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1.1 Page 1

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Der Heilige Stuhl
NACHSYNODALES APOSTOLISCHES SCHREIBEN
PASTORES DABO VOBIS
VON JOHANNES PAUL II.
AN DIE BISCHÖFE,
PRIESTER UND GLÄUBIGEN
ÜBER DIE PRIESTERAUSBILDUNG
IM KONTEXT DER GEGENWART
EINLEITUNG
1. "Ich gebe euch Hirten nach meinem Herzen" (Jer 3,15).
Mit diesen Worten des Propheten Jeremia verspricht Gott seinem Volk, es nie ohne Hirten zu
lassen, die sie sammeln und führen sollen: "Ich werde ihnen (d. h. meinen Schafen) Hirten geben,
die sie weiden, und sie werden sich nicht mehr fürchten und ängstigen" (Jer 23,4).
Die Kirche als Volk Gottes erlebt immerfort die Verwirklichung dieser prophetischen Ankündigung
und hört nicht auf, dem Herrn voll Freude zu danken. Sie weiß, daß Jesus Christus selbst die
lebendige, letzte und endgültige Erfüllung der Verheißung Gottes ist. "Ich bin der gute Hirte" (Joh
10, 11).
Der "erhabene Hirte der Schafe" (Hebr 13,20) hat die Apostel und ihre Nachfolger mit dem Auftrag
betraut, die Herde Gottes zu weiden (vgl. Joh 21,15ff.; 1 Petr 5,2). Ohne Priester könnte die
Kirche vor allem jenen grundlegenden Gehorsam nicht leben, der die eigentliche Mitte ihrer
Existenz und ihrer Sendung in der Geschichte bildet: den Gehorsam gegenüber dem Gebot Jesu
"Darum geht zu allen Völkern ... und lehrt sie" (Mt 28,19) und Tut dies zu meinem Gedächtnis" (Lk
22)19; vgl. 1 Kor 11,24); das heißt das Gebot Jesu, das Evangelium zu verkünden und jeden Tag
das Opfer seines für das Leben der Welt hingegebenen Leibes und vergossenen Blutes zu
erneuern.

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2
Im Glauben wissen wir, daß die Verheißung des Herrn in Erfüllung geht. Gerade diese Verheißung
gibt ja der Kirche Anlaß und Kraft, sich angesichts des Reichtums und der zahlenmäßigen
Zunahme an Priesterberufen, wie man sie heute in einigen Teilen der Welt feststellen kann, zu
freuen; gleichzeitig stellt sie das Fundament und den Ansporn zu einem Bekenntnis größeren
Glaubens und stärkerer Hoffnung dar angesichts des besorgniserregenden Priestermangels, der
auf anderen Teilen der Welt lastet.
Wir sind alle aufgerufen, das volle Vertrauen in die dauernde Erfüllung der Verheißung Gottes zu
teilen, von dem die Synodenväter mit klarer Festigkeit Zeugnis gegeben haben: "Mit vollem
Vertrauen in die Verheißung Christi, der gesagt hat: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der
Welt (Mt 28,20), und im Bewußtsein des beständigen Wirkens des Heiligen Geistes in der Kirche
glaubt die Synode zutiefst, daß in der Kirche die heiligen Diener niemals vollständig fehlen werden
... Auch wenn in einigen Gegenden Priestermangel auftritt, wird doch in der Kirche das Handeln
des Vaters, der die Berufungen weckt, niemals aufhören (1).
Wie ich zum Abschluß der Synode im Hinblick auf die Krise der Priesterberufe sagte, "besteht die
erste Antwort, die die Kirche gibt, in einem Akt totalen Vertrauens auf den Heiligen Geist. Wir sind
zutiefst überzeugt, daß uns diese vertrauensvolle Hingabe nicht enttäuschen wird, wenn wir dazu
der empfangenen Gnade treu bleiben" (2).
2. Der empfangenen Gnade treu bleiben! Denn das Geschenk Gottes hebt die Freiheit des
Menschen nicht auf, sondern weckt sie, bringt sie zur Entfaltung und fordert sie ein.
Darum geht das umfassende Vertrauen in die unbedingte Treue gegenüber der Verheißung
Gottes in der Kirche mit der schwerwiegenden Verantwortung einher, mitzuwirken beim Tun
Gottes, der uns ruft, beizutragen zur Schaffung und Erhaltung von Bedingungen, unter welchen
der von Gott gesäte Same Wurzel schlagen und reiche Frucht bringen kann. Die Kirche darf
niemals aufhören, den Herrn der Ernte zu bitten, daß er Arbeiter für seine Ernte aussende (vgl. Mt
9,38); sie darf nicht aufhören, sich mit einem klaren und beherzten Berufungskonzept an die
jungen Generationen zu wenden und ihnen zu helfen, die Wahrheit des göttlichen Anrufes zu
erkennen und ihm großmütig und selbstlos zu entsprechen; und sie darf nicht aufhören,
besondere Sorge auf die Ausbildung der Priesteramtskandidaten zu verwenden.
Die Ausbildung sowohl der künftigen Weltpriester wie der Ordenspriester und die eifrige, das
ganze Leben lang geltende Sorge um ihre persönliche Heiligung im Amt und um die ständige
Weiterbildung und Anpassung ihres pastoralen Einsatzes werden von der Kirche tatsächlich als
eine der schwierigsten und wichtigsten Aufgaben für die zukünftige Evangelisierung der
Menschheit angesehen.
Diese Bildungstätigkeit der Kirche ist eine Weiterführung des Werkes Christi, auf die der
Evangelist Markus mit den Worten hinweist: Jesus stieg auf einen Berg und rief die zu sich, die er

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3
erwählt hatte, und sie kamen zu ihm. Und er setzte zwölf ein, die er bei sich haben und die er
dann aussenden wollte, damit sie predigten und mit seiner Vollmacht Dämonen austrieben" (Mk
3,13-15).
Man kann sagen, daß die Kirche in ihrer Geschichte durch die den Kandidaten für das Priesteramt
und den Priestern selbst geltende Ausbildungstätigkeit diese Seite des Evangeliums immer von
neuem mit Leben erfüllt hat, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität und in verschiedener
Weise. Heute freilich fühlt sich die Kirche aufgerufen, das, was der Meister mit seinen Aposteln
getan hat, mit neuem Eifer wiederzubeleben; veranlaßt sieht sie sich dazu von den tiefgreifenden
und raschen gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen unserer Zeit, von der Vielfalt und
Unterschiedlichkeit des jeweiligen Umfeldes, in dem sie das Evangelium verkündet und bezeugt,
von der günstigen zahlenmäßigen Entwicklung der Priesterberufe in verschiedenen Diözesen der
Welt, von der Dringlichkeit einer neuen Überprüfung der Inhalte und Methoden der
Priesterausbildung, von der Sorge der Bischöfe und ihrer Gemeinden wegen des anhaltenden
Priestermangels, von der absoluten Notwendigkeit, daß die "Neu-Evangelisierung" ihre ersten
"Neu-Evangelisatoren" in den Priestern haben müsse.
Genau in diesem geschichtlichen und kulturellen Rahmen war die letzte ordentliche
Vollversammlung der Bischofssynode angesiedelt, die der "Priesterbildung im Kontext der
Gegenwart" gewidmet war, mit der Absicht, fünfundzwanzig Jahre nach dem Ende des Konzils die
Konzilslehre über dieses Thema inhaltlich zu erfüllen und sie im Hinblick auf die heutigen
Verhältnisse zu aktualisieren und schärfer zu umreißen (3).
3. In Kontinuität mit den Texten des II. Vatikanischen Konzils über den Priesterberuf und die
Priesterausbildung (4) sowie in der festen Absicht, deren inhaltsreiche und verbindliche Lehre
konkret auf die verschiedenen Situationen anzuwenden, hat sich die Kirche mehrmals mit den
Problemen des Lebens, des Amtes und der Ausbildung der Priester auseinandergesetzt.
Die herausragendsten Anlässe dafür waren die Bischofssynoden. Schon auf der ersten im
Oktober 1967 abgehaltenen Vollversammlung widmete die Synode fünf Generalsitzungen dem
Thema der Erneuerung der Priesterseminare. Diese Arbeit gab den entscheidenden Anstoß zur
Abfassung des Dokumentes der Kongregation für das katholische Bildungswesen "Grundordnung
für die Ausbildung der Priester" (5).
Vor allem die zweite ordentliche Vollversammlung von 1971 widmete die Hälfte ihrer Arbeiten dem
Weihepriestertum. Die Ergebnisse dieser langen synodalen Auseinandersetzung, die in einigen
meinem Vorgänger Papst Paul Vl. unterbreiteten und bei der Eröffnung der Synode von 1974
verlesenen "Empfehlungen" neu aufgegriffen und zusammengefaßt wurden, betrafen
hauptsächlich die Lehre über das Weihepriestertum und einige Aspekte der priesterlichen
Spiritualität und des priesterlichen Dienstes.

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4
Auch bei vielen anderen Gelegenheiten hat das kirchliche Lehramt immer wieder Zeugnis
gegeben von seiner Sorge um das Leben und den Dienst der Priester. Man kann wohl sagen, daß
es in den Jahren unmittelbar nach dem Konzil keine lehramtliche Äußerung gegeben hat, die nicht
in irgendeiner Weise, explizit oder implizit, auf die Bedeutung der Anwesenheit von Priestern in
der Gemeinde, auf ihre Rolle und ihre Unentbehrlichkeit für die Kirche und für das Leben der Welt
eingegangen wäre.
In den allerletzten Jahren ist man sich nun vielerorts der Notwendigkeit bewußt geworden, auf das
Thema Priestertum zurückzukommen, und zwar so, daß man sich damit von einem Standpunkt
her neu auseinandersetzt, der der heutigen kirchlichen wie kulturellen Situation angemessener ist.
Die Aufmerksamkeit hat sich dabei vom Problem der Identität des Priesters zu den Fragen
verlagert, die mit dem Ausbildungsgang des Priesterberufes und mit der Lebensqualität der
Priester zusammenhängen. In der Tat weisen die neuen Generationen der zum Priesteramt
Berufenen ganz andere Wesensmerkmale auf als ihre unmittelbaren Vorgänger, und sie leben in
einer in vieler Hinsicht neuen Welt, die in ständiger und rascher Entwicklung begriffen ist. Das
alles muß bei der Erstellung und Durchführung der Ausbildungsordnungen für den Priesterberuf
berücksichtigt werden.
Die Priester schließlich, die ihr Amt schon länger oder erst seit kurzem ausüben, scheinen heute
unter der übermäßigen Zersplitterung in den immer noch zunehmenden pastoralen Tätigkeiten zu
leiden und fühlen sich angesichts der Schwierigkeiten der modernen Gesellschaft und Kultur
genötigt, neu nachzudenken über ihren Lebensstil und über die Prioritäten des pastoralen
Einsatzes, während sie immer deutlicher die Notwendigkeit einer ständigen Weiterbildung
erkennen.
Die Überlegungen der Bischofssynode von 1990 galten also der Zunahme von Priesterberufungen
sowie der Ausbildung, in der die Kandidaten mit Jesus im Blick auf die Nachfolge besser vertraut
werden sollen, während sie sich auf den Empfang der Weihe und das Leben aus diesem
Sakrament vorbereiten, das sie Christus, dem Haupt und Hirten, dem Diener und Bräutigam der
Kirche nachformt. Die Sorge der Synode galt weiterhin der Erstellung von Plänen für die ständige
Weiterbildung, die in der Lage sein sollen, den Dienst und das geistliche Leben der Priester
realistisch und erfolgreich zu unterstützen.
Desgleichen wollte diese Synode auch auf ein Anliegen der vorhergehenden Synode über die
Berufung und Sendung der Laien in Kirche und Welt antworten. Die Laien selbst hatten ja die
Bemühungen der Priester im Blick auf die Ausbildung angeregt, damit ihnen bei der Erfüllung der
gemeinsamen kirchlichen Sendung angemessene Hilfe geboten werden kann. In der Tat, "je mehr
sich das Laienapostolat entfaltet, desto stärker spürt man das Bedürfnis nach gut ausgebildeten,
heiligmäßigen Priestern. So artikuliert das Leben des Volkes Gottes selbst die Lehre des II.
Vatikanischen Konzils über die Beziehung zwischen dem gemeinsamen Priestertum aller
Gläubigen und dem Weihepriestertum. Denn im Mysterium der Kirche hat die Hierarchie

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5
Dienstcharakter (vgl. Lumen gentium, 10). je mehr das Verständnis der den Laien eigenen
Sendung vertieft wird, desto mehr tritt das hervor, was dem Priester eigen ist" (6).
4. In der kirchlichen Erfahrung, wie sie für die Synode kennzeichnend ist, nämlich "einem
einzigartigen Erleben der Gemeinschaft der Bischöfe in der Universalität, die den Sinn für die
Weltkirche, die Verantwortlichkeit der Bischöfe für die Weltkirche und ihren Auftrag in affektiver
und effektiver Gemeinschaft um Petrus stärkte",(7) hat sich klar und deutlich die Stimme der
verschiedenen Teilkirchen vernehmen lassen - und bei dieser Synode zum ersten Mal die Stimme
einiger Kirchen des Ostens: die einzelnen Teilkirchen haben ihren Glauben an die Erfüllung der
Verheißung Gottes verkündet: "Ich gebe euch Hirten nach meinem Herzen" (Jer 3,15), und sie
haben ihr pastorales Engagement für die Sorge um geistliche Berufe und um die Ausbildung der
Priester erneuert in dem Bewußtsein, daß davon die Zukunft der Kirche, ihre Entfaltung und ihre
Heilssendung abhängen.
Indem ich also den reichen Schatz an Überlegungen, Ausrichtungen und Hinweisen, die die
Arbeiten der Synodenväter vorbereitet und begleitet haben, wieder aufgreife, verbinde ich mit
diesem nachsynodalen Apostolischen Schreiben meine Stimme als Bischof von Rom und
Nachfolger des Petrus und wende mich mit ihr an das Herz aller und jedes einzelnen Gläubigen
und ganz besonders an das Herz der Priester und Priesteramtskandidaten sowie aller jener,
denen der schwierige Dienst ihrer Ausbildung aufgetragen ist. ja, ich möchte mit diesem
Apostolischen Schreiben allen Priestern und jedem einzelnen von ihnen, sowohl Welt- wie
Ordenspriestern, begegnen.
Mit dem Mund und dem Herzen der Synodenväter mache ich mir die Worte und Gefühle der
Schlußbotschaft der Synode an das Volk Gottes'' zu eigen: "In Dankbarkeit und Bewunderung
richten wir unser Wort an euch, unsere ersten Mitarbeiter in unserem apostolischen Dienst. Euer
Dienst in der Kirche ist notwendig und kann durch nichts ersetzt werden. Ihr tragt die Bürde des
Priesteramtes und steht in täglichem Kontakt mit den Gläubigen. Ihr seid die Diener der
Eucharistie, die Spender der göttlichen Barmherzigkeit im Sakrament der Buße, die Tröster der
betrübten Seelen, die Führer aller Gläubigen in den Stürmen und Nöten des Lebens.
Aus ganzem Herzen grüßen wir euch, sagen euch Dank und ermahnen euch, mit freudig bereitem
Herzen auf diesem Weg zu verbleiben. Laßt euch nicht entmutigen! Unser Tun ist nicht unser,
sondern Gottes Werk.
Er, der uns gerufen und ausgesandt hat, bleibt bei uns alle Tage unseres Lebens. Denn wir tun
unser Werk im Auftrag Christi" (8).
KAPITEL I
AUS DEN MENSCHEN ERWÄHLT

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6
Die Priesterausbildung vor den Herausforderungen
am Ende des zweiten Jahrtausends
5. Jeder Hohepriester wird aus den Menschen ausgewählt und für die Menschen eingesetzt zum
Dienst vor Gott" (Hebr 5,1).
Die Worte des Hebräerbriefes sprechen klar von der Menschlichkeit" des Gottesdieners: er kommt
von den Menschen und dient den Menschen, indem er Jesus Christus nachahmt, "der in allem wie
wir in Versuchung geführt worden ist, aber nicht gesündigt hat" (Hebr 4,15).
Gott ruft seine Priester immer aus einer bestimmten menschlichen und kirchlichen Umgebung, von
der sie unweigerlich geprägt werden und in die sie für den Dienst am Evangelium Christi gesandt
werden.
Darum hat die Synode das Thema "Priester" in einen bestimmten Kontext gestellt, das heißt in die
heutige Situation der Gesellschaft und der Kirche, und Perspektiven auf das dritte Jahrtausend hin
eröffnet, wie es sich im übrigen aus der Formulierung des Themas ergibt: "Die Priesterbildung im
Kontext der Gegenwart".
Gewiß "gibt es einen Wesenszug des Priesters, der sich nicht verändert: der Priester von morgen
muß nicht weniger als der von heute Christus ähnlich sein. Jesus zeigte, als er auf Erden lebte,
aus sich selbst heraus das endgültige Gesicht des Priesters, indem er ein Priesteramt
verwirklichte, mit dem die Apostel als erste betraut wurden. Es ist dazu bestimmt, fortzudauern
und sich in allen Geschichtsperioden unaufhörlich fortzupflanzen. Der Priester des dritten
Jahrtausends wird in diesem Sinn die Reihe der Priester fortsetzen, die in den vorhergegangenen
Jahrtausenden das Leben der Kirche beseelt haben. Auch im Jahr 2000 wird die priesterliche
Berufung weiterhin der Ruf dazu sein, das einzige und ewige Priestertum Christi zu leben" (9).
Ebenso gewiß müssen sich das Leben und der Dienst des Priesters "jeder Epoche und jedem
Lebensumfeld anpassen ... Wir unsererseits müssen deshalb versuchen, uns so weit wie möglich
der höheren Eingebung des Heiligen Geistes zu öffnen, um die Entwicklungslinien der heutigen
Gesellschaft zu entdecken, die tiefsten geistlichen Anliegen zu erkennen, die wichtigsten
konkreten Aufgaben und anzuwendenden Pastoralmethoden zu bestimmen und so in
angemessener Weise den menschlichen Erwartungen zu entsprechen" (10).
Die Synodenväter, die die bleibende Wahrheit des Priesterlichen Dienstes mit den heutigen
Erfordernissen und Merkmalen verbinden mußten, haben auf einige notwendige Fragen zu
antworten versucht: Welche Probleme und zugleich welche positiven Anstöße vermittelt das
heutige soziokulturelle und kirchliche Umfeld in Kindern, Heranwachsenden und jugendlichen, die
für ihre ganze Existenz einen Lebensentwurf im Priesterberuf reifen lassen sollen? Welche
Schwierigkeiten und welche neuen Möglichkeiten bietet unsere Zeit für die Ausübung eines
priesterlichen Dienstes, der kohärent ist mit der Gabe des empfangenen Sakramentes und mit

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7
dem Bedürfnis nach einem entsprechenden geistlichen Leben?
Ich lege nun einige Elemente der Situationsanalyse, die die Synodenväter vorgenommen haben,
wieder vor, wobei ich mir jedoch dessen bewußt bin, daß die große Vielfalt der soziokulturellen
und kirchlichen Verhältnisse in den verschiedenen Ländern empfiehlt, nur auf die tiefgreifendsten
und verbreitetsten Phänomene hinzuweisen, im besonderen auf jene, die sich auf die Probleme
der Erziehung und der Priesterausbildung beziehen.
6. Vielfältige Faktoren begünstigen, so scheint es, in den heutigen Menschen ein reiferes
Bewußtsein der Würde der Person und eine neue Aufgeschlossenheit für die religiösen Werte, für
das Evangelium und den priesterlichen Dienst.
So finden wir im Bereich der Gesellschaft trotz vieler Widersprüche ein weithin verbreitetes,
starkes Verlangen nach Gerechtigkeit und Frieden, ein ausgeprägteres Verständnis für die Sorge
des Menschen um die Schöpfung und um die Achtung vor der Natur, ein offeneres Suchen nach
der Wahrheit und dem Schutz des menschlichen Lebens und bei vielen Gruppen der
Weltbevölkerung einen wachsenden Einsatz für eine konkretere internationale Solidarität und für
eine neue Weltordnung in Freiheit und Gerechtigkeit. Während sich das von Wissenschaft und
Technik angebotene Energiepotential immer weiter entwickelt und sich Information und Kultur
verbreiten, entsteht auch ein neues Problem im Bereich des Ethischen, nämlich die Frage nach
dem Sinn und damit nach einer objektiven Werteskala, die es erlaubt, die Möglichkeiten und
Grenzen des Fortschritts festzulegen.
Im eigentlich religiösen und christlichen Bereich brechen ideologische Vorurteile und gewaltsame
Abschirmungen gegen die Verkündigung der geistlichen und religiösen Werte zusammen,
während neue, unverhoffte Möglichkeiten für die Evangelisierung und die Wiederaufnahme des
kirchlichen Lebens in vielen Teilen der Welt entstehen. So sind zu beobachten eine wachsende
Verbreitung der Kenntnis der Heiligen Schrift; eine Vitalität und Expansionskraft vieler junger
Kirchen mit einer immer wichtigeren Rolle bei der Verteidigung und Förderung der Werte der
Person und des menschlichen Lebens: ein leuchtendes Zeugnis des Martyriums seitens der
Kirchen Mittel- und Osteuropas wie auch das Zeugnis der Treue und des Mutes anderer Kirchen,
die noch immer um des Glaubens willen unter Verfolgungen und Bedrängnissen zu leiden haben
(11).
Die Sehnsucht nach Gott und nach einer lebendigen und bedeutungsvollen Beziehung zu ihm
scheint heute dort, wo eine glaubwürdige und unverkürzte Verkündigung des Evangeliums fehlt,
die Verbreitung einer Religiosität ohne christliches Gottesbild und das vielfältige Anwachsen von
Sekten zu begünstigen. Ihre Ausbreitung auch in manchen traditionell christlichen Gebieten ist für
alle Angehörigen der Kirche und besonders für die Priester ein ständiger Grund zur
Gewissensprüfung über die Glaubwürdigkeit ihres Zeugnisses für das Evangelium, aber zugleich
auch ein Zeichen dafür, wie tief und verbreitet die Suche nach Gott ist.

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8
7. Aber mit diesen und mit anderen positiven Faktoren sind viele problematische bzw. negative
Elemente verflochten.
Weitverbreitet scheint noch immer der Rationalismus zu sein, der im Namen eines reduktiven
Wissenschaftsverständnisses die menschliche Vernunft für die Begegnung mit der Offenbarung
und mit der göttlichen Transzendenz unempfänglich macht.
Weiterhin ist eine ausgedehnte Verteidigung der personalen Subjektivität festzustellen, die darauf
angelegt ist, den Menschen in einen zu echten menschlichen Beziehungen unfähigen
Individualismus zu sperren. So versuchen viele, vor allem Kinder und jugendliche, diese
Einsamkeit durch verschiedene Ersatzmittel, durch mehr oder weniger ausgeprägte Formen von
Genußsucht und Flucht aus der Verantwortung zu kompensieren; als Gefangene des flüchtigen
Augenblicks suchen sie, möglichst starke und befriedigende individuelle Erlebnisse im Bereich
direkter Emotionen und Gefühle zu "konsumieren", was unweigerlich zur Folge hat, daß sie dem
Aufruf zu einem Lebensentwurf, der eine geistliche und religiöse Dimension und ein Bemühen um
Solidarität einschließt, gleichgültig, ja wie gelähmt gegenüberstehen.
Zudem verbreitet sich auch nach dem Zusammenbruch der Ideologien, die den Materialismus zu
einem Dogma und die Ablehnung der Religion zu einem Programm gemacht hatten, überall auf
der Welt eine Art praktischer und existentieller Atheismus, der mit einer säkularistischen
Auffassung von Leben und Bestimmung des Menschen zusammenfällt. Dieser Mensch, "der ganz
mit sich selbst beschäftigt ist, der sich nicht nur zum Mittelpunkt aller Interessen macht, sondern
es sogar wagt, sich als Anfang und Grund jeder Wirklichkeit zu bezeichnen", (12) wird zunehmend
ärmer um jene "seelische Ergänzung", die er um so nötiger braucht, je mehr die ihm reichlich zur
Verfügung stehenden materiellen Güter und Mittel ihm Selbstgenügsamkeit vortäuschen. Es ist
nicht mehr nötig, Gott zu bekämpfen, man glaubt, einfach auf ihn verzichten zu können.
In diesem Zusammenhang muß besonders die Zersetzung der Familie und die Trübung oder
Verzerrung des wahren Verständnisses der menschlichen Sexualität angeführt werden: Es geht
dabei um Phänomene, die sich auf die Erziehung junger Menschen und ihre Verfügbarkeit für
einen geistlichen Beruf sehr negativ auswirken. Hinzuweisen ist außerdem auf die Verschärfung
der sozialen Ungerechtigkeiten und auf die Konzentration des Reichtums in den Händen einiger
weniger als Ergebnis eines unmenschlichen Kapitalismus, (13) der den Abstand zwischen reichen
und armen Völkern immer weiter vergrößert: Dadurch werden in das Zusammenleben der
Menschen Spannungen und Besorgnisse eingeführt, die das Leben der einzelnen und der
Gemeinschaften zutiefst erschüttern.
Auch im kirchlichen Bereich sind besorgniserregende negative Erscheinungen zu verzeichnen, die
das Leben und den Dienst der Priester direkt beeinflussen. Dazu gehören: die religiöse
Gleichgültigkeit bei vielen Gläubigen; der geringe Einfluß der Katechese, die von den viel weiter
verbreiteten und mehr auf Gefälligkeit hin ausgerichteten Impulsen der Massenmedien erstickt

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9
wird; der mißverstandene theologische, kulturelle und pastorale Pluralismus, dem zwar bisweilen
gute Absichten zugrunde liegen, der aber schließlich den ökumenischen Dialog erschwert und die
notwendige Einheit des Glaubens gefährdet; das Fortbestehen eines Gefühls des Mißtrauens, ja
beinahe der Unduldsamkeit gegenüber dem hierarchischen Lehramt; die einseitigen und
einschränkenden Anstöße aus dem Reichtum der Frohbotschaft, die die Verkündigung und das
Zeugnis des Glaubens zu einem ausschließlichen Faktor der menschlichen und sozialen
Befreiung oder zu einer glaubensentfremdenden Zuflucht in den Aberglauben und eine Religiosität
ohne Gott umwandeln" (14)
Ein sehr bedeutsames, wenn auch verhältnismäßig neues Phänomen in vielen Ländern mit alter
christlicher Tradition ist das Vorhandensein von dauerhaften Gruppen verschiedener Rassen und
verschiedener Religionen auf dem gleichen Territorium. So entwickelt sich immer mehr die
multikulturelle und multireligiöse Gesellschaft. Mag dies auf der einen Seite Gelegenheit zu einem
häufigeren und fruchtbareren Dialog, zu einer offeneren Gesinnung, zu Erfahrungen der Annahme
und richtigen Toleranz sein, so kann es auf der anderen Seite Anlaß zu Verwirrung und
Relativismus sein "vor allem bei Menschen und Bevölkerungen mit nicht wirklich reifem Glauben.
Zu diesen Faktoren - und in enger Verknüpfung mit dem wachsenden Individualismus - kommt
das Phänomen der Versubjektivierung des Glaubens hinzu. Das heißt, bei einer wachsenden Zahl
von Christen ist wegen ihrer subjektiven Zustimmung zu dem, was ihnen gefällt, was ihrer eigenen
Erfahrung entspricht, was ihre eigenen Gewohnheiten nicht stört, eine geringere Empfänglichkeit
für das gesamte, objektive Ganze der Glaubenslehre zu bemerken. Auch die an sich berechtigte
Berufung auf die Unverletzlichkeit des persönlichen Gewissens des einzelnen kann in diesem
Zusammenhang gefährliche Züge von Doppeldeutigkeit annehmen.
Darauf beruht auch das immer weiter verbreitete Phänomen der nur mehr partiellen und bedingten
Kirchenzugehörigkeit, die auf das Entstehen neuer Priesterberufe, auf das Selbstbewußtsein des
Priesters und auf seinen Dienst in der Gemeinde einen negativen Einfluß ausübt.
Schließlich verursacht in vielen Stellen des kirchlichen Lebens noch heute die mangelnde Präsenz
und Verfügbarkeit priesterlicher Kräfte sehr ernste Probleme. Die Gläubigen sind oft über lange
Zeit allein gelassen und haben häufig auch keinen angemessenen pastoralen Beistand: Darunter
leidet das Wachstum ihres christlichen Lebens insgesamt und noch mehr ihre Fähigkeit, sich
stärker für die Evangelisierung einzusetzen.
8. Die zahlreichen Widersprüche und Chancen, von denen unsere Gesellschaften und Kulturen
und ebenso die kirchlichen Gemeinschaften gekennzeichnet sind, werden von der Welt der jungen
Menschen ganz besonders intensiv und mit unmittelbaren und äußerst gravierenden
Auswirkungen auf ihren Reifungsprozeß wahrgenommen, erlebt und erfahren. In diesem Sinn trifft
das Erwachen und Sich-Entfalten der priesterlichen Berufung bei Kindern, Heranwachsenden und
jugendlichen ständig zugleich auf Hindernisse und Anregungen.

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10
Einen äußert starken, verführerischen Zauber auf die jugendlichen übt die sogenannte
"Konsumgesellschaft" aus, die sie zu Sklaven und Gefangenen einer individualistischen,
materialistischen und hedonistischen Auslegung des menschlichen Daseins macht. Das materiell
verstandene "Wohlergehen" ist dabei, sich als einziges Lebensideal durchzusetzen; ein
Wohlergehen, das unter jeder Bedingung und um jeden Preis erlangt werden soll: von daher
kommt die Ablehnung von allem, was nach Opfer aussieht, und der Verzicht auf die Anstrengung,
geistliche und religiöse Werte zu suchen und zu leben. Die ausschließliche "Sorge" um das Haben
verdrängt den Vorrang des Seins, was zur Folge hat, daß die personalen und interpersonalen
Werte nicht nach dem Maßstab des unverrechenbaren Schenkens, sondern nach der Logik
egoistischen Besitzdenkens und der Instrumentalisierung des Mitmenschen interpretiert werden.
Das spiegelt sich besonders in der Auffassung von der menschlichen Sexualität wider, die ihrer
Würde eines Dienstes an der Gemeinschaft und Hingabe zwischen den Personen entkleidet und
zu einem bloßen Konsumgut gemacht wird. So führt die affektive Erfahrung vieler junger
Menschen nicht zu einem harmonischen, erfreulichen Wachstum der eigenen Persönlichkeit, die
sich dem anderen in der Selbsthingabe öffnet, sondern zu einer schwerwiegenden
psychologischen und sittlichen Verwirrung, die unweigerlich gewichtige Auswirkungen auf die
Zukunft dieser jugendlichen haben muß.
Den Ursprung dieser Neigungen bildet bei sehr vielen jungen Menschen eine verzerrte
Freiheitserfahrung. Die Freiheit wird ganz und gar nicht als Gehorsam gegenüber der objektiven
und universalen Wahrheit erlebt, sondern als blinde Zustimmung zu den triebhaften Kräften und
zum Machtwillen des einzelnen. Dabei wird auf der Ebene der Gesinnung und des Verhaltens das
Zerbröckeln des Einvernehmens über die sittlichen Grundsätze sowie auf der religiösen Ebene
zwar nicht immer die ausdrückliche Ablehnung Gottes, wohl aber eine religiöse Gleichgültigkeit
und ein Leben, das auch in seinen bedeutendsten Augenblicken und in seinen nachhaltigsten
Entscheidungen so gelebt wird, als ob es Gott nicht gäbe, irgendwie zur Selbstverständlichkeit. In
einem solchen Umfeld wird nicht erst die Realisierung, sondern bereits das Verstehen der
Bedeutung einer Berufung zum Priestertum schwierig, die ein spezifisches Zeugnis für den
Vorrang des Seins vor dem Haben ist, die Anerkennung des Lebenssinnes als freier und
verantwortungsvoller Selbsthingabe an die anderen sowie die Bereitschaft, sich in jener Form
ganz in den Dienst des Evangeliums und des Reiches Gottes zu stellen.
Auch im Bereich der kirchlichen Gemeinschaft stellt die Welt der jugendlichen nicht selten ein
"Problem" dar. Wenn bei den jugendlichen noch mehr als bei den Erwachsenen eine starke
Neigung zur Versubjektivierung des christlichen Glaubens und eine nur teilweise und bedingte
Zugehörigkeit zum Leben und zur Sendung der Kirche vorhanden sind, bereitet es in der
kirchlichen Gemeinschaft aus einer Reihe von Gründen tatsächlich Mühe, eine auf den heutigen
Stand gebrachte mutige Jugendpastoral in Gang zu bringen: Die jugendlichen laufen Gefahr, sich
selbst überlassen zu bleiben, ihrer psychischen Zerbrechlichkeit preisgegeben, unbefriedigt und
kritisch gegenüber einer Welt von Erwachsenen, die ihnen, da sie den Glauben inkonsequent und

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2.1 Page 11

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11
ohne Reife leben, nicht als glaubwürdige Vorbilder erscheinen.
Es wird also die Schwierigkeit offenkundig, den jungen Menschen eine unverkürzte und sie
gleichzeitig einbeziehende Erfahrung christlichen und kirchlichen Lebens vorzulegen und sie auf
diese Haltung hin zu erziehen. Auf diese Weise bleibt die Perspektive des Priesterberufes weit
entfernt von den konkreten und lebendigen Interessen der jugendlichen.
9. Es fehlt jedoch nicht an positiven Situationen und Anregungen, die im Herzen der
heranwachsenden jugendlichen eine neue Verfügbarkeit sowie ein echtes, wirkliches Suchen
nach solchen ethischen und spirituellen Werten wecken und fördern, die ihrer Natur nach den
geeigneten Boden für einen Berufsweg zur Ganzhingabe an Christus und an die Kirche im
Priestertum bieten.
Zunächst ist hervorzuheben, daß einige Phänomene, die in der jüngsten Vergangenheit nicht
wenige Probleme verursacht haben - wie z. B. radikale Protestbewegungen, anarchistische
Ansätze, utopische Forderungen, wahllose Sozialisierungsformen, Gewaltverhalten -, an
Bedeutung abgenommen haben.
Man muß zudem erkennen, daß auch die heutigen jugendlichen mit der für ihr Alter typischen
Kraft und Frische Träger von Idealen sind, die sich ihren Weg in der Geschichte bahnen: der Durst
nach Freiheit, die Anerkennung des unermeßlichen Wertes der Person, das Bedürfnis nach
Authentizität und Transparenz, eine neue Auffassung und ein neuer Stil von Partnerschaft in den
Beziehungen von Mann und Frau, die überzeugte und leidenschaftliche Suche nach einer
gerechteren, solidarischeren, geeinteren Welt, die Offenheit und der Dialog mit allen und der
Einsatz für den Frieden.
Die so reiche und lebendige Entwicklung zahlreicher Formen freiwilligen Dienstes bei vielen
jugendlichen unserer Zeit - eines Dienstes, der den vergessensten und bedürftigsten Schichten
unserer Gesellschaft gilt - stellt heute ein besonders wichtiges Erziehungsmittel dar, weil sie die
jungen Menschen zu einem selbstloseren und offeneren und solidarischeren Lebensstil mit den
Armen anspornt und sie darin unterstützt. Dieser Lebensstil vermag das Verständnis, das
Verlangen und die Antwort auf eine Berufung zum ständigen und totalen Dienst für die anderen
auch auf dem Weg der vollen Weihe an Gott durch ein Leben als Priester zu erleichtern.
Der jüngst erfolgte Zusammenbruch der Ideologien, die sehr kritische Einstellung gegenüber der
Welt der Erwachsenen, die nicht immer das Zeugnis eines Lebens bieten, das sich den
moralischen und transzendenten Werten anvertraut, die Erfahrung von Altersgefährten, die in die
Droge und in die Gewalt auszuweichen versuchen: all das trägt sehr viel dazu bei, die Grundfrage
nach solchen Werten, die wirklich in der Lage sind, dem Leben, dem Leiden und dem Tod
Bedeutungsfülle zu geben, dringender und unausweichlich zu machen. Bei vielen jugendlichen
brechen die religiöse Frage und das Bedürfnis nach Spiritualität wieder deutlicher auf: Von daher

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12
erklärt sich das Verlangen nach Einsamkeits- und Gebetserlebnissen, die Rückkehr zum Lesen
der Heiligen Schrift, das immer mehr zu einer persönlichen Gewohnheit wird, und zum Studium
der Theologie.
Und wie schon im Bereich des freiwilligen Sozialdienstes, so treten die jugendlichen im Bereich
der kirchlichen Gemeinschaft immer aktiver und als Vorkämpfer auf, vor allem durch die
Teilnahme an den verschiedenen Vereinigungen, von den traditionellen, aber erneuerten bis hin
zu denen, die mehr an die neuen geistlichen Bewegungen gebunden sind: Die Erfahrung einer
Kirche, die von der Treue zu dem Geist, der sie beseelt, und von den Bedürfnissen einer von
Christus fernen Welt, die aber seiner dringend bedarf, zur "Neu-Evangelisierung" gedrängt wird,
wie auch die Erfahrung einer Kirche, die immer solidarischer mit dem Menschen und den Völkern
ist bei der Verteidigung und Förderung der Würde der Person und der Menschenrechte aller und
jedes einzelnen, öffnen das Herz und das Leben junger Menschen für äußerst faszinierende und
verpflichtende Ideale, die ihre konkrete Verwirklichung in der Nachfolge Christi und im Priestertum
finden können.
Von dieser menschlichen und kirchlichen Situation, die von starker Ambivalenz gekennzeichnet
ist, wird man natürlich keinesfalls absehen können, weder in der Berufungspastoral und bei der
Ausbildung der künftigen Priester noch auch im Bereich des Lebens und des Dienstes der Priester
und ihrer ständigen Weiterbildung. Wenn sich also die verschiedenen "Krisenformen" erfassen
lassen, denen die Priester von heute bei der Ausübung ihres Dienstes, in ihrem geistlichen Leben
und selbst bei der Interpretation von Wesen und Bedeutung des Priesteramtes ausgesetzt sind, so
müssen doch auch mit Freude und Hoffnung die neuen positiven Möglichkeiten festgehalten
werden, welche der gegenwärtige Abschnitt der Geschichte den Priestern für die Erfüllung ihrer
Sendung bietet.
10. Die komplexe Situation unserer Zeit, die wir sozusagen im Schnellverfahren durch Hinweise
anhand von Beispielen umrissen haben, verlangt, sie nicht nur zu kennen, sondern auch und vor
allem zu deuten. Nur so wird es möglich sein, eine angemessene Antwort auf die grundlegende
Frage zu geben: Wie sind Priester auszubilden, die wirklich auf der Höhe dieser Zeit stehen und
imstande sein sollen, die Welt von heute zu evangelisieren? (15)
Die Kenntnis der Situation ist wichtig. Eine bloße Datenerhebung genügt nicht, es bedarf einer
"wissenschaftlichen". Untersuchung, auf deren Grundlage dann eine genaue und konkrete
Beschreibung der tatsächlichen soziokulturellen und kirchlichen Verhältnisse vorgenommen
werden kann.
Noch wichtiger aber ist die Deutung der Situation. Sie wird gefordert von der Ambivalenz und
bisweilen Widersprüchlichkeit, von der die Lage gekennzeichnet ist, findet man doch hier tief
miteinander verflochten Schwierigkeiten und Erfolge, negative Elemente und manchen Grund zur
Hoffnung, Behinderungen und Aufgeschlossenheit, wie auf dem Acker im Evangelium, wo guter

2.3 Page 13

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13
Same und Unkraut gesät worden waren und miteinander wuchsen" (vgl. Mt 13,24ff.).
Die Deutung, die zu unterscheiden wissen soll zwischen Gut und Böse, zwischen
Hoffnungszeichen und Bedrohungen, ist nicht immer leicht. Bei der Priesterausbildung handelt es
sich nicht einfach darum, die positiven Faktoren anzunehmen und sich den negativen frontal zu
widersetzen. Es geht darum, gerade bei den positiven Faktoren eine sorgfältige Gewichtung
vorzunehmen, damit sie sich nicht voneinander absondern und durch ihre Verabsolutierung und
gegenseitige Bekämpfung in Gegensatz zueinander geraten. Dasselbe gilt von den negativen
Faktoren, sie dürfen nicht pauschal und unterschiedslos zurückgewiesen werden, denn in jedem
von ihnen kann irgendein Wert verborgen sein, der darauf wartet, freigelegt und wieder zu seiner
vollen Wahrheit gebracht zu werden.
Der Gläubige findet für die Deutung der geschichtlichen Situation das Erkenntnisprinzip und das
Kriterium der konkreten Vollzugsentscheidung in einer neuen und originellen Wirklichkeit, das
heißt in der Unterscheidung anhand des Evangeliums; diese Deutung erfolgt im Licht und in der
Kraft des Evangeliums, des lebendigen und persönlichen Evangeliums, das Jesus Christus ist,
und mit der Gabe des Heiligen Geistes. So erfaßt die Unterscheidung am Maßstab des
Evangeliums in der geschichtlichen Situation mit ihren Wechselfällen und Bedingtheiten nicht
einfach eine präzis feststellbare "Sachlage", der gegenüber man gleichgültig oder passiv bleiben
könnte, sondern sie enthält eine "Aufgabe", eine Herausforderung zur verantwortungsvollen
Freiheit des Menschen, sowohl des einzelnen wie der Gemeinschaft. Es ist eine
"Herausforderung", die sich mit einem "Anruf" verbindet, den Gott gerade in dieser geschichtlichen
Situation vernehmen läßt. Auch in ihr und durch sie ruft Gott den Glaubenden und vorher schon
die Kirche auf, daran mitzuwirken, daß "das Evangelium der Berufung und des Priestertums" auch
unter den veränderten Lebensumständen seine ewige Wahrheit zum Ausdruck bringt. Auch auf
die Priesterausbildung sollen die Worte des Il. Vatikanischen Konzils angewandt werden: "Der
Kirche obliegt allzeit die Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des
Evangeliums zu deuten. So kann sie dann in einer jeweils einer Generation angemessenen Weise
auf die bleibenden Fragen der Menschen nach dem Sinn des gegenwärtigen und des zukünftigen
Lebens und nach dem Verhältnis beider zueinander Antwort geben. Es gilt also, die Welt, in der
wir leben, ihre Erwartungen, Bestrebungen und ihren oft dramatischen Charakter zu erfassen und
zu verstehen" (16).
Diese Unterscheidung nach dem Evangelium gründet sich auf das Vertrauen in die Liebe Jesu
Christi, der sich stets unermüdlich seiner Kirche annimmt (vgl. Eph 5,29), und der Herr und
Meister, Schlüssel zum Himmelreich, Mittelpunkt und Ziel der gesamten Menschheitsgeschichte
ist (17). Diese Unterscheidung lebt vom Licht und von der Kraft des Heiligen Geistes, der überall
und in jeder Situation den Gehorsam des Glaubens, den freudigen Mut zur Nachfolge Jesu sowie
die Gabe der Weisheit weckt, die alles beurteilt selbst aber von niemandem beurteilt werden kann
(vgl. 1 Kor 2,15), weil sie auf der Treue des Vaters zu seinen Verheißungen gründet.

