Don Bosco Magazin 4/2012

Familie
Auf in den
Kinder-Garten


Weltweit
Aserbaidschan
abseits des
Song-Contests


Kinder
Kinder lernen
die Gebärden-
sprache


Die christliche Zeitschrift
für die ganze Familie


4/2012


02Z030224S Österreich


Zeit zum
Reden


Kommunikation in
unseren Familien




Im BlIcKpunKt
4 Das panoptikum aus der Welt der Kirche


thema
6 Zu hause herrscht das große Schweigen


Wenn die Eltern sich trennen, leiden auch die Kinder.
Florian setzten die Konflikte zu Hause so zu, dass er
sich immer mehr zurückzog. Erst eine Familienberaterin
brachte Vater und Sohn wieder an einen Tisch.


12 „Kommunikation erfordert Zeit!“
Ein Gespräch mit zwei Familienberaterinnen über ihre
Arbeit und darüber, wie Schweigen den Familienfrieden
gefährden kann.


13 time travel: Gemeinsam auf Zeitreise


FamIlIe
14 auf in den Kinder-Garten


Ob Abenteuerspielplatz oder Gemüseanbau für den
Eigenbedarf – drei Familien zeigen ihre Gärten.


17 „Kinder brauchen naturerfahrung“
Ein Gespräch mit der Elementarpädagogin und
Praxisforscherin Irmgard M. Burtscher


18 ausgesprochen: Die Grenzen meiner Geduld


19 hier und dort: meine Ferien


Don BoSco
22 Weltweit: Wieso helft ihr anderen menschen?


Für das DON BOSCO magazin berichtet Hannes Velik
wie er Aserbaidschan kennengelernt hat.


26 24 Stunden: Bevor der hahn kräht
Die bekennende Spätaufsteherin Schwester Zäzilia
Holzer ist auch Kaffeesiederin in den Don Bosco
Schulen Vöcklabruck.


27 Don Bosco aktuell
Nachrichten aus der Don Bosco Familie


32 200 Jahre Don Bosco
Mehr als ein Durstlöscher: Der Wasserhahn


33 typisch du!
Welche Medien nützt du zur Kommunikation?


BunteS
34 Kinderseite


Steffi und Tobi lernen Gebärdensprache


36 Ratgeber
Sie fragen, unsere Experten antworten.


37 preisrätsel
Mitmachen und gewinnen!


38 Rezept: Sambusa aus Somalia


39 Impressum, Shop, Vorschau


Sag doch was! Auf die ständigen Streitereien seiner Eltern
reagierte Florian mit Schweigen. Nach dem Auszug des Vaters
lernte der Schüler bei einer Familienberatungsstelle, über seine
Gefühle zu reden. Und sein Vater lernte, zuzuhören.


Kinder-Garten: Ob im eigenen Schrebergarten, beim Naturent-
decken mit Opa oder als Guerilla-Gärtner mitten in der Stadt –
Gärtnern geht eigentlich überall. Drei Familien zeigen, wie ihre
eigene grüne Oase aussieht.


6 14


2 DonBoScomagazin 4/2012


Inhalt 4/2012




Liebe Leserin, lieber Leser!


„Die Sprache ist die Quelle der Miss-


verständnisse“, sagte der Fuchs zum


„kleinen Prinzen“ im gleichnamigen


Buch von Saint-Exupéry, als er sich


von ihm zähmen lassen wollte. Es


genügte ihm, dass sie sich immer


wieder ein Stückchen näherkamen.


Er brauchte nichts zu sagen.


Es gibt aber auch ein anderes Schweigen, ein bösartiges. Man


schweigt sich an, weil man sich nichts mehr zu sagen hat,


oder weil man fürchtet, der andere versteht ohnehin alles


anders, nämlich falsch. Und es gibt auch ein Schweigen, bei


dem ununterbrochen geredet wird. Es werden Banalitäten


beredet, Dinge, von dem der andere genau weiß, dass sie mir


nicht wirklich wichtig sind.


Wir müssen aber „miteinander“ reden, wir müssen auf-


einander „hören“, damit wir erfahren, was dem anderen


wichtig ist. Verliebte tun das auch. Auch stundenlanges


Beisammensein wird nicht fad, denn es ist wichtig, was der


andere denkt, tut, plant, … In den Familien sollte sich dieses


Inter esse fortsetzen. Der Schwung der Verliebtheit muss


ersetzt werden durch die Aufmerksamkeit einer gereiften


Liebe. Möglicherweise werden dann nicht mehr so viele Wor-


te gebraucht. Manchmal ist es aber wichtig, sich dessen zu


versichern, was der andere gemeint hat. Dazu bedarf es einer


gemeinsamen gut entwickelten Sprache.


Diese Sprache zu pflegen, das Reden miteinander im Gang


zu halten, könnte gerade in der sommerlichen Urlaubszeit


bewusst angegangen werden. Auch das Reden mit Gott, das


Beten, bedarf der Übung und der Pflege.


Erholsame Sommertage wünscht Ihnen
Ihr


Pater Josef Vösl SDB
Chefredakteur


Angelika Luderschmidt bereichert die deutsch-
sprachige Redaktion seit Jänner dieses Jahres. Die
fröhliche, energiegeladene Journalistin aus Mün-
chen nahm von 17. bis 20. Mai erstmals an einem
internationalen Treffen des Bollettino Salesiano
(dt. Salesianische Nachrichten) in Rom teil. In der
Druckerei der Vatikanzeitung „L’Osservatore Roma-
no“ entdeckte sie das persönliche Zustellkuvert von
Papst Benedikt XVI. Zum Inhalt: Der Heilige Vater
hat wohl ein eigenes Kuvert, die Zeitung unter-
scheidet sich jedoch nicht von den Exemplaren, die
verkauft werden.
Über das Treffen berichtet sie auf Seite 31.


Das Besondere an der Arbeit für das DON BOSCO
magazin sind Begegnungen mit den Menschen,
über deren Leben wir berichten. Zu manchen entwi-
ckelt sich auch eine Beziehung, die über die Arbeit
hinausgeht. So liest Sophie Wöginger den beiden
Töchtern von Kolumnistin Monika Slouk während
der Fototermine immer aus Bilderbüchern vor.
Zuletzt hörten Salome und Klara die Geschichte der
Katze von Papst Benedikt.
Mona Slouks Kolumne „Ausgesprochen“ lesen Sie
auf Seite 18.


DonBoScomagazin 4/2012 3


Inhalt




In katholisch geprägten ländern, vor allem
entwicklungsländern, ist der Glaube an Gott laut


einer internationalen Studie der universität
chicago am meisten ausgeprägt.


am höchsten ist er mit 94% auf den philippinen,
am geringsten mit 13% in ostdeutschland, so


die ergebnisse. In Österreich gab jeder
zweite Befragte an, an einen


Gott zu glauben.


94%
der Philippiner
glauben an Gott


Mehr als Gold:
Gebet für Olympia
Die anglikanische Kirche von England hat ein Gebet
zur Vorbereitung auf die Olympischen Spiele veröffent-
licht. In einem podcast liest die aktuelle Weltmeisterin
im 400-Meter-Lauf, Christine Ohuruogu, das Gebet.
Die 27-jährige Londonerin betonte die Bedeutung
ihres Glaubens für ihre sportlichen Leistungen: „Sport
reflektiert unser persönliches Leben – fest entschlos-
sen sein und Kraft finden, wenn man denkt, man hat
keine Kraft mehr.“ Das Gebet bittet um göttlichen Bei-
stand für die Organisatoren und Sportler, aber auch
für die Sonderveranstaltungen, die die Kirche während
der Spiele unter dem Motto „Mehr als Gold“ geplant
hat. In dem Text heißt es unter anderem: „In einer
Welt, in der viele zurückgestoßen und missbraucht
werden, beten wir für den Geist der Toleranz und
Akzeptanz, der Bescheidenheit und des Respekts und
für die Gesundheit und Sicherheit aller.“


4 DonBoScomagazin 4/2012


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Dein Weg


Alljährlich erscheint ein neuer Pilgerführer


über den Jakobsweg in verschiedenen For-


men. Dieser Sommer verspricht Abwechs-


lung, denn im Kino läuft ein neuer Film


über den „Camino“ an. Erzählt wird unter


der Regie von Emilio Estevez die Geschichte


einer bunten und schrägen Gruppe von


Menschen auf ihrem Weg nach Santiago de


Compostela. Die Hauptrolle spielt der


bekennende Katholik und Vater des


Regisseurs, Martin Sheen. Dieser versucht


im Film, die Trauer um seinen Sohn zu


verkraften, der auf dem Jakobsweg ums


Leben gekommen ist.


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Wussten Sie schon, ... lische Gefangenschaft. In einem kirchengerichtlichen Prozess wurde sie als Ketzerin verurteilt und auf dem
Marktplatz von Rouen verbrannt. In einem Rehabilitati-
onsverfahren wurde der Prozess 1456 wegen Formfeh-
lern für ungültig erklärt.


… dass der älteste Bischof der katholischen Kirche
aus Frankreich stammt. Der 102-jährige Franzose Gery
Leuliet, ehemaliger Bischof von Amiens, ist der älteste
unter den 4.800 Bischöfen weltweit.


… dass fast die Hälfte aller Migranten weltweit
Christen sind? Das geht aus einer Studie des Religi-
onsforschungsinstituts „Pew Forum“ in Washington
hervor. Die höchste Migrationsrate innerhalb der Re-
ligionsgemeinschaften haben laut der Statistik die Ju-
den. 25 Prozent leben nicht in dem Land, in dem sie


geboren wurden.


… dass Frankreich heuer an den 600. Geburtstag
der „Jungfrau von Orleans“ erinnert? Die heilige Jo-
hanna vernahm mit 13 Jahren erstmals überirdische
„Stimmen“, die sie zur Befreiung Frankreichs auffor-
derten. Im Mai 1430 geriet sie durch Verrat in eng-


Die Geschichte der französischen nationalheldin ist immer wieder
thema in der Kunst. milla Jovovich spielte Jeanne d’arc 1999 im
Kinofilm „messenger“.


Händewaschen soll
Weltkulturerbe werden
Dafür setzen sich die Ordensmänner des Benediktinerklosters
Gut Aich gemeinsam mit den gemeinnützigen „Badblumauer
Werkstätten“ ein. „Es ist eine Form der Lebensqualitätsvermitt-
lung, die so menschlich, einfach und voller Ehrfurcht ist“, erklärt
Pater Johannes Pausch, Prior des Klosters. Das Händewaschen
ermögliche die Begegnung auf Augenhöhe und sei ein Zeichen,
das religions- und kulturübergreifend verstanden werde.
Bei den Benediktinern hat das Händewaschen als Begrüßungs-
ritual eine lange Tradition. Nachdem es außerhalb des Klosters
Aufgabe der Sklaven gewesen war, betraute einst der heilige
Benedikt – Ordensgründer Benedikt von Nursia – in der Zeit des
Übergangs von der Spätantike zum Frühmittelalter den jeweili-
gen Leiter eines Klosters mit der Waschung der Gäste. Trotzdem
ist das Ritual selbst unter den Benediktinern sozusagen vom
Aussterben bedroht. (KAP)


Das europakloster Gut aich betreibt das
händewaschen als Willkommensgruß für seine
Gäste sehr intensiv seit rund zwei Jahren.


DonBoScomagazin 4/2012 5


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Im Blickpunkt




Vater
„Da wir nicht mehr so mobil sind, sehen


meine Frau und ich abends fern. Nach den
Nachrichten schauen wir Ratesendungen


oder Dokumentationen. Nachmittags
schaue ich oft Tiersendungen.“


Über 50-Jährige schauen
durchschnittlich 300 Minuten am


Tag fern.


Sohn
„Für mich als Student ist das Internet
unersetzbar. Ohne ginge es gar nicht!“


Durchschnittlich 168 Minuten
verbringen 14- bis 29-Jährige täglich


im Internet.


Schwiegersohn
„Um mit meinen Kindern etwas zu


besprechen, nutze ich gern Autofahr-
ten. Oft reden wir auch über Wichtiges


bei gemeinsamen Ausflügen.“


Über die Hälfte der Eltern nutzt im
Auto oder beim gemeinsamen


Unterwegssein die Gelegenheit, um
mit ihren Kindern zu sprechen.


Kommunikation
in der Familie


Wie verabredet sich der Enkel mit seinen Freunden?


Weiß Opa, was Facebook ist? Und zu welcher Gelegenheit suchen


Eltern das Gespräch mit ihren Kindern? Die Technik ändert sich


rasant. Das Bedürfnis, miteinander zu kommunizieren, nicht.




Thema


KIM-Studie 2002. Kinder und Medien, Computer und Internet; Sinus-Jugendstudie „Wie ticken Jugendliche?“, 2012;FIM-Studie 2011; ADR/ZDF-Onlinestudie 2011; Instituts der Deutschen Wirtschaft, 2001;
EU-Statistikamt Eurostat, 2009; FIM-Studie, 2011; allfacebook.de; Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BitKom), 2010; Dynamic Communication Index (DCI) Bun-
desverband digitale Wirtschaft


Tochter
„Ich informiere mich über die Geschehnisse


in der Welt eigentlich nur im Internet. Zeitung
lese ich fast gar nicht.“


Junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren
nutzen 147 Minuten pro Tag das Internet und


nur 10 Minuten am Tag die Zeitung.


Enkelin
„Ich bin jeden Tag eine halbe Stunde


im Internet. Da gibt es ganz tolle
Spiele und lustige Videos!“


Durchschnittlich 24 Minuten
verbringen Kinder im Alter von 6 bis


13 Jahren pro Tag im Internet


Tochter
„Wann ich mit meinen Kindern wichtige Dinge be-


spreche? Eigentlich immer beim Abendessen. Meinen
Sohn rufe ich auch oft auf dem Handy an. Anders
erreiche ich ihn oft nicht, er ist ja viel unterwegs.“


72 % Prozent der Eltern führen beim Essen
mit ihren Kindern Gespräche. 64% der Eltern


von 12- bis 19-Jährigen geben an, häufig per Telefon
mit ihren Kindern zu kommunizieren.


Mutter
„Mein Sohn hat mir gezeigt, wie Facebook funktioniert,
und mich dort angemeldet. Von meinen Freundinnen
bin ich dort die Einzige. Wir haben erst seit einem Jahr


einen Computer. Mein Mann mag das Ding nicht.“


263.360 von 2,8 Millionen österreichischen Face-
book-Mitgliedern sind über 50 Jahre alt.




Die Kinder leiden am meisten, wenn sich ihre Eltern trennen. In Österreich
sind jährlich rund 19.451 minderjährige Kinder betroffen.


Oft geben sie sich selbst die Schuld, wenn Mama und Papa sich nur noch anschreien,
nicht mehr im selben Zimmer schlafen und so gar nichts mehr gemein haben.


Auch für Florian* waren die jahrelangen Streitereien seiner Eltern eine große emotionale
Belastung. Um zu Hause nichts falsch zu machen, schwieg der damals Elfjährige lieber


und zog sich zurück. Besser wurde es erst, als sein Vater auszog. Von da
an trafen Vater und Sohn anfangs nur bei der Familienberatungsstelle aufeinander.


text: Angelika Luderschmidt


Hört endlich auf!


Sag doch
waS!


Wenn sich die Eltern
nur noch streiten


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8 DonBoScomagazin 4/2012


MiT dir
kann Man nichT


rEdEn!




Rot und gelb leuchten die Farben auf einer Zeichnung, die sich Florian* gerade ansieht. Ein Vulkan, aus dem Lava quillt und der Stei-ne und Geröll spuckt, ist darauf zu sehen. „Das
soll mein Vater sein. Der ist meistens ruhig, kann aber
auch plötzlich ausbrechen“, erklärt der Junge mit dem
kurzen braunen Haar. Daneben zeichnete er eine Henne,
die ihre Flügel ausbreitet („meine Mama, die kümmert
sich um uns“), ein kleines rosa Ferkel („das ist mein Bru-
der“) und einen Skorpion mit einem spitzen Stachel am
Schwanz. „Ich kann manchmal auch ganz schön giftig
sein“, sagt der Junge ernst. Seine Mutter nickt und lacht.


