Demut


Demut

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Demut
Die demütige salesianische Gesellschaft in den Ursprüngen
Don Bosco war ein Demütiger, nicht nur weil er arm und unbekannt gebo-
ren worden war, sondern weil er sein Leben lang immer, sogar und vor allem an-
gesichts der Menge seiner Bewunderer, darauf achtete, sich selbst gering zu schät-
zen. Die Lektion der Dame im Traum, den er im Alter von neun Jahren hatte, so
wie er sie wiederholte: „Sei demütig, stark und robust“1, wurde von ihm nie ver-
gessen. In seinen Augen lebte der einstige Kuhhirt der Moglia unter der Soutane
des glühend verehrten Priesters von Turin weiter. Sein Schriftverkehr wimmelte
von Formeln der Art „meine arme Person“, welche für diejenigen, die zu lesen
verstanden, nicht bedeuteten, dass er keinen Pfennig Geld hatte, sondern an seine
unwiderlegbare Bescheidenheit erinnerten.2 Er unterschätzte sich nicht, beabsich-
tigte aber nie, sein Talent zu überfordern. Es erwachte und wiedererwachte in ihm,
ohne Täuschung, das „Gefühl, das eine Person ob ihrer Schwäche, ihrer Unzu-
länglichkeit empfindet und das sie dazu drängt, sich freiwillig zu erniedrigen, in-
dem sie ihren Stolz unterdrückt“, so wie die Lexikographen heute „Demut“3 defi-
nieren.
Die religiösen Gesellschaften, die Don Bosco gründete, trugen das Erbe
seiner Bescheidenheit. Als es seinen Nachfolger Don Rua traf, die Kongregation,
die ihm anvertraut war, öffentlich zu vertreten, glitt das Attribut „demütig“ (oder
seine Synonyme) fast automatisch aus seiner Feder. So schrieb er in seinen Rund-
schreiben an die Salesianer für die Jahre 1893-1896 am 29. Januar 1893: „... Der
sehr weise Leo XIII. liebt auch unsere demütige Gesellschaft“4; und am 29. Januar
1894: „Es ist nicht daran zu zweifeln, dass unsere demütige Kongregation der bür-
gerlichen Gesellschaft eine große Wohltat erweist, indem sie so vielen armen Kin-
dern eine Zufluchtsstätte gewährt“5. Im Jahre 1895 hatte er auf dem Salesiani-
schen Kongress von Bologna, so bekannte er, „ein erhebendes Fest des Glaubens,
des Eifers, der Nächstenliebe und, gebrauchen wir das Wort, der Sympathie ge-
genüber unserer demütigen Gesellschaft“ miterlebt. Dieser Kongress „hatte immer
mehr die Güte des Herrn gegenüber den demütigen Söhnen Don Boscos klar her-
vorgehoben.“ Groß war also unter diesen Menschen „die Wertschätzung gegen-
über den armen Söhnen Don Boscos.“6 Einige Monate gingen vorbei und er rief
aus: „Die göttliche Vorsehung hat es durch einen besonderen Zug ihrer Güte so
gefügt, dass unsere demütige Kongregation innerhalb einer sehr kurzen Zeit eine
Entwicklung nimmt, die einem Wunder zu gleichen scheint“7. Tief und authen-
tisch war die Bescheidenheit Don Ruas, wenn er von seiner religiösen Kongregati-
on sprach. Selbstgefälligkeit, Stolz, Prahlerei, Anspruchsdenken, Triumphalismus
waren normalerweise den Schülern Don Boscos seinerzeit fremd, wenn sie ihren
Lehrern treu ergeben sein wollten. Da sie sich für eine kollektive Demut entschie-
den hatten, erkannten sie klar ihre offensichtlichen Erfolge, aber sie bildeten sich
deswegen nichts ein. Gehörten sie denn nicht zur „demütigen salesianischen Kon-
gregation“?

