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1.1 Page 1

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NOTE
DIE JUGENDHILFETRÄGERSCHAFT DER SALESIANER
DON BOSCOS IN DEN EINRICHTUNGEN WIEN-UNTER
ST. VEIT (ÖSTERREICH) UND HELENENBERG (DEUTSCHLAND)
VON 1919/1925 BIS 1945.
EIN BEITRAG ZUR GESCHICHTE DER SOZIALEN ARBEIT
Karl Heinz Brunner
Abkürzungsverzeichnis
AEH
APK
APW
BATr
HJ
KJHG
NSV
RJWG
SN
SN(A)
Archiv des Eduardstiftes, Helenenberg
Archiv des Provinzialates, Köln
Archiv des Provinzialates, Wien
Bistumsarchiv Trier
Hitlerjugend
Kinder- und Jugendhilfegesetz - S[ozial] G[esetz] B[uch] VIII
Nationalsozialistische Volkswohlfahrt
Reichsjugendwohlfahrtsgesetz
Mitteilungen aus den deutschen Don-Bosco-Anstalten (1915-1922);
Salesianische Nachrichten (1922-1993).
Salesianische Nachrichten, Österreich (1946-1999)
Einleitung
Die Salesianer Don Boscos sind seit annähernd einem Jahrhundert in
Österreich und Deutschland im Bereich der Jugendhilfe tätig. Dieser Artikel
will eine Darstellung der Entwicklung dieser Ordensgemeinschaft als freier
Träger der Jugendhilfe anhand der beiden salesianischen Einrichtungen in
Wien-Unter St. Veit (Österreich) und in Helenenberg (Deutschland) in der
Zeit von 1919/1925 bis unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg vornehmen.
Einer ersten Einordnung soll die Bestimmung des Blickwinkels auf den Un-
tersuchungsgegenstand dienen, indem neben grundsätzlichen Informationen
zur Entstehung dieses Artikels die Begriffe »Jugendhilfe« und »Träger« näher
erläutert werden. Die Darstellung der Gründungsphase ermöglicht einen kon-
kreten Einblick in die beiden Niederlassungen Wien-Unter St. Veit und
Helenenberg. Die Umstände der salesianischen Gründungen und die Klärung
der Trägerschaft sollen dabei ebenso dargestellt werden wie die weiteren Ent-
wicklungen und die erzieherische Tätigkeit der Salesianer. Das zweite Kapitel

1.2 Page 2

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138 Karl Heinz Brunner
stellt die Auswirkungen des Nationalsozialismus und des Krieges auf die sa-
lesianischen Niederlassungen in den Mittelpunkt und will am Ende noch
einen knappen Ausblick auf die Zeit des (Wieder-)Aufbaus der salesianischen
Tätigkeit eröffnen.
Einordnung
Grundsätzliches
Wie bereits im Untertitel angedeutet, handelt es sich bei diesem Artikel
nicht um eine umfassende historische Darstellung der Tätigkeit der Salesianer
Don Boscos in Wien-Unter St. Veit und Helenenberg, sondern um eine Unter-
suchung aus dem Blickwinkel der Geschichte der Sozialen Arbeit. Den Erläu-
terungen liegt eine Diplomarbeit zugrunde, die im Rahmen des Studiums
der Sozialen Arbeit an der Katholischen Stiftungsfachhochschule München,
Abteilung Benediktbeuern, zu erstellen war. Aus dieser konkreten Situation
ergibt sich eine Reihe von Konsequenzen, die zum allgemeinen Verständnis
den Ausführungen voranzustellen sind: Die Erstellung einer Diplomarbeit
erfordert naturgemäß die Behandlung eines spezifischen Fachthemas, was die
Einschränkung auf den Aspekt der Jugendhilfeträgerschaft nach sich zieht.
Der Artikel setzt sich nicht das Ziel, die Entwicklung etwa der Begriffe
»Jugendhilfe« oder »Trägerschaft« im historischen Kontext aufzuzeigen.
Vielmehr liegt ihm das heutige Verständnis dieser Begriffe, ausschließlich
orientiert an der aktuellen Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland, zu-
grunde. Eine vertiefte Darstellung bzw. Berücksichtigung der historischen
Entwicklung in Hinblick auf die Rechtslage etc. beider Länder wäre sehr
wohl wünschenswert, ist unter diesen Rahmenbedingungen jedoch nicht
leistbar. In Bezug auf die Quellen ist die Auswahl auf das Archiv der salesia-
nischen Einrichtung in Helenenberg, auf das Archiv des Provinzialates in
Köln und jenes des Provinzialates in Wien sowie auf das Bistumsarchiv in
Trier zu begrenzen. Natürlich sind auch die für die deutschsprachigen SDB
vorhandenen Chroniken1 in die Bewertung und Darstellung mit einzube-
1 Hierzu zählen: Franz Schneiderbauer, Die Salesianer Don Boscos auf österreichischem
Reichsgebiet 1887-1938 und in Deutschland bis zur Teilung der Provinz in eine österreichische
und eine deutsche Provinz 1916-1935, [Wien] o. J., ein Exemplar etwa in APW; Georg Söll,
Die Salesianer Don Boscos (SDB) im deutschen Sprachraum 1888-1988. Rückblick zum 100.
Todestag des heiligen Johannes Bosco (31. Januar 1888), des Gründers der „Gesellschaft des
heiligen Franz von Sales“, München 1989; ASC E 962 Cronaca dell’Ispettoria Austriaca
[1905-1938]; Pietro Tirone, La Congregazione Salesiana nel nord-est di Europa. Ispettoria
Germanica, Torino 1954.

1.3 Page 3

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 139
ziehen. Während die zugrundeliegende Diplomarbeit jeweils eine spezifische
sozialhistorische Einführung in die Situation in Österreich und Deutschland
gibt, wird in Hinblick auf die gebotene Kürze im Rahmen dieser Publikation
darauf verzichtet und diesbezüglich auf eben diese Arbeit2 verwiesen.
Um dem Leser das nötige »Werkzeug« zum Verständnis mitzugeben,
sollen nun die beiden Begriffe »Jugendhilfe« und »Träger« erläutert werden.
Jugendhilfe
Im § 1 SGB VIII (KJHG) heißt es zu den Grundverpflichtungen der
Jugendhilfe:
„(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwick-
lung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemein-
schaftsfähigen Persönlichkeit. [...] (3) Jugendhilfe soll zur Verwirkli-
chung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere
1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung för-
dern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzu-
bauen,
2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten
und unterstützen,
3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen,
4. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und
ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu
erhalten oder zu schaffen.“
Der Inhalt dieses Paragraphen macht deutlich, wie weit gefasst und viel-
schichtig die Jugendhilfe verstanden werden muss. Der § 2 SGB VIII (KJHG)
stellt die Jugendhilfe als Oberbegriff über sämtliche Leistungen dieses Ge-
setzes, aber auch über die anderen Aufgaben, die in den §§ 42 bis 60 geregelt
sind.3 Zu den Leistungen der Jugendhilfe zählen nach den §§ 11 bis 41 Ange-
bote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, des erzieherischen Kinder- und
Jugendschutzes, Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie, zur
Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege, die Hilfe
zur Erziehung und Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche
2 Karl Heinz Brunner, Die Entwicklung der Salesianer Don Boscos als Träger der Ju-
gendhilfe in Österreich und Deutschland. Dargestellt an den Einrichtungen Helenenberg und
Wien-Unter St. Veit, unveröff. Diplomarbeit, Benediktbeuern 2002, je ein Exemplar etwa im
APW, APK, Institut für salesianische Spiritualität in Benediktbeuern.
3 Vgl. Günter Happe, Dieter Sengling, Jugendhilfe, in: Deutscher Verein für öffentliche
und private Fürsorge (Hrsg.), Fachlexikon der sozialen Arbeit, 4. vollst. überarb. Aufl., Stutt-
gart – Berlin – Köln 1997, S. 518-521, hier S. 518.

1.4 Page 4

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140 Karl Heinz Brunner
sowie die Hilfe für junge Volljährige.4 Zu den anderen Aufgaben der Jugend-
hilfe zählen unter anderem die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen,
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz und die Ertei-
lung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis.5
Träger
Einem sozialleistungsberechtigten Bürger werden Sach- und Dienstleis-
tungen vom Sozialleistungsträger6 gewährt, jedoch häufig nicht eigen-
händig, sondern durch soziale Dienste und Einrichtungen erbracht. Träger
solcher Einrichtungen sind hauptsächlich Privatrechtssubjekte wie freie
Wohlfahrtsträger, gewerbliche Träger und juristische Personen des öffentli-
chen Rechts. Die Rechtsformen reichen dabei von eingetragenen Vereinen,
gemeinnützigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung bis hin zu Kirchen-
gemeinden und Stiftungen als Körperschaften des öffentlichen Rechts.7 Bei
Dienstleistungen im Rahmen der Jugendhilfe werden die Träger der Einrich-
tungen Jugendhilfeträger genannt. Dabei ist zwischen öffentlichen und freien
Trägern zu unterscheiden. Öffentliche Träger sind behördliche Jugendhilfe-
träger, die nach dem SGB VIII (KJHG) Leistungen und andere Aufgaben der
Jugendhilfe auf örtlicher und überörtlicher Ebene8 durch speziell dafür errich-
tete Ämter erbringen müssen.9 Freie Träger der Jugendhilfe sind ausnahmslos
freie gemeinnützige Träger, die Jugendhilfeaufgaben freiwillig und selb-
ständig wahrnehmen. Freiwilligkeit bedeutet hier jedoch nicht Willkür. Die
freien Jugendhilfeträger übernehmen Verantwortung für Art, Umfang und
Dauer der Aufgabenerfüllung sowie im Sinne des § 4 Abs. 1 SGB VIII
(KJHG) für die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Trägern der
Jugendhilfe.10 Die SDB sind als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit je
einem Sitz in München – für die Süddeutsche und für die Norddeutsche Pro-
vinz – und in Wien – für die Österreichische Provinz – im beschriebenen
Sinne freie Träger der Jugendhilfe.
4 Vgl. § 2 Abs. 2 SGB VIII (KJHG), in: Familienrecht, München 21997.
5 Vgl. § 2 Abs. 3 SGB VIII (KJHG) ...
6 Mit dem Begriff Sozialleistungsträger ist die Sozialverwaltung gemeint, die die Auf-
gabe hat, für die Existenzsicherung der Mitglieder des Gemeinwesens als einzelne zu sorgen.
Vgl. Bernd von Maydell, Sozialleistungsträger, in: Deutscher Verein für öffentliche und pri-
vate Fürsorge (Hrsg.), Fachlexikon ..., S. 882.
7 Vgl. Volker Neumann, Leistungserbringer der sozialen Arbeit, in: Deutscher Verein
für öffentliche und private Fürsorge (Hrsg.), Fachlexikon ..., S. 613f.
8 Vgl. § 69 ff. SGB VIII (KJHG)...
9 Vgl. Hartmut Schulz, Jugendhilfeträger, in: Deutscher Verein für öffentliche und pri-
vate Fürsorge (Hrsg.), Fachlexikon ..., S. 523.
10 Vgl. ibid.

1.5 Page 5

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 141
1. Die Gründungsphase – 1919 bis 1933 bzw. 1938
Nach der staatlichen Anerkennung der Salesianer Don Boscos durch
Kaiser Franz Joseph I. (1912)11 und der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis
durch das Bayerische Kultusministerium (1916)12 kommt es zu einer Expan-
sion des salesianischen Werkes in Österreich und Deutschland. In diesem
Kontext ist auch die Situation der beiden zu beschreibenden Niederlassungen
zu betrachten. Die in der Überschrift bereits angedeutete unterschiedliche
Festsetzung der Gründungsphase ist darauf zurückzuführen, dass in Öster-
reich die Nationalsozialisten im Gegensatz zu Deutschland erst ab 1938 an
die Macht kommen.
1.1 Wien-Unter St. Veit
1.1.1 Umstände der Gründung in Wien-Unter St. Veit
Bei der Untersuchung der diesem Artikel zugrunde liegenden Quellen
stößt man unwillkürlich auf eine Reihe von Widersprüchlichkeiten, die hier
kurz aufgezeigt werden sollen. In der Folge soll der Weg einer Rekonstruk-
tion mit höheren Wahrscheinlichkeiten beschritten werden.
Widersprüchlichkeiten
Vorerst ist darauf hinzuweisen, dass der Gründung in Unter St. Veit eine
in der Gentzgasse 27, im 18. Wiener Gemeindebezirk, vorausgeht. In der
»Cronistoria della casa di Vienna XIII (Chronik des Hauses Wien XIII)« wird
in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Caritasverband der
Diözese Wien 1917 dieses Haus eröffnet und 1919 die SDB mit dessen Lei-
tung beauftragt. Aufgrund der geringen Größe des Hauses im 18. Bezirk wird
den Salesianern ein Haus in der St. Veit Gasse 25 im 13. Bezirk angeboten,
wohin diese sich dann auch mit den Jugendlichen und dem gesamten Personal
begeben.13 Demgegenüber steht eine Reihe von Quellen bzw. Publikationen,
die ziemlich einheitlich eine andere Entwicklung aufzeigt. Unterschiede gibt
es hier auch in der Angabe des Umzugszeitpunktes. Hier reichen die Angaben
11 Die für die Salesianer wichtige staatliche Approbation für Österreich-Ungarn erfolgt
1912 durch Kaiser Franz Josef I. nach einem langjährigen Verfahren. Zur Genese siehe:
Stanisław Zimniak, Salesiani nella Mitteleuropa. Preistoria e storia della provincia Austro-
Ungarica della Società di S. Francesco di Sales (1868 ca.-1919) [= ISS – Studi: 10], Roma
1997, S. 179-182 sowie die Kopien der entsprechenden Akten im APW.
12 Vgl. S. Zimniak, Salesiani nella Mitteleuropa …, S. 209.
13 Vgl. Cronistoria della casa di Vienna XIII, in: APW Aktenordner: Wien XIII. Von
1918-95, 12 S., hier S. 1.