Florian sitzt im Spielzimmer der Caritas Familienbera-
tungsstelle in einer ruhigen Wohngegend Münchens und
blättert in seinen alten Aufzeichnungen. Hinter ihm in
einem großen Regal stapeln sich Brettspiele, mitten im
Raum steht ein Kicker, vor der Couch am Fenster hängt
ein Boxsack. Oft wird Florian nicht mehr hierher kom-
men, nur noch bis zu den Sommerferien. Das haben er
und sein Vater gemeinsam beschlossen.


Vor gut zwei Jahren warf Florians Mutter Anke* ihren
Mann aus dem gemeinsamen Haus. Es ging nicht mehr.
Nach monatelangem Streiten, Schreien und schließlich
Schweigen zog die zweifache Familienmutter die Not-
bremse. Nach 18 Jahren stand das Paar vor den Scherben
seiner Ehe. Zu viele Verletzungen waren geschehen. Zu
viele Aggressionen hatten sich aufgestaut. Mit diesem
Tag im Februar 2011 war all das vorbei. Endlich.


„Ich habe das für meine Kinder getan“, sagt
Anke und streicht ihrem siebenjährigen Sohn
Moritz* durch das blonde Haar. „Wir haben uns
langsam zerfleischt. Unsere Kinder wurden da
immer mehr mit reingezogen. Doch das war
eine Sache zwischen mir und Henning*, da
muss man die Kinder einfach raushalten. Das
hat mein Mann nie akzeptiert.“


Die schlimmste Zeit für Florian war, als seine Eltern
zwar noch in einem Haus wohnten, aber schon ge-
trennt waren. Immer wenn sie aufeinandertrafen, gab
es Streit. Für die beiden Söhne war das eine schier un-
erträgliche Situation. Wie es so weit kommen konnte,
worüber sich das Ehepaar ständig in die Haare bekam
und wie aus Liebe langsam Hass werden konnte, da-
rüber möchte Anke nicht sprechen. Nicht vor den
Kindern. Nicht hier in der Beratungsstelle. Vielleicht
gar nicht mehr. „Das bringt nichts“, so das knappe
Statement der 42-Jährigen. Moritz, der lachend


durch das Spielzimmer tollt und unter großem Geklap-
per die Kiste mit den bunten Bauklötzen ausleert, war
damals noch zu klein. Heute kann er sich an die schwere
Zeit kaum noch erinnern. Sein großer Bruder Florian war
es nicht. „Ich war froh, als er weg war“, sagt der 13-Jäh-
rige mit leiser Stimme und senkt den Kopf. Auf die Fra-
ge, worunter er besonders gelitten hat, damals, als sein
Vater noch zu Hause wohnte, aber schon lange auf der
Couch schlief, weiß der Realschüler sofort eine Antwort:
„Die Punkte auf dem Essen, die waren das Allerblödes-
te!“. Sein Vater nahm es mit der Trennung von Bett und
Tisch besonders ernst, eine Trennung, die zumindest
räumlich keine war.


Der Vater wollte, dass die Kinder mit einem Filzstift alle
Lebensmittel im Kühlschrank und in der Speisekammer


hörT Mir doch
Mal zu!


Einmal wurde es mir dann zu blöd.
Ich bin in den Keller und hab den
Stecker des Telefons aus der Wand
gerissen.“ Der Sohn




DonBoScomagazin 4/2012 9


Thema





Schüler das Durchblättern vor. „Das ist schon echt lange
her“, sagt er und deutet mit dem Finger auf das Datum:
12. März 2011 steht darauf.


Nachdem sie ihren Mann Anfang 2011 hinauswarf,
merkte Anke, dass sie Hilfe brauchte. Es musste jemand
sein, der sie dabei unterstützte, die Wunden ihres Sohnes
heilen zu lassen. Es sollte eine neutrale Person sein. Die
42-Jährige machte sich im Internet auf die Suche nach
einer Familienberatungsstelle. So fand Anke mit Barba-
ra Baur eine dritte Person, mit deren Unterstützung es
gelang, Vater und Sohn wieder an einen Tisch zu bekom-
men. Die beiden fingen langsam an, wieder miteinander
zu sprechen, zwar nicht über die Trennung, aber über ih-
ren Alltag, über scheinbar Beiläufiges, das sie nun nicht
mehr miteinander teilten.


Barbara Baur lenkte die Gespräche, wendete spielerische
Methoden an, die Vater und Sohn aber nicht als solche
wahrnahmen. Ziel war stets, in den Sitzungen etwas Ge-
meinsames entstehen zu lassen, an dem Henning und
Florian gleichermaßen mitwirkten – ein Text, eine Zeich-
nung, ein Spiel. Anke selbst wollte und konnte nicht
mehr mit ihrem Mann Henning reden. „Das wird nichts
mehr. Mit dem kann man nicht reden“, so Ankes knappes
Statement. Florian zuckt mit den Schultern und sieht zu
Boden. Seit mittlerweile eineinhalb Jahren radelt Florian
einmal die Woche zur Caritas Beratungsstelle. Er kommt
gern hierher, weil er hier in Ruhe spielen kann, ohne
dass ihn sein kleiner Bruder nervt, und weil sich nicht
nur Frau Baur, sondern auch sein Vater mit ihm beschäf-
tigt, ihm Aufmerksamkeit schenkt. Dass sich die beiden
durch gemeinsame Aktivitäten wieder näherkommen,
ist das eigentliche Ziel. Und das ist auch Anke recht. Die
Termine macht Florian selbst aus, per Mail oder Telefon.
Dreimal im Monat ist er alleine mit Frau Baur, einmal im
Monat kommt sein Vater mit dazu. „Ich ruf ihn immer
eine halbe Stunde vorher an, damit er es nicht vergisst
und pünktlich ist.“ Dieser Satz stammt nicht etwa von
Henning. Wieder ist es Florian, der so vernünftig, so er-
wachsen wirkt. Auch seinen „Under-Cover-Namen“ Flo-
rian hat er sich selbst ausgesucht. „Der klingt schön“,
sagt er leise. Was planbar ist, will Florian selbst in die
Hand nehmen. Das Unplanbare, wie das Scheitern der
Ehe seiner Eltern, ist eh nicht mehr rückgängig zu ma-
chen.


Viele kleine Schritte sind Vater und Sohn in den letzten
eineinhalb Jahren aufeinander zugegangen, wenngleich
sie noch immer ein großer Graben trennt. Auch Henning


markieren. Meins, deins, das gehört mir, nur das da
darfst du essen – für den damals elfjährigen Florian wur-
de jede Mahlzeit zu einer emotionalen Zerreißprobe. Im-
mer musste er aufpassen, was er aß, wo er am Tisch saß
und mit wem er sprach. Meistens schwieg er. Da konnte
er nichts falsch machen.


Damals wollte Henning partout nicht ausziehen. Erst
als ihn seine Frau Monate später vor die Tür setzte und
die Haustür krachend ins Schloss fallen ließ, suchte der
Familienvater Asyl bei einem Freund. Doch die Streite-
reien gingen weiter – am Telefon. „Einmal wurde es mir
zu blöd. Ich bin in den Keller und hab den Stecker des
Telefons aus der Wand gerissen“, sagt Florian und sieht
dabei vorsichtig zu seiner Mutter. „Damals hat mir mein
Vater leid getan, ich hab ja immer nur meine Mutter am
Telefon schreien hören“, erzählt der Junge mit trauriger
Stimme und schiebt verlegen sein Wasserglas ein Stück
zur Seite.


Trotz aller Vorkommnisse spricht der 13-Jährige heu-
te offen darüber, wie er sich damals fühlte und wie es
ihm heute geht. Der Junge, der langsam zum Teenager
wird, reflektiert fast analytisch: klar und sachlich. Das
war nicht immer so. Florian musste erst wieder lernen,
sich anderen mitzuteilen und seine Emotionen zu zei-
gen. In der Familienberatungsstelle schreibt, spielt und
zeichnet er viel. Immer geht es um seine Gedanken und
Gefühle. Florian kommt gern hierher. Er mag Frau Baur,
seine Beraterin. Die ausgebildete Diplompädagogin sitzt
neben Florian und hat zum Gespräch seine Akte mitge-
bracht. Bei diesem Treffen hält sie sich bewusst zurück,
lächelt Mutter und Sohn oft aufmunternd zu, wenn beide
den Blickkontakt zu ihr suchen.


Florian möchte weiter in Aufzeichnungen blättern: Bil-
der, Briefe und E-Mails, fein säuberlich abgeheftet in
einer Aktenmappe. Die Dokumente können zwar nicht
reden, sprechen aber für sich. Harte Arbeit liegt hinter
Florian. Wie eine Reise in die Vergangenheit kommt dem


Meinen Vater rufe ich immer eine
halbe Stunde vor den Treffen an,
damit er es nicht vergisst.“ Der Sohn




10 DonBoScomagazin 4/2012


Thema




wünscht sich ein unverkrampfteres Verhältnis zu seinem
Sohn. Das Miteinander-Sprechen ist allerdings immer
noch die größte Hürde: „Mein Papa hört einfach nicht zu.
Ich muss ihm immer zwei- oder dreimal etwas sagen, bis
es bei ihm ankommt“, sagt Florian. „Zum Beispiel, wenn
ich ihm erzähle, wie’s so in der Schule läuft.“ Henning ist
immer noch „Papa“ für Florian. Das wird er auch immer
bleiben. Der selbstständige Hard- und Softwareingenieur
redet nicht gerne. Mit niemandem. Auch heute möchte er
lieber nicht dabei sein. „Das war nur eines der Probleme,
an denen unsere Ehe gescheitert ist“, unterbricht Anke
ihren Sohn. Florian versucht zu entziffern, was er vor gut
einem Jahr auf einen Zettel geschrieben hat. „Die meis-
ten Erwachsenen nerven mich!“, steht da in krakeliger
Kinderschrift. Neben die Frage, was sein größter Wunsch
im Leben sei, schrieb der Schüler: „Ich wünsche mir spä-
ter einmal eine glückliche Familie.“


Mittlerweile verbringen Moritz und Florian jedes zweite
Wochenende beim Vater. Henning hat inzwischen eine
eigene Wohnung. „Mein Papa ist selbstständiger gewor-
den, seit er allein wohnt. Er kommt auch pünktlicher zu
Terminen“, sagt Florian. Was für die einen ein wenig alt-
klug klingen mag, zeigt, dass das Entzweien der Eltern
auch bei den Kindern bleibende Spuren hinterlässt. Flo-
rian konnte nicht mehr Kind sein – fröhlich und unbe-
schwert. Er musste schnell erwachsen werden.


„Es ist etwas besser geworden. Allerdings hab ich mich
daran gewöhnt, dass Absprachen nicht eingehalten
werden. Probleme, die immer da waren, werden auch
bleiben. Aber wenn Henning heute vorbeikommt, dann
gibt es zumindest kein Chaos mehr“, sagt seine Mutter
und nimmt Moritz auf den Schoß. Florian sieht aus dem
Fenster. Noch fünfmal wird er hierher kommen, das hat
der 13-Jährige ausgerechnet. Florian schlägt seine Akte
zu. Zum ersten Mal an diesem Nachmittag schaltet sich
Barbara Baur ein: „Glaubst du, unsere Treffen haben ge-
holfen?“ Einige Sekunden schweigt Florian. Dann sagt
er leise: „Ja, schon. Ich glaub, es passt gerade alles ganz
gut, und wenn’s nicht klappt, kann ich ja jederzeit wie-
der bei dir einen Termin ausmachen.“


* Namen von der Redaktion geändert


Ich habe das für meine Kinder getan.
Mein Mann und ich haben uns lang-
sam zerfleischt. Da muss man die
Kinder einfach raushalten.“ Die Mutter




daS wird nichTS
MEhr. MiT dEM kann
Man nichT rEdEn!


DonBoScomagazin 4/2012 11


MEinS




Warum wird in vielen Familien so wenig gesprochen?
Barbara Baur:
Naja, wir haben auch den gegensätz-
lichen Fall. Aber man kann auch mit viel Reden wenig
sagen. Es gibt Eltern, die texten ihre Kinder zu und hal-
ten Moralpredigten. Bei den Kindern geht das dann links
rein und rechts raus. Manchmal ist kurz und prägnant
viel besser. Unsere Aufgabe ist zu beobachten: Wie reden
die Eltern mit ihren Kindern? Wie ist der Redeanteil jedes
Einzelnen? Wie sprechen die Eltern miteinander? Die El-
tern sind die Chefs, die müssen schauen, in welche Rich-
tung es in ihrer Familie geht. Sie sind der Leuchtturm,
wenn er nicht leuchtet, finden die Kinder den Weg nicht.


Das klingt in der Theorie recht einfach. Die Praxis
sieht oft anders aus.
Baur:
Das stimmt. Kommunikation erfordert Zeit – und
die ist oft in Familien nicht vorhanden. Ein gemeinsames
Essen zum Beispiel oder gemeinsame Unternehmungen
tun allen Familienmitgliedern gut. Oft ist Zeitmangel bei
Alleinerziehenden das größte Problem. Sie müssen Voll-
zeit arbeiten und noch ihre Kinder betreuen. Da muss
es oft zack zack gehen. Sich dann Nischen zu bauen, ist
sehr wichtig.


Ist der Stress für die Eltern in den letzten Jahren mehr
geworden?
Diana Beyer:
Ja eindeutig. Ich sehe ganz viele Doppelbe-
lastungen, etwa dann, wenn beide Eltern arbeiten müs-
sen. Da kommt der Blick für’s Kind manchmal zu kurz. Zu
uns kommen außerdem auch immer mehr Väter – gerade
nach einer Trennung. Die Väter möchten mehr Umgang
mit ihren Kindern haben, ihre Kinder häufiger sehen. Vor
zehn Jahren war das noch anders. Die klassische Familie
– der Vater arbeitet und die Mutter kümmert sich zu Hau-
se um alles – haben wir zwar auch in Beratung, aber sie
wird seltener. Die Kommunikationsschwierigkeiten sind
dort allerdings ganz andere. So wird in wohlhabenderen
Familien oft viel intensiver gestritten.


Ein Beispiel: Eine Mutter kommt zu Ihnen und sagt:
„Bei uns ist die Stimmung katastrophal, wir sprechen
kaum noch miteinander.“ Wie können Sie helfen?
Baur:
Für uns ist wichtig, zu erfahren: Welche Probleme
gibt es? Für die Familie ist wichtig: Wie kann man diese
Probleme aus einem anderen Blickwinkel betrachten?
Manchmal entwerfen wir mit den Eltern und Kindern
einen Vertrag, den beide unterschreiben, oder wir versu-
chen, an der Beziehung zu arbeiten und zwar ganz spie-
lerisch: Die Familie sitzt bei uns zusammen, malt ein Bild
oder spielt ein Brettspiel. Das sind eigentlich immer ganz
schöne Stunden, um die Kommunikation auf eine andere
Ebene zu bringen. Es gibt ganz unterschiedliche Metho-
den, die wir einsetzen, um das Verständnis der Eltern für
die Kinder zu fördern.


Twitter, Facebook, Chat – ist auch der rasante mediale
Wandel Ursache für verkümmernde Kommuni-kation
zu Hause?
Baur:
Ich würde die Medien nicht verteufeln. Früher war
definitiv nicht alles besser. Und außerdem: Gemeinsa-
mes Fernsehen kann auch entspannen und damit der
Familie gut tun.
Beyer: Wobei die Verlockung natürlich groß ist, ins iPho-
ne zu schauen, statt miteinander zu reden. Aber das ist
schlicht eine andere Form von Kommunikation. Wir be-
obachten das auch bei der Online-Beratung, die wir an-
bieten.


