe. Die Armut und die Entbehrungen haben den Menschen nicht die Freude und den Lebenswillen geraubt. Das ist wirklich ein erstaunliches Merkmal, dessen sich unser Erziehungssystem bei der Erziehung der Jugend bedienen kann.


Die Stammessituation und das „Hinterland“ der afrikanischen Völker ist in der Tat ein zweischneidiges Schwert. Einerseits bieten sie den verschiedenen Personengruppen Stabilität und Zusammenhalt. Die Stammesloyalität ist ein Bollwerk gegen das soziale Auseinaderdriften. Sie vermittelt ein Gefühl der Disziplin in allen Mitgliedern und ist ein Schutz für die Gebräuche und Überlieferungen. Das alles verhilft dazu, dem Ansturm äußerer und offensichtlich erstrebenswerterer Kulturen zu widerstehen.


Andererseits war das Stammeswesen die Ursache vieler kriegerischer Auseinandersetzungen in verschiedenen Teilen Afrikas. Sie haben schreckliche Völkermorde hervorgebracht. Die Kriege sind auch eine der hauptsächlichen Ursachen der anscheinend unheilbaren Armut Afrikas. Auch heute finden in manchen Teilen Afrikas Kriege statt, die Millionen von Menschen furchtbares Elend und Leiden zufügen. Der Krieg in Darfur im Gebiet des Sudan wie auch der in Somalia sind allen wohlbekannt. Aber es gibt auch vergessene Kriege in Uganda und in einigen Teilen des Kongo.


Das Stammeswesen ist auch Ursache politischer Instabilität in vielen der jungen Demokratien Afrikas. Oft steht es einer echten Integration zwischen den Völkern im Weg. Eine echte „katholische“ Erziehung in unsere zahlreichen Präsenzen hineinzutragen, ist nicht so leicht. In diesem Zusammenhang werden Themen wie Versöhnung, gegenseitige Annahme und Einheit in der Verschiedenheit zu beständigen Angeboten in der Erziehung und Evangelisierung.


Unter den vielen sozialen Problemen, die Afrika und Madagaskar heimsuchen, kann man eine besondere Krankheit nicht verschweigen, die Afrika in diesen Zeiten oft in den Vordergrund rückt. Es handelt sich um das AIDS-Virus, eine Erkrankung, die sich leicht verbreitet und Millionen von Afrikanern befällt. Wenn es auch stimmt, dass das AIDS-Virus keine ausschließlich afrikanische Eigenheit ist, so ist doch sicher, dass die Proportionen, die diese Geißel in Afrika annimmt, weit über die in anderen Kontinenten registrierten hinausgehen. Aus einer Untersuchung ist zu entnehmen, dass in einigen Nationen Afrikas, wie Simbabwe und Swaziland, 25-30% der Bevölkerung von AIDS befallen sind. Nach den gesicherten Informationen der Vereinten Nationen lebte von den 3 Millionen Menschen, die 2005 an AIDS gestorben sind, ein Drittel im Sub-Sahara-Bereich Afrikas, und eine halbe Million davon waren Kinder. Dieses soziale Problem muss unsere Aufmerksamkeit wecken, weil man nur durch eine gültige Erziehung diese Plage wirkliche bekämpfen kann. Dies umso mehr, als eine ständig wachsende Zahl von Kindern und Jugendlichen Opfer von AIDS sind. Darum könnte das einer unserer Einsatzbereiche für die Evangelisierung und Erziehung sein.


Unter dem religiösen Aspekt sind das Christentum und der Islam die am meisten verbreiteten Religionen in Afrika und Madagaskar. Nach einer Schätzung von 2004 anlässlich der Präsentation dieser Region im Generalrat sind bei einer Bevölkerungszahl von 900 Millionen Einwohnern etwa 40% Moslems und 34% Christen. Im übrigen praktizieren die Afrikaner verschiedene lokale Religionen, die unter dem allgemeinen Begriff „Animismus“ zusammengefasst werden. Eine sehr geringe Anzahl folgt der Indu-Religion oder bewahrt irgendeinen Glauben aus der jüdischen Tradition. Die Katholiken in Afrika machen nach dem statistischen Jahrbuch des Hl. Stuhls von 2005 wenig mehr als 17% der Bevölkerung aus. Aber oft ist es nicht von Belang, zu welcher Religion ein Volk gehört, weil es leider eine starke Tendenz zur Vermischung traditioneller religiöser Aspekte mit der Annahme des neuen Glaubens gibt. Das zeigt sich deutlich in den Hunderten von Sekten, die sich in Afrika rasant ausbreiten.


Im Gebiet Sub-Sahara ist das Christentum vorherrschend, während der Norden des Kontinents eine Bevölkerung mit moslemischer Mehrheit hat. Diese Situation erklärt teilweise den Bestand der salesianischen Präsenzen im schwarz-afrikanischen Bereich im Vergleich mit dem Norden. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass die Typologie des Islam, die man im Norden und im Sub-Sahara-Gebiet antrifft, qualitativ unterschiedlich ist. Während der Norden dazu neigt, konservativ zu sein, und sich mehr auf die fundamentalistische Linie ausrichtet, sind die Moslems im Gebiet südlich der Sahara toleranter und legen den Aktivitäten der Kirchen keine Hindernisse in den Weg.


Die Entwicklung der Kirche in Afrika ist relativ neu. 1900 gab es etwa 9 Millionen Christen auf dem gesamten Kontinent. 2005 gab es laut Statistischem Jahrbuch des Vatikans ungefähr 154 Millionen Katholiken. Im Gegensatz zu dem, was in der Vergangenheit geschah, geht die starke Entwicklung des Christentums in Afrika wenigstens zum Teil mehr auf die Initiativen lokaler Verkündiger als auf fremde Missionare zurück.

Im religiösen Bereich zeigt sich eine konzertierte Aktion mit dem Ziel, einige Teile Afrikas zu islamisieren – zum Beispiel den Sudan. Darüber hinaus verzeichnet man die schwindelerregende Ausbreitung von Sekten aller Art. In der Tat zieht das Bedürfnis der afrikanischen Menschen, aktiv Beteiligte bei den Feiern zu sein, viele zu den zahlreichen Sekten hin, welche die freien Ausdrucksformen beim Kult nicht behindern. Das ist wirklich eine Herausforderung für unseren Evangelisierungseinsatz, der sich heute als genauso notwendig erweist, als zu der Zeit, in der das Evangelium zum ersten Mal auf dem Kontinent verkündet wurde. Es muss uns gelingen, Methoden der Evangelisierung anzuwenden, die der Kultur und der Sensibilität der Menschen entsprechen, um den Glauben der Getauften bewahren und vertiefen zu können und um Millionen von Menschen zu erreichen, die noch nichts von der Guten Nachricht gehört haben.



2. Geschichte und Entwicklung der salesianischen Werke


2.1 Vor dem Afrika-Projekt


Wir haben schon an die Anfänge der salesianischen Präsenz in Afrika mit der Eröffnung eines Oratoriums in Oran in Algerien im Jahr 1891 erinnert. In den folgenden Jahren wurden weitere zwei Präsenzen in Algerien eröffnet. Aber die Salesianer mussten sich 1976 wegen des feindseligen politischen Klimas aus dem Land zurückziehen.


Tunesien war die zweite Nation, die 1894 eine salesianische Präsenz erhielt. Auf Grund der Höhen und Tiefen der Geschichte überlebt von den drei Werken in Tunesien heute nur noch die Schule, begonnen 1988 in Manouba, die zur Delegation Malta gehört. Die Schüler sind allesamt Moslems. Jede Form von Bekehrungsversuchen ist absolut verboten.


Das Jahr 1907 sah die Anfänge einer salesianischen Gründung in Mozambique, die aber nur eine kurze Lebensdauer hatte, weil die Salesianer auf der Welle der republikanischen Revolution in Portugal 1913 ausgewiesen wurden und die Schule von der Regierung beschlagnahmt wurde. Bis zur Wiedereröffnung einer salesianischen Präsenz in Mozambique musste man bis 1952 warten.


Das Jahr 1911 markierte den Beginn der salesianischen Tätigkeit in Belgisch Kongo. Die Samenkörner des Charismas, die in diesem Teil Afrikas ausgestreut wurden, sind aufgekeimt und haben überreiche Früchte gebracht. Das Ergebnis war die Errichtung der Provinz Zentralafrika im Jahr 1959 und der Visitatorie Große Seen 2006. Bis zum Start des Afrika-Projekts war die Provinz Zentralafrika der Bezugspunkt für die Präsenzen in Afrika insgesamt.


Man muss zugestehen, dass das salesianische Charisma sich zwischen 1891 und 1978 in den verschiedenen Ländern Afrikas nicht sonderlich weiterentwickelt hat. Beim Tod Don Ruas 1910 gab es salesianische Präsenzen in Algerien, Tunesien, Ägypten, Südafrika und Mozambique. Don Paolo Albera schickte die Salesianer nach Belgisch Kongo. Während des Rektorats von Don Filippo Rinaldi eröffneten die Salesianer Präsenzen auf den Kanarischen Inseln (1923) und in Marokko (1929). Don Pietro Ricaldone war der Urheber des Einstiegs in Libyen (1939) und Kapverden (1946). Mit dem Generalobern Don Renato Ziggiotti wurden salesianische Präsenzen in Ruanda und Swaziland (1953), in Kongo Brazzaville (1959), in Burundi (1962) und in Gabun (1964) eröffnet. Don Luigi Ricceri fügte der salesianischen Landkarte Afrikas noch zwei Länder hinzu: Äquatorialguinea (1972) und Äthiopien (1975). Die Vorbereitungen für eine salesianische Ansiedlung an der Elfenbeinküste begannen schon 1973 mit der Präsenz eines Salesianers.