1.6 Page 6

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142 Karl Heinz Brunner
von 191914, 192015 über 192116 bis hin zu 192217. Die folgende Darstellung
entspricht dem gemeinsamen Tenor.
Das Knabenschutzheim, Gentzgasse 27
Die SDB werden im Falle des Knabenschutzheimes in der Gentzgasse
zur Übernahme der Leitung einer bereits bestehenden Einrichtung einge-
laden.18 Ernst Marschall und Raimund Fürlinger gründen schon 1918 auf-
grund der prekären Jugendsituation im Nachkriegs-Wien den »Schutzverein
für gefährdete männliche Jugend«.19
Im Statut des Schutzvereines wird zum Wesen und Zweck des Schutz-
heimes Folgendes festgestellt:
„Das Schutzheim wird erhalten vom Schutzverein für gefährdete männ-
liche Jugend in Wien. Es ist ein Bewahrungsheim und zugleich Beob-
achtungsstelle, mit dem Zwecke, gesunde Jünglinge vom vollendeten 14.
– 18. Jahre, die von Verwahrlosung bedroht oder ergriffen erscheinen,
vorübergehend in Obhut und Pflege zu nehmen, sie zur Ordnung und zur
Arbeit anzuhalten, sittlich-religiös zu erziehen, ihre körperliche und see-
lische Verfassung zu beobachten und sie geordneten Verhältnissen und
einem geeigneten Berufe zuzuführen.“20
Wie aus dem Zitat deutlich wird, ist der Schutzverein Träger des Schutz-
heimes. Erster pädagogischer Leiter dieser Einrichtung ist ab der Eröffnung
am 18. März 1918 P. Lambert Flint (1891-1950), ein Steyler Missionar aus
St. Gabriel, der allerdings bald von seinen Ordensoberen für die Mission ab-
berufen wird. Daraufhin wird die pädagogische Leitung im Mai 1919 den
SDB angeboten.21 Diese Einladung wird trotz der konfliktreichen Erfahrung
im Hinblick auf eine Tätigkeit unter anderer Trägerschaft in der ersten Wiener
Niederlassung angenommen22 und P. Valentin Kehrein (1881-1952)23 über-
14 Vgl. Unter St. Veit. 125 Jahre Kirchengründung. 25 Jahre Pfarre, [Wien] o. J., S. 37.
15 Vgl. Wien XIII, in: SN 26 (1920), Nr. 14, S. 10.
16 Vgl. ASC E 962 Cronaca dell’Ispettoria Austriaca [1905-1938], S. 35; G. Söll, Die
Salesianer Don Boscos …, S. 129.
17 Vgl. F. Schneiderbauer, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 72.
18 Vgl. ASC E 962 Cronaca dell’Ispettoria Austriaca [1905-1938], S. 34.
19 Vgl. Unter St. Veit ..., S. 37; Tätigkeitsbericht des Schutzvereines für gefährdete
männliche Jugend, betreffend das Jahr 1918, in: APW Aktenordner: Wien XIII ..., 8 S.
20 Statut des Schutzheimes für männliche Jugend, Wien, XVIII., Gentzgasse 27, in: APW,
Aktenordner: Wien XIII ..., 8 S., hier S. 1.
21 Vgl. Salesianerniederlassung Wien 13, Unter-St. Veit. Neubau für neue Aufgaben, in:
SN(A) 29 (1985), Nr. 1, S. 6-9, hier S. 6.
22 Vgl. Stanisław Zimniak, I salesiani e il «zurück zum praktischen Christentum» dei
cristiani di Vienna (1903-1921), in: Francesco Motto (Hrsg.), L’Opera Salesiana dal 1880 al

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 143
nimmt die Leitung dieser Einrichtung mit 40 Zöglingen. Mit dieser Aufgabe
ist auch die Leitung des Heimes in der Kaiserstr. 42, im siebten Wiener Ge-
meindebezirk, wo anfänglich 20, später 60 Jugendliche an Meisterbetriebe
vermittelt werden sollen, verbunden. Gerade diese Doppelbelastung mit der
relativ großen Entfernung zwischen den beiden Einrichtungen stellt für den
Direktor eine derartige Herausforderung dar, dass die Leitung an den Lazaris-
ten Theodor Kraus übergeben wird und die Salesianer mit einigen Jugendli-
chen in ein anderes Haus in Wien-Unter St. Veit umziehen, das ihnen eben-
falls angeboten wird.24
Das Knabenschutzheim, Unter St. Veit
Bezüglich der Eigentumsverhältnisse des neuen Hauses in der St. Veit-
Gasse gibt es in den Quellen bzw. der Literatur unterschiedliche Angaben.
Während Söll vom »Schutzverein für gefährdete männliche Jugend« als Ei-
gentümer ausgeht25, weisen Schneiderbauer und die »Cronaca dell’Ispettoria
Austriaca (Chronik der österreichischen Provinz)« den »Schutzverein für
arme Kinder« als Eigentümer aus26. Tatsächlich handelt es sich beim Ei-
gentümer um den »Wiener Schutzverein zur Rettung verwahrloster Kinder in
Wien«.27 Aufgrund der Geldentwertung kann dieser Verein das Haus nicht
mehr weiterführen und bietet es der Caritas an, die wiederum die Salesianer
um die Übernahme bittet.28 Eine Quittung vom 29. Mai 1920 weist einen An-
kauf des Grundes, der zur Liegenschaft in der St. Veit-Gasse 25 gehört, aus,
1922. Significatività e portata sociale. Vol. II: Esperienze particolari in Europa, Africa, Asia.
Atti del 3° Convegno Internazionale di Storia dell’Opera Salesiana, Roma, 31 ottobre – 5 no-
vembre 2000 [= ISS - Studi: 17], Roma 2001, S. 257-283, hier S. 264-267; S. Zimniak, Sale-
siani nella Mitteleuropa …, S. 122f.; G. Söll, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 50; F. Schnei-
derbauer, Die Salesianer Don Boscos …, S. 28.
23 Valentin Kehrein wird am 10. September 1881 in Langenlonsheim (Nahe) geboren.
Seine erste Profess als Salesianer Don Boscos legt er am 29. September 1911 in Lombriasco
(Italien) ab. Die Priesterweihe empfängt er am 7. Juli 1918 in Mainz. Von 1914 bis 1915 nimmt
er in Turin die Aufgabe des Redakteurs des »Bolletino Salesiano (Salesianische Nachrichten)«
wahr. Im Jahr 1918 wird er nach Wien versetzt, wo er im dritten Wiener Gemeindebezirk als
Sekretär tätig ist. Von 1919 bis 1925 ist er zuerst Direktor im 18. Wiener Gemeindebezirk und
nach dem Umzug auch in Unter St. Veit, wohin er 1927 für weitere sechs Jahre als Direktor
zurückkehrt. Von 1934 an ist er Präfekt in Graz-Don Bosco, wo er bis zu seinem Tod am 12.
März 1952 bleibt. Vgl. APW Stammblatt Valentin Maria Kehrein, 2 S.
24 Vgl. F. Schneiderbauer, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 61.
25 Vgl. G. Söll, Die Salesianer Don Boscos …, S. 127.
26 Vgl. F. Schneiderbauer, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 72; ASC E 962 Cronaca
dell’Ispettoria Austriaca [1905-1938], S. 42.
27 Vgl. Kaufvertrag zwischen dem »Wiener Schutzverein zur Rettung verwahrloster
Kinder in Wien« und der »Firma Sozialer Jugendschutz GmbH« vom 5. August 1922 in Wien,
in: APW Aktenordner: Wien XIII ...
28 Vgl. F. Schneiderbauer, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 72.

1.8 Page 8

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144 Karl Heinz Brunner
der durch die Salesianer getätigt und vom »Österreichischen Karitasverband
für Wohlfahrtspflege und Fürsorge« bestätigt wird.29 Auch die SN verweisen
im Oktober 1920 auf die erfolgte Übersiedlung aus der Gentzgasse in die
St. Veit-Gasse 25.30 Aufgrund dieser Quellenlage scheint die Angabe 1920 für
den Umzug die richtige zu sein. Am 2. Mai 1921 kaufen die Salesianer vier
Parzellen von der Wiener Bau-Gesellschaft und dem Wienerbankverein,
denen je die Hälfte gehört.31 Am 5. August 1922 erwerben sie schließlich das
Haus in der St. Veit-Gasse 25 vom »Wiener Schutzverein zur Rettung ver-
wahrloster Kinder in Wien«.32 In beiden Fällen fungiert als Käuferin die
Firma »Sozialer Jugendschutz, Gesellschaft m. b. H.«, und damit jene von
den SDB geschaffene Trägerstruktur, die am 31. März 1920 in Bayern in
das Handelsregister eingetragen wurde.33 Die Salesianer übernehmen also
mit 5. August 1922 die Trägerschaft dieser Einrichtung.
Tätigkeit, Pädagogik und Außenwirkung
Allgemein kann sowohl für die Zeit in der Gentzgasse, als auch für die
Übergangszeit und dann für den Beginn der eigenen Trägerschaft keine
genaue Darstellung der Tätigkeit, Pädagogik und Außenwirkung erfolgen,
da die Quellenlage das nicht erlaubt. Im Folgenden werden einige Aspekte
aufgegriffen und dargestellt um einen Eindruck vermitteln zu können. Im
Schutzheim in der Gentzgasse sollen die Jugendlichen auf ihre intellektu-
ellen, moralischen und sozialen Fähigkeiten hin geprüft werden. Aufgrund
der Testergebnisse kommt es zu einer Entscheidung über die weiteren Sta-
tionen der Jugendlichen, auf die sie auch vorbereitet werden. Jene Zöglinge,
die für handwerkliche Berufe geeignet scheinen, werden von der Gentzgasse
aus über das Heim im siebten Wiener Gemeindebezirk in der Kaiserstr. 42 an
Lehrwerkstätten weitervermittelt. Eine kontinuierliche pädagogische Arbeit
wird dadurch erschwert, dass durch den Übergangscharakter der Einrichtung
im Jahr bis an die 250 Jugendliche betreut werden und die Einrichtung durch-
laufen.34 Eingewiesen werden die Jugendlichen von der Polizei, von Ge-
richten und von Fürsorgestellen.35 Nach dem Umzug in die St. Veit-Gasse
29 Vgl. Quittung vom 29. Mai 1920, in: APW Aktenordner: Wien XIII ...
30 Vgl. Wien XIII ..., S. 10.
31 Vgl. Kaufvertrag zwischen den Verkäufern »Wiener Bau-Gesellschaft« und »Wiener
Bank-Verein AG« und dem Käufer »Sozialer Jugendschutz GmbH« vom 2. Mai 1921 in Wien,
in: APW Aktenordner: Wien XIII ...
32 Vgl. Kaufvertrag zwischen dem »Wiener Schutzverein zur Rettung verwahrloster
Kinder in Wien« und der »Firma Sozialer Jugendschutz GmbH« vom 5. August 1922 in Wien,
in: APW Aktenordner: Wien XIII ...
33 Vgl. G. Söll, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 99.
34 Vgl. ibid., S. 92; F. Schneiderbauer, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 61.
35 Vgl. Unsere Arbeit, in: APW Aktenordner: Wien XIII ..., 8 S., hier S. 3.