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Die den Salesianern von Don Rua und Don Albera gepredigte Demut
Jedoch wird in diesen Dingen nichts für immer erlangt. Man musste den
Salesianern die Demut predigen. „Ahmen wir ihn (Don Bosco) nach in dem Ge-
fühl unserer eigenen Niedrigkeit (basso sentir)“, empfahl ihnen Don Rua, „indem
wir uns daran erinnern, dass es, wenn er gelobt wurde und von Leuten aller Spra-
chen, aller Klassen und aller Stände bewundert wurde, die Auszeichnung seiner
tiefen Demut war.8
Eine Ansprache „über die Demut“ eröffnete eine Reihe seiner Exerzitien-
vorträge für seine Ordensleute über „das große Gebäude der Heiligkeit“. „Der ers-
ten Teil egal welchen Bauwerkes besteht in seinen Fundamenten, erinnerte er. Und
so ist das Fundament der Heiligkeit die Demut. Er berief sich in diesem Sinn auf
die Autorität des heiligen Cyprian, des heiligen Hieronymus und des heiligen Au-
gustinus. Ein suggestives Bild dieses Letzten hatte ihn begeistert: „Magnus esse
vis? A minimo incipe.“ (Willst du groß sein? So beginne im Kleinsten.) „Du
träumst davon, den First eines großen Gebäudes zu errichten? Denke zuerst an die
Fundamente, das heißt an die Demut.“ Und er schloss auf eine gemeinsame Über-
einkunft aller, die aus dem Geiste leben, aus der Demut die Grundlage der Heilig-
keit zu machen.9 Er zeigte in seiner Ansprache danach, dass die Demut sowohl in
der rechten Praxis der göttlichen Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der
Liebe als auch der drei Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams,
unerlässlich ist. Die herablassende Selbstgefälligkeit bedroht die salesianischen
Vorgesetzten, dachte dieser Generalobere. Die Demut, die den Eifer aufrechter-
hält, vor Launen schützt, die zu Sanftmut und Liebe inspiriert, die über den Ge-
horsam wacht, ist ihnen um so notwendiger. Deus ... humilibus dat gratiam (den
Demütigen schenkt Gott seine Gnade), dachte er.10
Die Sorge um die grundlegende Rolle der Demut im geistlichen Leben
tauchte im „Leitgedanken“ Don Alberas für das Jahr 1921 erneut auf: „Davon
überzeugt, dass die Demut die Grundlage der Vollkommenheit ist, werden wir uns
bemühen, sie möglichst in unseren Gedanken, unseren Worten und unserem Ver-
halten zu üben.“11 Getreu seinen Vorgängern gebrauchte dieser Generalobere gern
das Attribut demütig, um sowohl sich selbst als auch seine Kongregation zu be-
zeichnen. Er wiederholte in seinen Briefen „meine demütige Person“ und „unsere
demütige Gesellschaft“, Formulierungen, die, sagen wir es gleich, ab Don Rical-
done, Generaloberer von 1932 bis 1951, in den Rundschreiben der salesianischen
Generaloberen nicht mehr auftauchen werden.12
Nach Don Rua hielt es auch Don Albera für gut, die Demut den Oberen
auf regionaler und lokaler Ebene zu predigen. Hinsichtlich ihrer Untergebenen
sollen sie sich als „Väter“ erweisen. Aber was soll es nützen, ihnen zur Väterlich-
keit zu raten, wenn sie sich nicht anstrengen, demütig zu sein! Der, der voll von
sich ist, wird immer der Geduld und Liebenswürdigkeit gegenüber seinem Nächs-
ten beraubt sein. Der „gute Vorgesetzte“ hat, weil er sich seiner eigenen Unfähig-
keit bewusst ist, nicht nach der Bürde seines Amtes gestrebt. Wenn er entgegen
seiner Erwartung zu irgendeiner Würde erhoben wird, weit davon entfernt, sich
darin zu gefallen oder darin den Lohn seiner Verdienste zu erkennen, erblickt er
(Francis Desramaut, Einhundert Schlüsselworte der salesianischen Spiritualität,
Art.: „Humilité“ – „Demut)

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darin nur „die Bestrafung seiner Sünden“ (sic: un castigo per i suoi peccati). Der
authentisch Demütige genießt seine herausragende Stellung nicht und mag nicht
die Ehren, die ihm für den Posten zugeschrieben werden, den er besetzt. Er erträgt
sie wie die unvermeidlichen Erfordernisse einer wohlgeordneten Gemeinschaft
und als Zeichen der Güte seiner Untergebenen, als ob seine Person damit nichts zu
tun hätte. Er läuft nicht Gefahr, sich über sich selbst auszubreiten, so dass er im
Gespräch mit Gefälligkeit Worte wie „mein“ wiederholt (mein Werk, mein Haus,
mein Kolleg, meine Provinz, etc.), sondern ist daran gewöhnt, sich als ein Glied
der Familie zu betrachten, das nur durch seine Aufgabe verpflichtet ist, darin den
ersten Platz zu besetzen. Unter seiner Regierung kann man hinsichtlich der Reali-
sierungen anderer keinen Schatten der Eifersucht bei ihm feststellen . Die Presse-
artikel zu seinem Lob beeindrucken ihn nicht, davon überzeugt, wie es sich ge-
hört, dass sie seinen Verdiensten vor dem Herrn nichts hinzufügen, etc.13
Die Generaloberen Rua und Albera priesen also die Tugend der Demut
(wenn auch auf eine etwas vereinfachende Art verstanden) und verlangten sie den
Söhnen Don Boscos ab, vor allem dann, wenn die Umstände sie hätten vergessen
oder vernachlässigen lassen können.