2.4 Page 14

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14
So spürt die Kirche, daß sie imstande ist, sich mit den Schwierigkeiten und Herausforderungen
dieser neuen Epoche unserer Geschichte auseinanderzusetzen und auch für die Gegenwart und
Zukunft Priester zu gewährleisten, die so gut ausgebildet sind, daß sie überzeugte,
leidenschaftliche Träger der "Neu-Evangelisierung", treue und hochherzige Diener Jesu Christi
und der Menschen sind.
Wir verhehlen uns keineswegs die Schwierigkeiten. Sie sind weder gering noch leicht. Aber um sie
zu überwinden, gibt es unsere Hoffnung, unseren Glauben an die unfehlbare Liebe Christi, unsere
Gewißheit, daß für das Leben der Kirche und der Welt der priesterliche Dienst unersetzlich ist.
KAPITEL II
DER HERR HAT MICH GESALBT UND GESANDT
Wesen und Sendung des Priesteramtes
11. "Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet" (Lk 4,20). Was der Evangelist Lukas
von denen sagt, die an jenem Sabbat in der Synagoge von Nazaret anwesend waren und die
Darlegung Jesu über die von ihm vorgelesene Stelle aus dem Buch des Propheten Jesaja hörten,
läßt sich auf alle Christen anwenden, die ja zu allen Zeiten berufen sind, in Jesus von Nazaret die
endgültige Erfüllung der prophetischen Botschaft zu erkennen: "Da begann er, ihnen darzulegen:
Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt" (Lk 4,21). Dieses "Schriftwort"
lautete: "Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt,
damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung
verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein
Gnadenjahr des Herrn ausrufe" (Lk 4,18-19; vgl. Jes 61,1-2). Jesus stellt sich also selbst als den
vor, der vom Geist erfüllt ist, den "der Herr gesalbt hat", den "er gesandt hat, damit er den Armen
eine gute Nachricht bringe": Er ist der Messias, der Messias, der Priester, Prophet und König ist.
Auf dieses Antlitz Christi sollen die Augen des Glaubens und der Liebe der Christen gerichtet sein.
Ausgehend von dieser "Betrachtung" und unter Bezugnahme auf sie haben die Synodenväter
über das Problem der Priesterausbildung unter den heutigen Lebensbedingungen nachgedacht.
Eine Antwort kann dieses Problem nicht ohne eine vorausgehende Reflexion über das Ziel, auf
das der Ausbildungsweg hingeordnet sein soll, erfahren: Und das Ziel ist das Priesteramt, genauer
der Dienst des Priesters als Teilhabe am Priestertum Jesu Christi in der Kirche. Das Wissen um
das Wesen und die Sendung des priesterlichen Dienstamtes ist die unverzichtbare Voraussetzung
und zugleich die sicherste Führung und der entschiedenste Ansporn, um in der Kirche den
pastoralen Einsatz für die Förderung und das Erkennen der Priesterberufe und für die Ausbildung
der bereits zum geweihten Amt Berufenen zur Entfaltung zu bringen.
Die richtige und gründliche Kenntnis vom Wesen und der Sendung des priesterlichen Dienstamtes
ist der Weg, den man geben muß - und den die Synode tatsächlich gegangen ist - um aus der

2.5 Page 15

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15
Krise um die Identität des Priesters herauszufinden: "Diese Krise war" - so sagte ich zum
Abschluß der Synode - "in den Jahren unmittelbar nach dem Konzil entstanden. Sie hatte ihren
Grund in einem irrigen, zuweilen sogar bewußt tendenziösen Verständnis der Lehre des Konzils.
Hier liegt ohne Zweifel auch eine der Ursachen für die große Zahl von Verlusten, die die Kirche
damals erlitt, Verluste, die den pastoralen Dienst und die Berufungen zum Priestertum, besonders
die missionarischen Berufungen schwer getroffen haben. Es scheint, als wäre es der Synode von
1990 gelungen, nach diesen schmerzlichen Verlusten neue Hoffnung einzuflößen, indem sie
durch so viele Beiträge, die wir in dieser Aula gehört haben, die priesterliche Identität in ihrer
ganzen Tiefe wiederentdecken half. Diese Beiträge haben das Bewußtsein von der spezifischen
ontologischen Verbundenheit des Priesters mit Christus, dem Hohenpriester und Guten Hirten,
deutlich gemacht. Diese Identität liegt dem Wesen der Ausbildung zugrunde, die im Blick auf das
Priestertum und damit das ganze Priesterleben hindurch erfolgen muß. Das war der eigentliche
Zweck der Synode"(18).
Deshalb hat es die Synode für notwendig gehalten, in zusammenfassender und grundlegender
Weise das Wesen und die Sendung des Weihepriestertums so in Erinnerung zu rufen, wie sie der
Glaube der Kirche durch die Jahrhunderte ihrer Geschichte anerkannt und das II. Vatikanische
Konzil den Menschen unserer Zeit wieder vor Augen gestellt hat (19).
12. "Die priesterliche Identität", - schrieben die Synodenväter, "hat wie jede christliche Identität
ihren Ursprung in der göttlichen Trinität" (20), die sich den Menschen in Christus offenbart und
selbst mitteilt, indem sie in ihm und durch den Geist die Kirche als "Keim und Anfang des Reiches"
darstellt (21). Das Apostolische Schreiben Christifideles laici stellt in einer Zusammenfassung der
Konzilslehre die Kirche als Mysterium, Communio und Missio vor. Sie "ist Geheimnis, weil die
Liebe und das Leben des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes die völlig unverdienten
Gaben sind für alle, die aus dem Wasser und dem Geist geboren (vgl. Job 3,5), die berufen sind,
die Communio Gottes selbst zu leben, zu bezeugen und in der Geschichte anderen mitzuteilen
(Sendung)" (22).
Innerhalb des Mysteriums der Kirche als Geheimnis trinitarischer Gemeinschaft in missionarischer
Spannung offenbart sich jede christliche Identität und somit auch die spezifische Identität des
Priesters und seines Dienstes. Denn der Priester ist kraft seiner sakramentalen Weihe vom Vater
gesandt durch Jesus Christus, dem Haupt und Hirten seines Volkes. Ihm ist er in besonderer
Weise nachgestaltet, um in der Kraft des Heiligen Geistes im Dienst der Kirche und zum Heil der
Welt zu leben und zu wirken (23).
Man kann die im wesentlichen "relationale" Kennzeichnung der Identität des Priesters so
verstehen: Durch das Priestertum, das der Tiefe des unaussprechlichen Geheimnisses Gottes,
das heißt der Liebe des Vaters, der Gnade Jesu Christi und der Gabe der Einheit des Heiligen
Geistes, entspringt, ist der Priester sakramental in die Gemeinschaft mit dem Bischof und mit den
anderen Priestern eingebunden, (24) um dem Volk Gottes, das die Kirche ist, zu dienen und alle

2.6 Page 16

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16
zu Christus hinzuführen, dem Gebet des Herrn entsprechend: "Heiliger Vater, bewahre sie in
deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir ... Wie du, Vater, in mir bist
und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, daß du mich gesandt hast"
(Joh 17,11.12).
Man kann also das Wesen und die Sendung des Priestertums des Dienstes nur in diesem
vielfältigen und reichen Zusammenspiel von Beziehungen bestimmen, die aus der innergöttlichen
Trinität kommen und sich in die Gemeinschaft der Kirche, als Zeichen und Werkzeug in Christus
für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit, hinein fortsetzen
(25). Auf diese Weise wird die Communio-Ekklesiologie entscheidend, um die Identität des
Priesters, seine eigenständige Würde, seine Berufung und Sendung im Volk Gottes und in der
Welt zu begreifen. Der Bezug auf die Kirche ist deshalb bei der Bestimmung der Identität des
Priesters zwar notwendig, aber nicht vorrangig. Als Geheimnis ist die Kirche wesentlich auf Jesus
Christus bezogen. Sie ist in der Tat eine Fülle, sein Leib, seine Braut. Sie ist das lebendige
"Zeichen" und "Erinnerungsbuch" seiner ständigen Gegenwart und seines Wirkens unter uns und
für uns. Der Priester findet die volle Wahrheit seiner Identität darin, sich von Christus herzuleiten,
in besonderer Weise an Christus teilzuhaben und eine Weiterführung Christi, des einzigen
Hohenpriesters des neuen und ewigen Bundes, zu sein: Er ist ein lebendiges und transparentes
Abbild des, Priesters Christus. Das Priestertum Christi, Ausdruck der absoluten "Neuigkeit" der
Heilsgeschichte, stellt den einzigen Ursprung und das unersetzliche Modell für das Priestertum
des Gläubigen und im besonderen des geweihten Priesters dar. Der Bezug auf Christus ist also
der absolut notwendige Schlüssel für das Verständnis aller Dimensionen priesterlicher
Wirklichkeit.
13. Jesus Christus hat in sich selbst das vollkommene und endgültige Wesen des Priestertums
des Neuen Bundes geoffenbart: (26) Er hat es während seines ganzen Erdenlebens getan, aber
vor allem in dem zentralen Geschehen seines Leidens und Sterbens und seiner Auferstehung.
Wie der Verfasser des Hebräerbriefes schreibt, ist Jesus, der Mensch ist wie wir und zugleich der
eingeborene Sohn Gottes, in seinem Wesen vollkommener Mittler zwischen dem Vater und der
Menschheit (vgl. Hebr 8-9), der uns durch die Gabe des Geistes den unmittelbaren Zugang zu
Gott erschließt: ,Gott sandte den Geist seines Sohnes in unser Herz, den Geist, der ruft: Abba,
Vater!" (Gal 4,6; vgl. Röm 8,15).
Zur vollen Verwirklichung bringt Jesus sein Wesen als Mittler durch die Selbsthingabe am Kreuz,
mit der er uns ein für allemal den Zugang zum himmlischen Heiligtum, zum Haus des Vaters
eröffnet (vgl. Hebr 9,24-28). Im Vergleich mit Jesus erscheinen Mose und alle "Mittler" des Alten
Testaments zwischen Gott und seinem Volk - die Könige, Priester und Propheten - nur wie
"Vorausbilder" und "ein Schatten der künftigen Güter", nicht wie "die Gestalt der Dinge selbst" (vgl.
Hebr 10,1).

2.7 Page 17

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17
Jesus ist der angekündigte gute Hirt (vgl. Ez 34), der seine Schafe kennt, der sein Leben für sie
hingibt und der alle sammeln will, sodaß es nur eine Herde und einen Hirten geben wird (vgl. Joh
10,10-16). Der Hirt ist gekommen, "nicht um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen" (Mt
20,28); der Hirt, der im österlichen Geschehen der Fußwaschung (vgl. Joh 13,1-20) den Seinen
das Vorbild des Dienstes hinterläßt, wie sie ihn aneinander vollziehen sollen, und der sich freiwillig
als "unschuldiges Lamm" hingibt, das um unserer Erlösung willen geschlachtet wird (vgl. Joh 1,36;
Offb 5,6.12).
Durch das einzigartige und endgültige Opfer am Kreuz überträgt Jesus allen seinen Jüngern die
Würde und Sendung von Priestern des neuen und ewigen Bundes. So erfüllt sich Gottes
Verheißung an Israel: "Ihr aber sollt mir als ein Reich von Priestern und als ein heiliges Volk
gehören" (Ex 19,6). Das ganze Volk des Neuen Bundes - schreibt der hl. Petrus - soll als "ein
geistiges Haus" "zu einer heiligen Priesterschaft" aufgebaut werden, "um durch Jesus Christus
geistige Opfer darzubringen" (1 Petr 2,5). Die Getauften sind die "lebendigen Steine", die das
geistige Haus aufbauen, indem sie sich um Christus, den "lebendigen Stein, der ... von Gott
auserwählt und geehrt worden ist", zusammenschließen (1 Petr 2,4-5). Die Kirche als das neue
priesterliche Volk hat nicht nur in Christus ihr authentisches Bild, sondern empfängt von ihm auch
eine wirkliche, ontologische Teilhabe an seinem ewigen und einzigen Priestertum, dem sie sich
mit ihrem ganzen Leben anpassen soll.
14. Im Dienste dieses universalen Priestertums des Neuen Bundes ruft Jesus im Laufe seiner
irdischen Heilssendung einige Jünger zu sich (vgl. Lk 10,1-12), und mit einem besonderen und
glaubwürdigen Auftrag beruft und bestellt er die Zwölf, "die er bei sich haben und die er dann
aussenden wollte, damit sie predigten und mit seiner Vollmacht Dämonen austrieben" (Mk 3,14-
15).
Deshalb überträgt Jesus schon während seines öffentlichen Wirkens (vgl. Mt 16,18) und dann in
vollem Ausmaß nach seinem Tod und seiner Auferstehung (vgl. Mt 28,16-20; Joh 20;21) Petrus
und den Zwölf ganz besondere Vollmachten gegenüber der künftigen Gemeinde und für die
Evangelisierung aller Völker. Nachdem er sie zu seiner Nachfolge berufen hat, behält er sie bei
sich und lebt mit ihnen, wobei er ihnen durch Wort und Beispiel seine Heilslehre mitteilt, und
sendet sie schließlich zu allen Menschen. Für die Erfüllung dieses Auftrags überträgt Jesus den
Aposteln kraft einer besonderen österlichen Ausgießung des Heiligen Geistes eben die
messianische Vollmacht, die ihm vom Vater zukommt und die ihm mit der Auferstehung voll
übertragen worden ist: "Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu
allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern, tauft sie auf den Namen des Vaters
und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten
habe. Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt" (Mt 28,18-20).
Jesus stellt so eine enge Verbindung her zwischen dem Dienst, der den Aposteln anvertraut
wurde, und seiner eigenen Sendung: "Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf, und wer mich

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18
aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat" (Mt 10,40); "Wer euch hört, der hört mich, und
wer euch ablehnt, der lehnt mich ab; wer aber mich ablehnt, der lehnt den ab, der mich gesandt
hat" (Lk 10,16). ja, das vierte Evangelium bekräftigt im Lichte des Ostergeschehens des Todes
und der Auferstehung kraftvoll und klar: "Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch" (Joh
20,21; vgl. 130; 17,18). Wie Jesus einen Auftrag hat, der ihm direkt von Gott zukommt und, der die
Autorität Gottes selbst konkretisiert (vgl. Mt 7,29; 21,23; Mk 1,27; 11,28; Lk 20,2; 24,19), so haben
die Apostel einen Auftrag, der ihnen von Jesus zukommt. Und wie "der Sohn nichts von sich aus
tun kann" (Job 5,19), also seine Lehre nicht von ihm stammt, sondern von dem, der ihn gesandt
hat (vgl. Job 7,16), so sagt Jesus zu den Aposteln: "Getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen"
(Joh 15,5): Ihre Sendung kommt nicht von ihnen, sondern ist dieselbe wie die Sendung Jesu. Und
das ist nicht aus menschlicher Kraft möglich, sondern durch die "Gabe" Christi und seines
Geistes, mithin durch das "Sakrament": "Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden
vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert" (Job
20,22-23). Also nicht aus irgendeinem besonderen eigenen Verdienst, sondern einzig und allein
durch die unverdiente Teilhabe an der Gnade Christi setzen die Apostel die Heilssendung Christi
für die Menschen in der Geschichte fort bis ans Ende der Zeiten.
Zeichen und Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit und Fruchtbarkeit dieser Sendung ist die
Einheit der Apostel mit Jesus und in ihm untereinander und mit dem Vater, wie das
hohepriesterliche Gebet des Herrn, die Synthese seiner Sendung, bezeugt (vgl. Joh 17,20-23).
15. Die vom Herrn eingesetzten Apostel werden ihrerseits nach und nach ihre Sendung dadurch
erfüllen, daß sie in verschiedenen, im letzten aber übereinstimmenden Formen andere Männer als
Bischöfe, Presbyter und Diakone berufen, um den Auftrag des auferstandenen Jesus zu erfüllen,
der sie zu allen Menschen aller Zeiten gesandt hat.
Das Neue Testament betont eindeutig, daß es der Geist Christi selbst ist, der diese von den
Brüdern ausgewählten Männer in ihren priesterlichen Dienst einführt. Durch die Geste der
Handauflegung (vgl. Apg 6,6; 1 Tim 4,14; 5,22; 2 Tim 1,6), die die Gabe des Geistes weitergibt,
werden sie dazu berufen und befähigt, den Dienst der Versöhnung, der wachsamen Sorge für die
Herde Gottes und der Verkündigung fortzusetzen (vgl. Apg 20,28; 1 Petr 5,2).
Darum sind die Priester aufgerufen, die Gegenwart Christi, des einen Hohepriesters, dadurch
fortzusetzen, daß sie seinen Lebensstil mit ihrem Leben bezeugen und in der ihnen anvertrauten
Herde gleichsam an sich selbst transparent werden lassen. Sehr klar und deutlich wird dies im
ersten Petrusbrief umschrieben: "Eure Ältesten ermahne ich, da ich ein Ältester bin wie sie und ein
Zeuge der Leiden Christi und auch an der Herrlichkeit teilhaben soll, die sich offenbaren wird:
Sorgt als Hirten für die euch anvertraute Herde Gottes, nicht aus Zwang, sondern freiwillig, wie
Gott es will; auch nicht aus Gewinnsucht, sondern aus Neigung; seid nicht Beherrscher eurer
Gemeinden, sondern Vorbilder für die Herde! Wenn dann der oberste Hirte erscheint, werdet ihr
den nie verwelkenden Kranz der Herrlichkeit empfangen" (1 Petr 5,1-4).

2.9 Page 19

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19
Die Priester sind in der Kirche und für die Kirche eine sakramentale Vergegenwärtigung Jesu
Christi, des Hauptes und Hirten; sie verkünden mit Vollmacht sein Wort, sie wiederholen sein
vergebendes Wirken und sein umfassendes Heilsangebot, vor allem durch die Taufe, die Buße
und die Eucharistie, sie sorgen wie er liebevoll bis zur völligen Selbsthingabe für die Herde, die sie
in der Einheit sammeln und durch Christus im Geist zum Vater führen. Mit einem Wort, die
Priester leben und handeln für die Verkündigung des Evangeliums an die Welt und für den Aufbau
der Kirche im Namen und in der Person Christi, des Hauptes und Hirten (27).
Auf diese typische, spezifische Art und Weise nehmen die geweihten Diener an dem einen
Priestertum Christi teil. Der Heilige Geist gestaltet sie durch die sakramentale Salbung auf eine
neue und spezifische Weise Christus nach, dem Haupt und Hirten, er formt und beseelt sie mit der
Hirtenliebe Christi und versetzt sie in der Kirche in die wirkmächtige Lebensaufgabe von Dienern
an der Verkündigung des Evangeliums für alle Geschöpfe und Dienern an der Fülle des
christlichen Lebens aller Getauften.
Die Wahrheit über den Priester, wie sie aus dem Wort Gottes, das heißt aus Jesus Christus selbst
und aus seinem Gründungsplan für die Kirche hervorgeht, wird von der Liturgie in der Präfation
der Chrisammesse mit Freude und Dankbarkeit besungen: "Du hast deinen eingeborenen Sohn
gesalbt mit dem Heiligen Geist und ihn bestellt zum Hohenpriester des neuen und ewigen Bundes;
du hast bestimmt, daß dieses eine Priestertum fortlebe in deiner Kirche. Denn Christus hat dein
ganzes Volk ausgezeichnet mit der Würde seines königlichen Priestertums, aus ihm hat er 1 in
brüderlicher Liebe Menschen erwählt, die durch Auflegen der Hände teilhaben an seinem
priesterlichen Dienste.
In seinem Namen feiern sie immer neu das Opfer, durch das er die Menschen erlöst hat, und
bereiten deinen Kindern das Ostermahl. Sie dienen deinem Volk in Werken der Liebe, sie nähren
es durch das Wort und stärken es durch die Sakramente. Ihr Leben sollen sie einsetzen für dich
und das Heil der Menschen, dem Vorbild Christi folgen und ihre Liebe und ihren Glauben in Treue
bezeugen." (Aus: Meßbuch für die Bistümer des deutschen Sprachgebietes. Authentische
Ausgabe für den liturgischen Gebrauch, 1975.)
16. Die grundlegende Beziehung für den Priester ist die zu Jesus Christus, dem Haupt und Hirten:
Denn er hat in spezifischer und wirkmächtiger Weise Anteil erhalten an der "Weihe", Salbung und
"Sendung" Christi (vgl. Lk 4,18f.). Aber eng verflochten mit dieser Beziehung ist die Beziehung zur
Kirche. Es handelt sich nicht einfach um von außen her zusammengeführte "Beziehungen",
sondern sie sind in einer Art gegenseitiger Immanenz aus sich heraus miteinander verbunden. Die
Beziehung zur Kirche gehört eben zu der einzigartigen Beziehung des Priesters zu Christus, und
zwar in dem Sinne, daß die "sakramentale Vergegenwärtigung" Christi die Beziehung des
Priesters zur Kirche begründet und beseelt.
In diesem Sinne haben die Synodenväter geschrieben: "Insofern er Christus als Haupt, Hirten und

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20
Bräutigam der Kirche repräsentiert, steht der Priester nicht nur in der Kirche, sondern auch der
Kirche gegenüber. Das Priestertum gehört zusammen mit dem Wort Gottes und den
sakramentalen Zeichen, denen es dient, zu den konstitutiven Elementen der Kirche. Der Dienst
des Priesters ist ganz für die Kirche da; der Priester soll die Ausübung des gemeinsamen
Priestertums des ganzen Gottesvolkes fördern; er ist nicht nur für die Ortskirche, sondern auch für
die Gesamtkirche bestellt (vgl. Presbyterorum ordinis, 10), in Gemeinschaft mit dem Bischof, mit
Petrus und unter Perus. Durch das Priestertum des Bischofs ist das Priestertum zweiter Ordnung
in die apostolische Struktur der Kirche eingebunden. So tritt der Priester wie der Apostel als
Gesandter an Christi Statt auf (vgl. 2 Kor 5,20). Darauf gründet sich der missionarische
Wesenszug jedes Priesters (28).
Das geweihte Amt entsteht also mit der Kirche und hat in den Bischöfen und, in Beziehung und
Gemeinschaft mit ihnen, in den Priestern einen besonderen Bezug zu dem ursprünglichen Dienst
der Apostel, in dessen "Nachfolge" es wirklich steht, auch wenn es im Vergleich zu ihm ganz
verschiedene Existenzformen annimmt.
Man darf also nicht meinen, es gäbe das Weihepriestertum früher als die Kirche, denn es steht
völlig im Dienst eben dieser Kirche; aber ebenso wenig darf man es später als die kirchliche
Gemeinschaft ansetzen, so als könnte deren Gründung ohne das Priestertum verstanden werden.
Die Beziehung des Priester zu Jesus Christus und in ihm zu seiner Kirche liegt in der Existenz des
Priesters selbst aufgrund seiner sakramentalen Weihe bzw. Salbung und in seinem Tun, das heißt
in seiner Sendung bzw. seinem Dienst. Im besonderen "ist der Priester Diener des in der Kirche -
in Form von Mysterium, Communio und Missio - gegenwärtigen Christus. Dadurch, daß er Anteil
erhalten hat an der, Salbung und, Sendung Christi, kann er dessen Gebet, Wort, Opfer und
Heilswirken in die Kirche hinein übersetzen. Er ist also Diener der Kirche als Geheimnis, weil er
die kirchlichen und sakramentalen Zeichen der Gegenwart des auferstandenen Christus
gegenwärtig setzt. Er ist Diener der Kirche als Gemeinschaft, weil er -verbunden mit dem Bischof
und in enger Beziehung zum Presbyterium - Im Zusammenführen der verschiedenen Berufungen,
Charismen und Dienste die Einheit der kirchlichen Gemeinschaft aufbaut. Und er ist schließlich
Diener der Kirche als Sendung, weil er die Glaubensgemeinschaft zur Verkünderin und Zeugin der
frohen Botschaft aufbaut (29).
So erscheint der Priester in seinem eigentlichen Wesen und in seiner sakramentalen Sendung
innerhalb der Struktur der Kirche als Zeichen für den absoluten Vorrang und die Unentgeltlichkeit
der Gnade, die der Kirche vom auferstandenen Christus als Geschenk zuteil wird. Durch das
Weihepriestertum wird sich die Kirche im Glauben bewußt, daß sie ihr Sein nicht sich selbst,
sondern der Gnade Christi im Heiligen Geist verdankt. Die Apostel und ihre Nachfolger stehen als
Inhaber einer Vollmacht, die ihnen von Christus, dem Haupt und Hirten, zukommt, mit ihrem
Dienst der Kirche gegenüber, als sichtbare Fortsetzung und sakramentales Zeichen Christi, der
die Kirche und der Welt als ewige und immer neue Heilsquelle gegenübersteht, er, "der die Kirche

3 Pages 21-30

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3.1 Page 21

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21
gerettet hat, denn sie ist sein Leib" (Eph 5,23).
17. Das geweihte Amt kann aufgrund seiner Natur nur erfüllt werden, weil der Priester durch die
sakramentale Einbeziehung in den Priesterstand mit Christus verbunden ist und sich somit in
hierarchischer Gemeinschaft mit seinem Bischof befindet. Das geweihte Amt hat eine radikale
"Gemeinschaftsform" und kann nur als "Gemeinschaftswerk" erfüllt werden (30). Mit diesem
Gemeinschaftscharakter des Priestertums hat sich das Konzil lange beschäftigt,(31) indem es das
Verhältnis des Priesters zu seinem Bischof, zu den anderen Priestern und zu den gläubigen Laien
jeweils eigens untersuchte.
Der Dienst der Priester ist vor allem verantwortungsvolle und notwendige Verbundenheit und
Mitarbeit am Dienst des Bischofs in der Sorge um die Universalkirche und um die einzelnen
Teilkirchen; für den Dienst an ihnen bilden sie zusammen mit dem Bischof ein einziges
Presbyterium.
Jeder Priester, ob Welt- oder Ordenspriester, ist mit den anderen Mitgliedern dieses
Presbyteriums aufgrund des Weihesakraments durch besondere Bande der apostolischen Liebe,
des Dienstes und der Brüderlichkeit verbunden. Denn alle Welt und Ordenspriester haben teil an
dem einen Priestertum Christi, des Hauptes und Hirten, "sie arbeiten für das gleiche Anliegen,
nämlich für den Aufbau des Leibes Christi, der vielfältige Tätigkeiten und vor allem in der heutigen
Zeit Neuanpassungen erfordert" (32) und im Laufe der Jahrhunderte mit immer neuen Charismen
bereichert wird.
Schließlich stehen die Priester in einer positiven und anregenden Beziehung zu den Laien, denn
ihre Gestalt und ihre Aufgabe in der Kirche ersetzen ja nicht das auf die Taufe zurückgehende
gemeinsame Priestertum des ganzen Volkes Gottes, sondern fördern es, indem sie es zu seiner
vollen kirchlichen Verwirklichung führen. Sie dienen dem Glauben, der Hoffnung und der Liebe der
Laien. Sie anerkennen und unterstützen als Brüder und Freunde die Würde der Kinder Gottes und
helfen ihnen, ihre besondere Rolle im Rahmen der Sendung der Kirche voll auszuüben (33).
Das vom Weihesakrament übertragene Amtspriestertum und das gemeinsame oder "königliche"
Priestertum der Gläubigen, die sich dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach unterscheiden
(34). sind einander zugeordnet, stammen doch beide - in verschiedenen Formen - aus dem einen
Priestertum Christi. Das Amtspriestertum bedeutet nämlich nicht an sich einen höheren Grad an
Heiligkeit im Vergleich zum gemeinsamen Priestertum der Gläubigen; aber durch das
Weihepriestertum wird den Priestern von Christus im Geist eine besondere Gabe verliehen, damit
sie dem Volk Gottes helfen können, das ihm verliehene gemeinsame Priestertum getreu und
vollständig auszuüben (35).
18. Wie das Konzil unterstreicht, rüstet die Geistesgabe, die den Priestern in ihrer Weihe verliehen
wurde, sie nicht für irgendeine begrenzte und eingeschränkte Sendung, sondern für die alles

3.2 Page 22

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22
umfassende und universale Heilssendung bis an die Grenzen der Erde (Apg 1,8), denn jeder
priesterliche Dienst hat teil an der weltweiten Sendung, die Christus den Aposteln aufgetragen
hat" (36). Aufgrund des Wesens ihres Dienstes sollen sie daher von einem tiefen missionarischen
Geist und "von jener wahrhaft katholischen Geisteshaltung" durchdrungen und beseelt sein, die
sie dazu befähigt, "über die Grenzen der eigenen Diözese, der Nation oder des Ritus zu blicken
und für die Bedürfnisse der ganzen Kirche einzustehen, stets bereit, das Evangelium überall zu
verkünden" (37).
Außerdem soll der Priester, eben weil er innerhalb des Lebens der Kirche der Mann der
Gemeinschaft ist, in der Beziehung zu allen Menschen der Mann der Sendung und des Dialogs
sein. Tief verwurzelt in der Wahrheit und in der Liebe Christi und beseelt von dem Wunsch und
dem Gebot, seine Heilsbotschaft allen zu verkünden, ist er dazu berufen, zu allen Menschen
Beziehungen der Brüderlichkeit, des Dienstes, der gemeinsamen Wahrheitssuche, der Förderung
von Gerechtigkeit und Frieden zu knüpfen. An erster Stelle zu den Brüdern und Schwestern der
anderen christlichen Kirchen und Konfessionen; aber auch zu dem Gläubigen der anderen
Religionen; zu den Menschen guten Willens und ganz besonders zu den Armen und Schwachen
und zu allen, die sich, auch ohne es zu wissen oder zu äußern, nach der Wahrheit und nach dem
Heil Christi sehnen, gemäß dem Wort Jesu, der gesagt hat: "Nicht die Gesunden brauchen den
Arzt, sondern die Kranken; ... ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten''
(Mk 2,17).
Insbesondere die vorrangige pastorale Aufgabe der Neu-Evangelisierung, die das ganze Volk
Gottes betrifft und einen neuen Eifer, neue Methoden und eine neue Ausdruckskraft für die
Verkündigung und das Zeugnis des Evangeliums fordert, verlangt heute Priester, die radikal und
vollständig in das Geheimnis Christi eingetaucht und fähig sind, einen neuen, von der tiefen
Verbundenheit mit dem Papst, den Bischöfen und untereinander und von einer fruchtbaren
Zusammenarbeit mit den gläubigen Laien gekennzeichneten pastoralen Lebensstil zu
verwirklichen in der Achtung und Förderung der verschiedenen Rollen, Charismen und Dienste
innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft (38).
"Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt" (Lk 4,21). Hören wir uns diese
Worte Jesu noch einmal im Lichte des Weihepriestertums an, das wir in seinem Wesen und seiner
Sendung dargelegt haben. Das "Heute", von dem Jesus spricht, weist auf die Zeit der Kirche hin,
eben weil es zur Fülle der Zeit, das heißt der Zeit des vollen und endgültigen Heils, gehört und sie
bestimmt. Die Salbung und die Sendung Christi, ausgedrückt in dem Schriftwort "Der Geist des
Herrn ... hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe..."
(Lk 4,18), sind die lebendige Wurzel, aus der die Weihe und die Sendung der "von Christus
erfüllten'' (vgl. Eph 1,23) Kirche herauswachsen: Mit der Wiedergeburt in der Taufe ergießt sich
auf alle Gläubigen der Geist des Herrn, der sie dafür weiht, ein geistiges Haus und eine heilige
Priesterschaft aufzubauen, und sie aussendet, die großen Taten dessen zu verkünden, der sie
aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat (vgl. 1 Petr 2,4-10). Der Priester hat an

3.3 Page 23

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23
der Salbung und Sendung Christi in besonderer und wirkmächtiger Weise teil, nämlich durch das
Weihesakrament, kraft dessen er in seinem Wesen Jesus Christus, dem Haupt und Hirten,
gleichgestaltet wird und die Sendung teilt, im Namen und in der Person Christi selbst "den Armen
eine gute Nachricht zu bringen".
In ihrer Schlußbotschaft haben die Synodenväter in wenigen, aber um so reicheren Worten die
"Wahrheit", besser das "Geheimnis" und das "Geschenk" des Weihepriestertums so
zusammengefaßt: "Unsere Identität hat ihre letzte Quelle in der Liebe des Vaters. Mit dem von ihm
gesandten Sohn, dem Hohenpriester und Guten Hirten, sind wir durch das Weihepriestertum in
der Kraft des Heiligen Geistes sakramental verbunden. Das Leben und der Dienst des Priesters
sind eine Fortsetzung des Lebens und Wirkens Christi selbst. Das ist unsere Identität, unsere
wahre Würde, die Quelle unserer Freude und die Zuversicht unseres Lebens (39).
KAPITEL III
DER GEIST DES HERRN RUHT AUF MIR
Das geistliche Leben des Priesters
19. "Der Geist des Herrn ruht auf mir" (Lk 4,18). Der Geist befindet sich nicht nur "über" dem
Messias, sondern er "erfüllt" ihn, er durchdringt ihn, er erreicht ihn in seinem Sein und Wirken.
Denn der Geist ist der Anfang der "Weihe" und der "Sendung" des Messias: "Der Herr hat mich
gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe . . ." (Lk 4,18) Durch
den Geist gehört Jesus vollständig und ausschließlich zu Gott, hat teil an der unendlichen
Heiligkeit Gottes, der ihn ruft, ihn erwählt und ihn sendet. So offenbart sich der Geist des Herrn als
Quelle der Heiligkeit und Aufruf zur Heiligung.
Dieser selbe "Geist des Herrn" ruht auf mir dem ganzen Volk Gottes, das verstanden wird als Gott
"geweihtes" und von Gott "gesandtes" Volk zur Verkündigung des heilbringenden Evangeliums.
Die Mitglieder des Volkes Gottes sind "getränkt" und "gezeichnet" vom Geist (vgl. 1 Kor 12,13; 2
Kor 1,21ff, Eph 1,13; 4,30) und zur Heiligkeit berufen.
Im besonderen offenbart und vermittelt uns der Geist die grundlegende Berufung, die der Vater
von Ewigkeit her an alle richtet: die Berufung, "heilig und untadelig (zu) leben vor Gott", weil er uns
... im voraus dazu bestimmt hat, seine Söhne zu werden durch Jesus Christus (Eph 1,4-5). Der
Geist offenbart und vermittelt uns nicht nur diese Berufung, er wird in uns auch Anfang und Quelle
ihrer Verwirklichung: er, der Geist des Sohnes (vgl. Gal 4,6), macht uns Jesus Christus
gleichförmig und läßt uns teilhaben an seinem Leben als Sohn, das heißt an seiner Liebe zum
Vater und zu den Menschen: "Wenn wir aus dem Geist leben, dann wollen wir dem Geist auch
folgen'' (Gal 5,25). Mit diesen Worten erinnert uns der Apostel Paulus daran, daß das christliche
Dasein "geistliches Leben" ist, das heißt ein vom Geist beseeltes Leben, das von ihm zur
Heiligkeit bzw. zur vollkommenen Liebe geführt wird.

3.4 Page 24

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24
Die Aussage des Konzils, "daß alle Christgläubigen jeglichen Standes oder Ranges zur Fülle des
christlichen Lebens und zur vollkommenen Liebe berufen sind", (40) findet eine besondere
Anwendung auf die Priester: Sie sind nicht nur als Getaufte berufen, sondern auch und ganz
besonders als Priester, das heißt mit einer neuen Würde und unter eigenständigen Bedingungen,
die sich aus dem Weihesakrament ableiten lassen.
20. Eine sehr reiche und anregende Zusammenfassung über das "geistliche Leben" der Priester
und die Hingabe und Verantwortlichkeit, zu "Heiligen" zu werden, bietet uns das Konzilsdekret
über Dienst und Leben der Priester: "Das Weihesakrament macht die Priester Christus, dem
Priester, gleichförmig. Denn sie sind Diener des Hauptes zur vollkommenen Auferbauung seines
ganzen Leibes, der Kirche, und Mitarbeiter des Bischofsstandes. Schon in der Taufweihe haben
sie, wie alle Christen, Zeichen und Geschenk der so hohen gnadenhaften Berufung zur
Vollkommenheit empfangen, nach der sie, bei aller menschlichen Schwäche, streben können und
müssen, wie der Herr sagt: Ihr aber sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen
ist (Mt 5,48). Als Priester sind sie jedoch in besonderer Weise zum Streben nach dieser
Vollkommenheit verpflichtet. Denn im Empfang des Weihesakramentes Gott auf neue Weise
geweiht, sind sie lebendige Werkzeuge Christi, des ewigen Priesters, geworden, damit sie sein
wunderbares Werk, das mit Kraft von oben die ganze menschliche Gesellschaft erneuert hat,
durch die Zeiten fortzuführen vermögen. jeder Priester vertritt also, seiner Weihestufe
entsprechend, Christus. Darum erhält er auch die besondere Gnade, durch den Dienst an der ihm
anvertrauten Gemeinde und am ganzen Volk Gottes besser der Vollkommenheit dessen
nachzustreben, an dessen Stelle er steht, und für die Schwäche seiner menschlichen Natur
Heilung in der Heiligkeit dessen zu finden, der für uns ein heiliger, unschuldiger, unbefleckter, von
den Sünden geschiedener Hoherpriester (Hebr 4,26) geworden ist" (41).
Das Konzil betont vor allem die "gemeinsame" Berufung zur Heiligkeit. Diese Berufung hat ihre
Wurzel in der Taufe, die den Priester als "Christgläubigen" (Christifidelis), als Bruder unter
Brüdern" charakterisiert, der in das Volk Gottes eingebunden und mit ihm verbunden ist in der
Freude, die Heilsgaben zu teilen (vgl. Eph 4,4-6) und in der gemeinsamen Verpflichtung, "gemäß
dem Geist voranzugehen und dem einen Meister und Herrn zu folgen. Wir denken an das
berühmte Wort des hl. Augustinus: Für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ. Jenes ist ein
übernommenes Amt, dieses Gnade; jenes bezeichnet Gefahr, dieses Heil und Rettung (42).
Mit gleicher Klarheit spricht der Konzilstext auch von einer "spezifischen" Berufung zur Heiligkeit,
genauer von einer Berufung, die sich auf das Weihesakrament als eigentliches und besonderes
Sakrament des Priesters gründet, das kraft einer neuen Weihe an Gott realisiert wird. Auf diese
Berufung besonderer Art spielt auch der hl. Augustinus an, wenn er dem Satz Für euch bin ich
Bischof, mit euch bin ich Christ" noch diese Worte folgen läßt: "Daher werde ich, auch wenn es für
mich Grund zu größerer Freude ist, mit euch erlöst als an eure Spitze gestellt worden zu sein,
dem Gebot des Herrn folgen und mich mit größtem Einsatz dem Dienst an euch widmen, um nicht
gegenüber dem undankbar zu sein, der mich um den Preis erlöst hat, daß er mich zu eurem

3.5 Page 25

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25
dienenden Mitbruder gemacht hat (43).
Der Konzilstext fährt fort mit dem Hinweis auf einige Elemente, die notwendig sind, um den Inhalt
des "Spezifikums" im geistlichen Leben der Priester näher zu bestimmen. Es sind Elemente, die
im Zusammenhang stehen mit der "Weihe" der Priester, die sie Jesus Christus, dem Haupt und
Hirten der Kirche, "gleichförmig macht"; mit der "Sendung" als dem kennzeichnenden Dienst der
Priester, die sie dazu befähigt und verpflichtet, "lebendige Werkzeuge Christ, des ewigen
Priesters", zu sein und "im Namen und in der Person Christi selbst" zu handeln; mit ihrem ganzen
"Leben", das dazu berufen ist, auf eigenständige Weise die "Radikalität des Evangeliums (44) zu
bekunden und zu bezeugen.
21. Durch das Weihesakrament wird der Priester Jesus Christus als dem Haupt und Hirten der
Kirche gleichgestaltet und empfängt als Geschenk eine "geistliche Vollmacht", die Teilhabe an der
Autorität bedeutet, mit der Jesus Christus durch seinen Geist die Kirche führt (45).
Dank dieser vom Geist bei der Spendung des Weihesakramentes bewirkten Heilsgnade wird das
geistliche Leben des Priesters von jenen Grundhaltungen und Ausdrucksweisen geprägt, geformt
und gekennzeichnet, die Jesus Christus als Haupt und Hirt der Kirche eigen und in seiner
Hirtenliebe zusammengefaßt sind.
Jesus Christus ist Haupt der Kirche, die sein Leib ist. Er ist "Haupt" in dem neuen, eigentümlichen
Sinn des "Diener-Seins", wie seine eigenen Worte bezeugen. "Denn der Menschensohn ist nicht
gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als
Lösegeld für viele" (Mk 10,45). Seine ganze Fülle erlangt der Dienst Jesu mit dem Kreuzestod,
das heißt mit der totalen Selbsthingabe in Demut und Liebe: "Er entäußerte sich und wurde wie
ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich
und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz" (Phil 2,7-8). Die Autorität Jesu Christi als
Haupt fällt also mit seinem Dienst zusammen, mit seiner Haltung des Schenkens, mit seiner
totalen, demütigen und liebevollen Hingabe gegenüber der Kirche. All dies tat Christus in
vollkommenem Gehorsam gegenüber dem Vater: Er ist der einzige wahre leidende Gottesknecht,
zugleich Priester und Opfer.
Von dieser Art von Autorität, also vom Dienst gegenüber der Kirche, wird das geistliche Leben
jedes Priesters als Anspruch aus seiner Gleichgestaltung mit Jesus Christus, dem Haupt und
Diener der Kirche, beseelt und belebt (46). So ermahnte der hl. Augustinus einen Bischof am Tag
seiner Weihe: "Wer Haupt des Volkes ist, muß sich zuallererst bewußt sein, daß er der Diener
vieler ist. Und verschmähe nicht, es zu sein, ich wiederhole, verschmähe nicht, der Diener vieler
zu sein, denn der allerhöchste Herr hat es nicht verschmäht, unser Diener zu werden" (47).
Das geistliche Leben der Diener des Neuen Bundes wird also von dieser Grundhaltung des
Dienstes am Volk Gottes geprägt sein müssen (vgl. Mt 20,24ff; Mk 10,43-44), frei von jeder

