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Apostolat
Apostolat und salesianisches Leben
„Später erschien Jesus auch den Elf, als sie bei Tisch waren; (...) Dann sagte er zu
ihnen: Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Ge-
schöpfen“ (Mk 16,14f)! Christus lud seine ersten Apostel ein, die Frohbotschaft,
in anderen Worten, das Evangelium, zu verkünden. Die Evangelisierung war ihre
privilegierte Aufgabe als Apostel, was wir als Apostolat bezeichnen. Um das We-
sentliche zu treffen, schränken wir Apostolat, einen Ausdruck, der vielfache Be-
deutungen haben kann, nur auf die Evangelisierung ein.
Das Apostolat nimmt eine zentrale Stellung im Leben des salesianischen Or-
densmannes und der salesianischen Ordensschwester und erst recht im Leben des
Salesianers ohne Gelübde ein*1. Traditionell streben die Ordensgründer in erster
Linie die persönliche Heiligung der Mitglieder ihrer Institutionen an und nur in
zweiter Linie das Apostolat, das sie sie ausüben lassen wollen, bemerkte der frü-
here Generalobere Paolo Albera, ein besonderer Schüler Don Boscos. Darin liegt
eine tiefe Weisheit, das vorgegebene Ziel des geistlichen Lebens, so wie es immer
in der Kirche Jesu Christi verstanden wurde. Ohne zu vergessen, dass die persön-
liche Heiligung dem Apostolat vorangehen muss, erfasste Don Bosco mit seinem
offenen Sinn für die Erfordernisse der Zeit und für das Wesentliche der Berufung,
dass es mit ein bisschen gutem Willen möglich wäre, die persönliche Heiligung
und das Apostolat zu vereinen. Er hatte selbst diese Erfahrung gemacht und er
verlangte von seinen Söhnen, ihn nachzuahmen. 诲诲め瞎瞐瞐 Er gab sogar dem Apostolat ei-
nen solchen Vorzug, dass oberflächliche Beobachter glauben konnten, er habe
eine Gesellschaft von Priestern und Laien einzig für die Erziehung der Jugend
gegründet. Und der erste Artikel der salesianischen Konstitutionen, so wie er sie
1874 approbieren ließ, schien ihnen recht zu geben, als er erklärte: „... die Mitbrü-
der üben, während sie sich bemühen, zur christlichen Vollkommenheit zu gelan-
gen, alle Werke der Nächstenliebe aus, etc.“1
Die Werke der Nächstenliebe stehen ganz im Vordergrund des salesianischen
Lebens. Wir finden hier das Motto des Wappens: „Da mihi animas, caetera tolle“
wieder, welches der innige Ruf der Nächstenliebe eines vom Apostolat beherrsch-
ten Don Bosco war. Ein Wunsch Don Ruas einige Jahre nach dessen Hinscheiden,
erlaubt diese Interpretation. „Wolle der Herr“, schrieb er, „dieses heilige Feuer in
unseren Herzen immer lebendig erhalten, das sich damals entzündete, als wir Don
Bosco den mächtigen Schrei ausstoßen hörten: ‚Da mihi animas, …’ und als wir
im Dienst der Nächstenliebe seine Kräfte und sein Leben verzehren sahen.“2
Die Nächstenliebe der Salesianer nach Don Bosco ist tatsächlich außerordent-
lich apostolisch. Kleriker, Ordensbrüder, Ordensschwestern oder Laien, eventuell
ehemalige Schüler oder Mitarbeiter in den salesianischen Werken, sie treten, jede
Gruppe in ihrer Art, die Nachfolge der Apostel an, „um den Menschen Christus,
*1 Anm. d. Ü.: Mit der „salesianischen Ordensfrau“ sind insbesondere die Don-Bosco-
Schwestern gemeint, die im französischen Sprachraum „Salesianerinnen“ genannt werden,
mit den „Salesianern ohne Gelübde“ sind die „Salesianischen Mitarbeiter Don Boscos“ ge-
meint.