1.9 Page 9

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 145
wird der Name Schutzheim beibehalten.36 Es ist anzunehmen, dass die Tätig-
keit sich auch nach dem Umzug in ähnlicher Weise vollziehen dürfte. Hin-
weise gibt es darauf, dass an die 50 Jugendliche mit nach Unter St. Veit ge-
kommen sind. Schwerpunkte der Pädagogik liegen auf dem kontinuierlichen
Aufbau von Disziplin und auf katholischer Sozialisation. Die Zöglinge ver-
richten handwerkliche Arbeiten, deren Ergebnisse auch in der Stadt verkauft
werden. Finanziell kommt die Gemeinde Wien für die Unterbringung der Ju-
gendlichen auf.37 Die Hausordnung des Schutzheims in der Gentzgasse 27
vom 27. März 1919, also kurz vor der Übernahme durch die Salesianer, weist
gewissermaßen einen repressiven Charakter auf. Den Anordnungen der Vor-
gesetzten ist Folge zu leisten, die Schützlinge sollen einander im Falle eines
Vergehens gegenseitig anzeigen, der längere Aufenthalt auf Stiegen etc. wird
als unstatthaft bezeichnet und als Strafen drohen der Verweis unter vier
Augen oder vor Kameraden, der Ausschluss von Vergnügen und Annehmlich-
keiten, die Entziehung von Speisen und die sogenannte Verschließung, die
auch in Dunkelheit durchgeführt werden kann.38 Ein Jahr später erscheint
am 14. Mai 1920 ein Artikel in der Arbeiter-Zeitung, der auf die Einführung
des Präventivsystems im Schutzheim hinweist. So heißt es dort: „Direktor
Kehrein hält seine Schützlinge mit Banden, die fester sind als die dickste
Kette: er schenkt ihnen Vertrauen.“39 Bei allem Pathos, der dieser Aussage in-
newohnt, kann festgestellt werden, dass die »neue Methode« im Schutzheim
die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erregt. Die Salesianer erhalten Aner-
kennung für diese Form des Umgangs mit den Jugendlichen. Es erscheinen
ein weiterer Artikel und zwei Zusatzinformationen in der Reichspost, die
ihrer Arbeit im Sinne des Präventivsystems Anerkennung aussprechen.40
Dr. Erwin Lazar, Dozent an der Universitäts-Kinderklinik, unterstreicht auch
die gute Kooperation mit den Salesianern und hebt ihre Verdienste in der Ent-
stehung der Methode der Berufsberatung hervor, die im Heim ihren Ursprung
haben dürfte.41 Direktor Kehrein wird auch – so berichtet die Zeitschrift für
Kinderschutz und Jugendfürsorge im Januar 1920 – in eine Abordnung zur
36 Vgl. etwa Wien XIII ..., S. 10.
37 Vgl. Cronistoria della casa di Vienna XIII, in: APW Aktenordner: Wien XIII …, 12 S.,
hier S. 1.
38 Vgl. Hausordnung des Schutzheims für männliche Jugend, Wien XVIII., Gentzgasse
27, vom 27. März 1919, in: APW Aktenordner: Wien XIII ..., 4 S.
39 Das Knabenschutzheim, in: Arbeiter-Zeitung vom 14. Mai 1920, S. 5 u. 6, hier S. 5.
Ein Exemplar in: APW Aktenordner: Wien XIII ..., nur S. 5 u. 6.
40 Vgl. Besuch im Kinderschutzheim, in: Reichspost vom 8. Januar 1921; Richtigstel-
lung, in: Reichspost vom 9. Januar 1921; Schutzheim für gefährdete männliche Jugend, in:
Reichspost vom 19 u.h. Januar 1921. Alle drei in: APW Aktenordner: Wien XIII ...
41 Vgl. Kurzes Urteil des Dozenten Dr. Erwin Lazar von der Universitäts-Kinderklinik
über unsere Fürsorge, in: APW Aktenordner: Wien XIII ...

1.10 Page 10

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146 Karl Heinz Brunner
Errichtung von Lehrwerkstätten für gefährdete und verwahrloste Jugendliche
berufen, was auf eine entsprechende Außenwirkung der salesianischen Tätig-
keit schließen lässt.42
1.1.2 Weitere Entwicklungen
Intermezzo
Trotz des guten Rufes und der Anerkennung, die P. Valentin Kehrein zu-
teil wird, kommt es wohl aus politischen Gründen zu Belegungsproblemen.
Die nunmehr sozialistische Stadtregierung ist spätestens seit der Ablösung
Kehreins durch P. Hermann Holzing (1871-1944)43 als Direktor in Wien-
Unter St. Veit nicht mehr dazu bereit, Jugendliche in das Heim zu über-
weisen. Auch einige der im Heim befindlichen Zöglinge werden aus der Ein-
richtung verlegt, was die finanzielle Situation der Niederlassung massiv be-
einträchtigt.44 Aufgrund dieser gravierenden Situation muss über den weiteren
Zweck des Hauses nachgedacht werden. Der Provinzialrat zieht dabei zwei
Überlegungen in Betracht: Entweder könnte ein Studentat für den eigenen
Priesternachwuchs eingerichtet werden oder ein Aspirantat für angehende
Laienbrüder. Die letztere Variante wird realisiert, wozu auch einige Adap-
tionen des Gebäudes vorgenommen werden.45 Im Jahre 1925 wird auch ein
Gewerbeschein für die Zier- und Gemüsegärtnerei beantragt und erworben.46
Am 18. Oktober 1925 kauft die »Sozialer Jugendschutz GmbH« eine weitere
Parzelle mit 1978 m2 Grund zu.47 Wie viele Jugendliche noch im Schutzheim
bleiben und wie die Gestaltung der Unterbringung der Aspiranten erfolgt, da-
rüber lassen die diesem Artikel zugrundeliegenden Quellen keine Aussagen
zu. Als auch die Zahl der Aspiranten nachlässt, wird wiederum ein neuer
42 Vgl. Die Errichtung von Lehrwerkstätten für gefährdete und verwahrloste Jugend-
liche, in: Zeitschrift für Kinderschutz und Jugendfürsorge 12 (1920), S. 15f. Ein Exemplar in:
APW Aktenordner: Wien XIII ..., nur S. 15 u. 16.
43 Hermann Holzing ist am 18. August 1871 in Oberlahnstein (Hessen-Nassau) geboren.
Seine Ewigen Gelübde legt er am 21. September 1906 in Turin-Valsalice ab. Er empfängt die
Priesterweihe am 18. September 1909 in Foglizzo (Italien). In Wien-Unter St. Veit ist er Di-
rektor von 1925 bis 1927. Er stirbt am 23. Oktober 1944 in Ensdorf. Vgl. APW Totenbildchen
von Hermann Holzing.
44 Vgl. G. Söll, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 129; F. Schneiderbauer, Die Salesianer
Don Boscos ..., S. 72.
45 Vgl. ASC E 962 Cronaca dell’Ispettoria Austriaca [1905-1938], S. 49.
46 Vgl. Salesianerniederlassung Wien 13 ..., S. 8.; G. Söll, Die Salesianer Don Boscos
..., S. 129.
47 Vgl. Übereinkommen zwischen der Unternehmung »Österreichische Bundesbahnen«
und Herrn Johann Kohlendorfer sowie Frau Theresia Gober einerseits und den beiden letz-
teren und Herrn Franz Gabler und der »Sozialer Jugendschutz GmbH« andererseits, vom
18. Oktober 1925 in Wien, in: APW Aktenordner: Wien XIII ..., 7 S., hier S. 1,3,7.

2 Pages 11-20

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2.1 Page 11

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 147
Zweck für die Niederlassung gesucht. Die Entscheidung fällt diesmal auf die
Gründung einer Gartenbauschule.48 Noch zuvor erwerben die Salesianer vom
Ehepaar Miksch eine Haushälfte und Grund und erweitern so ihr Eigentum in
Unter St. Veit.49
Die Gartenbauschule
Ab 1933 ist P. August Maier (1883-1967)50 der neue Direktor in Wien-
Unter St. Veit. Er ist es auch, der die Idee einer Gartenbauschule führend um-
zusetzen hat.
Im Bescheid vom 12. Dezember 1934 des Wiener Magistrates heißt es:
„Der Magistrat nimmt gemäss §19(§10) des Gesetzes vom 27.VI.1850,
RGBl. Nr. 309, die Anzeige der Kongregation der Salesianer Don
Boscos von der Eröffnung und Führung einer Gartenbaufachschule
([„]Gartenbaufachschule der Salesianer Don Boscos“) im Standorte
XIII., St. Veitgasse 25 nach dem vorgelegten Lehrplan unter der verant-
wortlichen Leitung des Hochw. Herrn P. August Maier zur Kenntnis.“51
Der benannte Lehrplan umfasst die Gegenstände Religion, Rechnen,
Schriftverkehr, Bürgerkunde, Buchführung, Botanik, Pflanzenkultur, Obst- und
Weinbau, Gemüsebau, Gartengestaltung, Gehölz- und Staudenkunde, Boden-
und Düngerlehre, Pflanzenschutz, Zeichnen, Naturlehre, Betriebslehre und
gärtnerische Praxis. Auf eine Verbindung zwischen Theorie und Praxis wird
durch die eigene Gärtnerei besonderer Wert gelegt.52 Auf Anfrage hin teilt am
13. Dezember 1935 der Wiener Magistrat mit, dass der Gartenbauschule auf-
grund des Konkordates das Recht einer öffentlichen Lehranstalt zukommt.53
Aus dem diesem Artikel eigenen Fokus der Jugendhilfe ist hierbei vor allem
48 Vgl. Cronistoria della casa di Vienna XIII …, S. 2.
49 Vgl. Kaufvertrag zwischen den Verkäufern Ernst Miksch und Adele Miksch und der
Käuferin »Soziale Jugendschutz GmbH«, vom 27. August 1930 in Wien, in: APW Aktenordner:
Wien XIII ..., 2 S.
50 August Maier wird am 6. Juni 1883 in Wallbach über Säckingen (Baden) geboren. Er
legt am 29. September 1905 in Lombriasco (Italien) seine ersten Gelübde ab und empfängt am
20. Juli 1913 in Foglizzo (Italien) die Priesterweihe. Von 1913 bis 1915 wirkt er in Görz als
Generalassistent bis er 1915 nach Wien versetzt wird. Bis 1933 wirkt er im dritten Wiener
Gemeindebezirk als Präfekt und wird anschließend für vierzehn Jahre Direktor in Wien-Unter
St. Veit. Es folgt von 1947 bis 1954 wiederum eine Tätigkeit als Präfekt in Wien, bis er 1954
nach Unter St. Veit zurückkehrt, wo er bis zu seinem Tod am 3. April 1967 als Beichtvater
tätig ist. Vgl. APW Stammblatt August Maier, 2 S.
51 Wiener Magistrat im staatlichen Wirkungsbereiche an die Kongregation der Salesianer
Don Boscos, Wien, 12. Dezember 1934, in: APW Aktenordner: Wien XIII ..., 2 S., hier S. 1.
52 Vgl. Gartenbaufachschule der Salesianer Don Boscos [= ein Prospekt der Anstalt],
in: APW Aktenordner: Wien XIII ..., 12 S., hier S. 3.
53 Wiener Magistrat, Abt. 2, an die Gartenfachschule der Salesianer Don Boscos, Wien,
13. Dezember 1935, in: APW Aktenordner: Wien XIII ..., 1 S. Ein Kurzbericht dazu: Wien XIII.,
Schutzheim, in: SN 41 (1935), S. 12.

2.2 Page 12

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148 Karl Heinz Brunner
die Unterbringung der Schüler darzustellen. Alle Schüler der Gartenbauschule
sind »intern«, d. h. sie sind über Tag und Nacht untergebracht. Das beinhaltet
die Unterbringung in dafür vorgesehenen Schlafräumlichkeiten, die Verpfle-
gung, ihre Erziehung und auch die Freizeitgestaltung. Neben den Unterrichts-
und Praxiszeiten wird Wert auf Ruhepausen gelegt. Die Schüler treiben Sport,
machen kleine Spaziergänge und gestalten Veranstaltungen mit Aufführungen.
Für die sportliche Ertüchtigung gibt es die Möglichkeit zum Fußballspielen
und ein Schwimmbad, das im Winter auch zum Eislaufen genützt wird. Die
Mahlzeiten werden gemeinsam in einem Speisesaal eingenommen. Auf die ka-
tholische Sozialisation wird besonderes Augenmerk gelegt.54 Ausdruck dessen
sind unter anderem die jährlich stattfindenden Exerzitien und die monatlichen
Einkehrtage.55 Wie es der salesianischen Tradition entspricht, wird großer Wert
auf die Feier von Festen gelegt. Besonders werden dabei das Maria-Hilf-Fest,
das Don-Bosco-Fest56, das Fest des hl. Franz von Sales, Weihnachten, Ostern,
Pfingsten, und der Namenstag des Direktors begangen.57 Die Feste bieten auch
Gelegenheit zur Aufführung von kleinen Theaterstücken durch die Zöglinge.58
Ein besonderes Fest wird zum Abschluss der ersten Schulabgänger am 4. Juli
1937 gestaltet. An diesem Fest nimmt eine Reihe von Persönlichkeiten des
öffentlichen Lebens teil. Neben der Zeugnisverleihung werden Ansprachen
gehalten, und für ein künstlerisch unterhaltsames Rahmenprogramm ist auch
gesorgt.59 Die Gartenbauschule beginnt 1934 mit 21 Zöglingen. 1935 zählt sie
44, 1936 sind es 49 und 1937 schließlich 66.60 Im Jahr 1938 kommt es zum
Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland.
1.2 Eduardstift in Helenenberg
1.2.1 Übernahme des Eduardstiftes in Helenenberg durch die Salesianer
Don Boscos
Helenenberg, ein Ortsteil der Gemeinde Welschbillig in der Eifel, liegt
15 Kilometer von der Stadt Trier entfernt direkt an der Bundesstraße Trier –
Bitburg – Köln.
54 Vgl. Gartenbaufachschule ..., S. 8-10.
55 Vgl. Cronistoria della casa di Vienna XIII …, S. 3.
56 Dazu vgl. Wien, Unter – St. Veit – Don-Bosco-Feier, in: SN 41 (1935), S. 76f.; Don-
Bosco-Fest in der Gartenbaufachschule in Wien XIII, in: SN 43 (1937), Nr. 3, S. 7f.
57 Vgl. Cronistoria della casa di Vienna XIII …, S. 3.
58 Vgl. Wien 13, in: SN 40 (1934), S. 64.
59 Vgl. Schlußfeier in der Gartenbaufachschule der Salesianer Don Boscos Wien XIII,
in: SN 42 (1936), S. 88f.; Vortragsfolge zur Schulschlußfeier, in: APW Aktenordner: Wien
XIII …, 1 S.
60 Vgl. Cronistoria della casa di Vienna XIII …, S. 8.