3.6 Page 26

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26
Anmaßung und von jedem Verlangen, die anvertraute Herde "zu beherrschen" (vgl. 1 Petr 5,2f.).
Es geht um einen Dienst, der gern und nach Gottes Willen getan wird: Auf diese Weise werden
die "Ältesten" der Gemeinde, also die Priester, Modell" für die Herde sein können, die ihrerseits
dazu berufen ist, gegenüber der ganzen Welt diese priesterliche Haltung anzunehmen und der
Fülle des menschlichen Lebens und seiner ganzheitlichen Befreiung zu dienen.
22. Das Bild von Jesus Christus als dem Hirten der Kirche, die seine Herde ist, greift inhaltlich den
Gedanken von Jesus Christus als Haupt und Diener wieder auf und stellt ihn uns mit neuen und
sehr eindrucksvollen Nuancen vor. Unter Bezugnahme auf die prophetische Ankündigung des
Messias und Erlösers, der vom Psalmisten und vom Propheten Ezechiel jubelnd besungen wird
(vgl. Ps 23; Ez 34,11 ff.), stellt sich Jesus selbst als "der gute Hirte" (Joh 10,11. 14) nicht nur
Israels, sondern aller Menschen vor (vgl. Job 10,16). Und sein Leben ist ein ununterbrochener
Erweis, ja eine tägliche Verwirklichung seiner Hirtenliebe": Er hat Mitleid mit den Menschen, weil
sie müde und erschöpft sind wie Schafe, die keinen Hirten haben (vgl. Mt 9,35-36); er sucht die
Verlorenen und Verirrten (vgl. Mt 18,12-14) und feiert ihr Wiederheimfinden, er sammelt und
verteidigt sie, er kennt sie und ruft sie einzeln beim Namen (vgl. Joh 10,3), er führt sie auf grüne
Weiden und zum Ruheplatz am Wasser (vgl. Ps 23,2), er bereitet für sie einen Tisch und nährt sie
mit seinem eigenen Leben. Dieses Leben bringt der Gute Hirte durch seinen Tod und seine
Auferstehung als Opfer dar, wie es die Liturgie der römischen Kirche besingt: "Auferstanden ist
der Gute Hirt. Er gab sein Leben für seine Schafe. Er ist für seine Herde gestorben. Halleluja"
(48).
Petrus nennt Jesus den "obersten Hirten" (1 Petr 5,4), weil sein Werk und seine Sendung durch
die Apostel (vgl. Joh 21,15ff.) und ihre Nachfolger (vgl. 1 Petr 5,lff.) und durch die Priester in der
Kirche fortgeführt werden. Kraft ihrer Weihe werden die Priester Jesus, dem Guten Hirten,
gleichgestaltet und sind dazu berufen, seine Hirtenliebe nachzuahmen und mit ihrem Leben zu
bezeugen.
Das Sich-Schenken Christi an die Kirche als Frucht seiner Liebe ist gekennzeichnet von jener
ursprünglichen Hingabe, die dem Bräutigam gegenüber der Braut eigen ist, woran die heiligen
Texte immer wieder erinnern. Jesus ist der wahre Bräutigam, der die Kirche den Wein des Heils
darbietet (vgl. Joh 2,11). Er, der "das Haupt der Kirche ist und sie gerettet hat, denn sie ist sein
Leib" (Eph 5,23), "hat die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben, um sie im Wasser und durch
das Wort rein und heilig zu machen. So will er die Kirche herrlich vor sich erscheinen lassen, ohne
Flecken, Falten oder andere Fehler, heilig soll sie sein und makellos" (Eph 5,25-27). Die Kirche ist
der Leib, in dem Christus, das Haupt, gegenwärtig und wirksam ist, aber sie ist auch die Braut, die
als neue Eva aus der geöffneten Seite des Erlösers am Kreuz erwächst: Darum steht Christus
"vor" der Kirche, nährt und pflegt" sie (Eph 5,29) durch die Hingabe seines Lebens für sie. Der
Priester ist berufen, lebendiges Abbild Jesu Christi, des Bräutigams der Kirche, zu sein: (49)
Sicher, er bleibt immer Teil der Gemeinde, als Glaubender zusammen mit allen anderen vom
Geist zusammengerufenen Brüdern und Schwestern, aber kraft seiner Gleichgestaltung mit

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27
Christus, dem Haupt und Hirten, befindet er sich der Gemeinde gegenüber in dieser Haltung des
Bräutigams. "Insofern er Christus als Haupt, Hirt und Bräutigam der Kirche darstellt, steht der
Priester nicht nur in der Kirche, sondern auch der Kirche gegenüber" (50). Er ist also dazu
berufen, in seinem geistlichen Leben die Liebe des Bräutigams Christus zu seiner Braut, der
Kirche, wiederzubeleben. Sein Leben soll auch von diesem Wesensmerkmal erleuchtet und
angeleitet werden, das von ihm verlangt, Zeuge der Liebe Christi als des Bräutigams seiner Kirche
und somit fähig zu sein, das Volk zu lieben mit neuem, großem und reinem Herzen, mit echtem
Abstand zu sich selbst, mit voller, ständiger und treuer Hingabe und zugleich mit einer Art
göttlicher "Eifersucht" (vgl. 2 Kor 11,2), mit einer Zartheit, die sich sogar Nuancen der mütterlichen
Liebe zu eigen macht und .Geburtswehen" erleidet, bis "Christus in den Gläubigen Gestalt
annimmt" (vgl. Gal 4,19).
23. Das innere Prinzip, die Kraft, die das geistliche Leben des Priesters, insofern er Christus, dem
Haupt und Hirten, nachgebildet ist, beseelt und leitet, ist die pastorale Liebe, die Teilhabe an der
Hirtenliebe Jesu Christi. Sie ist unverdientes Geschenk des Heiligen Geistes und zugleich
Aufgabe und Appell an die freie und verantwortungsvolle Antwort des Priesters.
Der wesentliche Gehalt der pastoralen Liebe ist die Verfügbarkeit des eigenen Ich als
ganzheitliche Selbsthingabe an die Kirche, nach dem Vorbild und in Teilnahme an der Hingabe
Christi. "Die pastorale Liebe ist die Tugend, mit der wir Christus in seiner Selbsthingabe und in
seinem Dienst nachahmen. Nicht nur was wir tun, sondern unsere Selbsthingabe zeigt die Liebe
Christi zu seiner Herde. Die pastorale Liebe bestimmt unser Denken und Handeln, die Art unseres
Umgangs mit den Menschen. Und sie erweist sich als besonders anspruchsvoll für uns..." (51).
Empfängerin der Selbsthingabe, als der Wurzel und Synthese der pastoralen Liebe, ist die Kirche.
Das galt für Christus, der "die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat" (Eph 5,25); das soll
auch für den Priester gelten. Durch die pastorale Liebe, die die Ausübung des Priesteramtes als
"amoris officium (52) prägt, "ist der Priester, der die Berufung zum Dienst empfängt, in der Lage,
daraus eine Liebesentscheidung zu machen, aufgrund welcher die Kirche und die Seelen zu
seinem Hauptinteresse werden. Er selbst wird durch diese konkrete Spiritualität fähig, die
Universalkirche und jenen Teil von ihr, der ihm anvertraut ist, zu lieben mit der ganzen
Beschwingtheit eines Bräutigams gegenüber der Braut" (53). Die Selbsthingabe hat keine
Grenzen, da sie von der apostolischen und missionarischen Beschwingtheit Christi, des Guten
Hirten, gekennzeichnet ist, der gesagt hat: "Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem
Stall sind; auch sie muß ich führen, und sie werden auf meine Stimme hören; dann wird es nur
eine Herde geben und einen Hirten" (Joh 10,16).
Innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft betreibt und erfordert die pastorale Liebe des Priesters
ganz besonders seine persönliche Beziehung zu dem in und mit dem Bischof verbundenen
Presbyterium, wie das Konzil ausdrücklich schreibt: "Die Hirtenliebe erfordert, daß die Priester, um
nicht ins Leere zu laufen, immer in enger Verbindung mit den Bischöfen und mit den anderen

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28
Mitbrüdern im Priesteramt arbeiten" (54).
Die Selbsthingabe an die Kirche betrifft die Kirche als Leib und Braut Jesu Christi. Darum bezieht
sich die Liebe des Priesters in erster Linie auf Jesus Christus: Nur wenn er Christus als Haupt und
Bräutigam liebt und ihm dient, wird die Liebe zur Quelle, zum Kriterium, Maßstab und Anstoß für
die Liebe und den Dienst des Priesters an der Kirche als Leib und Braut Christi. Dessen war sich
der Apostel Paulus mit klarer Eindringlichkeit bewußt, als er an die Christen der Kirche von Korinth
schrieb: "Wir aber sind eure Knechte um Jesu willen" (2 Kor 4,5). Das ist vor allem die
ausdrückliche und programmatische Lehre Jesu, wenn er Petrus erst nach dessen dreifacher
Liebesbezeugung - ja, einer Liebe, die schon "Vorzugsliebe" ist - den Auftrag erteilt, seine Herde
zu weiden: "Zum drittenmal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? ... Petrus
sagte zu ihm: Herr, du weißt alles, du weißt, daß,ich dich liebhabe. Jesus sagte zu ihm: Weide
meine Schafe. . ." (Joh 21,17).
Die Hirtenliebe, die ihren spezifischen Ursprung im Weihesakrament hat, findet in der Eucharistie
ihren vollen Ausdruck und ihre wichtigste Nahrung: "Diese Hirtenliebe erwächst am stärksten aus
dem eucharistischen Opfer. Es bildet daher Mitte und Wurzel des ganzen priesterlichen Lebens,
sodaß der Priester in seinem Herzen auf sich beziehen muß, was auf dem Opferaltar geschieht"
(55). Denn in der Eucharistie wird das Kreuzesopfer, die totale Selbsthingabe Christi an seine
Kirche, das Geschenk seines hingegebenen Leibes und seines vergossenen Blutes von neuem
gegenwärtig gemacht als erhabenstes Zeugnis dafür, daß er Haupt und Hirt, Diener und
Bräutigam der Kirche ist. Eben deshalb erwächst die Hirtenliebe des Priesters nicht nur aus der
Eucharistie, sondern findet in ihrer Feier gleichzeitig ihre höchste Verwirklichung, sodaß er aus der
Eucharistie die Gnade und Verantwortung empfängt, seine ganze Existenz im Sinn des Opfers
Jesu Christi zu prägen.
Diese pastorale Liebe stellt das innere und dynamische Prinzip dar, das die vielfältigen und
verschiedenen Tätigkeiten des Priesters zu vereinigen vermag. Durch sie kann der wesentliche
und dauernde Anspruch einer Einheit zwischen dem inneren Leben und den vielen Aktivitäten und
Verantwortlichkeiten des priesterlichen Dienstes realisiert werden; es handelt sich um ein äußerst
dringendes Erfordernis in einem soziokulturellen und ekklesialen Kontext, der stark von
Kompliziertheit, Bruchstückhaftigkeit und Zersplitterung gezeichnet ist. Allein die Ausrichtung
jedes Augenblicks und jeder Handlung auf die grundlegende und qualifizierende Entscheidung,
.das Leben für die Herde hinzugeben", vermag diese Einheit zu gewährleisten, die für die
harmonische Ausgeglichenheit und das geistige Gleichgewicht des Priesters lebensnotwendig, ja
unerläßlich ist: "Die Priester können diese Lebenseinheit erreichen, wenn sie in der Ausübung
ihres Amtes dem Beispiel Christi, des Herrn, folgen, dessen Speise es war, den Willen dessen zu
tun, der ihn gesandt hatte, um sein Werk zu vollenden ... Wenn sie so die Rolle des Guten Hirten
übernehmen, werden sie gerade in der Betätigung der Hirtenliebe das Band der priesterlichen
Vollkommenheit finden, das ihr Leben und Wirken zur Einheit verknüpft" (56).

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24. Der Geist des Herrn hat Christus gesalbt und ihn gesandt, damit er das Evangelium verkünde
(vgl. Lk 4,18). Die Sendung ist kein äußerliches Element neben der Weihe, sondern sie stellt
deren inneres Lebensziel dar: die Weihe ist um der Sendung willen da. Somit steht nicht nur die
Weihe, sondern auch die Sendung unter dem Zeichen des Geistes, unter seinem heiligenden
Einfluß.
So war es bei Jesus. So war es bei den Aposteln und bei ihren Nachfolgern. So ist es bei der
ganzen Kirche und in ihr bei den Priestern: alle empfangen den Geist als Geschenk und Aufruf zur
Heiligung sowohl im eigenen Inneren wie bei der Erfüllung ihrer Sendung (57).
Es besteht also eine innige Beziehung zwischen dem geistlichen Leben des Priesters und der
Ausübung seines Dienstes, (58) was das Konzil so formuliert: "Indem sie also den Dienst des
Geistes und der Gerechtigkeit erfüllen (vgl. 2 Kor 3,8-9), werden sie (die Priester) im Leben des
Geistes gefestigt, sofern sie nur auf Christi Geist, der sie belebt und führt, hören. Gerade die
täglichen heiligen Handlungen, wie ihr gesamter Dienst, den sie in Gemeinschaft mit dem Bischof
und ihren priesterlichen Mitbrüdern ausüben, lenken sie auf ein vollkommeneres Leben hin. Die
Heiligkeit der Priester wiederum trägt im höchsten Maß zur größeren Fruchtbarkeit ihres
besonderen Dienstes bei" (59).
"Ahme nach, was du vollziehst, und stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes!" Diese
mahnende Aufforderung richtet die Kirche beim Weiheritus an den Priester, wenn ihm die Gaben
des heiligen Volkes für das eucharistische Opfer überreicht werden. Das "Geheimnis", dessen
Verwalter" (vgl. 1 Kor 4,1) der Priester ist, ist letzten Endes Jesus Christus Selbst, der im Geist
Quelle der Heiligkeit und Aufruf zur Heiligung ist. Dieses "Mysterium" erfordert seine Bezeugung
im konkreten Lebensvollzug des Priesters. Dazu bedarf es großer Wachsamkeit und eines
lebendigen Bewußtseins. Wiederum ist es der Weiheritus, der den vorhin erwähnten Worten die
Empfehlung vorausschickt: "Bedenke, was du tust." Schon Paulus mahnte den Bischof Timotheus:
"Vernachlässige die Gnade nicht, die in dir ist" (1 Tim 4,14; vgl. 2 Tim 1,6).
Die Beziehung zwischen dem geistlichen Leben und der Ausübung des priesterlichen Dienstamtes
kann auch von der pastoralen Liebe her erklärt werden, die ihm durch das Weihesakrament
zugeeignet wird. Der priesterliche Dienst muß, eben weil er teilhat am heilbringenden Dienst Jesu
Christi, des Hauptes und Hirten, dessen Hirtenliebe, die zugleich die Quelle und der Geist seines
Dienstes und seiner Selbsthingabe ist, neu zum Ausdruck bringen und beleben. In seiner
objektiven Realität ist der priesterliche Dienst nach dem zitierten Wort des hl. Augustinus "officium
amoris": Eben diese objektive Realität gilt als Fundament und Aufforderung zu einem
entsprechenden Ethos, das nichts anderes bedeuten kann, als die Liebe vorzuleben, wie der hl.
Augustinus gleichfalls darlegt: "Sit amoris officium pascere dominicum gregem" (60) ("Die Pflicht
der Liebe soll es sein, die Herde des Herrn zu weiden"). Dieses Ethos des geistlichen Lebens ist
nichts anderes als im Bewußtsein und in Freiheit, also im Geist, im Herzen, in den
Entscheidungen und Handlungen, die "Wahrheit" des priesterlichen Dienstes als Officium amoris

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30
anzunehmen.
25. Für ein geistliches Leben, das sich durch die Ausübung des Dienstes entfaltet, ist es
wesentlich, daß der Priester das Bewußtsein, kraft des Weihesakramentes und der
Gleichgestaltung mit Christus, dem Haupt und Hirten der Kirche, Diener Jesu Christi zu sein,
ständig erneuert und weiter vertieft.
Ein solches Bewußtsein entspricht nicht nur dem wahren Wesen der Sendung, die der Priester für
die Kirche und die Menschheit erfüllt, sondern ist auch entscheidend für das geistliche Leben des
Priesters beim Vollzug dieser Sendung. Denn der Priester wird ja von Christus nicht wie eine
Sache" erwählt, sondern als "Person": er ist kein träges, passives Werkzeug, sondern ein
Lebendiges Werkzeug": so drückt sich das Konzil dort aus, wo es davon spricht, daß die Priester
zum Streben nach Vollkommenheit verpflichtet sind (61). Ebenfalls spricht das Konzil von den
Priestern als den "Gefährten und Helfern" des "heiligen und heiligenden" Gottes (62).
In diesem Sinne ist die bewußte, freie und verantwortliche Person des Priesters in die Ausübung
des Dienstes auf das tiefste miteinbezogen. Die Verbundenheit mit Jesus Christus, die durch die
im Sakrament empfangene Weihe und die Gleichgestaltung gewährleistet wird, begründet und
erfordert beim Priester eine weitere Bindung, die aus seiner Grundintention", das heißt aus seinem
bewußten und freien Willen kommt, durch seinen Dienst das zu tun, was die Kirche zu tun vorhat.
Eine Bindung neigt aufgrund ihrer Natur dazu, im Leben möglichst umfassend und tiefgreifend zu
werden. Dies geschieht dadurch, daß sie den Verstand, die Gefühle, das Leben, also eine Reihe
moralischer und spiritueller "Dispositionen" prägt, die dem amtlichen Handeln des Priesters
entsprechen.
Es besteht kein Zweifel, daß die Ausübung des priesterlichen Dienstes, im besonderen die Feier
der Sakramente, ihre Heilswirksamkeit von dem in den Sakramenten gegenwärtig gemachten
Handeln Jesu Christi selbst erhält. Aber aufgrund eines göttlichen Planes, der die absolute
Unverdientheit der Heilsrettung hervorhebt" indem er aus dem Menschen einen "Geretteten" und
zugleich - immer und nur mit Jesus Christus - einen "Retter" macht, ist die Wirksamkeit der
Dienstausübung auch mitbedingt von der größeren oder geringeren Annahme und Teilnahme
(63). Im besonderen beeinflußt die größere oder geringere Heiligkeit des Dieners tatsächlich die
Verkündigung des Wortes, die Feier der Sakramente, die Leitung der Gemeinde in Liebe. Das
alles bestätigt das Konzil ganz klar: "Die Heiligkeit der Priester ( ... ) trägt in höchstem Maß zur
größeren Fruchtbarkeit ihres besonderen Dienstes bei. Denn obwohl die Gnade Gottes auch
durch unwürdige Diener das Heilswerk durchführen kann, so will Gott doch seine Heilswunder für
gewöhnlich lieber durch diejenigen kundtun, die sich dem Antrieb und der Führung des Heiligen
Geistes mehr geöffnet haben und darum wegen ihrer innigen Verbundenheit mit Christus und
wegen eines heiligmäßigen Lebens mit dem Apostel sprechen können: Nicht mehr ich lebe,
Christus lebt in mir (Gal 2,20)" (64).

4 Pages 31-40

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4.1 Page 31

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31
Das Wissen darum, Diener Jesu Christi, des Hauptes und Hirten, zu sein, bringt auch das
dankbare und freudige Bewußtsein mit sich, von Jesus Christus eine einzigartige Gnade
empfangen zu haben: die Gnade und das Glück, vom Herrn unverdientermaßen als "lebendiges
Werkzeug" seines Heilswirkens erwählt worden zu sein. Diese Erwählung bezeugt die Liebe Jesu
Christi zum Priester. Gerade diese Liebe verlangt genauso und noch mehr als jede andere Liebe
Erwiderung. Nach seiner Auferstehung stellt Jesus an Petrus die grundlegende Frage nach seiner
Liebe: "Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese?" Und auf die Antwort des
Petrus folgt die Betrauung mit der Sendung: "Weide meine Lämmer!" (Ich 21,15) Jesus fragt
Petrus, ob er ihn liebe, zunächst um ihm seine Herde anvertrauen zu können. Tatsächlich aber ist
die freie und zuvorkommende Liebe Jesu selbst die auslösende Ursache dafür, daß er dem
Apostel seine Frage stellt und ihm "seine" Schafe anvertraut. Alles Handeln des Priesters zielt
dahin, die Kirche zu lieben und ihr zu dienen und ist gleichzeitig darauf ausgerichtet, immer mehr
zu reifen in der Liebe zu und im Dienst für Jesus Christus, der Haupt, Hirte und Bräutigam der
Kirche ist. Es handelt sich um eine Liebe, die sich stets nur als Antwort auf die zuvorkommende,
freie und unverdiente Liebe Gottes in Christus gestaltet. Das Wachsen in der Liebe zu Jesus
Christus bestimmt seinerseits das Wachsen in der Liebe zur Kirche: "Wir sind eure Hirten
(pascimus vobis), gemeinsam mit euch empfangen wir Nahrung (pascimur vobiscum). Der Herr
gebe uns die Kraft, euch so zu lieben, daß wir entweder wirklich oder im Herzen (aut effectu aut
affectu) für euch sterben können (65).
26. Dank der wertvollen Lehre des II. Vatikanischen Konzils (66) können wir die Bedingungen und
Erfordernisse, die Auswirkungen und Früchte der engen Beziehung zwischen dem geistlichen
Leben des Priesters und der Ausübung seines dreifachen Dienstamtes - Dienst des Wortes,
Dienst der Sakramente und Dienst der Liebe - erfassen.
Der Priester ist zunächst Diener des Wortes Gottes, er ist geweiht und gesandt, allen das
Evangelium vom Reich Gottes zu verkünden, indem er jeden Menschen zum Glaubensgehorsam
ruft und die Gläubigen zu einer immer tieferen Kenntnis und Gemeinschaft des Geheimnisses
Gottes führt, das uns in Christus geoffenbart und mitgeteilt wurde. Darum muß der Priester
zuallererst selber eine große persönliche Vertrautheit mit dem Wort Gottes entwickeln: Für ihn
genügt es nicht, dessen sprachlichen oder exegetischen Aspekt zu kennen, der sicher auch
notwendig ist; er muß sich dem Wort mit bereitem und betendem Herzen nähern, damit es tief in
seine Gedanken und Gefühle eindringt und in ihm eine neue Gesinnung erzeugt - "den Geist
Christi" (1 Kor 2,16), sodaß seine Worte, Entscheidungen, Einstellungen und Haltungen
zunehmend eine Transparenz, eine Verkündigung und ein Zeugnis des Evangeliums darstellen.
Nur wenn er im Wort "bleibt", wird der Priester ein vollkommener jünger des Herrn werden, wird er
die Wahrheit erkennen und wirklich frei sein nach Überwindung von allem, was dem Evangelium
entgegengesetzt oder fremd ist (vgl. Joh 8,31-32). Der Priester muß der erste "Glaubende" des
Wortes sein in dem vollen Bewußtsein, daß die Worte seines Dienstes nicht "seine", sondern die
Worte dessen sind, der ihn ausgesandt hat. Er ist nicht der Herr dieses Wortes: er ist Diener. Er ist
auch nicht der alleinige Besitzer dieses Wortes: er ist Schuldner gegenüber dem Volk Gottes.

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32
Eben weil er evangelisiert und damit er tatsächlich evangelisieren kann, muß der Priester wie die
Kirche in dem Bewußtsein wachsen, daß er es nötig hat, selbst ständig evangelisiert zu werden
(67). Er verkündet des Wort in seiner Eigenschaft als "Diener", der an der prophetischen
Vollmacht Christi und der Kirche teilhat. Um selbst die Gewähr zu haben und den Gläubigen die
Gewähr zu geben, daß er das Evangelium vollständig und unversehrt weitergibt, ist der Priester
daher berufen, eine besondere Sensibilität, Liebe und Offenheit gegenüber der lebendigen
Überlieferung der Kirche und ihres Lehramtes zu entwickeln: Diese stehen dem Wort nicht fern,
sondern sie dienen seiner richtigen Auslegung und wachen über seinen authentischen Sinn (68).
Vor allem in der Feier der Sakramente und in der Feier des Stundengebetes soll der Priester die
tiefe Einheit zwischen der Ausübung seines Dienstes und seinem geistlichen Leben erfahren und
bezeugen: Die der Kirche als ganzer geschenkte Gnade zeigt sich als Ursprung der Heiligkeit und
Aufruf zur Heiligung. Auch für den Priester gehört der zentrale Platz sowohl im Dienst wie im
geistlichen Leben der Eucharistie, denn sie "enthält ja das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen
Fülle, Christus selbst, unser Osterlamm und das lebendige Brot. Durch sein Fleisch, das durch
den Heiligen Geist lebt und Leben schafft, spendet er den Menschen das Leben; so werden sie
ermuntert und angeleitet, sich selbst, ihre Arbeiten und die ganze Schöpfung mit ihm
darzubringen" (69).
Von den verschiedenen Sakramenten und besonders von der jedem von ihnen eigenen,
spezifischen Gnade erhält das geistliche Leben des Priesters Prägungen eigener Art. Es wird in
der Tat aufgebaut und geformt von den vielfältigen Wesensmerkmalen und Ansprüchen der
verschiedenen Sakramente, die vom Priester gefeiert und gelebt werden.
Ein eigenes Wort möchte ich dem Bußsakrament vorbehalten, dessen Verwalter und Spender die
Priester sind; doch sollen sie auch Empfänger dieses Sakramentes sein und so zu Zeugen von
Gottes Mitleid mit den Sündern werden. Das geistliche Leben und das pastorale Wirken des
Priesters wie auch der Laien und Ordensleute, die seine Geschwister sind, hängen vom häufigen
und bewußten Empfang des Bußsakramentes ab. Ich wiederhole, was ich in dem Apostolischen
Schreiben Reconciliatio et paenitentia geschrieben habe: "Die Feier der Eucharistie und der
Dienst der anderen Sakramente, der pastorale Eifer, die Beziehung zu den Gläubigen, die
Verbundenheit mit den Mitbrüdern, die Zusammenarbeit mit dem Bischof, das Gebetsleben, ja die
ganze priesterliche Existenz würden unweigerlich schweren Schaden nehmen, wenn man es aus
Nachlässigkeit oder anderen Gründen unterließe, regelmäßig und mit echtem Glauben und tiefer
Frömmigkeit das Bußsakrament zu empfangen. Wenn ein Priester nicht mehr zur Beichte geht
oder nicht gut beichtet, so schlägt sich das sehr schnell in seinem priesterlichen Leben und
Wirken nieder, und auch die Gemeinde, deren Hirte er ist, wird dessen bald gewahr" (70).
Schließlich ist der Priester berufen, die Vollmacht und den Dienst Jesu Christi, des Hauptes und
Hirten der Kirche, dadurch im Leben zu bezeugen, daß er die kirchliche Gemeinschaft anregt und
führt, das heißt "die Familie Gottes, die als Gemeinschaft von Brüdern nach Einheit verlangt",

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versammelt und "sie durch Christus im Heiligen Geist zum Vater" führt (71). Dieses "munus
regendi" als Amt der Leitung ist eine sehr heikle und komplizierte Aufgabe, die außer der
Aufmerksamkeit für die einzelnen Personen und verschiedenen Berufungen die Fähigkeit
einschließt, alle Gaben und Charismen, die der Geist in der Gemeinschaft weckt, zu koordinieren,
indem er sie prüft und ihren Wert für die Auferbauung der Kirche im Einklang mit den Bischöfen
zur Geltung bringt. Es ist ein Dienst, der vom Priester ein intensives geistliches Leben erfordert,
das in reichem Maße jene Eigenschaften und Tugenden aufweist, wie sie den "Vorsteher" und
"Leiter" einer Gemeinde, den "Ältesten" im vornehmsten und erhabensten Sinne des Wortes,
kennzeichnen. Diese Eigenschaften sind Treue, Konsequenz, Weisheit, Gastfreundlichkeit
gegenüber allen, Liebenswürdigkeit und Güte, feste Autorität in den wesentlichen Dingen, Freisein
von allzu subjektiven Standpunkten, persönliche Selbstlosigkeit, Geduld, Gefallen am täglichen
Einsatz, Vertrauen in das verborgene Wirken der Gnade, das an den Einfachen und Armen
offenbar wird (vgl. Tit 1,7f.).
27. "Der Geist des Herrn ruht auf mir" (Lk 4,18). Der im Weihesakrament ausgegossene Heilige
Geist ist Quelle der Heiligkeit und Aufforderung zur Heiligung, nicht nur weil er dem Priester
Christus, dem Haupt und Hirten der Kirche, gleichgestaltet ist und ihm aufträgt, die Sendung des
Propheten, Priesters und Königs im Namen und in der Person Christi zu erfüllen, sondern auch,
weil er sein tägliches Leben beseelt und belebt, indem er es durch Gaben und Aufgaben, durch
Tugenden und Impulse bereichert, die in der Hirtenliebe zusammengefaßt sind. Eine ähnliche
Liebe ist die einigende Synthese der evangelischen Werte und Tugenden und bildet zugleich die
Kraft, die ihre Entfaltung bis zur christlichen Vollkommenheit unterstützt (72).
Die Radikalität des Evangeliums ist für alle Christen ohne Ausnahme ein grundlegender und
unverzichtbarer Anspruch, der aus dem Anruf Christi erwächst, ihm aufgrund der vom Geist
bewirkten innigen Verbundenheit mit ihm zu folgen und ihn nachzuahmen (vgl. Mt 6,18ff.; 10,37ff.;
Mk 8,3438; 10,17-21; Lk 9,57ff.). Dieser Anspruch stellt sich für die Priester wiederum nicht nur,
weil sie "in" der Kirche sind, sondern auch, weil sie der Kirche "gegenüber" stehen, insofern sie
Christus, dem Haupt und Hirten, gleichgestaltet, zum geweihten Dienstamt zugelassen und
bestellt und von seiner Hirtenliebe beseelt sind. Als inneren Kern und äußere Konsequenz dieser
Radikalität des Evangeliums gibt es eine reiche Blüte vielfältiger Tugenden und sittlicher
Ansprüche, die für das pastorale und geistliche Leben des Priesters entscheidend sind, wie z. B.
Glaube, Demut vor dem Geheimnis Gottes, Barmherzigkeit und Klugheit. Bevorzugter Ausdruck
dieser Radikalität sind die verschiedenen "evangelischen Räte", die Jesus in der Bergpredigt
vorschlägt (vgl. Mt 5-7); unter diesen Räten sind die Lebenshaltungen von Gehorsam, Keuschheit
und Armut eng miteinander verbunden (73): Der Priester ist berufen, sie entsprechend jenen
Bedingungen und Zielsetzungen und gemäß jenen ursprünglichen Sinngehalten zu leben, die
Quelle und Ausdruck der ihm eigenen Identität sind.
28. "Zu den Tugenden, die für den Dienst der Priester besonders erfordert sind, muß man als
ständige Seelenhaltung die innerste Bereitschaft zählen, nicht den eigenen Willen zu suchen,

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34
sondern den Willen dessen, der sie gesandt hat" (vgl. Joh 4,34; 5,30; 6,38) (74). Das ist der
Gehorsam, der im Fall des geistlichen Lebens des Priesters einige besondere Wesensmerkmale
aufweist.
Dieser Gehorsam ist zunächst ein "apostolischer" Gehorsam in dem Sinne, daß er die Kirche in
ihrer hierarchischen Struktur anerkennt, liebt und ihr dient. Denn priesterlichen Dienst gibt es nur
in Gemeinschaft mit dem Papst und mit dem Bischofskollegium, besonders mit dem eigenen
Diözesanbischof; ihnen muß der Priester "den kindlichen Respekt und den Gehorsam"
entgegenbringen, den er im Ritus der Priesterweihe gelobt hat. Diese Verfügbarkeit" gegenüber
den kirchlichen Autoritätsträgern hat nichts Demütigendes an sich, sondern sie entspringt aus der
verantwortungsvollen Freiheit des Priesters, der nicht nur die Erfordernisse eines organischen und
organisierten kirchlichen Lebens auf sich nimmt, sondern auch jene Gnade der Unterscheidung
und Verantwortung bei kirchlichen Entscheidung anerkennt, die Jesus seinen Aposteln und ihren
Nachfolgern zugesagt hatte, damit das Geheimnis der Kirche zuverlässig gehütet und der
christlichen Gemeinschaft insgesamt auf ihrem gemeinsamen Weg zum Heil gedient werde.
Der richtig motivierte und ohne servile Unterwürfigkeit gelebte echte christliche Gehorsam hilft
dem Priester, die ihm übertragene Vollmacht gegenüber dem Volk Gottes mit evangelischer
Transparenz auszuüben: ohne autoritäres Verhalten und ohne demagogische Entscheidungen.
Nur wer in Christus zu gehorchen vermag, weiß, wie man nach dem Evangelium von anderen
Gehorsam einfordern kann.
Der priesterliche Gehorsam stellt zudem einen "Gemeinschaftsanspruch" dar: Es ist nicht der
Gehorsam eines einzelnen, der sich individuell mit der Autorität verbindet, er ist vielmehr zutiefst
in die Einheit des Presbyteriums eingebunden; als solches ist das Presbyterium berufen, die
einträchtige Zusammenarbeit mit dem Bischof und durch diesen mit dem Nachfolger Petri zu
leben (75).
Diese Seite des Gehorsams erfordert vom Priester eine beachtliche Askese sowohl in dem Sinne,
daß er es sich zur Gewohnheit macht, nicht zu sehr an seinen eigenen Vorlieben oder
Standpunkten zu hängen, als auch in der Weise, daß er den Mitbrüdern Raum läßt, damit sie frei
von jeder Eifersucht, Mißgunst und Rivalität ihre Talente und Fähigkeiten zur Geltung bringen
können. Der Gehorsam des Priesters ist ein solidarischer Gehorsam, der aus seiner Zugehörigkeit
zum einen Presbyterium entspringt und mitverantwortliche Orientierungen und Entscheidungen
immer in ihm und mit ihm angeht.
Schließlich ist dem priesterlichen Gehorsam ein besonderer "pastoraler" Charakter eigen. Das
heißt, er wird in einem Klima der ständigen Verfügbarkeit, der Bereitschaft gelebt, sich von den
Nöten und Bedürfnissen der Herde ergreifen und geradezu "aufzehren" zu lassen. Diese Nöte und
Anliegen müssen wirklich berechtigt sein, und manchmal wird eine Auswahl und Überprüfung
unumgänglich. Aber es läßt sich nicht leugnen, daß das Leben des Priesters völlig "in Anspruch

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genommen" wird von dem Hunger nach dem Evangelium, nach Glauben, nach Hoffnung, nach
Gottes Liebe und seinem Geheimnis, wie er in dem ihm anvertrauten Volk Gottes mehr oder
weniger bewußt vorhanden ist.
29. Unter den evangelischen Räten, schreibt das Konzil, "ragt die kostbar göttliche Gnadengabe
hervor, die der Vater einigen gibt (vgl. Mt 19,11; 1 Kor 7,7), die Jungfräulichkeit oder der Zölibat, in
dem man sich leichter ungeteilten Herzens (vgl. 1 Kor 7,32-34) Gott allein hingibt. Diese
vollkommene Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen wurde von der Kirche immer
besonders in Ehren gehalten als Zeichen und Antrieb für die Liebe und als eine besondere Quelle
geistlicher Fruchtbarkeit in der Welt" (76). In der Jungfräulichkeit und im Zölibat bewahrt die
Keuschheit ihren ursprünglichen Sinngehalt: Die menschliche Geschlechtlichkeit wird dabei als
authentischer Ausdruck der Ziele und als wertvoller Dienst an interpersonaler Gemeinschaft und
Hingabe gelebt. Dieser Sinngehalt ist in der Jungfräulichkeit voll bewahrt; diese verwirklicht
gerade auch im Verzicht auf die Ehe die "bräutliche Bedeutung" des Leibes durch eine
persönliche Bindung und Hingabe an Jesus Christus und seine Kirche, die die im jenseits zu
erwartende vollkommene und endgültige Gemeinschaft und Hingabe ankündigen und
vorwegnehmen: "In der Jungfräulichkeit steht der Mensch auch leiblich in der Erwartung der
eschatologischen Hochzeit Christi mit der Kirche; er schenkt sich ganz der Kirche und hofft, daß
Christus sich der Kirche schenken wird in der vollen Wahrheit des ewigen Lebens" (77).
In diesem Licht lassen sich die Beweggründe für die Entscheidung leichter verstehen und
beurteilen, die die Kirche des Abendlandes vor Jahrhunderten getroffen und an der sie
festgehalten hat trotz aller Schwierigkeiten und der Einsprüche, die im Laufe der Zeit dagegen
erhoben wurden, nämlich die Priesterweihe nur Männern zu erteilen, die den Beweis erbringen,
daß sie von Gott zur Gabe der Keuschheit in der Lebensform der bedingungslosen und
dauerhaften Ehelosigkeit berufen sind.
Die Synodenväter haben ihre Gedanken dazu klar und nachdrücklich in einer wichtigen Vorlage
zum Ausdruck gebracht, die es verdient, vollständig und wörtlich wiedergegeben zu werden:
Während die in den Ostkirchen geltende Disziplin beibehalten wird, erinnert die Synode in der
festen Überzeugung, daß die vollkommene Keuschheit im priesterlichen Zölibat ein Charisma ist,
die Priester daran, daß die Keuschheit ein unschätzbares Geschenk Gottes für die Kirche und
einen prophetischen Wert für die heutige Welt darstellt. Diese Synode billigt und bekräftigt von
neuem und mit Nachdruck alles, was die lateinische Kirche und einige östliche Riten fordern,
nämlich daß die priesterliche Würde nur solchen Männern übertragen wird, die von Gott das
Geschenk der Berufung zur Keuschheit in der Ehelosigkeit empfangen haben (ohne Vorurteil
gegen die Tradition einiger orientalischer Kirchen und gegen die Sonderfälle zum Katholizismus
konvertierter verheirateter Geistlicher; für diese Fälle sind in der Enzyklika Pauls Vl. über den
priesterlichen Zölibat, Nr. 42, Ausnahmen vorgesehen). Die Synode will bei niemandem den
geringsten Zweifel an der festen Entschlossenheit der Kirche aufkommen lassen, an dem Gesetz
festzuhalten, das den zur Priesterweihe nach dem lateinischen Ritus ausersehenen Kandidaten

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den frei gewählten ständigen Zölibat auferlegt. Die Synode drängt darauf, daß der Zölibat in
seinem vollen biblischen, theologischen und spirituellen Reichtum dargestellt und erläutert wird,
nämlich als kostbares Geschenk Gottes an seine Kirche und als Zeichen des Reiches, das nicht
von dieser Welt ist, Zeichen der Liebe Gottes zu dieser Welt sowie der ungeteilten Liebe des
Priesters zu Gott und zum Volk Gottes, sodaß der Zölibat als positive Bereicherung des
Priestertums angesehen werden kann" (78).
Besonders wichtig ist es, daß der Priester die theologische Begründung des kirchlichen
Zölibatsgesetzes erfaßt. Als Gesetz drückt es noch vor dem Willen des einzelnen, der durch
dessen Verfügbarkeit zum Ausdruck gebracht wird, den Willen der Kirche aus. Aber der Wille der
Kirche findet seine letzte Begründung in dem Band, das den Zölibat mit der heiligen Weihe
verbindet, die den Priester Jesus Christus, dem Haupt und Bräutigam der Kirche, gleichgestaltet.
Die Kirche als Braut Jesu Christi will vom Priester mit der Vollständigkeit und Ausschließlichkeit
geliebt werden, mit der Jesus Christus, das Haupt und der Bräutigam, sie geliebt hat. Der
priesterliche Zölibat ist also Selbsthingabe in und mit Christus an seine Kirche und Ausdruck des
priesterlichen Dienstes an der Kirche in und mit dem Herrn.
Für ein angemessenes geistliches Leben des Priesters darf der Zölibat nicht als ein isoliertes oder
rein negatives Element , sondern immer als Aspekt einer positiven, ganz spezifischen und
charakteristischen Lebensorientierung angesehen und gelebt werden: Er verläßt Vater und Mutter
und folgt Jesus, dem Guten Hirten, in eine apostolische Gemeinschaft, um dem Volk Gottes zu
dienen. Der Zölibat muß also als unschätzbares Geschenk Gottes, als "Antrieb der Hirtenliebe"
(79) als einzigartige Teilnahme an Gottes Vaterschaft und an der Fruchtbarkeit der Kirche und als
Zeugnis vor der Welt für das eschatologische Reich in freier und von Liebe getragener
Entscheidung angenommen und unablässig erneuert werden. Um sämtliche moralischen,
pastoralen und spirituellen Erfordernisse des priesterlichen Zölibats zu leben, braucht es
unbedingt das demütige und vertrauensvolle Gebet, wie uns das Konzil lehrt: je mehr in der
heutigen Welt viele Menschen ein Leben in vollkommener Enthaltsamkeit für unmöglich halten,
um so demütiger und beharrlicher werden die Priester und mit ihnen die ganze Kirche die Gabe
der Beständigkeit und Treue erflehen, die denen niemals verweigert wird, die um sie bitten.
Zugleich werden sie alle übernatürlichen und natürlichen Hilfen anwenden, die jedem zur
Verfügung stehen" (80). Auch wird das Gebet, in Verbindung mit den Sakramenten der Kirche und
asketischem Eifer, in schwierigen Situationen Hoffnung, bei Verfehlungen Vergebung und dort, wo
es gilt, sich neu auf den Weg zu machen, Vertrauen und Mut einflößen.
30. Die evangelische Armut haben die Synodenväter sehr treffend und tiefgründig beschrieben,
wenn sie diese Haltung als "Unterordnung aller Güter unter das höchste Gut, nämlich Gott und
sein Reich", darstellten (81). Tatsächlich vermag nur der, der das Geheimnis Gottes als einziges
und höchstes Gut, als wahren und endgültigen Reichtum betrachtet und lebt, die Armut zu
verstehen und zu verwirklichen, die gewiß nicht Geringschätzung und Ablehnung der materiellen
Dinge beinhaltet, sondern ein von Herzen dankbarer Gebrauch dieser Güter und zugleich ein

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freudiger Verzicht auf sie mit großer innerer Freiheit ist, die sich am Willen Gottes ausrichtet.
Die Armut des Priesters nimmt dadurch, daß er im Sakrament der Priesterweihe Christus, dem
Haupt und Hirten, gleichgestaltet wird, deutlich pastorale" Merkmale an; mit diesen Merkmalen
haben sich die Synodenväter eingehend befaßt und dazu die Konzilslehre (82) wieder aufgegriffen
und weiterentwickelt. Sie schreiben unter anderem: "Nach dem Vorbild Christi, der, reich wie er
war, aus Liebe zu uns arm geworden ist (vgl. 2 Kor 8,9), sollen die Priester die Armen und
Schwachen als Menschen betrachten, die ihnen in besonderer Weise anvertraut sind; und sie
müssen imstande sein, durch ein einfaches, strenges Leben Zeugnis zu geben von der Armut,
indem sie sich daran gewöhnen, auf überflüssige Dinge bereitwillig zu verzichten" (Optatam totius,
9; CIC, can. 282) (83).
Zwar hat, "wer arbeitet, ein Recht auf seinen Lohn" (Lk 10,7), und der Herr hat denen, die das
Evangelium verkündigen, geboten, vom Evangelium zu leben" (1 Kor 9,1-14); aber dieses Recht
des Apostels darf absolut nicht mit einem Anspruch verwechselt werden, den Dienst am
Evangelium und an der Kirche den Vorteilen und Interessen unterzuordnen, die daraus abgeleitet
werden können. Einzig und allein die Armut gewährleistet dem Priester seine Bereitschaft, sich
auch unter persönlichen Opfern dorthin senden zu lassen, wo seine Arbeit am dringendsten
gebraucht wird. Sie ist die unerläßliche Bedingung und Voraussetzung dafür, daß der Apostel sich
dem Geist fügt, der ihn bereitmacht zu "gehen" und, frei von Ballast und Bindungen, nur dem
Willen des Meisters zu folgen (vgl. Lk 9,57-62; Mk 10,17-22).
Der Priester, der persönlich in das Leben der Gemeinde eingebunden. und für sie verantwortlich
ist, muß auch bei der Verwaltung der Güter der Gemeinde das Zeugnis einer völligen
"Transparenz" bieten; er soll diese Güter niemals so handhaben, als wären sie sein eigenes
Vermögen, sondern als etwas, worüber er vor Gott sowie vor den Brüdern und Schwestern, vor
allem den Armen gegenüber Rechenschaft ablegen muß. Das Bewußtsein der Zugehörigkeit zu
dem einen Presbyterium wird den Priester anspornen, sich engagiert sowohl für eine gerechtere
Verteilung der Güter unter den Brüdern als auch für so etwas wie einen gemeinsamen
Gütergebrauch einzusetzen (vgl. Apg 2,42-47).
Die innere Freiheit, die die evangelische Armut schützt und nährt, befähigt den Priester dazu, an
der Seite der Schwächsten zu stehen; sich mit ihren Bemühungen um die Errichtung einer
gerechteren Gesellschaft zu solidarisieren; mit mehr Einfühlungsvermögen und Fähigkeit die
Phänomene zu verstehen und zu unterscheiden, die die wirtschaftliche und soziale Seite des
Lebens betreffen, sowie die Option für die Armen zu fördern: Diese macht fähig - ohne jemanden
von der Verkündigung und dem Geschenk des Heils auszuschließen -, sich nach dem Vorbild, das
Jesus bei der Erfüllung seines prophetischen und priesterlichen Dienstes gegeben hat, den
Geringen, den Sündern, den Ausgestoßenen und Randgruppen jeder Art zuzuwenden (vgl. Lk
4,18).