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den Retter der Welt zu verkünden“. Gewiss, die Rollen der einen sind von denen
der anderen verschieden. Im 2. Vatikanischen Konzil lesen wir: „Den Aposteln
und ihren Nachfolgern wurde von Christus das Amt übertragen, in seinem Namen
und in seiner Vollmacht zu lehren, zu heiligen und zu leiten. Die Laien hingegen,
die auch am priesterlichen, prophetischen und königlichen Amt Christi teilhaben,
verwirklichen in Kirche und Welt ihren eigenen Anteil an der Sendung des ganzen
Volkes Gottes. Durch ihr Bemühen um die Evangelisierung und Heiligung der
Menschen und um Durchdringung und Vervollkommnung der zeitlichen Ordnung
mit dem Geist des Evangeliums üben sie tatsächlich ein Apostolat aus. So legt ihr
Tun in dieser Ordnung offen für Christus Zeugnis ab und dient dem Heil der Men-
schen.“3 Daher wird kein Christ ausgenommen. Die ganze geistliche Familie Don
Boscos: Salesianer, Don-Bosco-Schwestern (Töchter Mariä Hilfe der Christen),
Volontarie Don Boscos, Mitarbeiter, kann und soll sogar, jeder an seinem Platz,
sich von der mühsamen apostolischen Arbeit betroffen fühlen, die versucht die
Menschheit zu evangelisieren, die Menschen zu heiligen und die zeitliche Ord-
nung mit dem Geist des Evangeliums zu durchdringen
Das Apostolat der „neuen Evangelisierung“
Die Don-Bosco-Familie nimmt so heutzutage an einem wichtigen Werk des Apos-
tolates teil, der Bemühung der Evangelisierung, die von Paul VI. in Evangelii
nuntiandi (8. Dezember 1975) und dann mit besonderem Nachdruck in einer Pre-
digt von Johannes Paul II. in Santo Domingo (25. Januar 1979), welcher der Ge-
neralobere Viganò als guter Theologe zahlreiche Interventionen widmete, gefor-
dert wurde. Die Ziele des 2. Vatikanischen Konzils ganze zehn Jahre vorher, kön-
nen in einem einzigen zusammengefasst werden, schrieb Paul VI.: „Die Kirche
des 20. Jahrhunderts fähiger zu machen, das Evangelium der Menschheit des 20.
Jahrhunderts zu verkünden“. Wenn sie Herz und Tatkraft haben, werden sich die
heutigen Salesianer mit Enthusiasmus ins Abenteuer des Generaloberern der Jahre
1978-1995 stürzen.4
Don Viganò betonte den neuen Charakter der gegenwärtigen Evangelisierung.
Gewiss hat die Evangelisierung immer darauf beruht, das Evangelium in das Le-
ben der Menschheit zu bringen, hatte Paul VI. erinnert: „Evangelisieren besagt für
die Kirche, die Frohbotschaft in alle Bereiche der Menschheit zu tragen und sie
durch deren Einfluss von innen her umzuwandeln und die Menschheit selbst zu
erneuern: „Seht, ich mache alles neu“ (Offb 21,5)! Es gibt aber keine neue
Menschheit, wenn es nicht zuerst neue Menschen gibt durch die Erneuerung aus
der Taufe und ein Leben nach dem Evangelium. Das Ziel der Evangelisierung ist
also die innere Umwandlung. Wenn man es mit einem Wort sagen müsste, so wä-
re es wohl am richtigsten, zu sagen: Die Kirche evangelisiert, wenn sie sich be-
müht, durch die göttliche Kraft der Botschaft, die sie verkündet, zugleich das per-
sönliche und kollektive Bewusstsein der Menschen, die Tätigkeit, in der sie sich
engagieren, ihr konkretes Leben und jeweiliges Milieu umzuwandeln.“5
Unter diesem Gesichtspunkt verändert sich die Evangelisierung im Laufe der
Zeiten nicht. Aber die Form, die sie von einer Epoche zu einer anderen annimmt,
kann sich unterscheiden, weil die Kulturen sich entwickeln und verändern. „Das
Evangelium und somit die Evangelisierung“, hatte Paul VI. weiter bemerkt, „iden-
Francis Desramaut, Einhundert Schlüsselworte der salesianischen Spiritualität,
Art.: „Apostolat“ - „Apostolat

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tifizieren sich natürlich nicht mit der Kultur und sind unabhängig gegenüber allen
Kulturen. Dennoch wird das Reich, das das Evangelium verkündet, von Menschen
gelebt, die zutiefst an eine Kultur gebunden sind, und kann die Errichtung des
Gottesreiches nicht darauf verzichten, sich gewisser Elemente der menschlichen
Kultur und Kulturen zu bedienen. Unabhängig zwar gegenüber den Kulturen sind
Evangelium und Evangelisierung jedoch nicht notwendig unvereinbar mit ihnen,
sondern fähig, sie alle zu durchdringen, ohne sich einer von ihnen zu unterwer-
fen.“6 Eine neue Form der Evangelisierung ist um so dringender, als der kulturelle
Wandel tiefgehend geworden ist. Nun aber ist der „Bruch zwischen Evangelium
und Kultur ohne Zweifel das Drama unserer Zeitepoche“, fügte der Papst hinzu.7
Die neue Evangelisierung erfordert einen Wandel in der Pastoral; sie muss
unter der Leitung der Apostel und ihrer Nachfolger zugleich aufmerksam sein für
die Anpassung an neue Kulturen und, in Übereinstimmung mit der christlichen
Tradition, für die Aufrechterhaltung der Integrität der Lehre. Dieser pastorale
Wandel berührt gleichzeitig den Inhalt der Evangelisierung, die Wege, die Träger
und die Adressaten der Evangelisierung.8 Das traditionelle salesianische Leben
musste von einer solchen Botschaft der Erneuerung angesprochen werden.