2.3 Page 13

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 149
Die Stiftung
1488 wird auf dem Helenenberg ein Kreuzherrenkloster gegründet, das
durch die Jahrhunderte eine durchaus wechselvolle Geschichte erfährt. 1802
wird das Kloster von Napoleon aufgehoben und 1805 von der französischen
Regierung an Johann Peter Limbourg versteigert.61 Die Eheleute Eduard und
Hyacinthe Puricelli erwerben 1893 das Gut und stiften es dem damaligen Bi-
schof von Trier, Felix Korum, damit in den Räumlichkeiten des ehemaligen
Klosters ein Waisenhaus eingerichtet werden kann.62
In den Satzungen der Eduard-Stiftung, die nach dem Stifter benannt ist,
heißt es zum Zweck der Stiftung:
„II. Zweck der Stiftung ist die Förderung und Erleichterung der kirchli-
chen Armen- und Waisenpflege. III. Die Stiftung sucht ihren Zweck zu
erreichen durch Unterhaltung einer Erziehungs-Anstalt für arme katholi-
sche Waisenknaben, in der die Zöglinge zu tüchtigen Knechten und Ar-
beitern für die Landwirtschaft oder für das Handwerk herangebildet
werden sollen. Für verwahrloste oder in Besserungsanstalten gehörige
Knaben ist die Anstalt nicht bestimmt.“63
Mit 6. Januar 1894 übernehmen die Franziskanerbrüder von Waldbreit-
bach die Betreuung von 25 Waisenknaben im Eduardstift in Helenenberg. Die
Stiftungssatzungen werden im Dezember 1896 beglaubigt und die Stiftung
mit 7. April 1897 durch das Berliner Ministerium für geistliche Angelegen-
heiten als juristische Person anerkannt.64 Wie es im Abschnitt XV der Sat-
zungen vom 21. Dezember 1896 vorgesehen ist, wird als Leiter der Einrich-
tung jeweils ein katholischer Geistlicher durch den Bischof bzw. seinen Stell-
vertreter ernannt. Des Weiteren sieht die Satzung die gerichtliche und außer-
gerichtliche Vertretung der Stiftung durch einen Vorstand vor, der mit dem je-
weiligen Generalvikar der Diözese Trier, dem bereits erwähnten geistlichen
Direktor, dem katholischen Pfarrer von Welschbillig und zwei weiteren Mit-
gliedern zu besetzen ist. Eines der beiden weiteren Mitglieder soll der Stifter-
familie entstammen.65 Im Jahr 1900 werden im Eduardstift bereits 85 Zög-
linge betreut und ab 1920 kommt es zur Aufnahme von Fürsorgezöglingen
aus der ganzen Rheinprovinz.66 Das dürfte auch der Grund dafür sein, warum
61 Vgl. G. Söll, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 202.
62 Vgl. ibid.; Eduard Lichter, Das Diözesanknabenwaisenhaus Eduardstift 1894-1925,
in: Jugendheim Eduardstift (Hrsg.), 500 Jahre Helenenberg. Hospital. Kreuzherrenkloster.
Eduardstift, Trier 1988, S. 68-72, hier S. 68.
63 Satzungen der Eduard-Stiftung vom 21. Dezember 1896, in: APK Ordner 3.0.7.1:
Helenenberg. Die Jahre bis 1979, 4 S., hier S. 1.
64 Vgl. E. Lichter, Das Diözesanknabenwaisenhaus ..., S. 68.
65 Vgl. Satzungen der Eduard-Stiftung vom 21. Dezember 1896 ..., S. 2.
66 Vgl. E. Lichter, Das Diözesanknabenwaisenhaus ..., S. 68.

2.4 Page 14

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150 Karl Heinz Brunner
mit dem 1. Nachtrag zu den Satzungen aufgrund des Beschlusses der Vor-
standssitzung vom 25. März 1914 der Passus bezüglich der verwahrlosten
Kinder und der Kinder, die in eine Besserungsanstalt gehören, gestrichen
wird.67 Die insgesamt 22 Erzieherbrüder bilden gemeinsam mit entspre-
chendem Hilfspersonal die Jungen als Schneider, Schuhmacher, Schreiner,
Stellmacher, Bäcker, Metzger, Koch, Gärtner und für die Landwirtschaft aus.
Die jüngeren Zöglinge können die eigene Hausschule besuchen.68
Die Salesianer als Alternative
Im Jahr 1923 wird auf Anregung des Generaloberen der Franziskaner-
brüder von Waldbreitbach vom damaligen geistlichen Direktor des Eduard-
stiftes Wilhelm Spurk angedacht, eine Ordensgemeinschaft mit der Erzie-
hungsaufgabe auf dem Helenenberg zu betreuen, die diese Aufgabe »besser«
wahrnehmen könnte als die Franziskanerbrüder. In einem Brief an den Bi-
schof von Trier, Franz Rudolf Bornewasser (1866-1951)69, schlägt Spurk ent-
weder die »Missionäre vom Hochheiligsten Herzen Jesu« oder die SDB vor
und verweist bei den Letzteren auf eine bereits bestehende Niederlassung in
Essen-Borbeck.70
Auf eine entsprechende Anfrage des Bischofs von Trier bei Provinzial
Franz Xaver Niedermayer (1882-1969) antwortet dieser:
„... Das schöne Werk zu Helenenberg zur Rettung und Erziehung der
armen Jugend liegt ganz im Rahmen der Hauptaufgabe unserer Kongre-
gation, weshalb wir uns für die Anstalt tatsächlich auch lebhaft interes-
sieren. Leider können wir wegen Mangel an Personal in den nächsten
2-3 Jahren keine neuen Verpflichtungen mehr annehmen ... Wenn es mit
der Änderung der gegenwärtigen Leitung keine Eile hat, so könnten in-
zwischen die Verhandlungen zwecks späterer Übernahme durch unsere
Kongregation in die Wege geleitet werden. Findet sich aber eine andere
religiöse Genossenschaft, die das Werk sofort übernehmen kann, so
würden wir dies gleichfalls nur begrüssen, da die Bitten um Neugrün-
dungen, die uns von verschiedenen Seiten zukommen ohnehin weit
unsere Möglichkeit denselben zu willfahren übersteigen.“71
67 Vgl. Satzungen der Eduard-Stiftung vom 21. Dezember 1896 ..., S. 4.
68 Vgl. E. Lichter, Das Diözesanknabenwaisenhaus ..., S. 68 u. 71.
69 Zu ihm siehe: Alois Thomas, Bornewasser, Franz Rudolf, in: Erwin Gatz (Hrsg.), Die
Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1785/1803 bis 1945. Ein biographisches Lexikon,
Berlin 1983, S. 65ff.
70 Vgl. Brief von Wilhelm Spurk an Bischof Rudolf Bornewasser, Helenenberg, 7. Okto-
ber 1923, in: BATr Akte BIII, 5, 39: Faszikel 1-4, hier Fasz. 1, Abschnitt 7, S. 225f.
71 Brief von Provinzial F. X. Niedermayer an Bischof Rudolf Bornewasser, Wien, 7. No-
vember 1923, in: BATr Akte ..., Fasz. 1, Abschnitt 7, S. 193.

2.5 Page 15

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 151
Bischof Bornewasser bittet daraufhin den Direktor der salesianischen
Niederlassung in Essen-Borbeck, Hermann Lampe (1885-1941)72, sich bei
den Oberen für eine Übernahme des Eduardstiftes einzusetzen, zumal der Bi-
schof vom pädagogischen Erfolg der SDB gehört hat und ihnen den Vorzug
geben möchte.73 Mit der Bitte um Vertraulichkeit macht Bornewasser auf Pro-
bleme mit den Franziskanerbrüdern aufmerksam: Diese hätten keine ausrei-
chende pädagogische Vorbildung und ließen keinen seelsorglichen Einfluss
durch Direktor Spurk zu. Die doppelte Leitung (eigener geistlicher Direktor
und eigener Ordensoberer) des Eduardstiftes erweise sich auch als problema-
tisch. Der Bischof ist im Einvernehmen mit dem Vorstand zur Überzeugung
gelangt, dass es am besten wäre, eine Ordensgemeinschaft mit der Leitung
und Erziehung zu betreuen, die selber auch aus Priestern besteht, damit diese
doppelte Leitung aufgehoben werden könnte.74 Anfang Oktober 1924 besucht
Provinzial F. X. Niedermayer mit dem Direktor von Marienhausen, P. Max
Maier (1884-1976), das Eduardstift und anschließend den Generalvikar der
Diözese Trier, Prälat Franz Tilmann (1865-1936)75, um sich ein Bild von der
Lage zu machen. Tilmann informiert über die Situation bezüglich der Stiftung
und die Zusammensetzung beziehungsweise Aufgaben des Kuratoriums.
Nach der Begutachtung entscheiden sich die SDB zur Übernahme des
Eduardstiftes in Helenenberg.76
Vertrag
In der Folgezeit kommt es zu Vertragsverhandlungen, die im August
1925 mit der Unterzeichnung eines Vertrages abgeschlossen werden.77 Das
Verhandlungsergebnis beinhaltet die vorläufig auf fünf Jahre befristete Über-
72 Hermann Lampe wird am 23. Juni 1885 in Ramelsloh, Kreis Winsen/Luhe geboren.
Im Rahmen seiner Studien promoviert er zum Dr. phil in Rom und zum Dr. theol. in Salamanca
(Spanien). In Spanien ist er in Vigo und Salamanca zehn Jahre lang als Direktor tätig. P. Her-
mann Lampe ist ab 1925 Direktor in Helenenberg, bis er 1931 in derselben Funktion nach
Marienhausen versetzt wird. Er stirbt am 19. September 1941 in Hannover-Linden. Vgl. APK
Totenbildchen von P. Hermann Lampe; Marienhausen: Silbernes Priesterjubiläum, in: SN
41 (1935), S. 88.
73 Vgl. Brief von Bischof Rudolf Bornewasser an P. Hermann Lampe, Trier, 10. No-
vember 1923, in: BATr Akte ..., Fasz. 1, Abschnitt 7, S. 194f.
74 Vgl. ibid.
75 Zu ihm siehe: Alois Thomas, Tilmann, Franz (1865-1936), in: E. Gatz (Hrsg.), Die
Bischöfe ..., S. 763f.
76 Vgl. P. Tirone, La Congregazione Salesiana …, S. 115; G. Söll, Die Salesianer Don
Boscos …, S. 202.
77 Vgl. Vertrag zwischen dem Vorstand der Eduardstiftung, katholisches Knaben – Wai-
senhaus für die Diözese Trier zu Helenenberg, dem Bischof von Trier und dem Provinzialate
der SDB zwecks Übernahme der „Eduardstiftung“, in: APK Urkunden und Vertragsarchiv
der Norddeutschen Provinz: Ordner 9.2.7: Helenenberg, 3 S., hier S. 3.

