Brief_des_Generaloberen_Nr._389


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1. BRIEF DES GENERALOBERN
„KOMM HERÜBER NACH MAZEDONIEN UND HILF UNS!“
(Apg 16,9)
Präsentation der Region Europa Nord
1. „Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!“ (Apg 16,9) 2. Die Anfänge der sa-
lesianischen Präsenz in der Region Europa Nord 2.1 Großbritannien, Irland-Malta, Hol-
land und Belgien Nord. 2.2 Österreich und Deutschland. 2.3 Polen. 2.4 Länder der Ex-
Sowjetunion und Litauen. 2.5 Ungarn, Slowakei und Tschechische Republik, Slowenien,
Kroatien. 2.6 Zwei Faktoren, die zur ersten Entwicklung beitrugen. 2.6.1 Das „Bollettino Sa-
lesiano“. 2.6.2 Die Salesianischen Mitarbeiter und Wohltäter. – 3. Das heutige Umfeld unse-
rer Sendung. 3.1 Das neue Europa. 3.2 Die Jugendsituation. 3.3 Die heutige salesianische
Realität der Region. 3.4 Die Realität der verschiedenen Gebiete. 3.5 Die provinzübergreifende
Zusammenarbeit. 4. Die Bereiche des salesianischen Lebens und der salesianischen
Sendung. 4.1 Grundausbildung. 4.2 Salesianische Bildung der Laien. 4.3 Jugendpastoral. 4.4
Berufungspastoral. 4.5 Soziale Kommunikation. 4.6 Die Missionen. 4.7 Die Salesianische
Familie. 5. Zukunftsperspektive. 5.1 Für alle Provinzen der Region. 5.2 Für die verschie-
denen Bereiche der Region. Abschluss.
Liebe Mitbrüder!
Ich schreibe Euch mit dem Blick auf das Osterfest. So kommt mir spontan der Gedanke, Euch
die herzlichsten Wünsche für eine freudige und fruchtbare Feier der Geheimnisse unserer Er-
lösung im Tod und in der Auferstehung des Herrn Jesus Christus zu übermitteln. Wenn wir
tatsächlich Christen sein wollen, besteht die erste und wichtigste Glaubenswahrheit gerade in
dem Bekenntnis: „Der Herr ist wahrhaft auferstanden und dem Simon erschienen“ (Lk 24,
34). Und wenn wir Christen bleiben wollen, so ist die letzte Wahrheit, an der wir festzuhalten
haben, genau die gleiche: „Wenn du mit dem Mund bekennst: Jesus ist der Herr, und wenn du
mit dem Herzen glaubst, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet
werden“ (Röm 10,9). An das Ostergeheimnis des Herrn glauben und schon als Auferstandene
leben – das ist das Fundament des christlichen Lebens. „Als unser Paschalamm ist Christus
geopfert worden. Lasst uns also das Fest nicht mit dem alten Sauerteig feiern, nicht mit dem
Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit den ungesäuerten Broten der Aufrich-
tigkeit und Wahrheit“ (1 Kor 5, 7b-8). In dieser österlichen Perspektive nutze ich die Gele-
genheit, für die Bezeugungen der Sympathie, des Mitgefühls und des Gebets zum Tode mei-
nes Vaters, der nun beim auferstandenen Herrn weilt, zu danken.
Bevor ich zum eigentlichen Anliegen meines Briefes komme, möchte ich Euch kurz zwei
Nachrichten aus unserer Familie mitteilen, die für uns von Interesse sind. Da ist vor allem am
24. April die Seligsprechung von Don Bronislaw Markiewicz, dem Gründer der Kongregation
vom hl. Erzengel Michael, besser bekannt als „Michaeliten“. Seit dem Jahre 2000 gehören sie
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zur Salesianischen Familie. Wir freuen uns mit dem Generalobern und der gesamten Kongre-
gation über die offizielle Anerkennung der Heiligkeit des Gründers seitens der Kirche und
fühlen uns darüber hinaus bestätigt im Hinblick auf die Gültigkeit des Charismas Don Boscos
und der Salesianischen Familie als Weg und Raum der Heiligkeit.
Die andere Nachricht bezieht sich direkt auf die Kongregation. In der Hälfte der sechsjährigen
Amtszeit habe wir die Visite d’Insieme begonnen. Das ist eine Form der Präsenz des General-
rats in den verschiedenen Teilen der Kongregation, die zur Pflichtpraxis der religiösen Ge-
meinschaften im gegenwärtigen Kontext der Einheit in der Dezentralisierung und umgekehrt
geworden ist. Den Regionen ermöglicht das eine umfassende Sicht unserer Kongregation. Der
Generalobere und sein Rat haben die Gelegenheit, den Pulsschlag des Lebens und Wirkens
der Salesianer in den verschiedenen Regionen zu spüren. Bei dieser Gelegenheit wollen wir in
besonderer Weise zwei Themen in den Blick nehmen: die Kommunikation, Aneignung und
Umsetzung des 25. GK sowie die wichtigsten Verwirklichungen, die drängendsten Heraus-
forderungen, die verfügbaren Ressourcen und die Zukunftsperspektiven der einzelnen Regio-
nen und der dazugehörigen Provinzen. Während ich Euch schreibe, haben wir die ersten bei-
den die in Süd- und Ost-Asien und die in Ozeanien bereits beendet. Wie man sich leicht
vorstellen kann, können wir die Zielsetzungen des nächsten Generalkapitels erst festlegen und
seine Vorbereitung beginnen, wenn wir die Reise durch alle Regionen abgeschlossen haben.
Natürlich hat die Beschäftigung mit den Regionen ein anderes Forum, nämlich das des Gene-
ralrates, der sein Programm, eine nach der anderen kennen zu lernen, fortsetzt. Auch ich setze
mein Vorhaben fort, die Regionen in meinen Briefen vorzustellen. Diesmal ist die Region
Europa-Nord an der Reihe. Mit ihr schließe ich die Präsentation des salesianischen Europas
ab:
1. „Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!“ (Apg 16,9)
Als Brieftitel habe ich diesen Satz des bekannten und berühmten Traumes des hl. Paulus in
Troas während seiner zweiten großen Missionsreise ausgewählt (Apg 15, 41; 18, 22). Nach
einer kurzen Mitteilung über die apostolische Aktivität der Stärkung der Gemeinschaft durch
die Evangelisierung, die Taufe, die Eucharistie und das Dienstamt (vgl. Apg 15, 41; 16, 5)
rückt der Verfasser der Apostelgeschichte die wahre Hauptperson der Kirche ins Licht: den
Hl. Geist. Er leitet ja in Wirklichkeit die notwendigen Entscheidungen: die bevorstehenden
Schritte, die Grenzen, die zu überschreiten sind und die Türen, die zu öffnen sind. Zweimal
berichtet der Text, wie der Hl. Geist wirkt, indem er Paulus und seinen Begleitern die Fortset-
zung des eigenen Missionsprojekts untersagt und sie stattdessen nach Griechenland in Rich-
tung Europa dirigiert: „In der Nacht hatte Paulus eine Vision: Vor ihm stand ein Mazedonier
und bat ihn: „Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!“ (Apg 16, 9).
Es handelt sich um einen Text mit starker Aussagekraft, weil er aufzeigt, dass der Hl. Geist
die Kirche leitet und die Welt für das Evangelium aufschließt. Der Text steht aber auch für die
Öffnung Europas auf Jesus und seine Kirche hin, die einen sehr bedeutenden Einfluss hatte
auf die kulturelle Gestaltung Europas heute nach zweitausend Jahren des Christentums. Die-
ser Mazedonier, gleichsam als Symbol der Europäer, äußert eine Bitte um Hilfe, die in der
Bitte um Evangelisierung besteht. Im darauffolgenden Vers lesen wir: „Auf diese Vision hin
wollten wir sofort nach Mazedonien abfahren; denn wir waren überzeugt, dass uns Gott dazu
berufen hatte, dort das Evangelium zu verkünden“ (Apg 16, 10).
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Der denkwürdige und prophetische Text erinnert an die Vergangenheit und zeichnet ein Zu-
kunftsbild. Die Vergangenheit und die Zukunft Europas ist das Evangelium. Mit einem Jahr-
hundert Geschichte im Rücken, werden wir Salesianer in Europa in diesem Europa Zukunft
haben, wenn wir es zulassen, dass der Hl. Geist unsere Sendung leitet. Dazu müssen wir bereit
sein, zu träumen wie Don Bosco, indem wir die Situation der Armut, der Verlassenheit und
der Verlorenheit der Jugendlichen in den Blick nehmen. Dazu müssen wir ihren Hilferuf ver-
nehmen: „Kommt herüber nach Mazedonien und helft uns!“. Und wir müssen hinter diesem
Hilferuf wie Paulus entdecken, dass sie Christus und sein Evangelium brauchen, um ihre tiefs-
ten Sehnsüchte zufrieden zu stellen. Gleichzeitig müssen wir bemüht sein, in ihnen durch die
Erziehung in einem jeden unserer Werke den Menschen, den Bürger und den qualifizierten
Berufstätigen heranzubilden.
2. Die Anfänge der salesianischen Präsenz in der Region Europa Nord
Die Region Nord besitzt einen außerordentlichen Grad geschichtlicher, kultureller, religiöser,
ökonomischer und sprachlicher Unterschiedlichkeit, die in gewisser Weise den Reichtum und
die Komplexität des neuen Europas darstellt. Im engen Rahmen dieses Briefes wollen wir
versuchen, ein paar wichtige Stichworte bezüglich der Anfänge unserer Präsenz und Tätigkeit
in den verschiedenen Gebieten Europas zu liefern.
2.1 Großbritannien, Irland-Malta, Holland und Belgien Nord
1887 kamen die Salesianer nach Großbritannien, einem Territorium mit protestantischer
Kultur, stolz auf seine Vorherrschaft als erste industrielle Macht, mit einer kleinen katholi-
schen Minderheit, mehrheitlich zusammengesetzt mit Einwanderern aus dem landwirtschaft-
lich geprägten Irland. Als die Salesianer in Irland im Jahre 1919 ankamen, war es gerade eine
unabhängige Nation geworden, heimgesucht von einem Bürgerkrieg und in wirtschaftlichen
Schwierigkeiten wegen des Verlusts seiner britischen Käufer. Anders ist die Situation in Bel-
gien, wo die Salesianer 1890 hinkamen. Es war eine kaum industrialisierte Nation mit weit-
reichenden sozialen Ungleichheiten, mit einer vorherrschenden freien Mittelklasse (manchmal
antiklerikal), aber mit einer Region, nämlich der flämischen, die stark in der katholischen
Kultur verwurzelt war. Die Ankunft in Holland erfolgte 1928, als das mehrheitlich protestan-
tische Land sich in ein reich entwickeltes kommerzielles Zentrum wandelte mit einem über-
seeischen Herrschaftsanspruch und ausgedehnten landwirtschaftlichen Gebieten. Die Katholi-
ken waren dort eine isolierte Minderheit, die sozial und politisch an den Rand gedrängt war.
Angesichts dieser Verschiedenheit der Voraussetzungen überrascht es nicht, dass die Ent-
wicklung des salesianischen Werks eine unterschiedliche Geschichte und Entfaltung in den
verschiedenen Regionen hatte.
2.1.1 Großbritannien
Vielleicht wissen nur wenige, dass es Dominikus Savio war, der mit seinen deutlichen Worten
1855 den Eingang Englands in die salesianische Geschichte ansagte: „Wie viele Seelen war-
ten in England auf Hilfe; wenn ich genügend Kräfte hätte, würde ich sofort hingehen und die
Menschen zu Gott führen.“ Dank des Einflusses der Erzbischofs Tobia Kirby besuchten Stu-
denten des irischen Kollegs das Oratorium beim Aufnahmehaus; und gerade von dort wusste
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Don Bosco seine erste Gruppe von irischen Jugendlichen zu gewinnen, die allesamt Pioniere
des salesianischen Werks nicht nur in London, sondern auch auf den Falkland-Inseln, auf
Malta, in Irland selbst und sogar in St. Francisco sein werden.
Eine andere römische Bekanntschaft, die Gräfin Georgiana di Stacpoole, bot den Salesianern
die Mission und die Elementarschule in Battersea in London an, die 1874 gegründet wurde
und in der 1887 Don McKiernan und seine ersten Begleiter ankamen und sozusagen wie aus
dem Nebel auftauchten.
Die salesianische Präsenz entwickelte sich in starkem Maße. Sie umfasste die Häuser in Eng-
land, Cape Town (1887) und Malta (1903), so dass 1902 die englische Provinz formell errich-
tet werden konnte.
Gleich nach dem Weltkrieg 1914-1918 sah Don Francesco Scaloni die Notwendigkeit, die
englische Provinz neu zu beleben und eröffnete 1920 das neue Noviziat und Studentat in
Cowley, Oxford.
Ein Kennzeichen, das das salesianische Werk in England von Anfang an geprägt hat, war ei-
nerseits die direkte Einbeziehung der in der Pfarrpastoral der ärmsten Gegenden Tätigen und
andererseits die erfolgte Entwicklung von Elementar- und Sekundarschulen mit der betonten
Absicht, Priesterberufe zu entdecken.
2.1.2 Irland
In der gleichen Zeitspanne ließen sich die Salesianer in Irland (1919) nieder, und zwar auf
Anregung von Don Luigi Sutherland und dank der Einladung des Bischofs Thomas Hallinan
von Limerick, der schon in das erste Projekt Don Boscos von 1874 einbezogen war. Sie
brachten ein umfangreiches Landgut in Pallaskenry in Ordnung und wandelten es in ein Aspi-
rantat und eine Landwirtschaftsschule um. Jahre später (1922) bot in Warrenstown in Co
Meath ein sehr großes Eigentum, das den Salesianern als Erbschaft hinterlassen wurde, in der
reichsten Region Irlands Raum für ein blühendes Kolleg für Landwirtschaft und Gartenbau.
Unter dem Druck des Zweiten Weltkriegs wurde ein getrenntes irisches Noviziat und dann
das Aspirantat in Ballinakill im Jahre 1941 eröffnet.
Nach dem II. Vaticanum öffneten sich neue Horizonte für das salesianische Irland dank der
Entscheidung, die Provinz Irland/Südafrika 1968 abzutrennen und das nationale Seminar in
Maynooth für Ordensleute zu öffnen, damit sie zur Universität gehen konnten.
2.1.3 Holland
Wenn in Holland bis 1928 junge holländische Männer Salesianer werden wollten, mussten sie
nach Belgien, nach Deutschland oder nach Italien gehen. Es war Msgr. Poels, der Kaplan der
Bergleute, der es ermöglichte, dass die Salesianer aus Belgien nach Holland kamen, um ein
Oratorium und eine Pfarrei in der Stadt im Süden von Lauradorp in Angriff zu nehmen. 1937
eröffnete man in Leusden, nahe bei Amersfoort, ein Haus für Aspiranten von Seiten der deut-
schen Provinz.
Gleich nach dem Krieg wurde Holland eine eigenständige Provinz mit Don Annibale Borto-
luzzi als erstem Provinzial. Sechzehn Jahre lang leitete dieser liebenswürdige Italiener die
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wachsende Entwicklung der Provinz. Schulen mit Schülerheim, Oratorien und Jugendwerke
wurden in Lauradorp gegründet und eingerichtet. Die Salesianer engagierten sich in verschie-
denen Pfarreien und reisten in sehr beachtlicher Anzahl in verschiedene Missionsgebiete der
Kongregation.
2.1.4 Belgien Nord
Die Errichtung der belgischen Nordprovinz datiert erst seit 1959; aber der berühmte Sozialre-
formator Msgr. Doutreloux hatte schon 1890 die Salesianer von Liège in das französisch
sprechende Südbelgien geschickt, um die an Berufen reiche flämische Region von Nordbel-
gien zu erforschen. So kam es, dass 1896 ein Noviziat im flämischen Hechtel gegründet wur-
de. Ihm folgte die Eröffnung eines der beiden theologischen Studienzentren außerhalb Italien
in Groot Bijgaarden im Jahre 1904, nachdem 1902 die erste belgische Provinz unter der Lei-
tung von Don Francesco Scaloni entstanden war. Als Ergänzung zu ihrem spezifischen Enga-
gement in der schulischen und technischen Ausbildung der Jugendlichen der Arbeiterklasse in
Belgien boten sich die flämischen Mitbrüder als echte Pioniere an, um eine salesianische Mis-
sion in Zentralafrika, damals Belgisch Kongo genannt (heute Kongo, Burundi und Ruanda) zu
beginnen. Auch diese Provinz war sehr großherzig in der Aussendung von Missionaren. Zur
Zeit sind immerhin 75 belgische Mitbrüder in aller Welt zerstreut.
Nach der Aufteilung der belgischen Provinz im Jahre 1959 hat die flämische Provinz trotz der
Verringerung der Berufe die eigenen Werke für Jugendliche in schwierigen Situationen aus-
geweitet, und zwar durch geeignete Unterkünfte und durch professionelle Hilfe für ehemals
drogenabhängige Jugendliche.
2.2 Österreich und Deutschland
Das Gebiet deutscher Sprache in der Region umfasst die Nationen Österreich und Deutsch-
land und verfügt über eine bedeutsame salesianische Präsenz.
2.2.1 Österreich
Im August 1886 traf eine Gruppe österreichischer Landsleute unter der Leitung des Journalis-
ten Joseph M. Schmidinger Don Bosco San Benigno Canavese und bat um die Gründung ei-
nes salesianischen Werkes zum Wohl der Jugendlichen auf österreichischem Boden. Don
Bosco sagte nicht nein, nannte aber als eines der Hindernisse das Fehlen von vorbereitetem
deutschen Salesianerpersonal und versicherte, dass man früher oder später an die Verwirkli-
chung eines solchen Projektes herangehen könne.
Auch wenn im damaligen österreichischen Herrschaftsbereich der Habsburger die Salesianer
schon 1887 in Trento Einzug gehalten hatten, fand die Ankunft im ethnisch gesehen eigentli-
chen österreichischen Territorium erst 1903 statt; und zwar durch eine Entscheidung von Don
Rua, dem es sehr am Herzen lag, in die Hauptstadt der Donaumonarchie zu gelangen. Als
Organisator und Ordensoberer wurde der aus Italien stammende Don Luigi Terrone (1875-
1968) gesandt. Das Haus in Wien mit dem Titel Maria Hilfe der Christen war als Frucht einer
Übereinkunft zwischen den Salesianern und der Vereinigung „Kinderschutzstationen karitati-
ver Verein für arme Kinder“ entstanden, war aber nicht von langer Dauer. Nach dreijähriger
Zusammenarbeit entschloss sich die salesianische Gesellschaft zur Auflösung des Vertrages.
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Dem Konflikt zugrunde lag die feste salesianische Überzeugung, nicht auf das eigene Präven-
tivsystem verzichten zu können, da es der sichere Garant für den Erziehungserfolg ist. Die
Salesianer unternahmen die Gründung eines eigenständigen Werks in Erdberg, einem der am
meisten bevölkerten und von der österreichischen Hauptstadt vernachlässigten Bezirke, zum
größten Teil bewohnt von einer Arbeiterschicht, die schon von den marxistischen Ideen ange-
haucht war. Im Sommer 1919 wurde Don August Hlond Direktor des neuen Wiener Werks; er
war ein guter Kenner der deutschen Sprache und Kultur. Ein Jahr später wurde die staatliche
Genehmigung zu Eröffnung erteilt. Mit dem ersten Bereich des Oratoriums, dem „Knaben-
heim Salesianum“ im Oktober 1910 kam die salesianische Gesellschaft einem dringenden