Gelungene Kommunikation scheint eine komplexe
Sache …
Beyer:
Die aber durchaus zu meistern ist. Fakt ist: Wir
können nicht nicht kommunizieren. Jeder Einzelne hat
also eine Verantwortung. Wenn ich einen Raum betrete,
trage ich etwas zu einem guten oder schlechten Klima
bei. Das erhöht die Verantwortung jedes Einzelnen, et-
was dazu beizutragen, dass sich das Zusammensein gut
anfühlt.


Diana Beyer und Barbara Baur über ihre Rolle als Familienberaterinnen, gelungene El-
tern-Kind-Gespräche und darüber, wie Schweigen den Familienfrieden gefährden kann


Diana Beyer (re.) leitet die caritas erziehungsberatungs-
stelle in taufkirchen, Ihre Kollegin Barbara Baur (li.) ist
Dipl. Sozialpädagogin und berät eltern, Kinder und Ju-
gendliche sowohl in der Beratungsstelle als auch online.


„Kommunikation erfordert Zeit – und
die ist in Familien oft nicht vorhanden.“


Im Interview


12 DonBoScomagazin 4/2012




Marlies Schaufler (10) und ihre Großmutter Gertraute Schaufler (68) sehen einander oft und gerne.
In ihrem Heimatort Judenau/Niederösterreich wohnen sie praktisch „ums Eck“. Die beiden verstehen


einander bestens und lernen jeden Tag voneinander aufs Neue. Zusammen haben sie sich auf den Weg
in Wiens modernste Ausstellung „Time Travel“ gemacht. Hier, im ehemaligen Weinkeller des Salvatori-
anerordens, haben während des zweiten Weltkriegs Menschen auch im Bombenkeller Schutz gefunden
und nur eine Gasse weiter haben die Habsburger in der Hofburg residiert. Wie erleben und beurteilen


die pensionierte Geschäftsfrau und ihre Enkelin die 5D-Zeitreise in die Geschichte Wiens?


Gemeinsam auf Zeitreise


Start der Zeitreise in die Antike und ins Mittelalter.
Ein wenig kompliziert ist für Marlies die Begrüßung
durch prominente Wiener wie Sigmund Freud und


Kaiserin Maria Theresia. Doch bei der animier-
ten Rückfahrt ist sie hellauf begeistert. Es pfeift,
es ruckelt und Vögel ziehen ihre Kreise um den


Stephansdom, der gerade errichtet wird. Marlies’
Meinung: „Das ist lustig gewesen.“ Ihre Oma sagt:


„Die Rattenplage hat mich
wirklich beeindruckt.“


Die Welt der Habsburger wird
im Zeitraffer erzählt. Gertraute


Schaufler freut sich: „Ich hab das
wirklich alles gut in der Schule


gelernt.“ Marlies kennt auf jeden
Fall Kaiserin Sisi, die mit den Gästen


im „Time Travel“ plaudert.


Rückschau auf den Staats-
vertrag im Jahr 1955. Zuvor im


simulierten Bombenalarm war es
ein wenig gruselig. Gut, dass man


sich da auch einmal die Hand reichen
kann. Wie im Märchen geht es dann noch in
einem Fiakerflug über Wien. Das ist für die
Pferdefreundin Marlies ein Hit: „Es war voll


gut und überdrüber.“ Und Gertraute
Schaufler hat die moderne Präsentation


auch gut gefallen.


Zum Abschluss gibt es noch eine Stärkung im
Kaffeehaus. Beide haben ein iPhone und sind sich
einig: Marlies kennt sich hier eindeutig besser aus:


WhatsApp, Facebook, Tango und Skype – die angehende Gym-
nasiastin ist sattelfest in allen Technikfragen. Oma Gertraute ist


von den modernen Medien ebenfalls überzeugt: „Im Geschäft
haben wir den Computer schon sehr früh verwendet. Ohne


E-Mail kommt man ja heute gar nicht mehr aus.“ Marlies weiß
jedoch: „Die Oma weiß vieles anderes besser.“ Und die Groß-


mutter macht ihrer Enkelin abschließend ein Kompliment:
„Was ich von Marlies lernen kann, ist Heiterkeit.“


Die beiden verstehen einander eben bestens.


14:13 uhr


14:22 uhr


14:37 uhr


15:16 uhr


www.timetravel-vienna.at
Habsburgergasse 10A, 1010 Wien,
Öffnungszeiten täglich 10–20 Uhr


DonBoScomagazin 4/2012 13


Thema
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Am Samstagvormittag um elf Uhr rückt die Einheit an. Die Waffen: Spaten, Hacken, Handschuhe, Plastiksäcke mit Erde und
viele, viele Pflanzen. Der Kriegsschauplatz:


eine kleine Verkehrsinsel im Münchener
Edelviertel Haidhausen. Die Armee: etwa
ein Dutzend gut gelaunte Hobbygärtner
unterschiedlicher Altersgruppen in luftiger
Arbeitskleidung. Die Guerilla Gärtner Mün-


chen und die Münchener Grünpaten haben
sich zu einer Aktion versammelt. Bis zum Nach-


mittag wollen sie den Grünstreifen vor dem Al-
ten- und Service-Zentrum in eine blühende Oase
verwandeln.


Mit dabei ist auch Christine Leyermann. „Bei Gue-
rilla denkt man an Krieg und an Protest“, erklärt
die 48-Jährige. „Aber es ist ein stiller Protest. Es


christine leyermann
und Sohn milou
verschönern mit den
Guerilla Gärtnern eine
münchener
Verkehrsinsel.


Einsatz aus
Liebe


zur Natur


Für die einen sind Garten und Balkon grüne Oasen zum Ausspannen und Seele-bau-
meln-Lassen. Die anderen nutzen ihr kleines Reich, um nach allen Regeln der Kunst zu


ackern. Alle Hobbygärtner, ob groß oder klein, empfinden eine große
Zufriedenheit, wenn sie in der Erde wühlen und den Pflanzen beim Wachsen zusehen


können. Das DON BOSCO magazin hat drei Familien beim Garteln besucht.


text und Fotos: Christina Tangerding


Auf in den


Kinder-Garten




Familie


geht darum, etwas Schönes zu verwirklichen.“ Daneben
habe die Arbeit auch einen sozialen Aspekt, sagt die
temperamentvolle Französin, denn sie bringe Nachbarn
zusammen, die vielleicht noch nie ein Wort miteinander
gesprochen haben. Seit etwa einem Jahr engagiert sich
die Exportsachbearbeiterin und Mutter von drei Kin-
dern bei den Guerilla Gärtnern. Der Begriff bezeichnet
ursprünglich eine Bewegung, die heimlich Pflanzen
auf städtischen Flächen aussät. Die Aktionen der
Münchener Gruppe werden angekündigt und
von der Stadt unterstützt. Leyermann betreut
teils ehrenamtlich, teils als freie Mitarbei-
terin für die Umweltschutzorganisation
Green City e.V., mit der die Guerilla Gärtner
eng zusammenarbeiten, soziale Projekte
im Gemeinschaftsgarten des Vereins.
Und auch am Wochenende ist sie ger-
ne mit Handschuhen und Schaufel


unterwegs, um Garten oder Stadt zu verschönern. Ihr
jüngster Sohn, der 14-jährige Milou, ist häufig mit von
der Partie. „Ich arbeite gerne im Garten“, sagt er. „Mit
einem Freund pflanze ich Sachen oder mache selbst
Marmelade.“


Früher, erzählt Christine Leyermann, sei die Familie am
Wochenende am liebsten ins Gartencenter oder


in den Wald gefahren. Inzwischen hätten
die beiden älteren Kinder andere Inter-
essen. Dass Milou noch mitkommt, freut
Christine Leyermann. Mit ihren Einsätzen
pflegt sie ihre Liebe zur Natur. „Ich bin am
glücklichsten, wenn ich mit den Händen


in der Erde bin“, schwärmt sie. „Es ist
ein tolles Gefühl, wenn man hart


gearbeitet hat, und auf einmal
fängt etwas an zu wachsen.“


DonBoScomagazin 4/2012 15


Am Eingang der Parzelle ist ein eisernes Glöckchen angebracht, darunter glänzt die metallene Hausnummer 51 in der
Nachmittagssonne. Solarleuchten säumen die
mit Kies bedeckten Wege. Die Beete sind fein säu-
berlich mit Steinen abgetrennt.


Das Grundstück von Wolfang und Verena Hartmann
in der Würzburger Kleingartenanlage Hubland ist bis
ins Detail liebevoll gestaltet. Seit drei Jahren haben der
35-jährige Polizist und die 33-jährige Erzieherin die etwa
300 Quadratmeter große Parzelle gemietet. „Der Garten
war total verwildert“, erzählt Hartmann. „Wir haben alles
selbst angelegt.“ Dreizehn Bäume wurden gefällt. Dann
war Platz für ein großes Gartenhaus und für die Beete:
Radieschen, Kopfsalat und Karotten wachsen heute ne-
ben Lauch, Tomaten und Sellerie. Es gibt Erdbeeren und
meterweise Himbeer-, Stachelbeer- und Johannisbeer-
sträucher. „Wir richten uns danach, was wir selbst gerne
essen“, erklärt Wolfgang Hartmann. Erfahrung mit dem
Garteln hat das Ehepaar vorher nicht gehabt. Im Früh-
jahr und Sommer könnten sie fast ihren gesamten Bedarf
an Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten decken.


Bei allen Arbeiten mit dabei ist Sohn Nick. Der Fünfjähri-
ge darf sich auf dem Grundstück so richtig austoben und
ist inzwischen ein begeisterter kleiner Gärtner. Er hilft
beim Säen, Pflanzen und Gießen. Wenn die Erdbeeren
reif sind, geht er alleine an die Beete und nascht von den
frischen Früchten. „Hier kann er sich dreckig machen,
ohne sich Gedanken zu machen, ob er geschimpft wird“,
schmunzelt Hartmann. Die Familie wohnt in einer Vier-


zimmerwohnung ganz in der Nähe. Doch
von Frühjahr bis Herbst sind die drei fast täg-
lich draußen, in ihrer grünen Oase zwischen Beeren und
Tomaten.


Erdbeeren
Marke


Eigenbau Gespannt sieht nick mit
seinem papa Wolfgang
hartmann nach, ob
die erdbeeren schon reif
genug sind, um von
ihnen zu naschen.




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Wenn Luise und Franz Tangerding ihre Großel-tern im Landkreis Würzburg besuchen, sind sie am liebsten im Garten unterwegs. Das gro-
ße Grundstück, das das Ehepaar unweit seines Hauses
besitzt, ist ein wahres Ferienparadies für die Sechsjäh-
rige und ihren vierjährigen Bruder. Zwischen Rasenflä-
chen und Gemüsebeeten stehen knorrige Apfelbäume.
Drei Gartenhäuschen sind voll mit allerhand Werkzeug
und Fundstücken aus vergangenen Jahrzehnten.


Hier ist der pensionierte Sonderschullehrer Albrecht
Tangerding, 65, ganz in seinem Element. Mit ein paar
Handgriffen hat der Opa aus einem alten Vogelkäfig eine
Falle mit Seilzug gebaut. Fast zwei Stunden lang liegen
die drei hinter einem eigens gemähten Grashaufen auf
der Lauer, um eine Blaumeise oder einen Spatz in das
vorbereitete Zuhause zu locken. Dass am Ende kein Tier
im Käfig sitzt, ist egal. Die Kinder hatten eine aufregende
Zeit mit dem Großvater.


Wenn es warm genug ist, stecken die
Großeltern die Kinder in alte Klamotten
oder Badesachen. Dann heißt es „Wasser
marsch!“ und Teile des Gartens verwan-


deln sich in einen Schlammplatz. Mit ihren Kinderschau-
feln Löcher in die Erde zu buddeln, das ist für Luise und
Franz das höchste der Gefühle. Oder die Kinder bauen
mit dem Opa aus alten Dachrinnen eine Wasserbahn.
Ruck, zuck, die Teile ineinander gesteckt, Gießkannen
gefüllt und schon geht’s los.


Als Luise eine tote Maus auf dem Steinweg entdeckt,
ist auch das eine Attraktion, und Opa und Enkelkinder
tragen das Tier gemeinsam in einer stilvollen Zeremo-
nie zu Grabe. „Die Maus merkt nicht, dass sie tot ist,
oder?“, fragt Franz. Doch da tönt schon ein lautes „Wo
bin ich?“ aus dem Rhabarber, und weiter geht’s mit dem
Programm in der Garten-Kreativwerkstatt.


Im Garten der
Großeltern
setzen luise und
Franz mit opa
albrecht jede
menge Ideen in
die tat um.


Familie


Rate-Töpfe
Pflanzen Sie, von den Kindern unbemerkt, Pflänz-
chen in kleine Töpfe. Dann stellen Sie die Töpfe
nebeneinander auf das Fensterbrett oder nach
draußen. Die Kinder dürfen nun raten, was Sie
eingepflanzt haben. Kann man an den Blättern
schon erkennen, welche Pflanze das ist? Oder erst an
den Blüten oder Früchten? Die Kinder dürfen natürlich
auch in Pflanzenbüchern nachschlagen.
Spätestens in ein paar Wochen ist die Lösung
für alle zu sehen.


Opas
Kreativ-


werkstatt


Mitgemacht! »




„Kinder brauchen Natur-
erfahrungen, um sich zu erden“


Ich will mit meinen Kindern gärtnern. Was brauchen
wir alles?
Ganz wichtig ist eine große Offenheit. Schauen Sie zu-
nächst, was von den Kindern kommt. Sagen Sie nicht,
jetzt pflanzen wir Tomaten oder etwas anderes, sondern
fragen Sie zuerst, was die Kinder fasziniert. Kommen Sie
miteinander ins Gespräch! Es soll eine Familienaktion
werden, mit der sich die Kinder identifizieren können.
Als Nächstes überlegen Sie gemeinsam, was Sie brau-
chen: Pflanzen, Samen, Erde, Töpfe, Gartengeräte,
einen Arbeitsplatz und einen geeigneten Standort für die
Pflanzen. Machen Sie eine Liste und schauen Sie mit den
Kindern, woher Sie die Sachen bekommen. Wenn Sie
selbst noch keine Erfahrung haben, macht das nichts.
Sie können sich Rat holen, vielleicht in einer Gärtnerei
oder bei einem Nachbarn. Fangen Sie einfach mit den
Kindern an.


Was tun Familien, die weder Garten noch Balkon
haben?
Ein Fenstersims hat jeder. Darauf kann man innen
etwas anpflanzen. Eine weitere Möglichkeit ist, sich
einen Leihgarten zu organisieren. Das kann ein Schre-
bergarten oder auch ein Stück Beet bei Verwandten oder
bei einem Nachbarn sein. Außerdem können Sie bei
jedem Spaziergang mit den Kindern zu gemeinsam aus-
gesuchten Orten gehen und schauen, wie sich die Pflan-
zen dort verändert haben. Oder setzen Sie doch einfach
mal im Wald oder auf einer Wiese eine Narzissenknolle
oder eine Kastanie ein und schauen, ob sie ausschlägt.
Auch für Kinder, die in der Stadt wohnen, ist es wichtig,
dass sie solche Erfahrungen machen können.
Eine weitere Idee: Kooperieren Sie mit den Erzieherinnen
aus der Kita Ihres Kindes. Sollte es in der Einrichtung bis-
her noch keine Gelegenheiten oder Orte zum Anpflanzen


geben, sind die Erzieherinnen vielleicht froh, wenn Sie
sich anbieten, etwas in der Art tatkräftig zu unterstützen.