2.6 Page 16

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152 Karl Heinz Brunner
nahme der Leitung des Eduardstiftes und des finanziellen Risikos, beginnend
mit 1. Oktober 1925. Die materielle Substanz der Stiftung und der Zweck im
Sinne der Satzungen vom 21. Dezember 1896 mit Nachträgen vom März
1914 und Mai 1915 müssen aufrecht erhalten bleiben. Die Satzungen werden
in den folgenden Punkten abgeändert: Die Salesianer haben das Recht, die ei-
gene Ordensbezeichnung auch in offiziellen Dokumenten der Stiftung zu
führen. Der Direktor der Einrichtung wird vom Generaloberen der SDB be-
stimmt, anschließend vom Bischof ernannt und vom Vorstand als Schrift-
führer desselben gewählt. Der Vorstand verzichtet für die Dauer des Vertrages
auf die Ausübung seiner Rechte. Der Direktor des Hauses hat jedoch die Ver-
pflichtung, dem Vorstand einmal im Jahr eine Vermögensaufstellung und
einen allgemeinen Rechenschaftsbericht vorzulegen. Die Zustimmung des Bi-
schofs von Trier und des Vorstandes der Eduardstiftung ist bei Änderungen
der Substanz wie z. B. bei Erwerb, Tausch, Veräußerung und Belastung, ein-
zuholen. Über die Aufnahme der Knaben entscheidet der Direktor, der sich
jedoch dazu verpflichtet, in erster Linie Waisenknaben aus der Diözese Trier
aufzunehmen. Wenn Fürsorgezöglinge aufgenommen werden, sind jene der
rheinischen Provinzialbehörde und der Saarregierung zu bevorzugen. Die
SDB bestimmen über die Anzahl der Ordensmitglieder, die eingesetzt werden
und verpflichten sich zur Arbeit an der Jugend im Sinne der Stifter. Sie er-
halten auch die Möglichkeit, den eigenen Ordensnachwuchs in Helenenberg
unterzubringen, sofern die Unterbringung der Zöglinge im Sinne der Sat-
zungen nicht behindert wird.78 Aus der Sichtweise der Trägerschaft fällt auf,
dass der Vertrag nicht wie etwa in Würzburg und Wien mit Hilfe einer GmbH
geschlossen wird. Der Grund hierfür dürfte wohl darin bestehen, dass es sich
im Falle des Eduardstiftes um einen »innerkirchlichen« Vertrag handelt.
Außerdem erscheint die Klärung der Trägerschaft auch nicht eindeutig. Einer-
seits bleibt die Stiftung Eigentümer und behält Kontrollrechte, andererseits
haben die SDB weitgehenden Handlungsspielraum und müssen das finanzi-
elle Risiko tragen. Im Rahmen der Verhandlungen gibt es einen regen Schrift-
verkehr, der in den Akten des Bistumsarchivs Trier eingesehen werden kann.
Bezüglich der Zielgruppe fällt auf, dass die Salesianer sich bereits vor der
Übernahme dafür aussprechen, dass primär Waisenknaben und soweit wie
möglich keine Fürsorgezöglinge aufgenommen werden sollen.79
78 Vgl. ibid., S . 1f.
79 Vgl. Brief von P. Hermann Lampe an Prälat Tilmann, Ensdorf, 19. Juni 1925, in:
BATr Akte ..., Fasz. 1, Abschnitt 7, Nr. 201-203, hier Nr. 202.

2.7 Page 17

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 153
Übernahme
Die ersten Salesianer treffen Ende August des Jahres 1925 in Helenen-
berg ein.80 Die Angaben über die offizielle Übernahme divergieren zwischen
dem 17. September81, dem 24. September82 und dem 1. Oktober83 1925. Laut
Vertrag wird das Haus mit 1. Oktober 1925 übernommen.84 Die kanonische
Errichtung der salesianischen Niederlassung in Helenenberg erfolgt durch den
Generaloberen der SDB, Don Philipp Rinaldi (1856-1931), mit Dekret vom
16. November 1925.85 Der erste Direktor wird P. Hermann Lampe und mit
ihm übernehmen 17 weitere Ordensmitglieder das Eduardstift.86 Zum Zeit-
punkt der Übernahme bewohnen an die 50 Volksschüler und 150 schulentlas-
sene Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren das Haus.87 Die meisten von
ihnen sind Fürsorgezöglinge.88
1.2.2 Die weiteren Entwicklungen
Erwartungsdruck, ökonomische und sozialpolitische Herausforderungen
Die SDB sind in den ersten Jahren ihres Wirkens in Helenenberg mit Er-
wartungen und Problemen im pädagogischen, wirtschaftlichen sowie im sozi-
alpolitischen Sinne konfrontiert. Im Mai 1925 findet unter der Leitung von
Regierungsrat Dr. Drews eine Visitation im Eduardstift statt. Dabei wird die
hygienische Situation deutlich kritisiert. Es stinke, die Zöglinge wären un-
sauber und hätten keine saubere Kleidung an. Mit der Übernahme durch die
Salesianer erwartet sich der Regierungsrat eine Verbesserung der Situation
und will nach der Übernahme wiederum eine Besichtigung vornehmen.89 Ob
80 Vgl. AEH Helenenberg in alter und neuer Zeit, S. 46f.
81 Vgl. Helenenberg bei Trier, in: SN 31 (1925), Nr. 2, S. 26.
82 Vgl. AEH Helenenberg in alter und neuer Zeit, S. 47; G. Söll, Die Salesianer Don
Boscos ..., S. 203; Jugendheim Eduardstift (Hrsg.), 50 Jahre Salesianer Don Boscos in
Helenenberg. 1925-1975, Trier o. J., S. 9.
83 Vgl. ASC E 962 Cronaca dell’Ispettoria Austriaca [1905-1938], S. 50; Kurze Chronik
des Eduardstiftes von seiner Übernahme durch die Salesianer – 1925 bis 1938, in: APK
Ordner 3.0.7.1 ..., 4 S., hier S. 1.
84 Vgl. Sitzung vom 1. Oktober 1925, in: AEH Kapitelsitzungen. Helenenberg. I. 1925-1939.
85 Vgl. Decretum canonicae erectionis Domus, Nr. 31, 16. November 1925, in: APK
Urkunden ..., 1 S.
86 Vgl. G. Söll, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 203.
87 Vgl. ibid; P. Tirone, La Congregazione Salesiana …, S. 118; Mit ähnlichen Zahlen:
August Rohde, Die Salesianer Don Boscos auf dem Helenenberg, in: Jugendheim Eduardstift
(Hrsg.), 500 Jahre …, S. 73.
88 Vgl. Kurze Chronik des Eduardstiftes ..., S. 1.
89 Vgl. Niederschrift über die Visitation im Eduardstift am 16. Mai 1925 durch Regie-
rungsrat Dr. Drews, in: BATr Akte ..., Fasz. 2, Abschnitt 15, o. N.

2.8 Page 18

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154 Karl Heinz Brunner
und wann diese weitere Visitation stattgefunden hat, kann aufgrund der
diesem Artikel zugrunde liegenden Quellen nicht festgestellt werden. Auch für
Bischof Rudolf Bornewasser und den Vorstand der Eduardstiftung sind mit
der Übernahme durch die Salesianer Erwartungen verbunden, die bereits
weiter oben erläutert wurden. Bereits am 3. August 1925, kurz vor der Über-
nahme durch die Salesianer, teilt der damalige Direktor Spurk dem General-
vikar Tilmann mit, dass der Landeshauptmann aus den privaten Anstalten für
Schulentlassene Zöglinge abziehe, um die staatlichen Anstalten voll zu be-
legen, was für Helenenberg große finanzielle Nachteile mit sich bringt.90
Neben dieser finanziellen Belastung machen Stromausfälle über mehrere
Tage91 und Probleme mit der Wasserversorgung eine Reihe von Adaptionen
notwendig.92 Unmittelbar nach der Übernahme werden die SDB mit dieser
prekären Finanzlage und mit hohen Schulden konfrontiert.93 Es fehlt vor allem
an liquiden Mitteln. Um dem Defizit, das mit mehr als 70.000 Mark beziffert
wird, und dem Erneuerungsbedarf zu entsprechen, soll ein Kredit in der Höhe
von 100.000 Mark aufgenommen werden.94 Prälat Franz Tilmann setzt sich
als Vorsitzender des Vorstandes bei den Vorstandsmitgliedern dafür ein, dass
es den SDB ermöglicht wird, das Gut mit dem besagten Kredit zu belasten.
Durch den Kredit fallen allerdings Zinsen an, die durch den laufenden Haus-
halt zu bezahlen sind und eine weitere finanzielle Belastung darstellen.95 Zur
Zufriedenheit des Vorstandes gelingt es den Salesianern, in den folgenden
Jahren das Vermögen zu erweitern96, weitere Maßnahmen zur Instandhaltung
bzw. Verbesserung der Anlagen zu setzen und Schulden abzubauen97.
Pädagogische Herausforderungen
Neben dieser nachteiligen ökonomischen und sozialpolitischen Aus-
gangslage kommt es auch im Bereich der Erziehungspraxis zu Problemen.
90 Vgl. Brief von Direktor Spurk an Prälat Tilmann, Helenenberg, 3. August 1925, in:
BATr Akte ..., Fasz. 1, Abschnitt 7, S. 207.
91 Vgl. Brief von Direktor Lampe an Prälat Tilmann, Helenenberg, 27. Oktober 1925,
in: BATr Akte ..., Fasz. 2, Abschnitt 12, o. N.
92 Vgl. Jugendheim Eduardstift (Hrsg.), 50 Jahre ..., S. 9.
93 Vgl. Sitzung vom 27. September 1925, in: AEH Kapitelsitzungen 1925-1939.
94 Vgl. Sitzung vom 1. Oktober 1925, in: ibid.
95 Vgl. Brief von Generalvikar Tilmann an die Mitglieder des Verwaltungsrates
der Eduardstiftung Helenenberg, Trier, 17. Oktober 1925, in: BATr Akte ..., Fasz. 2, Abschnitt
11, o. N.
96 Vgl. etwa Jahres- und Vermögensberichte vom 31. Dezember 1924 und 1. Oktober
1929, in: BATr Akte ..., Fasz. 4, Nr. 37 u. 60.
97 Vgl. Sitzung vom 21. Oktober 1932, in: AEH Protokollbuch der Sitzungen des Vor-
standes des Eduardstiftes in Helenenberg. Bd. I. 1898-1966, S. 99f.; Sitzung vom 18. November
1933, in: ibid., S. 102.

2.9 Page 19

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 155
Bereits in der ersten Sitzung des Hauskapitels nehmen die SDB eine Untertei-
lung der Jungen in »Normale«, wo das salesianische Präventivsystem ange-
wandt werden kann, in »Mittlere«, wo es zumindest manchmal unter großem
Einsatz möglich ist, mit dem Präventivsystem zu arbeiten, und in »Schwerer-
ziehbare« vor, die vom Katecheten zu betreuen sind, der als Einziger das
Recht hat zu bestrafen.98 Auch hier kommt, wie bereits einmal angedeutet,
zum Ausdruck, dass die Salesianer die Waisenkinder den Fürsorgezöglingen
und hier vor allem den »Schwierigen« unter ihnen vorziehen. Es ist ihnen of-
fensichtlich wichtig, »ihr« System anwenden zu können. In der ersten Zeit
kommt es im Rahmen der Umstellung auf das neue pädagogische System zu
Schwierigkeiten. Diese Gelegenheit nützen einige Jungen, um zu entwei-
chen.99 Wohl auch in diesem Kontext sind die drei Brände vom 11. September
1927, 9. Januar 1928 und 16. April 1929 zu sehen, bei denen es sich in einem
Fall nachweislich um Brandstiftung handelt und in den beiden anderen Fällen
diese vermutet wird.100 Um die Anwendung des Präventivsystems zu gewähr-
leisten, werden Jugendliche mit psychischen Erkrankungen und jene, die älter
als 18 sind, andernorts untergebracht, was die pädagogische Situation nach-
haltig entschärft.101 Als Direktor Lampe im Rahmen seines ersten Rechen-
schaftsberichtes gegenüber dem Vorstand die pädagogischen Maßnahmen des
ersten Jahres vorstellt, werden durch den Vorstand die diesbezüglichen Leis-
tungen anerkannt.102
Vertragsverlängerung
Wohl auch aufgrund der Problemlösungskompetenz und einer konstruk-
tiven Zusammenarbeit der Salesianer mit dem Vorstand wird bereits ab 1927
überlegt, den auf fünf Jahre begrenzten Vertrag mit den Salesianern auf wei-
tere 50 Jahre zu verlängern.103 Tatsächlich wird der im August 1925 unter-
schriebene Vertrag im Oktober 1928 mit einem Nachtrag versehen, der eine
vertragliche Bindung bis zum 22. August 1980 vorsieht.104
98 Vgl. Sitzung vom 26. September 1925, in: AEH Kapitelsitzungen 1925-1939.
99 Vgl. Jugendheim Eduardstift (Hrsg.), 50 Jahre ..., S. 9.
100 Vgl. AEH Helenenberg in alter und neuer Zeit, S. 64; G. Söll, Die Salesianer Don
Boscos ..., S. 203.
101 Vgl. G. Söll, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 203.
102 Vgl. Sitzung vom 8. Oktober 1926, in: AEH Protokollbuch ..., S. 84.
103 Vgl. Sitzung vom 29. Oktober 1927 und 8. Oktober 1928, in: AEH Protokollbuch ...,
S. 86 u. 89.
104 Vgl. Vertrag zwischen dem Vorstand der Eduardstiftung, katholisches Knaben-Wai-
senhaus für die Diözese Trier zu Helenenberg, dem Bischof von Trier und dem Provinzialate
der SDB zwecks Übernahme der „Eduardstiftung“, in: APK Urkunden ..., 3 S., hier S. 3.