Anliegen der Bevölkerung in diesem Wohngebiet und in der ganzen Hauptstadt entgegen. Es
war das Angebot einer gültigen erzieherischen Alternative für den größten Teil der Jungen,
die ohne jede qualifizierte Möglichkeit der Unterhaltung und des Zeitvertreibs nach der Schu-
le waren.
Erwähnenswert ist eine Arbeit in den Jahren von 1916-1918 zugunsten junger Flüchtlingsstu-
denten verschiedener Nationalitäten: Italiener, Polen, Slowenen, Kroaten, Hebräer und Rumä-
nen. Diese Jugendlichen wurden von den Zivilverwaltungen in die Hauptstadt gebracht, fan-
den in dem als Heim bestimmten Haus Unterkunft und wurden den Salesianern anvertraut.
Anfangs waren es 171 Jugendliche, die die öffentlichen Schulen in der Stadt besuchten.
2.2.2 Deutschland
Die Salesianer versuchten verschiedene Male, noch vor Großbritannien in Deutschland Ein-
gang zu finden. Aber die Genehmigung wurde verweigert; und zwar aus politischen Gründen
und wegen der Annahme, dass eine solche Erziehungseinrichtung nicht nötig sei.
Am 29. November 1916 kamen drei Salesianer unter der Leitung von Don F. Niedermayer als
Direktor in Würzburg an. Sie gründeten das erste Salesianerhaus in Deutschland. Diese Tatsa-
che zog auch die Aufmerksamkeit der Lokalpresse auf sich. Die Salesianer betreuten zunächst
einmal ungefähr 75 Lehrlinge und 10 Mittelschüler. Später dehnten sie ihre Betreuung auf
ungefähr 160 externe Lehrlinge aus, die in Zirkeln organisiert waren. Diese Art der Arbeit
wurde unter den sozio-politischen Umständen für vorrangig gehalten. Der erste Direktor
schrieb an den Generalobern Don Paolo Albera: „Es ist eine echt salesianische Arbeit, die
sehr an die ersten Zeiten Don Boscos erinnert. Angesichts der gegenwärtigen Voraussetzun-
gen in Bayern und in ganz Deutschland ist diese Arbeit für die Arbeiterjugend am notwen-
digsten, und die Bischöfe erwarten sie von uns. Auch die Festtagsoratorien werden einen sehr
wichtigen Teil unseres Arbeitsbereiches ausmachen. Dagegen wird es schwierig sein, wenn
nicht sogar unmöglich, Einrichtungen mit eigenen Grundschulen oder Gymnasien zu eröff-
nen, weil die neuen Gesetze den Privaten die Eröffnung solcher Schulen verbieten, und die
bereits existierenden müssen nach und nach verschwinden. Im Allgemeinen werden die Sale-
sianer und das Werk Don Boscos in Bayern sehr geschätzt, und man erwartet sich von ihnen
die Rettung der Arbeiterjugend.“
Unter den verschiedenen salesianischen Neugründungen dieser Zeit muss man das Haus von
Benediktbeuern nennen. Es handelt sich um ein ehemaliges Benediktinnerkloster, etwa 60 km
von der bayrischen Hauptstadt entfernt, und wurde 1930 erworben. Das Werk nahm in der
Geschichte der deutschen Salesianer einen herausragenden Platz ein, weil es ein wichtiges
Ausbildungszentrum für das salesianische Personal in Deutschland und Österreich wurde.
Heute ist es eine Einrichtung, die auch für die Bedürfnisse der Ortskirche offen steht; außer
der Möglichkeit des Philosophie- und Theologiestudiums bietet man auch das Studium der
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pädagogischen und sozialen Wissenschaften an. Ferner gibt es ein Zentrum für die salesiani-
sche Spiritualität, ein bewährtes Jugendzentrum und schließlich ein Zentrum für Ökologie und
Kultur sowie eine Jugendherberge und eine Pfarrei.
1935 hatte die salesianische Gesellschaft 17 Werke in Deutschland, ohne das Werk in Stock-
holm (Schweden), gegründet 1930, mitzuzählen. Das war ein Fortschritt, den man in weniger
als 20 Jahren verwirklicht hatte! Angesichts der Gegebenheiten errichteten die salesianischen
Obern 1935 die Deutsche Provinz vom hl. Bonifatius mit Sitz in München.
Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurden einige Häuser geschlossen und beschlag-
nahmt. Der schwerste Schlag war aber die Tatsache der Einberufung vieler Salesianer zum
Militär, von denen etwa 140 an den verschiedenen Kriegsfronten gefallen sind. Manch einer
wurde auch ins Konzentrationslager gebracht, wie Theodor Hartz (1887-1942), gestorben in
Dachau, und Karl Schmidt (1904-1968).
In den sechziger Jahren hatte man das Bedürfnis nach neuen Angebotsformen des salesiani-
schen Apostolats. So entstanden Zentren für geistliche Bildung von Jugendlichen in Bene-
diktbeuern, Ensdorf, Jünkerath und Calhorn (Oldenburg). Ein Werk von außerordentlicher
Wichtigkeit muss man noch erwähnen: die Missionsprokur in Bonn. Dank ihrer wurden und
werden immer noch zahlreiche Projekte finanziert, sei es in Europa oder in den salesianischen
Missionen.
Im Oktober 1990 vollzog sich die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, ein Fak-
tum, das auch die Salesianer herausforderte. Trotz des abnehmenden salesianischen Personals
in Deutschland entschloss man sich 1992, neue Formen der salesianischen Präsenz in der
ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zu eröffnen, und zwar in Heiligenstadt
(Thüringen) mit einem täglichen Oratorium (Offene Tür), einem Zentrum der sozialen und
pastoralen Betreuung und einem anderen für die Betreuung von jugendlichen Randgruppen
sowie einem Jugendzentrum; ferner in Chemnitz (Sachsen) mit einem Jugendzentrum, mit
einem Zentrum für berufliche Orientierung und natürlich mit einem Oratorium. Diese Arbeit
wird mit einer beachtlichen Teilnahme von Mitarbeitern verwirklicht. Nicht vergessen darf
man eine andere Initiative, und zwar die Tatsache, dass die Provinz von Köln im Jahre 1992
die Verantwortung für eine Mission in Ghana innerhalb des afrikanischen Projektes über-
nahm.
Heute geht man auf Antrag der beiden deutschen Provinzen auf eine Vereinigung zu und
möchte damit eine bedeutsamere Präsenz in Deutschland erreichen.
2.3 Polen
Wahrscheinlich begann man schon um das Jahr 1889, das Projekt einer ersten salesianischen
Aussendung nach Polen zu prüfen. Der Generalobere Don Rua soll daran gedacht haben, als
Leiter der Aussendung August Czartoryski zu bestimmen, und zwar in Begleitung von Don
Bronislaw Markiewicz und anderen Polen und Italienern. Die angeschlagene Gesundheit von
A. Czartoryski erlaubte zu jener Zeit nicht die Verwirklichung eines solchen Planes. Inzwi-
schen veranlassten die Obern die Abreise von Don Markiewicz Ende März 1892 nach Gali-
zien (Polen), um die Seelsorge in einem kleinen Ort namens Miejsce in der Nähe der Bi-
schofsstadt Przemysl zu übernehmen. Don Markiewicz sorgte für die Eröffnung eines Hauses
zur Erziehung der armen Jugend das er „Casa Don Bosco“ nannte. Mit dieser Handlung setzte
er den Anfang für eine erste salesianische Präsenz auf polnischem Gebiet.
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Don Markiewicz entschloss sich 1897, sich von den Salesianern in Turin zu trennen, während
die polnischen Salesianer, die in der Kongregation verblieben, sofort ein Angebot des Fürstbi-
schofs von Krakau, Kardinal Jan Puzyna, eine Einrichtung in der bescheidenen Stadt Oswie-
cim zu gründen, annahmen. Es handelte sich um ein religiöses Zentrum, das nach Meinung
des Bischofs eine Antwort auf die verheerende Verbreitung des Sozialismus unter den Ju-
gendlichen der Volksschichten war. Im August 1898 schickte Don Rua den gerade erst zum
Priester geweihten Don Franciszek Trawinski, dem im Herbst zwei Kleriker zugeteilt wurden.
Im Dezember 1899 fassten die Obern den Beschluss, Don Emanuele Manassero als Direktor
dorthin zu schicken. Er war der echte Pionier und Organisator des Salesianerhauses in Oswie-
cim, das später den Namen „Casa Madre“ der polnischen Salesianer erhielt. Er eroberte und
bekräftigte in kurzer Zeit das Vertrauen gegenüber der salesianischen Gesellschaft.
1904 kam es zur Gründung des zweiten salesianischen Werkes im Süden Polens in einem
kleinen Dorf namens Daszawa im Bezirk Stryj der Provinz Lviv, das heute Teil der Ukraine
ist. Mit der Eröffnung dieses Werkes wollte man dem immer drängenderen Bedürfnis nach
einem Ausbildungshaus nachkommen. Als Direktor und Novizenmeister wurde Don Pietro
Tirone, der künftige Generalkatechet der Kongregation, ernannt.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die soziale Frage als immer dringlicher empfunden.
Einige Bischöfe versuchten, durch die Gründung von Erziehungseinrichtungen gegenzus-
teuern. Einer derselben war der Bischof von Przemysl Msgr. Józef S. Pelczar, der dem lateini-
schen Ritus angehörte und am 18. Mai 2003 heiliggesprochen wurde. Er wollte die Salesianer
in einem volkstümlichen Wohngebiet seiner Bischofsstadt haben, wo sie dann in der Tat ihr
Apostolat im Jahre 1907 begannen. Als Direktor ernannt wurde Don August Hlond, der zu-
künftige Kardinalprimas von Polen. Da es für die Musikschule, die die polnischen Bischöfe so
sehr wünschten, kein geeignetes Gebäude gab, boten die Salesianer ihre Einrichtung an. Die
Höhere Fachschule für Organisten, gegründet am 01. November 1916, und der Leitung des
jungen Komponisten Don Antoni Hlond unterstellt, war einzigartig in der Geschichte der sa-
lesianischen Gesellschaft. Während der 47 Jahre der dortigen Tätigkeit wurden 570 Organis-
ten vorbereitet und machten ihr Diplom. Das war ein besonderer Beitrag und ein Dienst an der
Kirche in Polen sowie an der polnischen Zivilgesellschaft seitens der Salesianer.
In der Zeit zwischen den zwei Weltkriegen gab es eine weitere Blüte des salesianischen Wer-
kes. 1933 gab es bereits 32 Häuser, und die Anzahl der Mitbrüder betrug mehr als 500. Darum
entschied der Generalobere Don Pietro Ricaldone, die Hälfte der Häuser der Provinz des hl.
Stanislaus Kostka abzutrennen und eine neue Provinz vom hl. Hyazinth mit Sitz in Krakau zu
errichten.
Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war ein schmerzhafter Schlag für die Salesianer in Po-
len. Alle Schulen und fast alle Häuser wurden geschlossen. Der Überlebenskampf und die
Unsicherheit des Lebens der Mitglieder und damit verbunden das Umherziehen und die Emig-
ration der Mitbrüder einige Jahre hindurch hinterließen in ihnen tiefe Spuren.
In den Konzentrationslagern wurden 67 Salesianer von den Nazis umgebracht, unter ihnen
Don Józef Kowalski, der am 13. Juni 1999 seliggesprochen wurde, mit den fünf jugendliche
Märtyrern aus dem Oratorium von Poznan. 1945 gelang es den Salesianern, alle Erziehungs-
und Schulzentren mit neuem Leben zu erfüllen. 1948 funktionierten bereits acht Berufsschu-
len, vier technische Einrichtungen, sechs Gymnasien und Höhere Schulen sowie vier kleine
Seminare.
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Im Schuljahr 1947/48 änderte die kommunistische Regierung ihre Einstellung gegenüber al-
len nichtstaatlichen Schulen. Mit unwiderstehlicher Härte begann man mit der allmählichen
Schließung der von Ordensleuten geleiteten Schulen. Die Berufsschule in Oswiecim blieb
nach 1963 als die einzige salesianische Privatschule, die vom Staat anerkannt war, und als die
einzige salesianische Berufsschule im gesamten sowjetischen Herrschaftsbereich!
So war es unverzichtbar, auf die Seelsorgsarbeit in den Pfarreien auszuweichen. Das hatte
entscheidenden Einfluss auf den Wandel des Apostolates der Salesianer. Dennoch versuchten
die polnischen Salesianer, ihr Erscheinungsbild zu bewahren, indem sie Räume für ihre spezi-
fische Sendung fanden.
Für die Stärkung des Fortschritts der Salesianer in Polen spricht ganz offensichtlich die Tatsa-
che, dass im Jahre 1979 trotz des kommunistischen Regimes die Errichtung zweier neuer Pro-
vinzen vollzogen werden konnte: die Provinz vom hl. Adalbert in Pila, die sich aus Häusern
zusammensetzt, die im Nordwesten Polens von der Provinz vom hl. Stanislaus Kostka in
Warschau abgetrennt wurden, sowie die Provinz vom hl. Johannes Bosco in Wroclaw, in der
die Häuser zusammengefasst wurden, die im Südwesten Polens von der Provinz vom hl. Hya-
zinth abgetrennt wurden.
2.4 Länder der Ex-Sowjetunion und Litauen
Im derzeitigen Sonderbezirk Ost sind verschiedene Länder zusammengefasst, die zur früheren
Sowjetunion gehörten. Dazu gehört auch Litauen, das aber eine besondere Betrachtung ver-
dient. Es ist von Nutzen, die Geschichte dieser salesianischen Präsenz zu kennen.
2.4.1 Die Länder der ehemaligen Sowjetunion
Es handelt sich um eine ganz besondere Situation, weil offiziell keine einzige Aktivität irgen-
deiner religiösen Kongregation während des kommunistischen Regimes existieren durfte.
Nach 1940 beschlossen einige Salesianer trotzdem, in den an die Sowjetunion angegliederten
Gebieten zu bleiben, um ihren priesterlichen Dienst zum Wohl der dort verbliebenen Katholi-
ken ausüben zu können.
Insbesondere muss man an den Mut einiger polnischer Salesianer erinnern, die in diesen Ge-
bieten geblieben waren und dabei ihr Leben aufs Spiel setzten. In der Tat wurden wenigstens
elf von ihnen in den verschiedenen Republiken der ehemaligen Sowjetunion umgebracht. Ei-
nige Überlebende der blutigen Verfolgung kehrten nach Polen zurück. Andere aber blieben
am Ort und erfüllten unter sehr schwierigen Umständen ihre priesterliche Pflicht bis zu ihrem
Tod. Eine unter allen herausragende Person ist der polnische Salesianer Don Thaddäus Hoppe
(1913-2003), dem es gelang, die seelsorgerische Tätigkeit in verschiedenen Gebieten des sow-
jetischen Herrschaftsbereichs, besonders in Odessa (Ukraine), von 1943 an bis zu seinem Tod
auszuüben.
Vor dem endgültigen Zusammenbruch der Sowjetunion konnten die Salesianer in die sowjeti-
schen Exrepubliken einreisen, die alten salesianischen Werke in der Ukraine und in Weißruss-
land wiederherstellen und sogar neue in Ländern eröffnen, in denen die Salesianer noch nicht
präsent waren: Russland, Georgien, die Republik Jakutien. Das erlaubte dem Generalobern
Don Egidio Viganò, 1993 den Sonderbezirk „Unbefleckte Empfängnis Mariens“ von Europa
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Ost mit Sitz in Moskau zu errichten, der jene salesianischen Werke umfasste, die in den ver-
schiedenen Staaten der ehemaligen Sowjetunion zerstreut waren. Die zahlreichsten salesiani-
schen Präsenzen gibt es in der Ukraine, in Weißrussland und in Russland selbst.
Eine besondere Erwähnung verdient die Ukraine, wo die salesianische Präsenz auf dem der-
zeitigem Territorium der Nation 1904 in Daszawa ihren Anfang nahm, in jener Zeit aber ein
polnisches Salesianerwerk war. Polnisch waren auch die zwischen den beiden Weltkriegen
auf dem westlichen Teil der heutigen Ukraine gegründeten Werke, da es sich damals um ei-
nen Bestandteil Polens handelte. All diese Aktivitäten wurden abgebrochen mit der 1944
spontan begonnenen und 1945 endgültig abgeschlossenen Verlegung der Grenzen. Die polni-
schen Ostgebiete wurden Teil der Ukraine, die ihrerseits nach 1944 als eine der sowjetischen
Republiken an die UdSSR angegliedert wurde.
Bezüglich der Geschichte der salesianischen Präsenz in der Ukraine ist daran zu erinnern,
dass 1930 die Hl. Kongregation für die außerordentlichen kirchlichen Angelegenheiten einen
Brief an den Generalobern Don Filippo Rinaldi schrieb, in dem sie im Namen des Hl. Vaters
an die Salesianer die Einladung richtete, unter den Ukrainern eine Arbeit zur Förderung von
Schulen und Einrichtungen für Handwerk und sonstige Berufe zu übernehmen, um die Unter-
richtung und katholische Erziehung in den weniger wohlhabenden Klassen voranzubringen
und einige Jugendliche zu sammeln, die zum Ordensstand berufen waren. Sie sollten in Italien
ausgebildet werden, während sie ihren eigenen griechisch-katholischen Ritus behielten. So
wurde die Errichtung einer Ordensprovinz mit östlichem Ritus vorbereitet. Dieses Angebot
wiederholte man 1932 an Don Ricaldone.
Im gleichen Jahr wurde eine Gruppe ukrainischer Jugendlicher zur eigenen Ausbildung nach
Italien geschickt, zu der in den folgenden Jahren weitere hinzukamen. 1951 vertraute der
Apostolische Visitator für die Ukrainer in Westeuropa den ukrainischen Salesianern das klei-
ne Seminar für die Jungen aus der ukrainischen Diaspora an.
1991 erlaubte die Proklamation der Unabhängigkeit und der religiösen Freiheit in der Ukraine
den ukrainischen Salesianern, nach so vielen Jahren des Wartens und Hoffens in ihr Vaterland
zurückzukehren. Sie begannen mit einer Pfarrei und einem Oratorium in Lviv (Leopoli). 1994
wurde das Aspirantats- und Vornoviziatshaus in Obroshyno und 2001 in Lviv das erste sale-
sianische ökumenische Jugendzentrum eröffnet, in dem im folgenden Jahr eine vom ukraini-
schen Staat anerkannte Berufsschule auf den Weg gebracht wurde.
Diese Entwicklung hat den Generalobern und seinen Rat zu der Entscheidung geführt, die
erste Delegation mit byzantinischem Ritus in der Ukraine zu errichten, um eine fruchtbare
Einpflanzung des Charismas Don Boscos in diesem Land zu fördern. Neben den Salesianern
vom byzantinischem Ritus gibt es auch Salesianer mit lateinischem Ritus, die ihr Apostolat
unter den Katholiken ausüben; diese sind zum größten Teil polnischer Herkunft und gehören
zum lateinischen Ritus.
2.4.2 Litauen
Das erste salesianische Werk in Litauen wurde 1934 in Skirsnemuné gegründet und aus politi-
schen Gründen in die Zentralprovinz „Sacro Cuore“ von Turin eingegliedert und nicht in eine
der polnischen Provinzen. In Kaunas, das zu der Zeit die Hauptstadt von Litauen war, wurde
1938 das zweite salesianische Werk in Litauen gegründet, und zwar mit einer Pfarrei, einem
Festtagsoratorium und Katechismusunterricht in den kommunalen Schulen. Ein Jahr danach
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2 Pages 11-20