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38
Nicht zu vergessen ist die prophetische Bedeutung der priesterlichen Armut, die in der
Wohlstands- und Konsumgesellschaft besonders dringend ist: "Der wirklich arme Priester ist
sicherlich ein konkretes Zeichen für die Trennung und Ablehnung und nicht für die Unterwerfung
unter den Druck der modernen Welt, die ihr ganzes Vertrauen in das Geld und in die materielle
Sicherheit legt" (84).
Jesus Christus, der am Kreuz seine Hirtenliebe in einer abgrundtiefen äußeren und inneren
Lebenshingabe zur Vollkommenheit führte, ist das Vorbild und die Quelle für die Tugenden des
Gehorsams, der Keuschheit und der Armut, die der Priester seiner Berufung nach als Ausdruck
der pastoralen Liebe zu den Brüdern und Schwestern leben soll. Der Priester soll, wie Paulus an
die Christen von Philippi schreibt, "so gesinnt sein", wie Jesus gesinnt war, der sich selbst
entäußerte, um in der gehorsamen, keuschen und armen Liebe den Lehr- und Lebensweg zur
Vereinigung mit Gott und zur Einheit mit den Menschen zu finden (vgl. Phil 2,5).
31. Wie jedes wahrhaft christliche geistliche Leben hat auch das des Priesters eine wesentliche
und unverzichtbare kirchliche Dimension: Es hat teil an der Heiligkeit der Kirche selbst, die wir im
Credo als "Gemeinschaft der Heiligen" bekennen. Die Heiligkeit des Christen kommt von jener der
Kirche her, sie verleiht ihr Ausdruck und bereichert sie zugleich. Diese kirchliche Dimension hat im
geistlichen Leben des Priesters aufgrund seiner spezifischen Beziehung zur Kirche besondere
Eigenschaften, Zielsetzungen und Sinngehalte, die immer von seiner Gleichgestaltung mit
Christus, dem Haupt und Hirten, von seinem geweihten Amt und von seiner Hirtenliebe her zu
verstehen sind.
Aus dieser Sicht muß die Zugehörigkeit des Priesters zur Teilkirche und sein hingebungsvoller
Einsatz für sie als geistlicher Wert in seinem Leben angesehen werden. Diese Zugehörigkeit und
Hingabe lassen sich ja in der Tat nicht nur durch organisatorische und disziplinäre Ursachen
begründen. Im Gegenteil, die Beziehung zum Bischof in dem einen Presbyterium, die Teilnahme
an seinem Bemühen um die Kirche, die Hingabe an die am Evangelium orientierte Sorge um das
Volk Gottes unter den konkreten Bedingungen von Geschichte und Umwelt einer Teilkirche sind
Elemente, von denen man nicht absehen kann, wenn man die eigentliche Gestalt des Priesters
und seines geistlichen Lebens beschreibt. In diesem Sinne erschöpft sich die "Inkardination" nicht
in einer reinen Rechtsverbindlichkeit, sondern bringt auch eine Reihe von geistlichen und
pastoralen Haltungen und Entscheidungen mit sich, die dazu beitragen, dem Berufungsprofil des
Priesters eine eigene Physiognomie zu verleihen.
Der Priester muß sich dessen bewußt sein, daß seine Zugehörigkeit zu einer Teilkirche ihrem
Wesen nach ein kennzeichnendes Element ist, um eine christliche Spiritualität zu leben. In diesem
Sinne findet der Priester gerade in seiner Zugehörigkeit und Hingabe an die Teilkirche eine Quelle
für Sinngehalte, für Unterscheidungs- und Aktionskriterien, die sowohl seiner pastoralen Sendung
als auch seinem geistlichen Leben Gestalt geben.

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Zum Weg der Vervollkommnung können auch weitere inspirierende Impulse oder Hinweise auf
andere Traditionen des spirituellen Lebens beitragen, wenn sie in der Lage sind, das Leben des
einzelnen Priesters zu bereichern und das Presbyterium insgesamt durch wertvolle geistliche
Gaben zu beleben. Das geschieht im Fall vieler alter und neuer kirchlicher Gemeinschaften, die
auch Priester in ihren Kreis aufnehmen: von den Vereinigungen apostolischen Lebens bis zu den
Säkularinstituten für Priester, von den verschiedenen Formen kommunitärer Spiritualität bis hin zu
den neuen kirchlichen Bewegungen. Priester, die Mitglieder von Orden oder geistlichen
Gemeinschaften sind, bedeuten einen geistlichen Reichtum für die gesamte Priesterschaft der
Diözese, der sie den Beitrag ganz spezifischer Gnadengaben und qualifizierter Dienste anbieten.
Durch ihre Anwesenheit spornen sie die Teilkirche dazu an, ihre Öffnung nach allen Seiten
intensiver zu leben (85).
Die Zugehörigkeit des Priesters zur Teilkirche und sein hingebungsvoller Einsatz, bis zur Hingabe
des Lebens, für die Auferbauung der Kirche "in der Person" Christ, des Hauptes und Hirten, im
Dienst an der ganzen christlichen Gemeinschaft und in herzlicher, kindlicher Beziehung zum
Bischof werden von jedem anderen Charisma gestärkt, das von Anfang an zu einem priesterlichen
Leben gehört oder sich ihm anschließt (86).
Damit die Fülle der Geistesgaben mit Freude angenommen und zur Ehre Gottes und zum Wohl
der ganzen Kirche fruchtbar gemacht wird, ist von seiten aller in erster Linie die Kenntnis und
Unterscheidung der eigenen und der Gnadengaben der anderen erfordert. Die Anwendung dieser
Charismen muß immer begleitet sein von christlicher Demut, vom Mut zur Selbstkritik, von dem
Vorsatz - der Vorrang vor jeder anderen Sorge hat -, mitzuhelfen beim Aufbau der ganzen
Gemeinde, in deren Dienst jedes einzelne Charisma gestellt ist. Außerdem wird von allen ein
aufrichtiges Bemühen um gegenseitige Wertschätzung und Achtung und um eine aufeinander
abgestimmte Bewertung aller im Priestertum vorhandenen positiven und berechtigten
Unterschiede gefordert. Auch das alles gehört zum geistlichen Leben und zur ständigen Askese
des Priesters.
32. Die Zugehörigkeit zur Teilkirche und die Hingabe an sie engen die Tätigkeit und das Leben
des Priesters nicht auf die Teilkirche (87) ein: Sie können sie in der Tat gar nicht einengen sowohl
wegen der Natur der Teilkirche, wie der des priesterlichen Dienstes. Das Konzil schreibt dazu:
"Die Geistesgabe, die den Priestern in ihrer Weihe verliehen wurde, rüstet sie nicht für irgendeine
begrenzte und eingeschränkte Sendung, sondern für die alles umfassende und universale
Heilssendung bis an die Grenzen der Erde (Apg 1,8), denn jeder priesterliche Dienst hat teil an
der weltweiten Sendung, die Christus den Aposteln aufgetragen hat" (88).
Daraus ergibt sich, daß das geistliche Leben der Priester tief von einem Dynamismus
missionarischen Bemühens geprägt sein muß. Es ist ihre Aufgabe, durch die Ausübung des
Dienstes und das Zeugnis ihres Lebens die ihnen anvertraute Gemeinde als wahrhaft
missionarische Gemeinde zu gestalten. Wie ich in der Enzyklika Redemptoris missio geschrieben

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habe, "müssen alle Priester ein missionarisches Herz und eine missionarische Mentalität haben.
Sie müssen offen sein für die Anliegen der Kirche und der Welt; sie müssen auch die
Fernstehenden beachten und vor allem die nichtchristlichen Gruppen in ihrer eigenen Umgebung.
Im Gebet und besonders im eucharistischen Opfer mögen sie die Sorge der ganzen Kirche für die
ganze Menschheit mittragen" (89).
Wird das Leben der Priester großzügig von diesem missionarischen Geist beseelt, so wird das die
Antwort auf jenes zunehmend ernste Problem in der heutigen Kirche, das aus der ungleichen
Verteilung des Klerus entsteht, erleichtern. In diesem Sinne hat bereits das Konzil äußerst klare
und eindringliche Worte gesprochen: Die Priester mögen also daran denken, daß ihnen die Sorge
für alle Kirchen am Herzen liegen muß. Deshalb sollen sich die Priester jener Diözesen, die mit
einer größeren Zahl von Berufungen gesegnet sind, gern bereit zeigen, mit Erlaubnis oder auf
Wunsch des eigenen Ordinarius ihren Dienst in Gegenden, in Missionsgebieten oder in
Seelsorgsaufgaben auszuüben, in denen es an Klerus mangelt" (90).
33. Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit
ich den Armen eine gute Nachricht bringe . . ." (Lk 4,18). Jesus läßt auch heute in unserem
Priesterherzen die Worte wieder erklingen, die er in der Synagoge von Nazaret gesprochen hat. In
der Tat enthüllt uns unser Glaube die wirksame Anwesenheit des Geistes Christi in unserem
Dasein, in unserem Handeln und in unserem Erleben so, wie das Weihesakrament sie gestaltet,
ermöglicht und geformt hat.
Ja, der Geist des Herrn ist der große Hauptakteur unseres geistlichen Lebens. Er schafft in uns
das "neue Herz", er beseelt und führt es durch das neue Gesetz" der Liebe, der Hirtenliebe Christi.
Entscheidend für die Entfaltung des geistlichen Lebens ist das Bewußtsein, daß dem Priester
niemals die Gnade des Heiligen Geistes fehlt - als völlig unverdientes Geschenk und als
verantwortungsvolle Aufgabe. Das Wissen um dieses Geschenk begründet und stärkt in den
Schwierigkeiten, Versuchungen und Schwächen, die sich auf dem geistlichen Weg einstellen, das
unerschütterliche Vertrauen des Priesters.
Ich wiederhole für alle Priester noch einmal, was ich bei einer anderen Gelegenheit an viele von
ihnen in der Homilie gesagt habe: "Die priesterliche Berufung ist im wesentlichen eine Berufung
zur Heiligkeit in der Form, die aus dem Sakrament der Priesterweihe entspringt. Die Heiligkeit ist
Vertrautheit mit Gott, sie ist Nachahmung des armen, keuschen und demütigen Christus sie ist
vorbehaltlose Liebe zu den Seelen und Hingabe an ihr wahres Wohl; sie ist Liebe zur Kirche, die
heilig ist und uns heiligen will, weil das die Sendung ist, die Christus ihr anvertraut hat. jeder von
euch muß heilig sein, um auch den Brüdern zu helfen, ihrer Berufung zur Heiligkeit zu folgen.
Wie sollte man sich nicht Gedanken über die entscheidende Rolle machen, die der Heilige Geist in
der dem Priesteramt eigenen Berufung entfaltet? Rufen wir uns die Worte des Ritus der
Priesterweihe in Erinnerung, die für die wesentlichen in der sakramentalen Formel gehalten

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5.1 Page 41

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werden: Allmächtiger Gott, wir bitten dich: Gib deinen Knechten die priesterliche Würde. Erneuere
in ihnen den Geist der Heiligkeit. Gib, o Gott, daß sie festhalten an dem Amt, das sie aus seiner
Hand empfingen; ihr Leben sei für alle Ansporn und Richtschnur.
Durch die Priesterweihe empfangt ihr, meine Lieben, den Geist Christi, der euch ihm ähnlich
macht, damit ihr in seinem Namen handeln und in euch seine Empfindungen erleben könnt. Die
innige Gemeinschaft mit dem Geist Christi verlangt, während sie die Wirksamkeit der
sakramentalen Handlung gewährleistet, die ihr in der Rolle Christi vernehmt, auch in der Glut des
Gebetes Ausdruck zu finden, in der Konsequenz der Lebensführung, in der pastoralen Liebe eines
Dienstes, der unermüdlich auf das Heil der Brüder ausgerichtet ist. Sie verlangt, mit einem Wort,
eure persönliche Heiligung" (91).
KAPITEL IV
KOMMT UND SEHT
Der Priesterberuf in der Pastoral der Kirche
34. "Kommt und seht!" (Joh 1,39). So antwortet Jesus den beiden Jüngern Johannes des Täufers
auf ihre Frage, wo er wohne. Aus seinen Worten erfahren wir, was Berufung bedeutet.
Und so erzählt der Evangelist die Berufung von Andreas und Petrus: Am Tag darauf stand
Johannes wieder dort, und zwei seiner jünger standen bei ihm. Als Jesus vorüberging, richtete
Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes! Die beiden jünger hörten, was
er sagte, und folgten Jesus. Jesus aber wandte sich um, und als er sah, daß sie ihm folgten,
fragte er sie: Was wollt ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Meister wo wohnst
du? Er antwortete. Kommt und seht! Da gingen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben
jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde.
Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört
hatten und Jesus gefolgt waren. Er traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben
den Messias gefunden. Messias heißt übersetzt. der Gesalbte (Christus). Erführte ihn zu Jesus.
Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen.
Kephas bedeutet: Fels (Petrus)" (Joh 1,35-42).
Dieser Abschnitt des Evangeliums ist eine der Passagen der Heiligen Schrift, wo das "Geheimnis"
der Berufung, in unserem Fall das Geheimnis der Berufung zum Apostel Jesu, beschrieben wird.
Dem Abschnitt bei Johannes, der auch für die christliche Berufung als solche wichtig ist, kommt
eine symbolhafte Bedeutung für den Priesterberuf zu. Als Gemeinschaft der jünger Jesu ist die
Kirche dazu gerufen, diese Szene im Auge zu behalten, die sich in gewisser Weise in der
Geschichte ständig wiederholt. Sie ist aufgefordert, den ursprünglichen, persönlichen Sinn der
Berufung zur Nachfolge Christi im Priesteramt und die unauflöslichen Bande zwischen der

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göttlichen Gnade und der menschlichen Verantwortung zu vertiefen, wie sie das Wortpaar, dem
wir im Evangelium öfter begegnen, enthält und verdeutlicht: Komm und folge mir nach (vgl. Mt
19,21). Die Kirche ist dringend dazu angehalten, die der Berufung eigene Dynamik, ihre
stufenweise konkrete Entwicklung in den einzelnen Phasen - Jesus suchen, ihm folgen und bei
ihm bleiben - zu entschlüsseln und zu durchlaufen.
Die Kirche erkennt in diesem "Evangelium der Berufung" das Grundmodell, die Kraft und den
Antrieb für ihre Berufungspastoral, das heißt für die ihr aufgetragene Sendung, sich um das
Entstehen, das Erkennen und die Begleitung von Berufungen, insbesondere der Berufungen zum
Priestertum, zu kümmern. Die Tatsache, daß "der Priestermangel gewiß die Betrübnis jeder
Kirche ist" (92), erfordert es, daß die Pastoral für die geistlichen Berufe vor allem heute von allen
Mitgliedern der Kirche mit neuem, tatkräftigem und entschlossenerem Engagement aufgenommen
wird, in dem Bewußtsein, daß die Sorge für die Priesterberufe weder etwas Sekundäres oder
Nebensächliches noch ein isoliertes oder ausschnitthaftes Element, sozusagen bloß ein wenn
auch wichtiger "Teil" der Gesamtseelsorge der Kirche ist: Vielmehr ist sie, wie die Synodenväter
wiederholt bekräftigt haben, eine zutiefst in die allgemeine Pastoral jeder Ortskirche einbezogene
Tätigkeit,(93) eine Sorge, die in die sogenannte "normale Seelsorge" integriert und voll mit ihr
identifiziert werden muß, (94) eine Dimension, die wesentlich zur Pastoral der Kirche, das heißt zu
ihrem Leben und ihrer Sendung, gehört (95).
Ja, die Dimension der Berufung ist der Pastoral der Kirche wesenseigen. Der Grund dafür liegt
darin, daß die Berufung gewissermaßen das tiefgründige Sein der Kirche noch vor ihrem Wirken
definiert. Im Namen Kirche, Ecclesia, selbst wird der ihr eigene tiefere Charakter der Berufung
angedeutet, denn die Kirche ist wirklich "zusammengerufene Versammlung", Versammlung derer,
die gerufen bzw. berufen sind: "Gott hat die Versammlung derer, die zu Christus als dem Urheber
des Heils und dem Ursprung der Einheit und des Friedens glaubend aufschauen, als seine Kirche
zusammengerufen und gestiftet, damit sie allen und jedem das sichtbare Sakrament dieser
heilbringenden Einheit sei" (96).
Eine im eigentlichen Sinne theologische Deutung der Priesterberufung und der sie betreffenden
Pastoral kann nur aus der Deutung des Geheimnisses der Kirche als Mysterium vocationis
erwachsen.
35. Jede christliche Berufung hat ihre Grundlage in der unverdienten und zuvorkommenden
Erwählung durch den Vater, der uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet [hat] durch unsere
Gemeinschaft mit Christus im Himmel. Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Erschaffung der
Welt, damit wir heilig und untadelig leben vor Gott; er hat uns aus Liebe im voraus dazu bestimmt,
seine Söhne zu werden durch Jesus Christus und nach seinem gnädigen Willen zu ihm zu
gelangen" (Eph 1,3-5).
Jede christliche Berufung kommt von Gott, ist Geschenk Gottes. Sie erfolgt jedoch niemals

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außerhalb oder unabhängig von der Kirche, sondern vollzieht sich immer in der Kirche und durch
die Kirche, denn - so ruft uns das II. Vatikanische Konzil in Erinnerung -"Gott hat es gefallen, die
Menschen nicht einzeln, unabhängig von aller wechselseitigen Verbindung, zu heiligen und zu
retten, sondern sie zu einem Volk zu machen, das ihn in Wahrheit anerkennen und ihm in
Heiligkeit dienen soll" (97).
Die Kirche vereint in sich nicht nur alle Berufungen, die Gott ihr auf ihrem Heilsweg schenkt,
sondern sie erhält selbst ihre Gestalt als Geheimnis der Berufung, als leuchtender, lebendiger
Widerschein des Mysteriums der göttlichen Trinität. Die Kirche, "das von der Einheit der Vaters,
des Sohnes und des Heiligen Geistes zusammengerufene Volk"(98), trägt in der Tat das
Geheimnis des Vaters in sich, der, von niemandem gerufen und gesandt (vgl. Röm 11,33 ff.), alle
ruft, seinen Namen zu heiligen und seinen Willen zu erfüllen; sie hütet sich das Geheimnis des
Sohnes, der vom Vater gerufen und gesandt wurde, allen das Reich Gottes zu verkündigen, und
der alle in seine Nachfolge ruft; und sie wahrt das Geheimnis des Heiligen Geistes, der jene für
die Sendung heiligt, die der Vater durch seinen Sohn Jesus Christus beruft.
Die Kirche, die aufgrund ihrer angestammten Verfassung "Berufung" ist, ist Erzeugerin und
Erzieherin von Berufungen. Sie ist es in ihrem Grunddasein als "Sakrament", als "Zeichen" und
"Werkzeug", in dem die Berufung jedes Christen sichtbar wird und sich erfüllt; und sie ist es in
ihrem Wirken, das heißt in der Entfaltung ihres Dienstes der Verkündigung des Wortes, der Feier
der Sakramente und im Dienst und Zeugnis für die Liebe.
So läßt sich also die wesentliche kirchliche Dimension der christlichen Berufung begreifen: Nicht
allein, daß sie aus" der Kirche und ihrer Vermittlung stammt, nicht allein, daß sie "in" der Kirche zu
erkennen ist und sich "in" ihr erfüllt, sondern sie nimmt - in dem grundlegenden Dienst an Gott -
auch und notwendigerweise Gestalt an als Dienst "an" der Kirche. Die christliche Berufung ist in
jeder ihrer Formen ein Geschenk, bestimmt zum Aufbau der Kirche, zum Wachstum des
Gottesreiches in der Welt (99).
Was wir von jeder christlichen Berufung sagen, findet seine Verwirklichung in besonderer Weise in
der Berufung zum Priestertum: Sie ist der Anruf, sich durch das in der Kirche empfangene
Weihesakrament in den Dienst des Gottesvolkes zu stellen mit einer besonderen Zugehörigkeit
und Hinordnung zu Jesus Christus, verbunden mit der Vollmacht, im Namen und in der Person"
dessen zu handeln, der das Haupt und der Hirte der Kirche ist.
Aus dieser Sicht ist zu verstehen, was die Synodenväter schreiben: "Die Berufung jedes Priesters
verwirklicht sich grundlegend in der Kirche und für die Kirche: Durch sie kommt eine solche
Berufung zur vollen Entfaltung. Daraus folgt, daß jeder Priester seine Berufung vom Herrn durch
die Kirche als eine Gnadengabe, eine Gratia gratis data (Charisma) empfängt. Dem Bischof oder
dem zuständigen Oberen obliegt es nicht nur, die Eignung und Berufung des Kandidaten zu
prüfen, sondern sie auch zu erkennen. Ein derartiges kirchliches Element wohnt der Berufung zum

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Priesteramt als solchem inne. Der Priesteramtskandidat darf die Berufung nicht aufgrund dessen
empfangen, daß er seine persönlichen Bedingungen durchsetzt, sondern dadurch, daß er auch
die Normen und Bedingungen annimmt, die die Kirche aufgrund ihrer Verantwortung festsetzt"
(100).
36. Die Geschichte jeder Berufung zum Priester, wie übrigens auch jeder Berufung zum Christen,
ist die Geschichte eines unvergleichlichen Dialogs zwischen Gott und dem Menschen, zwischen
der Liebe Gottes, der den Menschen ruft, und der Freiheit des Menschen, der in der Liebe Gott
antwortet. Diese beiden voneinander untrennbaren Seiten der Berufung, das unverdiente
Geschenk Gottes und die verantwortliche Freiheit des Menschen, ergeben sich für uns sehr
treffend und wirkungsvoll aus den knappen Worten, mit denen der Evangelist Markus die Berufung
der Zwölf schildert: Jesus stieg auf einen Berg und rief die zu sich, die er erwählt hatte, und sie
kamen zu ihm (Mk 3,13). Wichtig ist einerseits der absolut freie Entschluß Jesu, aber genauso das
"Kommen" der Zwölf zu Jesus, das heißt, daß sie "ihm folgen".
Das ist das bleibende Modell, der unverzichtbare Ausgangspunkt für jede Berufung: für die
Berufung der Propheten, der Apostel, der Priester, der Ordensleute, der gläubigen Laien, jedes
Menschen.
Aber ganz und gar vorrangig, ja entscheidend ist das freie und unverdiente Eingreifen Gottes, der
den Menschen ruft. Es ist seine Initiative, uns zu rufen. Das ist zum Beispiel die Erfahrung des
Propheten Jeremia: "Das Wort des Herrn erging an mich: Noch ehe ich dich im Mutterleib formte,
habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich
geheiligt, zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt" (Jer 1,4-5). Dieselbe Wahrheit legt
der Apostel Paulus vor, nämlich daß jede Berufung in der ewigen Erwählung in Christus wurzelt,
die "vor der Erschaffung der Welt" und nach seinem gnädigen Willen" erfolg ist (vgl. Eph 1,4-5).
Der absolute Vorrang der Gnade bei der Berufung findet seine vollkommene Erklärung in dem
Wort Jesu: "Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, daß
ihr euch aufmacht und Frucht bringt und daß eure Frucht bleibt. Dann wird euch der Vater alles
geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet" (Joh 15,16).
Wenn die Berufung zum Priester in unmißverständlicher Weise den Vorrang der Gnade bezeugt,
dann verlangt die freie und souveräne Entscheidung Gottes, den Menschen zu rufen, absolute
Anerkennung; sie kann überhaupt nicht von irgendeinem menschlichen Anspruch erzwungen,
durch irgendeine menschliche Entscheidung ersetzt werden.
Die Berufung ist ein Geschenk der göttlichen Gnade und niemals ein Recht des Menschen;
deshalb "kann das Priesterleben niemals als ein rein menschliches Unternehmen und die
Sendung des Dieners nicht als ein bloß menschliches Vorhaben betrachtet werden" (101). Somit
ist im Grunde jeder Stolz und jede Anmaßung von seiten der Berufenen unangebracht (vgl. Hebr
5,4 ff.). Der ganze geistliche Raum ihres Herzens ist erfüllt von staunender, ergriffener

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Dankbarkeit, von unerschöpflichem Vertrauen und Hoffnung, weil die Berufenen wissen, daß sie
sich nicht auf ihre eigenen Kräfte stützen, sondern auf die unbedingte Treue Gottes, der sie ruft.
"Er rief die zu sich, die er erwählt hatte, und sie kamen zu ihm" (Mk 3,13). Dieses "Zu-ihm-
Kommen", was heißt, daß sie Jesus "folgten", drückt die freie Antwort der Zwölf auf den Anruf des
Meisters aus. So war es bei Petrus und Andreas- "Da sagte ihnen: Kommt her, folgt mir nach! Ich
werde euch zu Menschenfischer machen. Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm" (Mt
4,19-20). Die gleiche Erfahrung machten Jakobus und Johannes (vgl. Mt 4,21-22). So geschieht
es immer: In der Berufung leuchten zugleich die unverdiente Liebe Gottes und die höchstmögliche
Wertschätzung der menschlichen Freiheit auf, einer Freiheit, dem Anruf Gottes zuzustimmen und
sich ihm anzuvertrauen.
Tatsächlich stehen Gnade und Freiheit nicht im Gegensatz zueinander. Im Gegenteil, die Gnade
beseelt und trägt die menschliche Freiheit, indem sie diese von der Knechtschaft der Sünde
befreit (vgl. Joh 8,34-36), sie heilt und wird in ihrer Fähigkeit zur Öffnung und Annahme des
Gottesgeschenkes bestärkt. Und wenn es nicht angeht, die absolut unverdiente Initiative Gottes,
der den Menschen ruft, abzuschwächen, so darf man auch nicht die äußerste Ernsthaftigkeit
herunterspielen, mit welcher der Mensch in seiner Freiheit herausgefordert wird. So erteilt der
reiche Jüngling der Aufforderung Jesu "Komm und folge mir nach!" eine abschlägige Antwort - ein
wenn auch negatives Zeichen seiner Freiheit: "Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und
ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen" (Mk 10,22).
Die Freiheit gehört also wesentlich zur Berufung, eine Freiheit, die sich in der positiven Antwort als
tiefe persönliche Verbundenheit, als Sich-Verschenken aus Liebe oder, besser, als Sich-
Wiederverschenken an den Spender, das heißt an Gott, der uns ruft, als Selbsthingabe darstellt.
"Die Berufung", sagte Paul IV., "wird mit der Antwort verglichen. Es kann nur freie Berufungen
geben; das heißt nur Berufungen, die spontane, bewußte, selbstlose und totale Angebote der
eigenen Person sind ... Darbringung, Hingabe. Hier liegt praktisch das eigentliche Problem ... Es
ist die bescheidene und eindringliche Stimme Christi, die heute wie gestern, ja heute mehr als
gestern, sagt: Komm! Damit sieht sich die Freiheit vor ihr größtes Wagnis gestellt: das Wagnis der
Hingabe, der Selbstlosigkeit, des Opfers (102).
Die freie Hingabe, die den innersten und wertvollsten Kern der Antwort des Menschen an den ihn
rufenden Gott darstellt, findet ihr unvergleichliches Vorbild, ja ihren lebendigen Urgrund in der
freien Hingabe Jesu Christi, des Erstberufenen, an den Willen des Vaters: "Darum spricht Christus
bei seinem Eintritt in die Welt: Schlacht- und Speiseopfer hast du nicht gefordert, doch einen Leib
hast du mir geschaffen ... Da sagte ich: Ja, ich komme..., um deinen Willen, Gott, zu tun" (Hebr
10,5-7).
In inniger Gemeinschaft mit Christus war Maria, die Jungfrau und Mutter, das Geschöpf, das mehr
als alle die volle Wahrheit der Berufung erlebt hat, denn kein Mensch hat wie sie mit einer so
großen Liebe auf die unermeßliche Liebe Gottes geantwortet (103).

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37. "Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes
Vermögen" (Mk 10,22). Der reiche Jüngling aus dem Evangelium, der dem Ruf Jesu nicht folgt,
erinnert uns an die Hindernisse, die die freie Antwort des Menschen blockieren oder unterbinden
können: Nicht nur die materiellen Güter können das menschliche Herz den Werten des Geistes
und den radikalen Forderungen des Reiches Gottes verschließen, sondern auch manche sozialen
und kulturellen Gegebenheiten unserer Zeit können mannigfache Bedrohungen darstellen und den
Menschen verzerrte, falsche Ansichten über das wahre Wesen der Berufung aufzwingen und so
deren Annahme und Verständnis erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen.
Viele haben eine derart unklare und verworrene Vorstellung von Gott, daß sie in Formen einer
Religiosität ohne Gott abgleiten, wo der Wille Gottes zu einem unabänderlichen und
unvermeidbaren Schicksal degeneriert, dem sich der Mensch anpassen und mit dem er sich völlig
passiv abfinden muß. Aber das ist nicht das Antlitz Gottes, das uns zu offenbaren Jesus Christus
in die Welt gekommen ist: In Wirklichkeit ist Gott der Vater, der mit ewiger und zuvorkommender
Liebe den Menschen ruft und einen wunderbaren, ständigen Dialog mit ihm aufnimmt, indem er
ihn einlädt, als Kind Gottes teilzuhaben an seinem göttlichen Leben. Mit einer falschen
Gottesvorstellung vermag der Mensch natürlich auch die Wahrheit über sich selbst nicht zu
erkennen, so daß die Berufung weder in ihrem echten Wert begriffen noch gelebt werden kann:
Sie kann nur als eine auferlegte und unerträgliche Last empfunden werden.
Auch manche verzerrten Vorstellungen über den Menschen, die häufig als angeblich
philosophische oder "wissenschaftliche" Argumente vertreten werden, verleiten den Menschen
mitunter zu der Erklärung, seine Existenz und seine Freiheit seien zur Gänze von äußeren
Faktoren aus Erziehung, Psychologie, Kultur und Milieu bestimmt und bedingt. Dann wieder wird
die Freiheit als absolute Autonomie verstanden, die Anspruch darauf erhebt, die einzige
unanfechtbare Quelle der persönlichen Entscheidungen zu sein und sich als Selbstbestätigung um
jeden Preis definiert. Auf diese Weise versperrt sie sich aber den Weg, die Berufung als freien
Dialog der Liebe zu begreifen und zu leben, der aus der Selbstmitteilung Gottes an den Menschen
erwächst und in die aufrichtige Selbsthingabe des Menschen einmündet.
Im Umfeld der heutigen Zeit gibt es auch die Tendenz, über das Verhältnis des Menschen zu Gott
sehr individualistisch und intimistisch zu denken, so als würde der Anruf Gottes den einzelnen
Menschen direkt, ohne irgendeine gemeinschaftliche Vermittlung, erreichen und hätte persönlich
einen Vorteil für den einzelnen Gerufenen oder lediglich dessen eigenes Heil zum Ziel und nicht
die totale Hingabe an Gott im Dienst der Gemeinschaft. Wir begegnen hier also einer weiteren
tiefgreifenden und zugleich subtilen Bedrohung, die es unmöglich macht, die kirchliche Dimension
zu erkennen und freudig anzunehmen, die jeder christlichen Berufung und insbesondere der des
Priesters von allem Anfang an eigen ist: In der Tat gewinnt das Weihepriestertum des Dienstes -
wie uns das Konzil in Erinnerung ruft - seine wahre Bedeutung und verwirklicht seine volle
Wahrheit über sich selbst nur dadurch, daß es als Dienst verstanden wird und zum Wachstum der
christlichen Gemeinschaft und des gemeinsamen Priestertums der Gläubigen beiträgt (104).

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Der hier angedeutete kulturelle Zusammenhang, dessen Einfluß unter den Christen und
besonders unter den jungen Menschen durchaus vorhanden ist, hilft uns, die Ausweitung der
Krise der Priesterberufe zu verstehen, die von radikalen Glaubenskrisen verursacht und begleitet
wird. Das haben die Synodenväter ausdrücklich mit der Feststellung erklärt, daß die Krise der
Berufungen zum Priestertum tief im kulturellen Milieu und in der Gesinnung und Praxis der
Christen verwurzelt ist (105).
Daraus ergibt sich die Dringlichkeit, daß die Berufungspastoral der Kirche entschieden und
vorrangig auf die Wiederherstellung der "christlichen Gesinnung" abzielt, wie sie vom Glauben
hervorgebracht und getragen wird. Notwendiger denn je bedarf es einer Evangelisierung, die nicht
müde wird, das wahre Antlitz Gottes, den Vater, der in Jesus Christus jeden von uns ruft, und den
wahren Sinn der menschlichen Freiheit als Ursprung und Kraft zur verantwortlichen Selbsthingabe
darzustellen. Nur so werden die unerläßlichen Grundlagen dafür gelegt werden, daß jede
Berufung, einschließlich der zum Priestertum, in ihrer Wahrheit erfaßt, in ihrer Schönheit geliebt
und mit völliger Hingabe und tiefer Freude gelebt werden kann.
38. Die Berufung ist gewiß ein unerforschliches Geheimnis, das die Beziehung miteinschließt, die
Gott zum Menschen in seiner Einzigartigkeit und Unwiederholbarkeit herstellt, ein Geheimnis, das
als ein Anruf wahrgenommen und empfunden wird, der im Innern des Gewissens, in jenem
"Heiligtum im Menschen, wo er allein ist mit Gott, dessen Stimme in diesem seinem Innersten zu
hören ist" (106), eine Antwort erwartet. Aber das hebt die gemeinschaftliche und insbesondere die
kirchliche Dimension der Berufung nicht auf: Auch die Kirche ist bei der Berufung jedes Christen
präsent und beteiligt.
Im Dienst an der Berufung des Priesters und seinem Werdegang, das heißt an der Entstehung,
am Erkennen und an der Begleitung der Berufung, kann die Kirche in Andreas, einem der ersten
beiden jünger, die sich in die Nachfolge Jesu begeben, ein Modell finden. Er selbst erzählt seinem
Bruder, was ihm widerfahren ist: "Wir haben den Messias gefunden. Messias heißt übersetzt: der
Gesalbte (Christus)" (Joh 1,41). Und der Bericht von dieser "Entdeckung" eröffnet den Weg zur
Begegnung: "Er führte ihn zu Jesus" (Joh 1,42). An der absolut freien Initiative und souveränen
Entscheidung Jesu besteht kein Zweifel. Jesus ruft Simon und gibt ihm einen neuen Namen:
Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen.
Kephas bedeutet: Fels (Petrus)" (ebd.). Aber auch Andreas war an dieser Initiative beteiligt: Er hat
die Begegnung seines Bruders mit Jesus angeregt.
"Und er führte ihn zu Jesus." Hierin liegt gewissermaßen das Herz der ganzen Berufungspastoral
der Kirche, mit der sie sich beim Entstehen und Wachsen der Berufungen engagiert, wobei sie
von den Gaben und Verantwortlichkeiten, den Charismen und dem von Christus und seinem Geist
empfangenen Dienstamt Gebrauch macht. Die Kirche ist als priesterliches, prophetisches und
königliches Volk dazu verpflichtet, das Entstehen und Heranreifen der Priesterberufe durch das
Gebet und durch das sakramentale Leben, durch die Verkündigung des Wortes und durch die

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Glaubenserziehung, durch die Leitung und das Zeugnis der Liebe zu fördern.
In ihrer Würde und Verantwortung als priesterliches Volk verfügt die Kirche im Gebet und in der
Feier der Liturgie über die wesentlichen und wichtigsten Elemente der Berufungspastoral. Denn
das christliche Gebet, das sich vom Wort Gottes nährt, schafft den Idealraum, damit ein jeder die
Wahrheit über sein Dasein und die Identität des persönlichen und unwiederholbaren
Lebensplanes, den Gott ihm anvertraut, entdecken kann. Es gilt daher im besonderen, die Kinder
und jugendlichen dahin zu erziehen, daß sie am Gebet und an der Betrachtung des Wortes Gottes
treu festhalten: Im Schweigen und im Zuhören sollen sie den Ruf des Herrn zum Priestertum
wahrnehmen und ihm bereitwillig und selbstlos folgen können.
Die Kirche muß jeden Tag die überzeugende und anspruchsvolle Einladung Jesu annehmen, der
uns auffordert: "Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden" (Mt 9,38).
Mit dem Gehorsam gegenüber dem Gebot Christi vollzieht die Kirche vor allem ein demütiges
Glaubensbekenntnis: Damit, daß sie für die Berufe betet, deren ganze Dringlichkeit für ihr Leben
und ihre Sendung sie spürt, anerkennt sie, daß die Berufe ein Gottesgeschenk sind und daß man
sie in unaufhörlichem und vertrauensvollem Gebet inständig bitten muß. Dieses Gebet, das der
Angelpunkt der ganzen Berufungspastoral ist, darf jedoch nicht nur die einzelnen Gläubigen
verpflichten, sondern muß die kirchlichen Gemeinschaften insgesamt engagieren. Niemand
zweifelt an der Wichtigkeit der einzelnen Gebetsinitativen, der besonderen Gelegenheiten, die
dieser Bitte vorbehalten sind, angefangen vom jährlichen Weltgebetstag für die geistlichen Berufe,
und am ausdrücklichen Einsatz von Personen und Gruppen, die für das Problem der
Priesterberufe besonders empfänglich sind. Aber heute muß aus dem betenden Warten auf neue
Berufe zunehmend eine ständige Haltung werden, die in der ganzen christlichen Gemeinschaft
und in jedem kirchlichen Umfeld weithin geteilt wird. Auf diese Weise wird die Erfahrung der
Apostel im Abendmahlssaal fortleben können, die zusammen mit Maria im Gebet auf die
Ausgießung des Geistes warteten (vgl. Apg 1,14), der es nicht versäumen wird, im Volk Gottes
weiterhin "Menschen zu berufen, die dem Altar dienen und die Frohe Botschaft mit Festigkeit und
Güte verkünden" (107).
Als Höhepunkt und Quelle des Lebens der Kirche (108) und besonders jedes christlichen Gebetes
hat die Liturgie eine unerläßliche Rolle und einen bevorzugten Einfluß in der Berufungspastoral.
Sie stellt in der Tat eine lebendige Erfahrung des Geschenkes Gottes und eine großartige Schule
für die Antwort auf seinen Ruf dar. Jede liturgische Feier, vor allem die der Eucharistie, enthüllt
uns das wahre Antlitz Gottes, vermittelt uns das Ostergeheimnis, das heißt die "Stunde", für die
Jesus in die Welt gekommen ist und auf die er, dem Ruf des Vaters gehorchend, frei und
bereitwillig zugegangen ist (vgl. Joh 13,1). Weiterhin offenbart uns die Liturgie das Antlitz der
Kirche als eines priesterlichen Volkes und einer in der Vielfalt und Komplementarität der
Charismen und Berufungen gut gefügten Gemeinschaft. Das Erlösungsopfer Christi, das die
Kirche in dem Mysterium feiert, verleiht dem in der Verbundenheit mit dem Herrn Jesus erlebten
Leiden einen besonders kostbaren Wert. Die Synodenväter haben uns dazu angehalten, niemals

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zu vergessen, daß "durch das Aufopfern der im menschlichen Leben so häufigen Leiden der
kranke Christ sich selbst Gott als Opfer darbringt, nach dem Vorbild Christi, der sich für uns alle
geheiligt hat (vgl. Joh 17,19), und daß das Aufopfern der Leiden mit dieser Intention von großem
Nutzen für die Förderung der Berufe ist" (109).
39. Bei der Ausübung ihrer prophetischen Sendung erfährt die Kirche es als eine sie
verpflichtende und unverzichtbare Aufgabe, den christlichen Sinngehalt der Berufung, wir könnten
auch sagen "das Evangelium der Berufung", zu verkünden und zu bezeugen. Dabei wird sie auch
der Dringlichkeit des Apostelwortes gewahr: "Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!"
(1 Kor 9,16). Diese Warnung gilt zunächst für uns Bischöfe und geht, zusammen mit uns, alle
Erzieher in der Kirche an. Predigt und Katechese müssen immer die ihnen innewohnende
Dimension der Berufung zum Ausdruck bringen: Das Wort Gottes erleuchtet die Gläubigen, ihr
Leben als Antwort auf den Anruf Gottes zu bewerten, und begleitet sie, wenn sie das Geschenk
der persönlichen Berufung im Glauben annehmen.
Aber das alles, so wichtig und wesentlich es auch ist, genügt nicht: Es bedarf unbedingt einer
"direkten Verkündigung über das Geheimnis der Berufung in der Kirche, über den Wert des
priesterlichen Dienstamtes, über seine dringende Notwendigkeit für das Volk Gottes" (110). Nicht
nur daß eine organische und allen Gliedern der Kirche angebotene Katechese Zweifel zerstreut
und einseitigen oder falschen Vorstellungen über das Priesteramt entgegentritt, sie öffnet auch die
Herzen der Gläubigen für die Erwartung des Geschenkes und schafft günstige Bedingungen für
die Entstehung neuer Berufungen. Es ist der Zeitpunkt gekommen, mutig und beherzt vom Leben
des Priesters als einem unschätzbaren Wert und einer herrlichen und bevorzugten Weise
christlichen Lebens zu sprechen. Die Erzieher und besonders die Priester sollen sich nicht
fürchten, die Berufung zum Priestertum klar und nachdrücklich als eine reale Möglichkeit für jene
jungen Männer vorzuschlagen, bei denen sich zeigt, daß sie die entsprechenden Gaben und
Anlagen besitzen. Man braucht keine Angst zu haben, daß man sie dadurch abhängig macht oder
ihre Freiheit einschränkt; im Gegenteil, ein klarer Vorschlag im richtigen Augenblick kann
entscheidend sein, um bei den jungen Menschen eine freie und glaubwürdige Antwort auszulösen.
Im übrigen beweist die Geschichte der Kirche ebenso wie die vieler Priesterberufungen, die
bereits in frühester Jugend entstanden sind, in großem Umfang, wie nützlich die Nähe und das
Wort eines Priesters sind. Wichtig ist dabei nicht nur das Wort, sondern gerade auch die Nähe,
das heißt ein konkretes und freudiges Zeugnis, das Fragen entstehen läßt und auch endgültige
Entscheidungen herbeizuführen vermag.
40. Als königliches Volk sieht sich die Kirche in dem "Gesetz des Geistes, der lebendig macht"
(Röm 8,2) verwurzelt und von ihm beseelt; es ist im wesentlichen das königliche Gesetz der Liebe
(vgl. Jak 2,8) oder "das vollkommene Gesetz der Freiheit (Jak 1,25). Sie erfüllt daher ihre
Sendung, wenn sie jeden Gläubigen leitet, seine Berufung in der Freiheit zu entdecken und zu
leben und sie in der Liebe zur Erfüllung zu bringen.