Die Erfordernisse der „neuen Evangelisierung“ nach dem General-
oberen Egidio Viganò
1989 lenkte der Generalobere Viganò in einem Brief, den er ganz der „neuen
Evangelisierung“ widmete, die Aufmerksamkeit der Don-Bosco-Familie auf ihre
Erfordernisse: die „Neuheit der Grenzziehungen“, die „Neuheit der Perspektiven“,
die „Neuheit der theoretischen Voraussetzungen“, die „Neuheit von Methode und
Sprache“ und die „’Neuheit’ derer, die verkünden“ („nouveauté d'opérateurs“9).
Dies waren zum Ende des Jahrhunderts die besonderen Direktiven für das salesia-
nische Apostolat seitens der Vorgesetzten.10
Die „neuen Grenzziehungen“ Don Viganòs gingen auf Kultur und Kulturen
ein. Die neu umfassten Bereiche waren nach ihm (und er hatte nicht Unrecht):
„die Würde der menschlichen Person, die unverletzlichen Rechte auf Leben, die
religiöse Freiheit, die Familie als wichtigster Freiraum für das soziale Engage-
ment, die Solidarität auf den verschiedenen Ebenen, der eigene politische Einsatz
für ein Zusammenleben in Demokratie, die umfassende wirtschaftliche und sozia-
le Problematik und schließlich (als Zusammenfassung) die Kultur“*2. Es handelte
sich im Grunde darum, zu versuchen, das von Evangelii nuntiandi aufgezeigte
Drama des Bruchs zwischen Kultur und Evangelium zu lösen. Die Evangelisie-
rung sollte nicht von einem Text oder einer sogar erprobten Tradition ausgehen,
sondern vom Menschen und seinen gegenwärtigen Bedürfnissen.
Es ist von nun an nötig, systematisch die Zukunft zu betrachten und zu versu-
chen, den Sinn der Geschichte zu erfassen, lehrte der Generalobere. Das sind die
„neuen Perspektiven“ der Evangelisierung. Man wird also unter Berücksichtigung
*2 Anm. d. Ü.: Wir übernehmen an dieser Stelle, wie auch in obigen zitierten Überschriften des
Briefes Don Viganòs, den Wortlaut der amtlichen deutschen Übersetzung: Amtsblatt des Ge-
neralrates der Salesianer Don Boscos, Oktober-Dezember 1989, Nr. 331.
Francis Desramaut, Einhundert Schlüsselworte der salesianischen Spiritualität,
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der Zukunft grundlegende Werte des Christentums wie etwa „Tradition“ oder
„Observanz“, neu zum Ausdruck bringen. Der „Zukunft einen bevorzugten Platz
einzuräumen“, diese Sicht durch neue Ideale zu erhellen, gleichzeitig sich kreativ
und Regie führend zu zeigen, all diese Aufgaben verpflichten dazu, vertraute
Denkgewohnheiten zu modifizieren. Aber so öffnen sich angenehme Horizonte:
Mehr als von Krieg und Macht, wird man von Frieden, Gerechtigkeit, Ökologie
und Solidarität sprechen. Verschiedene soziale Vorbilder werden vorgeschlagen
werden. „Es ist, als ob der Menschheit eine Stunde des wiedererwachenden Früh-
lings voll von jugendlicher Phantasie geschenkt würde“, rief Don Viganò an die-
ser Stelle aus. „Alles in allem ist das an sich eine begeisternde Neuheit.“*3
Aber der Generalobere war nicht naiv. Er wusste, dass auf Erden Utopien
überhandnehmen, die bald veralten, dass die glückliche Zukunft, von der wir
träumen, sich oft in wahre Albträume verwandelt. Die Zeit ist zuerst die Gegen-
wart, nicht die Zukunft. Und diese gegenwärtige Zeit braucht eine Verwurzelung.