2.10 Page 20

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156 Karl Heinz Brunner
Die Zielgruppen
Dem Stiftungszweck und den sozialpolitischen Notwendigkeiten ent-
sprechend sind im Eduardstift Waisen und vor allem Fürsorgezöglinge unter-
gebracht. Wie bereits erläutert, sieht der Vertrag für die SDB die Möglichkeit
vor, auch den eigenen Ordensnachwuchs unterzubringen, sofern die Arbeit
mit den Zöglingen nicht beeinträchtigt wird. Bevor auf die Jugendhilfetätig-
keit in Bezug auf die Zöglinge des Eduardstiftes eingegangen wird, soll auf
die Nutzung als Formationshaus für den Ordensnachwuchs hingewiesen
werden. Bereits am 20. Oktober 1925 beginnt der Unterricht für die Kle-
riker.105 Die Ausbildung umfasst die Jahre unmittelbar vor dem Abitur und die
Zeit des Philosophiestudiums.106 Die Kleriker und ihre Ausbildung, sowie
ihre »Assistenz« bei den Heimzöglingen sind immer wieder Inhalt der Bera-
tungen im Kapitel,107 was Rückschlüsse auf die Wichtigkeit dieses Arbeitsge-
bietes zulässt. Waren es im Jahr 1925 vier Kleriker, die in Helenenberg mit
ihrer Ausbildung begannen, so steigt die Anzahl in den Folgejahren beträcht-
lich an. 1926 sind es 29, 1927 bereits 38.108 Im Oktober 1930, nach fünf-
jähriger Erfahrung dieses Miteinanders von Heiminsassen und in Ausbildung
stehenden Salesianern, resümiert der damalige Provinzial F. X. Niedermayer,
dass Studentat und Heim gut miteinander vereint werden können, solange die
Anzahl der Zöglinge des Eduardstiftes nicht 220 Jungen übersteigt.109
Tätigkeit
Wie vor der Übernahme durch die SDB werden auch danach die Jugend-
lichen für Lehrberufe in Werkstätten mit staatlich geprüften Meistern ausge-
bildet. Die Ausbildung zum Schneider, Schuhmacher, Bäcker, Schlosser,
Schmied sowie Maler und Anstreicher kann auf dem Helenenberg absolviert
werden.110 Betätigungsfeld für die Jungen bietet auch die Landwirtschaft mit
einem großen Gartenbetrieb, der nicht zuletzt der Selbstversorgung dient.111
Außerdem gibt es die bereits erwähnte heiminterne Volksschule. Aus dem
Fokus der Jugendhilfe betrachtet, sind hier die Unterbringung der Zöglinge
sowie die Gestaltung der Freizeit in besonderer Weise darzustellen. Eine ge-
naue Darstellung des pädagogischen Alltags auf dem Helenenberg kann auf-
105 Vgl. Sitzung vom 1. Oktober 1925, in: AEH Kapitelsitzungen 1925-1939.
106 Vgl. Sitzung vom 15. Oktober 1925, in: ibid.
107 Vgl. etwa Sitzung vom 1. Oktober 1925, Sitzung vom 15. Oktober 1925, Sitzung vom
4. September 1929, Sitzung vom 10. Juli 1930, alle in: ibid.
108 Vgl. G. Söll, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 203.
109 Vgl. Sitzung vom 10. März 1930, in: AEH Kapitelsitzungen 1925-1939.
110 Vgl. AEH Helenenberg in alter und neuer Zeit, S. 53.
111 Vgl. ibid., S. 56.

3 Pages 21-30

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3.1 Page 21

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 157
grund der diesem Artikel zugrunde liegenden Quellen nicht erfolgen. Wie be-
reits erläutert, handelt es sich bei der Tätigkeit auf dem Helenenberg um eine
Unterbringung über Tag und Nacht mit beruflichen Ausbildungsmöglich-
keiten. Die Jungen sind also im Eduardstift untergebracht, erhalten dort ihre
Verpflegung und nehmen an Freizeitaktivitäten teil. Von Anfang an legen die
Salesianer Wert auf die Gestaltung des pädagogischen Ambientes, vor allem
im Bereich der Schlaf- und Lernräume.112 Für die Gestaltung der Freizeit
stehen den Jugendlichen beachtliche technische Mittel wie z. B. ein Kino zur
Verfügung.113 Einen besonderen Schwerpunkt stellt neben gemeinsamen
Spielen der Sport dar. So gibt es auf dem Helenenberg drei voneinander ge-
trennte Sportplätze. Einer davon ist für die größeren Zöglinge gedacht.114 Ab
dem Jahr 1931/32 gibt es für die Jungen ein neu errichtetes Schwimmbad.115
Auch ein Theater, das nach der Übernahme renoviert und mit neuer Garde-
robe ausgestattet wird, bietet ein Betätigungsfeld.116 Zur musikalischen Er-
tüchtigung wird eine Musikkapelle betrieben.117 Ein Schwerpunkt liegt auch
auf der katholischen Sozialisation der Zöglinge, die neben einer Reihe von
gestalteten religiösen Festen durch jährliche Exerzitien118 und die regel-
mäßige »Übung vom guten Tod«119 als markante Pfeiler unterstützt wird. Die
gestalteten Feste stellen eine salesianische Tradition dar, die den Alltag unter-
brechen. Auch auf dem Helenenberg werden von Anfang an derartige Feste
gefeiert. Dazu zählen unter anderem das Fest des hl. Franz von Sales, das
Fest des hl. Johannes Bosco, das Maria-Hilf-Fest sowie Weihnachten. In
ganz besonderer Weise wird am Helenenberg das Fest der hl. Helena be-
gangen.120 Im Rahmen dieser Feste werden Persönlichkeiten aus Politik und
Kirche sowie Gönner und Unterstützer des Eduardstiftes eingeladen. Neben
einer bedeutenden religiösen Komponente, wie etwa Eucharistiefeier, finden
auch Spiel- und Sportwettbewerbe, Theateraufführungen und Darbietungen
112 Vgl. P. Tirone, La Congregazione Salesiana …, S. 110.
113 Vgl. AEH Helenenberg in alter und neuer Zeit, S. 51; Sitzung vom 16. November
1926; Sitzung vom 19. September 1932, beide in: AEH Kapitelsitzungen 1925-1939.
114 Vgl. P. Tirone, La Congregazione Salesiana …, S. 110.
115 Vgl. Sitzung vom 21. Oktober 1932, in: AEH Protokollbuch ..., S. 99f.
116 Vgl. ibid.
117 Vgl. Sitzung vom 25. Oktober 1929, in: AEH Kapitelsitzungen 1925-1939.
118 Vgl. etwa Sitzung vom 1. Februar 1927; Sitzung vom 24. Februar 1931; Sitzung vom
24. Januar 1933, alle in: ibid.
119 Bei der »Übung vom guten Tod« geht es darum, sich im Leben mit dem Leben so
auszusöhnen, dass man jederzeit sterben könnte. Dazu gehört als religiöse Übung u. a. die
Beichte. Vgl. etwa Sitzung vom 19. Oktober 1929, Sitzung vom 11. Dezember 1929, Sitzung
vom 21. April 1930, alle in: ibid.
120 Vgl. Sitzung vom 25. Oktober 1929; Sitzung vom 12. Mai 1926; Sitzung vom 6. Juli
1926; Sitzung vom 16. November 1926, alle in: ibid.

3.2 Page 22

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158 Karl Heinz Brunner
durch die Musikkapelle statt.121 Ein interessantes Phänomen soll hier noch
kurz erwähnt werden. Bei der besonderen Bedeutung des RJWG für die Ju-
gendhilfe dieser Zeit ist es durchaus verwunderlich, dass keine der diesem
Artikel zugrunde liegenden Quellen einen unmittelbaren Zusammenhang zwi-
schen der Tätigkeit der Salesianer und dem RJWG aufweisen. Eine Klärung
dieses Umstandes kann aufgrund der zugrundeliegenden Quellen allerdings
nicht erfolgen.
2. Die SDB in der Zeit des Nationalsozialismus
2.1 Situation in Wien-Unter St. Veit
Quellenlage
Bevor eine Beschreibung der Situation der Salesianer in Wien-Unter
St. Veit vorgenommen wird, soll vorerst die Quellenlage, die in diesem Fall
als spärlich bezeichnet werden muss, kurz dargestellt werden. Da es für die
Zeit von 1938 bis 1945 mit Ausnahme eines Presseartikels des »Völkischen
Beobachters« keine Chronik für das salesianische Haus in der St. Veit-Gasse
gibt, ist die Ausgangslage bezüglich der Beschreibung recht schwierig.
P. Georg Söll kann in seiner Publikation auf einen Augenzeugenbericht122
zurückgreifen, der die Grundlage der folgenden Ausführungen darstellt.
Aus der Chronik der österreichischen Provinz sind in knapper und äußerst
sporadischer Form kleinere Anmerkungen zu entnehmen, die ebenfalls mit-
verwendet werden sollen.
Übernahme123
Unmittelbar nach dem Anschluss Österreichs an das »Altreich« im März
1938 wird die Gartenbauschule der Salesianer Don Boscos in der St. Veit-
Gasse 25 beschlagnahmt.124 Ein Bericht im »Völkischen Beobachter« vom
121 Vgl. AEH Helenenberg in alter und neuer Zeit, S. 59-61; Helenenberg (Festtage im
Eduardstift), in: SN 33 (1927), Nr. 3, S. 7f.; Helenenberg – Kirmes, in SN 33 (1927), Nr. 5, S.
9f; Helenenberg, in: SN 34 (1928), Nr. 4, S. 10; Helenenberg, in: SN 34 (1928), Nr. 5, S. 13f.;
Don Bosco-Feier auf Helenenberg, in: SN 35 (1929), S. 158f.; Helenenberg, in: SN 37 (1931),
S. 42; Helenenberg (Eduardstift), in SN 37 (1931), S. 117f.
122 Vgl. G. Söll, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 130f.
123 Diesem Unterpunkt liegen, soweit nichts anderes angegeben, folgende Ausführungen
zugrunde: G. Söll, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 130f.
124 Vgl. APW Aktenordner [ohne Bezeichnung]: Chronik der österreichischen Provinz.
Von 1938-1959. Eintrag zum 18. März 1938. – Zu möglichen Gründen für die Schlechterstel-
lung der Salesianer in Wien-Unter-St. Veit gegenüber den Salesianern in Helenenberg siehe
K. Brunner, Die Entwicklung ..., S. 65.

3.3 Page 23

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 159
4. Juni 1938 spricht von einer eben erfolgten Übernahme durch die NSV nach
langwierigen »Verhandlungen«. Auch Söll benennt den 1. Juni 1938 als Ende
der salesianischen Tätigkeit in der St. Veit-Gasse. Die Salesianer müssen das
Haus räumen und in die direkt angrenzende Doppelvilla ziehen, die sie be-
reits 1930 erworben haben. Die bezeichnende Überschrift des besagten Be-
richtes lautet: »Das gibt es? – Nein, das gab es! Auch das nannten sie Jugend-
erziehung! Schauderhafte Zustände im „Don-Bosco-Heim“ in St. Veit«. Den
Salesianern wird in diesem vom »Völkischen Beobachter« verfassten Bericht
vorgeworfen, dass sie ein Doppelleben geführt hätten, da sie schwer erzieh-
bare Zöglinge mit »normalen« Kindern ohne das Wissen der Eltern zusam-
mengeführt hätten. Der Bericht stellt des Weiteren dar, dass es »homosexuelle
Schweinereien« und Geschlechtskrankheiten gegeben hätte und die Salesi-
aner sich nicht um die Erziehung der Zöglinge, sondern um ihre Finanzen
gekümmert hätten. Auch auf die Diskrepanz zwischen einer guten Außenan-
sicht der Einrichtung und einem „Anblick des unmenschlichen Schmutzes
und Unrats“125 im Inneren wird hingewiesen. Im Bericht heißt es weiter, dass
mittelalterliche Erziehungsmethoden angewandt worden wären, dass Jungen
während eines zweijährigen Aufenthaltes nie gebadet hätten und dass es Kor-
rektionszellen im Keller gäbe, die noch bis vor kurzer Zeit verwendet worden
wären. Weiter heißt es, dass die NSV die Knaben während der Anpassung des
Heimes an einen neuzeitlichen Zustand auf körperliche und geistige Erholung
geschickt hätten.126 Aufgrund der dem ersten Kapitel zugrundeliegenden
Quellenlage erscheint eine derartige Beurteilung nicht möglich. Die Bericht-
erstattung weist eindeutig tendenziöse Absichten auf und kann sich des An-
scheins einer Diffamierung wohl nicht erwehren. Die Salesianer, die ihr Haus
verlassen müssen, erhalten die Erlaubnis, den Gärtnereibetrieb von der an-
grenzenden Doppelvilla aus weiterzuführen. Der Erlös dieser Arbeit und auch
der priesterliche Aushilfsdienst ermöglichen ein finanzielles Einkommen. So
gut wie alle Laienbrüder und Kandidaten für das Noviziat erhalten den Einbe-
rufungsbefehl zum Wehrdienst. Zur Beschaffung des Heizmaterials für die
Glashäuser müssen die Salesianer einen Teil der Produkte an eine Zentral-
stelle in der Stadt abliefern. Der Rest dient zum Verkauf auf dem freien
Markt. Zusätzlich zur bereits prekären Situation wird noch das Auto beschlag-
nahmt, das sie durch ein Pferd ersetzen. Der Gärtnereibetrieb und das Haus
werden immer wieder durch Parteiinstanzen überprüft. Die letzten Kriegstage
treffen die Niederlassung in Unter St. Veit nochmals schwer, da Bomben auf
125 Das gibt es? – Nein, das gab es! Auch das nannten sie Jugenderziehung. Schauder-
hafte Zustände im „Don-Bosco-Heim“ in St. Veit, in: Völkischer Beobachter vom 4. Juni 1939,
Nr. 155, S. 13, ein Exemplar in: APW Aktenordner: Wien XIII ...
126 Vgl. ibid.