Kinder machen Dreck, wenn sie im Garten helfen …
Ja, sie machen Dreck und sie machen sich selbst schmut-
zig. Da braucht man als Eltern Ruhe und Gelassenheit.
Oft werden Kinder daran gehindert, sich schmutzig zu
machen. Aber wir müssen uns bewusst sein: Kinder, die
keine hautnahe Erfahrung mit Erde machen dürfen, sind
möglicherweise ihr Leben lang nicht geerdet.
Das sind Grunderfahrungen: Erde in die Hand nehmen,
ihre Feuchtigkeit, Trockenheit, Wärme oder Kälte spüren.
Entdecken, wie Moder riecht. Bodenschätze sammeln:
Steine aus der Erde holen, Pflanzenreste untersuchen,
Regenwürmer in die Hand nehmen, Asseln beobachten,
Lehmklumpen zerbröseln und staunen, was alles aus der
Erde heraus wächst. Für Kinder ist ja alles ein Boden-
schatz, egal ob das ein Wurm, eine Assel oder ein Stein
ist.


Sie raten also, diese Naturerfahrungen in den Alltag
einzubauen?
Unbedingt! Und das bei jedem Wetter, nicht nur bei Son-
nenschein. Man kann auch mal bei Regen barfuß raus-
gehen und das nasse Gras spüren. Integrieren Sie diese
Erfahrungen in den Alltag! Man muss doch nur schauen,
was Kinder im Freien als Erstes machen: Sie gehen in die
Hocke und untersuchen den Boden. Das muss ein Urbe-
dürfnis von Kindern sein, sich mit dem Naheliegenden zu
beschäftigen. Es ist ein so elementares Bedürfnis, dass
Kinder viel Zeit haben sollten, es auszuleben. Und natür-
lich sind dann die Kleider schmutzig und die Stiefel dre-
ckig und die Hände schauen aus. Aber dann macht man
sie eben gemeinsam wieder sauber. Auch das gehört zum
Alltag dazu. Interview: Christina Tangerding


Im Interview »


Viele Kinder kommen im Alltag kaum mit Erde und Natur in Berührung. Es fehlt an
Platz, Gelegenheit und manchmal auch am Mut der Eltern.
Im DON BOSCO magazin rät die promovierte Elementarpädagogin und Praxisfor-
scherin Irmgard M. Burtscher, Kinder ab und zu hemmungslos buddeln zu lassen.


DonBoScomagazin 4/2012 17


Familie




Die Grenzen meiner Geduld


K o l u m n e v o n M o n i k a S l o u k : A u s g e s p r o c h e n


monika Slouk (36) arbeitet als Religionsjournalis-
tin in Wien. Ihr Mann Petr (43) ist promovierter
Theologe und selbstständiger Berater. Gemeinsam
mit ihren beiden Töchtern Klara (5) und Salome (3)
lebt die Familie in Klosterneuburg.
In ihrer Kolumne „Ausgesprochen“ spricht Monika
Slouk das aus, was sie in ihrem turbulenten Alltag
erlebt und was sie über aktuelle Fragen in unserer
Gesellschaft denkt.


Klara zeigt ihrer mutter mona immer wieder Grenzen. und diese
weiß, dass sie dennoch niemandem näher ist als ihrer Familie.


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18 DonBoScomagazin 4/2012


Familie


Das gleichmäßig laute Brummen unseres Automo-tors wird nur von den Schlägen unterbrochen, mit denen Klara ihren Fuß gegen den Vordersitz
klopft. Die Eltern schweigen auffällig, denn sie wollen,
dass die Kinder während der Fahrt einschlafen. Das ist
der heutige Plan, den Salome bereits erfüllt hat. Klara
tut sich da schwerer. Spät ist es zwar, und müde ist sie
auch, aber Schlaf will sich keiner einstellen. Ich merke,
wie ich nervös werde. Der Plan ist doch so gut. Und Klara
wird morgen ungenießbar sein, wenn sie nicht bald ein-
schläft. Ich werde bereits jetzt ungenießbar. Geduldiges
Beantworten aller Fragen: „Mama, wie klingt es, wenn
kein Benzin mehr in der Tankstellen-Zapfsäule ist?“,
„Mama, wie bringen sie einen Tiger aus Afrika nach
Schönbrunn?“, „Ist der Wiener Hauptbahnhof schon
fertig gebaut?“ Vernünftiges Erklären des Einschlaf-
plans, ausdrückliches Empfehlen und inständiges Bitten
um Nachtruhe – nichts hilft. „Schlaf endlich!“, will ich
schreien, lasse es heute aber doch bleiben. Hilflos sitze
ich zwischen meinem Plan und der müden Klara.


Das Gefühl erinnert mich an ebenso hilflose Spazierrun-
den mit dem Kinderwagen, als die kleine Klara zu müde
zum Wachsein und zu wach zum Einschlafen war. Ich
hatte mir einige Erledigungen vorgenommen für die 30
Minuten Mittagspause, die mir Klaras kurzer Tagschlaf


gönnen sollte. Und rannte bereits 90 Minuten im Kreis,
Klara manchmal stehend, manchmal sitzend im Wagerl,
jedenfalls nicht schlafend. Ich lernte dabei meine Gren-
zen kennen und die Grenzen meiner Geduld. So hatte
ich mich nicht gekannt. „Du bist müde und musst jetzt
schlafen!“, brüllte ich verzweifelt, während ich sie ins
Wagerl drückte. Mir war einerseits klar, wie aussichtslos
die Brüll-Taktik in Bezug auf das Einschlafen war. An-
dererseits war ich am Ende meiner Weisheit und Kraft
angelangt, und die Absurdität meines Gebrülls war mir
schon egal.


Angenommen, ich hätte öfter Zeit, einfach nur auf dem
Sofa zu liegen und, sagen wir, Wolf Haas zu lesen. Im
Haus niemand außer mir und meinem Buch. Ich träume
manchmal von solcher Idylle. Denn in dieser Idylle bin
ich die freundlichste Frau der Welt. Niemand stört mich
beim Freundlichsein. Niemand bringt mich an die Gren-
zen meiner Geduld. Es fühlt sich so an, als hätte meine
Geduld überhaupt kein Ende. Ich bin unendlich gedul-
dig, wenn mich niemand dabei stört.


Ich unterliege dem Irrtum, dass ich mir und Gott näher
bin, wenn ich allein bin. Dabei hätte es mir Gott kaum
deutlicher sagen können: In den Mitmenschen bin ich
da. Liebe deine Nächsten, wie dich selbst. Was du dem
Geringsten getan hast, das hast du mir getan … Was für
ein seltsamer Gott, den ich dort finde, wo meine Geduld
zu Ende ist. Wo ich meine Grenzen erkenne. Dort, wo
mein Verständnis nicht für andere reicht. Nicht dort, wo
ich mich rein und sicher fühle. Meine Familie ist ein Ort
meiner Spiritualität, der Gottesbegegnung. So nah bin
ich keinem anderen Menschen. Je näher die Mitmen-
schen, die Aller-Nächsten, umso spürbarer werden mei-
ne Grenzen. Spürbar, erfahrbar, überwindbar – meine
Grenzen, die mich ausmachen wie ein Zaun den Garten.
Ich.




„Ich fahre diesen Sommer
wieder mit der Ferien-
freizeit unserer Pfarre
nach Ameland. Ein paar
von meinen Freunden
sind auch mit dabei. Wir
gehen Schwimmen und
machen auch eine Rad-
tour. Am liebsten tobe ich
aber mit den anderen in
den Dünen herum, das
macht Spaß!“


Jakob (10) wohnt mit seiner Fa-
milie in Werl. Er fährt dieses Jahr
schon zum zweiten Mal mit der
Pfarrgemeinde St. Walburga auf
die niederländische Nordseeinsel
Ameland.


„Mit meinen besten
Freundinnen Samia und
Maham spiele ich gerne
auf dem Platz vor unseren
Zelten. Jetzt in den Ferien
haben wir endlich ganz
viel Zeit dafür! Dann müs-
sen wir auch keine Schul-
uniform tragen, sondern
können unsere bunten
Kleider anziehen.“


Aisha (8, Mitte) und ihre Freundin-
nen leben in der pakistanischen
Provinz Sidh. Seit der Flutkatas-
trophe im Sommer 2010 wohnen
die Mädchen mit ihren Eltern und
Geschwistern in Zelten.


Meine Ferien


Hier und dort
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mit diesen neuen handys kann man viele lustige Dinge
tun. Es gibt zum Beispiel ein Programm, auch „App“ ge-
nannt, das Bürogeräusche abspielt. Dann klackert auf dem
Schreibtisch des Angestellten die Tastatur, während er
selbst auf seinem Bürostuhl ein Nickerchen hält. Eine
andere „App“ misst die Zeit, in der ein Handy in der Luft
ist, wenn man es hochwirft. Daraus lässt sich prima ein
Wettbewerb machen. Für Möchtegern-Schlaumeier ist das
Programm, das Sternbilder erkennt. Dazu hält man einfach
die Kamera seines Handys in den Nachthimmel. Auf dem
Bildschirm erscheinen sogleich die Namen der Sternkon-
stellationen. Besonders clever ist es, dieses Programm un-
bemerkt von anderen zu starten. Wer zielsicher am Firma-
ment auf die Nördliche Krone zeigt, kann sich staunender
Gesichter sicher sein.


Eher beklemmend könnte es auf die Begleitung wirken,
wenn man über einen Friedhof spaziert, sein Handy an ei-
nen Grabstein hält und anschließend die Lebensgeschich-
te des Verstorbenen erzählt. Doch genau das ist jetzt mög-
lich. Die Sache funktioniert dank eines sogenannten QR-
Codes. QR steht für das englische „quick response“, zu
Deutsch „schnelle Antwort“. Der Code sieht aus wie ein
Labyrinth und diente ursprünglich zur Markierung von Bau-
gruppen und Komponenten in der Autoindustrie. Auf
Werbeplakaten sieht man immer häufiger die schwarzwei-
ßen Quadrate des Codes. Seit Neuestem kann man diese
Symbole auch auf Grabsteinen finden. Das Besondere da-
bei ist, dass der Code mit dem Kreuz auf dem Grabstein ei-
ne Einheit bildet. Nur für geschulte Augen ist er überhaupt
als Computersymbol zu erkennen. Wer es tatsächlich ent-
deckt, kann sein Handy auf den QR-Code halten. Dann öff-
net sich eine Seite im Internet. Darauf wird an den Ent-
schlafenen erinnert: mit Fotos, einem Lebenslauf und Mu-
sik. Sogar ein Online-Kondolenzbuch ist verfügbar.
Schweigen wie ein Grab war gestern.


Sprechen wie ein Grab


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DONBOSCO


20 DonBoScomagazin 4/2012




mittendrin




22 DonBoScomagazin 4/2012


es ist wunderschön hier in aserbaidschan, und
die menschen sind unheimlich freundlich.


Aserbaidschan – zwischen dem Massiv des Kaukasus und dem Schwarzen Meer gelegen –
ist eigentlich erst seit dem Fall der Sowjetunion in Europa ein Begriff. Im Frühjahr dieses
Jahres rückte die Metropole und Hauptstadt Baku in den Mittelpunkt des Interesses der


Medien im westlichen Europa. Im Zuge der Berichterstattung über den Eurovision
Song-Contest wurden funkelnde Bilder übertragen.


Für das DON BOSCO magazin berichtet Hannes Velik (47), Projektkoordinator
der Don Bosco Partnerorganisation Jugend Eine Welt, wie er Aserbaidschan abseits


des Showbusiness kennen- und schätzen gelernt hat.


text: Hannes Velik; Fotos: Jugend Eine Welt


Menschen?
Wieso helft ihr anderen




DonBoScomagazin 4/2012 23


Don Bosco


Nach drei Reisen nach Aserbaidschan in den Jahren 2006, 2009 und heuer habe ich einige Beziehungen zu den Menschen im Land auf-gebaut. Bei dem Benefizkonzert im Mai zum
Beispiel ist auch eine junge Frau extra aus dem Kranken-
haus gekommen, um uns zu treffen. Sie ist vor ein paar
Jahren bei den Salesianern im Oratorium gewesen, heute
ist sie mit 20 Jahren Star einer Telenovela in Aserbaid-
schan. Den meisten Kontakt hatte ich jedoch immer mit
Pater Stefan Kormancik SDB. Der gebürtige Slowake ist
seit zwölf Jahren hier im Land und baut eigentlich mit
seinen Mitbrüdern die katholische Kirche wieder auf.
Was mir imponiert, ist seine Herangehensweise an die
Herausforderungen. Zu Beginn hat er keinen Menschen
gekannt, niemanden. Dann hat er begonnen, Tischten-
nis zu trainieren, um mit den Menschen ins Gespräch zu
kommen. Pater Stefan ist ein guter Sportler und spielte
bereits in der Slowakei auf semi-professionellem Niveau
Tischtennis. Dann haben die Salesianer noch eine andere
Idee gehabt: Im Telefonbuch haben sie nach christlichen
Namen gesucht und dort angerufen. Sie haben einfach
versucht, in der Gesellschaft ihre Fühler auszustrecken.
Kontakte gibt es natürlich auch zu Ausländern im Land,
die hier arbeiten.


Da haben sie dann gemerkt, welche Nöte vorhanden sind.
Als Salesianer haben sie dann gemeint, dass ihr Auftrag
auch hier die Betreuung von Jugendlichen sein soll. So
habe ich von den Aktivitäten in Baku erfahren. Als Pro-
jektkoordinator, der unter anderem Anträge um Unter-
stützung bei der Austrian Development Agency (ADA)
ausarbeitet, bin ich dann vor sechs Jahren das erste Mal
nach Baku geflogen. Drei Bildungsprogramme wurden
gestartet, die alle schulbegleitend sind. Das Schulsystem
ist mit unserem nicht vergleichbar. Was aber dazukommt,
ist die Korruption, die im gesamten Land in praktisch al-
len Lebenslagen dein Begleiter ist – auch in der Schule.


Die menschen sind sehr findig


Pater Stefan sagt gerne: „Ich bin ein gebildeter Mann,
weil ich so viel Zeit zum Lesen habe.“ Das stimmt, denn
er wartet geduldigst bei den diversen Ämtern, und dabei
hatte er schon sehr viel Gelegenheit, zu lesen. Die Sale-
sianer haben übrigens wirklich versucht, ihr Zentrum
legal aufzubauen. Das war nicht einfach. Als der Strom
endlich angeschlossen wurde, haben die Salesianer ei-
nen internen „Feiertag“ ausgerufen. Das ist verständlich,
wenn man weiß, dass sie eineinhalb Jahre auf den An-
schluss gewartet haben. Im Winter gibt es keine Heizung
und man zieht sich mehrere Schichten Kleidung und
Mäntel übereinander an – die Menschen sind sehr findig!




Was mir auch aufgefallen ist: Welchen Stellenwert das
Äußere für die Menschen hier hat. Sie drücken mit gu-
ter Kleidung und Make-up aus, dass sie auf sich achten.
Da kann die Wohnung im ältesten Plattenbau sein oder
sogar das Auto zum Schlafraum umfunktioniert wer-
den, ein schönes Hemd leistet man sich und trägt es.
Die Frauen sind sorgfältig geschminkt, die Kinder tragen
zum Beispiel tolle Kostüme bei Festen. Allein für ein Blu-
menfest wurden Unmengen an Pflanzen aus Europa im-
portiert. Damit zeigt Aserbaidschan, wie besonders Baku
ist. Ich sage immer, Baku ist das Dubai des Kaukasus. Es
ist wirklich toll herausgeputzt. Mir gefallen die „Flame-
Towers“ sehr gut, die moderne Architektur und die Lage
am Wasser. Aber natürlich weiß ich, dass es ganz ande-
re Seiten in Aserbaidschan gibt. Ich war auch schon im
Landesinneren und da ist es – wie 2006 auch noch in
Baku anders, sehr arm. Die Menschen sind ausgespro-
chen freundlich, das fällt mir immer wieder auf.