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2.1 Page 11

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eröffnete man eine Niederlassung in Saldutiskis mit einer Pfarrei und dem Katechismusunter-
richt in den kommunalen Schulen. 1940 wurde Don Antonio Skeltys zum Provinzdelegierten
für die salesianischen Werke in Litauen ernannt.
Aber 1944 wurde Litauen als Republik an die UdSSR angegliedert. Damit begann eine harte
Verfolgung der Kirche und aller Ordensinstitute. Das kirchliche Vermögen wurde beschlag-
nahmt, und man ging zum direkten Kampf gegen den Klerus über; deshalb endeten viele
Priester in den sowjetischen Gulags, darunter auch einige Salesianer.
Erst im Jahre 1989 mit dem Fall der Berliner Mauer konnte man daran denken, das salesiani-
sche Charisma in diesem Lande wieder aufzunehmen. Der relativ rasche Untergang der Union
der Sozialistischen Sowjetrepubliken im Jahre 1994 ermöglichte die nunmehr offizielle Akti-
vität der Salesianer, wenngleich es noch einige Schwierigkeiten gab. Gegenwärtig sind die
Salesianer in Vilnius, der Hauptstadt Litauens, und in Kaunas präsent.
2.5 Ungarn, Slowakei und die Tschechische Republik, Slowenien, Kroatien
Innerhalb der Koordinierung der Region wurden die salesianischen Provinzen einiger Länder
aus Gründen der kulturellen Verwandtschaft oder aus geographischen Motiven in einem Rat
zusammengefasst, der nach den hl Zyrillus und Methodius betitelt ist, (das Kürzel lautet: CI-
MEC). Wir schauen uns also einige Grundzüge der salesianischen Geschichte in diesen Län-
dern an.
2.5.1 Ungarn
Seit am 13. Mai 1880 Herr Antal Lonkay, ein bekannter Mann der Massenmedien dieser Zeit
in Ungarn, Direktor und Eigentümer der Tageszeitung „Magyar Allam“, unter die Mitglieder
der Vereinigung der Salesianischen Mitarbeiter aufgenommen wurde, vergingen weitere vier-
zig Jahre, bis es zur ersten salesianischen Gründung auf ungarischem Gebiet kam.
1913 machte der Primas von Ungarn, Msgr. Giovanni Czernoch, durch den Kanonikus Fran-
cesco Robitsek den Vorschlag, die Betreuung des Heiligtums vom Hl. Kreuz, im ungarischen
Szentkereszt in Péliföld zu übernehmen. Die Obern in Turin beauftragten Don Tirone, sich
mit dem Primas in Kontakt zu setzen und das Angebot zu prüfen. Don Tirone begab sich dor-
thin und plädierte trotz einiger Einwände im Hinblick auf eine künftige Entwicklung für die
Übernahme. Der Primas schenkte mit Urkunde vom 26. Oktober 1913 der Gesellschaft vom
hl. Franz von Sales das Heiligtum vom Hl. Kreuz in Péliföld. Im Herbst des gleichen Jahres
machte man den Anfang mit den ungarischen Mariensöhnen. Mit der Leitung des Hauses und
mit der Seelsorge wurde der Slowene Don Francesco Walland betraut.
Im Herbst 1919 wurde das Werk Nyergesújfalu eröffnet, und zwar mit einem Kolleg-Konvikt,
mit Gymnasialschulen und mit Seelsorgsdienst. Die gleichen Aktivitäten gab es im Haus in
Rákospalota, gegründet 1924. Wir fügen noch hinzu, dass im Schuljahr 1925/1926 dreiund-
zwanzig Kleriker im Philosophischen Studentat und acht Kandidaten im Noviziat waren. Die-
se Tatsache verhieß eine Zukunft und ermutigte zur Eröffnung weiterer Werke.
1925 schritt man zur Eröffnung des Hauses in Esztegom-Tábor, wo in kurzer Zeit das philo-
sophische und theologische Studentat und weitere Formen der Erziehungsarbeit eingerichtet
11

2.2 Page 12

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wurden. Sobald die Zahl der Häuser in Ungarn zunahm 1927 wurden die Häuser in Ujpest
und Visegrád sowie 1929 das Haus von Szombathely gegründet entschloss man sich im
Jahre 1929, die Provinz vom „Hl. König Stefan“ mit Don Plywaczyk als Provinzial zu errich-
ten.
Vom ständigen Fortschritt des salesianischen Werks in Ungarn spricht auch die Anzahl der
Salesianer. Am 01. Januar 1940 zählte die Provinz vom Hl. König Stefan 189 Mitbrüder, dar-
unter 125 in Ausbildung (Novizen, Philosophen, Theologen) und 32 Salesianerbrüder!
Den Salesianern in Ungarn tat sich eine verheißungsvolle Zukunft auf, die leider durch den
Kriegsausbruch gebremst wurde. Dennoch konnten in den Jahren 1947-48 die Salesianer neue
Werke eröffnen (in Miskolc, in Sajólád, in Tanakajd und anderswo); die letzten allerdings,
bevor die Zeit des Kampfes gegen die Kirche begann. Aber die wirklich harte Zeit für die
Kirche und somit auch für die Salesianer begann mit dem Eingreifen der Sowjetunion im
Rahmen der Oktoberrevolution von 1956 und nahm in Budapest ihren Anfang. Seit diesen
tragischen Ereignissen bis zum Jahre 1989 konnten die Salesianer in Ungarn die Aktivitäten
im Sinne ihres Charismas nicht mehr ausüben. Heute ist man wenn auch mit den Folge-
schwierigkeiten aus der Vergangenheit dabei, die ungarische Provinz wieder herzustellen.
2.5.2 Slowenien
Die Kenntnis über Don Bosco und sein Werk im slowenischen Territorium geht zurück bis
auf die sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts. Noch bevor die ersten Salesianer eintrafen, exis-
tierte bereits eine feste Anzahl von „Salesianischen Mitarbeitern“. Don Rua entsprach den
wiederholten Bitten der Salesianischen Mitarbeiter und besonders eines der eifrigsten Seel-
sorger der slowenischen Kirche dieser Zeit, des Erzbischofs von Ljubljana, Msgr. Anton B.
Jeglic (1850 1937), der ein kleines Schloss in Rakovnik anbot, nicht weit von der Haupt-
stadt Sloweniens entfernt. Die erste Gruppe von Salesianern kam am 23. November 1901 un-
ter der Leitung von Don Simone Visintainer als dem ersten Direktor in Rakovnik an.
1907 wurde das zweite salesianische Werk in Slowenien in der kleinen Ortschaft von Radna
eröffnet; und zwar ein internationales Noviziat, wenngleich der größte Teil der Kandidaten
Polen waren. Später diente es auch als Studentat der Philosophie. Auch das dritte salesiani-
sche Werk, eröffnet im Jahre 1912 in dem Dorf Verzej, genannt „Marijanisèe“ (früher: Wern-
see), war nicht sofort für die Slowenen bestimmt, sondern für die deutschen Mariensöhne, die
den Wunsch hatten, von Penango (Piemont-Italien) an einen Ort in ihrer Heimat überzuwech-
seln.
Die politische Freiheit erlaubte es den Salesianern, das Apostolat im ersten Haus von Rakov-
nik im Jahre 1919 voll aufzunehmen. Es folgte eine Periode von Neugründungen in ganz
Slowenien. Die Perspektive einer beständigen Fortentwicklung ermöglichte es, dass 1922 die
Provinz von den Hl. Zyrillus und Methodius mit Sitz in Ljubljana errichtet wurde. Ihr wurden
die ersten Salesianerhäuser in Kroatien und in der Tschechoslowakei angegliedert. Der erste
Obere in der Funktion des Visitators war der Italiener Don Pietro Tirone, dem 1926 der Pole
Don Stanislaw Plywaczyk folgte und von 1929 an der Slowene Don Franz Walland.
Das volle Szenarium der guten Hoffnungen änderte sich mit dem Krieg, besonders seit im
April 1941 Jugoslawien in den Krieg eintrat. Der Krieg forderte einige Tote unter den Sale-
sianern, die durch die jugoslawische kommunistische Partei eliminiert wurden.
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2.3 Page 13

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In den Jahren der Ausbreitung um das Jahr 1955 herum fanden die Salesianer neue Formen
der Präsenz zum Wohl der Ortskirche. Sie boten sich für die Volksmissionen an und erarbeite-
ten sogar brauchbare Handbücher für diese Form des Apostolates, gedruckt in Form von
Büchlein oder in der Zeitschrift für Prediger Sejalec. Nach 1955 begann Don Walter Dermota
die Tätigkeit der Vorbereitung von Hilfskatecheten und 1963 gelang es, mit großem Erfolg
das Salesianische Katechetische Zentrum einzurichten.
Das Jahr 1989 stand für eine historische Wende. Den Salesianern wurden die Konvikte in
Verzej, Celje und Rakovnik-Ljubljana zurückzugeben, und schon 1991 konnte das erste Ka-
tholische Gymnasien in Slowenien (Zelimlje) eröffnet werden. In der Zwischenzeit kümmer-
ten sich die slowenischen Salesianer um das Apostolat unter den slowenischen Minderheiten
im Ausland: in Opicina-Italien, in Klagenfurt-Österreich und unter den Emigranten (Hamil-
ton-Kanada). Slowenische Salesianer sind seit dem Beginn des salesianischen Werkes in Al-
banien präsent.
2.5.3 Slowakei und Tschechische Republik
Auch in diesem Fall ging der Ankunft der ersten Salesianer die Entstehung von Kerngruppen
Salesianischer Mitarbeiter voraus. Die ersten Jugendlichen aus Böhmen, Mähren und der
Slowakei begaben sich zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert zu Pferd in die Salesianerhäu-
ser von Piemont, wo einige von ihnen das salesianische Ordensleben wählten. Die Obern in
Turin bestimmten für sie 1921 das Salesianerhaus von Perosa Argentina, nachdem sie den
ständigen Zugang von jungen Leuten aus dem damaligen Tschechoslowakien ...... Das erste
Salesianerhaus in der Slowakei wurde in der Ortschaft von Sastin 1924 eröffnet. Hier wurde
den Salesianern ein altes Kloster angeboten, zusammen mit dem Nationalheiligtum, in dem
die Schmerzhafte Gottesmutter verehrt wurde. Es wurde in ein Ausbildungszentrum für das
zukünftige Personal umgewandelt. Im gleichen Jahr siedelten die Slowaken aus Perosa Ar-
gentina hierhin über.
1927 kam es zur Gründung von zwei weiteren Salesianerhäusern: in Frystak, erstes Haus in
Böhmen, und in Vráble (Slowakei). In der Hauptstadt der Slowakei, Pressburg, stabilisierten
die Salesianer ihre Präsenz im Jahre 1933, eröffneten ein Tagesoratorium, übernahmen die
Pfarrseelsorge und übten verschiedene Apostolatsformen aus. In Moravská Ostrava (Mährisch
Ostrau) wurde zunächst das Philosophische Studentat eröffnet, später auch das Theologische
und das Noviziat für die Kandidaten aus Böhmen und Mähren.
Diese überraschende Ausdehnung der Präsenz in der Tschechoslowakei führte 1935 zur Ent-
scheidung, die Häuser von der slowenischen Provinz abzutrennen und sie in einer neuen Pro-
vinz vom hl. Johannes Bosco mit Sitz in Moravská-Ostrava zu vereinigen.
In der Hauptstadt von Böhmen, Prag, eröffneten die Salesianer 1936 ein Tagesoratorium und
ein Konvikt und übernahmen die Pfarrarbeit. Im selben Jahr kamen sie in die Stadt Trnava
(Slowakei), wo sie unter anderem ein Wohnheim für die Studenten, Mittelschulen, ein Fest-
tagsoratorium und eine Gruppe von Mariensöhnen ins Leben riefen. Ein Jahr später, 1937,
begannen sie in Zilina ein Festtagsoratorium, ein Wohnheim und Katechismusunterricht in
den öffentlichen Schulen.
Die Entwicklung war überraschend: 1939, fünfzehn Jahre nach der Eröffnung des ersten sale-
sianischen Werkes, zählte die Provinz vom hl. Johannes Bosco 227 Mitbrüder! Erstaunlich ist
auch die hohe Anzahl von Mitbrüdern in Ausbildung: 180, unter ihnen 48 Salesianerbrüder!
13