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Bei ihrer Erziehungsaufgabe zielt die Kirche mit besonderer Aufmerksamkeit darauf ab, in den
Kindern und jugendlichen den Wunsch und den Willen zu einer vollen und engagierten Nachfolge
Jesu Christi zu wecken. Die erzieherische Tätigkeit, die auch die christliche Gemeinde betrifft,
muß sich an den einzelnen Menschen wenden: Denn Gott erreicht mit seinem Ruf das Herz jedes
Menschen, und der Geist, der im Innersten jedes Jüngers wohnt (vgl. 1 Joh 3,24), verschenkt sich
an jeden Christen mit verschiedenen Gnadengaben und besonderen Offenbarungen. jedem soll
also geholfen werden, das Geschenk zu erfassen, das gerade ihm, als einmaliger und
unwiederholbarer Person, anvertraut wird und die Worte zu hören, die der Geist Gottes besonders
an ihn richtet.
Aus dieser Sicht wird die Sorge um die Berufungen zum Priestertum auch in einem
entschlossenen und überzeugenden Angebot geistlicher Führung Ausdruck finden können. Es gilt,
die großartige Tradition der persönlichen geistlichen Begleitung wiederzuentdecken, die im Leben
der Kirche stets so viele und kostbare Früchte getragen hat: Sie kann in bestimmten Fällen und
unter klaren Bedingungen zwar unterstützt, aber niemals durch Formen psychologischer Analyse
oder Hilfe ersetzt werden (111). Kinder und jugendliche sollen eingeladen werden, das Geschenk
der geistlichen Führung zu entdecken und zu schätzen, es zu prüfen und zu erproben und ihre
Erzieher im Glauben mit vertrauensvoller Beharrlichkeit darum zu bitten. Die Priester ihrerseits
sollen als erste Zeit und Kraft auf diese Arbeit der Erziehung und der persönlichen geistlichen Hilfe
verwenden: Sie sollen nie bedauern, viele andere, selbst schöne und nützliche Dinge
vernachlässigt oder hintangestellt zu haben, wenn sich das nicht vermeiden ließ, um ihrem Dienst
als Mitarbeiter des Geistes bei der Erleuchtung und Führung der Berufenen treu zu bleiben.
Ziel der Erziehung des Christen ist es, unter dem Einfluß des Geistes dahin zu gelangen, daß er
"Christus in seiner vollendeten Gestalt darstellt" (Eph 4,13) Das tritt dann ein, wenn er durch sein
Nachahmen und Teilhaben an der Liebe Christi sein ganzes Leben zu einem Dienst an dieser
Liebe macht (vgl. Joh 13,14-15), indem er Gott einen ihm gefälligen Gottesdienst darbringt (vgl.
Röm 12,1) und sich an die Mitmenschen verschenkt. Der Dienst an der Liebe ist der grundlegende
Sinn jeder Berufung, die in der Berufung des Priesters eine besondere Verwirklichung findet: Denn
er ist dazu berufen, die Hirtenliebe Jesu, das heißt die Liebe des guten Hirten, der "sein Leben
hingibt für die Schafe" (Joh 10,11), weiterzuleben.
Darum wird eine glaubwürdige Berufungspastoral niemals müde werden, Kinder und jugendliche
zu Einsatzfreude, zum Geist des unentgeltlichen Dienens, zu Opfersinn und zu bedingungsloser
Selbsthingabe zu erziehen. Als besonders nützlich erweist sich dabei die Erfahrung des
freiwilligen Dienstes, wofür die Empfänglichkeit bei vielen jungen Menschen zunimmt: Wenn es
sich dabei um einen vom Evangelium motivierten freiwilligen Dienst handelt, der zur
Unterscheidung der Bedürfnisse zu erziehen vermag, der jeden Tag treu und hingebungsvoll
gelebt wird, offen für die Möglichkeit einer endgültigen Verpflichtung im geweihten Leben und
genährt durch das Gebet, wird er mit größerer Sicherheit ein Leben in selbstlosem und
unentgeltlichem Einsatz unterstützen und den, der sich ihm widmet, empfänglicher für die Stimme

6 Pages 51-60

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6.1 Page 51

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51
Gottes machen können, die ihn möglicherweise zum Priestertum ruft. Zum Unterschied vom
reichen Jüngling könnte der Freiwillige die Einladung, die Jesus voll Liebe an ihn richtet,
annehmen (vgl. Mk 10,2 1); und er könnte sie annehmen, weil sein einziges Vermögen bereits
darin besteht, sich für die anderen hinzugeben und sein Leben " zu verlieren".
41. Die Berufung zum Priester ist ein Gottesgeschenk, das für dessen Erstempfänger sicher ein
großes Gut darstellt. Aber sie ist auch ein Geschenk für die ganze Kirche, ein Gut für ihr Leben
und ihre Sendung. Die Kirche ist daher gerufen, dieses Geschenk zu hüten, es hochzuschätzen
und zu lieben: Sie ist verantwortlich für das Entstehen und Heranreifen der Priesterberufe.
Infolgedessen ist das handelnde Subjekt, der Hauptakteur der Berufungspastoral, die kirchliche
Gemeinschaft als solche in ihren verschiedenen Ausdrucksformen: von der Universalkirche bis zur
Teilkirche und, analog, von dieser bis zur Pfarre und zu allen Mitgliedern des Gottesvolkes.
Um so dringender ist es vor allem heute, da sich die Überzeugung verbreitet und Wurzeln schlägt,
daß alle Glieder der Kirche, ohne Ausnahme, die Gnade und die Verantwortung der Sorge um die
Berufungen haben. Das II. Vatikanische Konzil hat mit äußerster Klarheit bekräftigt, daß "die
Verpflichtung zum Fördern von Priesterberufungen Aufgabe der gesamten christlichen
Gemeinschaft ist. Sie erfüllt sie vor allem durch ein wirklich christliches Leben" (112). Nur
aufgrund dieser Überzeugung wird es der Berufungspastoral möglich sein, ihr wahrhaft kirchliches
Gesicht zu zeigen und ein einmütiges Handeln zu entfalten, wobei sie sich auch spezifischer
Organe und angemessener Hilfsmittel im Bereich von Gemeinschaft und Mitverantwortung
bedient.
Die Erstverantwortung für die den Priesterberufen geltende Pastoral liegt beim Bischof, (113) der
gerufen ist, sie als erster zu leben, auch wenn vielfältige Formen der Mitarbeit entstehen können
und sollen. Er ist Vater und Freund in seinem Presbyterium, und seine Sorge ist es vor allem, dem
Charisma und dem priesterlichen Dienstamt dadurch " Beständigkeit zu geben", daß er durch das
Auflegen der Hände immer neue Kräfte hinzufügt. Er wird dafür sorgen, daß das Anliegen der
Berufungspastoral im Gesamtbereich der ordentlichen Seelsorge stets präsent ist, ja voll in sie
integriert und gleichsam mit ihr identifiziert wird. Ihm obliegt die Aufgabe, die verschiedenen
Berufungsinitiativen zu fördern und zu koordinieren (114).
Der Bischof weiß, daß er vor allem auf die Mitarbeit seiner Priesterschaft zählen kann. Alle
Priester sind mit ihm solidarisch und mitverantwortlich bei der Suche und Förderung von
Priesterberufen. Denn, wie das Konzil sagt, "obliegt es den Priestern als Erziehern im Glauben,
selbst oder durch andere dafür zu sorgen, daß jeder Gläubige im Heiligen Geist angeleitet wird zur
Entfaltung seiner persönlichen Berufung" (115). "Diese Pflicht gehört in der Tat mit zur
priesterlichen Sendung, durch die der Priester teilhat an der Sorge für die ganze Kirche, damit im
Gottesvolk hier auf Erden nie die Arbeiter fehlen" (116). Das Leben der Priester, ihre
bedingungslose Hingabe an Gottes Herde, ihr Zeugnis des liebevollen Dienstes für den Herrn und
seine Kirche - ein Zeugnis, das gekennzeichnet ist von der Annahme des in der Hoffnung und

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österlichen Freude getragenen Kreuzes -, ihre brüderliche Eintracht und ihr Eifer für die
Evangelisierung der Welt sind der wichtigste und überzeugendste Faktor für die Fruchtbarkeit ihrer
Berufung (117).
Eine besondere Verantwortung ist der christlichen Familie aufgetragen, die aufgrund des
Ehesakramentes in ganz eigener Weise am Erziehungsauftrag der Kirche, der Lehrmeisterin und
Mutter, teilhat. Wie die Synodenväter schrieben, "hat die christliche Familie, die wirklich, eine Art
Hauskirche (Lumen gentium, 11) ist, schon immer günstige Voraussetzungen für das Entstehen
von geistlichen Berufen geboten und bietet sie auch weiterhin. Da heute die Vorstellung von der
christlichen Familie gefährdet ist, muß der Familienpastoral große Bedeutung beigemessen
werden, so daß die Familien dadurch, daß sie das Geschenk des menschlichen Lebens großzügig
annehmen gleichsam das erste Seminar (Optatam totius, 2) darstellen, in dem die Kinder von
Anfang an den Geist der Frömmigkeit und des Gebets und die Liebe zur Kirche erwerben können"
(118). In Kontinuität und Einklang mit dem Bemühen der Eltern und der Familie muß die Schule
stehen, deren Auftrag es ist, ihre Identität als "Erziehungsgemeinschaft" auch mit einem
kulturellen Angebot zu verbinden, das imstande ist, die jungen Menschen über die Dimension der
Berufung als angestammten Grundwertes der menschlichen Person aufzuklären. In diesem Sinne
kann die Schule, wenn sie in passender Weise durch christlichen Geist bereichert wird (sowohl
durch eine gewichtige kirchliche Präsenz in der staatlichen Schule - was von der nationalen
Ordnung des jeweiligen Landes abhängt-, als vor allem im Fall der katholischen Schule), "den
Kindern und jugendlichen den Wunsch" einflößen, "den Willen Gottes in dem Lebensstand zu
erfüllen, der für einen jeden am geeignetsten ist, ohne dabei je die Berufung zum priesterlichen
Dienst auszuschließen" (119).
Auch die gläubigen Laien, insbesondere die mit der Katechese Beauftragten, die Lehrer und
Lehrerinnen, die im pädagogischen Bereich Tätigen sowie alle, die Jugendseelsorge anregen und
in Schwung halten, erfüllen mit den je eigenen Mitteln und Möglichkeiten eine wichtige Rolle in der
Berufungspastoral: je mehr sie den Geist ihrer eigenen Berufung und Sendung in der Kirche
vertiefen, desto klarer werden sie die Bedeutung und die Unersetzlichkeit der Berufung und
Sendung des Priesters erkennen können.
Im Rahmen der Gemeinschaften auf Diözesan- und Pfarrebene sollen jene Gruppen geschätzt
und gefördert werden, deren Mitglieder ihren Beitrag an Gebet und Leiden für die Priester und
Ordensberufe einsetzen sowie moralische und materielle Unterstützung leisten.
Hier sind auch die zahlreichen Gruppen, Bewegungen und Vereinigungen gläubiger Laien zu
erwähnen, die der Heilige Geist in der Kirche entstehen und wachsen läßt, um eine stärker
missionarisch geprägte christliche Präsenz in der Welt zu gewährleisten. Diese verschiedenen
Zusammenschlüsse von Laien erweisen sich als ein besonders fruchtbares Feld für das Entstehen
geistlicher Berufe, als echte Stätten des Angebots und Wachsens von Berufungen. In der Tat
haben viele jugendliche gerade innerhalb und dank dieser Vereinigungen den Ruf des Herrn

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wahrgenommen, ihm auf dem Weg des Priestertums zu folgen, und mit ermutigender
Selbstlosigkeit auf diesen Ruf geantwortet (120).
Die verschiedenen Gruppen und Mitglieder der Kirche, die in der Berufungspastoral engagiert
sind, werden ihre Aufgabe um so wirksamer erfüllen, je mehr sie der kirchlichen Gemeinschaft als
ganzer, angefangen bei der Pfarre, das Gespür und die Einsicht dafür vermitteln können, daß das
Problem der Priesterberufe keineswegs einigen "Beauftragten" (den Priestern im allgemeinen und
speziell den im Priesterseminar Tätigen) überlassen werden kann; denn als "ein zentrales
Anliegen der Kirche selbst" (121) muß es im Zentrum der Liebe jedes Christen zu seiner Kirche
stehen.
KAPITEL V
ER SETZTE ZWÖLF EIN, DIE ER BEI SICH HABEN WOLLTE
Die Ausbildung der Priesteramtskandidaten
In der Nachfolge Christi leben wie die Apostel
42. Jesus stieg auf einen Berg und rief die zu sich, die er erwählt hatte, und sie kamen zu ihm.
Und er setzte zwölf ein, die er bei sich haben und die er dann aussenden wollte, damit sie
predigten und mit seiner Vollmacht Dämonen austrieben" (Mk 3,13-15).
"Die er bei sich haben wollte": Aus diesen Worten läßt sich unschwer die mit der Berufung
zusammenhängende Begleitung der Apostel durch Jesus herauslesen. Nachdem er sie gerufen
hatte und ehe er sie aussandte, ja ehe er sie zum Predigen aussenden konnte, verlangt Jesus von
ihnen eine "Zeit" der Ausbildung, in der sich ein Verhältnis tiefer Verbundenheit und Freundschaft
zwischen dem Herrn und ihnen herausbilden sollte. Für sie hat er eine gründlichere Unterweisung
vorgesehen als für das Volk (vgl. Mt 13,11) und er will, daß sie Zeugen seines stillen Gebetes zum
Vater sind (vgl. Joh 17,1-26; Lk 22,39-45).
In ihrer Sorge um die Priesterberufe nimmt die Kirche aller Zeiten Maß am Vorbild Christi. Die
konkreten Formen, mit denen sich die Kirche in der Berufungspastoral engagiert, die die
Berufungen zum Priestertum nicht nur erkennen, sondern auch "begleiten" soll, waren und sind
zum Teil noch immer sehr verschieden. Aber der Geist, der sie beseelen und stärken muß, bleibt
derselbe: Es geht darum, nur diejenigen zum Priestertum zu führen, die berufen sind, und sie erst
nach angemessener Ausbildung zuzulassen. Diese zielt bei den Kandidaten auf eine bewußte und
freie Antwort der Zustimmung und des Sich-ergreifen-Lassens der ganzen Person von Jesus
Christus, der zur innigen Vertrautheit mit ihm und zur Teilnahme an seiner Heilssendung ruft. In
diesem Sinne stellt das "Seminar" in seinen verschiedenen Gestalten und ähnlich das
"Ausbildungshaus" der Ordenspriester nicht zuerst einen materiellen Ort oder Raum dar, sondern
einen geistlichen Raum, eine Lebensstrecke, eine Atmosphäre, die einen Ausbildungsprozeß

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begünstigt und gewährleistet, so daß der von Gott zum Priestertum Berufene durch das
Weihesakrament zu einem lebendigen Bild Jesu Christi, des Hauptes und Hirten der Kirche,
werden kann. Die Synodenväter haben in ihrer Schlußbotschaft unmittelbar und gründlich die
grundlegende und kennzeichnende Bedeutung der Ausbildung der Priesteramtskandidaten erfaßt,
wenn sie sagen: "Das Leben im Seminar, der Schule des Evangeliums, ist ein Leben in der
Nachfolge Christi, wie es die Apostel vorgelebt haben; von ihm lassen sich die Kandidaten
einführen in den Dienst am Vater und an den Menschen unter der Führung des Heiligen Geistes;
sie lassen sich Christus, dem Guten Hirten, gleichgestalten für einen besseren priesterlichen
Dienst in Kirche und Welt. Sich für das Priestertum ausbilden lassen heißt, eine persönliche
Antwort auf die entscheidende Frage Christi zu geben: ,Liebst du mich?. Für den künftigen
Priester kann die Antwort nur die Ganzhingabe seines Lebens sein" (122).
Es geht darum, diesen Geist, der in der Kirche niemals verschwinden darf, unter den sozialen,
psychologischen, politischen und kulturellen Gegebenheiten der heutigen Welt weiterzugeben, die
allerdings nicht nur kompliziert, sondern auch ganz unterschiedlich sind, wovon die Synodenväter
in bezug auf die verschiedenen Teilkirchen Zeugnis ablegten. Desgleichen konnten die
Synodenväter mit nachdenklicher Sorge, aber auch mit großer Hoffnung von dem in allen ihren
Kirchen vorhandenen Bemühen erfahren, die Methoden der Ausbildung der Priesterkandidaten zu
untersuchen und sie auf den heutigen Stand zu bringen, und sie haben lange und ausgiebig
darüber nachgedacht.
Das vorliegende Apostolische Schreiben will den Ertrag der Synodenarbeiten zusammenfassen,
indem es an einige gewonnene Gesichtspunkte anknüpft, einige unverzichtbare Ziele aufzeigt und
die Fülle an Erfahrungen und bereits positiv bewährten Ausbildungswegen allen zur Verfügung
stellt. In diesem Schreiben wird zwischen der Grundausbildung und der ständigen Weiterbildung
klar unterschieden, ohne freilich je das tiefe Band zu vergessen, das sie verbindet und das aus
beiden einen einzigen organischen Weg christlichen und priesterlichen Lebens machen soll.
Dieses Schreiben befaßt sich mit den verschiedenen Dimensionen der Ausbildung - der
menschlichen, geistlichen, intellektuellen und pastoralen - sowie auch mit dem Milieu und mit den
Verantwortlichen der Ausbildung der Priesteramtskandidaten.
I. Die Dimensionen der Priesterbildung
43. "Ohne eine angemessene menschliche Bildung entbehrte die ganze Priesterausbildung ihrer
notwendigen Grundlage" (123). Diese Behauptung der Synodenväter benennt nicht nur eine
täglich von der Vernunft empfohlene und von der Erfahrung bestätigte Voraussetzung, sondern
bringt eine Forderung zum Ausdruck, die ihre tiefere und eigentliche Begründung im Wesen des
Priesters und seines Dienstes findet.
Der Priester, der dazu berufen ist, Lebendiges Abbild" Jesu Christi, des Hauptes und Hirten der
Kirche, zu sein, muß versuchen, im Maße des Möglichen in sich jene menschliche

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Vollkommenheit widerzuspiegeln, die im menschgewordenen Sohn Gottes aufleuchtet und mit
einzigartiger Wirksamkeit in seinem Verhalten gegenüber den anderen, so wie die Evangelisten es
darstellen, durchscheint. Das Dienstamt des Priesters besteht dann darin, daß er das Wort
verkündet, das Sakrament feiert und die christliche Gemeinde "im Namen und in der Person
Christi" in der Liebe führt, wobei er sich aber immer und nur an konkrete Menschen wendet: "Denn
jeder Hohepriester wird aus den Menschen ausgewählt und für die Menschen eingesetzt zum
Dienst vor Gott" (Hebr 5,1). Darum enthüllt die menschliche Bildung des Priesters ihre eigentliche
Bedeutung in bezug auf die Empfänger seiner Sendung: Damit sein Dienst menschlich möglichst
glaubwürdig und annehmbar ist, muß der Priester seine menschliche Persönlichkeit so formen,
daß er sie für die anderen bei der Begegnung mit Jesus Christus, dem Erlöser des Menschen, zur
Brücke und nicht zum Hindernis macht. Der Priester muß nach dem Vorbild Jesu, der wußte, was
im Menschen ist" (Joh 2,25; vgl. 8,3-11), in der Lage sein, die menschliche Seele in ihrer Tiefe zu
kennen, die Schwierigkeiten und Probleme zu erfassen, die Begegnung und den Dialog zu
erleichtern, Vertrauen und Zusammenarbeit zu bewirken und ausgewogene, objektive Urteile
abzugeben.
Die zukünftigen Priester müssen also nicht nur für eine persönlich richtige und angemessene
Reife und Selbstverwirklichung, sondern gerade auch im Hinblick auf ihren Dienst eine Reihe
menschlicher Eigenschaften ausbilden, die für die Auferbauung ausgeglichener, starker und freier
Charaktere notwendig sind. Solche Persönlichkeiten sollen fähig sein, die Last der pastoralen
Verantwortlichkeiten zu tragen. Die Kandidaten müssen also erzogen werden: zu Wahrheitsliebe,
Aufrichtigkeit, Achtung vor jedem Menschen, Gerechtigkeitssinn, Einhaltung des gegebenen
Wortes, zu echtem Mitgefühl, zu einem konsequenten Lebensstil und besonders zu
Ausgewogenheit im Urteil und Verhalten (124). Ein einfaches und verpflichtendes Programm für
diese menschliche Formung wird vom Apostel Paulus den Philippern vorgeschlagen. "Was immer
wahrhaft, edel, recht, was lauter, lobenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert
ist, darauf seid bedacht!" (Phil 4,8). Interessant ist die Feststellung, daß Paulus gerade für diese
zutiefst menschlichen Eigenschaften sich selbst seinen Gläubigen als Vorbild hinstellt: "Was ihr
gelernt und angenommen", - so fährt er unmittelbar fort -"gehört und an mir gesehen habt, das
tut!" (ebd. 4,9).
Besonders wichtig ist die Beziehungsfähigkeit zu den anderen Menschen. Sie bildet ein wirklich
wesentliches Element für jemanden, der berufen ist, für eine Gemeinde Verantwortung zu tragen
und "Gemeinschaftsmensch" zu sein. Das verlangt vom Priester, daß er weder arrogant noch
streitsüchtig ist, sondern liebenswürdig, gastfreundlich, aufrichtig in dem, was er sagt und denkt,
(125) klug und diskret, selbstlos und dienstbereit, fähig, lautere und brüderliche Beziehungen
persönlich anzubieten und bei allen zu wecken, bereit, zu verstehen, zu verzeihen und zu trösten
(vgl. auch 1 Tim 3,1-5; Tit 1,7-9). Die Menschheit unserer Zeit, die sich vor allem in den
Ballungsgebieten der Großstädte häufig zu Vermassung und Einsamkeit verurteilt sieht, wird
immer empfänglicher für den Wert der Gemeinschaft: Das ist heute eines der beredtsten Zeichen
und einer der wirksamsten Wege zur Durchsetzung der Botschaft des Evangeliums.

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In diesen Zusammenhang fügt sich als kennzeichnendes und entscheidendes Moment die
Ausbildung des Priesterkandidaten zur gefühlsmäßigen Reife ein, als Ergebnis der Erziehung zur
wahren und verantwortungsvollen Liebe.
44. Die Reifung des Gefühlslebens setzt voraus, daß man sich der zentralen Stellung der Liebe im
menschlichen Dasein bewußt ist. Es ist, wie ich in der Enzyklika Redemptor hominis geschrieben
habe, tatsächlich so, daß "der Mensch nicht ohne Liebe leben kann. Er bleibt für sich selbst ein
unbegreifliches Wesen; sein Leben ist ohne Sinn, wenn ihm nicht die Liebe geoffenbart wird, wenn
er nicht der Liebe begegnet, wenn er sie nicht erfährt und sich zu eigen macht, wenn er nicht
lebendigen Anteil an ihr erhält" (126).
Es handelt sich um eine Liebe, die den ganzen Menschen, in seinen physischen, psychischen und
geistigen Dimensionen und Komponenten, miteinbezieht und die in der "bräutlichen Bedeutung"
des menschlichen Leibes zum Ausdruck kommt, dank der sich der Mensch dem anderen hingibt
und ihn annimmt. Um das Verständnis und die Verwirklichung dieser "Wahrheit" der menschlichen
Liebe geht es der richtig verstandenen Sexualerziehung. Man muß in der Tat in weiten Kreisen
eine soziale und kulturelle Situation feststellen, "die menschliche Geschlechtlichkeit banalisiert,
weil sie diese in verkürzter und verarmter Weise interpretiert und lebt, indem sie sie einzig mit dem
Leib und dem egoistisch verstandenen Vergnügen in Verbindung setzt" (127). Häufig weist der
Zustand der Familien, aus denen die Priesterberufe hervorgehen, diesbezüglich viele Mängel und
bisweilen auch schwere Störungen auf.
In einem solchen Kontext wird eine Erziehung zu verantworteter Geschlechtlichkeit immer
schwieriger, aber auch dringender, die wahrhaft und voll menschlich ist und daher der Achtung
und Liebe zur Keuschheit Raum schafft, "als einer Tugend, die die wahre Reifung der Person
fördert und sie befähigt, die "bräutliche Bedeutung des Leibes zu achten und zu entfalten" (128).
Die Erziehung zur verantwortungsvollen Liebe und zur gefühlsmäßigen Reife der Person erweist
sich nun als ganz und gar unverzichtbar für den, der als Priester zum Zölibat berufen ist, das heißt
dazu, mit der Gnade des Geistes und mit der freien Antwort seines eigenen Willens, mit der
Gesamtheit seiner Liebe und seiner Sorge für Jesus Christus und die Kirche verfügbar zu sein. Im
Hinblick auf die Zölibatsverpflichtung muß die gefühlsmäßige Reife imstande sein, in die
menschlichen Beziehungen unbeschwerter Freundschaft und tiefer Brüderlichkeit eine große,
lebendige und persönliche Liebe zu Jesus Christus miteinzuschließen. Wie die Synodenväter
geschrieben haben: "Wenn die gefühlsmäßige Reifung geweckt werden soll, ist die Liebe Christi
von größter Bedeutung, die als ganzheitliche Hingabe fortwirkt. Der zum Zölibat berufene
Kandidat wird deshalb in der Reife des Gefühlslebens eine feste Stütze finden, um die Keuschheit
in Treue und mit Freude zu leben" (129).
Da das Charisma der Ehelosigkeit, auch wenn es glaubwürdig und erwiesen ist, die
Veranlagungen und Neigungen des Gefühls- und des Trieblebens bestehen läßt, benötigen die

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Priesterkandidaten eine affektive Reife, die fähig ist zu Klugheit, zum Verzicht auf alles, was sie
gefährden kann, zum sensiblen Umgang mit Körper und Geist, zu Hochachtung und Respekt in
den zwischenmenschlichen Beziehungen mit Männern und Frauen. Eine wertvolle Hilfe dabei
kann eine angemessene Erziehung zur wahren Freundschaft bieten, nach dem Vorbild
brüderlicher Zuneigung, wie sie Christus selbst in seinem Erdendasein vorgelebt hat (vgl. Joh
11,5).
Die menschliche Reife, und besonders die im Bereich des Gefühlslebens, verlangt eine klare und
starke Formung zu einer Freiheit, die Gestalt annimmt als überzeugter und liebenswürdiger
Gehorsam gegenüber der "Wahrheit" des eigenen Seins, gegenüber dem "Sinngehalt" der
eigenen Existenz, das heißt als Gehorsam gegenüber der "aufrichtigen Hingabe seiner selbst" als
Weg und Hauptinhalt der authentischen Selbstverwirklichung (130). So verstanden, erfordert die
Freiheit, daß die menschliche Person wahrhaft Herrin über sich selbst ist: Sie ist entschlossen, die
verschiedenen Formen des Egoismus und Individualismus, die das Leben jedes einzelnen
beeinträchtigen, zu bekämpfen und zu überwinden, und bereit, sich in selbstloser Hingabe und im
Dienst am Nächsten den anderen gegenüber zu öffnen. Das ist wichtig für die Antwort auf die
Berufung, speziell auf die zum Priestertum und für die Treue zu diesem Weg und den mit ihm
verbundenen Verpflichtungen auch in schwierigen Augenblicken. Hilfe kann auf diesem
Erziehungsweg zu einer reifen, verantwortlichen Freiheit vom Gemeinschaftsleben des
Priesterseminars kommen (131).
Mit der Bildung zur verantwortlichen Freiheit eng verbunden ist die Gewissensbildung im
moralischen Bereich: Diese enthüllt, während sie im Innersten des eigenen "Ich" darauf drängt,
den sittlichen Verpflichtungen zu entsprechen, die tiefe Bedeutung eines solchen Gehorsams:
nämlich eine bewußte und freie und daher aus Liebe gegebene Antwort auf den Anruf Gottes und
seiner Liebe zu sein. "Die menschliche Reife des Priesters", schreiben die Synodenväter, "muß
besonders die Bildung seines Gewissens einschließen. Damit er seine Verpflichtungen gegenüber
Gott und der Kirche getreu zu erfüllen und die Gewissen der Gläubigen weise zu führen vermag,
muß sich der Kandidat nämlich angewöhnen, auf die Stimme Gottes zu hören, der im Herzen zu
ihm spricht, und seinem Willen mit Liebe und Festigkeit nachkommen" (132).
45. Wenn die menschliche Bildung im Rahmen einer Anthropologie erfolgt, die die ganze Wahrheit
des Menschen erfaßt, öffnet und vervollkommnet sie sich in der geistlichen Formung. jeder
Mensch ist, da er von Gott geschaffen und durch das Blut Christi erlöst wurde, dazu berufen, "aus
Wasser und Geist von neuem geboren (vgl. Joh 3,5) und "Kind im Sohn Gottes" zu werden. In
diesem eindrucksvollen Plan Gottes liegt das Fundament der grundlegend religiösen Dimension
des menschlichen Seins, die übrigens von der einfachen Vernunft intuitiv erkannt und anerkannt
wird: Der Mensch ist offen für das Transzendente, für das Absolute; er besitzt ein Herz, das
unruhig ist, bis es Ruhe findet im Herrn (133).
Bei diesem nicht unterdrückbaren religiösen Grundbedürfnis setzt der Erziehungsprozeß eines

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geistlichen Lebens ein und entfaltet sich. Dieses Leben wird als Beziehung zu und Gemeinschaft
mit Gott verstanden. Nach der Offenbarung und der ihr entsprechenden christlichen
Glaubenserfahrung besitzt die geistliche Formung die unverkennbare Ursprünglichkeit, die aus der
"Neuheit" der Christusbotschaft stammt. Denn "sie ist das Werk des Geistes und verpflichtet die
Person in ihrer Ganzheit; sie führt ein in die tiefe Gemeinschaft mit Jesus Christus, dem Guten
Hirten; sie führt zu einer Unterordnung des ganzen Lebens unter den Geist, in einer kindlichen
Haltung gegenüber dem Vater und in einer vertrauensvollen Zugehörigkeit zur Kirche. Sie ist
verwurzelt in der Erfahrung des Kreuzes, um in einer tiefen Gemeinschaft zur ganzen Fülle des
Ostergeheimnisses führen zu können" (134).
Es handelt sich, wie man sieht, um eine geistliche Formung, die allen Gläubigen gemeinsam ist,
die aber entsprechend jenen Sinngehalten und Merkmalen gestaltet werden will, die sich aus der
Identität des Priesters und seines Dienstes. herleiten. Und wie für jeden Gläubigen in bezug auf
sein Wesen und seine christliche Existenz im Sinn der "neuen Schöpfung" in Christus, die im
Geiste lebt, die geistliche Formung den zentralen Einheitsgrund bildet, so stellt für Jeden Priester
die geistliche Formung die Mitte dar, die sein Priestersein und sein Wirken als Priester
zusammenhält und belebt. In diesem Sinne stellen die Synodenväter fest, daß "beim Fehlen einer
geistlichen Formung die pastorale Ausbildung ohne Grundlage vorgenommen würde (136) und
daß die geistliche Formung gleichsam das wichtigste Element in der Priestererziehung
darstellt"(137).
Der wesentliche Inhalt der geistlichen Formung für einen klar konzipierten Ausbildungsweg zum
Priestertum wird von dem Konzilsdekret Optatam totius gut umschrieben: Bei der geistlichen
Formung "sollen die Alumnen lernen, in inniger und steter Gemeinschaft mit dem Vater durch
seinen Sohn Jesus Christus im Heiligen Geist zu leben. Durch die heilige Weihe werden sie einst
Christus dem Priester gleichförmig; so sollen sie auch lernen, ihm wie Freunde in enger
Gemeinschaft des ganzen Lebens verbunden zu sein. Sein Pascha-Mysterium sollen sie so
vorleben, daß sie das Volk, das ihnen anvertraut wird, darin einzuführen vermögen. Sie sollen
angeleitet werden, Christus zu suchen: in der gewissenhaften Meditation des Gotteswortes, in der
aktiven Teilnahme an den heiligen Geheimnissen der Kirche, vor allem in der Eucharistie und im
Stundengebet, im Bischof, der ihnen die Sendung gibt, und in den Menschen, zu denen sie
gesandt werden, vor allem in den Armen, den Kindern und den Kranken, den Sündern und
Ungläubigen. Die seligste Jungfrau Maria, die von Christus Jesus bei seinem Tod am Kreuz dem
jünger als Mutter gegeben wurde, sollen sie mit kindlichem Vertrauen lieben und verehren".
46. Der Konzilstext verdient es, daß sorgfältig und liebevoll über ihn nachgedacht wird; daraus
lassen sich dann leicht einige grundlegende Wertvorstellungen und Erfordernisse für den
spirituellen Bildungsweg des Priesteramtskandidaten gewinnen.
Zunächst werden der Wert und die Notwendigkeit herausgestellt, Jesus Christus "in enger
Gemeinschaft verbunden zu sein". Die Verbundenheit mit dem Herrn Jesus, die sich auf die Taufe

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gründet und durch die Eucharistie genährt wird, will im Leben jedes Tages dadurch Ausdruck
finden, daß sie dieses Leben radikal erneuert. Die enge Gemeinschaft mit der göttlichen Trinität,
das heißt das neue Leben der Gnade, die Menschen zu Kindern Gottes macht, stellt die
"Neuartigkeit" des Glaubenden dar: eine Neuartigkeit, die das Sein und das Tun miteinbezieht. Sie
macht das "Geheimnis" der christlichen Existenz aus, die unter dem Einfluß des Geistes steht:
Diese Neuartigkeit muß folglich auch das "Ethos" im Leben des Christen prägen. Diesen
wunderbaren Gehalt der christlichen Existenz, der auch die Herzmitte des geistlichen Lebens ist,
hat uns Jesus mit dem Gleichnis vom Weinstock und von den Reben gelehrt: "Ich bin der wahre
Weinstock, und mein Vater ist der Winzer ... Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch. Wie die Rebe
aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur wenn sie am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr
keine Frucht bringen, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in
mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht, denn getrennt von mir könnt ihr nichts
vollbringen" (Joh 15,1.4f.).
In der modernen Kultur fehlt es gewiß nicht an geistlichen und religiösen Werten, und allem
gegenteiligen Anschein zum Trotz hungert und dürstet es den Menschen auch heute unablässig
nach Gott. Aber der christliche Glaube läuft nicht selten Gefahr, als eine Religion unter vielen
betrachtet und auf eine bloße Sozialethik im Dienst des Menschen verkürzt zu werden. So wird
seine umwälzende Neuartigkeit in der Geschichte nicht immer sichtbar: Er ist "Geheimnis", er ist
das Heilsgeschehen vom Sohn Gottes, der Mensch wird und allen, die ihn aufnehmen, "Macht
gibt, Kinder Gottes zu werden" (Joh 1,12), er ist die Verkündigung, ja das Geschenk eines
persönlichen Liebes- und Lebensbundes Gottes mit dein Menschen. Nur wenn die künftigen
Priester durch eine angemessene geistliche Formung dieses "Geheimnis" in seiner Tiefe
kennengelernt und in wachsendem Maße erfahren haben, werden sie den anderen diese
erstaunliche und seligmachende Botschaft mitteilen können (vgl. 1 Joh 1,1-4).
Der Konzilstext kennzeichnet, obgleich er um die absolute Transzendenz des christlichen
Geheimnisses weiß, die enge Verbundenheit der künftigen Priester mit Jesus durch den
nuancierten Ausdruck der Freundschaft. Sie ist kein vermessener Anspruch, den der Mensch von
sich aus stellt. Sie ist einfach das unschätzbare Geschenk Christi, der zu seinen Aposteln gesagt
hat: "Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr
habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater
gehört habe" (Joh 15,15)
Der Konzilstext weist dann auf einen weiteren großen spirituellen Wert hin: die Suche nach Jesus.
"Sie sollen angeleitet werden, Christus zu suchen." Das ist, zusammen mit dem quaerere Deum,
ein klassisches Thema der christlichen Spiritualität, das gerade im Zusammenhang mit der
Berufung der Apostel seine spezifische Anwendung findet. Wenn Johannes davon berichtet, wie
die ersten beiden jünger Jesus folgen, macht er deutlich, welchen Stellenwert diese "Suche"
einnimmt. Es ist Jesus selbst, der die Frage stellt: "Was wollt ihr?" Und die beiden antworten:
"Rabbi, wo wohnst du?" Der Evangelist fährt fort: "Er antwortete: Kommt und steht! Da gingen sie

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mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm" (Joh 1,37-39). Das geistliche Leben
dessen, der sich auf das Priestertum vorbereitet, wird in gewissem Sinne von dieser Suche
beherrscht: von ihr und vom "Finden" des Meisters, um ihm zu folgen, um bei ihm zu bleiben.
Auch im Dienst und im Leben des Priesters wird dieses "Suchen" weitergehen müssen, so
unerschöpflich ist das Geheimnis der Nachahmung und Teilnahme am Leben Christi. Ebenso muß
das "Finden" des Meisters weitergehen, um die anderen auf ihn hinzuweisen, besser noch, um in
den anderen das sehnsüchtige Verlangen zu wecken, den Meister zu suchen. Ein solcher Prozeß
ist tatsächlich möglich wenn den Menschen eine Lebenserfahrung bezeugt wird, die sich als
mitteilenswert erweist. Das war der Weg, den Andreas einschlug, als er seinen Bruder Simon zu
Jesus brachte: Andreas, so schreibt der Evangelist Johannes, "traf zuerst seinen Bruder Simon
und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden. Messias heißt übersetzt: der Gesalbte
(Christus). Er führte ihn zu Jesus" (Joh 1,41-42). Und so wird auch Simon als Apostel in die
Nachfolge des Messias berufen: Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des
Johannes, du sollst Kephas heißen. Kephas bedeutet: Fels (Petrus)" (Joh 1,42).
Aber was bedeutet die Suche nach Jesus im geistlichen Leben? Und wo ist er zu finden? "Rabbi,
wo wohnst du?" Das Konzilsdekret Optatam totius scheint einen dreifachen Weg anzugeben, der
durchlaufen werden soll: die gewissenhafte Meditation des Gotteswortes, die aktive Teilnahme an
den heiligen Geheimnissen der Kirche, der Liebesdienst an den "Kleinen". Das sind drei große
Werte und Anforderungen, die den Inhalt der geistlichen Formung des Priesterkandidaten weiter
bestimmen.
47. Ein wesentliches Element der geistlichen Formung ist die von Betrachtung und Gebet
begleitete Lesung des Gotteswortes (lectio divina), das demütige und liebevolle Hinhören auf den,
der spricht. Denn im Licht und in der Kraft des Gotteswortes kann die eigene Berufung entdeckt,
verstanden, geliebt und befolgt und die eigene Sendung so erfüllt werden, daß die ganze Existenz
ihre eine und radikale Bedeutung darin findet, Zielpunkt für das Wort Gottes zu sein, der den
Menschen ruft, und Ausgangspunkt für das Wort des Menschen, der Gott antwortet. Die
Vertrautheit mit dem Wort Gottes wird den Weg der Umkehr nicht nur in der Weise erleichtern,
daß eine Abwendung vom Bösen erfolgt, um dem Guten anzuhängen, sondern auch in dem Sinn,
daß im Herzen die Gedanke Gottes genährt werden, so daß der Glaube als Antwort auf Gottes
Wort zum neuen Kriterium für die Beurteilung und Bewertung von Menschen und Dingen, von
Ereignissen und Problemen wird.
Nur wenn wir uns dem Wort Gottes in seiner Wesenswahrheit nähern und es aufnehmen,
ermöglicht es uns tatsächlich die Begegnung mit Gott selbst, mit Gott, der zum Menschen spricht;
es ermöglicht uns die Begegnung mit Christus, dem Wort Gottes, der Wahrheit, die zugleich auch
der Weg und das Leben ist (vgl. Joh 14,6). Es geht darum, die "Schriften" zu lesen und dabei auf
die "Worte", auf das "Wort" Gottes, zu hören, wie uns das Konzil in Erinnerung bringt: "Die
Heiligen Schriften enthalten das Wort Gottes und, weil inspiriert, sind sie wahrhaft Wort Gottes
(138). Und ebenso sagt das Konzil: "In dieser Offenbarung redet der unsichtbare Gott (vgl. Kol