Bei meinen drei Aufenthalten in Aserbaidschan habe
ich große Unterschiede in der Entwicklung bemerkt,
und natürlich bin ich froh, dass Österreich hier hilft. Es
wächst eine Generation heran, die unter anderem durch
Krieg und Flüchtlingselend im Gebiet von Bergkarabach
geprägt ist. Es herrscht Nationalismus vor, das Bildungs-
system ist schlecht, die Arbeitslosigkeit bewegt sich je
nach Region zwischen 25 und 40%, das Sozialsystem


hannes Velik initiierte gemeinsam mit
der Österreichischen Botschaft und
den Salesianern ein Benefizkonzert für
das maryam-center (im Bild) – viel-
leicht war der abend in gewisser Weise
nachhaltiger als der megaevent Song-
contest.




24 DonBoScomagazin 4/2012


funktioniert schlecht. Das wollen die Salesianer gerne
ändern. Jugendliche zwischen 17 und 25 Jahren werden
konkret gefördert. Bei „Jumpstart“ lernen sie, ihre per-
sönlichen Talente und Fähigkeiten zu entdecken, und
entwerfen einen Plan, um zu lernen, wie man bestimmte
Ziele erreicht. Dann gibt es „Personal Growth“, ein Trai-
ning zur Entwicklung von eigenen Potenzialen. In der
„Gesunden Lebensführung“ lernen sie, wie richtige Er-
nährung und Gewohnheiten die Gesundheit verbessern,
aber auch, welchen Schaden Rauchen oder Alkohol an-
richten können. Interessant ist auch der „Businessman
Nº1“. Hier geht es im Rahmen einer Kunsttherapie dar-
um, emotionale Probleme zu bearbeiten. Zusätzlich ler-
nen die Jugendlichen einen interessanten Beruf kennen,
auf dessen Basis sie zukünftig ihr eigenes kleines Unter-


e u r o pA


A f r i K A


A u S t r A l i e n


A M e r i K A


S Ü D A M e r i K A


A S i e n


ASerbAiDSchAn


tÜrKei


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KASpiScheS
Meer


GeorGien


ArMenien


ruSSlAnD


baku


hauptstadt Baku


einwohnerzahl 9,165 Millionen


landessprache Staats- und Amtssprache ist seit Ende der So-
wjetunion ausschließlich die Aserbaidschanische Sprache, die
zu den Turksprachen zählt und große Ähnlichkeiten zur tür-
kischen Sprache aufweist. Es wird in lateinischer Schrift geschrie-
ben, vor 1992 war das kyrillische Alphabet in Benutzung.


religionen/Kirchen Die Mehrheit der Bevölkerung ist muslimisch,
eine kleine Minderheit sind Christen, unter ihnen mehrere hundert
Katholiken (siehe Interview mit dem Apostolischen Präfekt in Aser-
baidschan, Pater Vladimir Fekete SDB).


hintergrund Die Republik Aserbaidschan liegt an den Südhängen
des Kaukasus, begrenzt vom Kaspischen Meer im Osten. Seit


l ä n D e r p r o f i l
A S e r b A i D S c h A n


Ko n tA K t


Wenn Sie sich für die Arbeit der Salesianer Don Boscos und
der Don Bosco Schwestern in Pakistan und anderen Ländern
Afrikas, Asiens, Lateinamerikas oder Osteuropas interessie-
ren, wenden Sie sich bitte an Jugend Eine Welt.


Jugend eine Welt
Don Bosco aktion Österreich
St. Veit-Gasse 21, 1130 Wien
www.jugendeinewelt.at


hannes Velik ist projektre-
ferent für Jugend eine
Welt. er war bereits drei
mal in aserbaidschan.


pater Stefan Kormancik SDB
hat mit viel engagement
gemeinsam mit seinen mit-
brüdern das Sozialzentrum
„maryam“ aufgebaut.


persönliche talente und Fähigkeiten zu entdecken und pläne zu
entwerfen, wie man bestimmte Ziele erreicht – darum geht es
bei den Bildungsprojekten im maryam-center.


1992 ist Aserbaidschan durch den Fall der Sowjetunion unab-
hängig. Die Wirtschaft wächst schnell, wichtigster Wirtschafts-
faktor sind die großen Erdölvorkommen. Die Erdölförderung
macht 67% des Bruttoinlandsprodukts aus. Ein großes Prob-
lem ist die Korruption. Aserbaidschan befindet sich in einem
kriegerischen Konflikt mit Armenien, wobei das Gebiet Berg-
karabach umstritten ist. Daraus resultiert, dass fast eine
Million Binnenflüchtlinge in Aserbaidschan leben.


◂ ◂




Don Bosco


DonBoScomagazin 4/2012 25


i n t e r v i e w


Wie viele Katholiken es bei uns gibt,
weiß nur der liebe Gott


pater Vladimir Fekete SDB im Gespräch mit Karl-Georg
michel/Kirche in not. Der Salesianerpater stammt aus der
Slowakei und ist apostolischer präfekt in aserbaidschan.


Seit wann leben in aserbaidschan schon christen?
Pater Fekete: Das Christentum fand seinen Weg direkt von
Jerusalem hierher zu uns. Der kirchlichen Tradition zufolge
hat uns der Apostel Bartholomäus das Evangelium gepre-
digt. Er wurde in Baku getötet. Die große Mehrheit sind
heute Muslime – vielleicht 90 bis 95 Prozent der Bevölke-
rung. Der Islam gehört zur Tradition unseres Landes, wobei
sehr viele ihre Religion gar nicht oder nur sehr selten prak-
tizieren. Zwischen drei und vier Prozent der Bevölkerung
sind Christen, die überwiegend der russisch-orthodoxen
Kirche mit mehreren hunderttausend Mitgliedern angehö-
ren. Außerdem gibt es noch einige zehntausend Juden.
Aserbaidschan ist ein demokratischer säkularer Staat. Reli-
gion wird als Privatsache betrachtet.


Im mai 2002 hat papst Johannes paul II. aserbaidschan
besucht. Welchen einfluss hatte dieser Besuch auf das
Verhältnis zwischen Staat und katholischer Kirche?
Der Besuch war für die Katholiken in Aserbaidschan ein
sehr glücklicher Moment und hatte drei wichtige Folgen:
Die Bevölkerung konnte und kann seitdem im staatlichen
Fernsehen die katholische Kirche kennenlernen. Durch den


Salesianerpater Vladimir Fekete ist
optimistisch. Seit fünf Jahren gibt
es eine katholische Kirche in aser-
baidschan.


Besuch wurden wir außerdem als eine
Kirche bestätigt, die traditionell zu
Aserbaidschan gehört. Was aber viel-
leicht am wichtigsten ist: Staatspräsi-
dent Heydar Alijew hat uns damals ein
Grundstück für den Bau einer neuen
katholischen Kirche in Baku ge-
schenkt. Die neu gebaute Kirche wur-
de 2007 geweiht. Unsere alte Kirche
wurde 1931 von den Bolschewiken in
die Luft gesprengt.


Wie viele Katholiken leben heute in
aserbaidschan?
Es gibt im ganzen Land nur diese eine Pfarre hier in Baku.
Wir sind seit dem Jahr 2000 kirchenrechtlich unabhängig
und wurden mit dem Konkordat im August 2011 als „Apos-
tolische Präfektur der Katholischen Kirche“ bestätigt. Wie
viele Katholiken es bei uns gibt, kann ich nicht sagen. Das
weiß nur der liebe Gott, aber im Taufmatrikel verzeichnen
wir mehr als 300 getaufte Einheimische. Hinzu kommen
noch die vielen ausländischen Katholiken. Betreut werden
sie von uns Salesianern Don Boscos. Zurzeit sind wir eine
internationale Gemeinschaft mit fünf Patres und drei Lai-
enbrüdern. Außerdem gibt es noch eine Gemeinschaft der
Schwestern von Mutter Teresa von Kalkutta.


Was sind die Schwerpunkte Ihrer pastoralen arbeit?
Als Hauptaufgabe unserer Mission sehen wir es an, die Ka-
tholiken zu begleiten und kompetent zu machen, damit sie
die Werte in die Gesellschaft einbringen. Ganz besonders
liegen uns dabei Kinder und Jugendliche am Herzen.


nehmen gründen können. Die Jugendlichen entwerfen
einen Businessplan, sehen, wie man Mitarbeiter führt,
oder wie man Gewinne und Aufwendungen bewertet.
Es gibt sogar zur Praxis kleine Übungsfirmen wie einen
„Tea Room“ und einen „Copyshop“.


Wir hoffen, dass es langfristig gelingt, Vorurteile abzu-
bauen, einen besseren Bildungsstand zu erreichen, zur
Wertevermittlung und Stabilität beizutragen und Gewalt
unter den jungen Menschen zu verhindern. Wenn die
Jugendlichen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt
haben, ist das auch ausgezeichnet. Wir hatten natür-
lich Glück, dass die österreichische Botschafterin Sylvia
Meier-Kajbic Gastgeberin beim Benefizkonzert mit Mar-
kus Prause and Chin-Lin Prause-Chen war. Die beiden


Künstler haben ein wunderbares Klavierkonzert gespielt
mit Musik von Bach, Mozart, Chopin und Rachmaninov.
Die Zuhörer waren begeistert. Ein Mädchen aus dem Sa-
lesianerzentrum meinte danach, dass sie nicht gewusst
habe, wie schön klassische Musik sein kann. Sie inter-
essiert sich jetzt dafür. Das ist für mich auch ein toller
Erfolg neben den Spendeneinnahmen, die die Salesianer
für das Maryam-Zentrum brauchen. Die Zivilgesellschaft
ist leider sehr schwach – Hilfsvereine wie bei uns sind
derzeit noch schwer vorstellbar. Wir wurden sogar ein-
mal gefragt: „Warum helft ihr anderen Menschen?“ Mit
dem Benefizkonzert wollten wir nach Auslaufen der
ADA-Unterstützung eine lokale Unterstützungsinitiative
anregen. Ich bin sicher, dass mit diesen tollen Menschen
hier noch viel mehr wachsen wird!




26 DonBoScomagazin 4/2012


6:05 Uhr
Heute ist ein guter Tag für Sr. Zäzilia, denn heute ist
Mittwoch. Mittwoch ist Ruhetag im Café Mazzarello. Da
beginnt der Tag für sie etwas später. Morgens ist für sie
jede Minute Extraschlaf reinster Balsam. „Normalerwei-
se beginnt mein Tag spätestens um halb sechs. Das ist
wirklich hart für mich, denn ich bin alles andere als ein


Morgenmensch“, gesteht sie mit verschmitztem Blick.
„Aber die fröhlichen Gesichter der Mädchen, die schon
ab dreiviertel sieben vor dem Schulcafé auf Einlass war-
ten, entschädigen tausendfach.“
Dennoch öffnet heute das Café trotz Ruhetags seine Pfor-
ten. Denn die 3. Klasse der HLWB hat es für einen Brunch
„gebucht“.


Zu Beginn des vergangenen Schuljahres hat an den Don Bosco Schulen in Vöcklabruck das
Schulpastoralteam seine Arbeit aufgenommen. Mit der Eröffnung des Schulcafés Mazzarello wurde


zudem ein Ort ungezwungener Begegnungen zwischen SchülerInnen, Lehrkräften, Eltern und
Don Bosco Schwestern geschaffen. Als Leiterin des Cafés steht die bekennende Spätaufsteherin
Zäzilia Holzer FMA täglich vor einer ganz bestimmten Herausforderung. Vor welcher, erfuhr das


DON BOSCO magazin, als es die Don Bosco Schwester einen Tag lang begleitet hat.


text und Fotos: Markus Höllbacher


HahnBevor der kräht




DonBoScomagazin 4/2012 27


Don Bosco


6:30 Uhr
Gemeinsam mit ihren Mitschwestern trifft sich die müt-
terliche Don Bosco Schwester in der Kapelle zum Mor-
gengebet. An „normalen“ Tagen zieht sie sich zu dieser
Zeit zur Meditation zurück. „Meditation ist mein tägli-
ches Brot. Mich in die Gegenwart Gottes einzuüben, mich
vor ihn – so wie ich bin – hinzustellen, ist unglaublich
wichtig für mich. Das trägt mich durch den Tag.“


7:50 Uhr
Noch herrscht Ruhe im Café, das nach der Ordensgrün-
derin – der heiligen Maria Mazzarello – benannt ist. Ihr
eigenes Frühstück hat Sr. Zäzilia bereits hinter sich ge-
bracht. Nun heißt es, das Kaffeehaus auf Betriebstempe-
ratur zu bringen. Die Espressomaschine einschalten, den
Spüler einlassen, das Mise en place vorbereiten – ganz so
wie in einem gewöhnlichen Kaffeehaus auch.
„Oh Schreck! Die Milch ist aus, und die Mädchen kom-
men bald. Jetzt müsste man sich zweiteilen können, aber
irgendwie geht sich das schon noch aus – wie immer
halt“, zeigt sich Sr. Zäzilia nur kurz ein wenig aufgeregt.


08:25 Uhr
Nathalie und Iris, zwei Schülerinnen der 1. HLW, trudeln
ein. Sie durften sich eine Unterrichtsstunde freinehmen,
um Sr. Zäzilia beim Brunch unter die Arme zu greifen.
Es gibt aber noch einen ganz anderen Grund, weshalb
es vom Schulpastoralteam mehr als erwünscht ist, dass
SchülerInnen im Café mitarbeiten: „Uns war es von An-
fang an wichtig, den SchülerInnen das Gefühl zu geben,
dass das Café Mazzarello ihr Café ist. Wir versuchen sie
so gut wie möglich in den Betrieb einzubinden und ih-
nen Verantwortung zu überlassen. Darum ist das ,Maz-
zarello‘ genau genommen kein Schulcafé – sondern ein
SchülerInnen-Café.“


Rund 30 Mädchen der 3. HLWB sind der Einladung zum
Brunch gefolgt. Anlass ist die Verabschiedung einer Leh-
rerin. Manche hat ihr eigenes Frühstück mitgebracht,
manche bedient sich am köstlichen Buffet, das Sr. Zäzilia
liebevoll auf der Theke aufgebaut hat. Die Kaffeemaschi-


ne läuft auf Hochtouren. Latte Macchiato ist heute der
Renner, insofern hat das Trio – im wahrsten Sinne des
Wortes – alle Hände voll zu tun.


10:05 Uhr
Der Brunch ist beendet, innerhalb einer Minute ist es
wieder still im Café. Die Helferinnen und die anderen
Mädchen haben das Gröbste schon aufgeräumt. Sr. Zä-
zilia besorgt den Rest, gönnt sich anschließend selber
eine Tasse Kaffee, atmet durch. „Für mich gibt es nichts
Schöneres, als unter jungen Menschen zu sein. Zu sehen,
wie sie sich entwickeln und wie manche von ihnen mehr
und mehr die Scheu verliert, auf uns Don Bosco Schwes-
tern offen zuzugehen. Natürlich braucht das seine Zeit,
und so beschränkt sich meine pastorale Arbeit derzeit
vorwiegend darauf, einfach da zu sein. Den Mädchen zu
zeigen: Ich bin für und wegen euch hier.“


11:00 Uhr
Es zieht gehörig. Die Fenster im dritten Stock – dort, wo
ein Begegnungszentrum samt einem Raum der Stille,
einem Raum der Begegnung und Gästezimmern errich-
tet wird – zollen ihrem Alter Tribut. Hier muss dringend
etwas getan werden, deshalb ist der Chef einer Fenster-
sanierungsfirma gekommen, der sich die Sache einmal
ansieht. „Alles halb so wild“, meint er, „die Alumini-
umfenster sind trotz ihres Alters noch gut in Form. Sie
brauchen halt ein Service. Spezialdichtungen einbauen,
Beschläge nachjustieren und ölen, der Aufwand ist über-
schaubar.“


Schülerinnen der 3.hlWB beim Brunch,
bei dem es an nichts fehlt.