Eine immer weniger praktizierte Tugend
Der selige Filippo Rinaldi, dessen Zeit als Generaloberer (1922-1931) der-
jenigen Don Alberas folgte, war nach dem einstimmigen Empfinden der Beobach-
ter ein Vorbild der Demut, maßgeblich nach seiner Biographie und den Akten sei-
nes Kanonisationsprozesses. Die Zeugen tendierten sogar eher dazu, ihm eine
übermäßige Neigung zur Undurchschaubarkeit vorzuhalten. Wie sehr hatte er sich
1928 gewünscht, von der Last des Rektorates entbunden zu werden.
Dennoch sind die Ermahnungen zur Tugend der Demut seit seiner Regie-
rung in den offiziellen salesianischen Dokumenten selten geworden. Und sie ver-
schwanden etwa in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrunderts.14 Wenn die
salesianischen Ränge immer Demütige zählten, von denen gewisse, sehr unvor-
sichtig, nicht zögerten sich als solche zu proklamieren, so dachten die Verantwort-
lichen nicht mehr daran, sie zu ermutigen, auf ihrem „Weg des Klein-seins“ fort-
zufahren. Warum dieses fast völlige Schweigen? Hätten der Stolz und der zeitge-
nössische Triumphalismus dann nicht nach und nach die ererbte Spiritualität Don
Bosco verunreinigt ?
Demut ist ein „vieldeutiger“ Begriff, wenn man uns dieses in Kirchenkrei-
sen damals sehr beliebte Adjektiv erlaubt. Es gibt je nach den Menschen auf die es
sich bezieht, einen sehr unterschiedlichen Bereich der Qualität wieder. Alle De-
mütigen heißen nicht Don Bosco, Don Rua, Don Rinaldi, Mutter Mazzarello oder
Mutter Morano, diese Salesianer und die energischen und zu auffallender Reali-
sierung fähigen Don Bosco Schwestern. Diejenigen, die sich selbst als demütig
bezeichnen, rechtfertigen unter diesem Schutzvorwand ihre schuldhaften Versa-
gen. Darunter pflegen sie die Trägheit, die Faulheit, die Schlaffheit, die Feigheit,
die Ängstlichkeit, die Nichtswürdigkeit, wer weiß was noch? „Die großen Vorha-
ben, die sie übersteigen“, scheint es, würden ihre Demut verletzen. Infolgedessen
(Francis Desramaut, Einhundert Schlüsselworte der salesianischen Spiritualität,
Art.: „Humilité“ – „Demut)

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leben sie, trotz der Talente, auf die sie verzichtet haben, sie zu verwerten, als trau-
rige erwachsene Schmarotzer der menschlichen Gemeinschaft vor sich hin, zu-
rückgezogen in ihren Zimmern mit irgendeinem Hund oder irgendeiner Katze, um
ihnen Gesellschaft zu leisten. Anschauungen dieser Art sind unter ganzen sozialen
Schichten ausgebreitet worden, und es hat regelmäßig Törichte, Leichtsinnige
oder findige Köpfe unter den Kirchenmännern gegeben, die sie darin bestärkten.
Unter dem Vorwand der Demut würden die „Verurteilten der Erde“ fortfahren, zu
Boden gebeugt zu marschieren, demütig gebeugt. Sie würden sich also nie auf-
richten, als wäre angeborene Demut ihr Schicksal. Die Armut wäre das Los, das
die Vorsehung für eine unaufhörliche Demut der Klasse oder jener Rasse zuteilt.