2.4 Page 14

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Diese ungewöhnliche Blüte der Werke in der Tschechoslowakei und nicht zuletzt die
schmerzhafte politische Situation aufgrund der Besetzung von Böhmen und Mähren durch die
Nazis sowie schließlich die Tatsache der Bildung einer autonomen Regierung in der Slowakei
bewirkten, dass 1939 die slowakischen Häuser abgetrennt wurden, um die neue Provinz Maria
Hilfe der Christen mit Sitz in Pressburg zu bilden.
Der Zweite Weltkrieg erschwerte das salesianische Leben, besonders im sogenannten deut-
schen Protektorat, legte es aber nicht ganz lahm. Einige Salesianer kamen ins Konzentrations-
lager; unter ihnen Don Stefan Trochta, der zukünftige Kardinal. Nach Beendigung des Krie-
ges konnten die Salesianer ihre Aktivitäten neu beleben und sogar intensivieren. Die radikale
Veränderung kam 1948, als die Tschechoslowakei eine Volksdemokratie wurde. Die Kom-
munisten gingen zum offenen Kampf gegen die Kirche und ihre Institutionen über. Sie be-
gannen mit der Schließung aller religiösen Orden. Im Frühling 1950 wurde ein Konzentrati-
onslager für die Ordensleute geschaffen, in das 260 Salesianer gebracht wurden! Für die sale-
sianische Gesellschaft begann die Zeit der Katakomben, die erst im Dezember 1989 zu Ende
ging.
Die Salesianer beider Provinzen nahmen ihr Apostolat mit großem Schwung wieder auf, wo-
bei ihnen die aus dem Exil zurückgekehrten Mitbrüder zur Hilfe kamen. Im Augenblick der
Neubelebung ihrer Aktivitäten in ihren jeweiligen Ländern zeigten sie eine missionarische
Offenheit, indem sie einige ihrer Mitbrüder für die Missionen zur Verfügung stellten. Man
braucht nur an die Präsenz von slowakischen Mitbrüdern in den Ländern der ehemaligen
UdSSR zu denken (in Baku Aserbaidschan); die Salesianer aus der Tschechischen Republik
gingen unter anderem nach Bulgarien und eröffneten ein Werk für die Jugendlichen in
schwierigen Situationen.
2.5.4 Kroatien
Die Eingliederung des Werks Don Bosco in Kroatien hatte eine langsamere Entwicklung als
andere angrenzende Länder, und das trotz der mehr entfernten Kenntnis über die salesiani-
schen Erziehungseinrichtungen. Das erste Salesianerhaus in Kroatien wurde 1922 in der
Hauptstadt Zagreb eröffnet, wo die Salesianer ein Konvikt der Erzdiözese übernahmen und
ein Festtagsoratorium eröffneten, wenngleich es auf heutigem kroatischem Boden bereits die
Eröffnung eines salesianischen Werkes im Jahre 1918 in Rijeka gab. Das zweite salesianische
Werk begann 1929 ebenfalls in der Hauptstadt Kroatiens (Zagreb-Knezija). Ihm folgte das im
Jahre 1936 eröffnete Werk in der alten Stadt Split; hier wurde die Betreuung eines Waisen-
heims und eines Konvikts übernommen, ferner ein Oratorium sowie der Unterricht in öffentli-
chen Schulen.
Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs brachte für die salesianischen Aktivitäten nicht so viele
Hindernisse. Auch nachdem Kroatien eine der sechs autonomen Republiken des neuen Staates
Jugoslawien geworden war, konnten die Salesianer, natürlich in den ihnen zugestandenen
Grenzen, ihr Apostolat weiter ausüben. 1948 konnten sie sogar ein Werk in Zagreb-Rudes und
im darauffolgenden Jahr in Zadar-Arbanasi eröffnen. Die fortschreitende Entwicklung des
Werks Don Boscos erlaubte es den Obern, 1972 die kroatische Provinz vom hl. Johannes
Bosco mit Sitz in Zagreb zu errichten. Die kroatischen Salesianer, in gewisser Weise ähnlich
denen aus Slowenien, haben sich stark auf katechetischem Gebiet engagiert und jüngst ein
Salesianisches Katechetisches Zentrum in Zagreb und darüber hinaus einen Verlag „Kate-
hetski salezijanski centar“ eröffnet.
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2.5 Page 15

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2.6 Zwei Faktoren, die zur ersten Entwicklung beitrugen
Ich möchte diesen Bericht über die Anfänge nicht beenden, ohne auf zwei Elemente hinzu-
weisen, die eine wirksame Rolle beim Öffnen des Weges für die Gründung des salesianischen
Werkes in Mittel- und Osteuropa, besonders in einigen Ländern der Donaumonarchie, spiel-
ten. Beide waren schon vor der Ankunft der Salesianer präsent.
2.6.1 Das „Bollettino Salesiano“
1895 gaben die Obern grünes Licht für die deutsche Ausgabe des Bollettino mit dem Namen
„Salesianische Nachrichten“. Die erste Ausgabe erschien in 20.000 Exemplaren. Ein Jahr
später dachte man bereits ernsthaft an eine Ausgabe in Polnisch. Die reguläre Publikation der
polnischen Ausgabe mit dem Titel „Wiadomosci Salezyanskie“ gab es seit Januar 1897. Die
erste Ausgabe erfolgte in 14.000 Exemplaren.
Nach dem Erfolg der deutschen und polnischen Ausgabe machten sich die Salesianer von
1903 an daran, die Monatsschrift auch in ungarischer Sprache mit dem Titel „Szalézi értesi-
tö“ zu veröffentlichen. Man muss bedenken, dass in Deutschland und Österreich wie auch im
ungarischen Königreich zu der Zeit kein einziges Salesianerhaus existierte!
Die Veröffentlichung des Bollettino Salesiano in slowenischer Sprache geschah vom Januar
1907 an. Das Bollettino Salesiano in Slowenisch war das letzte in Mittel- und Osteuropa, das
vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs herauskam.
Eines der Geheimnisse, das in dieser Zeit einen unbestreitbaren Glücksfall darstellte, war die
von Don Bosco gewollte internationale Ausbreitung, die das Bollettino vor den Grenzen einer
regionalen Einschränkung bewahrte. Uns scheint, dass diese Tatsache an der Basis einer über-
raschenden Aufnahme in den Ländern Mittel- und Osteuropas, die ja allzu sehr von den stän-
digen Kämpfen mit nationalistischem Hintergrund heimgesucht wurden, stand. Es erscheint
als eine Zeitschrift, die sich vor allem dem Wohl der Jugendlichen zuwendet, die der Erzie-
hung und Unterrichtung bedürfen, ohne nach deren sozialen oder nationalen Herkunft zu fra-
gen. Der den Missionen gewidmete Raum präsentierte die Salesianer als eine Ordensgesell-
schaft mit universalem Atem und erwarb ihnen gleichzeitig Sympathien. Darüber hinaus zeig-
te das Monatsblatt den dynamischen Fortschritt durch die ständige Information über immer
zahlreichere Eröffnungen von Häusern innerhalb und außerhalb Italiens auf. Nach dem Tode
Don Boscos stand seine Person im Zentrum der liebenswürdigen Aufmerksamkeit in ver-
schiedenen Artikeln. Er wurde als einer der größten Erzieher unter den Zeitgenossen darges-
tellt. Man beschränkte sich nicht auf die Grenzen eines Landes, sondern man plante ein gülti-
ges Werk sowohl für Europa wie auch für die anderen Kontinente. Insgesamt präsentierte er
sich als eine sehr attraktive und beeindruckende Persönlichkeit.
2.6.2 Die Salesianischen Mitarbeiter und Wohltäter
Diese haben eine entscheidende Rolle bei der Einpflanzung der Präsenz der Salesianer in den
verschiedenen Ländern Europas gespielt. Ihre größte Verbreitung gab es in Slowenien, in
Deutschland, Österreich und in der Schweiz, in Polen und in Ungarn. In all diesen Ländern
ging die Entstehung dieser Vereinigung der Ankunft der Salesianer voraus! Die aufmerksame
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2.6 Page 16

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Lektüre der Nekrologe sowohl der salesianischen Mitarbeiter wie der Wohltäter am Schluss
des Bollettino offenbart zudem ihre Verbreitung in allen sozialen Schichten.
In Slowenien begann die Mitarbeitervereinigung, als Don Bosco noch lebte. Einige trafen ihn
noch persönlich. 1896 gab es zwei Zusammenkünfte der slowenischen Mitarbeiter. Die erste
war am 29. Januar und die zweite am 26. Mai, beide in Ljubljana. Die treibende Kraft war der
denkwürdige Diözesanpriester J. Smrekar, unterstützt von anderen Priestern und Laien. Um
1900 herum zählten die slowenischen Mitarbeiter und Wohltäter mehr als 1.600 eingeschrie-
bene Mitglieder. Natürlich war eines ihrer Vorhaben, zu erreichen, dass die Salesianer nach
Slowenien, vor allem nach Ljubljana, kamen.
Auch die Mitarbeitervereinigung unter den Polen entstand, als Don Bosco noch lebte. Sie
setzten sich zusammen aus denen, die im besetzten Polen lebten, und denen, die im Ausland
waren. Von den ersten Polen, die dazu gehörten, weiß man, dass die Einschreibungen 1884
geschahen; wahrscheinliche frühere Einschreibungen sind nicht auszuschließen. Nach dem
polnischen Bollettino zählten die Mitarbeiter und Wohltäter 16.000 im Juli 1897 und im De-
zember des gleichen Jahres bereits 25.000. Zwei Jahre später waren es 55.000. Auch unter
den im Exil lebenden Polen findet man eine bescheidene Anzahl.
In Ungarn war Antal Lonkay, Direktor und Eigentümer des Tagesblattes „Magyar Allam“,
von der Vereinigung begeistert. Don Bosco selbst hatte ihn als ersten ungarischen Mitarbeiter
im Oratorium von Valdocco am 23. Mai 1880 aufgenommen. Lonkay wollte die Mitarbeiter-
vereinigung unter den Ungarn bekannt machen und übersetzte unter anderem die Mitarbeiter-
satzungen ins Ungarische, veröffentlicht in Budapest im Jahre 1882. Sein Werk bewirkte, dass
Don Bosco vor seinem Tode in der ungarischen Öffentlichkeit sehr bekannt war. Nach dem
ungarischen Bollettino gab es 1902 6.000 ungarische Mitarbeiter.
Eine sehr dynamische Entwicklung nahm die Vereinigung in den Ländern deutscher Sprache,
besonders in Deutschland und Österreich. 1899 belief sich die Anzahl der deutschen Mitarbei-
ter auf etwa 40.000.
Es verwundert also nicht, dass die Salesianer in Mittel- und Osteuropa eine beachtliche mate-
rielle und moralische Unterstützung fanden. Man muss sagen, dass ohne die verschiedenen
Aktivitäten und die Zusammenarbeit der Mitarbeiter mit den Salesianern die Einführung und
Entwicklung des Werks Don Boscos in jenen geographischen Gebieten Europas nicht möglich
gewesen wäre.
3. Das heute Umfeld unserer Sendung
Der recht langwierige und komplexe geschichtliche Verlauf der salesianischen Präsenz in der
Region Europa Nord hat uns zu der Einsicht verholfen, dass das Charisma Don Boscos überall
eingepflanzt werden, kraftvoll wachsen und auch unter widrigen Umständen, von denen wir
einige benannt haben, bestehen kann. Wieviel können wir von den Salesianern in dieser Regi-
on lernen! Ich bin davon überzeugt, dass sie selbst aus dieser ihrer Geschichte Einsichten und
Inspirationen empfangen können, um erfolgreich die heutigen Herausforderungen annehmen
zu können. Diese Herausforderungen sind ja jetzt nicht mehr von Krieg und Verfolgung ge-
prägt, sondern vom drohenden Säkularismus, der oberflächlichen Globalisierung und der kul-
turellen Entchristlichung.
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2.7 Page 17

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Die Region befindet sich in einem beschleunigten und tiefgreifenden Umwandlungsprozess in
einem Europa, das seit Jahrhunderten die einen Völker gegen die anderen kämpfen und stän-
dig die Grenzen der Nationen verändern sah (Litauen, Polen, Ukraine, Deutschland, Jugosla-
wien, Ungarn, Russland usw.); in einem Europa, das Zeuge erzwungener Immigrationen gan-
zer Völker in Russland, der aufgenötigten Umsiedlung der Polen und der deutschen Volks-
gruppen in Schlesien, der Vorgänge im Sudetengebiet in der tschechischen Republik war; in
einem Europa, das von der Einheit träumt und sich entschieden hat, das Blatt der Geschichte
zu wenden und auf den Frieden, auf die Freiheit der Länder und aller Bürger sowie auf die
solidarische Entwicklung aller dazugehörenden Nationen zu setzen. Zu diesem Zweck hat
sich Europa jüngst eine Verfassung gegeben, die die Völker in ihrer Verschiedenheit einen
und zusammenhalten kann.
3.1 Das neue Europa
Das also ist das neue Europa. In der Vergangenheit war es in der Lage, überaus reichhaltige
kulturelle Ausdrucksformen hervorzubringen. In der Gegenwart ist es ganz entschieden darauf
ausgerichtet, unter allen europäischen Bürgern das Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Volk
zu entwickeln, während man sich darum bemüht, Systeme der sozialen Sicherheit und alle
individuellen Freiheiten zu gewährleisten. Ein Europa also, das nach der Ausweitung seiner
Grenzen dennoch den Unterschied kennt zwischen einem extremen Reichtum (ein Bruttoin-
landsprodukt pro Kopf von 32.000 US$ in der Schweiz und 1,9% Arbeitslosigkeit) und einer
extremen Armut (ein Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von 1.900 US$ in Bosnien-Herzegovina
mit 60% Arbeitslosigkeit).
Dieses neue Europa läuft Gefahr, seine „Seele“ zu verlieren, die Frucht einer zweitausendjäh-
rigen Geschichte der Präsenz des Christentums, das sich ganz mit dem Kontinent vereint hat-
te. Das heutige Europa ist Schuldnerin des so überaus wertvollen Beitrags eines Augustinus,
eines Thomas von Aquin, eines Dante, eines Rembrandt, eines Michelangelo, eines Raffaelo,
eines Leonardo, eines Shakespeare, eines Montesquieu, eines Spinoza, eines Bach, eines Gali-
leo, eines Newton, eines Kant, eines Goethe, eines Einstein...
Das ist das neue Europa, das der Welt Männer und Frauen von großartigem Format geschenkt
hat: Den hl. Benedikt, den hl. Franz von Assisi, den hl. Dominikus von Guzman, den hl. Igna-
tius von Loyola, den hl. Franz Xaver, den hl. Bonifatius, den hl. Willibrord, den hl. Thomas
Canterbury, den hl. Patrick, den hl. Adalbert, den hl. Hyzinth, die hl. Zyrillus und Methodius,
den hl. König Stephan, die hl. Katharina von Siena, die hl. Theresia von Avila, den hl. Johan-
nes vom Kreuz, Don Bosco, Pater Damiaan de Veuster, die hl. Edith Stein und eine Schar
vieler anderer Heiliger.
Das neue Europa findet seine Seele nicht mehr und löscht seine Geschichte aus oder reduziert
sie zumindest auf den Einfluss von Athen, Rom und Paris und darauf, dass die Kirche und die
Botschaft des Evangeliums mühsam bestrebt sind, in diesem „Haus für alle“ einen Platz zu
finden. Es handelt sich um ein Europa, wenigstens jenes Westeuropa, das nach den Worten
von Johannes Paul II. „den Eindruck eines stillschweigenden Abfalls seitens des übersättigten
Menschen macht, der lebt, als ob Gott nicht existieren würde“ (Kirche in Europa, Nr. 9).
Tatsache ist, dass in verschiedenen Teilen die Notwendigkeit einer ersten Verkündigung des
Evangeliums besteht, weil die Zahl der nichtgetauften Menschen anwächst, sei es wegen der
beachtlichen Präsenz von Immigranten, die anderen Religionen angehören, sei es weil auch
die Kinder aus traditionell christlichen Familien entweder wegen der damaligen kommunisti-
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2.8 Page 18

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schen Herrschaft oder wegen einer verbreiteten religiösen Indifferenz die Taufe nicht emp-
fangen haben.
Dieses Europa ist für das Evangelium neu zu entdecken und zu öffnen ein echtes Missions-
gebiet und Ziel der ersten Evangelisierung. All dies muss man mit der Leidenschaft des Pau-
lus machen, der den Hilferuf des Mazedoniers aufnahm; aber auch mit der Intelligenz dessen,
der weiß, dass das, worum es geht, das Herz des Evangeliums ist, der im am Kreuz gestorbe-
nen Jesus offenbarte Gott. Wir müssen einen barmherzigen Gott verkündigen, der eine Vor-
liebe hat für die Armen, die Schwachen, die Witwen, die Waisen, die Fremden; ein solcher-
maßen menschlicher Gott, dass er selbst ein leidender Mensch geworden ist und uns mit sei-
nem Leiden die verlorene Würde wiedergegeben und uns mit Hoffnung erfüllt hat.
Gewiss, diese neue Evangelisierung Europas bedarf neuer Verkündiger. Deshalb müssen sich
die Salesianer für diese wunderschöne Aufgabe rüsten, dazu beizutragen, Europa die Seele
wiederzugeben, indem sie Jesus Christus und sein Evangelium ins Zentrum des eigenen und
gemeinschaftlichen Lebens stellen, die Liebe und den Glauben an das eigene Charisma stär-
ken, sich eine immer größere Kenntnis und Wertschätzung der östlichen „Lunge“ der Kirche
und der Kongregation aneignen, die Arbeit zugunsten der Ärmsten, Bedürftigsten, Verlassens-
ten und am meisten Gefährdeten betonen und lernen, in einer immer multikulturelleren und
multireligiösen Umwelt dialogbereit und tolerant zu sein.
3.2 Die Jugendsituation
Die Rundbriefe über die Region Europa West und die Region Italien-Mittlerer Orient haben
ein Bild der Jugendsituation in Westeuropa geboten. Im Großen und Ganzen gilt diese Be-
schreibung auch für die Jugendsituation des westlichen Teils der Region Europa Nord. Des-
halb möchte ich mich vielmehr bei der Jugendsituation im Bereich von Mittel- und Osteuropa
aufhalten, zumal sie im Allgemeinen weniger bekannt ist.
Nach dem Bericht des Forschungszentrums „Innocenti“ von UNICEF mit Sitz in Florenz un-
ter dem Titel „Die Jugendlichen in den Gesellschaften im Wandlungsprozess“, der die Erfah-
rung der sogenannten „Übergangsgeneration“ in 27 Ländern von Mittel- und Osteuropa ana-
lysiert, gibt es in diesen Ländern 65 Millionen von Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren,
von denen 26 Millionen (41%) studieren, 21 Millionen (32%) arbeiten und 18 Millionen
(27%) weder studieren noch arbeiten. Diese statistischen Daten sprechen für sich; sie sagen
aber auch etwas über die Perspektive unserer Sendung aus.
Der Bericht sieht in der „Übergangsgeneration“ eine enorme Ressource für die Region (und
nicht nur für sie) in dieser Epoche der rapiden ökonomischen und sozialen Umwandlungen.
Er empfiehlt die Entwicklung von politischen Maßnahmen zugunsten der Jugendlichen, die
darauf abzielen, die Familien, die Gemeinschaften, die Gesellschaften und natürlich die Ju-
gendlichen selbst zu unterstützen.
Der Bericht bestätigt auch, dass die Erfolge oder das Scheitern der Heranwachsenden und der
Jugendlichen oftmals ihre Wurzel in der Kindheit haben. Es ist also notwendig, in die Kinder
zu investieren. Es folgt eine Schlussfolgerung von großer Bedeutsamkeit für uns: die gesun-
den und glücklichen Jugendlichen kommen nicht aus dem Nichts hervor. Es sind Menschen,
die das Leben als Kinder begonnen und ihre Möglichkeiten durch die Erziehung entfaltet ha-
ben. Ich darf hier an den Appell von Kardinal Ratzinger bei der Begegnung der europäischen
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2.9 Page 19