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7.1 Page 61

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1,15; 1 Tim 1,7) aus überströmender Liebe die Menschen an wie Freunde (vgl. Ex 33,11; Joh
15,14-15) und verkehrt mit ihnen (vgl. Bar 3,38), um sie in seine Gemeinschaft einzuladen und
aufzunehmen" (139).
Das liebevolle Kennenlernen und die vom Gebet begleitete Vertrautheit mit dem Wort Gottes sind
von besonderer Bedeutung für den prophetischen Dienst des Priesters, für dessen angemessene
Durchführung diese Haltung zu einer unumgänglichen Voraussetzung wird, vor allem im
Zusammenhang mit der "Neu-Evangelisierung", zu der die Kirche heute aufgerufen ist. Das Konzil
ermahnt: "Darum müssen alle Kleriker, besonders Christi Priester und die anderen, die sich als
Diakone oder Katecheten ihrem Auftrag entsprechend dem Dienst des Wortes widmen, in
beständiger heiliger Lesung und gründlichem Studium sich mit der Schrift befassen, damit keiner
von ihnen werde zu einem, hohlen und äußerlichen Prediger des Wortes Gottes, ohne dessen
innerer Hörer zu sein (hl. Augustinus, Serm. 179, 1 - PL 38, 966)" (140).
Die erste und grundlegende Form einer Antwort auf das Wort Gottes ist das Gebet, das zweifellos
einen wesentlichen Wert und ein zentrales Erfordernis der geistlichen Formung darstellt. Diese
soll die Priesteramtskandidaten dazu anleiten, den echten Sinn des christlichen Gebets
kennenzulernen und zu erfahren, daß es nämlich eine lebendige und persönliche Begegnung mit
dem Vater durch den eingeborenen Sohn unter der Einwirkung des Geistes ist, ein Dialog, der zur
Teilnahme an der Sohnesbeziehung Jesu zum Vater wird. Daß der Priester "Gebetserzieher" sein
soll, ist sicher kein nebensächlicher Aspekt seiner Sendung. Aber nun wenn der Priester in der
Schule des betenden Jesus ausgebildet worden ist und sich darin weiterbildet, wird er die anderen
in der gleichen Schulung ausbilden können. Die Menschen wollen den Priester so haben: "Der
Priester ist der Mann Gottes, der Gott gehört und an Gott erinnert. Wenn der Hebräerbrief von
Christus spricht, stellt er ihn vor als einen barmherzigen und treuen Hohepriester vor Gott (Hebr
2,17) ... Die Christen hoffen, im Priester nicht nur einen Menschen zu finden, der sie aufnimmt, sie
gern anhört und ihnen aufrichtige Sympathie entgegenbringt, sondern auch und vor allem einen
Menschen, der ihnen hilft, auf Gott zu schauen und auf ihn zuzugehen. Deshalb ist es notwendig,
daß der Priester zu einer tiefen Verbundenheit mit Gott erzogen wird. Diejenigen, die sich auf den
Priesterberuf vorbereiten, müssen verstehen, daß der ganze Wert ihres Priesterlebens davon
abhängt, inwieweit sie sich selbst Christus und durch Christus dem Vater schenken" (141).
Angesichts des lärmenden Treibens und aufgeregter Unruhe, wie sie in unseren Gesellschaften
so häufig zu beobachten sind, ist die Gebetserziehung auch und zuerst Erziehung zum tief
menschlichen Verständnis und zum religiösen Wert der Stille. sie bildet die unerläßliche geistliche
Atmosphäre, um die Gegenwart Gottes zu erfassen und sich von ihr ergreifen zu lassen (vgl. 1
Kön 19,11 ff.).
48. Höhepunkt des christlichen Gebets ist die Eucharistie, die sich ihrerseits als "Höhepunkt und
Quelle" der Sakramente und des Stundengebets erweist. Und ganz notwendig für die geistliche
Formung jedes Christen und insbesondere jedes Priesters ist die liturgische Erziehung,

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verstanden als lebendige Einbeziehung in das Paschamysterium Jesu Christi, der, gestorben und
auferstanden, in den Sakramenten der Kirche gegenwärtig und wirksam ist. Die Gemeinschaft mit
Gott, Stütze des ganzen geistlichen Lebens, ist Geschenk und Frucht der Sakramente; und
gleichzeitig ist sie Aufgabe und Verantwortung, die die Sakramente der Freiheit des Glaubenden
übertragen, damit eben diese Gemeinschaft in den Entschlüssen, Entscheidungen, Haltungen und
Tätigkeiten seines Alltagslebens lebendig ist. In diesem Sinne ist die "Gnade", die das christliche
Leben "neu" macht, die Gnade des gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus, der seinen
heiligen und heiligmachenden Geist weiter in den Sakramenten ausgießt. Auf diese Weise wird
das "neue Gesetzt", das die Existenz des Christen leiten und regeln soll, von den Sakramenten in
das "neue Herz" eingeschrieben. Es ist das Gesetzt der Liebe zu Gott und den Menschen als
Antwort und Fortsetzung der von den Sakramenten zum Ausdruck gebrachten und mitgeteilten
Liebe Gottes zum Menschen. Von daher läßt sich unmittelbar die Bedeutung einer "vollen,
bewußten und tätigen" (142). Teilnahme an der Feier der Sakramente für die Gabe und Aufgabe
jener "Hirtenliebe" begreifen, die die Seele des priesterlichen Dienstes bildet.
Das gilt vor allem für die Teilnahme an der Eucharistie, die zum Gedächtnis des Opfertodes
Christi und seiner glorreichen Auferstehung als "Sakrament der Frömmigkeit, Zeichen der Einheit
und Band der Liebe" (143) gefeiert wird; sie ist das Ostermahl, bei dem "wir Christus empfangen,
unsere Seele mit Gnade erfüllt und uns das Unterpfand der zukünftigen Herrlichkeit geschenkt
wird" (144). In ihrer Berufung zum Dienst am Heiligen sind die Priester also vor allem Diener beim
Meßopfer (145): Ihre Rolle ist ganz und gar unersetzlich, denn ohne Priester kann es kein
Eucharistieopfer geben.
Das erklärt die zentrale Bedeutung der Eucharistie für das Leben und den Dienst des Priesters;
dies gilt folglich auch für die geistliche Ausbildung der Kandidaten zum Priesterberuf. Ich
wiederhole schlicht und einfach und mit größter Sachlichkeit: "Es ist daher notwendig, daß die
Seminaristen jeden Tag an der Eucharistiefeier teilnehmen, damit sie später in ihrem
Priesterleben diese tägliche Feier zur Regel machen. Sie sollen außerdem dazu erzogen werden,
die Eucharistiefeier als den wichtigsten Augenblick des Tages zu betrachten, an dem sie aktiv
teilnehmen; sie sollen sich aber nie mit einem nur gewohnheitsmäßigen Mitvollzug begnügen.
Endlich sollen die Priesteramtskandidaten zu den inneren Haltungen erzogen werden, die die
Eucharistie fördert: zur Dankbarkeit für die von oben empfangenen Wohltaten, denn Eucharistie ist
Danksagung; zur Haltung der Hingabe, die sie drängt, das eigene persönliche Opfer mit dem
eucharistischen Opfer Christi zu vereinen; zur Liebe, die von einem Sakrament genährt wird, das
Zeichen der Einheit und der Mitbeteiligung ist; zu dem Verlangen nach Betrachtung und Anbetung
des in den eucharistischen Gestalten wirklich gegenwärtigen Christus" (146).
Dringend geboten ist der Hinweis, daß im Rahmen der geistlichen Ausbildung die Schönheit der
sakramentalen Versöhnung und die Freude daran wiederentdeckt werden sollte. In einer Kultur,
die Gefahr läuft, durch neu hervorgeholte, sehr subtile Formen der Selbstrechtfertigung
unglücklicherweise das "Sündenbewußtsein" und infolgedessen die trostreiche Freude über das

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Geschenk der Vergebung (vgl. Ps 51,24) und über die Begegnung mit Gott, "der voll Erbarmen ist"
(Eph 2,4), zu verlieren, ist es dringend notwendig, die künftigen Priester zur Tugend der Buße zu
erziehen, die von der Kirche in ihren liturgischen Feiern und in den verschiedenen Abschnitten des
Kirchenjahres weise genährt wird und ihre Fülle im Sakrament der Versöhnung findet. Daraus
entspringen der Sinn für Askese und innere Disziplin, der Opfergeist und die Bereitschaft zum
Verzicht, die Annahme der Mühe und des Kreuzes. Es handelt sich um Elemente des geistlichen
Lebens, die sich nicht selten als besonders schwierig für viele Priesteramtskandidaten
herausstellen, die in relativ bequemen und wohlhabenden Verhältnissen aufgewachsen sind und
infolge der durch die Massenmedien verbreiteten Verhaltensmodelle und Ideale nicht gerade
sensibel und empfänglich für eben diese Elemente gemacht worden sind; das trifft auch in
Ländern zu, wo die Lebensverhältnisse einfacher und die Situation der Jugend strenger ist.
Darum, aber vor allem um die "radikale Selbsthingabe" nach dem Vorbild Christi, des Guten
Hirten, gerade im Leben des Priesters zu verwirklichen, haben die Synodenväter geschrieben: "Es
ist notwendig, den Kandidaten den Sinn für das Kreuzesgeschehen einzuprägen, das in der Mitte
des Ostergeheimnisses steht. Dank dieser Identifikation mit dem als Knecht gekreuzigten Christus
vermag die Welt, selbst in der von Säkularismus, Gewinn- und Genußsucht geprägten Kultur
unserer Zeit, den Wert der Einfachheit, des Schmerzes und auch des Martyriums
wiederzuentdecken" (147).
49. Zur geistlichen Formung gehört auch, Christus in den Menschen zu suchen. Das geistliche
Leben ist sicher innerliches Leben, Leben inniger Vertrautheit mit Gott, Leben des Gebets und der
Kontemplation. Aber gerade die Begegnung mit Gott und mit seiner väterlichen Liebe zu allen
stellt unvermeidlich die Forderung nach der Begegnung mit dem Nächsten, der Hingabe an die
anderen in dem demütigen und selbstlosen Dienst, den Jesus, als er den Aposteln die Füße
wusch, allen als Lebensprogramm aufgetragen hat: "Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit
auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe" (Job 13,15).
Die Hinführung zu der großherzigen und freiwilligen Selbsthingabe, die auch von der
normalerweise für die Vorbereitung auf das Priestertum gewählten Gemeinschaftsform begünstigt
wird, stellt eine unverzichtbare Voraussetzung für den dar, der berufen ist, zur Erscheinung und
Transparenz des Guten Hirten zu werden, der sein Leben hingibt (vgl. Job 10, 11. 15). In dieser
Hinsicht verfügt die geistliche Formung über eine innere pastorale bzw. karitative Dimension, die
sie entfalten muß. Dabei kann sie sich auch vorteilhaft einer richtigen, das heißt einer tiefen und
zarten Verehrung des Herzens Jesu bedienen, wie die Synodenväter hervorheben: "Die künftigen
Priester in der Herz-Jesu-Spiritualität zu formen, heißt ein Leben führen, das der Liebe und
Zuneigung Christi, des Priesters und Guten Hirten, entspricht: seiner Liebe zum Vater im Heiligen
Geist, seiner Liebe zu den Menschen bis zur Aufopferung seines Lebens" (148).
Der Priester ist also der Mann der Liebe, und er ist dazu berufen, die anderen zur Nachahmung
Christi und zu dem neuen Gebot von der brüderlichen Liebe zu erziehen (vgl. Joh 15,12). Aber
das erfordert, daß er selber sich ständig vom Geist zur Liebe Christi erziehen läßt. In diesem

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Sinne muß die Vorbereitung auf den Priesterberuf eine ernsthafte Bildung zur Liebe einschließen,
im besonderen zur vorrangigen Liebe für die "Armen", in denen der Glaube die Gegenwart Jesu
entdeckt (vgl. Joh 25,40), und zur barmherzigen Liebe für die Sünder.
In der Perspektive dieser liebenden Selbsthingabe findet die Erziehung zum Gehorsam, zur
Ehelosigkeit und zur Armut in der geistlichen Formung des künftigen Priesters ihren
angemessenen Platz (149). In diesem Sinne liegt auch die Aufforderung des Konzils: "Die
Alumnen müssen mit voller Klarheit verstehen, da sie nicht zum Herrschen oder für Ehrenstellen
bestimmt sind, sondern sich ganz dem Dienst Gottes und der Seelsorge widmen sollen. Mit
besonderer Sorgfalt sollen sie im priesterlichen Gehorsam, in armer Lebensweise und im Geist
der Selbstverleugnung erzogen werden, so daß sie sich daran gewöhnen, auch auf erlaubte, aber
unnötige Dinge bereitwillig zu verzichten und dem gekreuzigten Christus ähnlich zu werden" (150).
50. Die geistliche Formung dessen, der zu einem ehelosen Leben berufen ist, muß den künftigen
Priester mit besonderer Sorgfalt darauf vorbereiten, den Zölibat in seinem eigentlichen Wesen und
in seinen wahren Zielsetzungen, also in seinen evangeliumsgemäßen geistlichen und pastoralen
Begründungen kennenzulernen, zu achten, zu lieben und zu leben. Voraussetzung und Inhalt
dieser Vorbereitung ist die Tugend der Keuschheit, die alle menschlichen Beziehungen
kennzeichnet und die dazu anleitet, "nach dem Beispiel Christi eine aufrichtige, menschliche,
brüderliche, persönliche und opferfähige Liebe zu allen und zu jedem einzelnen zu erproben und
zu bekunden" (151).
Die Ehelosigkeit der Priester trägt das Merkmal der Keuschheit. Ihre prägenden Charakteristika
lassen sich im Blick auf die Priester so umschreiben: "Sie verzichten um des Himmelreiches willen
(vgl. Mt 19,12) auf die eheliche Gemeinschaft, bangen dem Herrn mit ungeteilter Liebe an, wie sie
dem Neuen Bund in besonderer Weise entspricht; sie geben Zeugnis für die Auferstehung in der
künftigen Welt (vgl. Lk 20,36) und gewinnen besonders wirksame Hilfe zur ständigen Übung jener
vollkommenen Liebe, die sie in ihrer priesterliche Arbeit allen alles werden läßt" (152). In diesem
Sinne kann der priesterliche Zölibat weder als eine bloße Rechtsnorm noch als eine ganz
äußerliche Bedingung für die Zulassung zur Priesterweihe angesehen werden. Er ist vielmehr als
ein Wert zu begreifen, der tief mit der heiligen Weihe verbunden ist, die den Priester Jesus
Christus, dem Guten Hirten und Bräutigam der Kirche gleichförmig macht, und daher als die Wahl
einer größeren und ungeteilten Liebe zu Christus und zu seiner Kirche und in voller, freudiger
Verfügbarkeit des Herzens für den priesterlichen Dienst. Der Zölibat ist als eine besondere Gnade,
als ein Geschenk anzusehen: "Nicht alle können es erfassen, sondern nur die, denen es gegeben
ist" (Mt 19,11). Gewiß handelt es sich um eine Gnade, die ihren Empfänger nicht von der
bewußten und freien Antwort entbindet, sondern diese mit einzigartiger Kraft von ihm fordert.
Dieses Charisma des Geistes schließt auch die Gnade ein, daß derjenige, der sie empfängt, das
ganze Leben treu bleibt und mit Selbstlosigkeit und Freude die damit verbundenen
Verpflichtungen erfüllt. In der Ausbildung zum priesterlichen Zölibat muß das Bewußtsein vom
"kostbaren Geschenk Gottes" (153) gewährleistet sein; es wird zum Gebet und zur Wachsamkeit

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anleiten, damit das Geschenk vor allem, was es bedrohen könnte, geschützt wird.
Der ehelos lebende Priester wird seinen Dienst im Volk Gottes besser erfüllen können. Indem er
den evangelischen Wert der Jungfräulichkeit bezeugt, wird er insbesondere die christlichen
Eheleute dazu anhalten können, das "große Sakrament" der Liebe des Bräutigams Christus zu
seiner Braut, der Kirche, in seiner Fülle zu leben, so wie auch seine Treue im Zölibat für die Treue
der Eheleute hilfreich sein wird (154).
Die Bedeutung und die Schwierigkeit der Hinführung zur priesterlichen Ehelosigkeit, insbesondere
unter den heutigen sozialen und kulturellen Gegebenheiten, haben die Synodenväter zu einer
Reihe von Anträgen veranlaßt, deren bleibende Gültigkeit im übrigen von der Weisheit der Mutter
Kirche bestätigt wird. Ich lege sie hier als Kriterien wieder vor, die bei der Erziehung zur
Keuschheit im Zölibat befolgt werden sollten: "Die Bischöfe sollen zusammen mit den Rektoren
und den Spirituälen der Seminare Grundsätze festlegen, Kriterien und Hilfen anbieten für den
Unterscheidungsprozeß auf diesem Gebiet. Von größter Wichtigkeit für die Erziehung zur
Keuschheit im Zölibat sind die Sorge des Bischofs und das brüderliche Leben unter den Priestern.
Im Seminar, das heißt in seinem Ausbildungsprogramm, soll der Zölibat mit aller Klarheit, ohne
jede Doppeldeutigkeit und in seinem positiven Gehalt, dargestellt werden. Der Seminarist soll über
einen hinreichenden Grad psychischer und sexueller Reife sowie über ein eifriges und echtes
Gebetsleben verfügen und unter der Führung eines geistlichen Begleiters stehen. Der Spiritual soll
dem Seminaristen dabei helfen, daß er zu einer reifen und freien Entscheidung gelangt, die sich
auf die Wertschätzung der priesterlichen Freundschaft und der Selbstbeherrschung sowie auch
auf die Annahme der Einsamkeit und auf ein in rechter Weise verstandenes physisches und
psychologisches Persönlichkeitsbild gründet. Darum sollen die Seminaristen die Lehre des II.
Vatikanischen Konzils, die Enzyklika Sacerdotalis caelibatus und die 1974 von der Kongregation
für das katholische Bildungswesen herausgegebene Instruktion über die Erziehung zum
priesterlichen Zölibat gut kennen. Damit der Seminarist den priesterlichen Zölibat in freier
Entscheidung um des Himmelreiches willen auf sich nehmen kann, ist es notwendig, daß er um
die christliche und wahrhaft menschliche Natur sowie um den Zweck der Geschlechtlichkeit in der
Ehe und im Zölibat Bescheid weiß. Es ist auch notwendig, die gläubigen Laien über die dem
Zölibat eigenen evangelischen, spirituellen und pastoralen Motivationen zu unterweisen, so daß
sie den Priestern durch Freundschaft, Verständnis und Zusammenarbeit behilflich sein können"
(155).
51. Die wissenschaftliche Ausbildung ist, obwohl sie einen ihr eigenen Sondercharakter hat, eng
mit der menschlichen und geistlichen Formung verbunden; dies zeigt sich darin, daß sie eine
notwendige Ausdrucksform dieser Dimensionen darstellt: Sie nimmt nämlich Gestalt an als ein
nicht unterdrückbares Bedürfnis des Verstandes, mit dem der Mensch "am Licht des göttlichen
Geistes teilnimmt" und eine Weisheit zu erwerben sucht, die sich ihrerseits auf die Erkenntnis
Gottes und auf die Verbundenheit mit ihm öffnet (156).

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Die wissenschaftlich-intellektuelle Ausbildung der Priesteramtskandidaten findet ihre
charakteristische Rechtfertigung in der Natur des geweihten Dienstes selbst und beweist ihre
aktuelle Dringlichkeit angesichts der Herausforderung der Neu-Evangelisierung", zu welcher der
Herr die Kirche an der Schwelle des dritten Jahrtausends aufruft. "Wenn schon jeder Christ",
schreiben die Synodenväter, "bereit sein soll, den Glauben zu verteidigen und die Hoffnung, die in
uns lebt, zu bezeugen (vgl. 1 Petr 3,15), um wieviel mehr müssen dann die
Priesteramtskandidaten und die Priester sich sorgfältig um den Wert der intellektuellen Bildung in
der Erziehung und in der Seelsorgstätigkeit kümmern, da sie sich zum Heil der Brüder und
Schwestern um eine Unsere vertiefte Kenntnis der göttlichen Geheimnisse bemühen sollen (157).
Unsere heutige Situation, die schwer gezeichnet ist von religiöser Gleichgültigkeit und einem
verbreiteten Mißtrauen in bezug auf die tatsächliche Fähigkeit der Religion, zur objektiven und
universalen Wahrheit zu gelangen und außerdem von den durch die Entdeckungen in
Wissenschaft und Technik hervorgerufenen neuen Problemen und Fragen geprägt ist, erfordert
mit Nachdruck ein hervorragendes Niveau der intellektuellen Ausbildung. Diese Ausbildung soll
die Priester dazu befähigen, dem so geschilderten Umfeld das unwandelbare Evangelium Christi
zu verkünden und es angesichts der legitimen Erfordernisse der menschlichen Lebenswirklichkeit
glaubwürdig zu machen. Hinzugefügt sei außerdem, daß das in unseren Tagen nicht nur im
Bereich der menschlichen Gesellschaft, sondern auch der kirchlichen Gemeinschaft sehr
ausgeprägte Phänomen des Pluralismus eine besondere Begabung zu kritischer Unterscheidung
verlangt: Das ist ein weiterer Grund, der die Notwendigkeit einer sehr ernsthaften intellektuellen
Ausbildung beweist.
Diese "pastorale" Begründung der wissenschaftlichen Ausbildung bestätigt noch einmal das, was
bereits über die Einheit des Erziehungsprozesses in seinen verschiedenen Dimensionen gesagt
wurde. Der engagierte Einsatz für das Studium, der einen Großteil des Lebens des Kandidaten
während seiner Vorbereitung auf das Priestertum einnimmt, ist in der Tat keine äußerliche und
nebensächliche Komponente seines menschlichen, christlichen und geistlichen Hineinwachsens in
die Berufung: In Wirklichkeit kommt der künftige Priester durch das Studium, vor allem der
Theologie, zu einer engen Verbindung mit dem Wort Gottes, wächst in seinem geistlichen Leben
und bereitet sich auf die Erfüllung seines pastoralen Dienstes vor. Das ist der vielfältige und
einheitliche Zweck des Theologiestudiums, der vom Konzil ausgewiesen (158) und vom
Instrumentum laboris der Synode wieder vorgelegt wurde: "Die intellektuelle Formung wird, damit
sie in pastoraler Hinsicht wirksam sein kann, in einen von der persönlichen Gotteserfahrung
geprägten geistlichen Ausbildungsgang integriert, um so ein bloß angelerntes Wissen zu
überwinden und zu jener Einsicht des Herzens zu gelangen, die zuerst zu sehen vermag und
danach imstande ist, das Geheimnis Gottes den Menschen mitzuteilen" (159).
52. Ein wesentliches Element der intellektuellen Ausbildung ist das Studium der Philosophie, das
zu tieferem Verständnis und zur besseren Deutung der menschlichen Person, ihrer Freiheit und
ihrer Beziehungen zur Welt und zu Gott anleitet. Die philosophische Ausbildung erweist sich als
sehr dringend, nicht nur wegen der Bande, die zwischen den philosophischen Themen und den in

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der Theologie im höheren Licht des Glaubens erforschten Heilsgeheimnissen bestehen," (160)
sondern auch angesichts einer weitverbreiteten kulturellen Situation, die den Subjektivismus zum
Kriterium und Maßstab der Wahrheit erhebt: Nur eine gesunde Philosophie kann den
Priesteramtskandidaten helfen, ein reflektiertes Bewußtsein von der Grundbeziehung zu
entwickeln, die zwischen dem menschlichen Geist und jener Wahrheit besteht, die sich uns in
Jesus Christus voll enthüllt. Nicht unterschätzt werden darf auch die Bedeutung der Philosophie
für die Garantie jener "Wahrheitsgewißheit", die es allein auf der Grundlage der persönlichen
Ganzhingabe an Jesus Christus geben kann. Man kann unschwer verstehen, daß einige sehr
konkrete Fragen, wie die Identität des Priesters und sein apostolischer und missionarischer
Einsatz, tief mit der keineswegs abstrakten Frage nach der Wahrheit verbunden sind: Wenn man
über die Wahrheit keine Gewißheit haben kann, wie ist es dann möglich, sein ganzes Leben aufs
Spiel zu setzen und die Kraft aufzubringen, sich ernsthaft des Lebens der anderen anzunehmen?
Die Philosophie hilft dem Kandidaten nicht wenig, die intellektuelle Bildung um den "Wahrheitskult"
zu bereichern: Gemeint ist eine Art liebevoller Verehrung der Wahrheit, die zu der Erkenntnis
führt, daß die Wahrheit nicht nach menschlichen Maßstäben geschaffen, sondern dem Menschen
von der höchsten Wahrheit, Gott, als Geschenk gegeben wird; gemeint ist ferner die
Überzeugung, daß die menschliche Vernunft, sei es auch begrenzt und manchmal mit
Schwierigkeiten, die objektive und universale Wahrheit, auch jene, die Gott und den radikalen
Sinn der Existenz betrifft, zu erreichen vermag; einbezogen ist weiterhin die Erfahrung, daß selbst
der Glaube nicht von der Vernunft und von der Mühe, seine Inhalte zu "denken", absehen kann,
wovon der große Geist des Augustinus Zeugnis gab: "Ich wollte mit dem Verstand das sehen, was
ich glaubte, und ich habe viel diskutiert und mich abgemüht" (161).
Hilfreich für ein tieferes Verständnis des Menschen und der gesellschaftlichen Phänomene und
Perspektiven in bezug auf eine so weit wie möglich "inkardinierte" pastorale Tätigkeit können auch
die sogenannten "Humanwissenschaften" sein, wie die Soziologie, die Psychologie, die
Pädagogik, die Wirtschafts- und Politikwissenschaft, die Kenntnis der sozialen
Kommunikationsformen. Und selbst in dem sehr präzisen Bereich der positiven oder deskriptiven
Wissenschaften helfen diese dem künftigen Priester, die von Christus gelebte "Gleichzeitigkeit" ins
Heute zu übertragen. "Christus hat sich", sagte Paul IV., Für einige Menschen zum Zeitgenossen
gemacht und mit ihnen in ihrer Sprache gesprochen. Die Treue zu ihm verlangt, daß diese
Gleichzeitigkeit fortdauert" (162).
53. Die intellektuelle Ausbildung des künftigen Priesters stützt sich vor allem auf das Studium der
Sacra doctrina, der Theologie, und baut auf dieser Grundlage auf. Der Wert und die Authentizität
der wissenschaftlichen Ausbildung hängen von der gewissenhaften Respektierung des der
Theologie eigenen Wesens ab, das die Synodenväter so zusammengefaßt haben: "Die wahre
Theologie stammt aus dem Glauben und will zum Glauben hinführen" (163). Das ist die
Auffassung, die die Kirche und insbesondere ihr Lehramt ständig vertreten haben. Und das ist
auch die Linie, der die großen Theologen folgten, die im Laufe der Jahrhunderte das Denken der

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Kirche bereichert haben. Der hl. Thomas drückt sich äußerst klar aus, wenn er sagt, der Glaube
sei der Habitus der Theologie, das heißt ihr dauerndes Wirkungsprinzip, (164) und "die ganze
Theologie ist darauf hingeordnet, den Glauben zu nähren" (165).
Der Theologe ist also vor allem ein Glaubender, ein Mann des Glaubens.
Aber er ist ein Glaubender, der sich über seinen Glauben Rechenschaft gibt (fides quaerens
intellectum), um zu einem tieferen Verständnis eben dieses Glaubens zu gelangen. Die beiden
Aspekte, der Glaube und das gereifte Nachdenken, sind tief miteinander verbunden und
verflochten: Ihre enge Zuordnung und Durchdringung entscheidet über die wahre Natur der
Theologie und infolgedessen über die Inhalte, die Möglichkeiten und den Geist, nach denen die
Sacra doctrina aufbereitet und studiert wird.
Da der Glaube, Ausgangs- und Zielpunkt der Theologie, dann ein persönliches Verhältnis des
Glaubenden zu Jesus Christus in der Kirche bewirkt, verfügt auch die Theologie über innere
christologische und ekklesiale Merkmale, die der Priesterkandidat bewußt übernehmen soll. Dies
gilt nicht nur wegen der Auswirkungen auf sein persönliches Leben, sondern auch wegen der
Konsequenzen für seinen Seelsorgsdienst. Wenn das Wort Gottes angenommen wird, läuft der
Glaube hinaus auf ein radikales ja" des Glaubenden zu Jesus Christus, dem vollen und
endgültigen Wort Gottes an die Welt (vgl. Hebr 1,lff.). Folglich hat die theologische Reflexion ihren
Mittelpunkt in der Zugehörigkeit zu Jesus Christus als der Weisheit Gottes: Die reife Reflexion,
das reife Nachdenken muß sich als Teilhabe am "Denken" Christi (vgl. 1 Kor 2,16) in der
menschliche Form einer Wissenschaft (scientia fidel) verstehen. Gleichzeitig fügt der Glaube den
Glaubenden in die Kirche ein und läßt ihn Anteil nehmen am Leben der Kirche als
Glaubensgemeinschaft. Folglich besitzt die Theologie eine kirchliche Dimension, weil sie eine
gereifte Reflexion über den Glauben der Kirche seitens des Theologen darstellt, der selbst Glied
der Kirche ist (166).
Diese christologischen und ekklesialen Perspektiven, die zum Wesen der Theologie gehören,
helfen mit, bei den Priesteramtskandidaten in Verbindung mit wissenschaftlicher Strenge eine
große, lebendige Liebe zu Jesus Christus und seiner Kirche zur Entfaltung zu bringen: Indem
diese Liebe ihr geistliches Leben nährt, bewirkt sie schon eine Orientierung auf die selbstlose
Erfüllung ihres Dienstes. Genau das war schließlich die Absicht des II. Vatikanischen Konzils das
die Neugestaltung der kirchlichen Studien anregte. Es wollte die verschiedenen philosophischen
und theologischen Disziplinen besser aufeinander abgestimmt sehen; "sie sollen harmonisch
darauf hinstreben, den Alumnen immer tiefer das Mysterium Christi zu erschließen, das die ganze
Geschichte der Menschheit durchzieht, sich ständig der Kirche mitteilt und im priesterlichen Dienst
in besonderer Weise wirksam wird" (167).
Wissenschaftliche Ausbildung und geistliches Leben, im besonderen das Gebetsleben, begegnen
und stärken sich gegenseitig, ohne im geringsten der theologischen Forschung etwas von ihrem

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Ernst noch dem Gebet etwas von seiner spirituellen Würze zu nehmen. Der hl. Bonaventura
ermahnt uns: "Niemand solle glauben, daß ihm die Lektüre ohne die Geistsalbung, das
spekulative Denken ohne das gefühlsbetonte Frohlocken, das Tun ohne die Frömmigkeit, das
Wissen ohne die Liebe, der Verstand ohne die Demut, das Studium ohne die göttliche Gnade, die
Selbstbetrachtung ohne die von Gott eingegossene Weisheit genüge" (168).
54. Die theologische Ausbildung ist eine sehr komplexe und verpflichtende Aufgabe. Sie soll den
Priesteramtskandidaten dazu führen, eine Sicht der von Gott in Jesus Christus geoffenbarten
Wahrheiten und der Glaubenserfahrung der Kirche zu erhalten, die vollständig und einheitlich sein
soll: Daher kommt die zweifache Forderung, "alle" christlichen Wahrheiten kennenzulernen, ohne
willkürliche Auswahlentscheidungen zu treffen und sie in organischer Form zu erfassen. Das
erfordert, daß dem Alumnen dabei geholfen wird, eine Synthese vorzunehmen, die Frucht der
Beiträge der verschiedenen theologischen Disziplinen sein soll, deren spezifische Eigenart erst in
ihrer tieferen Zuordnung echten Wert gewinnt.
In ihrer reifen Reflexion über den Glauben bewegt sich die Theologie in zwei Richtungen. Die
erste drückt sich im Studium des Wortes Gottes aus und zielt auf das in der Heiligen Schrift
enthaltene, in der lebendigen Überlieferung der Kirche gefeierte und gelebte und vom Lehramt der
Kirche glaubwürdig ausgelegte Wort. Daraus ergibt sich ein Zusammenhang zwischen dem
Studium der Heiligen Schrift, "die die Seele der ganzen Theologie sein muß", (169) dem Studium
der Kirchenväter und der Liturgie, der Kirchengeschichte und den Verlautbarungen des
Lehramtes. Die zweite Richtung ist die Sicht des Menschen als Gesprächspartner Gottes: Im
Blickpunkt steht der Mensch, der gerufen ist, die Fides und das christliche Ethos zu "glauben", zu
"leben" und den anderen "mitzuteilen". Daraus ergibt sich das Studium der Dogmatik, der
Moraltheologie, der Theologie des geistlichen Lebens, des Kirchenrechts und der
Pastoraltheologie.
Der Bezug zum glaubenden Menschen veranlaßt die Theologie, einerseits besonders auf die
ständige grundlegende Beziehung zwischen Glaube und Vernunft zu achten sowie andererseits
auf einige Erfordernisse, die mehr mit der sozialen und kulturellen Lage von heute
zusammenhängen. In die erste Gruppe gehört das Studium der Fundamentaltheologie, die die
christliche Offenbarung und ihre Weitergabe in der Kirche zum Gegenstand hat. In der zweiten
Gruppe sind Fächer zu finden, die als Antworten auf heute stark empfundene Probleme eine
entschiedenere Entwicklung erfahren haben und erfahren. So etwa das Studium der kirchlichen
Soziallehre, die "in den Bereich der Theologie, insbesondere der Moraltheologie, gehört" (170)
und die zu den "wesentlichen Bestandteilen" der Neu-Evangelisierung" zählt, deren Werkzeug sie
darstellt (171). Dasselbe gilt vom Studium der Missionswissenschaft, des Ökumenismus, des
Judentums, des Islam und der anderen Religionen.
55. Die theologische Ausbildung in der heutigen Zeit muß einigen Problemen Aufmerksamkeit
schenken, die nicht selten im Leben der Kirche Schwierigkeiten, Spannungen und Verwirrungen

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auslösen. Man denke an das Verhältnis zwischen den Verlautbarungen des Lehramtes und den
theologischen Diskussionen, das sich nicht immer so gestaltet, wie es sein sollte, das heißt im
Zeichen der Zusammenarbeit. Sicher "haben das lebendige Lehramt der Kirche und die Theologie
trotz verschiedener Gaben und Funktionen letzten Endes dasselbe Ziel: das Volk Gottes in der
Wahrheit zu erhalten, die frei macht und es so zum Licht der Völker zu machen. Dieser Dienst an
der kirchlichen Gemeinschaft setzt den Theologen in wechselseitige Beziehung zum Lehramt.
Dieses lehrt authentisch die Lehre der Apostel und, während es aus der theologischen Arbeit
Nutzen zieht, weist die Einwände gegen den Glauben und seine Entstellungen zurück und schlägt
mit der von Jesus Christus empfangen Vollmacht neue Vertiefungen, Erläuterungen und
Anwendungen der geoffenbarten Lehre vor. Die Theologie hingegen gewinnt auf dem Weg der
Reflexion eine immer tiefere Erkenntnis des Gotteswortes, das in der Schrift enthalten ist und von
der lebendigen Überlieferung der Kirche unter der Führung des Lehramtes weitergegeben wird;
sie versucht, die Belehrung über die Offenbarung vor der Instanz der Vernunft klarzustellen und
gibt ihr schließlich eine organische und systematische Gestalt" (172). Wenn jedoch - aus einer
Reihe von Gründen - diese Zusammenarbeit nachläßt, gilt es, keine Mißverständnisse und
Verwirrungen aufkommen zu lassen, indem man "die gemeinsame Lehre der Kirche" sorgfältig zu
unterscheiden weiß "von den Meinungen der Theologen und von Tendenzen", die rasch vergehen
(den sogenannten , Modena) (173). Es gibt kein "Parallel-Lehramt", denn das einzige Lehramt ist
das des Petrus und der Apostel, des Papstes und der Bischöfe (174).
Ein anderes Problem, das man vor allem dort wahrnimmt, wo die Seminar studien akademischen
Institutionen übertragen werden, betrifft das Verhältnis zwischen der wissenschaftlichen
Ausrichtung der Theologie und ihrer pastoralen Zielsetzung. Es handelt sich in Wirklichkeit um
zwei Wesensmerkmale der Theologie und ihrer Unterweisung, die einander nicht widersprechen,
sondern die, wenn auch unter verschiedenen Perspektiven, am vollen "Verständnis des Glaubens"
mitwirken. Denn der pastorale Charakter der Theologie bedeutet nicht eine Theologie, die weniger
doktrinell oder sogar ihrer Wissenschaftlichkeit beraubt wäre; er bedeutet hingegen, daß sie die
künftigen Priester befähigt, die Botschaft des Evangeliums mit Hilfe der kulturellen Möglichkeiten
ihrer Zeit zu verkünden und die Seelsorgstätigkeit einer authentischen theologischen Anschauung
entsprechend zu konzipieren. So wird ein Studium, das die strenge Wissenschaftlichkeit der
einzelnen theologischen Disziplinen respektiert, einerseits zur möglichst vollständigen und
gründlichen Ausbildung des Seelsorgers als Glaubenslehrer beitragen; andererseits wird die
angemessene Sensibilität für die pastorale Zielsetzung das ernsthafte wissenschaftliche Studium
der Theologie für die künftigen Priester ausgesprochen fruchtbar machen.
Ein weiteres Problem ergibt sich aus der heute stark vernehmbaren Forderung nach der
Evangelisierung der Kulturen und nach der Inkulturation der Glaubensbotschaft. Es ist ein
überwiegend pastorales Problem, das in größerem Umfang und mit mehr Sensibilität in die
Ausbildung der Priesteramtskandidaten Eingang finden muß: "Unter den heute gegebenen
Verhältnissen, wo in manchen Gegenden der Welt die christliche Religion als etwas sowohl für die
alten wie die modernen Kulturen Fremdes angesehen wird, ist es von großer Wichtigkeit, daß bei

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71
der ganzen intellektuellen und menschlichen Ausbildung die Dimension der Inkulturation für
notwendig und wesentlich gehalten wird" (175). Aber das erfordert zuvor eine authentische
Theologie, die sich von den katholischen Grundsätzen zur Inkulturation inspirieren läßt. Diese
Grundsätze verbinden sich mit dem Geheimnis der Menschwerdung des Gotteswortes und mit der
christlichen Anthropologie und erhellen den authentischen Sinn der Inkulturation: Sie will
angesichts der verschiedensten und manchmal gegensätzlichen Kulturen, die es in den
verschiedenen Teilen der Welt gibt, gehorsam gegenüber dem Gebot Christi sein, allen Völkern
bis an die äußersten Grenzen der Erde das Evangelium zu verkünden. Ein solcher Gehorsam
bedeutet weder Synkretismus noch einfache Anpassung der Verkündigung des Evangeliums,
sondern meint die Tatsache, daß das Evangelium voll Lebenskraft in die Kulturen eindringt, in sie
hineinwächst, indem es deren kulturelle Elemente, die mit dem Glauben und mit dem christlichen
Leben nicht vereinbar sind, überwindet und ihre Werte in das Heilsmysterium, das von Christus
kommt, hineinintegriert (176). Das Problem der Inkulturation kann von besonderem Interesse sein,
wenn die Priesteramtskandidaten selbst aus autochthonen Kulturen kommen: Sie werden
angemessene Ausbildungswege benötigen, sei es um die Gefahr zu überwinden, weniger
anspruchsvoll im Blick auf die Erziehung zu den menschlichen, christlichen und priesterlichen
Werten zu sein, sei es um die guten und authentischen Elemente ihrer Kulturen und Traditionen
zur Geltung zu bringen (177).
56. Im Gefolge der Lehre und der Richtlinien des II. Vatikanischen Konzils und der von der
Grundordnung für die Ausbildung der Priester gegebenen Anwendungshinweise ist in der Kirche
eine umfangreiche Weiterentwicklung der Ausbildung in den philosophischen und vor allem den
theologischen Lehrfächern in den Seminaren zum Abschluß gekommen. Auch wenn in einigen
Fällen noch weitere Verbesserungen und Entwicklungen erforderlich sind, so hat diese Anpassung
an die heutigen Erfordernisse insgesamt dazu beigetragen, das Erziehungsangebot im Rahmen
der intellektuellen Ausbildung immer qualifizierter zu machen. Diesbezüglich "haben die
Synodenväter erneut mehrmals und mit aller Klarheit die Notwendigkeit, ja Dringlichkeit bekräftigt,
daß in den Seminaren und Ausbildungshäusern der grundlegende Studienplan eingeführt werde,
und zwar sowohl in seiner gesamtkirchlichen Fassung wie in den Sonderbestimmungen der
einzelnen Nationen oder Bischofskonferenzen" (178).
Entschieden entgegengetreten werden muß der Tendenz, die Ernsthaftigkeit und den
Verpflichtungscharakter der Studien abzuschwächen, eine Tendenz, die sich in manchen
kirchlichen Kreisen auch als Folge einer unzureichenden und lückenhaften Grundvorbereitung der
Alumnen, die den philosophischen und theologischen Studiengang beginnen, bemerkbar macht.
Gerade die gegenwärtige Situation verlangt in zunehmendem Maße Lehrer, die wirklich insgesamt
auf der Höhe der Zeit stehen und imstande sind, sich sachkundig und mit klaren, eindeutigen
Argumenten den Sinnfragen der heutigen Menschen zu stellen, auf die allein das Evangelium
Jesu Christi die ganze und endgültige Antwort gibt.
57. Die gesamte Ausbildung der Priesteramtskandidaten ist dazu bestimmt, sie in besonderer

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Weise darauf vorzubereiten, die Kommunikation mit der Liebe Christi, des Guten Hirten, zu
verwirklichen. Diese Ausbildung muß daher in ihren verschiedenen Aspekten einen im
wesentlichen pastoralen Charakter haben. Das unterstrich das Konzilsdekret Optatam totius in
bezug auf die Priesterseminare sehr klar: "Die gesamte Ausbildung der Alumnen muß dahin
zielen, daß sie nach dem Vorbild unseres Herrn Jesus Christus, des Lehrers, Priesters und Hirten,
zu wahren Seelenhirten geformt werden; sie müssen also zum Dienst am Wort vorbereitet
werden, daß sie das geoffenbarte Gotteswort immer besser verstehen, durch Meditation mit ihm
vertraut werden und es in Wort und Leben darstellen; zum Dienst des Kultes und der Heiligung,
daß sie in Gebet und im Vollzug der heiligen Liturgie das Heilswerk durch das eucharistische
Opfer und die Sakramente vollziehen; zum Dienst des Hirten, daß sie den Menschen Christus
darstellen können, der nicht kam, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein
Leben als Lösegeld für viele hinzugeben (Mk 10,45; vgl. Joh 13,12-17), und daß sie, indem sie
Diener aller werden, so viele gewinnen" (vgl. 1 Kor 9,19) (179).
Der Konzilstext besteht auf der tiefgreifenden Zuordnung, die zwischen den verschiedenen
Aspekten der Ausbildung - der menschlichen, geistlichen und intellektuellen - besteht; und
zugleich drängt er auf ihre besondere pastorale Zielbestimmung. In diesem Sinne vermittelt die
pastorale Zielsetzung der menschlichen, geistlichen und intellektuellen Dimension ganz bestimmte
Inhalte und Wesensmerkmale und kann so für die gesamte Ausbildung der künftigen Priester das
einheitsstiftende Spezifikum sein.
Wie jede andere Ausbildung entfaltet sich auch die pastorale Dimension mittels der reiflichen
Überlegung und der operativen Anwendung, und sie schlägt ihre lebendigen Wurzeln in einem
Geist, der die Stütze sowie die Antriebs- und Entfaltungskraft vor allem darstellt.
Erfordert ist daher das Studium einer richtigen und eigenen theologischen Disziplin: der Pastoral-
oder praktischen Theologie, die eine wissenschaftliche Reflexion über die Kirche in ihrer täglichen
Auferbauung in der Geschichte durch die Kraft des Geistes ist: Es geht also um ein Nachdenken
über die Kirche als allumfassendes Heilssakrament", (180) als lebendiges Zeichen und Werkzeug
des Heilstat Jesu Christi im Wort, in den Sakramenten und im Dienst der Liebe. Die Seelsorge ist
weder nur eine Kunst noch ein Gefüge von Ratschlägen, Erfahrungen und Methoden; sie besitzt
ihre volle theologische Würde, weil sie aus dem Glauben die Grundsätze und Kriterien für das
pastorale Wirken der Kirche in der Geschichte bezieht, einer Kirche, die jeden Tag die Kirche
selbst "hervorbringt", wie es der hl. Beda Venerabilis sehr gelungen ausgedrückt hat: Nam et
Ecclesia quotidie gignit Ecclesiam" (181). Unter diesen Grundsätzen und Kriterien kommt dem
Maßstab der evangelischen Unterscheidung in der soziokulturellen und kirchlichen Situation,
innerhalb der sich das pastorale Wirken vollzieht, besondere Bedeutung zu.
Das Studium der Pastoraltheologie soll die Seelsorgstätigkeit durch die Übernahme einiger
Diensttätigkeiten erleuchten, die die Priesteramtskandidaten mit notwendiger Abstufung und stets
im Einklang mit den anderen Ausbildungsverpflichtungen verwirklichen sollen: Es handelt sich um