Was die Zukunft betrifft, so geht sie selbst aus der Vergangenheit hervor. Jedoch
sollte man im Geiste gegenwärtig halten, dass das Christentum von Natur aus auf
die Zukunft ausgerichtet ist. Don Bosco, der in kluger Weise die Vergangenheit
las und eine auf die Zukunft ausgerichtete Pastoral praktizierte, gibt hier den Sale-
sianern eine wertvolle Lektion historischer Sensibilität. Der Geist hatte in ihm
einen „gültigen Propheten für die neuen Zeiten“ erweckt. Er ist für seine Schüler
der „Lehrmeister für einen neuen Beginn der Jugendpastoral“.
Die christliche Lehre muss neu überdacht werden, ausgehend von „neuen
Voraussetzungen“. Der heutige Verkündiger des Evangeliums bedarf einer er-
neuerten Theologie der Schöpfung, einer Theologie der Hoffnung, die wirklich
auf die Zukunft gerichtet ist, welche für den Christen in der Eschatologie besteht,
und schließlich einer Theologie der Kirche, die, dem 2. Vatikanischen Konzil fol-
gend, auf dem Begriff des Volkes Gottes in organischer Gemeinschaft gründet.11
Die neue Evangelisierung erfordert eine „Neuheit von Methode und Spra-
che.“ Die Pädagogik hat mit Hilfe der Biologie, der Psychologie und der Soziolo-
gie, große Fortschritte erreicht, von denen die Erziehung zum Glauben profitieren
muss. Die neuen Formen der pastoralen Annäherung und des kulturellen Dialogs
haben in der Einschätzung Don Viganòs für die Don-Bosco-Familie wirklich eine
„außergewöhnliche Wichtigkeit“. Insbesondere verdient die Sprache des Apostels
eine große Aufmerksamkeit. Unsere eigene mentale Bildung und ein gewisser
Mangel an kultureller Flexibilität können unserer Anpassungsfähigkeit schaden.
Der Evangelisator würde eine Sprache benötigen, die an die Intellektuellen ange-
passt ist, eine andere für die einfachen Leute, eine andere für die offizielle Kom-
munikation, eine andere für die Analphabeten, jedenfalls eine Sprache, die zu-
gleich der vollständigen Wahrheit der Inhalte Rechnung trägt und es erlaubt, sich
mit den Einfachsten zu verständigen. Die Vielzahl und die Verschiedenheit der
Methoden, entsprechend den Unterschieden im Alter, den Kulturen, den Situatio-
nen, etc., sind keineswegs Schwächen der Evangelisierung, sondern Zeichen der
pädagogischen Anpassungsfähigkeit und folglich der Reichhaltigkeit in der
Kommunikation. Es ist wahr, dass die Anpassung in den Methoden und der Spra-
che delikat ist. Die Erziehung im Glauben ist eine schöpferische Angelegenheit,
*3 Vgl. ebd., S. 8.
Francis Desramaut, Einhundert Schlüsselworte der salesianischen Spiritualität,
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so wie die christliche Identität es ist. In diesem Fall haben die Techniken nur in
dem Maß Wert, als sie tatsächlich der Weitergabe des Glaubens und der Glau-
benserziehung dienen.