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Provinziale erinnern, der auf die Frage, was er sich von den Salesianern in Europa erwarte,
mit aller Klarheit und Überzeugung geantwortet hat: „die Prophetie der Erziehung“.
Bis 1989, d.h. bis zum Fall der Berliner Mauer, gab es praktisch keine Arbeitslosigkeit im
größten Teil der Länder dieser Region. Jetzt ist das ein enormes Problem, und viele unbe-
schäftigte Jugendliche (über 40%) sind länger als ein Jahr ohne Arbeit.
Zwischen 1989 und 1998 ist die Geburtenziffer um ein Drittel oder mehr in der Mehrheit der
Länder zurückgegangen und in Armenien sowie in Lettland sogar um die Hälfte. Wenn die
gegenwärtige Tendenz anhält, wird sich die Anzahl der Jugendlichen zwischen 15 und 24
Jahren in Mitteleuropa in den nächsten 20 Jahren um ein Drittel verringern. Der Bericht zeigt
auch eine Generation, deren Gesundheit bedroht ist. Etwa eine halbe Million derer, die 1998
zwischen 5 und 14 Jahren alt waren, ist heute nicht mehr am Leben. 1998 sind in dem gesam-
ten Bereich 85.000 Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren gestorben. Viele dieser Todesfäl-
le von Jugendlichen gehen zurück auf Unfälle, Gewaltakte, Morde, Selbstmorde und auf na-
türliche Gründe wie Infektionskrankheiten und Schwangerschaftskomplikationen.
Auch wenn in einigen Ländern, die sich in der Übergangsphase befinden, die Zahl der
Selbstmorde unter den Jugendlichen männlichen Geschlechts zwischen 15 und 24 Jahren zu-
rückgegangen ist, so hat sie doch in 16 Ländern zugenommen und in Litauen, Weißrussland,
Russland und Turkmenistan sich mehr als verdoppelt. Die Zahl ist besonders hoch und nimmt
noch zu in Slowenien, in Estland, in Lettland, in der Ukraine und in Kasachstan.
Der Bericht sagt zudem aus, dass die Jugendlichen aus armen Familien, aus ländlichen Krei-
sen, aus ethnischen Minderheiten und die Behinderten in überproportionalem Maß unter de-
nen sind, die die Ausbildung vorzeitig aufgeben oder gar nicht erst anfangen. All diese Anga-
ben, die die Situation der Jugendlichen in Mittel- und Osteuropa beschreiben, sind sicherlich
wertvoll für die Verwirklichung unserer Sendung unter den Jugendlichen.
3.3 Die heutige salesianische Realität der Region
Die Region Europa Nord wurde beim 24. GK gebildet. Sie umfasst zur Zeit 16 Provinzen,
dazu den Sonderbereich Ost mit Sitz in Moskau und eine Provinzdelegation auf Malta. In der
letzten Plenarsitzung des Generalrats wurde die Bildung der Delegation mit byzantinisch-
ukrainischem Ritus in der Ukraine gebilligt. In der Region werden 21 verschiedene Sprache
gesprochen; sie dehnt sich auf 25 Nationen in drei Erdteilen aus.
Viele Provinzen haben mit großer Bereitschaft die Verantwortung für die salesianische Missi-
on in anderen Ländern übernommen. Andere Provinzen wahren eine enge Bindung mit ihren
Gründungen, die jetzt zu autonomen Bereichen gehören: Belgien Nord mit der Demokrati-
schen Republik des Kongo und mit Bangui in der Republik Zentralafrika; die drei deutsch-
sprachigen Provinzen mit Ghana; die Provinz von Großbritannien mit Liberia.
3.3.1 Die Koordinierung
Die Region funktioniert wegen des höchst unterschiedlichen Kontextes nicht als eine einzige
Provinzenkonferenz. Um die provinzübergreifende Zusammenarbeit zu fördern, wurden vier
Zonen geschaffen:
19

2.10 Page 20

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- die Provinzenkonferenz der vier polnischen Provinzen (Pila Krakau Warschau-
Wroclaw) und des Sonderbereichs Ost mit Sitz in Moskau
- die Provinzenkonferenz der drei Provinzen deutscher Sprache ( Köln München
Wien)
- der Rat „heilige Zyrillus und Methodius“ (CIMEC), der fünf Provinzen umfasst
(Tschechische Republik, Kroatien, Slowakei, Slowenien, Ungarn)
- der Rat der „Atlantischen Zone“, zu dem vier Provinzen englisch-niederländischer
Sprache gehören (Belgien Nord, Großbritannien, Irland und Malta, Holland)
3.3.2 Die Salesianer
Im September 2004 zählte die Region 2751 Professen und 52 Novizen. Wie in anderen Re-
gionen Europas registriert man auch hier einen Rückgang. Seit 1996 hat sich die Zahl der
Mitbrüder um 472 verringert. Das Durchschnittsalter in der Region liegt bei 55 Jahren. Es
präsentiert sich aber sehr unterschiedlich von Provinz zu Provinz. Die jüngste ist Polen-
Krakau mit 42 Jahren, die älteste Holland mit 72 Jahren. Die Mehrzahl der Novizen befindet
sich in Polen (30). Die Provinzen der CIMEC (mit Ausnahme der Slowakei), die zu Beginn
der neunziger Jahre noch eine beträchtliche Anzahl von Eintritten hatten, haben einen Rück-
gang der Novizenzahl erlebt. Es gibt einen gewissen Aufwind in Slowenien und in Kroatien,
wie auch die Entwicklung der ukrainischen Mitbrüder mit östlichem Ritus ein Motiv der
Hoffnung ist. Problematischer stellt sich die Atlantische Zone und der deutschsprachige Be-
reich der Region dar, wo die Provinzen sehr wenige Eintrittskandidaten verzeichnen (ausge-
nommen Großbritannien mit drei Novizen in diesem Jahr).
1996 hatte die Region 498 Mitbrüder mit zeitlicher Profess. Zur Zeit gibt es 240 in der Regi-
on. Ein genauerer Blick auf diese Mitbrüder lässt uns die großen Differenzen erkennen, die in
der Region existieren:
- 153 Mitbrüder mit zeitlicher Profess gehören zu den vier Provinzen in Polen und zum
Sonderbereich Ost; 71 zum Bezirk CIMEC, davon 51 allein in der Slowakei; die At-
lantische Zone der Region zählt 16 und der deutschsprachige Bereich 9 Mitbrüder mit
zeitlicher Profess.
- Seit 2002 ergibt sich eine Stabilisierung der Berufungen in den Provinzen von Kroa-
tien, Polen-Pila, Polen-Wroclaw, Polen-Krakau, Slowenien und im Sonderbereich Ost.
Die einzige Provinz, die ein leichtes Wachstum verzeichnet, ist die Slowakei.
- Malta, die Provinzdelegation von Irland, präsentiert sich teilweise unterschiedlich. Die
Delegation mit ihren 34 Mitbrüdern (davon 9 in der Grundausbildung) mit einem
Durchschnittsalter von 48 Jahren weist Wachstumsperspektiven auf. D.h., dass Malta
ein religiöses und kirchliches Umfeld hat, das sich von dem in Westeuropa sehr unter-
scheidet. Vor kurzem haben die Mitbrüder auf Bitten der Bischöfe die Verantwortung
für die Ausbildung der in der Jugendpastoral der Insel Tätigen übernommen.
3.3.3. Die Brüder
Die Region zählt gegenwärtig 249 Brüder, davon 23 mit zeitlicher Profess. Sie stellen 9% der
Gesamtheit der Mitbrüder dar. 1996 waren es 237 Salesianerbrüder und 42 mit zeitlicher Pro-
fess. Bemerkenswert ist, dass 8 Brüder mit zeitlicher Profess in der Slowakei sind.
20

3 Pages 21-30

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3.1 Page 21

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3.4 Die Realität der verschiedenen Gebiete
3.4.1 Atlantische Zone und die deutschsprachigen Gebiete (Österreich, Belgien Nord,
Deutschland-Köln, Deutschland-München, Großbritannien, Irland-Malta, Holland)
Diese Provinzen haben eine bewunderungswürdige salesianische Geschichte, geschrieben mit
großer Hingabe, mit starker Bindung an Don Bosco und mit Liebe zur Kongregation. Sie ha-
ben auch eine große Geschichte der Missionen „ad gentes“ und hatten viele Berufungen in
den Nachkriegsjahren bis 1975. Gegenwärtig ergibt sich ein starker Rückgang der Berufungen
zum salesianischen Leben. Man durchläuft einen Prozess der rapiden Alterung. Und deshalb
stellt man gleichzeitig eine Verringerung der salesianischen Präsenz unter den Jugendlichen
fest, so dass das Zeugnis des salesianischen Lebens unter den Jugendlichen selbst immer
schwächer wird.
Das Durchschnittsalter beträgt 62 Jahre. Aber die Begeisterung für unser Charisma ist nicht
geringer geworden. Es gibt allerdings eine Ungewissheit im Hinblick auf die Zukunft, vor
allem angesichts des Fehlens von Berufungen und der Zerbrechlichkeit der Berufungen junger
Mitbrüder.
Diese Provinzen unterhalten große Werke von bemerkenswerter erzieherischer Bedeutung
und Qualität: 33 Gymnasien und andere Höhere Schulen, 11 Berufsschulen, 11 soziale Förde-
rungszentren, 38 Jugendzentren, 34 Oratorien, 19 Heime und Internate, 11 Jugendherbergen,
97 Pfarreien, 35 Häuser für Jugendliche in schwierigen Situationen, 12 Werke für ethnische
Minderheiten, 7 Häuser für Spiritualität mit eigenem Animationsteam, 5 Festtagsoratorien, 4
ökologische Zentren (unter denen das ökologische Zentrum von europäischem Niveau in Be-
nediktbeuern eine besondere Aufmerksamkeit verdient), ein sehr bedeutungsvolles Engage-
ment in der Freizeit, mit den Schulen von Animatoren, ferner das Volontariat, gut entwickelt
besonders in Deutschland, Großbritannien und Holland.
Viele Werke werden von Laien geleitet, die dank einer langen Tradition der salesianischen
Bildung gut vorbereitet sind. In besonderer Weise erwähnen möchte ich das Bildungsinstitut
für die Laien in Belgien Nord und die Arbeit des Jugendpastoralinstituts (JPI) in Benedikt-
beuern. Unter den Mitarbeitern findet man eine wachsende Zahl von Nicht-Glaubenden, die
aber eine große Sympathie für Don Bosco und seinen Erziehungsstil haben; das ist für uns
eine Hoffnung, aber auch eine Herausforderung für die künftige Bedeutsamkeit der salesiani-
schen Werke.
Es wächst die Überzeugung, dass es notwendig wird, die verfügbaren Energien und Mitbrüder
zu optimieren, einige bedeutungsvolle Werke auszuwählen, den Mut zu haben, einen neuen
Ansatz in den Werken zu definieren oder jene Werke den Laien zu übertragen, die wir für
weniger bedeutsam halten, und stattdessen neue, strukturell bescheidene Werke für die Ju-
gendlichen und mit den Jugendlichen zu übernehmen, und insbesondere mit mehr Überzeu-
gung für den eigenen Glauben an Jesus Christus Zeugnis zu geben.
3.4.2 Polen und Sonderbereich Ost (Polen-Warschau, Polen-Krakau, Polen-Pila, Polen-
Wroclaw, Sonderbereich Ost)
Dieser Teil der Region bietet ein unterschiedliches Panorama. Er zählt etwa 1200 Mitbrüder.
Das Durchschnittsalter liegt bei 44 Jahren. Man kann die gegenwärtige Situation dieses Be-
21

3.2 Page 22

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reichs, seine Sensibilität und seine Besonderheit nicht verstehen, ohne die Erfahrungen der
katholischen Kirche in diesen Ländern, das Vergessen Polens seitens Europa nach dem Zwei-
ten Weltkrieg, die Geschichte der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, die Geschich-
te der armenischen-katholischen Kirche und die Geschichte der orthodoxen Kirche während
der 80 Jahre kommunistischer Herrschaft zu kennen.
Unsere Sendung entfaltet sich vor allem in den Pfarreien (155) und Filialkirchen (160). Fast
alle Pfarreien haben ein Oratorium (100) oder ein Jugendzentrum (81). Diese Provinzen be-
treuen auch 9 Heiligtümer. In Polen bemerkt man eine beachtliche Entwicklung der Schulen,
so dass in den letzten 9 Jahren die Provinzen 46 Gymnasien oder andere Höhere Schulen
übernommen oder eröffnet haben, dazu noch 10 Technische Schulen. Häuser für Jugendliche
in schwierigen Situationen wurden geschaffen in Tzciniec, in Rumia und in Kielcow. Die
neuen Werke erfreuen sich großer Wertschätzung seitens der Jugendlichen, der Eltern und der
zivilen Autoritäten, mit denen wir in vielen Fällen zusammenarbeiten. Die große Herausforde-
rung liegt darin, diese Schulen und Werke im salesianischen Sinne bedeutungsvoll zu gestal-
ten, indem man der wachsenden Zahl der einbezogenen Laien Rechnung trägt. Das macht
mehr denn je die Rolle der Gemeinschaft der Salesianer Don Boscos als Animationskern des
Werkes, die Praxis des Präventivsystems und die salesianische Bildung der Laien notwendig.
Ein bestimmendes Element für die Entwicklung des Charismas besonders in Polen ist der Ein-
satz zahlreicher Mitbrüder im Religionsunterricht in staatlichen Schulen. Man kann sagen,
dass fast alle in den Pfarreien tätigen Mitbrüder daran beteiligt sind.
In diesen letzten Jahren seit 1993 ist der Sonderbereich Ost mit großem Mut entstanden und
hat sich weiterentwickelt. Er umfasst die folgenden Länder: die russische Föderation, Litauen,
Weißrussland, die Ukraine und Georgien. Der Sonderbereich Ost hat viele Perspektiven,
wenngleich einige Faktoren im Augenblick noch die Entwicklung bremsen: die Zerbrechlich-
keit der Berufungen, der schwierige ökumenische Dialog zwischen der katholischen und
orthodoxen Kirche, das Verhalten des Staates gegenüber der katholischen Kirche, die noch
nicht offiziell anerkannt ist, das Fehlen von Personal für die Entwicklung der salesianischen
Sendung in ihrer Gesamtheit. Dennoch konnte der Sonderbereich einige Werke von großer
Bedeutsamkeit eröffnen: ein Haus für die Straßenkinder in Moskau, die typographische Schu-
le in Gatchina, nicht zu vergessen die Präsenzen in Jakutsk, in Aldan in Sibirien, die Pfarreien
in Smarhon und Minsk in Weißrussland, und die Zunahme der Mitbrüder des östlichen Ritus
in Lviv in der Ukraine. Gedenken muss man auch der polnischen und ukrainischen Mitbrüder,
die im Krieg, in den Konzentrationslagern oder im fernen Russland ums Leben kamen. Ihnen
gilt unsere Erinnerung, die Dankbarkeit für ihr Zeugnis und unser Gebet.
3.4.3 CIMEC (Tschechische Republik, Kroatien, Slowakei, Slowenien, Ungarn)
Der Bezirk umfasst 649 Mitbrüder; das Durchschnittsalter beträgt 53,60 Jahre. Dieser Bezirk
hatte eine heftige Verfolgung während der Jahre des Kommunismus zu erleiden. Im Herzen
vieler alter Mitbrüder sind der Tod so vieler Mitbrüder und Freunde, die Schließung aller
Werke im Jahre 1950 und die Jahre der Arbeit in den Fabriken noch lebendig insgesamt
Jahre der Katakomben, vor allem in der Tschechischen Republik, in der Slowakei, in Slowe-
nien und in Litauen. Welche und wie viele Seiten salesianischer Heiligkeit sind noch zu ent-
decken und zu schreiben! Trotz aller Schwierigkeiten und des Fehlens von Kontakt mit dem
Zentrum der Kongregation ist das Charisma vorangegangen und lebendig geblieben. Ich kann
nicht der Versuchung widerstehen, an die wunderschöne Geschichte der „Chalupki“ in der
Tschechischen Republik zu erinnern, echte Schulen während der Arbeit im Untergrund und
22