Der Handel mit solcher Ware passte schlecht zu den mächtigen Bewegun-
gen der „Personalisierung“ und der „Befreiung“, die im Laufe des zwanzigsten
Jahrhunderts im abendländischen Bewusstsein vorherrschten.15 Die Verformung
der Demut sichert die Missbräuche der Mächtigen und die Erbärmlichkeit der
Kleinen, verkündeten diese Bewegungen. Die Befreiungstheologie vertrug sich
schlecht mit der Demut der Armen wie der Reichen. Lehrten die Prediger der De-
mut die Armen nicht eine lächerliche Resignation? Viele sahen in der christlichen
Rede die große Sperre für das Verlangen der Völker nach Freiheit. Sie lehnten im
Ganzen ein verdächtiges Erbe ab. Die Demut würde nicht nur in den umfassenden
Bereich der spirituellen Irreführung fallen, mehr oder weniger bewusst demotivie-
rend, sondern vom Gesichtspunkt der Psychologen aus würde sie sich an den
schlechtesten Quellen des Unvermögens und des Ressentiments nähren. Die Tie-
fenpsychologie, der Kult der Stärke und ein Christentum, das als erschüttert ange-
sehen wurde, vereinigten sich, um sich zu weigern, die Demut in eine erneuerte
katholische Spiritualität einzuführen. Die Demut schien in Vergessenheit zu gera-
ten. Man sprach nicht mehr davon, man wagte nicht mehr, davon zu sprechen.
Zweifellos hatte man in der Vergangenheit allzu sehr davon gesprochen, und oft
sehr schlecht. Das Wort selbst wurde aus dem Neuen Lexikon der Theologie
(„Nouveau dictionnaire de théologie“) von Paul Eicher verbannt.16 Der Autor hat
es wahrscheinlich bevorzugt, nichts von einem verfänglichen Begriff zu sagen.
Das Empfinden des Verfalls der Demut musste die salesianischen Vorgesetzten in
ihrem Reden über das geistliche Leben beeinflussen, sogar ohne sich dessen be-
wusst zu sein. Vor allem wenn sie, wie es bei Don Viganò der Fall war, in alle
Winde die in Angriff zu nehmende Aktion und die Entfaltung der Persönlichkeit
predigten.
Die Demut, beständige salesianische Tugend
Und dennoch blieb das Modell. Jenseits Don Bosco gab es und wird es im-
mer für den Christen Jesus selbst geben, der sich demütigte, bis dahin, zu sterben.
Zu glauben, wird in seiner Nachfolge weiter darin bestehen, vor Gott Vater demü-
tig zu werden.*1 Hier gibt auch der Islam den Christen oft eine wertvolle Lektion.
Die Demut ist nicht die blasse Tugend der Schwachen, die aus Verschlagenheit
ihre Schwachheit ausnutzen würden, um die Starken nach Belieben zu disponie-
*1 Anm. d.Ü.: Vgl. Jesu Wort in Mt 11, 29: „Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich
bin gütig und von Herzen demütig.“
(Francis Desramaut, Einhundert Schlüsselworte der salesianischen Spiritualität,
Art.: „Humilité“ – „Demut)

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ren. Sie hat auch nicht zu tun mit der Selbstverachtung oder dem Unvermögen.
Die authentische Demut hat nichts gemein mit der Resignation. Sie fällt in den
Bereich einer Entscheidung, unaufhörlich von neuem zu beginnen, als jemand, der
an Jesus Christus glaubt: der Entscheidung eines Menschen, der sich wahrhaftig
vor Gott befinden will, mit Gott und in Gott. Genau in diesem Sinn sagt und wie-
derholt man (ohne es recht zu verstehen), dass „Demut Wahrheit bedeutet“. Die
Demut ist eine Haltung des Bewusstseins, die sich abhängig weiß. Glauben Sie an
die Schöpfung? Dann wissen Sie, dass glauben bedeutet, „zu akzeptieren, von ei-
nem anderen das zu empfangen, was nur von ihm selbst abhängig ist“.17
Die Demut mäßigt die Überheblichkeit und den Stolz. Sie ist Selbstver-
leugnung, Verzicht, den der Mensch sich auferlegt oder den er akzeptiert. Das
kann auch ein Attribut seiner Freiheit sein, die in den Spannungen und Konflikten
reift. Die Demut rottet die Tendenzen der abgöttischen Selbstgefälligkeit aus. Sie
schafft innere Dispositionen der Danksagung Gott gegenüber, der vertrauensvol-
len Hingabe, der Verfügbarkeit für den Geist des Herrn und auch des ausgegliche-
nen Selbstbewusstseins.
