SpiritualittDonBosco


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Spiritualität im Geiste Don Boscos
Das Wort "Spiritualität" ist eine Art Modewort geworden, was schon ein kurzer Blick auf
den Büchermarkt zeigen kann. In seiner ursprünglichen christlichen Bedeutung meint
dieses Wort: "Leben im Geist Jesu Christi". Jesus Christus ist die gemeinsame Mitte aller
christlichen Spiritualität, die sich dann aber in ihrer konkreten Ausfaltung sehr
vielgestaltig zeigen kann.
Die Spiritualität der Don-Bosco-Familie orientiert sich dabei an der Art und Weise, wie
Johannes Bosco das Evangelium Jesu Christi verstanden und gelebt hat und wie er als
geistlicher Lehrer seine Schüler und Schülerinnen gelehrt hat, Jesus Christus
nachzufolgen. Dabei können wir Don Bosco freilich nicht kopieren; zu verschieden sind
die zeitlichen Umstände damals und heute. Vielmehr sind wir gerufen, in der jeweiligen
geschichtlichen Situation gemäß den „Zeichen der Zeit" Jesus Christus im Geiste Don
Boscos nachzufolgen.
I) Eine apostolische Spiritualität
Maß und Urbild aller christlichen Spiritualität ist Jesus Christus, wie er vom Evangelium
und von der Glaubenstradition bezeugt wird. Johannes Bosco wusste sich vor allem von
Jesus Christus als dem Guten Hirten angesprochen, der sich den Armen und Kleinen und
unter ihnen gerade auch den bedürftigen jungen Menschen zugewandt hatte. Das
Evangelium erzählt, wie Jesus ein Kind in die Mitte stellte (vgl. Mt 18,1-6) und die Kinder
umarmte und segnete (vgl. Mk 10,13-16). Jesus Christus in dieser Weise nachzufolgen, war
der Lebensinhalt Don Boscos und ist der Lebensinhalt all derer, die sich in seinen Spuren
bewegen. Darum ist die salesianische Spiritualität vor allem eine apostolische und pastoral
geprägte Spiritualität.
Vorliebe für die Jugend
Johannes Bosco war vor allem Erzieher und Jugendseelsorger, weshalb die Kirche ihn
heute als „Vater und Lehrer der Jugend" (Johannes Paul II.) verehrt. Don Boscos Leitwort,
das er auch seinen Salesianern gegeben hat, lautete: „Da mihi animas, cetera tolle. - Gib
mir Seelen, alles andere nimm." In diesem Gebetswort bittet er Gott, ihm junge Menschen
zu schenken, damit er sie fördern und zu ihm führen kann. Don Bosco Herz brannte
danach, sich notleidenden jungen Menschen zuzuwenden und für ihr irdisches Glück und
ihr himmlisches Heil zu arbeiten. Und so schrieb er einmal an seine Jugendlichen: "Es