Von all diesen Präsenzen – angefangen von der ersten Ankunft der Salesianer in Afrika bis zum Auftrieb durch das „Afrika-Projekt – existieren einige heute nicht mehr. Sie haben aber den Weg bereitet für die große Ausbreitung des Charismas auf dem Kontinent. In all diesen Jahren bestand der größte Teil der Mitbrüder aus Missionaren, die aus Europa stammten. Die Pioniere mussten sich mit jeder Art von Schwierigkeiten wegen der sozialen und politischen Situationen auseinandersetzen. In einigen Fällen waren es aber auch die kirchlichen Behörden, die es nicht immer vermochten, das unverwechselbare Wesen des salesianischen Charismas zu verstehen. Man muss ferner festhalten, dass an vielen Orten die Aktivität der Salesianer sich direkt hauptsächlich an die Söhne der europäischen Einwanderer wandte, wenngleich es nicht an Versuchen fehlte, die eingeborene afrikanische Jugend zu erreichen. Die Salesianer übernehmen Grundschulen, eröffneten technische sowie Handwerksschulen, wie man damals sagte, und engagierten sich in der Pfarrarbeit. Sie gründeten Missionsstationen, um sich um die Belange derer zu kümmern, die in ländlichen Gebieten wohnten. Laut Statistik von 1978 zählten die Salesianer in Afrika damals 330 Mitglieder in 53 Präsenzen, verstreut über 13 Nationen. Es gab nur fünf Novizen. Nur 35 dieser Salesianer waren afrikanischer Herkunft, einschließlich zweier Bischöfe.


2.2 Das Afrika-Projekt


Mit dem Ansporn des Afrika-Projekts durch Don Egidio Viganò im Jahr 1980 hat das salesianische Charisma große Fortschritte auf dem gesamten afrikanischen Kontinent gemacht.


Die Ursprünge des Projektes lassen sich auf den besorgten Appell von Don Jacques Ntamitalizo in einer der Sitzungen des 21. GK zurückführen. Er war der einzige Afrikaner, der als Delegierter der Provinz Zentralafrika am Generalkapitel teilnahm. Er richtete eine bewegende Bitte an das Kapitel, weil nach seiner Auffassung nunmehr für die salesianische Kongregation die Zeit reif sei, etwas mehr in Afrika zu tun, indem sie mehr Engagement und programmatische Aufmerksamkeit entfaltet. Seine schlichte Botschaft machte tiefen Eindruck auf alle Teilnehmer. In der dem Generalkapitel folgenden sechsjährigen Amtszeit erarbeite Don Egidio Viganò, eben genau in der Form des „Afrika-Projekts“, eine entsprechende Antwort.


Nach den vorausgehenden Studien zwischen 1978 und 1980 gab Don Viganò das Startzeichen für das Projekt mit dem Rundbrief Unser Einsatz in Afrika (Amtsblatt 297). Der Generalobere erläuterte seine Überzeugung, dass „das Afrika-Projekt für uns Salesianer eine Gnade Gottes ist“. Er lud alle Mitglieder der Salesianischen Familie ein, „sich diese Überzeugung zu eigen zu machen“. Die Ereignisse, die darauf folgten, bestätigten, dass die Einladung nicht auf taube Ohren gestoßen war.


Die vom Generalobern und seinem Rat verfolgte Strategie war die, gewisse Gebiete Afrikas einzelnen Gruppen von Provinzen anzuvertrauen, um die Aussendung von Mitbrüdern im Hinblick auf die Eröffnung neuer Präsenzen zu erleichtern und um ihnen zugleich eine wirtschaftliche Unterstützung zuzusichern. Man bräuchte viel Raum, um auf die Details dieses so komplexen Programms, das in der einen oder anderen Weise die ganze Kongregation mit einbezog, einzugehen. Es ist nicht meine Absicht, einen detaillierten Bericht – Nation für Nation – über den Anfang des salesianischen Charismas in Afrika zu geben. Andererseits halte ich es für angebracht, wenigstens die hauptsächlichen Linien dieser Anstrengung der Kongregation hervorzuheben. Andernfalls würde man einen Affront gegenüber der Hingabe und Großherzigkeit derer begehen, die daran aktiv beteiligt waren.


Bei der Verwirklichung des Afrika-Projekts sind drei unterschiedliche Phasen auszumachen. Die erste ist zweifellos die Gründungsphase in vielen neuen Ländern.

Schon 1979 hatte die Provinz Großbritannien eine Präsenz in Liberia eröffnet. Im darauffolgenden Jahr brachte man neue Präsenzen in sieben Nationen auf den Weg. Die spanischen Provinzen von Léon, Bilbao und Madrid eröffneten Werke in Senegal, Benin und Äquatorialguinea. Im selben Jahr leiteten die indischen Provinzen und die italienische Zentralprovinz Präsenzen in Kenia ein. Die irländischen Salesianer kamen nach Lesotho und die indischen in den Sudan. Tansania bekam 14 Mitbrüder und einen Mitarbeiter aus Indien, um vier Präsenzen ins Leben zu rufen.


Im Jahr 1981 bereicherten vier neue Nationen die salesianische Landkarte Afrikas, wozu sich noch Madagaskar gesellte. Die vereinten Anstrengungen der Provinzen Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay entsandten eine Gruppe von 10 Mitbrüdern, um Präsenzen in Angola zu eröffnen. Die spanische Provinz Barcelona übernahm die Verantwortung für eine Präsenz an der Elfenbeinküste, während verschiedene italienische Provinzen die Initiative für die Eröffnung einiger Werke in verschiedenen Teilen Madagaskars ergriffen. Mali hatte die Ehre, zwei salesianische Präsenzen mit Mitbrüdern aus der spanischen Provinz Valencia zu erhalten.


Das Jahr 1982 erlebte eine weitere Ausdehnung salesianischer Häuser in fünf neuen Ländern. Die Salesianer von zwei italienischen Provinzen (Subalpina und Novarese) gingen nach Nigeria und blieben in Akure und Ondo. Zwei weitere spanische Provinzen begaben sich nach Togo und übernahmen eine Pfarrei in Lomé. Dann waren die polnischen Provinzen an der Reihe, die mit zwölf Mitbrüdern nach Sambia gingen und verschiedene Häuser eröffneten. Äthiopien, wo die Salesianer aus der Provinz Mittlerer Orient seit längerem in Aktion waren, erhielt neuen Lebenssaft mit der Ankunft der Salesianer aus der Provinz Mailand.


1983 kann als das letzte Jahr vor der ersten Phase der Einführung des Charismas und der Ausbreitung der salesianischen Arbeit in Afrika angesehen werden. In diesem Jahr gab es noch sechs Anfragen bezüglich Neugründungen.


Die Neugründungen hingen auch weiterhin von den Mutterprovinzen ab. Einige wurden in Provinzdelegationen organisiert, immer aber unter der Leitung der Mutterprovinz. Die Strategie von Don Viganò, einige Missionsgebiete den Mutterprovinzen Europas, Indiens und Amerikas anzuvertrauen, trug hohe Dividenden ein mit dem Ergebnis, dass schon 1984 die Zahl der Salesianer auf insgesamt 507 angewachsen war, mit 91 Präsenzen in 29 Nationen. Die Zahl der Novizen – allesamt Afrikaner – stieg auf 10 an.


Die Jahre zwischen 1985 und 1990 können als die zweite Phase des Afrika-Projekts bezeichnet werden; d.h. als die Phase der Konsolidierung und der strukturellen Organisation.


Mit der zunehmenden Anzahl von Werken, Mitbrüdern und Berufungen vor Ort wurde es notwendig, mehr Aufmerksamkeit der Konsolidierung und strukturellen Organisation der verstreut angesiedelten Werke zu widmen. Sie standen ja in einem rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Mutterprovinzen, die ihre Sitze in fernen Ländern hatten. Deshalb wurde ein allmählicher Prozess der Lockerung der juridischen Verbindungen der afrikanischen Gemeinschaften mit den Mutterprovinzen eingeleitet. Zunächst wurden sie in halbautonomen Delegationen und dann in Visitatorien zusammengeschlossen. Schon vor dem 23. GK wurden die Delegationen Südafrika und Ostafrika in Visitatorien umgewandelt, wobei eine jede verschiedene Staaten umfasste. 1990 war die Zahl der Salesianer auf 711 – verteilt auf 129 Häuser in 33 Nationen – angewachsen. Auch die Zahl der Novizen war auf 37 angestiegen. Ein wahrlich sehr ermutigendes Ergebnis, das zweifellos Frucht des Projektes war.


Die Konsolidierungsphase dauerte ohne Unterbrechungen nach dem 23. GK ganze sechs Jahre hindurch an. 1995 gab es in Afrika fünf unabhängige Rechtsbezirke und sieben Delegationen. Die Salesianer leisteten ihren Dienst bereits in 38 afrikanischen Staaten, und ihre Zahl wuchs kräftig an.


Die dritte Phase könnte man die Phase der Vereinigung des salesianischen Afrikas mit der Schaffung der Region Afrika-Madagaskar nennen.