Wir finden in Don Bosco und Franz von Sales zwei sehr demütige, aber
auch sehr ausgeglichene Heilige, die sich selbst nicht verachteten und nichts von
weinerlicher Schwachheit an sich hatten. Franz von Sales brachte die Demut in
Einklang mit der Großmut, der Größe der hochherzigen Seele, die dazu eine Art
Gegengewicht bildet. Der Kleinmut, die Erbärmlichkeit und die Engherzigkeit
machen aus der Demut eine widerwärtige Untugend. „Die Demut“, erklärte Franz
(von Sales) den Schwestern von der Heimsuchung, „bedeutet nichts anderes als
eine vollkommene Erkenntnis, dass wir nichts anderes sind als ein reines Nichts,
und sie hilft uns, in dieser Einstellung uns selbst gegenüber auszuhalten.“ Sie hin-
dert uns dennoch nicht, sie befiehlt uns sogar ausdrücklich, uns in hohem Maße zu
achten, und zwar „aufgrund der Güter, die in uns sind, aber nicht von uns: die Gü-
ter des Glaubens, der Hoffnung, der Gottesliebe, so wenig wir davon in uns haben
mögen, und darüber hinaus auch der Gabe, die Gott uns verliehen hat, uns mit ihm
dank seiner Gnade zu vereinen.“ Diese Wertschätzung ist „die Grundlage der
Großmut des Geistes“. Die Demut beruht nicht nur darauf, „uns selbst zu miss-
trauen, sondern auch uns Gott anzuvertrauen; und das Misstrauen gegenüber uns
selbst und unseren eigenen Kräften bringt das Gottvertrauen hervor, und aus die-
sem Vertrauen wächst die Großmut des Geistes.“18 Der tugendhaft Demütige ist
frei, großmütig und hochherzig.
Die heutigen Salesianer predigen die Demut den heranwachsenden Gene-
rationen. „Die Demut in das dritte Jahrtausend zu tragen bedeutet, alle anderen
Tugenden zu sichern“, bekräftigte der Bollettino 1999. „Die Demut ist der An-
sporn, der den Menschen daran hindert, selbstgefällig zu sein und sich selber zu
verschließen. Es ist die Weigerung, fern von Gott zu existieren. „Ich habe Gott an
dem Tag gefunden, als ich mich selber aus dem Blick verloren habe“, wiederholte
die heilige Teresa. Alle Tugenden klopfen an die Pforte des Jahres 2000, die De-
mut aber kommt, sie zu öffnen. „Sei demütig und du wirst dich stark und robust
erweisen in allen Wechselfällen des Lebens.“19 Ein Jahrhundert vorher gebrauchte
Don Rua keine andere Sprache.
(Francis Desramaut, Einhundert Schlüsselworte der salesianischen Spiritualität,
Art.: „Humilité“ – „Demut)

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1
o „Renditi umile, forte, robusto” (MO Da Silva, S. 36).
2
o Der Herausgeber des zweiten Bandes seines neuen Epistolario für die Jahre 1864-1868 (Rom, 1996) hat seine
Formulierungen „povera mia persona” und „povera anima mia” (S. 683) für diese Zeitperiode zusammengetragen.
3
o Vgl. Le Grand Robert de la langue française, unter: Humilité.
4
o „... il sapientissimo Leone XIII ama pure l’umile nostra Società.” (M. Rua, L.C., S. 430).
5
o „Non v’ha dubbio, l’umile nostra Congregazione fa un gran bene alla civile società col procurare un asilo a
tanti poveri giovanetti ...” (M. Rua, L.C., S. 437).
6
o In Bologna war Don Rua anwesend „ad un sì sublime spettacolo, di fede, di zelo, di carità e, diciamolo pure,
di simpatia verso l’umile nostra Società (...)” „... questo Congresso fa vie maggiormente risaltare la bontà del Signore
verso gli umili figli di Don Bosco (...)” „... stima verso i poveri figli di Don Bosco.” (M. Rua, Rundbrief an die
Salesianer, 30. April 1895, L.C., S. 130, 131, 132).
7
o „La Divina Provvidenza per tratto particolare di sua bontà dispose, che l’umile nostra Congregazione in
brevissimo lasso di tempo prendesse uno sviluppo tale che sembra tenere del prodigioso.” (M. Rua, Rundbrief an die
Salesianer, 29. Januar 1896, L.C., S. 137).
8
o „Imitiamolo soprattutto nel basso sentir di noi stessi ricordando che, se egli è lodato ed ammirato da gente
d’ogni lingua, d’ogni ceto e condizione, questo è il premio della sua profonda umiltà.” (M. Rua, Rundbrief an die
Salesianer, 20 Januar 1898, L.C., S. 174).