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genügt mir, dass ihr jung seid, um euch überaus zu lieben."
Don Bosco wollte den jungen
Menschen seiner Zeit, die vielfach sozial und religiös entwurzelt waren, Vater, Bruder und
Freund sein. Er gab ihnen Orientierung und Weggemeinschaft für ihr Leben. Mit seinem
erzieherischen Angebot, der Pädagogik der Vorsorge (dem Präventivsystem), wollte er die
Jugendlichen die zuvorkommende Liebe Gottes erfahren lassen. So wurde Johannes Bosco
zu einem der größten Jugendapostel in der Geschichte der Kirche. Das heutige Logo der
Salesianer Don Boscos und der Don-Bosco-Familie möchte dieses zentrale Element seiner
und unserer Spiritualität auf plastische Weise zum Ausdruck bringen, wenn es Don Bosco
in Begleitung zweier Jugendlicher darstellt, wie er ja auch auf vielen Bildern zu sehen ist.
Der auferstandene Herr, der die verzweifelten Jünger auf dem Weg nach Emmaus
begleitet, ist dafür das Urbild (vgl. Lk 24,15).
Die Vorliebe für die jungen Menschen,
insbesondere die Bedürftigen unter ihnen, und der Antrieb, für sie da zu sein, um sie die
Liebe Gottes erfahren zu lassen, das war die Mitte der Spiritualität Don Boscos. Das Leben
mit und für junge Menschen ist auch die Mitte der Spiritualität der von ihm gegründeten
Ordensgemeinschaften (der Salesianer Don Boscos, der Don-Bosco-Schwestern) und
Laienvereinigungen (der Salesianischen Mitarbeiter) und aller Gruppen, die zur Don-
Bosco-Familie gehören. Wie Don Bosco wollen auch ihre Mitglieder jungen Menschen mit
"Vernunft, Liebe und Religion" helfen, ein glückliches und von Sinn erfülltes Leben zu
fnden. Don Bosco fasste sein tiefstes Anliegen in das Wort: "Ich will euch zeitlich und
ewig glücklich sehen."
Liebenswürdigkeit und familiärer Stil
Dabei war es Don Bosco wichtig, dass nicht nur über die Liebe geredet würde, sondern
dass die jungen Menschen auch gelebte Liebenswürdigkeit ("amorevolezza") spüren und
erfahren sollten. So schrieb er in seinem wohl berühmtesten Brief aus Rom (1884) an seine
Salesianer: "Es reicht nicht, dass die Jugendlichen geliebt werden, sondern sie müssen
diese Liebe auch spüren ... Ohne Herzlichkeit und Familiarität zeigt sich die Liebe nicht,
und ohne diesen Beweis der Liebe kann es kein Vertrauen geben."
Gerade hier nahm sich
Don Bosco den hl. Franz von Sales (1567-1622), den großen Lehrer der Gottesliebe, zum
Vorbild und empfahl dies auch seinen Schülern. Salesianisch leben und arbeiten, das hieß
für Don Bosco vor allem, im Alltag die Güte und Sanftmut des hl. Franz von Sales
nachahmen. In diesem Sinne wollte Don Bosco, dass sich die erzieherische Liebe in Güte,
Achtung und Geduld, aber auch in freundschaftlichen Beziehungen zu den jungen
Menschen ausdrücken sollte. Salesianische Einrichtungen sollten "Häuser" sein, wo sich
die jungen Menschen angenommen und verstanden wissen. Bis heute gilt das tagtägliche
Bemühen um ein familiäres Klima als zentrales Kennzeichen des Lebens und Arbeitens im

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Geiste Don Boscos. Hierzu gehört auch das Bemühen um gegenseitiges Vertrauen, eine
von wechselseitiger Annahme geprägte Herzlichkeit sowie die Bereitschaft zu Vergebung
und Versöhnung.
II) Eine österliche Spiritualität
Ostern 1846 bezog Don Bosco nach Jahren ständig wechselnder Orte mit seinem
Oratorium einen festen Sitz: das Pinardihaus in Turin-Valdocco, von dem sein ganzes
weltweites Werk ausgehen sollte. Ostern 1934 wurde Don Bosco in Rom durch Papst Pius
XI. heiliggesprochen, ein kirchengeschichtlich einmaliger Vorgang mit tieferer Bedeutung.
In der Tat war Don Bosco ein zutiefst österlich geprägter Mensch, der aus der österlichen
Botschaft heraus lebte und arbeitete. In seinem Jugendapostolat wirkte er unermüdlich für
die jungen Menschen, damit ihr Leben gelingen sollte. So engagierte er sich - allen
Todesmächten zum Trotz - für eine „Kultur des Lebens". Don Bosco war davon überzeugt,
dass Gott „ein Freund des Lebens" (Weish 11,26) ist; und diese Botschaft bezeugte er durch
Wort und Tat seinen Jugendlichen gegenüber.
Vertrauen und Optimismus
Die Zeit Don Boscos stand Kindern und Jugendlichen oft gleichgültig oder sogar
ablehnend und misstrauisch gegenüber. Und so hatte Don Bosco mit vielen Widerständen
zu kämpfen. Man wollte ihn wegen seines Jugendapostolates sogar verhaften oder ins
Irrenhaus stecken. Und doch ließ er sich durch all diese Schwierigkeiten nicht entmutigen.
Dabei wurde Don Bosco angesteckt vom unermüdlichen Optimismus seines großen
Vorbildes, des hl. Franz von Sales. Wie dieser glaubte auch Don Bosco an den guten Kern
in jedem Menschen. Insbesondere seine Begegnungen mit den jungen Menschen waren
von einem positiven Menschenbild geprägt. So lautet einer seiner wichtigsten Sätze: "In
jedem Jugendlichen, auch in einem ‚Gauner', gibt es einen Punkt, der für das Gute
zugänglich ist." Im Vertrauen auf diese guten Anlagen vermochte Don Bosco, selbst jungen
Menschen in größten Schwierigkeiten eine Zukunftsperspektive zu eröffnen.
Lebensfreude und Kreativität
Wo ein solch positives Welt- und Menschenbild herrscht, da können auch Freude und
Frohsinn Einzug halten. So war es zur Zeit Don Boscos, und so kann und soll es auch
heute sein. Feste, Musik, Spiel und Theater, Begegnung und Geselligkeit sind Formen in
salesianischen Häusern, Gruppen und Gemeinschaften, in denen sich diese
Grundhaltungen ausdrücken können.
Don Bosco zeigte sich als ein äußerst aktiver und
kreativer Geist, der immer darauf aus war, dem Leben zu dienen und den Nöten und