Das café mazzarello ist
ein Begegnungsort für
die Schülerinnen und
Schüler




Vado io – Ich bin bereit


happy Birthday, der Jahrhundert-Schwester
Giovanna Zacconi
Schwester Johanna Giovanna Zacconi FMA –
in der österreichischen Don Bosco Familie
noch immer liebevoll „Madre Giovanna“ ge-
nannt – wurde am 7. Juli 1912 in Messina/
Sizilien geboren. Begeistert von der Leben-


digkeit der Don Bosco Schwestern vernahm
die junge Lehrerin selber den Ruf, in die Fuß-
stapfen Don Boscos zu treten. 1939 trat sie
zunächst in Italien in die Gemeinschaft ein.
Als Missionarin wurde sie 1949 nach
Deutschland geschickt, wo ihr schon nach
wenigen Jahren die Provinzleitung übertragen
wurde. 1960 kam sie nach Österreich. Hier
war sie für weitere zwölf Jahre Provinzoberin.
Später war sie als Provinzrätin, Ökonomin
und Oberin tätig. Seit 1975 lebt sie in der Ge-
meinschaft Vöcklabruck.
Ihrem Lebensmotto „Vado io – Ich bin bereit“
ist sie bis heute treu und packt auch im Alter
noch gerne zu. Ihre Lebendigkeit und ihr Un-
ternehmensgeist beeindrucken. Lange Zeit
hat sie den Novizen der Salesianer Don
Boscos Italienischunterricht erteilt und auch
jetzt im hohen Alter macht sie sich noch an


vielen Orten nützlich. Beispielsweise verfasst
sie die Chronik der Gemeinschaft.


Zeitzeugin: unser Vater ist heilig –
wie im himmel


Einer der Höhepunkte in ihrer Jugend war die
Heiligsprechung von Ordensgründer Johannes
Bosco. Giovanna Zacconi war in Rom mit da-
bei und erinnert sich: „Dann kam der ersehnte
Tag der Heiligsprechung Don Boscos am Os-
tersonntag, dem 1. April 1934. Es herrschte
eine Bombenstimmung. Als das Pontifikalamt
begann, schien es mir wie im Himmel. Dann
kam der feierliche Augenblick der Heiligspre-
chung. Der Heilige Vater las das Dekret, das
Bild Don Boscos wurde enthüllt. Und wir rie-
fen: „Don Bosco, unser Vater, ist heilig.“


73 Jahre von 100
Jahren ist madre
Giovanna Don
Bosco Schwester.


28 DonBoScomagazin 4/2012


Don Bosco


Die resolute Don Bosco Schwestern hat bei der Errich-
tung des Cafés viel mit Handwerkern zu tun gehabt und
dabei gelernt, dass man in Sachen Kosten konkret und
selbstbewusst sein muss: „Wir machen das für junge
Menschen. Damit wir das Begegnungszentrum umsetzen
können, müssen wir an allen Ecken und Enden sparen.
Ich sage Ihnen gleich: Viel zu verdienen gibt es also bei


uns nicht. Das verstehen Sie doch sicher.“ Der Herr ver-
steht und sichert zu, dass er ein knapp kalkuliertes An-
gebot zusenden wird.


13:30 Uhr
Heute ist Baubesprechung für das Begegnungszentrum.
Im September soll es eröffnen. Dipl.Ing. Ömer, Architekt
im Ruhestand, der bereits an der Errichtung des Schul-
cafés maßgeblich beteiligt war, hat sich auch diesmal
wieder bereit erklärt, die Don Bosco Schwestern bei ih-
ren Bemühungen fachlich zu begleiten. Das hat sich be-
währt.


Im Stundentakt haben sich allerlei Professionisten ange-
sagt, um sich über das Projekt zwecks Anbotslegung zu
informieren. Tischler, Installateure, Bodenleger, Maurer
– man gibt sich die Türklinke in die Hand. Dipl.Ing. Ömer
behält den Überblick. Erklärt, hinterfragt, und lässt
bei den Handwerkern keine Zweifel offen, dass er den
Durchblick hat. Sr. Zäzilia: „Wir sind ja so froh, dass wir
ihn haben. Wir haben von diesen Dingen ja nicht wirk-
lich eine Ahnung. Ohne einen Fachmann könnte man so
ein Projekt nicht durchziehen.“


18:50 Uhr
Der Arbeitstag ist zu Ende. Sr. Zäzilia erzählt, dass sie
sehr froh ist, dass bei den Don Bosco Schwestern auch
genügend Raum für Erholung bleibt. Gemeinsam abend-
essen, beten, gemütlich den Tag ausklingen lassen, viel-
leicht ein bisschen fernsehen. In jedem Fall zeitig schla-
fen gehen. Denn morgen um halb sechs …


Wir Gratulieren


Auch außerhalb des Unterrichts ist es den Don Bosco Schwestern
wichtig, Räume zu bieten, in denen nicht die Leistung zählt, sondern
der Mensch selbst im Mittelpunkt steht. Die drei Schwestern des
Schulpastoralteams setzen dafür viele Initiativen und fungieren zu-
dem für SchülerInnen, Lehrkräfte und Eltern als Begleiterinnen.
Don bosco Schulen, Schulpastoralteam, linzer Straße 98,
4840 vöcklabruck, tel.: 07672/248 15–49


Das Schulpastoralteam
v.l.n.r.: Sr. elisabeth Siegl,
Sr. Zäzilia holzer und
Sr. Gisela porges




Runde Geburtstage 2012


50 Jahre: Bruder Hannes Wiedemayr, Pater
Wolfgang Gracher
60 Jahre: Pater Leopold Muttenthaler
70 Jahre: Schwester Gertraud Steinauer,
Schwester Maria Wieland, Schwester
Margarete Birklbauer, Pater Erich Modosch,
Pater Raimund Luschin
80 Jahre: Schwester Theresia Gächter,
Schwester Johanna Hörmann, Schwester
Theresia Jandl, Schwester Theresia Kromoser


priesterjubiläen 2012


50 Jahre: Pater Roman Stadelmann, Pater
Josef Steiner


humorvoll und „unverbesserlich“


Madre Giovanni ist auch für ihre humorvolle
Art bekannt. Eine Anekdote fand den Weg in
das Buch „Schmunzeln mit Don Bosco“:
Visitation in der einzigen Schule der Don
Bosco Schwestern in Österreich. Die Leiterin
ist Schwester Johanna Montag, zugleich auch
die einzige Hauswirtschaftslehrerin unter den
Schwestern. Selbstbewusst erklärt sie der da-
maligen Provinzoberin Giovanna Zacconi:
„Mich können Sie nicht versetzen, denn ich
bin unversetzlich und unersetzlich.“ Darauf
die „Madre“ schlagfertig: „Und unverbesser-
lich!“ (pdb)


Unterwegs am Jakobsweg


Initiator der aktion war Franz Schmidt.
Er war auch der Einzige, der die gesamte
Wegstrecke gegangen ist. Die anderen Pil-
ger waren tageweise dabei oder strecken-
weise, wie der Pensionist Peter Broz und
Brigitte Schmidt-Meches, die von Wien
bis Tirol wanderten. Begleiter hatte Herr
Schmidt aber fast immer. Insgesamt wa-
ren es nur drei Tage, an denen er alleine
unterwegs war. Das Pilgern, erzählt der
49-Jährige, bedeute für ihn Auszeit, weg
vom alltäglichen Stress. So hat er es
schon auf seiner Wanderung über die Py-
renäen bis Santiago de Compostela er-
lebt.

Im Pfarrgemeinderat von Stadlau ist Herr
Schmidt zuständig für Mission und Welt-
kirche. Seine Aufgabe sieht er darin, die
Verbindung zwischen den Pfarren und


nicht Santiago di compostela, sondern Feldkirch in Vorarlberg war das Ziel der pilger aus
Wien-Stadlau. etwa 35 personen haben sich am 29. april aufgemacht, um 38 tage und
750 km entlang dem österreichischen Jakobsweg nach Westen zu wandern.


den Missionaren zu schaffen. Mit der Pil-
ger-Aktion soll Pater Johann Kiesling SDB
unterstützt werden, der seit 30 Jahren im
Kongo tätig ist. Dort errichtet der Salesia-
nerpater zurzeit ein Schülerinternat. Um
Pater Kiesling zu unterstützen, zahlten
die Pilger für jeden gegangenen Kilome-
ter 0,25 Cent auf ein Spendenkonto ein.
Aber auch viele Menschen, die sie auf ih-
rem Weg durch Österreich trafen, waren
spontan bereit, für das Projekt zu spen-
den.


Am 5. Juni erreichten die Pilger das Ziel in
Feldkirch. Am 24. November wird es in
der Pfarre Stadlau einen Dia-Abend ge-
ben, an dem Eindrücke und Geschichten
vom österreichischen Jakobsweg präsen-
tiert werden. ms


professjubilarinnen und -jubilare der
Don Bosco Schwestern und
Salesianer 2012


25 Jahre: Br. Gottfried Ebner
60 Jahre: Schwester Caroline Binder,
Schwester Margarete Kaltenegger, Schwester
Lucia Schöch, Pater Franz Schwemhofer,
Pater Ludwig Schmidt, Pater Josef Brugger
50 Jahre: Schwester Ingeborg Hefel, Pater
Johann Stokinger, Pater Josef Parteder, Pater
Franz Wöß
ewige profess: Schwester Elisabeth Siegl,
Simplice Tchoungang, Praveen Antony


Danke für die treue zu Don Bosco und den
ordensgemeinschaften, Gottes Segen für
die Zukunft!


DonBoScomagazin 4/2012 29


Don Bosco


Wir Gratulieren


SaleSianiSche Mitarbeiter


Don BoSco magazin Redakteur markus Schauta
(vorne mitte) begleitete einen tag lang die pilgergrup-
pe in tirol. links im Bild: Initiator Franz Schmidt


Vorankündigung
Nach Turin und Mornese pilgern
die Don Bosco Schwestern von


13. bis 18. August 2012.
Anmeldung unter:


zaezilia.holzer@donbosco.at
Tel.: 0676 897 572 511


Weitere Don Bosco Wallfahrten 2012:
www.donbosco.at




Sozialprojekt: Stift Klosterneuburg


Am 24. Mai 2012 überreichten Propst Bern-
hard Backovsky und Kämmerer Walter Simek
vom Stift Klosterneuburg einen Spenden-
scheck über 25.000 Euro an Cornelia Matej-
ka: „Der Einsatz der Jugend Eine Welt Volontä-


Bei einem Fußballturnier lieferte sich die Sale-
Stammklientel spannende Matches. Wer es
lieber etwas ruhiger haben wollte, konnte sich
bei den Bastelstationen kreativ betätigen, bei
der Mini-Olympiade mitmachen oder sich in
der Schminkstation in das Lieblings tier ver-
wandeln lassen. Riesenwuzzler und Tanz-
workshop boten Bewegungshungrigen genug
Gelegenheit, sich so richtig auszutoben. Ganz
salesianisch durfte auch eine Zirkuseinlage
des Zirkus Giovanni nicht fehlen. Den Höhe-
punkt des Abendprogramms bildete die Feu-
ershow. Das „Sale“ in Neuerdberg – eine Initi-
ative von Don Bosco Freiwilligenhelfern – öff-
net zwei mal pro Woche für alle sechs- bis
14-Jährigen seine Pforten. Zusätzlich bietet
das Team Hausübungsbetreuung an. (eh)


hoch lebe das „Sale für alle“


3 Fragen an … Ibrahim Kargbo (19)


(v.l.n.r.): Kämmerer Walter Simek, p. petrus obermüller
SDB (geistlicher Begleiter der VolontärInnen), propst
Bernhard Backovsky, cornelia matejka, Florian Wein-
meier (Jugend eine Welt nÖ)


am 17. mai feierte das Wiener oratorium „Sale für
alle“ den dritten Geburtstag.


30 DonBoScomagazin 4/2012


Don Bosco


Don boSco aKtuell


nachGefraGt


„pademba prison“ steht in Freetown für Ge-
walt, unrecht, Drogen und tod. Die Rede ist
vom Zentralgefängnis in Sierra leone. auch
Kinder werden ohne Grund weggesperrt. ohne
jede hilfe. „Knastkinder“ stehen bei Don Bosco
Fambul auf der tagesordnung. Die Salesianer
leisten derzeit Gefängnisseelsorge und wollen
ihr angebot ausbauen. Immer wieder machen
sie auf das unrecht aufmerksam. und immer
wieder kann Fambul Kinder auf unkonventio-
nellen Wegen befreien. Ibrahim Kargbo ist ein
ehemaliges Knastkind und lebt heute im
Betreuten Wohnen von Don Bosco Fambul.


Fragen: Bruder lothar Wagner SDB


wie ist es in pademba?


Pademba wird die Vorhölle genannt, wo-
bei ich keine Ahnung davon habe, was in
der Hölle noch schlimmer sein könnte.
Wir waren ca. 50 Jugendliche in einem
Raum von fünf mal fünf Meter. Uriniert
haben wir gegen die Wand. Jede Menge
Gewalt der Gefängniswärter gegen uns.
Eine kleine Portion Reis pro Tag. Die Älte-
ren haben sie den Kleineren weggenom-
men. Und schrecklich ist vor allem die
Ungewissheit, wann man wieder raus-
kommt. Dabei zusehen, wie Schwache
und Kranke vor sich herröcheln, war un-
erträglich. Nach ein paar Wochen stehst
du wieder auf der Straße. Keine Erklärun-
gen. Keine Unterstützung. Du bist ganz
einfach allein, ja einsam. Und dann hatte
ich aber immer irgendwie Kontakt zu ei-
nem Sozialarbeiter.


ibrahim, du hast den Spitznamen
Giovanni. warum eigentlich?


Als ich in Pademba Prison war, habe ich
mich um die Kranken gekümmert und die


anderen haben zunächst gelacht und
dann gefragt, warum ich das mache.
Dann hatte ich ihnen von Don Bosco er-
zählt. Seit dem habe ich den Spitznamen
„Giovanni“.


wie geht es dir heute im betreuten
wohnen und bei deiner Ausbildung zum
Kfz-Mechaniker?


Ich bin sehr glücklich. Einige Jungs und
ich waren wieder auf Streifzug und haben
nach Diebesgut geschaut. Und ehe ich
mich umgesehen hatte, schlug ein Mann
mehrmals mit einer Eisenstange auf mich
ein. Überall Blut und jeder rief: „Dieb!“
Das ist normalerweise der sichere Tod. Je-
doch griffen Sozialarbeiter von Fambul
ein und haben mich da rausgeholt und
sofort ärztlich behandelt. Dieses Erlebnis
hatte mich letztendlich bestärkt, mein Le-
ben zu ändern. Und Fambul gab mir Mög-
lichkeiten dazu. Ich habe nun eine tolle
Ausbildungsstätte und gesicherte Lebens-
verhältnisse.




ein highlight: Das Foto der Redaktionskonferenz
schoss der Vatikanfotograf des osservatore Romano
höchstpersönlich.