Das regelmäßige und sichere Wachstum, die Konsolidierung und die strukturelle Organisation der salesianischen Arbeit in Afrika führten zu der mutigen Entscheidung des 24. GK im Jahr 1996, die Region Afrika-Madagaskar zu gründen. So wurde das Projekt in nur 16 Jahren zu einer Region! Don Antonio Rodríguez Tallón, der seine sechsjährige Amtszeit als Regionalrat für die Region Spanien und Portugal beendete, wurde zum ersten Regionalrat für Afrika-Madagaskar ernannt. Das Kapitel stellte auch einige Kriterien für die bereits laufende Konsolidierung und Organisation der Region auf und benannte die Aspekte Einheit, Inkulturation, missionarische Wechselseitigkeit und andere konkrete Organisationsleitlinien.


In den folgenden sechs Jahren (1996-2002) zeigte die Region Afrika-Madagaskar zusätzliche Anzeichen des Wachstums und der Konsolidierung: Es wurden neue Werke eröffnet, die Zahl der afrikanischen Mitbrüder stieg auf die beachtliche Zahl von 231, und verschiedene unabhängige Rechtsbezirke wurden eingerichtet.


Das 25. GK machte einen weiteren Schritt nach vorn und empfahl den Zusammenschluss der Rechtsbezirke in Afrika in einer gemeinsamen Konferenz. Der unvergessliche Don Valentín de Pablo sorgte in seinem Amt als Regionalrat für Afrika-Madagaskar für die Organisation der Konferenz der Provinzen in Afrika und Madagaskar mit dem Kurznamen CIVAM, deren Statuten approbiert wurden.


Heute ist das Projekt Teil der Geschichte. Aber die Region Afrika-Madagaskar schreitet mit Bestimmtheit voran, indem sie sich neuen Problemen stellt und bemüht ist, ihre Berufungsfruchtbarkeit zu bewahren. Der Wunsch geht sogar dahin, immer mehr zu wachsen. Die Region ist stolz auf die Strukturen auf Regionalebene, die ein Sekretariat, die Kommissionen für Jugendpastoral und für Ausbildung sowie Koordinatoren der Kommunikation und der Berufsausbildung umfassen.


2.3 Afrika-Projekt, Frucht des Zusammenwirkens der Kongregation


Liebe Mitbrüder, wenn wir auf das spektakuläre Epos der Verwirklichung des „Afrika-Projekts“ blicken, das ich Euch – wenngleich nur schematisch – vorgestellt habe, muss allen klar sein, dass nichts möglich gewesen wäre, wenn der HERR nicht beschlossen hätte, durch unsere Mitbrüder zu wirken. Don Viganò startete das Afrika-Projekt als Antwort auf eine Eingebung von oben, wie er zu sagen pflegte. Und in der Tat hat uns eine unsichtbare Hand auf raschen und sicheren Wegen geführt, damit das alles erstaunliche Wirklichkeit würde.


Ich möchte einige wichtige Faktoren herausstellen, die zum Erfolg des Projekts beigetragen haben:


  1. Die Schnelligkeit, mit der wir in der Lage waren, uns in ganz Afrika auszudehnen, ist der Begeisterung geschuldet, mit der alle Provinzen die Einladung des Generalobern zur Teilnahme am Projekt aufgenommen haben. Das hat eine große missionarische Begeisterung in der ganzen Kongregation geweckt. Ich meine, dass es eines der besten Beispiele von Synergie auf Weltebene zur Verwirklichung eines gemeinsamen Projekts war.


  1. Die Großherzigkeit und der Opfergeist der Missionare verdienen unsere volle Bewunderung. Viele von ihnen standen vor großen Schwierigkeiten bei dem Bemühen, ganz von vorn zu beginnen und sich in die neuen Bereiche, für die sie bestimmt wurden, einzubringen. Mit Mut bestanden sie alle Schwierigkeiten und hielten aus, trotz der Hindernisse, die unüberwindbar zu sein schienen. Viele dieser Pioniere leisten heute noch ihren Beitrag in den verschiedenen Teilen Afrikas. Das ist ein Zeichen ihrer Liebe zu den afrikanischen Völkern und ihrer Identifikation mit dem Anliegen Afrikas.


  1. Die finanzielle Hilfe seitens der Mutterprovinzen, verschiedener Missionsprokuren, der ONG und die unzähligen Arten, wie die göttliche Vorsehung uns unterstützt hat, sind ein weiterer Faktor, der nicht verschwiegen werden darf. Die Versicherung Don Boscos, dass die göttliche Vorsehung uns nie verlassen wird, solange wir für die Armen und für das Heil der Seelen arbeiten, hat sich in der Verwirklichung des Afrika-Projekts haargenau bewahrheitet. Das afrikanische „Wunder“ der Salesianer dauert heute noch an, eben wegen unseres Einsatzes zu Gunsten der armen Jugendlichen des Kontinents. Abgesehen von wenigen Ausnahmen sind unsere Zielgruppen arm und bedürftig.


  1. Afrika hat heute ein afrikanisches Gesicht. Die Zahl der afrikanischen Salesianer wächst ständig. Das geht auf das Bemühen unserer Mitbrüder zurück, seit Beginn des Projekts Berufungen vor Ort zu suchen. Das Resultat ist, dass wir heute in der ganzen Region gut organisierte Strukturen für die Ausbildung und jedes Jahr 80 bis 100 Novizen haben. 2004 waren es sogar 104. Das alles ist möglich mit einem guten Plan der Berufungspastoral.


Ich könnte weitere Faktoren aufzählen, welche diesen Erfolg bestätigen. Ich denke aber, dass die hier genannten ausreichend sind. Nun möchte ich Euch einige Informationen über die Verwirklichungen der salesianischen Mission in Afrika und Madagaskar in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen geben.



3. Das salesianische Charisma und die afrikanische Wirklichkeit


3.1 Jugendpastoral


Wie ich bereits betont habe, quillt Afrika von Jugendlichen über, und die sind zudem arm. Es ist in der Tat ein fruchtbares Terrain für die Verwirklichung unseres Charismas.


Wir kommen nun zu den praktischen Ausdrucksformen des Charismas. Ich denke, dass die technischen Schulen und die Berufsausbildungszentren eine Priorität gegenüber anderen Werken haben. Es gibt eine große Nachfrage bezüglich dieser Berufsausbildungszentren. Unsere salesianische Antwort war konkret: Wir haben mehr als 80 derselben, aufgeteilt in Afrika und Madagaskar, und zwar dank des Interesses vieler salesianischer Nichtregierungsorganisationen, die sie mit Finanzierungshilfen unterstützen. Viele Schulen und Zentren sind gut eingerichtet und bestens ausgestattet. Aber ihre ständige Erhaltung und Verbesserung sind eine permanente Sorge.


Sogar in einer schwierigen Nation wie Eritrea, in Dekembare, gibt es eine gut ausgerüstete technische Schule. Die Besucherzahlen der Kurse sind optimal. Die Art der Unterstützung, die den Jugendlichen dieser armen Nation geboten wird, ist beispielhaft für die wunderbare Hilfe, die von allen technischen Schulen und Berufsausbildungszentren in Afrika und Madagaskar geleistet wird. Eine besondere Erwähnung verdienen auch die drei von den Salesianern geleiteten Berufsausbildungszentren zu Gunsten der Jugendlichen in dem großen Flüchtlingslager in Kakuma in Kenia. Erst vor kurzem beherbergte dieses Lager ungefähr 90.000 Flüchtlinge aus verschiedenen Nationen, hauptsächlich aber aus dem Sudan. Unter den mannigfaltigen Hilfen seitens der humanitären Organisationen, die im Lager tätig sind, war der Beitrag der Salesianer einer der meist geschätzten, weil er die Jugendlichen für das Leben nach dem Lageraufenthalt vorbereitet.


Auf dem Gebiet der technischen Erziehung und der Berufsausbildung ist die Visitatorie Mozambique wahrscheinlich die am besten organisierte auf Provinzebene. Alle technischen Schulen werden durch eine zentralgesteuerte Organisation koordiniert. Es gibt viel Engagement in Bezug auf die Bildungsangebote für Lehrer und Ausbilder. Die Regierung hat diese Aktivität mit Wertschätzung quittiert. Und die Salesianer haben einen wichtigen Dienst für die Entwicklung der Regierungspolitik zu Gunsten der technischen Ausbildung geleistet. Der jüngste Erweis dieser Wertschätzung ist die Anfrage der Regierung, Kurse auf Universitätsebene einzurichten, um Lehrkräfte für die technischen Schulen vorzubereiten. Diese neue Perspektive könnte auch ein guter Beitrag zum Nutzen der Region sein, um unsere Mitbrüder und andere Lehrkräfte für die technischen Schulen vorzubereiten.


Die Schule auf akademischem Niveau hat sich im salesianischen Afrika noch nicht nennenswert behauptet. Es gibt lediglich 78 Grundschulen und 39 höhere Schulen unter unserer Kontrolle. Das ist tatsächlich eine kleine Zahl im Vergleich zu denen anderer Regionen. Zentren für höhere Studien existieren praktisch nicht. In Zukunft könnten vielleicht auch diese Bereiche größere Beachtung erfordern, um vielen armen Jugendlichen eine gute intellektuelle Ausbildung anzubieten, vor allem im Hinblick auf die Vorbereitung von Jugendlichen, die später geeignete und von den großen christlichen Idealen inspirierte Führungskräfte in der Gesellschaft und besonders in der Politik sein können. Besonderer Erwähnung bedarf das umfassende Alphabetisierungsprogramm der Salesianer in Angola. Dieses Programm hatte einen großen Erfolg und hat Tausende von Jugendlichen und auch von Erwachsenen erreicht.