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Bedürfnissen seiner Jugendlichen zu begegnen. Er verstand seine Arbeit als Mitwirken am
Heilswerk Gottes. Und so sagte er von sich selbst: "In allem, was zum Vorteil der
gefährdeten Jugend ist oder dazu dient, Menschen für Gott zu gewinnen, gehe ich bis zur
Verwegenheit."
In dieser Tradition sind auch seine Nachfolger davon überzeugt, dass Gott
sich in den Zeichen der Zeit zu erkennen gibt und uns aufruft, in den Nöten der jungen
Menschen seine Klopfzeichen zu hören. Gott will nicht, dass Menschen leiden. Er will
keine „Kultur des Todes". Er will vielmehr, dass wir Not und Leid entgegentreten, wo
immer sie sich uns zeigen, besonders wenn es um Kinder und Jugendliche geht. Hier sind
wir mit Kreativität und Flexibilität gefordert, dem Leben zu dienen und für eine „Kultur
des Lebens" zu arbeiten. Die österliche Botschaft, dass Gott „ein Freund des Lebens" ist,
gibt uns dazu die Kraft. Diese österliche Botschaft in der „Via lucis", einem österlichen
Stationsweg, zu betrachten, liturgisch zu feiern und zu bezeugen, entspricht der
österlichen Spiritualität der salesianischen Familie daher zutiefst.
III) Eine Alltagsspiritualität
All das zeigt, dass Leben im Geiste Don Boscos nichts mit einer weltfremden oder
abgehobenen Spiritualität zu tun hat, sondern sich mitten in der Welt von heute ereignet.
Salesianische Spiritualität ist Alltagsspiritualität. Sie bedarf keiner besonderen Buß- oder
Fastenübungen, die über das allen Christen Empfohlene hinausgehen.
Im Alltag in den jungen Menschen Christus begegnen
Salesianisch geprägte Menschen suchen Gott auch nicht an fernen Orten, sondern sie
begegnen ihm im Jugendzentrum und in der Schule, im Unterrichtsraum und in der
Freizeit, auf dem Schulhof und auf dem Spielhof, in Jugendeinrichtungen und auf der
Straße, in der Disco und auf dem Fußballplatz, bei Jugendtreffen und auf Ferienfahrten, in
der Familie und daheim - überall da, wo junge Menschen mit ihren Sehnsüchten und
Fragen, Hoffnungen und Ängsten sind und leben. Für diejenigen, die in der Tradition Don
Boscos stehen, heißt Gottes-Dienst immer zugleich Menschen-Dienst, besonders an den
jungen Menschen. Denn: „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan
habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25,40). Und so glauben die Schülerinnen und Schüler
Don Boscos, „dass Gott in den Jugendlichen auf uns wartet, um uns die Gnade der
Begegnung mit ihm anzubieten und uns bereit zu machen, ihm in ihnen zu dienen" (23.
Generalkapitel der SDB, 95).
Im Dialog mit Gott
So in Beziehung mit den Menschen sein kann freilich nur, wer in Verbundenheit mit Gott