3.3 Page 23

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der Einbeziehung von Laienmitarbeitern in die salesianische Sendung, die der Kongregation
und der Salesianischen Familie als Frucht so viele Berufungen geschenkt hat.
Die Sendung vollzieht sich insbesondere in den Pfarreien (119) und Filialkirchen (120), in der
Freizeitbeschäftigung in den Oratorien (45), in den Jugendzentren (41) und in den 8 Höheren
Schulen. Man braucht nur an die Schule in Zepce (Bosnien-Herzegovina) an der Grenze zwi-
schen drei Kulturen zu denken: serbisch-moslemisch-kroatisch; ferner an die Schule für Zi-
geuner in Kazincbarcika (Ungarn), an die Technische Schule in Zilina, an das Engagement für
die Zigeuner in Bardejov (Slowakei), an das Höhere Institut für Sozialpädagogik und Theolo-
gie in Prag (JABOK), an die Theologische Fakultät in Ceské Budjevoce, an das Gymnasium
mit Internat in Zelimlje (Slowenien) und schließlich an die Werke für ethnische Minderheiten
in Slowenien, Ungarn und der Tschechischen Republik.
Diese Provinzen investieren noch sehr viel Energie in den Wiederaufbau der Kongregation.
Wir können sagen, dass der Prozess der Wiedergewinnung von Häusern, die vom kommunis-
tischen Regime konfisziert worden waren, beendet ist; aber ein gewisses Fehlen eines
„Rechtsstatus“ und der häufige Gesetzeswechsel gestalten den endgültigen Prozess noch unsi-
cher.
Es kommt jetzt darauf an, sich für die Neudefinierung der eigenen Identität nach Jahren der
Unfreiheit einzusetzen, was natürlich eine starke Sensibilität für die eigene Geschichte und
Kultur erklärt. Dieser ganze Bereich ist reich an Hoffnung, vor allem wenn es uns gelingt, das
Charisma gut einzupflanzen, Gemeinschaften zu formen, die auf Christus ausgerichtet und
den Jugendlichen nahe sind, und den Mut zu haben, neue Präsenzen für die Erziehung und die
Evangelisierung der ärmsten Jugendlichen auszuwählen.
3.5 Die provinzübergreifende Zusammenarbeit
Ein Aspekt, der zu betonen ist, ist die provinzübergreifende Zusammenarbeit, die sich in die-
sen letzten Jahren vollzogen hat, z.B.:
Im Bereich der Grundausbildung ist besonders erwähnenswert die Hochschule von Benedikt-
beuern in Süddeutschland, die als Ausbildungszentrum für die drei deutschsprachigen Provin-
zen und für einige Studierende der Provinzen von Mitteleuropa funktioniert. Diese Hochschu-
le hat die Aufgabe, eine sehr bemerkenswerte Rolle in der Grundausbildung und in der stän-
digen Weiterbildung für die Mitbrüder und für die Laien der Region sowie im Dialog zwi-
schen den zwei „spirituellen Lungen“ Europas zu spielen.
In Polen realisiert man gemeinsam die Vorbereitung der ewigen Professen für die Mitbrüder
der vier Provinzen.
Es gibt auch die Teilnahme einiger Provinzen (Österreich, Süd- und Norddeutschland, Son-
derbereich Ost, Kroatien und Slowenien) an den Angeboten in Ausbildungshäusern einiger
italienischer Provinzen (das Noviziat in Pinerolo, das Nachnoviziat in Nave und die Theologie
in Turin-Crocetta. Diese Provinzen sind den italienischen Provinzen für diesen wertvollen
Dienst, den sie für die Ausbildung ihrer jungen Mitbrüder bieten, sehr dankbar.
Der Austausch von Mitbrüdern in der Grundausbildung (sehr beachtlich in den neunziger Jah-
ren), besonders von Polen in Richtung Italien, Deutschland, Großbritannien und Irland, hat
praktisch aufgehört. Der Rückgang der Kandidaten, aber auch gewisse Fragezeichen bezüg-
23

3.4 Page 24

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lich der Modelle des gemeinschaftlichen Lebens und der Jugendpastoral machen die Rück-
kehr in die Provinz nicht immer leicht.
Im Bereich der ständigen Weiterbildung gibt es die jährliche Bildungswoche für die Provin-
zialräte und die Direktoren der Provinzen in der Slowakei und der Tschechischen Republik. In
Polen organisiert man auf provinzübergreifender Ebene den Fortbildungskurs für Mitbrüder
nach sieben Jahren des Priestertums, die jährliche Zusammenkunft der Brüder, die Fünfjahres-
treffen, den Kurs für die neuen Direktoren, die Föderation der Salesianischen Schulen und die
wissenschaftliche Zeitschrift ‚SEMINARE’ unter der Leitung einiger Professoren.
Zu erwähnen ist auch das umfassende Programm der ständigen Weiterbildung für die drei
deutschsprachigen Provinzen, das vom Jugendpastoralinstitut in Benediktbeuern organisiert
wird und das das einzige Studienzentrum für Jugendpastoral auf höherer Ebene in der Region
ist.
Im Bereich der Jugendpastoral gibt es viele provinzübergreifende Angebote und Initiativen:
die jährlichen oder zweijährlichen Treffen für junge Animatoren der Region in Wien (Öster-
reich), in Benediktbeuern (Süddeutschland), in Groot-Bijgaarden (Belgien Nord: Eurizon) und
in Prag.
Im Bereich des Volontariats erfolgt die Zusammenarbeit zwischen den Provinzen der Atlanti-
schen Zone und dem deutschsprachigen Gebiet der Region mit den polnischen Provinzen, der
CIMEC und dem Sonderbereich Ost.
Seit 2000 funktioniert das „Don Bosco Youth-net“, das sich zusammensetzt aus 12 salesiani-
schen Vereinigungen der europäischen Provinzen zum Dienst an der Jugendpastoral und der
Animation der Jugendlichen. Zu nennen ist schließlich noch die jährliche Zusammenkunft der
Verantwortlichen für Jugendpastoral der deutschsprachigen Provinzen und das Nationale
Zentrum für Jugendpastoral in Polen.
Was den kulturellen Aspekt betrifft, bieten die englischsprachigen Schulen in Irland einen
brauchbaren Dienst für die Mitbrüder, die die Sprache studieren wollen.
Auf dem Gebiet des Verlagswesens funktioniert die wachsende Zusammenarbeit von 12 Ver-
lagshäusern der Region unter der Leitung des Don Bosco Verlags in Süddeutschland.
Ein abschließender Hinweis gilt dem Vereinigungsprozess zwischen Belgien Nord und Hol-
land und zwischen Deutschland-Köln und Deutschland-München, der mit der Schaffung der
neuen deutschen Provinz (GER) und der Bildung der Provinzdelegation Holland am 15. Au-
gust 2005 besiegelt wird.
4. Die Bereiche des salesianischen Lebens und der salesianischen Sendung
4.1 Die Grundausbildung
Die Region zählt 18 Vornoviziate, 10 Noviziate, 12 Nachnoviziate, 11 Theologische Studen-
tate und 3 Häuser für die Ausbildung der Brüder. In der Atlantischen Zone wurden wegen der
wenigen Eintritte zunehmend verschiedene Ausbildungsstrukturen beendet: das Institut von
24

3.5 Page 25

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Maynooth in Irland, Oud-Heverlee in Belgien Nord und fast alle Noviziate. Das Fehlen von
Studierenden und Ausbildern wurde in einigen Provinzen von der Politik begleitet, auf die
Ausbildung von Professoren und Lehrkräften zu verzichten. Es ist also klar, dass diese Pro-
vinzen immer mehr nach einer provinzübergreifenden Zusammenarbeit auf diesem Gebiet
suchen.
Die deutschsprachigen Provinzen haben sich entschieden, ihre Novizen nach Pinerolo zu
schicken, wo sie eine internationale Noviziatserfahrung machen. Für die folgenden Etappen
werden sie die Mitbrüder weiterhin nach Benediktbeuern schicken, das in einem sehr gut
strukturierten und an salesianischer Erfahrung reichen Klima die Ausbildung in Philosophie,
Sozialpädagogik und Theologie gewährleistet.
Polen hat drei Noviziate (Czerwinsk, Swobnica, Kopiec), drei Nachnoviziate und drei Häuser
für das Theologiestudium (Lad, Lódz und Krakau). Hier ist die Ausbildung sichergestellt, und
zwar seitens der gut qualifizierten Ausbilderteams und seitens der Zahl der Mitbrüder in der
Grundausbildung. Dennoch stellt man sich die Frage einer Neustrukturierung der Studienhäu-
ser, um die Ressourcen zu konzentrieren und die Qualität zu garantieren.
Der Sonderbereich Ost hat das Noviziat in Oktiabrzskij und das Studentat in Sankt Petersburg
als Haus für die Grundausbildung geschlossen. Hier ist man dabei, die gesamte Struktur der
Grundausbildung neu zu überdenken. Die Entwicklung der ukrainischen Mitbrüder des östli-
chen Ritus veranlasst uns, die Ausbildungsstrukturen „in loco“ vorzubereiten. Zur Zeit funk-
tionieren in der Ukraine noch die zwei Vornoviziate für beide Riten. Für die folgenden Aus-
bildungsphasen werden die Mitbrüder anderswohin geschickt.
Kroatien und Slowenien schicken ihre Novizen nach Pinerolo mit der Absicht, die Studien in
Italien fortzusetzen. Sie haben das Vornoviziat errichtet. Auch Ungarn wird die Novizen nach
Pinerolo schicken. Andere Ausbildungsphasen sollen in Ungarn realisiert werden.
Die Slowakei besitzt die eigenen Strukturen für das Vornoviziat, das Noviziat, das Nachnovi-
ziat und das Theologiestudium. Die Tschechische Republik hat auch eigene Strukturen,
schickt aber in diesem Jahr den Novizen in die Slowakei. Die Tschechische Republik hat ein
gut strukturiertes Vornoviziat in Sebranice.
Der Wille zu einer provinzübergreifenden Zusammenarbeit fehlt in der Region nicht; er wird
aber erheblich gebremst von dem Sprachenproblem. Jedwede provinzübergreifende Zusam-
menarbeit erfordert seitens der Kandidaten das Studium einer anderen Sprache, was sicherlich
bereichend ist, aber nicht für alle leicht.
Bezüglich der Grundausbildung betone ich, dass Benediktbeuern eine festgefügte Struktur mit
einem starkem Team von qualifizierten Dozenten vorhält. Es könnte zunehmend zu einem
internationalen Zentrum der Grundausbildung in der Region werden.
4.2 Salesianische Bildung der Laien
Die salesianische Bildung der Laien wird auch sehr unterschiedlich gehandhabt. In der Atlan-
tischen Zone und im deutschsprachigen Gebiet ist sie gut organisiert. In Irland realisiert man
sie mit Hilfe der Gruppe „Ethos“ in Zusammenarbeit mit den Don-Bosco-Schwestern. In
Großbritannien geschieht das durch „The Governors“. In Belgien Nord gibt es dafür ein ein-
heitliches Zweijahresprogramm für alle Laien, die in den Schulen und in den Häusern für Ju-
25

3.6 Page 26

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gendliche in schwierigen Situationen beschäftigt sind, sowie das „Vormingscentrum“. In
Deutschland entwickelt man ein umfassendes Bildungsprogramm für die Laien zusammen mit
den Salesianern, organisiert vom Jugendpastoralinstitut in Benediktbeuern.
In Polen ist die Bildung der in den Schulen tätigen Laien vor allem den Leitungen übertragen.
Vielleicht könnte man auch auf diesem Gebiet ein Projekt auf provinzübergreifender Ebene
ins Leben rufen.
Auch in der CIMEC unterscheidet sich die Situation von Provinz zu Provinz. Ungarn pflegt
Zusammenkünfte auf Provinzebene. Die Slowakei betont die Bildung von Laienanimatoren.
Kroatien und Slowenien bevorzugen die Bildung der Laien, die in den Pfarrein tätig sind. In
den Schulen ist diese Bildung ebenfalls den Leitungskräften anvertraut.
Einige Provinzen haben mit viel Energieaufwand Institute von höherem Niveau geschaffen,
wo die Salesianer und Laien sich qualifizieren können: Benediktbeuern (Österreich, Deutsch-
land Nord und Süd), die Theologische Fakultät in Ceské Budejovoce (Tschechische Repub-
lik), das Höhere Salesianerinstitut für christliche Erziehung in Warschau (Polen), die Spezial-
schule für Sozialpädagogik und Theologie JABOK (Tschechische Republik), das Höhere Sa-
lesianerinstitut für Wirtschaft und Handel (Polen-Warschau), Kurse für salesianische Bildung
(Belgien Nord).
Insgesamt zeichnet sich die Region aus durch eine beachtliche Zahl von qualifizierten Mitb-
rüdern, nicht nur mit Doktortitel, sondern auch mit der Habilitation.
4.3 Jugendpastoral
In Europa gibt es zwei hauptsächliche Herausforderungen, die sich für die salesianische Ju-
gendpastoral stellen: die Herausforderung der Entchristianisierung eines in sich geschlossenen
Europas, das die Erinnerung an das christliche Erbe weitgehend verloren hat und in dem viele
Jugendliche in starkem Maße die religiöse Frage stellen, aber oft sehr vage und konfus; und
die Herausforderung der neuen materiellen und spirituellen Armutsformen und der Immigra-
tion, die besonders die Jugendlichen treffen und einen wachsenden sozialen Ausschluss pro-
duzieren.
Gegenüber diesen Herausforderungen weiß sich die Jugendpastoral dazu aufgerufen, mit grö-
ßerer Radikalität insbesondere das Engagement für die Evangelisierung zu leben, und zwar als
Antwort auf die großen Fragen der Jugendlichen nach Sinnerfüllung, als Förderung der Werte
der Menschenwürde und der Lebensfreude, als ausdrückliches Angebot zur Begegnung mit
dem Herrn Jesus Christus und zum Beschreiten der Glaubenswege. Es ist gleichzeitig die
Aufgabe der Einbeziehung, indem man die verschiedenen Formen jugendlicher Ausgrenzung
überwindet und Wege findet für die Integration, den interreligiösen Dialog, die interkulturelle
Erfahrung, die wirksame Hilfe für die Familien usw.
In der Region sucht die Jugendpastoral nach konkreten Wegen für eine entschiedene Antwort
auf diese Herausforderungen. Während die traditionellen Strukturen der Begegnung und der
Erziehung (Schulen, Pfarreien...) immer schwieriger zu leiten sind und zunehmend die Fähig-
keit des Einwirkens verlieren, dies insbesondere im westlichen Teil der Region, entstehen
neue Räume der Begegnung und der Bildungsangebote für Jugendliche: Jugendgruppen und
Jugendbewegungen, Häuser für Spiritualität, Angebote für die Auf- und Annahme und für die
26

3.7 Page 27

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Erziehung der Ärmsten, vor allem der immigrierten Jugendlichen, Bereiche weitgehender
Zugehörigkeit und Eigeninitiative der Jugendlichen usw.
So z.B.: Im flämischen Belgien gibt es Jugendwallfahrten an die Ursprungsorte unseres Cha-
rismas, die Wochenenden für Spiritualität und die geistlichen Exerzitien für die Jugendlichen
des Teams des Oaseventrum in Groot-Bijgaarden; in Malta die Aktivitäten von SPYS und die
Live-ins in Dingli.
In Polen stoßen wir auf die ‚neuen’ und verheißungsvollen Jugendbewegungen: ‚Pustynia
Miast’, ‚Saruel’, ‚Oasi’, ‚Ministranti’, Salos’, verschiedene Wallfahrten, die regelmäßigen
Jugendtreffen wie ‚Savonalia’ (Krakau) und ‚Pielgrzymka ministrantow’ (Wroclaw), die
Pfandfinder, die Berufungscamps usw.
In der CIMEC gibt es auch interessante Erfahrungen: in Slowenien die Vereinigung ‚Mla-
dinski Ceh’ und das Projekt ‚Skala’; in Kroatien ‚Don Boscofest’, ‚Campus ministry’ und die
salesianischen Jugendpastoralprojekte; in der Slowakei die Ministrantencamps, die erzieheri-
schen und spirituellen Wegweisungen, das Fest der Jugendlichen, Lumen und die Aktivitäten
von ‚Domka’. In der Tschechischen Republik finden wir die salesianische Jugendbewegung
und den salesianischen Jugendclub. In Ungarn gibt es die sehr gut angenommenen Treffen in
Peliföldszenkereszt für die Messdiener und die Animatoren.
Im deutschsprachigen Raum sind die Angebote des „Don Bosco Hauses“ in Wien ‚Eurotreff’
und ‚Jupa-Tagung’ zu erwähnen. In Deutschland gibt es die bedeutsamen Aktivitäten des
‚Aktionszentrums’ in Benediktbeuern und die Häuser für Spiritualität in Calhorn und Jünke-
rath.
Auf der Ebene der Region gibt es noch kein Projekt der Zusammenarbeit aller Provinzen. Es
werden aber viele Angebote für Jugendliche auf regionaler und provinzübergreifender Ebene
organisiert. In diesen Jahren ist eine Struktur der Koordinierung verschiedener salesianischer
Jugendorganisationen der europäischen Provinzen entstanden: „Don Bosco Youth net“.
Die verschiedenen pastoralen Angebote beziehen viele Laien, Lehrkräfte, Animatoren und
Mitglieder der Salesianischen Familie mit ein und zeigen eine bemerkenswerte Initiative und
Aktivität von Seiten der Jugendlichen selbst.
Ich denke, dass es darum geht, in der Region diese Entwicklung der „Jugendbewegungen“,
die sich als rührig, kreativ und attraktiv präsentieren, zu stärken und zu ermutigen. Es bleibt
weiterhin aktuell, was Don Vecchi in seinem Brief an die Provinziale der Region Europa
Nord und Ost schrieb: „Mir scheint es notwendig zu sein, in allen Werken den Akzent mit
Wegweisungen für die Evangelisierung aller auf die Entwicklung der Jugendpastoral zu legen
und gleichzeitig auf die Bildungsprozesse und ein klares Angebot christlicher Spiritualität für
jene zu setzen, die sich dafür aufgeschlossen zeigen. In weit entschiedenerer Form muss es
das Anliegen aller sein, Berufungen zu suchen, zu entdecken und zu begleiten.“
Dazu muss man eine Mentalität schaffen, die davon überzeugt ist, dass die Salesianische Ju-
gendbewegung ein echtes salesianisches Werk ist. Zudem geht es darum, eine Pastoral der
Familien zu erarbeiten, enger mit den oftmals unbekannten Initiativen der Ortskirche zusam-
menzuwirken, der Jugendpastoral unter den Universitätsstudenten eine größere Bedeutung zu
geben und allmählich zu einer engeren provinzübergreifenden und regionalen Koordinierung
zu gelangen.
27