Wir müssen den Mitbrüdern dankbar sein, die spezifische Textbücher für diese Alphabetisierungsprogramme erarbeitet haben. Wenngleich solche Kurse nicht im eigentlichen Sinn als anerkannte Schulen zu betrachten sind, so ist das Programm in gewisser Weise doch mit der Schule verbunden, weil es die Kandidaten darauf vorbereitet, in reguläre schulische Kurse einzutreten.


Das Jugendzentrum ist ein weiteres großes Tätigkeitsfeld. Die Mehrheit unserer Häuser hat irgendeine Form von Oratorium oder Jugendzentrum. Es gibt davon insgesamt 123 in der Region. Jedes Haus hat seine eigene Art, das Oratorium oder das Jugendzentrum zu leiten und zu begleiten. Ich glaube aber allgemein sagen zu müssen, dass die Freizeitinitiativen der Zentren manchmal die Oberhand gewinnen über die Ausbildungsinitiativen, so dass ein Oratorium im vollen Sinn, das heißt ein Ort für die ganzheitliche menschliche und christliche Erziehung der Jugend auf der Linie der Möglichkeiten, auf die Don Bosco stolz wäre, noch ein Ziel ist, das es zu erreichen gilt. Nichtsdestoweniger steht der exzellente Dienst, den die Salesianer der afrikanischen Jugend anbieten, außer jedem Zweifel. Es bedarf allerdings eines Qualitätssprungs.


Es gibt eine Vielfalt von aktiven Gruppen in den Oratorien, in den Jugendzentren und in anderen Erziehungsbereichen. Alle gehören zur Salesianischen Jugendbewegung, die sich in einigen Rechtsbezirken bereits zu bilden begonnen hat, während man in anderen um deren Einführung bemüht ist. Das wird eine hervorragende Möglichkeit sein, die Jugend aus verschiedenen Nationen innerhalb einer Provinz oder zwischen den verschiedenen Provinzen zusammenzuführen. Dennoch sind die Schwierigkeiten beim Reisen und die Kosten ein Hindernis und schränken die Träume auf diesem Gebiet ein. Die Vitalität der Salesianischen Jugendbewegung in Afrika wird in hohem Maß von der Fähigkeit der Salesianer abhängen, die Jugendlichen auf lokaler Ebene mit konkreten Bildungsangeboten zu vereinigen und zu motivieren.


Ich möchte eine besondere Tätigkeit in der Jugendpastoral herausstellen; dies nicht so sehr wegen der Anzahl der engagierten Zentren als vielmehr in Bezug auf die Qualität des geleisteten Dienstes. Ich beziehe mich auf die Zentren für die Rückgewinnung und Ausbildung von jugendlichen Risikogruppen. Viele von ihnen kommen von der Straße zu uns. In der Mehrzahl der Rechtsbezirke in der Region gibt es Zentren, die sich um diese jugendlichen Randgruppen kümmern, wenngleich ihre Zahl noch niedrig ist. Jedes Zentrum hat seine besonderen Eigenheiten; immer aber mit dem Bestreben, die eine salesianische Sendung voranzubringen zu Gunsten dieser unserer so bedürftigen kleinen Brüder und Schwestern, die es wert sind.


Die Provinz Zentralafrika (AFC) ist eine der Provinzen mit der höchsten Anzahl von Werken dieser Art. Ein Beispiel: In Lubumbashi gibt es ein sehr gut organisiertes Werk für Straßenkinder. Es ist bekannt unter dem Namen „Bakanja-Magone“, hat aber in Wirklichkeit drei miteinander verknüpfte Tätigkeitsbereiche: Bakanja Ville, Bakanja Centro und Bakanja Magone. Der erste Bereich ist ein Zentrum der ersten Aufnahme für auf der Straße lebende Kinder. Man trifft sie in der Stadt selbst und hat leicht Zugang zu ihnen. Die Kinder und Jugendlichen gehen hier ein und aus und finden Möglichkeiten, von denen sie auf der Straße nicht hätten träumen können. Diejenigen, welche über Nacht bleiben möchten, können das tun. Ganz gewiss regt die echt salesianische Freundlichkeit viele dazu an, zu bleiben. Bakanja Centro ist eine zweite Stufe der Wiedergewinnung dieser Kinder. Das Zentrum hat eine Schule, eine medizinische Versorgungsstelle und eine Küche für die Kinder. Jeden Sonntag wird eigens für sie die Eucharistiefeier organisiert. Eine höhere Ebene ist das Zentrum Magone, das eine Wohnstruktur mit einem Ausbildungszentrum in verschiedenen Beschäftigungen für Kinder hat, die eine Zeit lang auf der Straße gelebt haben. Die geduldige Arbeit, die liebevolle Begleitung, die Unterweisung und Ausbildung haben in all den Jahren der Existenz dieses salesianischen Werkes beste Erfolge erzielt. Einige andere Werke der Provinz sind nach dem gleichen Muster organisiert.


Angesichts der Weite des Kontinents, der Armut der Menschen und der gewaltigen Anzahl bedürftiger Kinder und Jugendlichen denke ich, dass diese Werke künftig zunehmen müssen. Das muss nicht unbedingt durch die Eröffnung von neuen Werken geschehen, sondern kann sich an bereits existierenden Werken zu Gunsten dieser Zielgruppen orientieren.


Eine pastorale Initiative, die Beachtung und besondere Unterstützung verdient, ist darüber hinaus das Bemühen in einigen Teilen des salesianischen Afrikas, die weitverbreitete Geißel des AIDS-Virus zu bekämpfen. Viele Nationen Afrikas südlich der Sahara, in denen unsere Mitbrüder tätig sind, haben eine hohe Anzahl von AIDS-Kranken, und eine steigende Zahl von ihnen sind Kinder und Jugendliche. Die Visitatorien AFM und ATE wenden zwei verschiedene Arten von pastoralen Initiativen gegenüber diesem Problem an. Die Visitatorie AFM hat ein Programm von einer Woche mit dem Titel „Love Matters“ erarbeitet, das eine bedeutsame Resonanz im Leben Tausender von Jugendlichen hatte, die am Kurs im Jugend-Animationszentrum von Walkerville teilgenommen haben. Eine andere Art von Initiative wurde in der Visitatorie ATE gestartet. Deren Oberer Don José Antonio erfuhr umfassende Anerkennung für seine erzieherische Kompetenz in der AIDS-Virus-Vorsorge. Die Visitatorie hat eine Reihe von Handbüchern und anderen Materialien produziert, um die Menschen bezüglich der Krankheit zu sensibilisieren und sie über die christlichen Vorbeugungsmöglichkeiten aufzuklären. Es ist das Verdienst unserer Mitbrüder, wenn diese Schriften nicht nur in salesianischen Einrichtungen, sondern auch in anderen Bereichen angewandt werden. Im Kielwasser der Angebote dieser beiden Visitatorien haben andere afrikanische Rechtsbezirke Präventionsprogramme gegen das AIDS-Virus begonnen, indem sie das produzierte Material benutzen und entsprechend anpassen. Sicher fordern die apokalyptischen Dimensionen, welche diese Krankheit in Afrika annimmt, noch mehr Anstrengung seitens aller unserer Präsenzen, auch und vor allem um diesem Aspekt der Erziehung und Evangelisierung eine ernsthafte Beachtung zu widmen.


Es ist sehr ermutigend, feststellen zu können, dass in diesen Jahren der Bereich der Jugendpastoral in der Region wesentlich besser organisiert wurde. Im größten Teil der Rechtsbezirke gibt es eine Kommission für die Jugendpastoral. Seit einigen Jahren existiert auch auf der Ebene der Region eine Kommission für Jugendpastoral mit einem eigens dafür bestimmten Regionalbeauftragten. Einer der Provinziale ist der Referent der CIVAM. Wenngleich der Beauftragte nicht vollzeitlich mit dieser Arbeit beschäftigt ist, so stellt er doch einen Bezugs- und Verbindungspunkt zwischen den Jugendkommissionen der verschiedenen Provinzen dar und organisiert Treffen auf Regionalebene. Bei ihren jährlichen Zusammenkünften während dieser sechs Jahre hat die Kommission den verschiedenen Aspekten der Jugendpastoral viel Aufmerksamkeit gewidmet und nützliche Anregungen zur Verbesserung der Situation beigesteuert. Die aus den Treffen hervorgegangenen Vorschläge werden von der CIVAM im Hinblick auf geeignete Entscheidungen zwecks Rückwirkung auf alle Provinzen aufgenommen.


3.2 Pfarreien und Missionen


Die Pfarreien, von denen viele mit Missionsstationen verbunden sind, machen den größten Bereich der Tätigkeit in Afrika-Madagaskar aus. Etwa 105 Pfarreien stehen unter unserer Obhut. Zum größten Teil wurden sie nicht von uns gegründet; vielmehr haben wir sie von anderen Ordenskonkregationen übernommen. Dank der wirkungsvollen Arbeit dieser missionarischen Pioniere war es für uns relativ leicht, die pastorale Arbeit zu organisieren und sie allmählich nach salesianischem Stil auszurichten. Ein Großteil dieser unserer Pfarreien hat eine hohe Anzahl an Gläubigen. In Angola z.B. haben wir zwei Pfarreien in der Stadt Luanda mit mehr als 75.000 Gläubigen. Es ist sehr schön, zu erfahren, dass wir Kirchen haben, die 2-3000 Personen fassen können, wie in Tulear (Madagaskar), in Kinshasa (Demokratische Republik Kongo) oder in Cotonou (Benin), wo unsere Mitbrüder jeden Sonntag die Eucharistie feiern, zu der zahlreiche Gläubige kommen und wo große Menschenmengen zusammen beten, singen und tanzen, um den Herrn des Lebens und Geber alles Guten zu loben und zu preisen. Sehr ermutigend ist auch die Erfahrung mit Pfarreien, wie der in Pointe Noire (Kongo Brazzaville), wo an der täglichen Eucharistiefeier 1000 oder mehr Menschen teilnehmen.