9
o Hier sind die zitierten Anmerkungen dieser eigenhändig niedergeschriebenen Ansprache, die unveröffentlicht
geblieben ist: „... dovrò limit. ad indic. solo le parti più essenz. del grande edifiz. della nostra santific. Prima parte di un
edif. qualunque sono le fondam. Ora il fondamento della santità è l’umiltà (...) S. Agost. spieg. più diffusam. questa
bella idea. Soggiung. magnus esse vis? A minimo incipe. Cogitas magn. fabr. constr. celsitud? De fundam. prius cogita
humilitatis.” (M. Rua, „Sull’umiltà”, Sammlung nicht datierter Predigten, FdB 2900 A2).
10
o M. Rua, Rundbrief an die Provinziale und Direktoren in Amerika, 24. August 1894, L.C., S. 112.
11
o „Intanto, eccovi la mia Strenna per il nuovo anno. Per i Salesiani. Persuasi che l’umiltà è il fondamento della
perfezione, ci studieremo di praticarla meglio che ci sia possibile, nei pensieri, nelle parole, nel portamento.” (P. Albera,
Brief an die Salesianer, 24. Dezember1920, L.C., S. 363).
12
o Vgl. seinen ersten Rundbrief an die Salesianer: „... Ma voi così buoni e indulgenti verso l’umile mia persona.”
„... Il Vicario di Gesù Cristo si fece vedere ben informato di quanto riguarda l’umile nostra Società ...” „... i disegni di
Dio sulla nostra umile Congregazione.” (P. Albera, Brief an die Salesianer, 25. Januar 1911, L.C., S. 7, 15, 19-20). Und
ein Rundbrief von 1915: „... il sapientissimo novello Pontefice Benedetto XV ama pure grandemente l’umile nostra So-
cietà.” „Altro motivo di conforto per noi tutti si è la stima che gode l’umile nostra Società in Roma.” (P. Albera, Brief
an die Salesianer, 29. Januar 1915, L.C., S. 161, 162).
13
o Mehr oder weniger wörtlich übersetzte Sätze aus dem Abschnitt Umiltà des Briefes von Don Allbera an die
Provinziale und Direktoren (21. April 1917), mit dem Titel: Consigli ed avvisi per conservare lo spirito di D. Bosco in
tutte le Case, L.C., S. 227-228.
14
o Zwei sekundäre Referenzen aus der Zeit des Rektorates Don Ricaldones (1932-1951), keine für das Don Zig-
giottis (1952-1965), eine einzige unter dem Rektorat Don Ricceris (1965-1977), schließlich eine einzige in der Zeit Don
Viganòs (1978.1995), die zudem die Demut Don Rinaldis betrifft.
15
o Es ist bekannt, dass der Generalobere Viganò darin zwei mächtige Hebel der Weiterentwicklung der salesiani-
schen Spiritualität entdeckte. Vgl. unsere obige Einführung.
16
o Zweite Aufl., Paris, Cerf., 1996. Der Begriff Humilité wird ignoriert, nicht nur im Korpus, sondern was den
Gipfel eines Lexikons der christlichen Theologie ausmacht, auch im reichhaltigen thematischen Index dieses Werkes.
Weniger Sklave der gegenwärtigen Zeitströmungen, kennt seinerseits das „Dictionnaire d’éthique et de philosophie
morale“ (dir. M. Canto-Sperber, Paris, PUF, 1996), in seinem „Index rerum“ (S. 1706), die „Humilité chrétienne“ .
17
o Formulierungen, die z.T. dem Faszikel „L’humilité des croyants”, Zeitschrift Christus 104, Oktober 1979,
entliehen sind.
18
o Franz von Sales, Entretiens spirituels, 5: „De la générosité”, in: Oeuvres, Bd. VI, S. 74-77, passim. (Anm.
d.Ü.: vorliegende Zitationen in eigener Übersetzung).
19
o „Portare nel terzo millenio l’umiltà è assicurarsi tutte le altre virtù. L’umiltà è un puntiglione che impedisce
all’uomo di compiacersi, di fermarsi. E’ il rifiuto di esistere all’infuori di Dio.” „Ho trovato Dio il giorno che ho perso
di vista me stessa”, ripete santa Teresa. A bussare alla porta del 2000 sono tutte le virtù, ad aprirla è l’umiltà. “Renditi
umile e ti troverai forte e robusto per tutte le traversie che la vita ti presenta.” (Carlo Terraneo, ”Lettera ai giovani. Abit-
are il 3° millenio in umiltà”, in Bollettino salesiano, Januar 1999, S. 19.)