3.8 Page 28

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4.4 Berufungspastoral
Innerhalb der Jugendpastoral verdient die Berufungspastoral eine besondere Aufmerksamkeit.
Das Animations- und Leitungsprojekt des Generalobern und seines Rates für die sechsjährige
Amtszeit 2002-2008 für die Region Europa Nord hatte unter anderem vorgesehen, eine neue
„Berufungskultur“ zu schaffen. Dieser Aufruf hat in allen Provinzen ein großes Echo gefun-
den. Die Thematik wurde auch von den Provinzialen der Region studiert. Hier einige Elemen-
te zur Überprüfung.
Im Atlantischen und deutschsprachigen Bereich müssen wir zugeben, dass unsere großen
Strukturen und Werke, die zwar von großer erzieherischer Qualität sind und mit großer Hin-
gabe und Kompetenz von den Mitbrüdern und Laien geleitet werden, immer weniger geeigne-
te Umfelder für die Weckung von Berufungen für das Ordensleben sind. Die wenigen Kandi-
daten kommen vielmehr aus den „Bewegungen“ mit starker Identität und spiritueller Dichte
(Gebetsgruppen, Wallfahrten usw.) oder von außerhalb unseres Umfeldes.
Im Sonderbereich Ost, in Polen und in der CIMEC bleiben dagegen die Schulen und die Pfar-
reien die ersten Orte, wo Jugendliche ihre Berufung finden, wenngleich man immer mehr die
Wichtigkeit der „Gruppe“ und der „Bewegung“ betont, die von der salesianischen Spiritualität
geprägt sind.
In vielen Provinzen entstehen Gebetsgruppen oder werden Zeiten der Anbetung für die Berufe
organisiert. Es ist klar, dass das Gebet Mentalität und Umkehr erzeugt, Mut verleiht und unse-
re Angebote stützt; vor allem aber unterstreicht es die Gnade und den Primat Gottes im Le-
ben. Das ist in der Tat der richtige Bezugsrahmen. Ich möchte einige bedeutsame Angebote
erwähnen: Das salesianische Polen kennt eine große Entwicklung der „salesianischen Jugend-
bewegungen“, die von einer starken Spiritualität und Sendung unter den Jugendlichen geprägt
sind, wie ‚Saruel’, Pustynia Miast’ und ‚SPE’, aus denen viele Berufungen hervorgehen.
Nicht zu vergessen ist die Animation unserer jungen Mitbrüder in den Pfarreien während der
Einkehrtage für Jugendliche oder während der „Woche für die Berufe“. Die Provinz War-
schau hat in diesem Jahr ein Zwölfschritteprogramm für die Jugendlichen aufgelegt, die für
den Anruf Christi in ihrem Leben ansprechbar sind.
Schön ist es auch, in der Slowakei zu sehen, wie die Berufepastoral ein Wesensbestandteil der
Pastoral in den Bewegungen und Jugendzentren ist.
Die Tschechische Republik, die zu den am meisten säkularisierten Ländern Europas gehört,
vor allem aber Böhmen, kennt seit Jahren ein sehr qualifiziertes und geeignetes Modell für
das Aspirantat und Vornoviziat in Sebranice.
Kroatien hat vor zwei Jahren das Aspirantat in Podsused in der Nähe von Zagreb mit Erfolg
wiedereröffnet.
In der Ukraine wurden die Aspirantate für den lateinischen und für den byzantinischen Ritus
eröffnet, um erste Schritte der Berufungspastoral nahe bei diesem Territorium zu machen.
In Deutschland funktionieren die Aufnahmegemeinschaften in Benediktbeuern, Bamberg,
Regensburg und Chemnitz.
28

3.9 Page 29

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Im Lichte dieser Erfahrungen scheint es mir wichtig zu sein, die folgenden Elemente für eine
authentische Berufungspastoral zu beachten:
- Die Präsenz und das Zeugnis der salesianischen Gemeinschaften:
. sichtbare Gemeinschaften sicherstellen, sei es im täglichen Rhythmus, in den Umfel-
dern, und vor allem in den brüderlichen Beziehungen unter den Mitbrüdern;
. fähig sein, die „Nachfolge Christi“ in Armut, Keuschheit und Gehorsam zu bezeugen;
. das Präventivsystem unter den Jugendlichen leben, sich befreien von den Beschäfti-
gungen, die uns von ihnen entfernen und die Zeichenhaftigkeit unseres Lebens als Or-
densleute verdunkeln.
- Angebote der entschiedenen Spiritualität , des Dienstes und der Qualität:
. den Jugendlichen, die ihre Bereitschaft zeigen, klare spirituelle Wege aufzeigen und
mit ihnen „kreative Minderheiten“ schaffen, gemäss der Idee von den „Gruppen“, in
denen die Jugendlichen die Hauptrolle spielen und „die ersten Verkündiger für die Ju-
gendlichen“ sind;
. für eine persönliche Begleitung der Jugendlichen sorgen.
- Unsere Präsenzen in der Universitätswelt verstärken und enger mit den Initiativen der
Ortskirche zusammenarbeiten.
4.5 Soziale Kommunikation
Hier handelt es sich um einen Bereich, der in der Region wächst. Die Mehrheit der Provinzen
verfügt über ein Provinznachrichtenblatt, während in anderen Provinzen der Brief der Provin-
ziale diese Informationsfunktion erfüllt.
Die Region zählt 15 Ausgaben des Bollettino Salesiano, eingeschlossen das in russischer
Sprache, das im Januar 2004 entstand. Es gibt 14 Verlagshäuser, 17 Buchhandlungen und 7
Druckereien. Die großen Verlage, wie der „Don Bosco Verlag“ in Süddeutschland und „Por-
tal“ in der Tschechischen Republik, sind vor allem auf Produkte der pädagogischen und psy-
chologischen Art spezialisiert. Die anderen Verlagshäuser veröffentlichen insbesondere Pro-
dukte, die unsere Sendung unter den Jugendlichen und den Familien unterstützen. Es konsoli-
diert sich die Zusammenarbeit zwischen einigen dieser Verlagshäuser unter der Leitung des
Verlages der Provinz von München in Bayern. Ein erster bescheidener Schritt der Zusammen-
arbeit war die Herausgabe eines kleinen Büchleins für die Kinder: „Rosie goes to Church“,
veröffentlicht in sieben Sprachen und in der Tschechischen Republik gedruckt. Vor kurzem
wurde ein Buch über die Heiligen für Kinder veröffentlicht; und in Vorbereitung ist ein drittes
Buch: „Mit euch Kindern durch das liturgische Jahr“.
Besonders bedeutsam ist die Arbeit des Verlags von Gatchina in Russland, die sich allmählich
in die russische Gesellschaft und in die Ortkirche einreiht.
Angeregt insbesondere von den jungen Mitbrüdern, die sehr sensibilisiert sind für die „neuen
Technologien“, wurden die Webseiten gut entwickelt, und zwar in den Pfarreien, Jugendzent-
ren, Schulen und Provinzen, was natürlich eine Erziehung zur Ausgeglichenheit und zum Ge-
brauch der Kommunikation und Informatik notwendig macht.
Ich wünsche mir, dass unsere Präsenz auf diesem Gebiet wächst und dass man immer mehr
die soziale Kommunikation als wichtige Dimension unserer Sendung sieht. Mir scheint es
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3.10 Page 30

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vorrangig zu sein für die Bildung, die Animation der Salesianischen Familie und die Förde-
rung des Charismas, besonders in den Ländern des Ostens, in möglichst kurzer Zeit über fun-
damentale Texte unseres Charismas und der salesianischen Literatur in den verschiedenen
Sprachen zu verfügen. Wir müssen der eigenen salesianischen Geschichte der letzten 50 Jah-
re mehr Aufmerksamkeit schenken. Mit ihrer Hilfe kann man ja entdecken, wie die Kongrega-
tion sozusagen ohne Kontakt mit dem Zentrum sich entwickelt hat und Pastoralmodelle ge-
funden hat, die den Situationen angemessen sind. Es ist eine Geschichte, auf die man stolz
sein kann, die man nicht vergessen darf und von der man sehr viel lernen kann!
4.6 Die Missionen
Das missionarische Engagement hat eine lange und sehr schöne Geschichte in der Region.
Zur Zeit zählt die Region 340 Missionare, die in den verschiedenen Kontinenten arbeiten,
einschließlich der ca. 70 Mitbrüder, die die Seelsorge der „Katholischen Missionen“ in
Deutschland betreiben.
Im östlichen Teil der Region gibt es den großherzigen Einsatz Polens vor allem in Afrika und
seit der Schaffung des Sonderbereichs Ost das mutige Engagement der Slowakei in Sibirien
und Aserbaidschan, die großzügige Präsenz Sloweniens in Serbien und Montenegro, Kroa-
tiens in Bosnien-Herzegovina und der Tschechischen Republik in Bulgarien.
Natürlich ist in den letzten Jahren aufgrund der Verringerung von Berufungen und der Über-
zeugung, dass Europa selbst immer mehr vor allem in seinem westlichen Teil Missionsland
wird, die Zahl neuer Missionare „ad gentes“ zurückgegangen, auch wenn die Provinzen wei-
terhin offen bleiben für diese kirchliche Dimension unseres Charismas und mit Großherzig-
keit jene Mitbrüder abreisen lassen, die darum bitten, in die Missionen gehen zu können. Al-
len Provinzen der Region Europa Nord und all diesen unseren missionarischen Mitbrüdern
gilt unsere Dankbarkeit.
Man muss auch betonen, dass alle Provinzen sich sehr um die missionarischen Mitbrüder
kümmern, die endgültig in ihre Heimat zurückkehren. Einen sehr wertvollen Dienst auf die-
sem Gebiet üben auch die Prokuren der Region aus, die mit ihrer missionarischen Animation,
der Aufnahmebereitschaft gegenüber den missionarischen Mitbrüdern, die in die Heimat zu-
rückkehren, und mit Spendensammlungen die salesianische Mission in der ganzen Welt för-
dern und unterstützen. So in Österreich „Jugend Eine Welt“; in Belgien Nord „DMOS-
COMIDE“, in Deutschland-Köln die „Missionsprokur“ und „Jugend Dritte Welt“ in Bonn; in
Deutschland-München die „Missionsprokur“ in Beromünster (Schweiz); in Großbritannien
„The Missions Office“; in Irland-Malta „Das Missionsbüro“. In Polen existiert das Büro für
die Missionen und die Prokur in Warschau und in Holland die Missionsprokur.
Während ich im Namen der ganzen Kongregation und besonders der Missionare all diesen
Prokuren meine dankbare Anerkennung ausdrücke, weil sie uns helfen, die salesianische Mis-
sion in der Welt zu verwirklichen, bitte ich sie alle, nach einer größeren Synergie zu streben,
und zwar in Übereinstimmung mit den Provinzkonzepten, um so die missionarische Animati-
on in den Provinzen immer lebendiger und die Hilfe für die salesianische Mission in der Welt
immer wirksamer zu gestalten. Das ist die Art und Weise, um in den Mitbrüdern die Mentali-
tät zu schaffen, die die missionarische Animation als Wesensteil der Sendung einer Provinz
betrachtet, und um den Mitbrüdern und den Laienmitarbeitern bewusst zu machen, dass wir
heute aufgerufen sind, Missionare in den eigenen Ländern zu sein, besonders in denen der
westlichen Welt, und eine ausdrückliche Evangelisierung zu betreiben, indem wir uns bemü-
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4 Pages 31-40

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4.1 Page 31

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hen, in den Jugendlichen Lebensentscheidungen heranreifen zu lassen, einschließlich der Ent-
scheidung für das salesianische Leben.
4.7 Die Salesianische Familie
Die Salesianische Familie ist gut eingepflanzt in die Region und in einigen Provinzen erfährt
sie sogar einen echten Aufschwung. Sie bedarf allerdings in Zukunft einer größeren Zusam-
menarbeit zwischen den verschiedenen Zweigen, und zwar gemäß der Überzeugung, dass
Don Bosco eine große spirituelle und apostolische Bewegung zum Dienst an der Jugend
schaffen wollte: die Salesianische Familie, die als Zentrum der Einheit den Generalobern hat
und heute Trägerin des Charismas Don Boscos und verlängerter Arm seiner Sendung ist.
Ausgehend von eben diesem Profil, betone ich überall die Notwendigkeit, eine größere Syn-
ergie mit allem Respekt vor der Identität einer jeden Gruppe anzustreben und in dem Territo-
rium zusammenzuwirken, in dem wir uns befinden. In verschiedenen Provinzen der Region
existiert der „Rat“ der Salesianischen Familie, der sich als ein angemessenes Instrument für
die Animation der gesamten Salesianischen Familie erweist.
Die Don Bosco-Schwestern haben mit 166 Gemeinschaften eine beachtliche und bedeutsame
Präsenz in der Region. Die Zusammenarbeit ist im Allgemeinen sehr positiv. Man darf hier
anmerken, dass in Polen die Verantwortliche für die salesianischen Schulen auf nationaler
Ebene eine Don Bosco-Schwester ist; in Irland ist eine Don Bosco-Schwester verantwortlich
für die Ausbildung des Laienpersonals in den Werken der beiden Kongregationen durch
Ethos group“, und in Belgien Nord nehmen die Don Bosco-Schwestern teil an der Leitung
und der Animation der salesianischen Schulen. Dort, wo es eine sehr gute Zusammenarbeit
gibt, existieren zahlreiche Angebote im Bereich der Jugendpastoral und der Freizeitbetreuung.
Die Vereinigung der Salesianischen Mitarbeiter ist mit 211 „Zentren“ und mit mehr als 5500
Mitgliedern in bedeutsamer Weise in der Region präsent. Man darf nicht vergessen, dass in
vielen Provinzen der Region die Existenz unserer Kongregation auf die Begeisterung und die
Intervention der Mitarbeiter bei unserem Vater Don Bosco und seinen Nachfolgern zurück-
geht.
Als Zeichen der Anerkennung möchte ich insbesondere die wichtige Funktion der Mitarbeiter
im Bereich der CIMEC und in Polen während der kommunistischen Besetzung nennen. Ohne
ihre aktive Präsenz während des kommunistischen Regimes hätte die Kongregation nicht
überlebt.
Man kann sagen, dass die Mitarbeiter sehr an die Salesianer und an die salesianischen Werke
gebunden sind. Mit ihnen leben sie tatsächlich den Familiengeist und die Zusammenarbeit in
der Sendung. Ein weites Feld, das als Berufungsressource für die Vereinigung genutzt werden
muss, sind die Volontäre, die zahlreichen Animatoren, die erwachsenen Ministranten und die
Jugendlichen der Salesianischen Jugendbewegung.
Das Leben der Vereinigungen der Ehemaligen ist je nach Provinz unterschiedlich. In einigen
Provinzen sind sie gut eingeführt und haben eine gut strukturierte Organisation (Belgien
Nord, Großbritannien, Deutschland-München, Malta), in anderen werden sie wiederbelebt
(Polen, Kroatien, Slowakei), in wieder anderen wie Österreich, Deutschland-Köln, Irland,
Tschechische Republik gibt es die Animation, aber ohne große Verbindung mit der Födera-
tion.
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4.2 Page 32

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In der Region existieren einige Gruppen der ADMA (Großbritannien, Polen-Pila, Slowakei,
Slowenien, Tschechische Republik).
Die VDB zählen 274 Mitglieder, der größte Teil befindet sich in der Tschechischen Republik
mit 5 Gruppen und insgesamt 44 Freiwilligen, in Polen mit 50 Mitgliedern und vor allem in
der Slowakei mit 15 Gruppen und insgesamt 150 VDB. In Malta existieren die CDB mit 5
Mitgliedern.
Zu nennen sind noch die Michaeliten, die „Kongregation vom hl. Erzengel Michael“
(CSMA), gegründet, wie wir schon erwähnt haben, von Don Bronislaw Markiewicz, der am
24. April seliggesprochen wird. Diese Kongregation zählt 320 Mitbrüder, von denen 217 in
Polen und 103 im Ausland wohnen. Sie hat 17 Brüder und 36 Mitbrüder in der Grundausbil-
dung.
5. Zukunftsperspektiven
5.1 Für alle Provinzen der Region
Nachdem wir die Geschichte der verschiedenen Provinzen, die die Region Europa Nord bil-
den, ihren so verschiedenartigen Kontext, die Typologie der Werke und die verfügbaren men-
schlichen Ressourcen betrachtet haben, habe ich das Bedürfnis, einige Zukunftsperspektiven
anzubieten. Dabei bedenke ich einerseits das große Engagement der Mitbrüder, die mit bei-
spielhafter Hingabe, mit Enthusiasmus und Kompetenz ihre Berufung leben und an die Ju-
gendlichen glauben; ich bedenke die „Prophetie“ der Erziehung in diesem Entwicklungsmo-
ment Europas und den einzigartigen Wert des Präventivsystems Don Boscos bei der Evange-
lisierung. Andererseits bedenke ich dabei den starken Rückgang der Berufungen, wenigstens
in gewissen Gebieten, die Zerbrechlichkeit der Berufung, die Verringerung der Mitbrüder, die
noch direkt mit den Jugendlichen arbeiten, und schließlich die fortschreitende Entfremdung
der Welt der Jugendlichen.
Mit dem 25. GK (2) bekräftigen wir: „Eingetaucht in eine pluralistische Welt auf der Suche
nach neuen Lebens- und Sinnmodellen, aber auch gezeichnet von dramatischen Situationen
von Armut und Unterdrückung, kann das geweihte Leben ein Zeichen sein, wenn es wie ‚ein
Haus, das auf den Felsen gebaut ist’, sich auf den bedingungslosen Zusammenhalt mit Jesus
Christus gründet, verankert ist in der Welt der Heiligkeit nach dem Evangelium und sich eine
Position an den Fronten der Sendung der Kirche verschafft.“
Wie sehen wir also die Zukunft der Kongregation in dieser Region? Welche Entscheidungen
sind zu treffen, um weiterhin „dieser salesianische europäische Raum“ zu sein, der der Kon-
gregation so viel anzubieten hat?
Ich gebe den Provinzialen, den Mitgliedern der Provinzialräte und allen Mitbrüdern einige
Handlungsrichtlinien mit dem Ziel an die Hand, eine Gegenwart zu zeichnen, die in der Regi-
on Zukunft hat.
5.1.1 Leben wir die Leidenschaft des ‚Gib mir Seelen, alles andere nimm’
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4.3 Page 33