In unseren Pfarreien ist die Katechese ein wichtiger Aspekt des pastoralen Lebens. Einige Pfarreien haben Hunderte von Katechumenen, in der Mehrzahl Jugendliche, die sich während einer Zeit von drei oder vier Jahren auf die Taufe vorbereiten. Bemerkenswert ist die Einbeziehung der Laien in den verschiedenen aktiven Gruppen innerhalb der Pfarreien sowie die Zahl der Katecheten und Laiensprecher, die in der Verwaltung mithelfen. Manche Pfarreien haben zwanzig oder mehr sehr aktive Gruppen.

Wenngleich wir innerhalb bereits gut funktionierender Pfarreien in der Pastoral tätig sind, so fehlt es in verschiedenen Pfarreien auch nicht an der missionarischen Pionierarbeit. Einige Stadtpfarreien sind sehr engagiert in der eigentlichen Missionsarbeit ad gentes und haben jährlich Hunderte von Katechumenen. In fast ganz Afrika haben viele Pfarreien verschiedene Außenstationen auf dem Lande, die mit dem Zentrum verbunden sind. Und oftmals ist jede Außenstation wie eine kleine Pfarrei.


Kandi in Benin (AFO), Luena in Angola und die Präfektur von Gambella in Äthiopien sind Beispiele missionarischer Pionierarbeit. In der Mission von Kandi bringen unsere Mitbrüder das Licht des Evangeliums stufenweise in den Mokolé-Stamm. Bis vor einigen Jahren hatte dieses Volk fast keinen Kontakt mit dem Rest der Welt.


Luena ist vielleicht die größte missionarische Pfarrei, die wir in der Kongregation haben. die am weitesten entfernte Missionsstation liegt fast 600 km vom Zentrum weg und ist nur über sehr unsichere Straßen zugänglich. Aus einer Schätzung geht hervor, dass nur 5% der 400.000 Einwohner, die in dieser Gegend in sehr armen Verhältnissen leben, evangelisiert sind. Man sagt mir, dass sie die katholischen Missionare (sprich: Salesianer) gerade deswegen erwarten, weil wir bei ihnen geblieben sind in guten und schlechten Zeiten während der langen und schwierigen Jahre des Bürgerkriegs und ihnen geholfen haben, zu überleben. Unsere Mitbrüder genießen große Wertschätzung und haben begonnen, sie dem Evangelium näher zu bringen – durch die Aktivitäten der Katecheten, weil wir Salesianer nur wenige sind.

Gambella ist noch ein „jungfräuliches“ Missionsgebiet. Unter der Leitung von Msgr. Angelo Moreschi, dem Apostolischen Präfekten, haben viele missionarische Aktivitäten ihren Anfang genommen; und die Kirche wächst rasch. Wenn wir mehr Missionare hätten, wären die Früchte der Evangelisierung sicherlich noch viel reichhaltiger.


Die Nachrichten, die ich von den Missionaren bekomme, erinnern mich an die apostolischen Zeiten. Diese hier sind nur Beispiele der Möglichkeiten der Mission ad gentes auf dem afrikanischen Kontinent.


Ich denke, dass dies der geeignete Moment ist, von einem neuen Projekt zu sprechen, das wir gestartet haben. Das von Don Viganò begonnene Afrika-Projekt ist nunmehr die Region Afrika-Madagaskar geworden und kann mit der 25-Jahrfeier offiziell als abgeschlossen betrachtet werden. Seit zwei Jahren jedoch haben wir ein „Sudan-Projekt“ für den großen Bedarf, den diese vom Krieg zerrissene Nation hat, in die Wege geleitet. Wie bekannt ist, haben die langen Kriegsjahre den südlichen Teil des Sudan, der vorwiegend katholisch ist, an den Abgrund des menschlichen Elends und des sozio-ökonomischen Kollapses gebracht. Seit etwa 25 Jahren haben die Kinder und Jugendlichen keine Gelegenheit zum Schulbesuch. Die verminten Straßen und die andauernde Kriegssituation haben die Priester und Katecheten daran gehindert, die Ortschaften zu besuchen. Konsequenterweise konnte während dieser Jahre das Glaubensleben der Menschen nicht hinreichend genährt und vertieft werden, wenngleich die Mehrzahl dem christlichen Glauben treu geblieben ist. Was die Dinge zur Zeit noch verkompliziert, ist die konzertierte Anstrengung zur Islamisierung des Südens. Unsere Pfarrei in Tonj umfasst 160 Ortschaften. Aber nach der Wiedereröffnung dieser Präsenz im Jahr 2000 konnten unsere Mitbrüder nur 80 davon aufsuchen. Die Ernte ist groß, aber der Arbeiter sind wenige.


Kurzum: Der Sudan bedarf dringend der Beachtung, damit es gelingt, ein Volk aufzubauen, das am Rand der völligen Zerstörung war. Zu diesem Zweck hat das Dikasterium für die Missionen 2006 das „Sudan-Projekt“ ins Leben gerufen und die ganze Kongregation aufgefordert, es zum Thema des jährlichen Missionstags (DOMISAL) zu machen. Angesichts der dringenden Bedürfnisse wurde der Sudan als Thema auch 2007 vorgestellt. In Zusammenarbeit mit den verschiedenen nichtstaatlichen Organisationen der Salesianer, die weltweit tätig sind, wurde deshalb ein umfassendes Projekt für die salesianischen Initiativen im Sudan vorbereitet. Die Konsolidierung der gegenwärtigen Werke, die Eröffnung neuer Werke in bedürftigen Gebieten, der Versuch, die verlassensten Armen im ländlichen Bereich – insbesondere die Kinder und Jugendlichen - zu erreichen, sind wichtige Aspekte dieses Projektes, das über mehrere Jahre fortgesetzt werden muss, auch wenn es nicht mehr als Thema für den Missionstag vorgeschlagen werden kann. In Anbetracht des glücklichen Ergebnisses des Afrika-Projekts denke ich, dass wir wunderbare Dinge in kurzer Zeit vollbringen können, wenn die Provinzen mit Ernsthaftigkeit und Großherzigkeit dieses neue Sudan-Projekt aufnehmen.


Wenn wir hier das Thema „Missionen“ behandeln, möchte ich mit großer Freude feststellen, dass Salesianer afrikanischer Herkunft begonnen haben, als Missionare in andere Nationen zu gehen. Es gibt eine Bewegung von Missionaren im Inneren des afrikanischen Kontinents und von Afrika in andere Kontinente. Jüngst sind ein Priester und ein Praktikant der Visitatorie AFC als Missionare in die Visitatorien ATE und AFM gegangen, während immer zwei Praktikanten, einer aus der Visitatorie ANG und der andere von AET für Papua Neuguinea und die Salomonischen Inseln bestimmt werden. Wir haben die begründete Hoffnung, dass im Verlauf der Jahre die Zahl der afrikanischen Missionare zunehmen wird.



3.3 Die Soziale Kommunikation


Bei der Konferenz der CIVAM im Jahr 2003 wurde das Thema der Sozialen Kommunikation

im zerbrechlichen Kontext Afrikas studiert. Es wurden einige praktische Vorschläge eingebracht, um mehr Mittel in diesen Bereich zu investieren. Vergangenes Jahr wurde ein Koordinator für die Soziale Kommunikation auf Regionalebene ernannt. Diese Entscheidung ist Zeichen des guten Willens und der Entschlossenheit der Provinziale für eine bessere Organisation dieses Bereichs in der Zukunft. Man muss aber zugeben, dass trotz aller bisher unternommener Anstrengungen der Bereich der Sozialen Kommunikation in Afrika nicht jene Beachtung fand, die er verdient. Trotzdem wecken die erreichten – wenngleich bescheidenen - Ergebnisse in den verschiedenen Provinzen Bewunderung.


In den Provinzen werden in variablen Abständen verschiedene Ausgaben des Bollettino Salesiano veröffentlicht. Ein besonderes Bollettino Salesiano mit dem Titel „Nachrichten der Salesianischen Familie“ in Englisch wird in Nairobi herausgegeben. Zwei weitere Bollettini Salesiani in englischer Sprache erscheinen in den Visitatorien AFC, AFO und ATE. Es gibt auch eine portugiesische Ausgabe in Mozambique.


In verschiedenen Rechtsbezirken hat man sich auch bemüht, nützliche Schriften zu veröffentlichen. Die DBYES („Don Bosco Youth Educational Services“) in Nairobi (AFE), Zentrum der ständigen Fortbildung von Jugendlichen und der Ausbildung von Animatoren, hat auch eine Abteilung für die Soziale Kommunikation, die sich besonders um verschiedene Veröffentlichungen zu Gunsten der Jugend kümmert. Dieses Zentrum hat ein Programm zur Vorbereitung der Jugendlichen für den Gebrauch der Medien erarbeitet. Von Zeit zu Zeit erscheinen verschiedene Veröffentlichungen auch in anderen Provinzen. Es steht außer Zweifel, dass man noch mehr tun könnte, besonders wenn die verlegerische Aktivität der Provinzen auf regionaler und provinzübergreifender Ebene koordiniert wäre.