Die „’Neuheit’ derer, die verkünden“ ist unerlässlich bei der zeitgenössischen
Evangelisierung. Dies betrifft die Gesamtheit des Volkes Gottes. Die Evangelisie-
rung allein den Klerikern vorzubehalten, wäre heutzutage ein Irrtum. Die Laien
sind die natürlichen Evangelisatoren ihres Lebens- und Arbeitsfeldes. Der missio-
narische Charakter des Laienstandes ist vom 2. Vatikanischen Konzil anerkannt
und bekräftigt worden. Das ist etwas Neues. In diesem Laikat nimmt der Salesia-
ner sofort die Jugend als sein privilegiertes Apostolatsfeld wahr. Der Generalobe-
re empfahl den Salesianern, mit Aufmerksamkeit den Absatz über die Jugendli-
chen in der apostolischen Ermahnung von Johannes Paul II., Christifideles laici
(30. Dezember 1988), zu studieren. Die Kirche liest in den Jugendlichen die Zu-
kunft, die auf sie wartet. Ihre Sensibilität nimmt tief die Werte der Gerechtigkeit,
der Gewaltlosigkeit und des Friedens wahr. Ihre Herzen sind offen für Brüder-
lichkeit, Freundschaft und Solidarität. Sie werden in höchstem Maß aktiv für die
Anliegen Lebensqualität und Erhaltung der Natur. Diese Werte verhindern, sie
„einfach als Objekt der pastoralen Sorge der Kirche zu betrachten. Sie sind tat-
sächlich, und sie sollen dazu ermutigt werden, aktive Subjekte, die Anteil an der
Evangelisierung und an der sozialen Erneuerung nehmen.“12 Diese mutige Bekräf-
tigung zeigt der salesianischen Jugendpastoral die Richtung an. Man müsste in der
neuen Evangelisierung viele „junge Arbeiter“ einsetzen. Das typische salesiani-
sche Werk, das Oratorium, ist nicht ein einfacher geographischer Ort. Es müsste
eine Vereinigung und eine Bewegung im Dienst einer Stadt, einer salesianischen
Provinz, sogar eines ganzen Landes sein.
So wird der Geist des auferstandenen Christus, der alle Dinge neu macht, bes-
ser in die heutige Gesellschaft eindringen. Denn Er ist die „höchste Neuheit“, be-
tonte der Generalobere in einem Absatz unter diesem Titel. „Die neue Evangeli-
sierung stützt sich ganz und gar auf dieses höchste Ereignis“, das Pascha des
Herrn. Man findet sie dank zweier privilegierter Vermittlungen wieder: des Wor-
tes Gottes und der Liturgie. Die neue Evangelisierung bedarf also einer echten
'Schule des Wortes' und einer erneuerten 'liturgischen Erfahrung'*4. Wenn sie Don
Bosco treu sind, kennen die Salesianer gut diese Anforderungen.
Die unverzichtbare „apostolische Innerlichkeit“
Die Glieder der Don-Bosco-Familie, die sich damit begnügen würden, ihre Evan-
gelisatoren-Rolle als Direktoren von Einrichtungen, als Lehrer, Katecheten, Pre-
diger, Erzieher von Jugendlichen, Veranstalter von Sitzungsperioden, etc. zu spie-
len, ohne sich darum zu sorgen, durch ihr eigenes Leben das Evangelium zu ver-
künden, würden mittelmäßige Diener Christi darstellen. Don Albera misstraute
dem geschäftigen Treiben des Salesianers. Don Viganò forderte für ihn mehr
„apostolische Innerlichkeit“.13 Die neue Evangelisierung besteht auch im Zeugnis,
*4 Hier fügt Don Viganò an: „in der sich alles auf die Eucharistie ausrichtet, ... damit Ostern
tatsächlich immer als die höchste Neuheit gilt.“ (Amtsblatt des Generalrates der Salesianer
Don Boscos, Oktober-Dezember 1989, Nr. 331, S. 10).
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lehrte Paul VI. Die Kraft der Evangelisierung liegt zugleich in der verkündigten
Wahrheit und in der Überzeugung des Zeugnisses, mit dem sie vorgelegt wird.