30 Orden – unter ihnen auch die Salesianer
und Don Bosco Schwestern.
Die ausstellung ist bis 25. november zugäng-
lich. www.kloster-leben.at


ausstellung 2: Schätze der
Klosterbibliothek Benediktbeuern


Einblicke in eine außergewöhnliche Gebet-
buchsammlung gibt es in den Räumen der
Fachberatung Heimatpflege des Bezirks
Oberbayern bei der Gebetbuchausstellung
„Schätze der Klosterbibliothek Benediktbeu-
ern“. Geöffnet ist die ausstellung bis zum 20.
Juli 2012
: sonntags von 11 Uhr bis 16 Uhr so-
wie dienstags und donnerstags von 13 Uhr
bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei, der Zugang zur
Ausstellung ist barrierefrei.


ehemalige Don Boscosrinnen und Volontäre zeigt die große Bereit-
schaft von jungen Menschen, sich für andere
einzusetzen. Dieses Engagement möchten
wir unterstützen.“ Seit 15 Jahren bildet das
Volontariat eine wichtige Säule von Jugend
Eine Welt. Als Freiwillige leisten die Volontä-
rInnen unterstützende Lehrtätigkeit und en-
gagieren sich in der Freizeitbetreuung sowie
in der ganzheitlichen Erziehung von Kindern
und Jugendlichen. (j1w)


ausstellung 1: treffpunkt Klosterleben


Die Schau im Schlossmuseum Linz rückt ne-
ben Ordensheiligen und -gründern die Klös-
ter und deren Arbeitsschwerpunkte sowie
spirituelle Aufgaben und ökonomische As-
pekte ins Blickfeld. Insgesamt beteiligen sich


mit Freude präsentiert sich der Vorstand des Vereins
„ehemalige und Freunde des Don Bosco heimes Kla-
genfurt“: Raimund Grilc (prüfer), Florian Gregori, ot-
mar Schabernig (obmann), Walter Groier (obmann-Stv.
und Kassier), Gerhard Wallner. am Foto nicht zu sehen:
matthias mitterberger (Schriftführer)


Eine weltweite Erfolgsgeschichte


Ruanda, argentinien, Korea, haiti –
die Vielfalt der teilnehmenden Länder
war groß. Über 60 Redakteure aus 41 Na-
tionen nahmen am internationalen Tref-
fen der Redakteure des Bollettino Salesia-
no vom 16. bis 20 Mai vor den Toren Roms
teil. Im Generalat in Pisana diskutierten
sie auf Englisch, Italienisch, Französisch
und Spanisch über zukünftige Strategien
im Web 2.0, neue Herausforderungen und
Chancen und die Entwicklung der Maga-
zine in den vergangenen Jahren – online
wie offline.
Weltweit gibt es derzeit 56 Ausgaben des
Bollettino Salesiano – die unter verschie-
denen Titeln erscheinen. Die Tendenz ist
steigend. So gibt es mittlerweile auch ein
Bollettino Salesiano auf Vietnamesisch,
Kanada, einer Sprache, die in Südindien
gesprochen wird, und auf Tetum, eine der
beiden Amtssprachen von Osttimor.


erstmals nach drei Jahren fand wieder ein internationales treffen des Bollettino Salesiano
statt – diesmal im Generalat der Salesianer an der peripherie Roms. 65 Redakteure aus
41 ländern diskutierten bei der dreitägigen Konferenz mitte mai über herausforderungen,
chancen und zukünftige entwicklungen des Don BoSco magazins.


Besonders beeindruckend war nicht nur
die offene, kollegiale und gemeinschaftli-
che Zusammenarbeit. Es bot sich auch
die Gelegenheit, die Arbeitsweise und
Strukturen der einzelnen Redaktionen
fernab der eigenen Heimat kennenzuler-
nen.
Für viel Applaus und interessierte Nach-
fragen sorgte der Chefredakteur des Bra-
silianischen Bollettino Salesiano, Nivaldo
Luiz Pessinatti. Der ausgebildete Journa-
list zeigte anhand einer erweiterten Versi-
on des Magazins für das iPad, wohin die
Reise des gedruckten Magazins einmal
gehen könnte. Dank der neuen, digitalen
Erscheinungsweise ist es auch möglich,
Videos und Fotogalerien einzubinden
und mit den Lesern in Diskussionsforen
in direkten Kontakt zu treten.
Neben Vorträgen und Diskussionsrunden
und einer feierlichen Messe mit dem Ge-


neralobern Don Pascual Chávez Villanue-
va, organisierten die Gastgeber Don Bru-
no Ferrero, Chefredakteur des italieni-
schen Bollettino Salesiano, und Don Fili-
berto González, Generalrat für Soziale
Kommunikation, auch einen spannenden
Tag im Vatikan: Die Redakteure spazier-
ten in den Vatikanischen Gärten und zu-
vor besuchten sie die Druckerei und Re-
daktion der Vatikanzeitung „L’ Osservato-
re Romano“. Dort nutzte man gleich die
Gelegenheit, selbst einen Artikel über
den internationalen SDB-Besuch samt
Foto zu veröffentlichen. Angelika Luderschmidt


DonBoScomagazin 4/2012 31


Don Bosco


Don boSco aKtuell


DaS bollettino SaleSiano




Mehr als ein Durstlöscher: Der Wasserhahn


Don Bosco – so sagen wir – hatte sein Herz im Himmel und stand mit beiden Beinen fest auf der
Erde. Das bewog ihn, am Rand des Spiel-
hofes in den Arkaden eine Wasserleitung
mit Trinkwasser zu installieren. Er wollte
ja, dass sich seine Jugendlichen im Spiel
austoben. Da ist es sicher oft „heiß herge-


Im mutterhaus der Salesianer Don Boscos in turin-Valdocco gibt es noch immer einen Spielhof. unter den arkaden ist ein
historischer Brunnen. hier haben die ersten Kinder im oratorium bereits Wasser getrunken.


teil 4 der Serie über das leben des heiligen Johannes Bosco (1815–1888)


gangen“. Alle kamen ins Schwitzen –
noch dazu in Turin mit den heißen und
schwülen Sommern. Welch ein Glück,
dass es da in der Nähe einen Wasserhahn
gab. Sicher wurde da nicht nur getrun-
ken, sondern auch im kühlen Nass her-
umgepritschelt, dass es eine Freude war.


Die Freude – das war es eben! Don Bosco
wollte, dass die Burschen in seinem Haus
viel Freude erlebten. Dazu gab es lange
Wanderungen über Land, dazu gab es
große Feste im Jahr und das war auch der
Grund, warum die Küche ihren Beitrag
dazu leisten sollte. Dazu diente nicht un-
wesentlich der Spielhof. Ja man kann sa-
gen, dass bis heute der Spielhof oder
Spielplatz zur charakteristischen, nicht
verzichtbaren Ausstattung in jedem Sale-
sianerhaus gehört.


Es wurde zum Beispiel abgelehnt in der
Stadt Alessandria ein Kolleg einzurich-
ten, denn das Gelände bot „keinen Platz
für notwendige Spielhöfe“. In Österreich
ist das anders gewesen: Als Pater Abel im
Jahre 1903 die Salesianer eingeladen hat,
nach Wien zu kommen, pries er dem Ge-
neraloberen Don Michael Rua das Gebäu-


de und den Platz, wo die
Salesianer arbeiten soll-
ten, so an: „Dieses
Haus hat einen Spiel-


platz, auf dem leicht 120
Buben spielen können.“
Erst an weiterer Stelle ka-


men der Studierraum, die
Schlafsäle und die Kapelle.
Pater Abel wusste, worauf es
den Salesianern damals
schon ankam.


In einer Zeit, da besonders in unseren
Großstädten jeder Quadratmeter für ver-
meintlich „Besseres“ benützt wird – als
Parkplatz, zur Aufstellung eines Kiosk
oder für den öffentlichen Verkehr –, kön-
nen wir den Wert einer „freien Fläche“
zum Spielen erst so richtig ermessen. Oft
sind diese freien Flächen eigentlich nur
„Sandwüste“. Pflanzen haben aber keine
Chance, hochzukommen, denn hunderte
Füße trampeln jeden Tag darüber. Es gibt
aber auch großartige Sportanlagen, grü-
ne Rasen – bestens gepflegt. Ich bin mir
nicht sicher, ob sie in der Beliebtheit mit
dem „Bolzplatz“ gleich hinter Kirchen
mithalten können.


Als Erzieher muss man, recht verstanden,
das lieben, was auch die Jugendlichen
lieben. Dann werden auch sie lieben, was
dem Erzieher wichtig ist. So schreibt es
Don Bosco. Die Begleitumstände sind da-
bei wichtig wie der Brunnen am Rand des
Spielhofes. Nach dem Schweiß kommt
der Preis – wie immer er aussehen wird:
ein Trunk frisches Wasser, ein Lob, eine
öffentliche Anerkennung – oder ganz
einfach das Bewusstsein, etwas geschafft
zu haben.


Mag sein, dass Don Bosco auch an das
Schriftwort gedacht hat aus dem Markus-
evangelium (Mk 9,41): „Wer euch auch
nur einen Becher Wasser reicht, er wird
nicht um seinen Lohn kommen.“ Der
Brunnen von Valdocco in Turin mag uns
daran erinnern.


Pater Josef Vösl SDB
pause bei der Besichtigung in Valdocco. Seit mehr als
150 Jahren löschen Kinder und junge menschen hier am
Brunnen ihren Durst. Das sollte auch so bleiben.


32 DonBoScomagazin 4/2012


Don Bosco


er lebt Mit junGen MenSchen




DonBoScomagazin 4/2012 33


du!Typisch
Das DON BOSCO magazin will
wissen, was junge Menschen denken.
Dieses Mal beantworten Jugendliche
aus dem Schülerheim Don Bosco in
Fulpmes in Tirol die Frage:


Welche Medien
nützt du zur
Kommunikation?


Philipp Tenhalter (18) aus Scharnitz


Mir bieten die sozialen Netzwerke wie Facebook ein gutes Medium,
um mit Freunden, die nicht in der nächsten Umgebung wohnen,
zu kommunizieren. Ich bevorzuge aber die direkte Kommunikation.
So kann es öfters vorkommen, dass ich mich gegen Abend mit
einigen Freunden und Kollegen treffe und über die Geschehnisse
der letzten Tage berichte. Handy bietet natürlich auch eine gute
Schiene, um einige Infos auszutauschen. So gestalte ich meine
Kommunikation abwechslungsreich.


Theresa Dengel (18) aus
Reutte


Ich bevorzuge das Handy und
SMS. Ich finde, dass diese Art
der Kommunikation privater
und persönlicher ist, und man
kann unterwegs öfters mal
nachlesen. Für meine Freun-
de, die weiter weg wohnen,
verwende ich Facebook oder
E-Mail. Facebook bietet für mich die Chance,
auch über andere etwas zu erfahren.


Claus Kobald (19) aus
Schwaz


Mein bevorzugtes Kommu-
nikationsmittel ist momen-
tan Facebook, da es zurzeit
die einfachste Art der Kom-
munikation darstellt. Des
Weiteren verwende ich viel
Skype und ab und zu noch
den guten alten MSN Messen-
ger. Auch erledige ich einen Großteil der
Kommunikation über SMS und Telefon.
Um viele detaillierte Informationen zu
übermitteln, versende ich E-Mails.


Johannes Schot (16)
aus Mösern


Mit Freunden kommu-
niziere ich meistens via
Facebook und andere
soziale Netzwerke. Der
Vorteil davon ist, dass
fast jeder in solchen Netzwer-
ken angemeldet ist und so die Kommunika-
tion sehr einfach ist. Mit Bekannten aus dem
Ausland, die ich eher selten sehe, habe ich
jedoch sehr viel Kontakt über Skype, weil
es einfach toll ist, sein Gegenüber auch zu
sehen.


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34 DonBoScomagazin 4/2012




Hallo Kinder!


Steffi & Tobi


Was macht ihr eigentlich, wenn ihr jemandem etwas erzählen wollt? Genau, ihr be-
nutzt eure Sprache und alle Wörter, die ihr kennt. Aber was ist, wenn der andere euch


nicht verstehen kann, weil er eine andere Sprache spricht? Dann kann es manchmal
ganz schön schwierig werden. Denn ja, in Deutschland und auch in Österreich sprechen


die meisten Deutsch. Aber wenn wir ein bisschen weiter fahren, zum Beispiel nach Italien
oder Ungarn, dann verstehen wir schon nicht mehr, was die Menschen dort sagen.
Etwa 6.000 Sprachen gibt es auf der Welt – eigentlich unglaublich! Aber manche sagen, dass die
Hälfte davon in einigen Jahren nicht mehr benutzt wird. Das passiert, weil viele alte Menschen ihre
Sprache nicht mehr an ihre Kinder weitergeben können. Eigentlich schade.
Doch nicht nur Wörter helfen, um sich mit jemandem zu unterhalten.
Zum Beispiel könnt ihr auch eure Hände benutzen, oder aber
verschiedene Laute – wie die Wale es machen: Sie singen, um
sich zu verständigen.


Aber lest selbst, denn heute dreht sich alles um die Sprache –
viel Spaß!


Eure


Das häufigste Verständigungsmittel bei Menschen ist die Sprache. Aber auch Tiere können sich miteinander unterhalten, wie zum Beispiel die
Wale. Sie bringen sehr verschiedene Laute hervor, die sich
manchmal sogar wie eine Melodie anhören. Darum spricht
man vom Walgesang. So können sich Walmütter mit
ihren Jungen verständigen oder auf ihrer Reise durch die
Weltmeere andere Wale finden. Bis zu 150 Kilometer weit
sind die Töne unter Wasser zu hören. Früher konnten sich
die Wale sogar vom Nord- zum Südpol unterhalten. Doch
heute geht das nicht mehr, der Krach von Schiffsmotoren
und tief fliegenden Flugzeugen ist viel zu groß.


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s der Tiefe: Der Gesang der Wale


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Thema


DonBoScomagazin 4/2012 35


Buntes »
Mit den Augen hören und


mit den Händen sprechen?


V W X ßY Z Ä Ö ÜSCH


L M N O P Q R S T U


A B C D E F H


G


I J K


Wer ein Handy hat und öfter mal eine
SMS schreibt, weiß, dass es recht
mühsam ist, jedes Wort genau auszu-
schreiben. Ganz schnell hat sich hier
eine eigene Sprache mit festgelegten
Abkürzungen entwickelt. Manchmal
sind die echt schwierig zu verstehen.
Kennst du die richtige Bedeutung für
die Abkürzung auf dem Handy rechts?


hier ein paar SmS-Kürzel zum ausprobieren:


AKLA? – na, alles klar?
Schon gewusst?


Buchstabiert werden auch der eigene Name und die
Namen von Freunden. Das ist manchmal aber ganz
schön umständlich, und deshalb erfinden gehörlose
Menschen für sich selbst und für andere lieber eine
Namensgebärde. Die ist wie ein Spitzname und bezieht
sich auf etwas, was für den Menschen typisch ist. Meine
Kollegin Martina heißt zum Beispiel in der Gebärden-
sprache „Strähne“, weil sie eine Haarsträhne
immer rot färbt.


Könnt i‚hr lesen, welches Wort
hier buchstabiert wird?


„Aschenputtel“ lautete das Lösungswort aus dem letzten DON BOSCO magazin.
Je ein Buch „Ein Löwe für Hieronymus. Meine schönsten Heiligenlegenden“ haben Celine
Manuel aus Eisenzicken, Irena Brizar aus Laakirchen und Luise Buchinger aus Ennsdorf
gewonnen.
Herzlichen Glückwunsch!


Schreibe die lösung in eine e-mail oder auf eine
postkarte und schicke sie bis zum 31. Juli 2012 an:
DON BOSCO magazin
• Kinderrätsel • St. Veit-Gasse 25 •
1130 Wien • magazin@donbosco.at


Zu gewinnen gibt es fünf
Mal den lustigen
„Zungenbrecher-Fächer“.


Unser Preis:


Mitmachen und gewinnen!


Gehörlose Menschen haben ihre eigene Art der Verstän-digung erfunden. Und die funktioniert super! Gebärden nennt man die Bewegungen der Finger und Hände in
Verbindung mit Gesichtsausdruck und Mundbewegungen.
Mit der Gebärdensprache kann man sich genauso gut unterhal-
ten wie mit der Lautsprache. Und wenn es einmal ein neues
Wort gibt, für das man gerade keine Gebärde zur Hand hat,
benutzt man eben das Fingeralphabet (siehe oben) und
buchstabiert das Wort.