Eine interessante Initiative ist die des Zentrums „Colombe“ in Lubumbashi (AFC), das in Zusammenarbeit mit der lokalen Fernsehstation eine Palette von Programmen in Französisch und auch in Swahili für die Jugendlichen bietet.


Es gibt sodann wenigstens zwei Radiostationen in der Region, die von Salesianern geleitet werden. „Radio Don Bosco“ in Ebolowa (ATE) – wenn auch in kleinen Dimensionen – sendet für die Landbevölkerung der Umgebung. „Radio Don Bosco“ von IVATO (MDG) verdient in der Tat große Beachtung auf dem Gebiet der Kommunikation, worauf die Kongregation stolz sein kann! Es ist nicht übertrieben, wenn man sagt, dass es eine der besten Radiostationen ist, die wir zur Zeit in der Kongregation haben. Zweifellos ist es das Radio Nummer 1 in Madagaskar. Aus einigen Ermittlungen geht hervor, dass Radio Don Bosco unter den Radiostationen, die im Land senden, einschließlich der staatlichen, seit langem die höchste Zuhörerzahl hat. Über Satellit erreicht es praktisch die ganze Insel und ist mit dem größten Teil der 20 Diözesen von Madagaskar verbunden.


Radio Don Bosco entstand 1996 als salesianische Antwort auf die Situation und die Bedürfnisse Madagaskars und auch um die salesianische Präsenz auf dem Territorium und die Kultur des Landes bekannt zu machen. Es ist Teil einer Strategie mit dem Ziel, die Qualität der von den Salesianern angebotenen Dienste für die Jugend und das Volk von Madagaskar zu heben. Während der 24 Stunden der täglichen Übertragungen in madagassischer Sprache („Malagasy“) präsentiert es eine große Vielfalt von Programmen für die Menschen im allgemeinen und für die Jugendlichen im besonderen. Mit seinen Programmen über die Erziehung und Evangelisierung sowie über die soziale Entwicklung ist es unter allen Aspekten ein salesianisches Jugendradio zum Dienst am salesianischen Charisma.


Die Mittel der Sozialen Kommunikation sind hervorragende Mittel zur Erziehung und zur Evangelisierung. Wenn wir mehr in dieses Gebiet investieren, können wir unsere Sendung wirksamer ausüben und leichter Zugang zu den Menschen finden.



3.4 Die Salesianische Familie


Viele Gruppen der Salesianischen Familie sind in verschiedenen Teilen von Afrika-Madagaskar tätig.


Die Don-Bosco-Schwestern haben Gemeinschaften in allen unseren Provinzen und Visitatorien, wenn auch nicht in allen Ländern, wo die Salesianer Häuser haben. Die Beschaffenheit ihrer acht Provinzen entspricht nicht immer der unsrigen.


Die Mitarbeiter sind mit Zentren in fast allen Rechtsbezirken präsent, während die Ehemaligen in den meisten Nationen noch nicht gut organisiert sind. Die anderen Gruppen der Salesianischen Familie, die in Afrika wirken, sind die Töchter von Maria Immaculata mit einer Provinz in Tansania, die Missionarinnen Mariens, der Hilfe der Christen, mit einer Präsenz in Swaziland und die Töchter vom Heiligen Herzen Jesu und Mariä, die mit den Salesianern in Kamerun zusammenarbeiten. Andere Gruppen, wie die ADMA, die VDB und die CDB, haben kleine Gruppen in einigen Provinzen.


Man muss zugeben, dass das Potential der Salesianischen Familie in Afrika seine volle Ausdrucksform noch finden muss. Beim jüngsten Treffen der CIVM in Dar Es Salaam mit Don Adriano Bregolin und seinem Team wurde eine Bewertung der gegenwärtigen Situation der Salesianischen Familie in der Region im Hinblick auf eine größere Antriebskraft und Dynamik vorgenommen. Aus den bei dem Treffen vorgetragenen Berichten ging hervor, dass in der Mehrzahl der Provinzen die Salesianische Familie eine eher zerbrechliche Realität ist. Viel muss geschehen, um sie zu fördern und zu organisieren in einer echten Bewegung zur Verwirklichung der salesianischen Sendung. Die beim Treffen anwesenden Provinziale haben schon einen Plan für die Förderung der Salesianischen Familie vorgezeichnet und gaben einige Hinweise mit dem Ziel, ein größeres Zusammenwirken unter den verschiedenen Gruppen zu erreichen. Ich wage zu sagen, dass die künftige Durchsetzungsfähigkeit und Wirksamkeit des salesianischen Charismas in Afrika sehr von der Fähigkeit der Salesianischen Familie abhängen wird, vereint an der Verwirklichung der gemeinsamen Sendung zu arbeiten und dennoch die Eigenheiten und die Autonomie der einzelnen Gruppen zu garantieren.



3.5 Wirtschaft und Verwaltung



Dies ist ein wichtiger Aspekt für die Verwirklichung unserer Sendung in jedem Teil der Welt. Wir haben schon erwähnt, auf welch wunderbare und dauerhafte Weise die Göttliche Vorsehung uns bei der Umsetzung des Afrika-Projekts geholfen hat. Dieser Beistand setzt sich noch heute fort, weil der größte Teil der Provinzen fast ausschließlich von der Unterstützung durch Hilfsfonds und einzelne Wohltäter Europas und Amerikas abhängt. Eine beachtliche Zahl der Mutterprovinzen, die für die Gründung der salesianischen Präsenzen in den verschiedenen Rechtsbezirken verantwortlich waren, helfen weiterhin finanziell den neuen Provinzen entsprechend den mit ihnen getroffenen Vereinbarungen. Es ist mir ein Bedürfnis, diesen Provinzen meinen aufrichtigen Dank für ihre ständige Unterstützung und ihr Interesse auszudrücken.


In der Gründungsphase war es relativ leicht, Finanzhilfen für den Aufbau der Werke zu finden. Heute bestehen die Probleme in ihrer Erhaltung und die tägliche Haushaltsführung, für die es sehr schwierig ist, die notwendigen Hilfsquellen aufzutun. Insbesondere die ständige Erhaltung der technischen Schulen wird zu einer schweren Last, wenngleich wir durch sie den armen Jugendlichen der Region den besten Dienst erweisen können. Die Rechtsbezirke überlegen zur Zeit verschiedene Möglichkeiten, auf örtlicher Ebene Hilfsfonds für die Erhaltung der Werke zu sammeln. Gewiss ist die Selbsterhaltung unserer Werke in Afrika und Madagaskar im Augenblick noch ein Traum; und es ist nicht abzusehen, wann er Wirklichkeit werden kann. Wir sind dennoch zuversichtlich, dass sich die Göttliche Vorsehung auch auf diesem armen Kontinent offenbaren und uns sicher nie verlassen wird.


Die korrekte Verwaltung der Ressourcen, welche die Göttliche Vorsehung uns schickt, ist die Probe auf unsere Treue als Ordensleute. Sie ist die Garantie, dass uns die notwendigen Mittel für die Erfüllung der Sendung, die Gott uns anvertraut hat, nicht fehlen werden. Ich wage mit Don Bosco zu sagen, dass die Einfachheit unseres Lebensstils und das Zeugnis, das wir von der evangelischen Armut ablegen, zusammen mit dem unverdrossenen Einsatz für die Armen und ausgegrenzten Kinder, uns einen bevorzugten Platz am Festmahl der Göttlichen Vorsehung sichern werden.





3.6 Die Ausbildung


Und nun kommen wir zu dem sehr wichtigen Thema der Ausbildung. Von ihr hängt die Dynamik und die charismatische Wirksamkeit der Region in Gegenwart und Zukunft ab. Nachdem ich die verschiedenen Mittel und Wege vorgestellt habe, wie wir unsere Sendung in Afrika und Madagaskar voranbringen können, und einige Ratschläge gegeben habe angesichts der vielfältigen Herausforderungen, auf die wir bei der Vertiefung unseres Charismas auf diesem Kontinent treffen, müsste es klar sein, welche Art von Ausbildung für die neuen Generationen des Salesianischen Afrikas erforderlich ist.


Während dieser letzten 25 Jahre hat die Region ein ständiges Wachstum der Anzahl der Häuser für die Grundausbildung auf allen Ebenen erlebt. Während 1980 das Annuario Salesiano nur zwei Häuser für die Ausbildung in ganz Afrika verzeichnete, nämlich in Butare in Ruanda und in Kansebula im Kongo, gibt es 2007 gut 41 Ausbildungsgemeinschaften in der Region.


Die Gemeinschaften des Vornoviziats zählen 18; wegen des internationalen Charakters mancher Rechtsbezirke haben einige von ihnen das Vornoviziat in verschiedenen Ländern. Es gibt 10 Noviziats- und 9 Nachnoviziatsgemeinschaften für 12 Rechtsbezirke. Man beachte, dass wegen der aktuellen politischen Situation zwischen den zwei Ländern, aus denen Eritrea sich zusammensetzt, und wegen der Unmöglichkeit der Auszubildenden, außer Landes zu reisen, die Visitatorie AET keine andere Wahl hat, als die Ausbildungsphasen in Eritrea selbst zu organisieren statt in Äthiopien. Deshalb ist sie die einzige Visitatorie, die zwei Noviziate und zwei Nachnoviziate hat.