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pastorale "Erfahrungen", die in eine echte pastorale Lehrzeit" einfließen können, die auch von
längerer Dauer sein kann und methodisch überprüft werden muß.
Das Studium und die Seelsorgstätigkeiten verweisen aber auf eine innere Quelle, die die
Ausbildung stets zu bewahren und neu zu erschließen haben wird: die immer tiefere
Verbundenheit mit der Hirtenliebe Jesu. Wie sie das Prinzip und die Kraft seines Heilswirkens
gewesen ist, so muß sie dank der Ausgießung des Heiligen Geistes im Weihesakrament das
Prinzip und die Kraft des priesterlichen Dienstes darstellen. Es handelt sich um eine Ausbildung,
die nicht nur eine wissenschaftliche seelsorgerische Kompetenz und eine operative Fähigkeit
sicherstellen muß, sondern sie soll auch und vor allem das Wachstum einer Seinsweise in
Verbundenheit, in Gemeinschaft mit eben den Gesinnungen und Haltungen Christi, des Guten
Hirten, gewährleisten: "Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus
entspricht" (Phil 2,5).
58. So verstanden kann sich die pastorale Ausbildung sicher nicht auf die eines einfachen
Lehrlings beschränken, der sich mit irgendeiner pastoralen Technik vertraut machen will. Das
Erziehungsangebot des Seminars übernimmt die Verantwortung für eine gediegene Einführung in
die Sensibilität für den Hirtendienst und in die bewußte und reife Übernahme seiner
Verantwortlichkeiten. Gleichzeitig soll dieses Bemühen den Kandidaten innerlich daran gewöhnen,
die Probleme einzuschätzen und Prioritäten und Möglichkeiten bei ihrer Lösung festzulegen, und
zwar immer auf der Grundlage klarer Glaubensbegründungen und entsprechend den
theologischen Ansprüchen der Seelsorge selbst.
Durch die einführende und schrittweise Erprobung im Dienst sollen die künftigen Priester in die
lebendige pastorale Tradition ihrer Teilkirche eingegliedert werden können; sie sollen lernen, den
Horizont ihres Geistes und ihres Herzens für die Dimension der Mission des kirchlichen Lebens zu
öffnen; sie sollen sich üben in einigen ersten Formen der Zusammenarbeit untereinander und mit
den Priestern, zu denen sie geschickt worden sind. Letzteren obliegt in Verbindung mit dem
Angebot des Seminars eine pastorale Erziehungsverantwortung von nicht geringer Bedeutung.
Bei der Wahl geeigneter Orte und Dienste für das Einüben pastoraler Erfahrungen wird man die
Pfarre als Lebenszelle der ausschnitthaften und spezifizierten Seelsorgserfahrungen, durch die
sich die Priesterkandidaten mit den besonderen Problemen ihres künftigen Berufes konfrontiert
sehen, sorgfältig berücksichtigen müssen. (182). Die Synodenväter haben in diesem
Zusammenhang eine Reihe konkreter Beispiele vorgeschlagen: den Besuch von Kranken; die
Sorge um Emigranten, Asylanten und Nichtseßhafte; den Eifer der Liebe, der in verschiedene
soziale Aktivitäten umgesetzt wird. Im besonderen schreiben sie dazu: "Es ist notwendig, daß der
Priester Zeuge der Liebe Christi ist, der, umherzog und Gutes tat" (Apg 10,38); der Priester muß
auch das sichtbare Zeichen für die Sorge der Kirche sein, die Mutter und Lehrerin ist. Und da der
Mensch unserer Zeit von so viel Mißgeschick heimgesucht wird - das gilt besonders von dem
Menschen, der von einer unmenschlichen Armut, von blinder Gewalt und ungerechter Macht

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überfallen wird -, ist es notwendig, daß der zu jedem guten Werk bereite und gerüstete Mann
Gottes (vgl. 2 Tim 3,17) die Rechte und die Würde des Menschen fordernd geltend macht. Man
hüte sich jedoch davor, falschen Ideologien anzuhängen und zu vergessen, daß die Welt,
während sie den Fortschritt fördern will, allein durch das Kreuz Christi erlöst wird" (183).
Diese und andere Seelsorgstätigkeiten erziehen den künftigen Priester dazu, seine Sendung
durch "vollmacht" in der Gemeinde als "Dienst" zu erleben und Abstand zu nehmen von jeder
Haltung der Überlegenheit oder der Ausübung einer Macht, die nicht immer und allein durch die
pastorale Liebe gerechtfertigt wäre.
Für eine angemessene Ausbildung ist es notwendig, daß die verschiedenen Erfahrungen der
Priesterkandidaten einen klaren "Dienstcharakter" annehmen, in enger Verbindung mit den
anderen Erfordernissen, die zur Vorbereitung auf das Priesteramt gehören, und (keineswegs zum
Nachteil des Studiums) in Beziehung zu den Diensten der Verkündigung des Wortes, der Liturgie
und der Leitung. Diese Dienste können zur konkreten Umsetzung der Beauftragungen des
Lektorats, des Akolythats und des Diakonamtes werden.
59. Da die Seelsorgstätigkeit ihrer Natur nach dazu bestimmt ist, die Kirche zu beseelen, die in
ihrem Wesen Mysterium, Communio und Missio ist, wird die pastorale Ausbildung diese
kirchlichen Dimensionen in der Ausübung des priesterlichen Dienstes kennen und leben müssen.
Als grundlegend erweist sich das Bewußtsein, daß die Kirche "Mysterium", Geheimnis, göttliches
Werk, Frucht des Geistes Christi, wirksames Zeichen der Gnade, Gegenwärtigkeit der Trinität in
der christlichen Gemeinschaft ist: Ein solches Bewußtsein wird den Priester, ohne deshalb den
ihm eigenen Verantwortungssinn zu schwächen, davon überzeugen, daß das Wachstum der
Kirche das unverdiente Werk des Geistes ist und daß sein - von derselben göttlichen Gnade der
freien Verantwortlichkeit des Menschen anvertraute - Dienst der vom Evangelium so verstandene
Einsatz des "unnützen Knechtes" (vgl. Lk 17,10) ist.
Das Bewußtsein, daß die Kirche "Gemeinschaft" ist, wird den Priesteramtskandidaten auf die
Verwirklichung einer kommunikativen Pastoral in engem Zusammenwirken mit den verschiedenen
kirchlichen Personen vorbereiten: Priester und Bischof, Diözesan und Ordenspriester, Priester und
Laien. Aber Voraussetzung für eine solche Zusammenarbeit ist die Kenntnis und Achtung der
verschiedenen Gaben und Charismen, der verschiedenen Berufungen und Verantwortlichkeiten,
die der Geist den Gliedern des Leibes Christi anbietet und anvertraut; sie verlangt einen
lebendigen und gewissenhaften Sinn für die eigene Aufgabe und die Identität des anderen in der
Kirche; sie verlangt gegenseitiges Vertrauen, Geduld, Milde, Verständnis und Wartefähigkeit; sie
hat ihre Wurzel vor allem in einer Liebe zur Kirche, die größer ist als die Liebe zu sich selbst und
zu den partikulären Vereinigungen, denen man angehört. Besonders wichtig ist es, die künftigen
Priester auf die Zusammenarbeit mit den Laien vorzubereiten. "Sie sollen - wie das Konzil sagt -
gern auf die Laien hören, ihre Wünsche brüderlich erwägen und ihre Erfahrung und Zuständigkeit

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in den verschiedenen Bereichen des menschlichen Wirkens anerkennen, damit sie gemeinsam
mit ihnen die Zeichen der Zeit verstehen können" (184). Auch die jüngste Synode hat auf der
Hirtensorge für die Laien bestanden: "Der Alumne muß fähig werden, die gläubigen Laien, vor
allem die jugendlichen, mit den verschiedenen Berufungen (Ehe, soziales Engagement, Apostolat,
Dienste und Verantwortlichkeiten im pastoralen Bereich, Ordensleben, rechte Gestaltung des
politischen und gesellschaftlichen Handelns, wissenschaftliche Forschung und Lehre) bekannt zu
machen und sie darin einzuführen. Vor allem ist es notwendig, die Laien im Blick auf ihre Berufung
dazu anzuhalten, daß sie die Welt mit dem Licht des Evangeliums durchdringen und umgestalten,
indem sie dies als ihre Aufgabe erkennen und respektieren" (185).
Schließlich wird das Bewußtsein von der Kirche als "missionarischer" Gemeinschaft dem
Priesteramtskandidaten helfen, die missionarische Grunddimension der Kirche und ihrer
verschiedenen pastoralen Tätigkeiten zu lieben und aus ihr zu leben, weiterhin für alle
Möglichkeiten offen und verfügbar zu sein, die sich der Verkündigung des Evangeliums heute
bieten, nicht zu vergessen den wertvollen Dienst, den diesbezüglich der Einsatz der sozialen
Kommunikationsmittel leisten kann und Soll (186). Auch sei nicht vergessen, daß es um die
Vorbereitung auf einen Dienst geht, der vom einzelnen Kandidaten die konkrete Verfügbarkeit
dem Heiligen Geist und dem Bischof gegenüber fordern kann, sich aussenden zu lassen, um das
Evangelium jenseits der Grenzen seines Landes zu verkünden" (187).
II. Das Umfeld der Priesterausbildung
60. Die Notwendigkeit des Priesterseminars - und analog des Ordenshauses - für die Ausbildung
der Priesteramtskandidaten, die vom II. Vatikanischen Konzil (188) mit Nachdruck bekräftigt
wurde, ist nun von der Synode mit folgenden Worten aufs neue beteuert worden: "Die Einrichtung
des Priesterseminars als der beste Ausbildungsort muß sich wieder durchsetzen als normaler,
auch materieller Raum eines kommunitären und hierarchischen Lebens, ja als das eigentliche
Haus für die Ausbildung der Priesteramtskandidaten, mit Oberen, die sich mit ganzer Kraft dieser
Aufgabe widmen. Diese Einrichtung hat im Laufe der Jahrhunderte sehr viele Früchte gebracht
und erbringt sie weiterhin in der ganzen Welt" (189).
Das Seminar stellt eine Zeitstrecke und einen Lebensraum dar; vor allem aber stellt es sich vor als
eine Erziehungsgemeinschaft, die auf dem Weg ist: Diese Gemeinschaft wird vom Bischof
gefördert, um dem, der vom Herrn gerufen wird, zu dienen wie die Apostel, die Möglichkeit zu
bieten, die Ausbildungserfahrung, die der Herr den Zwölfen vorbehalten hat, wiederzuerleben.
Tatsächlich wird in den Evangelien eine lange, innige Gewohnheit, mit Jesus zu leben, als
notwendige Voraussetzung für den apostolischen Dienst hingestellt. Sie verlangt von den Zwölf,
auf besonders deutliche und eigenartige Weise die - irgendwie allen Jüngern empfohlene -
Loslösung vom gewohnten Milieu, von der bisherigen Arbeit, selbst von den liebsten Neigungen
(vgl. Mk 1,16-20; 10,28; Lk 9,23.57-62; 14,25-27). Wir haben schon mehrmals die Überlieferung
des Markus angeführt, der die tiefen Bande hervorhebt, die die Apostel mit Christus und

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untereinander verbinden: Ehe sie ausgesandt werden, um zu predigten und zu hellen, will Jesus
"sie bei sich haben" (Mk 3,14).
Die ureigene Identität des Seminars besteht darin, daß es auf seine Weise in der Kirche eine
Fortsetzung der engen apostolischen Gemeinschaft rund um Jesus ist, die auf sein Wort hört, die
auf dem Weg zur Erfahrung von Ostern ist, in Erwartung des Geistes als Geschenk zur Sendung.
Eine solche Identität stellt das maßgebende Ideal dar, das das Seminar in den verschiedenen
Gestalten und in den vielfältigen Wechselfällen, die es als menschliche Einrichtung in der
Geschichte zu verzeichnen hat, dazu anspornt, eine konkrete Realisierung zu finden, die den
Werten des Evangeliums entspricht, an denen es sich inspiriert und von denen her es in der Lage
ist, auf Situation und Erfordernisse in der jeweiligen Zeit zu antworten.
Das Seminar ist an sich eine Ur-Erfahrung des Lebens der Kirche: In ihm ist der Bischof
gegenwärtig durch das Amt des Rektors und den von ihm beseelten Dienst der Mitverantwortung
und Gemeinschaft mit den anderen Erziehern für das apostolische und pastorale Wachstum der
Alumnen. Die verschiedenen Mitglieder der Seminargemeinschaft, die vom Geist zu einer einzigen
Bruderschaft vereint werden, wirken, jeder seiner Gabe entsprechend, zum Wachstum aller im
Glauben und in der Liebe zusammen, damit sie sich in angemessener Weise auf das Priestertum
und somit darauf vorbereiten, die heilbringende Gegenwart Jesu Christi, des Guten Hirten, in der
Kirche und in der Geschichte fortzuleben.
Bereits unter einem menschlichen Gesichtspunkt muß das Priesterseminar bestrebt sein, "eine
Kommunität zu werden, die aus einer tiefen Freundschaft und Liebe lebt, so daß sie wahrhaft als
Familie angesehen werden kann, in der die Freude vorherrscht (190). Unter dem christlichen
Gesichtspunkt muß das Seminar - so die Synodenväter weiter - als "kirchliche Gemeinschaft", als
"Gemeinschaft der jünger des Herrn, in der die Liturgie gefeiert wird (was das Leben mit dem
Geist des Gebets durchdringt), Gestalt annehmen, jeden Tag geformt durch die Lesung und
Betrachtung des Gotteswortes und durch das Sakrament der Eucharistie und in der Übung der
brüderlichen Liebe und Gerechtigkeit, eine Kommunität, in der im Fortschritt des
Gemeinschaftslebens und im Leben jedes einzelnen Mitgliedes der Geist Christi und die Liebe zur
Kirche erstrahlen" (191). Zur Bestätigung und konkreten Entfaltung der kirchlichen
Grunddimension des Seminars schreiben die Synodenväter weiter: "Als kirchliche Gemeinschaft -
sei sie diözesan, überdiözesan oder vom Ordensleben geprägt - nährt das Seminar den Sinn der
Kandidaten für die Verbundenheit mit ihrem Bischof- und mit ihrem Presbyterium, so daß sie an
ihren Hoffnungen und an ihren Ängsten teilnehmen und diese Öffnung auf die Bedürfnisse der
Gesamtkirche auszuweiten wissen" (192). Wesentlich für die Ausbildung der Kandidaten zum
Priesteramt und zum priesterlichen Dienst, der seinem Wesen nach kirchlich ist, ist es, daß das
Seminar nicht als etwas Äußerliches und Oberflächliches, das heißt lediglich als ein Wohn- und
Studienplatz, empfunden wird, sondern verinnerlicht und tiefer gesehen wird: als eine spezifisch
kirchliche Gemeinschaft, eine Kommunität, die die Gruppenerfahrung der um Jesus vereinten

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Zwölf wiedererlebt (193).
61. Das Seminar ist also eine kirchliche Erziehungsgemeinschaft, ja eine erziehende
Gemeinschaft besonderer Art. Und es ist das besondere Ziel, ihre Physognomie zu bestimmen:
Dabei geht es um die helfende Wegbegleitung der künftigen Priester beim Erkennen der
Berufung, es müssen Hilfen geboten werden, ihr zu entsprechen; wichtig ist schließlich die
Vorbereitung auf den Empfang des Weihesakramentes mit den ihm eigenen Gnaden und
Verantwortlichkeiten, durch die der Priester Jesus Christus, dem Haupt und Hirten, gleichgestaltet
und befähigt und verpflichtet wird, an seiner Heilssendung in Kirche und Welt teilzunehmen.
Als Erziehungsgemeinschaft ist das ganze Leben des Seminars mit seinen verschiedenen
Ausdrucksformen in der menschlichen, geistlichen, intellektuellen und pastoralen Ausbildung der
künftigen Priester engagiert: Es ist eine Ausbildung, die zwar viele gemeinsame Aspekte mit der
menschlichen und christlichen Ausbildung aller Glieder der Kirche, aber doch Inhalte,
Bedingungen und Wesensmerkmale aufweist, die sich in spezifischer Weise von dem gesetzten
Ziel herleiten, auf das Priestertum vorzubereiten.
Die Inhalte und Formen dieser Erziehungstätigkeit erfordern also, daß das Seminar seine eigene
gewissenhafte Planung hat, das heißt ein Lebensprogramm, das gekennzeichnet ist sowohl durch
seine Geschlossenheit und Einheitlichkeit als auch durch seine Abstimmung bzw.
Übereinstimmung mit dem einzigen Ziel, das die Existenz des Seminars rechtfertigt: die
Ausbildung der künftigen Priester.
In diesem Sinne schreiben die Synodenväter: Als Erziehungsgemeinschaft muß [das Seminar]
einem klar definierten Programm dienen, das als charakteristisches Merkmal eine einheitliche
Leitung in der Person des Rektors und seiner Mitarbeiter aufweist. Es braucht weiterhin den
Zusammenhang der Lebensordnung mit der Bildungstätigkeit und den Grundforderungen eines
Gemeinschaftslebens, das die zentralen Ausbildungsverpflichtungen umfaßt. Dieses Programm
muß ohne Zögern und Unentschiedenheit der besonderen Zielsetzung dienen, die allein die
Existenz des Seminars rechtfertigt, nämlich die Ausbildung der künftigen Priester zu Hirten der
Kirche" (194). Damit die Planung wirklich passend und wirksam ist, müssen die großen
inhaltlichen Linien durch einige Sonderbestimmungen, die das Gemeinschaftsleben regeln sollen
und dabei auch geeignete Mittel und zeitliche Perspektiven benennen, konkreter ins Detail
umgesetzt werden.
Hier gilt es, noch einen anderen Gesichtspunkt hervorzuheben: Die Erziehungsarbeit ist ihrer
Natur nach die Begleitung der konkreten geschichtlichen Personen, die auf dem Weg sind,
bestimmte Lebensideale zu wählen und ihnen treu zu bleiben. Gerade deshalb muß es die
Erziehungsarbeit fertigbringen, die klare Orientierung auf das Berufsziel hin, die Notwendigkeit,
ernsthaft auf dieses Ziel zuzugehen, die sorgfältige Betreuung des "Wanderers", das heißt des
konkreten Menschen, der sich auf diese Herausforderung und damit auf eine Reihe von

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Situationen, Problemen, Schwierigkeiten und ganz unterschiedliche Wegerfahrungen und
Wachstumsphasen einläßt, harmonisch in Einklang zu bringen. Das erfordert kluge Flexibilität, die
keineswegs falsche Kompromisse bedeutet, weder hinsichtlich der Werte noch des bewußt und
frei gelebten Verpflichtungscharakters der priesterlichen Lebensform. Solche Flexibilität bedeutet
vielmehr wahre Liebe und aufrichtigen Respekt für den, der sich in seiner ganz persönlichen Lage
auf dem Weg zum Priestertum befindet. Das gilt nicht nur in bezug auf die einzelne Person,
sondern auch in bezug auf die verschiedenen sozialen und kulturellen Umfelder, innerhalb derer
die Seminare leben, und auf ihre jeweils unterschiedliche Geschichte. In diesem Sinne verlangt
die Erziehungsarbeit eine ständige Erneuerung. Die Synodenväter haben auch bezüglich der
Gestaltung des Seminarlebens mit Nachdruck festgestellt: "Abgesehen von der Gültigkeit der
klassischen Formen des Seminars wünscht die Synode, daß die Konsultationsarbeit der
Bischofskonferenzen über die heutigen Erfordernisse der Ausbildung so fortgeführt wird, wie es im
Dekret Optatam totius (Nr. 1) und auf der Synode von 1967 festgelegt wurde. Entsprechend sollen
die Ausbildungsordnungen der einzelnen Nationen oder Riten revidiert werden, sei es auf
Ersuchen der Bischofskonferenzen, sei es bei apostolischen Visitationen in den Seminaren der
verschiedenen Nationen. Dadurch soll es möglich werden, verschiedene Ausbildungsformen
einzubringen, die sich bewährt haben und den Bedürfnissen der eingeborenen Völker und ihrer
Kultur, der Berufungen von Erwachsenen, der Missionsberufe usw. entsprechen müssen" (195).
62. Die Zielsetzung des Priesterseminars und die ihm eigene Ausbildungsordnung erfordern es,
daß die Priesteramtskandidaten, die dort eintreten, schon eine gewisse Vorbereitung hinter sich
haben. Eine solche Vorbereitung warf - zumindest bis vor einigen Jahrzehnten - keine besonderen
Probleme auf, als nämlich die Priesteramtskandidaten für gewöhnlich aus den "Kleinen
Seminaren" hervorgingen und das christliche Leben der Gemeinden mit Leichtigkeit allen ohne
Unterschied eine recht ordentliche christliche Unterweisung und Erziehung bot.
Die Situation hat sich vielerorts geändert. Es besteht eine starke Diskrepanz zwischen dem
Lebensstil und der elementaren Formung der Kinder, Heranwachsenden und jugendlichen
einerseits, auch wenn diese Christen - und mitunter engagiert - im Leben der Kirche sind, und
dem ganz anderen Lebensstil des Seminars und seiner erzieherischen Erfordernisse andererseits.
In diesem Zusammenhang stelle ich - gemeinsam mit den Synodenvätern -die Frage, ob es eine
angemessene Zeit der Vorbereitung geben solle, die der Seminarausbildung vorausgeht: "Es ist
von Nutzen, daß es eine menschliche, christliche, intellektuelle und geistliche Vorbereitungsphase
für die Kandidaten gebe, die sich für den Eintritt in das Priesterseminar bewerben. Die Kandidaten
müssen ihrerseits bestimmte Eigenschaften aufweisen: die rechte Absicht, einen genügenden
Grad menschlicher Reife, eine möglichst umfassende Kenntnis der Glaubenslehre, eine gewisse
Vertrautheit mit den Gebetsweisen und dem Brauchtum, das der christlichen Tradition entspricht.
Sie sollen auch die ihrem Lebensraum gemäßen Einstellungen mitbringen, durch die das
Bemühen um die Suche nach Gott und die Suche nach dem Glauben seinen Ausdruck findet (vgl.
Evangelii nuntiandi, 48)" (196).

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"Eine möglichst umfassende Kenntnis der Glaubenslehre", von der die Synodenväter sprechen, ist
schon vor Beginn des Theologiestudiums erforderlich: eine intelligentia fidel läßt sich nicht
entfalten, wenn man die fides in ihren Inhalten nicht kennt. Eine solche Lücke wird künftig durch
den neuen Weltkatechismus leichter geschlossen werden können.
Während die Überzeugung von der Notwendigkeit solch einer dem Priesterseminar
vorausliegenden Vorbereitung allgemein geteilt wird, ist die Beurteilung ihrer Inhalte und
Charakteristika bzw. ihrer vorrangigen Zielsetzung unterschiedlich: ob es sich mehr um eine
geistliche Formung zur Unterscheidung einer Berufung oder um eine intellektuelle und kulturelle
Ausbildung handeln solle. Andererseits können die zahlreichen und tiefgreifenden Unterschiede
nicht außer acht gelassen werden, die nicht nur in bezug auf die einzelnen Kandidaten bestehen,
sondern auch in bezug auf die verschiedenen Regionen und Länder. Dies legt noch eine Phase
weiterer Überlegungen und Sammlung von Erfahrungen nahe, damit die verschiedenen Elemente
dieser vorgängigen Vorbereitung oder "propädeutischen Phase" in angemessenerer und klarerer
Weise umrissen werden können: Dauer, Ort und Themen einer solchen Zeitphase, die überdies
auf die folgenden Ausbildungsjahre im Seminar abgestimmt werden muß.
In diesem Sinne nehme ich die von den Synodenvätern formulierte Frage auf und lege sie der
Kongregation für das Katholische Bildungswesen erneut vor: "Die Synode bittet darum, daß die
Kongregation für das Katholische Bildungswesen alle Informationen über die anfänglich schon
gemachten oder derzeitigen Erfahrungen sammeln möge. Zu gegebener Zeit möge die
Kongregation den Bischofskonferenzen die Informationen zu diesem Thema zuleiten'' (197).
63. Nach dem Zeugnis einer breiten Erfahrung äußert sich die Berufung zum Priester in einem
anfänglichen Moment oftmals in den Jahren der Präadoleszenz oder den allerersten Jahren der
Jugend. Und auch bei denjenigen, die sich zum Eintritt ins Seminar erst nach Ablauf einer
längeren Zeit entscheiden, kann nicht selten festgestellt werden, daß der Ruf Gottes bereits in
weit zurückliegenden Lebensabschnitten gegenwärtig war. Die Kirchengeschichte bezeugt
durchgängig die Existenz von Berufungen, die der Herr an Menschen in frühem Kindesalter
richtet. Der heilige Thomas erklärt beispielsweise die Vorliebe Jesu für den Apostel Johannes mit
dessen "zartem Alter" und zieht daraus folgenden Schluß: "Dies läßt uns verstehen, daß Gott
diejenigen auf besondere Weise liebt, die sich seinem Dienst von frühester Jugend auf ergeben"
(198).
Die Kirche nimmt sich durch die Einrichtung der Kleinen Seminare dieser Samenkörner der
Berufung an, die ins Herz der Kinder gelegt sind und läßt ihnen eine aufmerksame, wenngleich
anfängliche vernünftige Begleitung angedeihen. In verschiedenen Teilen der Welt leisten die
Kleinen Seminare nach wie vor eine wertvolle erzieherische Arbeit, die auf die Wahrung und
Entfaltung der Berufung zum Priester gerichtet ist, damit die Alumnen sie leichter wahrnehmen
können und besser in der Lage sind, ihr zu entsprechen. Ihr Erziehungsangebot zielt darauf, in
maßvoller und gestufter Weise jene menschliche, kulturelle und geistliche Bildung zu fördern, die

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den jungen Menschen hinführt, den Weg im Priesterseminar auf angemessener und solider
Grundlage aufzunehmen.
"Dazu angeleitet werden, Christus dem Erlöser mit großherzigem Sinn und reinem Herzen
nachzufolgen": dies ist das Ziel des Kleinen Seminars, wie es im Dekret Optatam totius
angegeben ist, das die erzieherische Grundgestalt dieser Einrichtung folgendermaßen umreißt:
Die Alumnen sollen "unter der väterlichen Leitung der Oberen und durch entsprechende Mitarbeit
der Eltern ... ein Leben führen, wie es zu Alter, Sinnesart und Entwicklung der jungen Menschen
paßt und mit den Grundsätzen einer gesunden Psychologie in Einklang steht. Eine hinreichende
Lebenserfahrung und der Umgang mit der eigenen Familie dürfen nicht fehlen" (199).
Das Kleine Seminar wird in der Diözese auch ein Bezugspunkt für die Berufungspastoral sein
können, mit geeigneten Formen offener Annahme und Informationsangeboten für diejenigen
jugendlichen, die auf der Suche nach ihrer Berufung sind oder die sich bereits entschieden haben,
dieser Berufung zu folgen, aber aus verschiedenen Umständen - familiären oder schulischen - den
Eintritt ins Seminar aufschieben müssen.
64. Dort, wo keine Möglichkeit zur Einrichtung eines Kleinen Seminars, das "in vielen Regionen
notwendig und sehr hilfreich zu sein scheint", gefunden werden kann, ist die Errichtung anderer
Institutionen vorzusehen, wie es etwa die "geistlichen Gruppen" für Heranwachsende und
jugendliche sein könnten (200). Obwohl sie keine festen Einrichtungen sind, vermögen diese
Gruppen in einem gemeinschaftlichen Rahmen eine systematische Anleitung zu bieten für die
Prüfung und das Wachsen einer Berufung. Obwohl die betreffenden Kinder und jugendlichen in
ihrer Familie leben und in ihrer Gemeinde Umgang pflegen, die ihnen auf ihrem
Entscheidungsweg zur Seite steht, dürfen sie nicht alleingelassen werden. Sie brauchen eine
bestimmte Gruppe oder eine Bezugsgemeinschaft, der sie sich anschließen, um jenen
spezifischen Weg der Berufung zu vollenden, den die Gabe des Geistes in ihnen begonnen hat.
Wie es in der Kirchengeschichte stets vorgekommen ist, und mit einer bestimmten Charakteristik
von ermutigender Neuheit und Häufigkeit auch unter den gegenwärtigen Bedingungen der Fall ist,
läßt sich das Phänomen von Priesterberufungen im Erwachsenenalter feststellen, nach einer mehr
oder weniger langen Erfahrung christlichen Lebens im Laienstand und beruflicher Tätigkeit. Es ist
nicht immer möglich - und oft auch nicht geraten -, Erwachsene aufzufordern, den
Ausbildungsgang im Priesterseminar zu durchlaufen. Vielmehr muß man - nach einer sorgfältigen
Unterscheidung der Echtheit dieser Berufungen - für die Ausgestaltung eines spezifischen Typs
von Ausbildungsbegleitung Sorge tragen, um so - vermittels Zweckmäßiger Anpassungen - die
notwendige geistliche und geistige Ausbildung sicherzustellen (201). Eine rechte Beziehung zu
den anderen Priesteramtskandidaten und Zeiten der Anwesenheit in der Seminargemeinschaft
vermögen die volle Eingliederung dieser Berufungen in das eine Presbyterium und ihre innige und
herzliche Gemeinschaft mit ihm zu gewährleisten.

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9.1 Page 81

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III. Die Träger der Priesterausbildung
65. Weil die Ausbildung der Priesteramtskandidaten zur Sorge der Kirche um Berufungen gehört,
ist zu sagen, daß die ganze Kirche als solche das gemeinschaftliche Subjekt ist, welches die
Gnade und die Verantwortung hat, diejenigen zu begleiten, die der Herr ruft, seine Diener im
Priesteramt zu werden.
In diesem Sinn hilft uns der Blick auf das Mysterium der Kirche, den Standort und die Aufgabe
besser zu bestimmen, die ihren Gliedern - sei es als einzelnen, sei es als Gliedern eines Leibes -
in der Ausbildung der Priesteramtskandidaten zukommt.
Nun ist die Kirche ihrem tiefsten Wesen nach das "Gedächtnis", das "Sakrament" der Gegenwart
und des Handelns Jesu Christi mitten unter uns und für uns. Seiner Heilsgegenwart ist der Ruf
zum Priestertum zu verdanken: nicht allein der Ruf, sondern auch die Begleitung, damit der
Gerufene die Gnade des Herrn besser zu erkennen und ihr in Freiheit und Liebe zu antworten
vermöge. Der Geist Jesu ist es, der bei der Unterscheidung und auf dem Weg der Berufung
erleuchtet und stärkt. Es geschieht also kein eigentliches Werk der Ausbildung zum Priestertum
ohne den Einfluß des Geistes Christi. Jeder menschliche Ausbilder muß sich dessen voll bewußt
sein. Denn wie wäre es möglich, eine so vollkommen geschenkte und radikal wirksame Kraftquelle
zu übersehen, die ihr entscheidendes" Gewicht" im Engagement für die Ausbildung auf das
Priestertum hin hat! Und wie wäre es möglich, sich nicht über jeden menschlichen Ausbilder
freuen zu können, der - in gewissem Sinne - für den Priesteramtskandidaten einen sichtbaren
Stellvertreter Christi darstellt? Wenn die Priesterausbildung wesentlich die Hinführung des
künftigen "Hirten" zum Bild des Guten Hirten Jesus Christi ist -wer kann dann außer Jesus selbst,
kraft der Ausgießung seines Geistes, jene pastorale Liebe schenken und zur Reife bringen, die Er
bis zur totalen Selbsthingabe gelebt hat (vgl. Joh 15,13; 10, 11) und von der er will, daß sie
entsprechend auch von allen Priestern wiederbelebt wird?
Erster Repräsentant Christi in der Priesterausbildung ist der Bischof. Man könnte vom Bischof -
von jedem Bischof - sagen, was der Evangelist Markus uns in dem schon mehrfach zitierten Text
sagt: "Und er rief die zu sich, die er erwählt hatte, und sie kamen zu ihm. Und er setzte zwölf ein,
die er bei sich haben und die er dann aussenden wollte . . ." (Mk 3,13-14). In der Tat bedarf der
innere Ruf des Geistes der Anerkennung seiner Authentizität durch den Bischof. Wenn alle zum
Bischof "kommen" können, insofern er Hirt und Vater aller ist, können dies in einer besonderen
Weise seine Priester aufgrund der gemeinsamen Teilhabe am selben Priestertum und Amt: Der
Bischof - sagt das Konzil - muß sie als "Brüder und Freunde" betrachten und behandeln (202).
Und dies läßt sich analog auch von denen sagen, die sich auf das Priestertum vorbereiten. Was
das "bei sich haben wollen" anbelangt, also den Wunsch, mit dem Bischof zu sein, folgt daraus
bereits als höchst bedeutungsvoll für seine Verantwortlichkeit im Hinblick auf die Ausbildung der
Priesteramtskandidaten, daß der Bischof sie häufig besuchen und auf bestimmte Weise bei ihnen
"sein" sollte.

9.2 Page 82

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82
Die Anwesenheit des Bischofs hat einen ganz besonderen Wert, nicht nur weil es der
Seminargemeinschaft hilft, ihr Hineingenommensein in die Ortskirche und ihre Gemeinschaft mit
dem Oberhirten, der sie leitet, zu leben, sondern auch, weil es eben jenes seelsorgliche Ziel
beglaubigt und fördert, die das Spezifikum der gesamten Ausbildung der Priesteramtskandidaten
ausmacht. Vor allen Dingen bietet der Bischof durch seine Anwesenheit und die Gemeinsamkeit
mit den Priesteramtskandidaten in allem, was den pastoralen Weg der Ortskirche angeht, einen
wesentlichen Beitrag zur Formung des "sensus Ecclesiae", diesem für die Ausübung des
Priesteramtes zentralen geistlichen und seelsorglichen Wert.
66. Die Erziehungsgemeinschaft des Seminars bildet sich um verschiedene Ausbilder herum: den
Rektor, den Spiritual, die Oberen und die Professoren. All diese müssen sich mit dem Bischof
zutiefst verbunden fühlen, den sie auf unterschiedlicher Basis und in mannigfaltiger Weise
repräsentieren, und sie müssen untereinander überzeugte und herzliche Gemeinschaft und
Zusammenarbeit pflegen: Diese Einheit der Erzieher ermöglicht nicht nur eine angemessene
Verwirklichung des Erziehungsprogramms, sondern bietet den Priesteramtskandidaten auch und
vor allem ein bezeichnendes Beispiel sowie die konkrete Einführung in jene kirchliche
Gemeinschaft, die einen Grundwert christlichen Lebens und seelsorglichen Dienstes bildet.
Offensichtlich hängt die Wirksamkeit der Ausbildung zum großen Teil von der - nach allgemein
menschlichem Maßstab und nach dem des Evangeliums - reifen und starken Persönlichkeit der
Ausbilder ab. Besonders wichtig wird daher die sorgfältige Auswahl der Ausbilder einerseits sowie
deren Bemühen, sich selbst immer besser zur Erfüllung der ihnen anvertrauten Aufgabe zu
befähigen, andererseits. Im Bewußtsein, daß gerade die Auswahl und Ausbildung der
Verantwortlichen für die Priesterausbildung zentrales Gewicht in der Vorbereitung der
Priesteramtskandidaten hat, haben die Synodenväter sich intensiv mit der Profilbeschreibung der
Ausbilder beschäftigt. Im einzelnen haben sie geschrieben: "Die Aufgabe der Ausbildung der
Priesteramtskandidaten erfordert gewiß nicht nur eine bestimmte besondere Vorbereitung seitens
der Ausbilder, die wirklich technisch, pädagogisch, geistlich, menschlich und theologisch sein soll,
sondern auch Gemeinschaftssinn und den Geist einmütiger Zusammenarbeit bei der Entfaltung
des Ausbildungsprogramms, so daß die Einheit im pastoralen Wirken des Seminars unter der
Leitung des Rektors stets gewahrt bleibt. Die Gruppe der Ausbilder soll Zeugnis eines wirklichen
Lebens nach dem Evangelium und totaler Hingabe an den Herrn sein. Es ist zweckmäßig, daß sie
eine gewisse Dauerhaftigkeit aufweist und daß ihr gewöhnlicher Aufenthaltsort in der
Seminargemeinschaft sei. Sie soll innigst verbunden sein mit dem Bischof als dem
Erstverantwortlichen in der Priesterausbildung" (203).
Zuerst und vor allem müssen sich die Bischöfe ihrer großen Verantwortung um die Ausbildung
derer bewußt sein, die mit der Erziehung der künftigen Priester beauftragt werden sollen. Für
dieses Amt müssen Priester mit beispielhaftem Lebenswandel gewählt werden, die im Besitz
verschiedener Eigenschaften sind: "menschliche und geistliche Reife, seelsorgliche Erfahrung,
berufliche Kompetenz, Festigkeit in der eigenen Berufung, Kooperationsfähigkeit, ihrem Amt

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entsprechende Kenntnisse in den Humanwissenschaften (besonders der Psychologie),
Kenntnisse über die Formen von Gruppenarbeit" (204).
Unter Wahrung der Unterscheidung von forum internum und forum externum, der erforderlichen
Freiheit bei der Wahl der Beichtväter und der Klugheit und Diskretion, die für die Aufgabe des
Spirituals notwendig sind, soll sich die priesterliche Gemeinschaft der Ausbilder solidarisch fühlen
in der Verantwortung bei der Erziehung der Priesteramtskandidaten. Ihr kommt an erster Stelle,
doch stets mit Bezug auf die maßgebliche zusammenfassende Beurteilung durch den Bischof und
den Rektor, die Aufgabe zu, die Eignung der Kandidaten zu fördern und festzustellen, was ihre
geistliche, menschliche und geistige Befähigung angeht, vor allem bezüglich des Geistes des
Gebetes, der profunden Aneignung der Glaubenslehre, der Fähigkeit zu wahrer Brüderlichkeit und
des Charismas des Zölibats (205).
Vergegenwärtigt man sich - wie die Synodenväter es auch getan haben - die Hinweise des
Nachsynodalen Schreibens Christifideles Laici und des Apostolischen Schreibens Mulieris
dignitatem, (206) die den Nutzen und den gesunden Einfluß der Spiritualität der Laien und des
weiblichen Charismas auf jeden Erziehungsvorgang hervorheben, so ist es zweckmäßig, in
klugem und den verschiedenen kulturellen Kontexten angepaßtem Maß auch die Mitarbeit von
Laien - Männern und Frauen - in die Ausbildungstätigkeit an den künftigen Priestern
einzubeziehen. Diese sind mit Sorgfalt auszuwählen, im Rahmen der kirchlichen Gesetzgebung
und gemäß ihren besonderen Begabungen sowie ihren nachgewiesenen Fähigkeiten. Es ist
statthaft, von ihrer Mitarbeit, die zweckmäßigerweise auf die vorrangige erzieherische
Verantwortung der Ausbilder in der Priestererziehung hingeordnet und ihr eingegliedert ist, gute
Früchte für ein ausgewogenes Wachsen des "sensus Ecclesiae" und für eine genauere
Wahrnehmung der eigenen priesterlichen Identität seitens der Priesteramtskandidaten zu
erwarten (207).
67. Diejenigen, die die künftigen Priester in die heilige Lehre einführen und sie mit ihrem Unterricht
in der Theologie begleiten, haben eine besondere erzieherische Verantwortung, die
erfahrungsgemäß oft kaum weniger entscheidend für die Entfaltung der priesterlichen
Persönlichkeit ist als die der anderen Erzieher.
Die Verantwortung der Theologiedozenten liegt - noch vor dem Lehr-Verhältnis, das sie mit den
Priesteramtskandidaten aufzubauen haben - in der Konzeption, die sie selbst vom Wesen der
Theologie und des Priesteramtes haben müssen, sowie in dem Geist und dem Stil, dem gemäß
sie ihr theologisches Lehren entfalten. In diesem Sinn haben die Synodenväter zurecht bekräftigt,
daß "sich der Theologe bewußt bleiben muß, bei seinem Lehren keine aus sich selbst stammende
Ermächtigung zu haben, sondern daß er die Glaubenseinsicht letztlich im Namen des Herrn und
der Kirche erschließt und weitergibt. Auf diese Weise übt der Theologe, ungeachtet des
Gebrauchs aller wissenschaftlichen Möglichkeiten, sein Amt im Auftrag der Kirche aus und
arbeitet bei seinem Lehrauftrag mit dem Bischof zusammen. Deshalb stehen die Theologen und

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die Bischöfe im Dienst der Kirche selbst bei der Vertiefung des Glaubens, sie sollen
wechselseitiges Vertrauen entfalten und pflegen und in diesem Geist auch die Spannungen und
Konflikte überwinden (vgl. dazu ausführlicher die Instruktion der Glaubenskongregation über Die
kirchliche Berufung des Theologen)" (208).
Der Theologiedozent muß - wie jeder andere Erzieher auch - in Gemeinschaft mit all den anderen
Personen bleiben, die an der Ausbildung der künftigen Priester beteiligt sind, und herzlich mit
ihnen zusammenarbeiten und so mit wissenschaftlicher Genauigkeit, Großherzigkeit, Demut und
Eifer seinen ihm eigenen qualifizierten Beitrag leisten. Dieser besteht nicht allein in der
Vermittlung einer bloßen Lehre - auch wenn es sich dabei um die heilige Lehre handelt -, sondern
vor allem in einer Darlegung der Grundperspektive, die im göttlichen Plan alles menschliche
Wissen und die verschiedenen Lebensformen umfaßt.
Insbesondere bemessen sich die Eigentümlichkeit und der Ausbildungsbeitrag der
Theologiedozenten nach dem Maß, in dein sie zuerst und vor allem "Männer des Glaubens sind
und erfüllt von der Liebe zur Kirche; überzeugt davon, daß die Kirche als solche das Subjekt ist,
das der Kenntnis des christlichen Mysteriums entspricht, und insofern überzeugt davon, daß ihr
Lehrauftrag ein wirkliches kirchliches Amt ist; reich an seelsorglichern Gespür für die
Unterscheidung nicht nur der Inhalte, sondern auch der angemessenen Formen für ihre
Amtsausübung. Insbesondere ist von dem Dozenten volle Treue zum Lehramt verlangt. Sie lehren
ja im Namen der Kirche und sind deshalb Zeugen des Glaubens" (209).
68. Die Heimatgemeinden, aus denen ein Priesteramtskandidat stammt, üben - trotz der
notwendigen Trennung, die die Berufswahl mit sich bringt -weiterhin einen Einfluß auf die
Ausbildung des künftigen Priesters aus, der keineswegs gleichgültig ist. Sie müssen sich daher
der ihr zukommenden Mitverantwortung bewußt sein.
Vor allem ist hier an die Familie zu erinnern: Die christlichen Eltern, wie auch die Geschwister und
die anderen Glieder des engeren Kreises der Familie, werden niemals versuchen, den künftigen
Priester auf die engen Grenzen einer allzu menschlichen - wenn nicht gar äußerlich-weltlichen -
Logik festzulegen, selbst wenn sie dabei von aufrichtiger Empfindung geleitet sind (vgl. Mk 3,20-
21.31-35). Von eben jenem Vorsatz geleitet", den Willen Gottes zu erfüllen", werden sie vielmehr
den Ausbildungsweg mit dem Gebet, mit Hochachtung, mit gutem Beispiel in den häuslichen
Tugenden und geistlicher wie materieller Unterstützung - vor allem in schwierigen Momenten -zu
begleiten wissen. Die Erfahrung zeigt, daß in vielen Fällen diese mannigfaltige Unterstützung sich
als entscheidend für den Priesteramtskandidaten erwiesen hat. Auch wenn die Eltern und
Familien der Berufswahl gleichgültig oder ablehnend gegenüberstehen, kann die klare und
ernsthafte Auseinandersetzung mit ihrer Ansicht und der Ansporn, der hieraus erwächst, eine
große Hilfe sein, die priesterliche Berufung in bewußterer und entschiedenerer Weise zur Reife zu
führen.