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Da die Zukunft von Menschen abhängt, die vom Feuer der Begeisterung erfüllt sind und leben
unter dem Ansporn der erzieherischen und evangelisierenden Leidenschaft Don Boscos, sind
wir aufgerufen, die Wurzeln unseres Charismas, die Freude und das Vertrauen „der Anfänge“,
auch in der eigenen Provinz, wiederzuentdecken. Wir sind aufgerufen, mit oratorianischem
Gespür aus der Evangelisierung eine Priorität zu machen, um den Jugendlichen auf ihrem
Glaubensweg persönliche Begleitung und Schulen des Gebets anzubieten. Wie sind aufgeru-
fen, die organische Einheit der Jugendpastoral auf Haus- und Provinzebene zu fördern, indem
wir die Dimension der Berufungspastoral miteinbringen und die Salesianische Jugendbewe-
gung aufwerten. Wir sind aufgerufen, die Reflexion über die Inhalte des 23. GK und des
Handbuchs der Jugendpastoral wieder aufzunehmen, um die Identität in unserem Umfeld und
in unseren Vorhaben sicherzustellen. Wir sind aufgerufen, einige Vorschläge mit klarer Aus-
richtung auf den Berufungsweg zu verwirklichen sowie die missionarische Animation in un-
seren pastoralen Konzepten und Vorhaben einzubringen und die Mission „ad gentes“ anzus-
pornen, und zwar sowohl bei den Mitbrüdern wie auch bei den Freiwilligen. Wir sind aufge-
rufen, Modelle von Pfarreien mit klarer salesianischer Ausrichtung zu verwirklichen und all-
mählich zur Schließung von Personalpfarreien überzugehen. Wir sind aufgerufen, offen zu
bleiben für die Aufgabe, neue Werke oder flexible Initiativen ins Leben zu rufen und die Di-
mensionen zu reduzieren. Wir sind aufgerufen, uns mit Mut den neuen Umfeldern der Armut
zuzuwenden: die jugendlichen Risikogruppen, die Obdachlosen und Arbeitslosen, die Immi
granten, die ethnischen Minderheiten, diejenigen, die sich von der Kirche entfernt haben. Wir
sind aufgerufen, das salesianische Charisma im jeweiligen Land mit Hilfe der sozialen Kom-
munikationsmittel zu fördern sowie die Bewahrung der Identität und die Förderung der Beru-
fung des Salesianerbruders zu erneuern.
5.1.2 Schaffen wir Gemeinschaften, die ein „Familienleben“ hervorrufen
Da die Jugendlichen Zeugen brauchen sowie Personen und Gruppen von Menschen, die einen
neuen Lebenssinn verwirklichen, die in der täglichen Normalität aufzeigen, dass sich die Mü-
he lohnt, in der Liebe zu leben, müssen wir uns dessen bewusst sein, dass die Hausgemein-
schaft der erste und wichtigste Ort der ständigen Weiterbildung ist. Deshalb ist es unerläss-
lich, die von den Konstitutionen vorgesehenen familiären Momente aufzuwerten, z.B. den
Hausobernrat, die Mitbrüderversammlung, den Tag der Gemeinschaft, die monatlichen und
vierteljährlichen Einkehrtage, die Gute Nacht, die Konferenzen des Direktors. Wir müssen
unsere besondere Aufmerksamkeit auf die Begleitung der Gemeinschaften durch die Direkto-
ren richten und uns in Übereinstimmung mit dem Provinzkonzept auf einige salesianisch be-
deutsame Werke konzentrieren und verfügbare Mitbrüder in diesen Projekten einsetzen, in-
dem wir starke und erkennbare Gemeinschaften schaffen, die als Antriebskraft der Salesiani-
tät für das ganze Werk agieren. Wir müssen eine verantwortliche Strategie entwickeln, um die
anderen Werke zu schließen oder Laien bzw. offiziellen Institutionen zu überlassen. Wir müs-
sen die Einheitlichkeit der salesianischen Bildung der Laien dort gewährleisten, wo es sie
noch nicht gibt, und die Überzeugung bestärken, dass wir der „Animationskern“ einer weit-
reichenden Bewegung sind, die sich zusammensetzt aus der Salesianischen Familien und allen
Mitarbeitern, die unsere salesianische Sendung teilen.
5.1.3 Erneuern und vertiefen wir unser spirituelles Leben
Da die Erziehung und Evangelisierung der Jugendlichen heute in Europa Salesianer erfordert,
die von einem intensiven Leben im Geiste geprägt sind und den Jugendlichen Gott ansagen
und weitergeben können, ist es notwendig, in das Zentrum des persönlichen und gemein-
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4.4 Page 34

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schaftlichen Lebens Christus, das Leben des Gebets und das sakramentale Leben zu stellen.
Wir müssen das gemeinschaftliche Leben im Hinblick auf die Zentralität dieses grundsätzli-
chen Aspektes organisieren und die Hinweise, die uns die Konstitutionen in diesem Zusam-
menhang geben, nützen, indem wir mit Ausgeglichenheit den Gehorsam, die Keuschheit und
die Armut leben. Wir müssen die Gebetszeiten für die Berufungen in allen Gemeinschaften
festigen und intensivieren. Eine Hilfe für die Region kann aus Benediktbeuern kommen, das
zum Zentrum der Bildung, der salesianischen Spiritualität und zum „Forum“ für den Dialog
zwischen den zwei Lungen des christlichen Europas geworden ist.
5.2 Für die verschiedenen Gebiete der Region
5.2.1 Atlantischer Bereich Deutscher Bereich Sonderbereich Ost
Diese Gruppe der Provinzen steht vor den Herausforderungen, ernsthaft die salesianischen
Berufungen zu fördern, eine größere provinzübergreifende Zusammenarbeit auf dem Gebiet
der Grund- und Weiterbildung, auf dem Gebiet der Jugendpastoral, auf dem Gebiet der sozia-
len Kommunikation und in der Welt der Schule zu betreiben.
5.2.2 Das Gebiet der Provinzenkonferenz in Polen
Diese Gruppe der Provinzen hat die Aufgabe, die „Ratio Fundamentalis“ der Kongregation in
die fortlaufende Ausbildung der Mitbrüder zu integrieren, um das Spezificum der salesiani-
schen Ausbildung zu gewährleisten. Sie müssen die Überlegungen bezüglich einer eventuel-
len Umstrukturierung der Ausbildungshäuser vorantreiben und darin fortfahren, die Animati-
ons- und Leitungsstrukturen der Provinzenkonferenz in Polen zu bestärken. Sie müssen das
nationale Zentrum der Jugendpastoral stärken und in den Hausgemeinschaften die verschie-
denen existierenden Gruppen der Salesianischen Jugendbewegung fördern. Sie müssen die
von Don Vecchi 1999 vorgeschlagene Initiative aufnehmen, „ein provinzübergreifendes kate-
chetisches Zentrum zu gründen sowie ein nationales Verlagszentrum, das auch für erzieheri-
sche und kulturelle Produktionen offen steht. Das wird sie befähigen, mit der Kultur in Dialog
zu treten und in die Welt der Jugend einzugreifen, und zwar mit Anregungen für die Mitbrü-
der und die mit uns verbundenen Laien.“ Sie müssen sicherstellen, dass die Schulen „Orte der
Salesianität“ sind, indem sie ihnen geeignete Hilfsmittel für die Erreichung dieses Ziels an die
Hand geben: Stärkung der bestehenden salesianischen Gemeinschaften in den Schulen als
„Animationskerne des Werkes“, Schaffung von Teams für die Jugendpastoral, Sicherstellung
der Präsenz des Direktors der Gemeinschaft in der Leitung der Schule, Gewährleistung der
animierenden Präsenz der Salesianer unter den Jugendlichen, Offenheit für die Ärmsten und
Bedürftigsten und Begleitung der Katecheten, Entwicklung des „salesianischen Schulzent-
rums“ durch die Ausstattung mit Büros für die Animation und die Leitung.
5.2.3 Sonderbereich Ost
Zum Zweck der Förderung der Entwicklung unserer Präsenzen in verschiedenen Ländern des
Sonderbereichs Ost haben wir in der letzten Plenarsitzung des Generalrats die Vorschläge
studiert und gebilligt, die mit den entsprechenden Begründungen seitens des Provinzials und
seines Rates und schließlich des Provinzkapitels eingereicht worden waren.
34

4.5 Page 35

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So haben wir beschlossen, die Werke und die Mitbrüder Litauens aus dem Sonderbereich Ost
auszugliedern und sie an die Provinz Lombardo-Emiliana anzugliedern.
Wir haben darüber hinaus in der Ukraine in diesem Sonderbereich eine Delegation mit byzan-
tinisch-ukrainischem Ritus errichtet, die aus Mitbrüdern mit östlichem Ritus gebildet wird.
Zum Abschluss
Ich kann die Präsentation dieser Region Europa Nord nicht abschließen, ohne mit großer
Dankbarkeit die salesianische Heiligkeit zu betonen, die sie prägt. Es handelt sich in der Tat
um eine Region, die besonders reich ist an Zeugen, die ihre Hoffnung zum größten Teil in
Zeiten der Verfolgung und des Krieges gerechtfertigt haben, die ihren Glauben und das Cha-
risma Don Bosco mitgeteilt haben und sie mit ihrem Blut haben fruchtbar werden lassen.
Unten den Seligen sind zu nennen: D. Josef Kowalski und die fünf Jugendlichen des Orato-
riums in Poznan (Edward Klinik, Franciszek Kesy, Jarogniew Wojciechowski, Czeslaw
Józwiak, Edward Kazimierski), seliggesprochen in Warschau am 13. Juni 1999; Don August
Czartoiyski, seliggesprochen in Rom am 25. April 2004.
Unter den Verehrenswürdigen befindet sich Rudolf Komorek, gebürtig aus Polen und Missio-
nar in Brasilien, wo er mit 59 Jahren starb.
Unter den Dienern Gottes nennen wir Sr. Laura Meozzi (FMA), die von 1921 bis zu ihrem
Tod 1051 in Polen gearbeitet hat; der Kardinal August Hlond, Gründer der Kongregation
Christ König; Don Ignazio Stuchly aus der Tschechischen Republik; Don Jan Swierc, Don
Ignacy Antoniowicz, Don Ignacy Dobiasz, Don Karol Golda, Don Franzciszek Harazim, Don
Ludwik Mroczek, Don Wlodzimierz Szembek, Don Kazimierz Wojciechowski, alle aus der
Provinz Krakau und Martyrer im Konzentrationslager von Auschwitz (1941-1942); Don
Franciszek Miska (Polen-Pila), Martyrer im Konzentrationslager von Dachau am 30. Mai
1942; Don Alois Mertens (Belgien Nord); Don Jose Vandor (Ungarn), 1936 als Missionar
nach Kuba ausgesandt, wo er bis zu seinem Tode blieb.
Sodann gibt es eine Schar von Martyrern, die verdienen, dass man sich an sie erinnert (auch
wenn für sie der kanonische Prozess nicht eingeleitet wurde): der Kl. Ernest Anzel, der Br.
Joze Brancelj, der Br. Joze Bregar, der Br. Anton Hocevar, der Kl. Franc Hrustelj, der Br.
Janez Jenko, der Kl. Anton Kastelic, der Br. Anton Kovac, der Kl. Janez Krainc, der Br. An-
ton Lavrih, Don Melhior Lilija, der Br. Franc Lindic, der Kl. Stefan Lopert, der Br. Janez Lot-
ric, der Kl. Franc Miklic, der Kl. Joze Pasic, der Kl. Stanko Pungersek, der Br. Alojzij Rakar,
der Br. Marja Rom, der Br. France Stopar, der Kl. Anton Segula, der Kl. Joze Serjak, der Kl.
Bernard Stuhec, der Kl. Dominik Tiselj, der Kl. Mirko Tratnik, der Kl. Stanko Trantnik. All
diese gehören zur Provinz von Slowenien, die im Gefolge der nazistischen Besetzung im
Zweiten Weltkrieg die Kleriker im Praktikum, die Theologen, die Brüder und die jungen sale-
sianischen Priester in den Krieg ziehen lassen musste. Als die Vereinbarung mit Tito ge-
schlossen wurde, wurden die „domobranci“, d.h. all jene, die zu den Anglo-Amerikanern ge-
flüchtet waren, nach Jugoslawien zurückgebracht. Sie wurden fast alle getötet und in die kars-
tigen Gräben von Kocevje oder in die Kohlenbergwerke von Hrastnik und Lasko geworfen
wurden.
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4.6 Page 36

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Ein ähnliches Schicksal erlitten Don Giovanni Mathowics aus Ungarn, getötet in der Nähe
von Yan Fa in China am 19. Mai 1945; Don Jan Dolata aus Polen, getötet von den Sowjets
1945, Don Ludwik Cienciala aus Polen, getötet am 30. Mai 1945; Don Vojtich Basovnik aus
der Tschechischen Republik, gestorben am 12. Dezember 1955; Don Juozapas Gustas aus
Litauen, getötet 1958 in Krasnojarsk (Sibirien).
Andere heroische Gestalten wie der Kardinal Stepán Trochta aus der Tschechischen Republik,
verhaftet von der Gestapo und nach Mauthausen und Dachau deportiert. 1947 wurde er von
Pius XII. zum Bischof von Litomerice (früher Leitmeritz) und vom kommunistischen Regime
in den Jahren 1949-1968 hart verfolgt. 1969 wurde er zum Kardinal „in pectore“ ernannt und
seine Ernennung wurde am 05. März 1973, ein Jahr vor seinem Tod, bekanntgegeben.
Der Diener Gottes Jan Leopold Tyranowski, polnischer Laie, war Animator und Organisator
des religiösen Lebens der Jugendlichen in der Salesianerpfarrei von Krakau-Debniki, vor al-
lem nach der Verhaftung der Salesianer am 23. Mai 1941. Seine Arbeit hatte auch eine beru-
fungsmäßige Bedeutung, weil aus dem Kreis „Lebendiger Rosenkranz“ einige Salesianer her-
vorgegangen sind. Seine Mutter, Apolonia Hrobak, gehörte zur Vereinigung der Salesiani-
schen Mitarbeiter. Man kann ihn als den ersten geistlichen Leiter des Arbeiters von Solvay,
Karol Wojtyla, später Papst Johannes Paul II., betrachten.
Schließlich der selige Don Wladyslaw Badzinski und der selige Don Wojciech Nierychlews-
ki, beide Mitglieder der Kongregation vom hl. Erzengel Michael (Michaeliten), polnische
Martyrer des Zweiten Weltkriegs und seliggesprochen in Warschau am 13. Juni 1999.
All diesen, die an der Auferstehung Christi teilhaben, ihrer Fürsprache vertraue ich diese Re-
gion an, die so reich ist an salesianischer Heiligkeit, und die gesamte Kongregation. Sie mö-
gen uns die Gnade erwirken, glaubhafte, beredte und wirksame Zeugen für die Jugendlichen
in Europa heute zu sein, die, wie der Mazedonier an Paulus, an uns den Ruf richten: „Kommt
herüber nach Mazedonien und helft uns“.
Mit diesem Brief beende ich die Präsentation der drei Regionen des salesianischen Europas.
Ich halte es für angebracht, abschließend die großen Überzeugungen zu erneuern, die ich den
Provinzialen aus Europa bei unserem Treffen vom 01. 05. Dezember vergangenen Jahres
vorgelegt habe:
- Europa ist ein Raum für die Salesianer, weil darin die Jugendlichen, vor allem die am
meisten gefährdeten, das Charisma Don Boscos brauchen.
- Die Jugendlichen sind unsere Daseinsberechtigung, weil sie uns geschenkt wurden als
Berufung und Sendung und weil wir sie ebenso brauchen wie sie uns.
- Die Erziehung ist das kostbarste Geschenk, das wir ihnen für ihre ganzheitliche Ent-
wicklung bis zur Fülle in Gott anbieten können, und unser Beitrag zur Durchdringung
der heutigen europäischen Kultur mit christlichem Geist.
- Unsere Aufgabe ist es, den Jugendlichen Gott anzusagen und zu schenken, so wie er
sich in Christus Jesus, der höchsten Manifestation des Geheimnisses Gottes und des
Menschen, durch die Evangelisierung geoffenbart hat.
- Das Oratorium ist die Heimat des salesianischen Charismas, das mehr als eine Struktur
ist, nämlich eine Art der Beziehung zwischen Erziehern und Jugendlichen.
Wir wissen, dass dies ein langer Weg ist; aber in den Dingen, die bereits verwirklicht werden,
sehen wir hoffnungsvolle Samenkörner, so dass wir uns in den kommenden Jahren neu darum
bemühen können, der salesianischen Präsenz in Europa ein neues Angesicht zu geben.
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4.7 Page 37

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Wir wollen unsere Ängste und Widerstände überwinden, indem wir unsere Leidenschaft für
Gott in der gelebten Leidenschaft für die Jugendlichen erneuern und Don Bosco, sein Herz,
seine Gesinnung, seine Zuversicht und seine apostolische Kreativität lebendig werden lassen.
Maria, die Mutter der Kirche und unseres Glaubens, möge uns dabei führen und zu überzeug-
ten und eifrigen Zeugen machen.
Mit den besten Wünschen
Don Pascual Chávez V.
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