Es gibt vier Gemeinschaften für Theologiestudenten: in Lubumbashi, in Yaoundé, in Utume (Nairobi) und in Fianarantsoa. Die letztgenannte ist verbunden mit der Nachnoviziatsgemeinschaft im selben Haus. Mit Ausnahme von Lubumbashi, wo der Unterricht in unserem Zentrum stattfindet, besuchen die Theologiestudenten die theologischen Institute, die den Diözesen oder den Ordensgemeinschaften zur Verfügung stehen.


Vor kurzem wurde für die Provinzen englischer Sprache in Nairobi eine spezifische Ausbildungsgemeinschaft für Brüder eröffnet.


Wie in der Ratio empfohlen wird, werden die provinzübergreifenden Ausbildungsgemeinschaften vom entsprechenden Kuratorium reguliert, zu dem die Provinziale der beteiligten Provinzen gehören.


Die Anzahl der Ausbildungsgemeinschaften könnte als beeindruckend erscheinen. Es wird aber gesagt, dass viele von ihnen leider keine angemessene Anzahl von kompetenten Kräften für die Ausbildung selbst haben. Für diese Gemeinschaften kompetente und vorbildliche Leitungsteams vorzubereiten und die Qualität der Grundausbildung auf allen Ebenen zu verbessern: diese Ziele bleiben noch große Herausforderungen für die Jahre, die vor uns liegen. Es verwundert inzwischen nicht, dass die Zahl der Salesianer, die sich bemühen, akademische Qualifikationen an verschiedenen Universitäten außerhalb der Region zu erlangen, ständig zunimmt.


Die regionale Kommission für die Ausbildung ist während dieser sechs Jahre gut organisiert und leistet einen hervorragenden Beitrag für alle Provinzen, indem sie die Argumente von gemeinsamem Interesse studiert. Die Kommission funktioniert gemäß den von der CIVAM approbierten Statuten und hat als Referenten einen der Provinziale. Die Rolle dieser Kommission darf nicht unterbewertet werden, angesichts der Anzahl der Ausbildungshäuser in der Region und der Bedeutung der Grundausbildung und der ständigen Weiterbildung im Hinblick auf eine ernsthafte Inkulturation des salesianischen Charismas in Afrika und Madagaskar.



4. Ein Impuls für die Zukunft


Mit einem Herzen voll Freude müssen wir einen Hymnus des Lobes und der Danksagung an Gott anstimmen für all das, was in Afrika und Madagaskar geschehen ist: von der Eröffnung der ersten salesianischen Präsenz 1891 bis heute, und insbesondere für die letzten 30 Jahre intensivster Aktivität. Dennoch müssen wir demütig anerkennen, dass das, was bisher geschehen ist, nur die Spitz des Eisbergs ist. Viel mehr muss man tun oder könnte man noch tun.


Die Herausforderungen, die sich Afrika und besonders dem salesianischen Afrika stellen, sind vielfältig und komplex. Sie fordern von uns neue Kräfte und ein erneuertes Engagement mit dem Geist des Optimismus und der Kreativität, die wesentliche Kennzeichen unserer Spiritualität sind. Ich will all die Herausforderungen und Bedürfnisse unter folgendem Titel zusammenfassen: eine tiefere Inkulturation des salesianischen Charismas in Afrika und Madagaskar.


Bisher lag die Verantwortung für das Einpflanzen des salesianischen Charismas in Afrika und Madagaskar bei den Missionaren aus dem Ausland. Von jetzt an und in Zukunft verlagert sich die Verantwortung stufenweise auf die neuen Generationen von Salesianern afrikanischer Herkunft. Das afrikanische Gesicht des salesianischen Charismas, von dem Don Viganò so gern sprach, besteht nicht nur im zahlenmäßigen Wachstum der Salesianer afrikanischer Abstammung, sondern vor allem in der Inkulturation des Charismas in der afrikanischen Realität mit dem Ziel, diese Gesellschaft im Einklang mit dem Evangelium und mit unserem salesianischen Stil umzuwandeln.



4.1 Die Herausforderungen


Wenn wir von Herausforderungen und Perspektiven reden, statt neue Formulierungen zu bieten, ziehe ich es vor, mich auf das zu berufen, was ich im Abschlussdokument der Visita d’insieme in Johannesburg im Februar 2006 geschrieben habe, und den Gedanken dann eventuell noch auszuweiten. Ich denke, dass darin der Kern des Problems getroffen ist.


Die Sendung ist für uns Salesianer der Schwerpunkt und die Kraft, die unser Leben leitet. Es ist deshalb von grundsätzlicher Bedeutung, zu verstehen, was unsere Sendung ist. Sie ist nicht mit unseren Werken, unseren Aktivitäten und Verwirklichungen gleichzusetzen. Sie ist vielmehr der Ausdruck unseres Eifers für das Heil der Jugend, die „Leidenschaft“ des „Da mihi animas, cetera tolle“; ein Eifer, der seine Quelle „im Herzen Christi hat, den der Vater gesandt hat“ (K 11).


Wir wollen, dass die salesianische Sendung und ihre Inkulturation in Afrika und Madagaskar der Grund unseres Ordenslebens und somit all unserer Bemühungen ist, unsere Präsenz in diesem weiten und verarmten Kontinent zu erneuern. Wir sind von Gott gerufen worden, hier zu sein, damit die Jugendlichen, besonders die armen, verlassenen und die Risikogruppen, „das Leben in Fülle haben“ (vgl. Joh 10,10) – durch das Geschenk der menschlichen Entwicklung, der Erziehung und der Evangelisierung.


Vor unseren Augen und in der Tiefe unseres Herzens haben wir die dramatische Realität der furchtbaren Armut der Bevölkerung und die politische und soziale Instabilität; die neue verheerende Epidemie des AIDS-Virus; den Mangel an günstigen Voraussetzungen für die Jugendlichen; die Bedrohung durch die Ausdehnung des Islam etc. Und gerade in diesem Kontext, der gekennzeichnet ist von der Antikultur des Todes, wollen wir Salesianer „Zeichen und Träger der Liebe Gottes“ (K 2) sein, indem wir auf die Jugend setzen, an die Erziehung glauben und Missionare sind.


Die Herausforderungen, vor denen das apostolische Ordensleben in Afrika und Madagaskar steht, haben ihre Wurzel in:


  • den kulturellen Tendenzen: dem Säkularismus, dem Materialismus und dem Konsum- denken, die allesamt ein Leben fördern ohne Gott, ohne geistliche Werte und ohne die Fähigkeit, aus unserem Leben ein bedingungsloses Geschenk für die Jugendlichen zu machen;


  • den persönlichen Versuchungen: dem Individualismus, der den christlichen Geist der Gemeinsamkeit zustört, die soziale Erfahrung der Solidarität aufs Spiel setzt, Spaltung in unseren Werken und Bruchstückhaftigkeit in unserem Leben erzeugt; Formen des Aktivismus verursacht, welche die Mitbrüder anspornen, mehr Bedeutung dem Tun als dem Sein beizumessen, und schließlich physische Ermüdung, psychologischen Stress und spirituelle Entleerung hervorruft;


  • den institutionellen und organisatorischen Problemen: einem gewissen Widerstand gegenüber der Veränderung, die notwendig ist, um angemessene Antworten auf äußere Situationen zu geben, die sich rasch und tiefgreifend ändern; einer Notlage bezüglich der inneren Situation, gekennzeichnet zwar von der Zunahme der lokalen Berufungen, aber auch vom Mangel an Personal für die Leitungsfunktionen, die von uns ein Umdenken im Inneren unserer Werke erfordert, indem wir ein größeres Verantwortungsbewusstsein in den jungen Mitbrüdern und einen Wandel in unserer Handlungsweise fördern. Das Gemeinschaftsleben in Afrika und Madagaskar, deren Hauptpersonen Mitbrüder aus verschiedenen Nationen, Kulturen und ethnischen Gruppen sind, ist eine prophetische Verheißung für die von den Kriegen zerrissenen Länder; es ist wirklich sich vollziehende Evangelisierung, ein Ausdruck der Liebe, der über jede Ausdrucksform von Rassengegensätzen siegt.


Um heute als salesianische Ordensleute in Afrika wirksam zu sein, müssen wir noch mehr Eifer entwickeln, noch mehr Ordensleute und noch mehr Salesianer sein. Dafür brauchen wir Menschen, die erfüllt sind vom pastoralen Feuer, von tiefer Spiritualität, mit einer planerischen Identität und Mentalität; das heißt: Menschen, deren einzige Kraft die pastorale Liebe ist, die sich leiten lassen vom Heiligen Geist, die Don Bosco als Bezugspunkt und Lebensnorm haben und die wissen, wie man mit anderen pastoralen und erzieherischen Institutionen, die in diesem Bereich ansässig sind, umgeht und echte Synergie schafft.


Es ist in der Tat eine Herausforderung, die es verdient, aufgegriffen zu werden: das salesianische Charisma in der Region tiefer und sicherer zu verwurzeln. Die Wechselwirkung zwischen den afrikanischen Kulturen und dem salesianischen Charisma müsste als Ergebnis eine gegenseitige Bereicherung zum Wohl der Jugendlichen in Afrika und Madagaskar haben. In diesem Zusammenhang nehmen die Berufungsanimation und die Ausbildung, sowohl die Grundausbildung wie die ständige Weiterbildung, eine echte Bedeutung an. Es wird noch einiger Zeit bedürfen, bis wir in der Lage sind, Ausbildungsgemeinschaften mit angemessenem und kompetentem Personal auszustatten. Nur eine gemeinsame Anstrengung in dieser Beziehung, auch auf Kosten großer Opfer, wird die charismatische Integrität der Region sicherstellen.