„Für die Kirche ist das Zeugnis eines echt christlichen Lebens mit seiner Hingabe
an Gott in einer Gemeinschaft, die durch nichts zerstört werden darf, und gleich-
zeitig mit einer Hingabe an den Nächsten in grenzenloser Einsatzbereitschaft der
erste Weg der Evangelisierung.“14
Der Evangelisator wird natürlich aufgefordert, aus dem Heiligen Geist zu le-
ben. Es wird nie eine Evangelisierung geben, die ohne das Wirken des Heiligen
Geistes möglich ist. Auf Jesus von Nazareth kam der Geist im Augenblick der
Taufe herab, als die Stimme des Vaters – „Du bist mein geliebter Sohn; an dir
habe ich mein Wohlgefallen“ – auf spürbare Weise seine Auserwählung und Mis-
sion zum Ausdruck brachte. „Vom Geiste geführt“ besteht er in der Wüste die
entscheidende Auseinandersetzung und die letzte Prüfung, bevor er diese Sendung
antritt. „In der Kraft des Geistes kehrt er nach Galiläa zurück“ und nimmt in Na-
zareth seine Predigttätigkeit auf, indem er auf sich selbst das Wort Jesajas anwen-
det: „Der Geist des Herrn ruht auf mir“. „Heute“, so verkündet er, „hat sich dieses
Schriftwort ... erfüllt.“ Als er die Jünger aussendet, haucht er sie an und spricht:
Empfanget den Heiligen Geist!“15
Ruht der Geist des Herrn auf dir, Evangelisator, der du auf die eine oder an-
dere Weise zur Don-Bosco-Familie gehörst? Dieses Jahrhundert dürstet nach Au-
thentizät. Was die Jugendlichen besonders betrifft, so bekräftigt man zu Recht,
dass sie das Gekünstelte, Unechte verabscheuen und vor allem die Wahrheit und
die Transparenz suchen. Mehr denn je ist das Zeugnis des Lebens eine wesentli-
che Bedingung der tiefen Wirksamkeit der Verkündigung geworden. Durch sein
inneres Leben ist der Evangelisator bis zu einem gewissen Grad verantwortlich für
den Erfolg des Evangeliums, das er verkündet. Es ist notwendig, dass der Ver-
kündigungseifer aus einer „echten Heiligkeit“ des Lebens hervorgeht, genährt
vom Gebet und vor allem der Liebe zur Eucharistie. Die Predigt des Evangeliums
müsste den Prediger selbst zu größerer Heiligkeit führen.16
Anmerkungen
1 „... i soci mentre si sforzano di acquistare la perfezione cristiana, esercitino ogni opera di
carità“, etc. Diese Einleitung übersetzt nahezu wörtlich einen Abschnitt mit dem Titel
„Apostolato santificatore“ des Briefes von Don Albera: „Don Bosco nostro modello“, 18.
Oktober 1920; L.C., S. 333.
2 „... conservare sempre vivo ne' nostri cuori quel fuoco sacro che vi si accese quando udimmo
Don Bosco gettare quel grido potente: da mihi animas, e lo vedemmo consumare le sue forze
e la sua vita nell'esercizio della carità ...” (M. Rua, Brief an die Salesianer, 29. Januar 1896;
L.C., S. 142).
3 Vatikanum II, Apostolicam actuositatem, 2 (h.z.n. Rahner/Vorgrimler, Kl. Konzilskompen-
dium).
4 Der Punkt Evangelizzazione nimmt mehr als zwei Seiten im Inhaltsverzeichnis der Rundbrie-
fe Don Viganòs (S. 1064-1066) ein.
5 Evangelii nuntiandi, 18. (Anm. d. Ü hier u. nachfolgend zitiert nach dem offiziellen deut-
schen Text).
6 Evangelii nuntiandi, 20.
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7 „Wie es auch das anderer Epochen gewesen ist“, fuhr er mit Umsicht fort (Evangelii nun-
tiandi, 20, nachfolgend).
8 Das waren die großen Titel von Evangelii nuntiandi.
9 Ein Audruck, dem wir mit der offiziellen französichen Übersetzung von Evangelii nuntiandi,
denjenigen der „Arbeiter“ („ouvriers“) vorziehen. (Anm. d. Ü.: eine persönliche Anmerkung Desra-
mauts zur eigenen frz. Begrifflichkeit).
10 E. Viganò, Brief an die Salesianer, 8. September 1989, in: L.C., S. 962-985. Er fügt diesen
„Neuheiten“ die „höchste Neuheit“ an, die im Pascha Christi besteht, sowie die „Neuheit der
Gefahren“, welche durch die neue Pastoral hervorgerufen werden.
11 Diese Argumente sollen in den Artikeln dieses Werkes über „Kirche“, „Hoffnung“ und die
„Laien“ fortgeführt werden.
12 Christifideles laici, 46 (Anm. d. Ü.: Zitat hier aus dem frz. Text übersetzt).
13 Zitierter Brief vom 8. September 1989, letzter Abschnitt.
14 Evangelii nuntiandi, 41.
15 Evangelii nuntiandi, 75 (Anm. d. Ü.: Titel „In der Kraft des Heiligen Geistes“).
16 Evangelii nuntiandi, 76. (Anm. d. Ü.: Titel „Die Echtheit des Lebenszeugnisses“).
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