3.4 Page 24

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160 Karl Heinz Brunner
das Gelände fallen und die Glashäuser weitgehend zerstört werden. Am 8.
April 1945 marschiert die Rote Armee in Wien ein. Nur wenige Tage danach,
am 16. April, verlassen die Nazis das beschlagnahmte Haus, das jedoch
gleich im Anschluss durch einen Trupp der Widerstandsbewegung besetzt
wird. Als am 1. Mai 1945 das Haus diesmal durch die Kommunisten wie-
derum beschlagnahmt werden soll, hilft ein Protest des Direktors beim Unter-
richtsministerium. In der Folge verwenden die Russen das Haus.127
Nach dem Krieg
Am 15. Juli 1945 verlassen die Russen das Haus endgültig. Gleich im
Anschluss machen sich die Salesianer daran, das Haus in Ordnung zu
bringen. Ihre Hoffnung, im Herbst mit der Gartenbauschule anfangen zu
können, wird ihnen zerstört, da die Engländer am 8. August 1945 eine Zahl-
stelle im Haus unterbringen.128 Noch im Jahr 1946 berichten die österreichi-
schen Salesianischen Nachrichten vom Wunsch der Salesianer nach der Wie-
dereröffnung der sehr in Mitleidenschaft gezogenen Gartenbauschule, sobald
das Haus freigegeben wird.129 Nachdem sich der wiederaufgenommene Gar-
tenbaubetrieb mit Lehrlingen als nicht zukunftsträchtig erweist, wird der
Zweck der Niederlassung jedoch geändert. Es entsteht ein Schülerwohnheim
für Volks- und Hauptschüler, das an die 90 junge Menschen beherbergt.130
2.2 Situation im Eduardstift in Helenenberg
Die Jahre bis zum Kriegsbeginn
Für die ersten Jahre nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialis-
ten lässt sich kaum eine Veränderung der Tätigkeit der Salesianer feststellen.
Der eingeschlagene Weg einer Verbesserung der Baulichkeiten und der Frei-
zeitangebote sowie der Rückzahlung von Schulden131 wird weiterhin verfolgt.
So wird unter anderem ein Radio angeschafft132, das Dach wird weiter repa-
riert und ein Aufzug zwischen Küche und Speisesaal eingebaut.133 Zahlreiche
127 Vgl. Cronaca della casa a Vienna XIII. St. Veitgasse 21, in: APW Aktenordner: Wien
XIII ..., 8 S., hier S. 1f.
128 Vgl. ibid., S. 2.
129 Vgl. Wir berichten über den Stand des Don-Bosco-Werkes in Österreich, in: SN(A) 1
(1946), Nr 1, S. 3ff., hier S. 4f.
130 Vgl. G. Söll, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 131; Salesianerniederlassung Wien
13 ..., S. 8.
131 Vgl. Sitzung vom 12. November 1934, in: AEH Protokollbuch ..., S. 104.
132 Vgl. Kurze Chronik des Eduardstiftes ..., S. 4.
133 Vgl. Sitzung vom 12. November 1934, in: AEH Protokollbuch ..., S. 104.

3.5 Page 25

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 161
Maßnahmen der Instandhaltung bzw. Instandsetzung sichern den Substanzer-
halt der Gebäude und der Installationen.134 Die Einrichtung einer Forellen-
zucht, der Ausbau der Gärtnerei und die Anschaffung von landwirtschaftlichen
Maschinen stellen eine Erweiterung der Landwirtschaft dar.135 Auch die Werk-
stätten der Schneiderei und Schuhmacherei erhalten neue Maschinen.136
Während in den ersten Jahren der nationalsozialistischen Zeit die Zahl
der Zöglinge zurückgeht137, steigt sie im Jahr 1936 wieder an138. 1937 be-
finden sich 20 Volksschüler und 250 Schulentlassene im Eduardstift, die in
der Landwirtschaft und den Werkstätten tätig sind.139 Bereits in der ersten
Jahreshälfte des Jahres 1938 ändert sich die Situation bezüglich der Zöglinge
wieder. Dem Eduardstift sollen nun ausschließlich »Bewahrungszöglinge«
zugewiesen werden. Damit ist auch ein geringerer Tagessatz verbunden, um
die Kosten für die »Asozialen« und »Erbkranken« für die öffentliche Hand
auf ein Minimum zu reduzieren.140
Wie die Kirche allgemein, befinden sich auch die Salesianer gegenüber
dem Nationalsozialismus in dem Dilemma, dass sie gewisse Kompromisse
eingehen, ohne die Ideologie grundsätzlich mitzutragen. Wohlwissend, dass
eine genaue Darstellung dieses Aspektes eine eigene Untersuchung verlangen
würde, sollen hier kurz einige Hinweise darauf gegeben werden, ohne jedoch
einen wie auch immer gearteten Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Die
diesem Artikel zugrunde liegenden Quellen weisen auch auf nationales Ge-
dankengut auf dem Helenenberg hin. Die Abhaltung von Veranstaltungen wie
eines »Deutschen Abends«141 sind ebenso Sinnbild dafür wie die besondere
Begehung des 1. März 1935, des Tages, an dem die »Saarrückgliederung« er-
folgt ist142. Die Feier des 1. Mais als Staatsfeiertag findet ebenso ab 1935 eine
spezielle Beachtung.143 Bereits in der ersten Hälfte des Jahres 1935 scheinen
die Salesianer den Wunsch zu äußern, nationalsozialistische Jugendorganisa-
134 Vgl. Sitzung vom 19. November 1936, in: ibid ..., S. 108; Sitzung vom 12. Dezember
1938, in: ibid., S. 110.
135 Vgl. Sitzung vom 4. Dezember 1935, in: ibid., S. 105f.; Sitzung vom 19. November
1936, in: ibid., S. 105f.; Sitzung vom 18. November 1937, in: ibid., S. 110.
136 Vgl. Sitzung vom 19. November 1936, in: ibid., S. 108.
137 Vgl. Sitzung vom 12. November 1934, in: ibid., S. 104.
138 Vgl. Sitzung vom 19. November 1936, in: ibid., S. 107.
139 Vgl. G. Söll, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 204.
140 Vgl. Sitzung vom 5. April 1938, in: AEH Kapitelsitzungen 1925-1939.
141 Vgl. Sitzung vom 17. Mai 1934, in: ibid.
142 Vgl. Sitzung vom 28. Februar 1935, in: ibid.
143 Vgl. Sitzung vom 29. April 1935, Sitzung vom 29. April 1938, Sitzung vom 18. April
1939, alle in: ibid.

3.6 Page 26

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162 Karl Heinz Brunner
tionen auf dem Helenenberg einführen zu wollen, wobei die Behörden darum
bitten, davon Abstand zu nehmen.144 In der Sitzung des Stiftungsvorstandes
vom 4. Dezember 1935 wird der Errichtung einer HJ-Gruppe im Heim zuge-
stimmt.145 Ob es tatsächlich zu der Umsetzung dieses Vorhabens kam, kann
hier nicht eindeutig geklärt werden, da die Kapitelsitzungen diesbezüglich
keinen Hinweis geben und die Hauschronik für diese Zeit nicht zur Verfü-
gung steht. Im April 1939 feiert der Führer seinen 50sten Geburtstag. Aus
diesem Anlass wird ein Tag mit Übertragung von Radioprogrammen und
Wettkämpfen gestaltet.146 Spätestens ab dem Jahr 1936 werden Konse-
quenzen aus der neuen politischen Lage auch für das Eduardstift spürbar. Be-
reits am 28. Februar 1935 findet die »Sache der Sterilisierung« eine Erwäh-
nung im Hauskapitel. Hier wird jedoch in äußerst knapper Weise festgestellt,
dass diese Belange ausschließlich den Direktor betreffen.147 Zu Beginn des
Jahres 1936 werden einige Salesianer zum Arbeitsdienst einberufen.148 Ab
dem Jahr 1937 ist in den Hauskapitelprotokollen immer wieder von erhöhter
Wachsamkeit und größtmöglich zu übender Vorsicht im Umgang mit den Ju-
gendlichen die Rede.149 Das Protokoll weist bei »heiklen« Themen äußerst
knappe Eintragungen auf.150 Söll weist für das Jahr 1937 darauf hin, dass
es auch zu Verhören gekommen sei, die jedoch keinen Anlass zu einer
Schließung gegeben hätten.151 Im Laufe des Jahres 1938 werden am Helenen-
berg immer wieder Soldaten einquartiert. Im Herbst 1938 müssen im Eduard-
stift gezwungenermaßen 80 Arbeiter untergebracht werden, die zum Bau des
Westwalls eingesetzt werden.152 Die Rolle der Salesianer auf dem Helenen-
berg in der Zeit des Nationalsozialismus ist aufgrund der zugrundeliegenden
Quellen nicht eindeutig auszumachen. Eine reine »Opferdarstellung«, wie sie
zum Teil in der Literatur erfolgt153, scheint nicht alle Facetten dieser Zeit zu
beleuchten. Im Rahmen dieses Artikels kann die Grenzziehung zwischen ei-
genem nationalsozialistischen Gedankengut der SDB und einer der Situation
entsprechend notwendigen Umsetzung von nationalsozialistischen Usancen
nicht gezogen werden.
144 Vgl. Brief von Biesdorf an Theodor Seelbach, Trier, 6. Juli 1935, in: BATr Akte ...,
Fasz. 4, S. 76.
145 Vgl. Sitzung vom 4. Dezember 1935, in: AEH Protokollbuch ..., S. 105f.
146 Vgl. Sitzung vom 18. April 1939, in: AEH Kapitelsitzungen 1925-1939.
147 Vgl. Sitzung vom 28. Februar 1935, in: ibid.
148 Vgl. Sitzung vom 31. März 1936, in: ibid.
149 Vgl. Sitzung vom19. Mai 1937, Sitzung vom 20. August 1937, Sitzung vom 1. Sep-
tember 1937, Sitzung vom 29. April 1938, alle in: ibid.
150 Vgl. Sitzung vom 19. Mai 1937, Sitzung vom 24. November 1937, beide in: ibid.
151 Vgl. G. Söll, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 204.
152 Vgl. AEH Helenenberg in alter und neuer Zeit, S. 68.
153 Vgl. etwa: G. Söll, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 204-206.

3.7 Page 27

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 163
Der Krieg
Der Beginn des Krieges im September 1939 stellt für den Helenenberg
eine massive Beeinträchtigung dar. Wenngleich es bis zum 1. September 1939
zu keiner namhaften Beeinträchtigung der pädagogischen Arbeit kommt,
stellt dieses Datum einen Einschnitt dar. Gegen 2:00 Uhr wird der Hauslei-
tung mitgeteilt, dass das gesamte Haus bis 10:00 Uhr zu räumen sei.154 Gegen
10:00 Uhr erfolgt die Evakuierung der Hausinsassen mit fünf Bussen in den
Bernardushof nach Mayen.155 Erforderlich wird diese Evakuierung dadurch,
da Helenenberg, in unmittelbarer Nähe von Luxemburg gelegen, sich im da-
maligen Frontbereich befindet.156 Direktor Seelbach (1883-1958) erreicht mit
Mühen, dass er mit einigen Laienbrüdern im Gebäude bleiben darf. Mit der
Evakuierung der Menschen wird auch der gesamte Viehbestand abtranspor-
tiert, wobei 37 Rinder in Trier geschlachtet werden. Die hierdurch erzielten
Mittel werden zur Tilgung von Hypotheken verwendet.157 Die Ländereien
werden mit Stacheldrahtzäunen durchzogen, was die weitere Bewirtschaftung
der landwirtschaftlichen Flächen beeinträchtigt. In der Zeit vom September
1939 bis August 1940 wird das Eduardstift mit bis zu 600 Mann belegt. Diese
Belegung hinterlässt ihre Spuren.158 In dieser Zeit sind auch eine Reihe von
Kriegsgefangenen in der Landwirtschaft des Eduardstiftes tätig.159 Im August
1940 kann wieder mit der Belegung des Eduardstiftes mit Zöglingen be-
gonnen werden160, wobei wiederum der Wunsch vorherrscht, vorerst keine
Fürsorgezöglinge aufzunehmen161. Im August 1941 befinden sich an die 30
Zöglinge im Eduardstift. Weitere 70 sollen noch folgen. Ebenfalls im August
wird Direktor Seelbach durch den neuen Direktor Peter Rund (1893-1964)162
abgelöst.163 Im Jahr 1941 finden auch Kinderlandverschickungen aus den
bombardierten Städten Saarbrücken und Mannheim auf den Helenenberg
154 Eintrag vom 1. September 1939, in: AEH Kapitelsitzungen 1925-1939.
155 Vgl. AEH Helenenberg in alter und neuer Zeit, S. 69.
156 Vgl. P. Tirone, La Congregazione Salesiana …, S. 121.
157 Vgl. Sitzung vom 13. Januar 1940, in: AEH Protokollbuch ..., S. 113f.
158 Vgl. Sitzung vom 19. Dezember 1940, in: ibid., S. 115ff.
159 Vgl. AEH Helenenberg in alter und neuer Zeit, S. 69.
160 Vgl. ibid., S. 69f.
161 Vgl. Sitzung vom 27. Juli 1940, in: AEH Hauskapitelbesprechungen. II. 20. Sep-
tember 1939 bis 30. Dezember 1941.
162 Peter Rund wird am 8. Mai 1893 in Coesfeld (Westfalen) geboren. Am 6. August
1920 tritt er in das Noviziat der Salesianer Don Boscos ein. In Turin empfängt er am 10. Juli
1927 die Priesterweihe. P. Rund ist ab 1936 Direktor in Wiesbaden bis er von 1941 bis 1947
Direktor auf dem Helenenberg wird. Er verstirbt am 4. März 1964 in Berlin. Vgl. APK Toten-
brief von P. Peter Rund.
163 Vgl. Sitzung vom 28. August 1941, in: AEH Protokollbuch ..., S. 118.