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lebt. Von Don Bosco bezeugten diejenigen, die ihn aus nächster Nähe kannten, dass all
sein Tun aus einer tiefen Einheit mit Gott entsprungen ist. „Er lebte, als schaute er den
Unsichtbaren." Auch das salesianische Apostolat heute bedarf eines lebendigen
Gebetslebens, das persönliche Formen (z.B. die Meditation) und gemeinschaftliche
Formen (z.B. Laudes und Vesper) kennt und hilft, Alltag und Gebet in gegenseitiger
Durchdringung mit einander zu verbinden.
Wie für alle Christen so ist auch für die Don-
Bosco-Familie die Eucharistie Mitte und Höhepunkt des geistlichen Lebens. Die Messfeier
war für Don Bosco neben der Marienverehrung die Säule, an der man sich in schwierigen
Zeiten festmachen konnte, und die Quelle des Lebens. Darum empfahl er seinen
Jugendlichen auch die häufge Kommunion, was damals eher ungewöhnlich war. Allen,
die im Geist Don Boscos ihr Leben zu gestalten suchen, ist das eucharistische Liebesmahl
Quelle ihres salesianisch-apostolischen Lebens. Hier dürfen sie sich vom auferstandenen
Herrn je und je neu das Brot brechen lassen, um des dann mit anderen zu teilen und für
sie zum „Brot" zu werden.
Salesianisches Beten im Sinne Don Boscos ist immer auch
apostolisch orientiert. Es soll sich gerade dadurch auszeichnen, dass die Not der jungen
Menschen von heute darin einen besonderen Platz hat und wir stellvertretend für all die
jungen Menschen vor Gott treten, die - aus welchen Gründen auch immer - nicht glauben
und nicht beten können. Und salesianisches Beten soll dadurch gekennzeichnet sein, dass
die Gottesliebe, die uns in unserem Leben immer neu geschenkt wird, uns dazu befähigt,
den jungen Menschen im Alltag "Zeichen und Botschafter der Liebe Gottes" zu sein. So
trachten wir danach, die „Liturgie des Lebens" zu feiern, das heißt, je und je neu die
Einheit von Apostolat und Gebet zu fnden, die Don Bosco uns vorgelebt hat.
IV) Eine marianische Spiritualität

Don Bosco zählt zu den großen Marienverehrern in der Geschichte der Kirche. So hatte er
es von seiner Mutter Margareta gelernt. Schon in seinem sog. Berufungstraum als
Neunjähriger wurde ihm Maria als „Lehrmeisterin" gegeben. Immer wieder vertraute er
seinen Berufungsweg und sein Jugendwerk ihr an. Eine lebendige Beziehung zu Maria ist
für Don Bosco neben der Eucharistie die zweite Säule, an der man sich auch in
schwierigen Zeiten festzuhalten vermag. Als seine eigene Mutter, die von seinen
Jugendlichen nur „Mama Margareta" genannt worden war und die sich besonders der
Waisen unter Don Boscos Jungen angenommen hatte, starb, da betete Don Bosco zu Maria:
„Nun musst du ihre Mutter sein!" Und am Ende seines Lebens bekannte er: „Alles hat
Maria gemacht!"
Don Bosco lehrte seine Jugendlichen und seine geistlichen Schüler, Maria vor allem als die
himmlische Mutter zu verehren. Er förderte darum ganz besonders die Maria-Hilf-

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Verehrung, die sich u. a. in traditionellen Andachten, Prozessionen, Rosenkranzgebet und
dem Maria-Hilf-Segen am 24. eines jeden Monats ausdrückte und ausdrückt.
Eindrucksvollstes Beispiel der Verehrung Mariens als Helferin der Christen durch Don
Bosco ist der Bau der Maria-Hilf-Basilika in Turin-Valdocco, den er unter größten Mühen
und Entbehrungen vorantrieb (1863-68). Sie stellt zugleich einen Lobpreis an Maria, die
Lehrmeisterin und Helferin Don Boscos dar, Bitte um ihre Fürsprache, damit die
Salesianische Familie ihrer erzieherischen Sendung treu bleibe, und ein Zeichen der
Ermutigung an die Christen in schwierigen Zeiten.
In Maria, der Helferin der Christen, sollten seine Jugendlichen nach dem Willen Don
Boscos ein „Zeichen sicherer Hoffnung und des Trostes" (LG 68) fnden. Die
Schwesterngemeinschaft, die Don Bosco zusammen mit Maria Mazzarello begründete
(1872), nannte er „Töchter Mariens, Hilfe der Christen" (Maria-Hilf-Schwestern, heute
meist: Don-Bosco-Schwestern). Er nannte sie so, weil er sie als „lebendiges Denkmal des
Dankes an die Madonna" wollte. Zur Förderung der Maria-Hilf-Verehrung gründete Don
Bosco sogar eine eigene Vereinigung (1869), die sich bis heute diesem Anliegen verpfichtet
weiß. Im Geist Mariens, die auf der Hochzeit zu Kana für die Bedürftigen (Joh 2,1-12)
eintrat und sich im Magnifcat für die Entrechteten engagierte (Lk 1,46-55), und im
Vertrauen auf ihre mächtige Hilfe wissen sich auch die Schülerinnen und Schüler Don
Boscos von heute gesandt, denen zu Hilfe zu eilen, die heute entrechtet und in Not sind,
besonders den bedürftigen Kindern und Jugendlichen.
P. Reinhard Gesing SDB
www.iss.donbosco.de