AKLA Alles klar?
AS Antworte schnell
BIDUNOWA Bist du noch wach?
BIGLEZUHAU Bin gleich zu Hause
CU See you
:-)) sehr glücklich
:-( traurig


:-)
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s der Tiefe: Der Gesang der Wale


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2:56




36 DonBoScomagazin 4/2012


Ratgeber


Schwester elisabeth Siegl (37), Theolo-
gin, arbeitet als Religionslehrerin an der
Don Bosco Schule in Vöckla bruck und war
pädagogische Mitarbeiterin im Don Bosco
Haus Wien.


p. franz-ulrich otto (61), Theologe und
Sozialpädagoge, Provinzialvikar in
Deutschland, war mehrere Jahre Vorsit-
zender der Bundesarbeitsgemeinschaft
Katholische Jugendsozialarbeit und Stadt-
jugendseelsorger in Essen.


h A b e n S i e e i n e f r A G e ?


Schreiben Sie an: DON BOSCO magazin
Ratgeber, St. Veit-Gasse 25, 1130 Wien
leserfragen@donbosco.at


Ausgewählte Fragen und Zuschriften werden
wir an dieser Stelle mit Ihrer Zustimmung ver-
öffentlichen; ansonsten bleiben Sie anonym.


Sie fragen – unsere experten antworten!
unser beraterteam ist für Sie da und
beantwortet ihre fragen zu den themen
Glauben, religion, erziehung, Jugend
und familie. Schreiben Sie uns:


l e b e n S f r A G e n


Wie sprechen wir offen über das Thema Scheidung?


Mein Enkel möchte nicht zur Firmung gehen


Unsere Kinder (8 und 10) haben in der letzten Zeit mit-
bekommen, dass mehrere Eltern von Schulkameraden
sich getrennt haben. Sie befürchten nun, dass so etwas
auch in unserer Familie passieren könnte. Wie können
wir mit ihnen offen und realistisch über das Thema re-
den, ohne ihnen Angst zu machen?
Sabine D., Salzburg


Sr. Elisabeth Siegl: Ganz wichtig ist neben klärenden Ge-
sprächen die Vorbildwirkung! Wenn Ihre Kinder spüren,
dass Sie selbst offen und gut miteinander umgehen, dass
Ihre Beziehung zueinander herzlich ist, dann haben die
Kinder schon einmal eine gewisse innere Sicherheit, dass
Ihnen dasselbe nicht auch in Kürze passieren wird.
Sie können aber Ihren Kindern auch in Ruhe erklären, dass
es im Leben auch die Möglichkeit des Scheiterns, des Tren-
nens gibt, weil es manchmal der bessere Weg ist. Vielleicht
fallen Ihnen Beispiele ein, durch die Sie erzählen können,


Unser Enkel (14) möchte sich nicht zur Firmung anmel-
den. Er ist getauft und hat auch einige Jahre lang minis-
triert. Jetzt sagt er, dass ihm das Sakrament nichts be-
deutet und er es deshalb nicht empfangen möchte. Wir
finden es gut, dass er zu seiner Meinung steht, würden
ihn aber gerne noch umstimmen.
Helmut F., Fulda


P. Franz-Ulrich Otto: Ihr Enkel befindet sich in der Pu-
bertät und überprüft alle Werte, die er bisher erfahren, er-
lernt und gelebt hat. Und nun will er nur das tun, wovon


er wirklich überzeugt ist.
Das ist sicherlich gut, und
auch Sie schreiben, dass
Sie es gut finden, wenn er
zu seiner Meinung steht.
Natürlich ist er nicht fer-
tig, und ständig strömen
neue Werte auf ihn ein,
die er unter die Lupe
nimmt. Ich vermute, dass
er sich gerade mit den reli-
giösen Vorstellungen und
Werten beschäftigt, was
für einen Jungen in sei-
nem Alter eine besondere


dass es Menschen geschafft haben, damit umzugehen und
einen neuen Weg zu beginnen.
Sie können aber auch praktische Beispiele aus Ihrer Ehe
bringen und erzählen, wie Sie selbst mit Auseinanderset-
zung oder Streit umgehen, und dass es zunächst auch an-
dere Lösungen gibt, als sich sofort zu trennen. Wenn die
Kinder spüren, dass Streit realistisch zum Leben dazuge-
hört, dass aber auch Versöhnung möglich ist und das Fin-
den von Lösungen, dann werden sie mit weniger Angst auf
das Thema schauen können.


Herausforderung darstellt. Mir erscheint es sehr wichtig,
dass Sie ihm deutlich zu verstehen geben, dass Sie ihn
nicht überreden wollen, sondern ihm Möglichkeiten er-
öffnen, über Lebens- und Glaubensfragen ins Gespräch
zu kommen. Das können Sie selbst sein, aber vielleicht
braucht er dafür auch außerhalb des familiären Umfelds
Ansprechpartner. Hier liegt die große Chance kirchlicher
Jugendarbeit, in der Auseinandersetzungen über Werte
und Normen Raum haben, vor allem mit „neutralen“ Per-
sonen. Ihm Mut zu machen, seinen Fragen nachzugehen,
das scheint mir eine gute Unterstützung Ihres Enkels zu
sein. Und wenn er spürt, dass durch seine momentane
Ablehnung der Firmung nicht gleich ein Familiendrama
entsteht, dann ist vielleicht schon die erste Tür hin zur Fir-
mung geöffnet. Und wenn er mehr Zeit für seine Bejahung
braucht, dann gibt es sicherlich auch einen späteren Firm-
termin für ihn, auf den er dann – so hoffen wir gemeinsam
– entschieden und in aller Freiheit zugehen kann.




ENKELIN – GROSSTANTE – KIND –
KUSINE – MUTTER – NEFFE –
NICHTE – ONKEL – OPA –
SCHWAGER – SOHN – TOCHTER –
UROMA – VATER


DonBoScomagazin 4/2012 37


Buntes


M e D i e n t i p p S D e r r e D A K t i o n


lob – Dank – Achtsamkeit
Das Schöpfungslob gehört zum
Kern christlicher Spiritualität.
Menschen auf Pilgerreisen,
Naturliebhaber und Gebetsgrup-
pen finden auf diesen Inspirati-
onskarten anregende Texte und
Gebete. Sie handeln von der
Schönheit der Welt, der Liebe
Gottes und der Verantwortung des Menschen. Schöpfungslob von
den Anfängen in der Bibel, über Hildegard von Bingen oder Franz
von Assisi bis zu modernen Lyrikern wie Rainer Maria Rilke.


Spirituelle fantasiereisen für Kinder
Bei einem dichten Wochenplan schon im
Kindergartenalter brauchen Kinder heute
mehr denn je Oasen der Ruhe. In diesen
21 Entspannungsgeschichten und Fanta-
siereisen wandern Kinder im Geiste durch
die Schöpfung. Sie lernen die Welt mit
neuen Augen sehen und erkennen, dass
sie selbst ein kleiner, aber unverzichtbarer
Teil von Gottes Schöpfung sind. Inklusive
Musik-CD mit eigens komponierter Ent-
spannungsmusik.
fantasiereisen und entspannungsgeschichten, für Kinder von 3 bis 8 Jahren,
96 Seiten, kartoniert, Illustrationen, inkl. Musik-CD mit ca. 72 Minuten Spiel-
zeit, € 20,60, Don Bosco 2012


Gebetskarten zur Schöpfung, 34 Karten, Format: 13 x 9 cm, farbig illustriert,
€ 9,95, Don Bosco 2012



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Schreiben Sie den Lösungsbuchstaben auf eine Postkarte
oder in eine E-Mail und schicken Sie diese bis zum
31. Juli 2012 an: DON BOSCO magazin, St. Veit-Gasse 25,
1130 Wien, magazin@donbosco.at


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Verwandtschaftssuche
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?Finden Sie alle angegebenen Begriffe in dem Buchstabenkasten. Sie sind waagrecht (vorwärts und rück-wärts) und senkrecht (von oben nach unten sowie von unten nach oben) versteckt. Achtung: Manche Buchstaben werden mehrmals verwendet. Wenn Sie alle Begriffe gefunden und ausgestrichen haben,
ergeben die übrigen Buchstaben des Kastens nacheinander gelesen das Lösungswort.


Diese Produkte gibt es in jeder Buchhandlung oder direkt bei der Don Bosco Medien GmbH, Tel.: 089/48008-330, service@donbosco-medien.de, www.donbosco-medien.de


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Miträtseln und gewinnen!
Unter allen richtigen Einsendungen


verlosen wir drei Don Bosco T-Shirts.


F V N I C H T E R A


S A L N M U T T E R


C T E E O R M I T L


H E K F P O S O H N


W R N F A M I K C E


A N O E T A R I O E


G R O S S T A N T E


E K U S I N E D F F


R E N N I L E K N E


herzlichen Glückwunsch!
Die Lösung aus unserem letzten Preisrätsel ist der Aus-
schnitt A. Über je einen Don Bosco Herzbox können sich
Elfriede Manker, Elisabeth Herunter, Anna Buchegger,
Wilhelm Gallei und Maria Kittel freuen.




38 DonBoScomagazin 4/2012


Sambusa
ein Festessen aus Somalia


l e S e r Ko c h e n f Ü r l e S e r


Zubereitung:
Die klein gehackten Zwiebeln anschwitzen, das Hack-
fleisch anbraten, salzen und etwas später mit Curry und
Koriander würzen. Anschließend die klein gewürfelte Pe-
peroni hinzugeben und das Fleisch beiseitestellen.


Für die Teigtaschen Mehl in eine Schüssel geben und
mit Salz vermischen. Nach und nach vorsichtig lauwarmes
Wasser hinzufügen. Den Teig kneten, bis er sich gut von der
Schüssel löst. Aus dem Teig Ballen von ca. 3 cm Durchmesser
formen und sie zu runden Fladen von 3 bis 5 mm Dicke aus-
rollen. Die Fladen auf einer Seite mit Öl bestreichen, je zwei
übereinander legen und erneut zu einem großen Fladen von
ca. 30 cm ausrollen. Anschließend den Fladen vierteln.


Eine Pfanne erhitzen und das erste Viertel kurz in die Pfan-
ne legen und ganz leicht anbraten, nicht bräunen. Den Dop-
pelfladen wenden, die oberste Schicht abziehen und die
einzelnen Teile wieder in der Pfanne wenden. Jedes Dreieck
zu einer kleinen Tüte falten: die rechte Seite des Dreiecks
zur Mitte falten, dann einen „Kleber“ aus Wasser und Mehl
auftragen. Nun die linke Seite des Dreiecks zur Mitte falten,
sodass sie ein wenig überlappt, und festkleben.


Danach die Tasche mit 1  EL Fleisch füllen und oben
zukleben. Zum Abschluss werden die Teigtaschen mit
viel Öl in einer Pfanne goldbraun gebraten. Die Sambusa
schmecken gut zu Reis und Salat.


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„Ich koche gerne Sambusa,
weil man es in meiner Heimat
zum Fastenbrechen während
des Ramadans isst, oder zu
Geburtstagen und Hochzeiten.
Ich habe das Rezept von mei-
ner Mutter abgeschaut und es
immer wieder ausprobiert und
verfeinert.“


Siyad (18) stammt aus Somalia und
lebt in einer Wohngruppe für unbeglei-
tete minderjährige Flüchtlinge im Sale-
sianum in München.


Zutaten
• 500 g Mehl
• 500 g Hackfleisch


• 4 Zwiebeln
• ½ Peperoni
• 1 TL Curry-Gewürz


• 2 Blätter Koriander
• ½ TL Salz
• Öl




DonBoScomagazin 4/2012 39


Service


Die Ausgabe 5/2012 erscheint
Anfang September.


Im nächsten Heft lesen Sie:


Begrenzte Hoffnung
In der mexikanischen Grenzstadt
Tijuana stranden jährlich
tausende Migranten


Hurra, endlich eine Schule!
Steffi und Tobi besuchen Kinder
in Indien


Sackgasse Migration
Buenos Aires – Stadt der verlore-
nen Illusionen


Impressum


DON BOSCO magazin (bis zum 53. Jahrgang Salesianische
Nachrichten) ist das Mitteilungsblatt der Don Bosco Familie in Österreich
Medieninhaber:
Gesellschaft der Salesianer Don Boscos, St. Veit-Gasse 25, 1130 Wien


Herausgeber:


Chefredakteur: P. Josef Vösl SDB
Redaktion: Katharina Hennecke, Claudia Klinger (in Elternzeit), Angelika
Luderschmidt, Hannah-Magdalena Pink, Sophie Wöginger, Markus Schauta


Erscheint zweimonatlich im Don Bosco Verlag,
81699 München, Sieboldstraße 11, Postvertriebsnummer: 02Z030224S


Titelfoto: iStockphoto
Alle nicht gekennzeichneten Fotos stammen aus dem Archiv
der Don Bosco Medien GmbH bzw. von foto@donbosco.at
Layout: ReclameBüro München, Gabriele Pohl und Margret Russer
Druck: Bonifatius GmbH Druck – Buch – Verlag, Paderborn


Nachdruck ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags gestattet.
Dies gilt auch für die Aufnahme in elektronische Datenbanken und
Vervielfältigungen auf CD-ROM.


Salesianer Don Boscos und
Don Bosco Schwestern

der Provinzen in Deutschland
und Österreich


Don Bosco Sommer-T-Shirt
Das Sommer-Shirt mit dem kunterbunten
Don Bosco Aufdruck kostet 12 euro.
Don Bosco Shop, St. Veit-Gasse 25, 1130 Wien
Tel.: 01/878 39-522, info@donbosco.at,
www.donbosco.at


„Don Bosco for YOUth!“ –
das neue Jugendmagazin!


Don B
osco


Shop


Freundschaft, Familie, Liebe,
Schule – was hat das Leben
für junge Menschen zu bie-
ten, und was hat das alles
eigentlich mit Don Bosco zu
tun? Das neue Jugendmaga-
zin „Don Bosco for YOUth“
der Salesianer Don Boscos
und der Don Bosco Schwes-
tern in Deutschland und
Österreich hat zahlreiche Ant-
worten. Hier erzählt die Band
Luxuslärm, wie sie es geschafft hat, ihren Traum vom Beruf
als Musiker zu verwirklichen, Jugendliche berichten von ih-
rem Jahr als Don Bosco Volontäre im Ausland und Experten
geben Ratschläge rund um Familie, Freundschaft und zum
Berufsstart. „Don Bosco for YOUth“ erscheint erstmals
Ende Juni.


So fern und doch so nah


Moderne Kom-
munikationsmit-
tel lassen Län-
dergrenzen ver-
schwinden – wie
bei Familie
Vogelfaenger.
Die lebt in Kana-
da und hält mit
Freunden und Verwandten im 8.000 Kilometer ent-
fernten Rheinland über das Internet Kontakt. Das
Besondere: Der zweijährige Sohn Scott hat bereits
seinen eigenen Blog, ein Internettagebuch, das seine
Eltern wöchentlich mit Fotos, Videos und Berichten
füllen. Die Großeltern freut’s. So können sie miterle-
ben, wie ihr Enkel groß wird.
Lesen Sie mehr im Internet unter
www.donbosco-magazin.at


+++ Neu! Das Magazin über Don Bosco und dein Leben +++


Jini von Luxuslärm zeigt, wie’s geht
Träume


Lebe deine


Philipp Lahm


Don Boscoyouth!for
Dein Magazin


Im Job


das fl oppt!
Das rockt,


Mission possible


in die Welt
Mit Don Bosco


Computersucht


Game over


Raus aus der


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Dein Land braucht dich.


Freiwillige im ganzen Land leisten Großes:
Für Zusammenhalt, Miteinander und Integration.
Daher machen Österreichs Vereine auf. Und immer
mehr Migrantinnen und Migranten machen mit.


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Denn wir sind: Zusammen Österreich.


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Staatssekretariats
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