3.8 Page 28

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164 Karl Heinz Brunner
statt.164 In Bezug auf die Trägerschaft ist es wesentlich zu erwähnen, dass in
der Vorstandssitzung vom 4. Februar 1942 ein neuer Vertrag zwischen den
SDB und der Stiftung geschlossen wird. Der Grund hierfür kann aufgrund der
zu Rate gezogenen Quellen nicht angegeben werden. Inhaltlich kommt es nur
zu einer Änderung, nämlich zu einer unbefristeten Vertragslaufzeit.165 Im Au-
gust 1942 wird im Rahmen der Vorstandssitzung der Eduardstiftung auf eine
steigende Anzahl von Einweisungen in das Heim hingewiesen. Trotz dieses
Zuwachses sind die finanziellen Auslagen nicht mehr durch das Pflegegeld
für die Zöglinge aufzubringen.166 Die zu dieser Zeit blühende Landwirtschaft
ermöglicht jedoch eine ausgeglichene Bilanzierung.167 Durch eine Weisung
der Schulbehörde Trier wird dem Eduardstift ein Lehrer in Rente zugewiesen,
was die Wiederaufnahme des Betriebes einer eigenen Volksschule ermög-
licht.168 Die Unterrichtstätigkeit in der Volksschule kann mit dem 10.169 Mai
1943 beginnen.170 Bereits seit Anfang Dezember 1942 versucht die Stadt Trier
die Zuweisung des Eduardstiftes als Ausweichkrankenhaus zu erreichen.171
Am 12. Februar 1943 kommt es zu einer Inanspruchnahme in diesem Sinne.
Von diesem Zeitpunkt an erfolgt eine Adaptierung der Räumlichkeiten. Die
Universität Köln bringt außerdem in dieser Zeit 300 Kisten mit Urkunden zur
Rheinischen Geschichte in den Kellerräumlichkeiten des Eduardstiftes
unter.172 Im Jahr 1943 wird immer wieder darum gebeten, dass Zöglinge aus
anderen Anstalten, die durch Bombardierungen betroffen sind, auf dem
Helenenberg untergebracht werden können. Direktor Peter Rund lehnt die
meisten dieser Gesuche ab, da es eine eindeutige Order des Gauleiters gibt,
die eine derartige Aufnahme untersagt.173 Am 14.174 April 1944 verlegt jedoch
die Stadt Trier alle Jungen des Waisenhauses Trier im Alter von sieben bis
vierzehn Jahren in das Eduardstift. Mit ihnen kommt ein Lehrer, sodass die
164 Vgl. AEH Helenenberg in alter und neuer Zeit, S. 70; Sitzung vom 30. Mai 1941, in:
AEH Hauskapitelbesprechungen ...; Sitzung vom 18. August 1942, in: AEH Protokollbuch ...,
p. 123.
165 Vgl. Vertrag zwischen dem Vorstand der Eduardstiftung, katholisches Knabenwai-
senhaus für die Diözese Trier, zu Helenenberg und der Deutschen Salesianer Provinz St. Boni-
fatius, Helenenberg, 4. Februar 1942, in: AEH Protokollbuch ..., S. 121f.
166 Vgl. Sitzung vom 18. August 1942, in: AEH Protokollbuch ..., S. 123f.
167 Vgl. Sitzung vom 3. Februar 1943, in: ibid., S. 125.
168 Vgl. ibid., S. 126.
169 Die Aufzeichnungen in »Helenenberg in alter und neuer Zeit«, S. 71 weisen hier den
8. Mai als Datum des Beginns auf.
170 Vgl. Sitzung vom 18. August 1943, in: AEH Protokollbuch ..., S. 127.
171 Vgl. Sitzung vom 3. Februar 1943, in: ibid., S. 126.
172 Vgl. Sitzung vom 18. August 1943, in: ibid., S. 127.
173 Vgl. AEH Helenenberg in alter und neuer Zeit, S. 71.
174 Die Aufzeichnungen in »Helenenberg in alter und neuer Zeit«, S. 71 weisen hier
den 26. Mai als Datum der Überstellung auf.

3.9 Page 29

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 165
Volksschule ab 19. April 1944 zweistufig mit je vier Klassen geführt werden
kann. Zum Schulbeginn am 19. August 1944 befinden sich 120 Jungen im
Haus.175 Im September 1944 wird das Haus wiederum durch das Militär be-
schlagnahmt, da sich die Frontlinie immer näher an den Helenenberg heran
verlagert.176 Die Einrichtung eines Lazaretts, in dem in nur wenigen Monaten
an die 10000 Soldaten und 500 Zivilisten ärztlich versorgt werden können,
schützt das Gebäude vor den Angriffen der Amerikaner.177 Die Zöglinge
werden diesmal nicht evakuiert. Da die Räumlichkeiten für das Lazarett
benötigt werden, schlafen sie auf den Kisten der Universität Köln im
Keller.178 Die Beschädigungen, die das Eduardstift erfährt, entstehen durch
Granatschüsse der Deutschen, die nach ihrem Rückzug auf den Helenenberg
schießen. An die 20 Granaten schlagen in die Gebäude ein. Die Amerikaner
treffen am 28. Februar 1945 am Helenenberg ein und besetzen das Hauptge-
bäude und die Kirche in der Zeit vom 3. bis 31. März 1945, um ein Hospital
einzurichten. Nach dem Vorrücken der Front ist es möglich, die Arbeit wieder
aufzunehmen und auch die vorbeiziehenden Flüchtlinge durch Ausspeisungen
zu versorgen.179 Im März 1945 befinden sich an die 150 Jungen im Eduard-
stift auf dem Helenenberg.180
Nach dem Krieg
Die unmittelbare Zeit nach dem Kriegsende ist durch Aufbauarbeiten ge-
prägt. Die Gebäudeschäden müssen behoben werden. Die großen Schäden auf
den Feldern, die durch Granateinschüsse, Panzergräben und Flakstellungen
verursacht wurden, beeinträchtigen noch längere Zeit die Ernte schwer.181 Die
aus dem Krieg zurückgekehrten Salesianer beginnen sofort wieder mit dem
Wiederaufbau.182 Der Helenenberg erhält in den Jahren des Aufbaues Unter-
stützung durch verschiedene Behörden, die an der Wiedererrichtung der
Schule und der Werkstätten interessiert sind. Durch eine Erneuerung der
Werkstätten im Jahr 1953 können wieder mehrere Lehrlinge aufgenommen
werden. Die Einweihung findet am 8. August unter dem Beisein des General-
oberen Don Renato Ziggiotti (1892-1983) statt.183 Nach dem Krieg und der
175 Vgl. Sitzung vom 18. August 1944, in: AEH Protokollbuch ..., S. 130.
176 Vgl. Sitzung vom 18. August 1945, in: ibid., S. 132; AEH Helenenberg in alter und
neuer Zeit, S. 72.
177 Vgl. Sitzung vom 18. August 1945, in: AEH Protokollbuch ..., S. 132f.
178 Vgl. AEH Helenenberg in alter und neuer Zeit, S. 82.
179 Vgl. Sitzung vom 18. August 1945, in: AEH Protokollbuch ..., S. 132f.
180 Vgl. AEH Helenenberg in alter und neuer Zeit, S. 87.
181 Vgl. Aussaat und Ernte. Ein kurzer Überblick über das deutsche Don Bosco-Werk
nach dem Kriege, in: SN 52 (1946), Nr. 1, S. 2ff., hier S. 3.
182 Vgl. A. Rohde, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 74.
183 Vgl. G. Söll, Die Salesianer Don Boscos ..., S. 206.

3.10 Page 30

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166 Karl Heinz Brunner
Phase des unmittelbaren Wiederaufbaus nehmen die Salesianer Don Boscos
auf dem Helenenberg wieder jene Arbeit auf, die mit dem Krieg vorerst be-
endet werden musste und bis zum Kriegsende nur unter Beeinträchtigungen
unterschiedlicher Art durchgeführt werden konnte.
Fazit
Von Italien ausgehend kommen die SDB um die Wende zum 20. Jahr-
hundert auch in die Länder deutscher Sprache. Nach der staatlichen Anerken-
nung der Salesianer Don Boscos durch Kaiser Franz Joseph und der Aufent-
halts- und Arbeitserlaubnis durch das Bayerische Kultusministerium erfolgt
eine Expansion des salesianischen Werkes in Österreich und Deutschland, in
deren Kontext auch die Gründung bzw. Übernahme der Niederlassungen in
Wien-Unter St. Veit und Helenenberg zu sehen sind. Hierbei fällt auf, dass den
Salesianern ein Ruf der qualifizierten Jugendhilfetätigkeit vorauseilt und
ihnen die nötige Problemlösungskompetenz für die diversen Jugendnöte zuge-
traut wird. An den beiden Niederlassungen lässt sich sowohl ein deutlicher
Schwerpunkt in Bezug auf die Jugendhilfetätigkeit als auch das Bestreben der
Salesianer, die Einrichtungen in eigener Trägerschaft zu betreiben, aufweisen.
Arbeiten die Salesianer in Wien anfänglich unter einem anderen Träger, so er-
greifen sie die durch die Inflation entstandene Möglichkeit zum Kauf des
Heimes. In Bezug auf das Eduardstift ist hier festzuhalten, dass aufgrund der
Verhandlungen die satzungsverbrieften Rechte des Vorstandes auf ein Mi-
nimum beschränkt werden. Die Salesianer übernehmen in Eigenständigkeit
sowohl die erzieherische, als auch die finanzielle Leitung dieser Einrichtung.
Bezüglich der Erziehung setzt sich die bereits bei den ersten Niederlassungen
im deutschsprachigen Gebiet wahrnehmbare Tendenz zur Anwendung des sa-
lesianischen Präventivsystems weiterhin fort. Während in Wien ein Artikel der
Arbeiterzeitung darüber berichtet, kann in Helenenberg aufgrund einer breiten
Quellenbasis die Anwendung dieses Erziehungssystems festgestellt werden.
Interessant scheint, dass bei der großen Bedeutung des RJWG für die deutsche
Jugendhilfe kaum Auswirkungen auf die Tätigkeit in Helenenberg namhaft
gemacht werden können. Keine der hier zugrunde liegenden Quellen benennt
in expliziter Weise eine Auswirkung irgendeiner Art, die im direkten Zusam-
menhang mit dem RJWG zu sehen wäre. Bezüglich der Zielgruppe lässt sich
für das Eduardstift feststellen, dass die Salesianer stets bemüht sind die An-
zahl der Fürsorgezöglinge so gering wie möglich zu halten. Sie möchten sich
primär den Waisenkindern und verwahrlosten jungen Menschen widmen. Es
liegt nahe, dass der Grund dafür in der gewünschten Umsetzung des Präventiv-
systems liegt, das jedoch nicht für alle Jugendlichen gleichermaßen geeignet

4 Pages 31-40

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4.1 Page 31

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Die Jugendhilfeträgerschaft der Salesianer Don Boscos in den Einrichtungen … 167
ist. Eine entsprechende Ausdifferenzierung der Zöglinge in »Normale«, »Mitt-
lere« und »Schwererziehbare« weist auf diese Situation hin. Als die Zeit des
Nationalsozialismus beginnt, sind die Auswirkungen der neuen politischen Si-
tuation relativ rasch zu spüren. Wenngleich in Helenenberg der Tätigkeit bis
in das Jahr 1939 weiterhin nachgegangen werden kann, so kommt es doch zu
spürbaren Beeinträchtigungen. Der Anschluss Österreichs an Deutschland
wirkt sich für die Salesianer in Österreich – wie es das Beispiel Wien-Unter
St. Veit zeigt – einschneidend aus. Sobald es das Ende des Krieges oder die
Rückgabe der Gebäude durch die »Siegermächte« erlauben, wird mit dem
(Wieder-)Aufbau begonnen, der manchmal auch mit einer Neuorientierung in
Bezug auf den Zweck der Einrichtungen verbunden ist.