Eine andere Herausforderung und ein Engagement für die nächsten Jahre sind: eine weitere Konsolidierung und ein vollständigerer Ausdruck der salesianischen Sendung unter ihren verschiedenen Aspekten. Die Konsolidierung bringt unter anderem eine besondere Aufmerksamkeit gegenüber dem zahlenmäßigen Bestand einer jeden einzelnen Gemeinschaft mit sich und gewährleistet so ein hohes Niveau des Gemeinschaftslebens und die Qualifikation der Mitbrüder für die ihnen übertragenen Aufgaben. Aber die bloße Konsolidierung könnte uns in eintönige Routine fallen lassen und uns eventuell dem Ende nahe bringen. Andererseits schwächt die wenig kluge Ausdehnung das Gefüge unserer Sendung selbst. Die glückliche Ehe zwischen Konsolidierung und gesunder Ausdehnung erfordert Weitblick und Urteilsfähigkeit, geleitet von tiefer Sensibilität gegenüber den Bedürfnissen unserer Zeit. Die Ausdehnung kann nicht nur in Begriffen neuer Werke und neuer Gemeinschaften definiert werden, sondern könnte auch die Neuorganisation und eine neue Ausrichtung der bestehenden Werke in kreativer Form bedeuten, um so überzeugtere Antworten zu geben auf die Notwendigkeiten der Armen und der jugendlichen Risikogruppen.


Ein anderer Appell geht von der Armut aus, einer Realität, die uns auf dem gesamten Kontinent direkt ins Gesicht schaut. Sie ruft uns auf zu einem glaubwürdigeren Leben der evangelischen Armut, damit wir als Einzelne und als Gemeinschaften Zeugen sein können gegenüber denjenigen, mit denen und für die wir arbeiten und handeln. Gleichzeitig ist es eine Herausforderung, um uns anzuspornen, die notwendigen wirtschaftlichen Mittel zu beschaffen, um die Armen auf die Wege der Entwicklung und einer würdigen Selbständigkeit hinzuweisen.


In diesem Zusammenhang ist die selbständige Erhaltung unserer Werke in Afrika und Madagaskar eine nicht leichte Herausforderung. Gegenwärtig hängen alle unsere Werke in starkem Maße von fremden Hilfsquellen ab. Aber auch wenn man von Hilfsquellen aus dem Ausland nicht völlig absehen kann, ist es notwendig, die Gegenwart der Göttlichen Vorsehung in Afrika und Madagaskar zu entdecken.


Noch dringender und notwendiger ist es, einen Stil der christlichen Solidarität und der gegenseitigen Hilfe unter den Millionen von Afrikanern zu schaffen, weil ich davon überzeugt bin, dass eine dauerhafte Umwandlung der afrikanischen Gesellschaft nur aus dem Inneren der afrikanischen Gesellschaften selbst hervorgehen kann – mehr als aus der wirtschaftlichen Unterstützung, die von außen kommt, wenngleich diese eine große Hilfe sein kann, wenn sie klug verwendet wird, ohne eine Mentalität der Abhängigkeit zu schaffen.


Don Bosco hat uns versichert, dass uns so lange, wie wir für diejenigen arbeiten, die wirklich arm sind, die notwendigen Mittel nicht fehlen werden. Diese Versicherung, die sich in der Erfahrung der Kongregation konkret bestätigt hat, lässt mich glauben, dass man jede Anstrengung unternehmen muss, damit sich unsere Werke so weit wie möglich selbst tragen können.



4.2 Neubelebung des Afrika-Projekts

Es stimmt, dass das Afrika-Projekt in der Art, wie es gestartet wurde, offiziell abgeschlossen ist und dass die Aufmerksamkeit jetzt auf die Region Afrika-Madagaskar gerichtet ist. Angesichts der großen Herausforderungen jedoch, denen das salesianische Afrika heute gegenübersteht, und der vielfältigen Möglichkeiten, die das salesianische Charisma bietet, wurde vorgeschlagen, das Afrika-Projekt neu zu beleben – in erneuerter Form und mit erneuerter Aufmerksamkeit. Das scheint mir ein guter Vorschlag zu sein. Aber seine erfolgreiche Verwirklichung hängt nunmehr von den einzelnen afrikanischen Rechtsbezirken und der CIVAM in ihrer Gesamtheit ab.


Das Afrika-Projekt im Kontext der aktuellen Herausforderungen und Möglichkeiten neu aufzulegen, würde bedeuten: Engagement zu Gunsten der Verwirklichung eines erwachsenen salesianischen Afrikas unter allen Gesichtspunkten; d.h. eines salesianischen Afrikas, das sich nicht nur selbst trägt, sondern neues Leben schaffen kann für Millionen von armen Jugendlichen des Kontinents. Es müsste aktiver Baumeister einer globalen Umwandlung des afrikanischen Kontextes gemäß einer christlichen Sicht vom Leben und von der menschlichen Gesellschaft sein.


Das neue Afrika-Projekt müsste den verschiedenen Aspekten unseres Lebens und unserer Tätigkeit besondere Beachtung schenken:


  • Die Evangelisierung stets im Zentrum behalten, so dass wir an allen Orten und unter allen Umständen echte Verkünder des Evangeliums und Erzieher zum Glauben sind. Jeder Salesianer in Afrika und Madagaskar, sei er fremder Nationalität oder einheimischer Herkunft, müsste sich als Missionar und Verkünder empfinden.

  • Unser erzieherisches Engagement überdenken und verbessern, so dass wir mit erneuerten Inhalten und Methoden neue Mentalitäten formen können, um so eine menschlichere und christlichere Gesellschaft zu schaffen. Diesbezüglich nimmt die Erziehung der Jugendlichen zur verantwortlichen Teilnahme am politischen und sozialen Leben ihrer Länder eine Bedeutung an, die nicht unterschätzt werden darf.


  • Einen weitsichtigeren Gebrauch machen von den Kommunikationsmitteln, um unseren Dienst der Evangelisierung und Erziehung zu erweitern, indem wir die verschiedenen Kommunikationszentren auf regionaler Ebene zu Gunsten einer stärkeren Wirkung auf die Gesellschaft miteinander verbinden.


  • Sicherstellen, dass die Ausbildung, sei es die Grundausbildung wie die ständige Fortbildung, die neuen Generationen von Salesianern dafür vorbereitet, die Herausforderungen seitens des afrikanischen Szenariums anzunehmen und Sprecher bzw. Leiter der Gemeinschaften und der Werke auf der Linie der authentischen salesianischen Traditionen zu sein. Die Mitbrüder im aktiven Leben haben es ständig nötig, angespornt und ermutigt zu werden, sich kreativ zu erneuern, um auf die Belange der Zeiten, die sich wandeln, zu antworten.


  • Eine breite Bewegung von Personen schaffen, damit wir im Zusammenwirken mit anderen, die unsere Vision und Sendung teilen, die armen und bedürftigen Jugendlichen in größtmöglicher Anzahl erreichen können. Deshalb nimmt die Förderung der Salesianischen Familie als Ort der Synergie im Dienst an der gemeinsamen Sendung eine besondere Bedeutung an.


  • Trotz des Unterschieds der Sprachen, der Kultur und des sozio-ökonomischen Status ist es wichtig, auf eine größere Synergie und Solidarität zwischen den Gemeinschaften und der Provinz oder Visitatorie und zwischen den verschiedenen salesianischen Rechtsbezirken hinzuwirken, so dass niemand in der Isolation lebt. Gemeinsam können wir bessere Zeugen und Verkünder sein und viel mehr Jugendlichen helfen.

  • Die Gegenwart der Göttlichen Vorsehung auf dem afrikanischen Kontinent entdecken und das Solidaritätsgefühl unter den afrikanischen Völkern stärken, damit all jene, für die und mit denen wir arbeiten, in Würde leben können und die zu ihren Gunsten in Angriff genommenen Werke mit der Zeit ökonomisch selbständiger werden können.



Schluss


Es ist schwierig, vorauszusehen, wohin uns dieses neue Afrika-Projekt in weiteren 25 Jahren führen wird. Alles hängt davon ab, inwieweit wir bereit sind, gegenüber unserer religiösen und salesianischen Berufung treu zu sein und mit welchem Ernst und Engagement wir fähig sein werden, Projekte zu erarbeiten, um den Bedürfnissen der Armen und der Jugend Afrikas und Madagaskars entgegen zu kommen.


Maria war bei unserer Arbeit in Afrika und Madagaskar immer zugegen. Die Verehrung Mariens, der Hilfe der Christen, hat sich in den verschiedenen Teilen des Kontinents ausgebreitet, und die Künstler haben sie mit afrikanischen Farben und Gewändern dargestellt. Es wurden Heiligtümer und Pilgerstätten zu ihrer Ehre an verschiedenen Orten errichtet. Einige sind noch in der Aufbauphase. Mit Ihr an unserer Seite sind wir auf unserem weiteren Weg der Evangelisierung und Erziehung in Afrika und Madagaskar sicher, dass wir nicht scheitern können. Möge Sie uns geleiten auf die höchsten Qualitätsstufen unseres charismatischen Dienstes auf diesem Kontinent, damit seine von Gott so sehr geliebten Völker „das Leben haben und es in Fülle haben“.


Mit Zuneigung in Don Bosco



Don Pascual Chávez V.

Generaloberer








1 Anmerkung: Der Begriff „Rechtsbezirke“ ist laut Artikel 156 der Konstitutionen im Regelfall die Bezeichnung für die Provinzen und für die Visitatorien, die laut Artikel 158 einen den Provinzen ähnlichen Status haben.

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