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Ein grundlegender Zusammenhang besteht zwischen den Familien und der Pfarrgemeinde, und
die eine wie die andere passen sich in das Gefüge der Glaubenserziehung ein; oft spielt dann die
Pfarrgemeinde - mit einer besonderen Jugendseelsorge und Berufungspastoral - eine die Aufgabe
der Familie ergänzende Rolle. Vor allem leistet die Gemeinde einen ihr eigenen und besonders
wertvollen Beitrag zur Ausbildung des künftigen Priesters, insofern sie die unmittelbarste
ortsgebundene Verwirklichung des Mysteriums der Kirche ist. Die Pfarrgemeinde soll den jungen
Mann auf dem Weg zum Priestertum weiterhin als lebendigen Teil ihrer selbst empfinden, sie soll
ihn mit dem Gebet begleiten, ihn in den Zeiten der Ferien herzlich aufnehmen, ihn anerkennen
und bei der Ausformung seiner priesterlichen Identität fördern, indem sie ihm zweckmäßige
Möglichkeiten und starke Anreize bietet, seine Berufung zum priesterlichen Leben zu erproben.
Auch die geistlichen Gemeinschaften und Jugendverbände, Zeichen und Bestätigung der
Lebendigkeit, die der Geist der Kirche zusichert, können und sollen zur Ausbildung der
Priesteramtskandidaten beitragen, insbesondere jener, die aus der christlichen, geistlichen und
apostolischen Erfahrung solcher Gruppierungen hervorgehen. Die jugendlichen, die ihre
grundlegende Formung in solchen Gruppierungen erhalten haben und die sich in ihrer Erfahrung
von Kirche auf sie beziehen, sollten sich nicht genötigt fühlen, sich von ihrer Vergangenheit zu
lösen und die Beziehungen zu der Umgebung abzubrechen, die zur Festigung ihrer Berufung
beigetragen hat. Sie sollten ebensowenig die typischen Züge der Spiritualität tilgen, die sie dort
erlernt und gelebt haben, mit all dem Guten, Auferbauenden und Bereichernden, das diese
enthalten (210) . So bleibt auch für sie diese ursprüngliche Umgebung eine Quelle der Hilfe und
Unterstützung auf dem Ausbildungsweg hin zum Priestertum.
Die Gelegenheit zur Glaubenserziehung und zu christlichem und kirchlichem Wachstum, die der
Geist so vielen jugendlichen durch mannigfache Arten von Gruppierungen, Bewegungen und
Gemeinschaften unterschiedlicher, am Evangelium orientierter Sinneshaltungen schenkt, sollen
als inspirierende Gabe innerhalb der institutionellen Struktur und im Dienst an ihr wahrgenommen
und gelebt werden. Eine Bewegung oder eine bestimmte Spiritualität ist ja "keine Alternativstruktur
zur kirchlichen Institution. Sie ist hingegen Quelle einer Präsenz, die ihre existentielle und
geschichtliche Authentizität ständig erneuert. Der Priester soll also in einer Bewegung Licht und
Wärme finden, die ihn zur Treue gegenüber seinem Bischof befähigt, die ihn bereit macht für die
Aufträge der Institution und die ihn die kirchliche Disziplin beachten läßt, so daß der Schwung
seines Glaubens und die Freude an seiner Treue fruchtbarer werden" (211).
Es ist deshalb erforderlich, daß die jugendlichen, die aus geistlichen Gemeinschaften und
kirchlichen Verbänden kommen, in der neuen Kommunität des Seminars, in der sie vom Bischof
zusammengeführt worden sind, "den Respekt vor den anderen geistlichen Wegen sowie den Geist
des Dialogs und der Zusammenarbeit" lernen und daß sie sich zustimmend und aus vollem
Herzen an den Ausbildungsvorgaben des Bischofs wie an den Erziehern im Seminar orientieren
und sich ihrer Leitung wie ihrer Beurteilung mit aufrichtigem Vertrauen überlassen (212). Diese
Einstellung bereitet ja die genuine priesterliche Lebensentscheidung zum Dienst inmitten des

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Gottesvolkes, in der brüderlichen Gemeinschaft des Presbyteriums und in Gehorsam gegenüber
dem Bischof vor und nimmt sie gewissermaßen vorweg.
Die Teilhabe des Seminaristen und des Diözesanpriesters an bestimmten Formen von Spiritualität
oder bestimmten kirchlichen Gruppierungen ist sicherlich als solche ein förderliches Element des
Wachstums und der priesterlichen Mitbrüderlichkeit. Aber diese Teilhabe darf die Ausübung des
Amtes und das geistliche Leben, wie sie dem Diözesanpriester eigentümlich sind, nicht
beeinträchtigen, sondern muß sie vielmehr unterstützen. Er "ist und bleibt der Hirte der
Gesamtheit. Er ist nicht nur der Vollamtliche, für alle erreichbar, sondern er steht auch der
Versammlung vor - namentlich an der Spitze der Pfarren -, damit alle den Zugang zur
Gemeinschaft und zur sie verbindenden Eucharistie finden, den sie zurecht erwarten, welches
immer ihr religiöses Empfinden oder ihr apostolisches Engagement sei" (213).
69. Schließlich darf nicht vergessen werden, daß der Priesteramtskandidat selbst sich als
notwendige und unvertretbare Hauptperson der eigenen Ausbildung sehen muß: jede Ausbildung,
auch die zum Priester, ist letztlich eine Art Selbst-Bildung. Niemand kann uns ja in unserer
eigenen verantwortlichen Freiheit vertreten, die uns als Einzelpersonen zukommt.
Sicherlich muß auch und gerade der künftige Priester in dem Bewußtsein voranschreiten, daß für
seine Ausbildung die Hauptperson schlechthin der Heilige Geist ist, der in der Gabe des neuen
Herzens den Menschen nach dem Bild Jesu Christi, des Guten Hirten, gestaltet und ihm
gleichförmig macht. In diesem Sinn bekräftigt der Kandidat die ihm eigene Freiheit auf die
radikalste Weise, wenn er das formende Gestalten des Geistes an seiner eigenen Persönlichkeit
bejaht. Dies bedeutet seitens des Priesteramtskandidaten aber auch, daß er die menschlichen
Vermittlungsformen, derer sich der Geist bedient, annimmt. Daher erweist sich das Handeln der
verschiedenen Erzieher wirklich und in vollem Umfang nur dann als wirksam, wenn der künftige
Priester ihm seine persönliche Überzeugung und herzliche Zusammenarbeit entgegenbringt.
KAPITEL VI
ICH RUFE DIR INS GEDÄCHTNIS: ENTFACHE DIE GNADE GOTTES WIEDER,
DIE DIR ZUTEIL GEWORDEN IST
Die Weiterbildung des Priesters
70. "Darum rufe ich dir ins Gedächtnis: Entfache die Gnade Gottes wieder, die dir durch die
Auflegung meiner Hände zuteil geworden ist" (2 Tim 1,6).
Die Worte des Apostels an den Bischof Timotheus lassen sich mit voller Berechtigung auf jene
Weiterbildung anwenden, zu der alle Priester aufgerufen sind, kraft der "göttlichen Gabe", die sie
bei der heiligen Weihe empfangen haben. Die Worte führen uns dazu, die ungeteilte Wahrheit und

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die unverwechselbare Eigenheit der Priesterbildung als Lebensprozeß zu erfassen. Dabei hilft uns
auch ein anderer Text des Apostels Paulus, in dem es -wiederum an Timotheus gerichtet - heißt:
"Vernachlässige die Gnade nicht, die in dir ist und die dir verliehen wurde, als dir die Ältesten
aufgrund prophetischer Worte gemeinsam die Hände auflegten. Dafür sollst du sorgen, darin sollst
du leben, damit alle deine Fortschritte offenbar werden. Achte auf dich selbst und auf die Lehre;
halte daran fest! Wenn du das tust, rettest du dich und alle, die auf dich hören" (1 Tim 4,14-16).
Der Apostel fordert Timotheus auf, die göttliche Gabe "wiederzubeleben" bzw. wiederzuentfachen,
so wie man es mit der Glut tut. Das bedeutet, die göttliche Gabe anzunehmen und im Leben zu
verwirklichen, ohne dabei jemals jenes "immerwährend Neue" zu verlieren oder zu vergessen, das
jedem Geschenk Gottes eigen ist, der alles neu macht (vgl. Offb, 21,5), und so diese Gabe in ihrer
unüberbietbaren Frische und ursprünglichen Schönheit lebendig zu halten.
Aber ein solches "Wiederbeleben" ist nicht nur der Erfolg eines Bemühens, das der persönlichen
Verantwortlichkeit des Timotheus anheimgestellt wäre, es ist nicht nur das Ergebnis einer
Anstrengung seiner Erinnerungsfähigkeit und seiner Willenskraft. Es ist die Wirkung einer
gnadenhaften Dynamik, die der göttlichen Gabe selbst zutiefst innewohnt: Gott selbst also ist es,
der seine eigene Gabe wiederbelebt, oder besser, der all den außerordentlichen Reichtum an
Gnade und Verantwortung freisetzt, der in diesem Geschenk eingeschlossen ist.
Mit der sakramentalen Ausgießung des Heiligen Geistes, der heiligt und sendet, wird der Priester
Jesus Christus, dem Haupt und Hirten der Kirche, gleichgestaltet und ausgesandt zur Erfüllung
des seelsorglichen Amtes. Auf diese Weise ist der Priester auf immer und unauslöschlich in
seinem Sein als Amtsträger Christi und der Kirche gezeichnet, er ist eingefügt in eine fortdauernde
und unumkehrbare Lebensform, und er ist mit einem seelsorglichen Amt beauftragt, das - im Sein
des Priesters verwurzelt - seine ganze Existenz beansprucht und ebenfalls fortdauernd ist. Das
Weihesakrament teilt dem Priester die sakramentale Gnade, die Hirtenliebe Christi mit, die ihn
nicht nur der Heils-Vollmacht und des Heils-Dienstes Jesu teilhaftig macht, sondern auch seiner
pastoralen "Liebe"; gleichzeitig versichert es den Priester all derjenigen Gnadengaben, die ihm
jeweils dann gegeben werden, wenn sie für eine würdige und vollkommene Erfüllung des
empfangenen Dienstamtes notwendig oder nützlich sind.
Die Weiterbildung findet so ihr eigentliches Fundament und ihre ursprüngliche Begründung im
Wirkgeschehen des Weihesakramentes.
Sicher fehlen keineswegs auch einfach menschliche Gründe, die den Priester zur Realisierung
einer Weiterbildung veranlassen. Sie ist ein Erfordernis fortschreitender Selbstverwirklichung:
jedes Leben ist ein unablässiger Weg auf weitere Reifung hin, und diese vollzieht sich durch
beständige Ausbildung. Sie ist überdies ein Erfordernis des priesterlichen Amtes, und sei es nur
seinem allgemeinen und allen anderen Berufen in der gleichen Weise eigenen Wesen nach. im
Blick auf den Dienst am anderen. Es gibt heutzutage keinen Beruf, kein Engagement, keine

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Arbeit, die nicht eine beständige Bemühung um ein Leben im Heute erforderte, wenn man aktuell
und wirkungsvoll sein möchte. Das Erfordernis, "Schritt zu halten" mit dem Gang der Geschichte,
ist ein anderer menschlicher Grund für die Weiterbildung.
Diese und andere Gründe werden allerdings motiviert und näherhin qualifiziert durch die bereits
genannten theologischen Gründe, die sich noch weiter vertiefen lassen.
Das Weihesakrament läßt sich - aufgrund seines Wesens als Zeichen", wie es allen Sakramenten
eigen ist - als Wort Gottes auffassen, das es auch wirklich ist - als Wort Gottes, der ruft und
sendet. Es ist der stärkste Ausdruck für Berufung und Sendung des Priesters. Im Weihesakrament
ruft Gott den Kandidaten "coram Ecclesia" "ins" Priestertum. Das "komm und folge mir nach" Jesu
gelangt zu seiner vollen und endgültigen Kundgabe in der sakramentalen Feier seiner Kirche: es
äußert sich und teilt sich mit durch die Stimme der Kirche, die im Munde des Bischofs hörbar wird,
der betet und die Hände auflegt. Und der Priester gibt im Glauben Antwort auf den Ruf Jesu: "Ich
komme und folge dir nach." Von diesem Moment an beginnt die Antwort, die sich als
Lebensentscheidung mit den Jahren im Priestertum in zahllosen anderen Antworten je neu
ausdrücken und behaupten muß, die alle grundgelegt und belebt sind vom ja" der heiligen Weihe.
In diesem Sinne kann man von einer Berufung "im" Priestertum sprechen. In der Tat fährt Gott
damit fort, zu rufen und zu senden und so seinen Heilsplan in der geschichtlichen Entfaltung des
priesterlichen Lebens wie auch der Wechselfälle von Kirche und Gesellschaft zu offenbaren. Und
in eben dieser Perspektive tritt die Bedeutung einer Weiterbildung zutage: sie ist erforderlich, um
diesen beständigen Ruf oder Willen Gottes unterscheiden und ihm Folge leisten zu können. So
wird der Apostel Petrus auch dann noch gerufen, nachdem der Auferstandene ihm seine Herde
anvertraut hat: Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Amen, amen, das sage ich dir: Als du
noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Wenn du
aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich führen, wohin
du nicht willst. Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen würde.
Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!" (Joh 21,17-19). Es gibt also ein ''folge mir
nach", das das Leben und die Sendung des Apostels begleitet. Es ist ein "Folge mir nach", das
den Aufruf und den Anspruch zur Treue bis in den Tod (vgl. Joh 21,22) bezeugt, ein ''folge mir
nach", das eine Nachfolge Christi bis zur totalen Selbsthingabe im Martyrium bedeuten kann
(214).
Die Synodenväter haben dem Grund, der die Notwendigkeit einer Weiterbildung belegt und
zugleich sein tiefstes Wesen enthüllt, Ausdruck gegeben, indem sie ihn als "Treue" gegenüber
dem priesterlichen Amt und als "beständigen Bekehrungsvorgang" (215) bezeichnet haben. Es ist
der mit dem Sakrament ausgegossene Heilige Geist, der den Priester in dieser Treue stützt, der
ihn begleitet und ihn auf dem Weg unablässiger Bekehrung anspornt. Die Geistgabe setzt die
Freiheit des Priesters nicht außer Kraft, sondern regt sie an, mit ihr in verantwortlicher Weise
zusammenzuwirken und in der Weiterbildung eine ihm übertragene Aufgabe zu sehen. Auf diese

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Weise ist die Weiterbildung Ausdruck und Anspruch der Treue des Priesters seinem Amt und,
mehr noch, seinem eigenen Sein gegenüber. Sie bedeutet also gleichermaßen Liebe zu Jesus
Christus und Einklang mit sich selbst. Aber sie ist auch ein Liebeshandeln gegenüber dem Volk
Gottes, zu dessen Dienst der Priester bestellt ist. Mehr noch, sie ist Handeln echter und wirklicher
Gerechtigkeit: er steht gegenüber dem Gottesvolk in der Pflicht, insofern er gerufen ist, ihm jenes
grundlegende "Recht" zuzuerkennen und in ihm zu bestärken, nämlich Empfänger des Wortes
Gottes, der Sakramente und des Liebesdienstes zu sein, was der ursprüngliche und unaufgebbare
Gehalt pastoralen Dienstes des Priesters ist. Die Weiterbildung ist notwendig dafür, damit der
Priester diesem Recht des Volkes in der erforderlichen Art und Weise Genüge tun kann.
Seele und Grundgestalt dieser Weiterbildung ist die pastorale Liebe: Der Heilige Geist, der die
pastorale Liebe eingießt, führt und begleitet den Priester zu einem immer tieferen Verständnis des
Christus-Mysteriums, das in seinem Reichtum unergründlich ist (vgl. Eph 3,14ff.) und hilft ihm - als
dessen Widerschein - zu einem Verständnis des Mysteriums der priesterlichen Sendung. Die
pastorale Liebe selbst drängt den Priester, die Erwartungen, Bedürfnisse, Probleme und sensiblen
Lebensbereiche der Menschen, denen sein Amt gilt, immer mehr zu verstehen: der Menschen, die
sich in ihren konkreten Situationen persönlicher, familiärer und sozialer Art angenommen fühlen
müssen.
Auf all dieses zielt die Weiterbildung, verstanden als ein bewußtes und freies Eingehen auf die
Dynamik der pastoralen Liebe und des Heiligen Geistes, der ihre Quelle ist und aus dem sie
beständig gespeist wird. In diesem Sinn ist die Weiterbildung ein Erfordernis, das dem Geschenk
des sakramentalen Amtes selbst innewohnt und sich zu jeder Zeit als notwendig offenbart. Heute
erweist sie sich aber als besonders dringlich, nicht nur aufgrund der rasanten gesellschaftlichen
und kulturellen Veränderung der Menschen und der Völker, unter denen das Priesteramt
vollzogen wird, sondern auch wegen der "Neuevangelisierung", die den wesentlichen und
unaufschiebbaren Auftrag der Kirche am Ende des zweiten Jahrtausends darstellt.
71. Die Weiterbildung der Welt- wie der Ordenspriester ist die natürliche und absolut notwendige
Fortsetzung jenes Bildungsprozesses der priesterlichen Persönlichkeit, der im Seminar oder im
Ordenshaus seinen Ausgang genommen und dort auf dem Ausbildungsgang mit Blick auf die
Weihe entfaltet worden ist.
Die Wahrnehmung und Anerkennung der bestehenden inneren Zusammengehörigkeit zwischen
der Ausbildung, die der Priesterweihe vorausgeht und jener, die darauf folgt, ist von besonderer
Bedeutung. Wenn es nämlich Unausgewogenheiten oder gar einen Bruch zwischen diesen beiden
Ausbildungsphasen gäbe, würden daraus unmittelbar schwerwiegende Konsequenzen für die
seelsorgliche Tätigkeit und die brüderliche Gemeinschaft unter den Priestern - besonders denen
unterschiedlichen Alters - folgen. Die Weiterbildung ist nicht nur eine Wiederholung der im
Seminar angeeigneten Ausbildung, die bloß neu vorgelegt oder mit neuen Anwendungshinweisen
versehen wäre. Sie vollzieht sich mit Inhalten und vor allem unter Zuhilfenahme von Methoden,

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die verhältnismäßig neu sind, als eine lebendige Wirklichkeit, die - im Grunde ein und dieselbe - in
ihrem Voranschreiten (so sehr auch die Wurzeln in der Seminarausbildung ruhen) Anpassungen,
Erneuerungen und Veränderungen benötigt, ohne freilich der Gefahr von Brüchen zwischen
diesen Phasen oder von falschen Dauerlösungen zu erliegen.
Und umgekehrt ist es notwendig, daß vom Priesterseminar an die spätere Weiterbildung
grundgelegt und daß der Sinn der künftigen Priester für dieses Anliegen geöffnet wird, indem ihre
Notwendigkeit, ihre Vorteile und ihr Geist dargelegt sowie die Bedingungen für ihre Verwirklichung
sichergestellt werden.
Eben weil die Weiterbildung eine Fortsetzung der Seminarausbildung ist, kann ihr Ziel nicht eine
sozusagen bloß professionelle Anpassung sein, die man durch die Aneignung einiger neuer
pastoraler Techniken erhielte. Sie sollte eher die Art und Weise darstellen, mit der ein allgemeiner
und ganzheitlicher beständiger Reifungsvorgang lebendig gehalten wird, nämlich einerseits durch
die Vertiefung aller Dimensionen der Ausbildung (menschlich, geistlich, intellektuell und pastoral)
und andererseits durch das Herstellen ihres inneren und lebendigen ureigenen Zusammenhangs
untereinander. Ausgangs- und Bezugspunkt wird dabei immer die pastorale Liebe sein müssen.
72. Eine erste Vertiefung betrifft die menschliche Dimension der Priesterbildung. Vom täglichen
Umgang mit den Menschen hier und vom Mitleben ihres Alltags muß der Priester die menschliche
Empfindungsfähigkeit erweitern und vertiefen, die es ihm erlaubt, die Bedürfnisse zu verstehen
und die Anliegen aufzunehmen, die unausgesprochenen Fragen wahrzunehmen, die Hoffnungen
und Erwartungen, die Freuden und die Mühen gemeinsamen Lebens zu teilen sowie zur
Begegnung mit allen und zum Gespräch mit allen fähig zu sein. Insbesondere dadurch, daß der
Priester die menschliche Erfahrung des Leidens in seinen unterschiedlichen Erscheinungweisen -
vom Elend bis zur Krankheit, vom Ausgestoßensein bis zum Bildungsmangel, zu Einsamkeit, zu
materieller und sittlicher Armut - kennt und teilt, d. h. sich innerlich davon betreffen läßt, bereichert
er die eigene Menschlichkeit und macht sie glaubwürdiger und transparenter in einer wachsenden
und leidenschaftlichen Liebe zum Menschen.
Bei dem Bemühen, seine menschliche Reife zu vervollkommnen, empfängt der Priester eine
besondere Hilfe durch die Gnade Jesu Christi: die Liebe des Guten Hirten drückt sich ja nicht nur
im Geschenk des Heils für die Menschen aus, sondern auch in der konkreten
Lebensgemeinschaft mit ihnen. Es handelt sich dabei um ein Leben, dessen Freude und Leid
Jesus als das Wort, das "Fleisch" geworden ist (vgl. Joh 1, 14), erfahren wollte, dessen Mühen er
wahrnehmen, dessen Gefühle er teilen, dessen Schmerz er lindern wollte; in einem Leben als
Mensch unter Menschen und mit den Menschen eröffnet Jesus Christus die höchste,
ureigentlichste und vollkommenste Ausdrucksform des Menschseins: wir sehen ihn, wie er auf der
Hochzeit zu Kana feiert, wie er eine befreundete Familie besucht, wie er sich um die hungrige
Menge kümmert, die ihm gefolgt ist, wie er kranke oder gar tote Kinder ihren Eltern zurückgibt, wie
er über den Verlust des Lazarus weint ...

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10.1 Page 91

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Vom Priester, der in seiner menschlichen Empfindungsfähigkeit zu immer größerer
Vollkommenheit gelangt ist, soll das Gottesvolk etwas sagen können, das dem vergleichbar ist,
was der Hebräerbrief über Jesus sagt: "Wir haben ja nicht einen Hohenpriester, der nicht mitfühlen
könnte mit unserer Schwäche, sondern einen, der in allem wie wir in Versuchung geführt worden
ist, aber nicht gesündigt hat" (Hebr 4,15).
Die fortdauernde Priesterbildung hinsichtlich ihrer geistlichen Dimension ist ein Erfordernis des
neuen Lebens nach dem Evangelium, zu dem der Priester in besonderer Weise vom Heiligen
Geist gerufen ist, der im Weihesakrament ausgegossen wird. Der Geist, der den Priester weiht
und ihn nach dem Bild Jesu Christi, des Hauptes und Hirten, gestaltet, schafft eine Verbindung,
die - im Sein des Priesters selbst angelegt - danach verlangt, in persönlicher Weise angeeignet
und gelebt zu werden, d. h. bewußt und frei, durch eine immer reichere Lebens- und
Liebesgemeinschaft und ein immer intensiveres und radikaleres Teilen der Empfindungen und
Haltungen Jesu Christi. In dieser Verbindung zwischen dem Herrn Jesus und dem Priester, einer
ontologischen und psychologischen, einer sakramentalen und sittlichen Verbindung, besteht das
Fundament und zugleich die Kraft für Jenes "Leben aus dem Geist und jene "Radikalität des
Evangeliums", wozu jeder Priester gerufen ist und die von der Weiterbildung in ihrem geistlichen
Aspekt begünstigt wird. Dieses Bemühen um Weiterbildung erweist sich auch in bezug auf das
Priesteramt als notwendig, nämlich für seine Glaubwürdigkeit und geistliche Fruchtbarkeit. "Bist du
Seelsorger?" fragte sich der hl. Karl Borromäus. Und er antwortete darauf in einer Ansprache an
die Priester auf folgende Weise: "Vernachlässige darüber nicht die Sorge für dich selbst, und sei
andern gegenüber nicht so freigebig, daß für dich selbst nichts übrigbleibt. Du mußt zwar an die
Seelen denken, deren Vorsteher du bist, aber nicht so, daß du dich selbst vergißt. Erkennt,
Brüder, daß nicht allen Männern der Kirche in gleicher Weise dasselbe notwendig ist. Es gibt das
innere Gebet, das allen unseren Handlungen vorausgeht, sie begleitet und ihnen folgt: Ich will dir
singen, sagt der Prophet, und erkennen (vgl. Ps 100,1). Spendest du die Sakramente, lieber
Bruder, so bedenke, was du tust. Feierst du die Messe, so bedenke, was du darbringst. Singst du
im Chor, bedenke, mit wem du sprichst und was du sagst. Leitest du die Seelen, so bedenke, mit
wessen Blut sie reingewaschen sind, und, alles, was ihr tut, geschehe in Liebe (1 Kor 16,14). Alle
Schwierigkeiten, die wir notwendig Tag für Tag in großer Zahl erfahren - wir sind ja in sie
hineingestellt -, werden wir leicht überwinden können. Auf diese Weise gewinnen wir die Kraft,
Christus in uns und in anderen zu gebären'' (216).
Besonders das Gebetsleben bedarf beim Priester beständiger "Erneuerung". Die Erfahrung lehrt
ja, daß man beim Beten nicht von einem angelegten Vorrat zehren kann: jeden Tag ist es
erforderlich, nicht nur die äußere Treue bei der Einhaltung von Gebetszeiten neu zu gewinnen,
besonders derjenigen Zeiten, die der Feier des Stundengebetes gewidmet sind und derer, die der
persönlichen Wahl überlassen und nicht von festen Abläufen und terminlichen Vorgaben des
liturgischen Dienstes abgesichert sind. Es geht dabei auch und vor allem um die beständige
Suche nach einer wirklichen persönlichen Begegnung mit Jesus und um ein vertrauensvolles
Gespräch mit dem Vater, um eine tiefe Erfahrung des Geistes.

10.2 Page 92

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Wenn der Apostel Paulus von allen Gläubigen sagt, daß sie gehalten sind, "zum vollkommenen
Menschen zu werden und Christus in seiner vollendeten Gestalt darzustellen" (Eph 4,13), dann
kann dies in besonderer Weise auf die Priester angewandt werden, die zur Vervollkommnung der
Liebe und somit zur Heiligkeit gerufen sind, und dies auch, weil gerade ihr seelsorgliches Amt sie
als lebendige Vorbilder für alle Gläubigen haben will.
Auch die intellektuelle Dimension der Ausbildung verlangt nach Fortsetzung und Vertiefung im
Leben des Priesters, insbesondere durch das Studium sowie ein ernsthaftes und engagiertes
Mühen um Vergegenwärtigung des kulturellen Lebens. In der Tellnahme an der prophetischen
Sendung Jesu und eingefügt in das Mysterium der Kirche als Lehrmeisterin der Wahrheit, ist der
Priester gerufen, den Menschen in Jesus Christus das Antlitz Gottes zu offenbaren und damit das
wahre Antlitz des Menschen selbst" (217). Aber das verlangt seitens des Priesters eine Suche
nach diesem Antlitz und dessen Betrachtung in Verehrung und Liebe (vgl. Ps 26,7; 41,2): nur so
kann er es anderen nahebringen. In besonderem Maße erweist sich auch die Fortsetzung des
theologischen Studiums als erforderlich, damit der Priester in Treue den Dienst am Wort erfüllen
kann, in der Verkündigung des Wortes ohne Verwirrungen und Zweideutigkeiten, in seiner
Abhebung von den bloßen menschlichen Meinungen, selbst wenn diese hochgerühmt und weit
verbreitet sein sollten. Auf diese Weise wird er dem Gottesvolk wirklich dienen, indem er ihm hilft,
jedem, der danach fragt, ein Zeugnis christlicher Hoffnung zu geben (vgl. 1 Petr 3,15). Außerdem
"ist der Priester, wenn er sich bewußt und beständig dem theologischen Studium widmet, zu einer
Aneignung des urtümlichen kirchlichen Reichtums auf sichere und persönliche Weise in der Lage.
Er kann daher die Sendung erfüllen die von ihm verlangt, den Schwierigkeiten im Zusammenhang
mit der wahren katholischen Lehre zu begegnen und die Neigung zur Zwietracht und zu einer
ablehnenden Haltung gegenüber dem Lehramt und der Tradition bei sich und bei anderen zu
überwinden" (218).
Der pastorale Aspekt der Weiterbildung kommt in dem folgenden Wort des Apostels Petrus gut
zum Ausdruck: "Dient einander als gute Verwalter der vielfältigen Gnade Gottes, jeder mit der
Gabe, die er empfangen hat" (1 Petr 4,10). Um jeden Tag gemäß der empfangenen Gnade zu
leben, ist es erforderlich, daß der Priester ein immer offenerer Mensch wird für die Annahme der
pastoralen Liebe Jesu Christi, die ihm durch seinen Geist im Sakrament geschenkt ist, das er
empfangen hat. So wie alles Tun des Herrn Frucht und Zeichen seiner pastoralen Liebe gewesen
ist, so ist auch das Wirken des Priesters in seinem Dienstamt. Die pastorale Liebe ist Gabe und -
damit verbunden - Aufgabe, ist Gnade und Verantwortung, der es treu zu sein gilt: es gilt daher,
sie anzunehmen und aus ihr die lebendige Tatkraft bis hin zu den äußersten Beanspruchungen zu
beziehen. Wie schon gesagt, treibt die pastorale Liebe den Priester dazu an, die Lebenssituation
der Menschen, zu denen er gesandt ist, immer besser zu verstehen; die geistlichen Umstände zu
unterscheiden, in die hinein die Anrufe des Geistes ergehen; die passendsten Methoden und die
nützlichsten Formen zu finden, um heute sein Dienstamt ausüben zu können. So durchdringt und
stärkt die pastorale Liebe die menschlichen Anstrengungen des Priesters für sein pastorales
Wirken, damit es gegenwärtig, glaubwürdig und wirkungsvoll werden kann. Aber all das erfordert

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eben eine beständige pastorale Weiterbildung.
Der Weg zur Reife verlangt nicht nur, daß der Priester darin fortfährt, die verschiedenen
Dimensionen seiner Ausbildung zu vertiefen; sondern er verlangt auch und vor allem, daß er diese
Dimensionen immer harmonischer miteinander in Einklang zu bringen weiß und so fortschreitend
eine Zusammenführung aller Aspekte im Blick auf ihre innere Einheit anpeilt. Eben diese wird von
der pastoralen Liebe gewährleistet, die ja die verschiedenen Aspekte nicht nur aufeinander
abstimmt und vereint, sondern sie auch näherhin qualifiziert, indem sie sie als Aspekte innerhalb
der Ausbildung des Priesters überhaupt kennzeichnet. So ergeben sich die Kennzeichen des
Priesters als Hinweis, als lebendiges Bild, als Dienst Jesu, des Guten Hirten.
Die Weiterbildung hilft dem Priester, der Versuchung zu widerstehen, sein Dienstamt auf einen
Aktivismus zu reduzieren, der zum Selbstzweck wird; es auf eine unpersönliche
Sakramentenversorgung zu reduzieren oder dieses Amt gar zu einer Beamtenfunktion im Dienst
der kirchlichen Organisation degenerieren zu lassen. Allein die dauernde Weiterbildung hilft dem
Priester dabei, das "Mysterium", das er in sich trägt, zum Wohl der Kirche und der Menschheit mit
wachsamer Liebe zu behüten.
73. Die verschiedenen, einander ergänzenden Dimensionen der Weiterbildung helfen uns, ihren
tieferen Sinn zu erfassen: sie zielt darauf, dem Priester dabei zu helfen, Diener im Geist Jesu und
- nach Art Jesu - des Guten Hirten zu sein und so zu wirken.
Die Wahrheit muß getan werden! So ermahnt uns der hl. Jakobus: "Hört das Wort nicht nur an,
sondern handelt danach; sonst betrügt ihr euch selbst" (Jak 1,22). Die Priester sind dazu gerufen,
die "Wahrheit dessen zu tun, was sie sind" bzw. ihre Identität und ihr Dienstamt in der Kirche und
für die Kirche "in der Liebe" zu leben (vgl. Eph 4,15). Sie sind dazu gerufen, sich immer lebendiger
die göttliche Gabe bewußt zu machen, ihrer stets eingedenk zu bleiben. Genau dies meint die
Aufforderung des Paulus an Timotheus: "Bewahre das dir anvertraute kostbare Gut durch die Kraft
des Heiligen Geistes, der in uns wohnt" (2 Tim 1,14).
Es wurde im ekklesiologischen Zusammenhang schon mehrfach darauf hingewiesen, daß man die
tiefere Bedeutung der priesterlichen Weiterbildung auch in bezug auf ihr Dasein und ihren Vollzug
in der Kirche als Mysterium, Communio und Missio betrachten kann.
Innerhalb der Kirche als "Mysterium" ist der Priester vermittels seiner Weiterbildung gerufen, das
Bewußtsein der ganzen und staunenswürdigen Wahrheit seines Seins im Glauben zu bewahren
und zu entfalten: Er ist Diener Christi und "Diener der Diener Christi" (vgl. 1 Kor 4,1). Paulus
fordert die Christen ausdrücklich auf, ihn gemäß dieser Bestimmung zu betrachten; aber
zuallererst lebt er selbst im Bewußtsein der erhabenen Gabe, die er vom Herrn empfangen hat.
So sollte es bei jedem Priester sein, wenn er in der Wahrheit über seine Berufung bleiben will.
Doch das ist allein im Glauben möglich, allein mit dem Blick, der sich der Sehweise Christi

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bedient.
In diesem Sinn muß man sagen, daß die Weiterbildung darauf zielt, zu gewährleisten, daß der
Priester ein Glaubender sei und es mehr und mehr werde: daß er sich stets in seiner Wahrheit
betrachte, und zwar mit den Augen Christi. Er muß diese Wahrheit mit dankbarer und freudiger
Liebe schützen. Er muß seinen Glauben erneuern, wenn er das Priesteramt ausübt: sich als
Diener Christi empfinden, als Sakrament der Liebe Gottes zum Menschen, sooft er Vermittler und
lebendiges Werkzeug der Gnadenmitteilung Gottes an die Menschen ist. Er muß eben diese
Wahrheit in den Mitbrüdern wiederfinden: sie ist die Grundlage der Wertschätzung und der Liebe
gegenüber den anderen Priestern.
74. Die Weiterbildung hilft dem Priester - innerhalb der Kirche als "Gemeinschaft''-, das
Bewußtsein zu vervollkommnen, daß sein Dienstamt letztlich darauf hingeordnet ist, die Familie
Gottes zusammenzurufen als eine von Liebe beseelte Gemeinde und sie durch Christus im
Heiligen Geist zum Vater zu führen (219).
Der Priester muß wachsen im Bewußtsein der tiefen Gemeinschaft, die ihn an das Gottesvolk
bindet: er befindet sich nicht nur der Gemeinde "gegenüber", sondern vor allem "in" ihr. Er ist
Bruder unter Brüdern und Schwestern. Kraft der Taufe - bezeichnet mit der Würde und Freiheit
der Kinder Gottes im eingeborenen Sohn - ist der Priester Glied dieses einen Leibes Christi (vgl.
Eph 4,16). Das Bewußtsein dieser Gemeinschaft mündet in das Bedürfnis, die Mitverantwortung
für die eine gemeinsame Heilssendung anzuregen und zu entfalten mit lebhafter und herzlicher
Anerkennung aller Charismen und Aufgaben, die der Geist den Gläubigen für die Auferbauung der
Kirche schenkt. Vor allem in der Erfüllung des seelsorglichen Amtes, das seinem Wesen nach auf
das Wohl des Gottesvolkes hingeordnet ist, muß der Priester seine tiefe Gemeinschaft mit allen
leben und bezeugen, gemäß den Worten Pauls VI.- "Wir müssen uns zu Brüdern der Menschen
machen, gerade indem wir ihre Hirten, Väter und Lehrer sein wollen. Die Atmosphäre des Dialogs
ist die Freundschaft. Mehr noch, der Dienst" (220).
In einem noch genauer bestimmten Sinn ist der Priester gerufen, das Bewußtsein dafür zu
vervollkommnen, Glied der Ortskirche zu sein, der er inkardiniert ist, d. h. in die er durch eine
ebenso rechtliche wie geistliche und pastorale Verbindung eingefügt ist. Ein solches Bewußtsein
setzt die besondere Liebe zur eigenen Gemeinde voraus und entfaltet sie. Diese ist ja wirklich das
lebendige und dauernde Ziel der pastoralen Liebe, die das Leben des Priesters begleiten muß und
die ihn anleitet, mit dieser seiner Gemeinde ihre Lebensgeschichte und -erfahrung in ihrem
Reichtum und ihren Gebrechen, ihren Schwierigkeiten und Hoffnungen zu teilen sowie in ihr und
für sie zu ihrem Wohl zu arbeiten. Das heißt also, sich gleichermaßen von der eigenen Gemeinde
bereichert zu fühlen wie zu ihrer Auferbauung aktiv in Anspruch genommen zu sein. Dabei wird -
als einzelner und zusammen mit den anderen Priestern - das pastorale Wirken fortgesetzt, durch
das sich jene Mitbrüder hervorgetan haben, die ihm vorausgegangen sind. Es ist ein
unaufhebbares Erfordernis der pastoralen Liebe gegenüber der eigenen Gemeinde und

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gegenüber künftigen Formen des Dienstamtes in ihr, daß der Priester sich mit sorgsamem Eifer
darum bemüht, Nachfolger im priesterlichen Dienst zu finden.
Der Priester muß auch wachsen im Bewußtsein der Gemeinschaft, die zwischen den
verschiedenen Gemeinden besteht, eine Gemeinschaft, die eben darin wurzelt, daß es "Kirchen"
sind, die vor Ort die eine und universale Kirche Christi mit Leben erfüllen. Ein solches Bewußtsein
der Kirchengemeinschaft untereinander wird den "Austausch der Gaben" fördern, und zwar
zunächst einmal der lebendigen und persönlichen Gabe, die die Priester selbst darstellen. Daraus
rührt die Verfügbarkeit, mehr noch, das großherzige Engagement für die Verwirklichung einer
gleichmäßigen Verteilung des Klerus (221). Bei den einzelnen Gemeinden ist vor allem an jene zu
denken, die "keine eigenen Berufungen haben können, da ihnen die Freiheit genommen ist", wie
auch jene "Gemeinden, die erst jüngst Verfolgungen entronnen sind, und an die armen, denen
schon seit langer Zeit und von vielerlei Seite großherzig und brüderlich geholfen worden ist und
nach wie vor geholfen wird" (222).
Innerhalb der Kirchengemeinschaft ist der Priester gerufen, in seiner Weiterbildung besonders in
und mit dem eigenen Presbyterium in Gemeinschaft mit dem Bischof zu wachsen. Das
Presbyterium ist seiner vollen Wahrheit nach ein Mysterium: es ist)a eine übernatürliche
Wirklichkeit, da diese Gemeinschaft im Weihesakrament wurzelt. Dieses ist ihre Quelle und ihr
Ursprung; es ist der" Ort" ihres Entstehens und Wachsens. In der Tat "sind die Priester durch das
Welhesakrament mit einem persönlichen und unauflöslichen Band mit Christus, dem
Hohenpriester, verbunden. Die Weihe wird ihnen als einzelnen gespendet, aber sie sind
hineingenommen in die Gemeinschaft des Presbyteriums, verbunden mit dem Bischof" (Lumen
gentium, 28; Presbyterorum ordinis, 7 und 8) (223).
Dieser sakramentale Ursprung verlängert sich in den Raum der priesterlichen Amtsausübung
hinein als Schritt vom Mysterium zum Ministerium. "Die Einheit der Priester mit dem Bischof und
untereinander ist keine äußerliche Hinzufügung zur Eigenart ihres Dienstes, sondern bringt
dessen Wesen zum Ausdruck, insofern sie die Sorge Christi, des Hohenpriesters, für die Belange
des Volkes ist, das von der Einheit der Heiligsten Dreifaltigkeit zusammengeführt wird" (224).
"Diese priesterliche Einheit, gelebt im Geist pastoraler Liebe, macht die Priester zu Zeugen Jesu,
der zum Vater gebetet hat, "daß alle eins seien" (Joh 17,21).
Die Grundzüge des Presbyteriums sind also die einer wahren Familie, einer Brüderlichkeit, deren
Bande nicht solche des Fleisches und des Blutes sind, sondern der Weihegnade: einer Gnade, die
die menschlichen, psychologischen, emotionalen, freundschaftlichen und geistlichen Beziehungen
unter den Priestern aufnimmt und erhebt; einer Gnade, die sich ausbreitet und entfaltet, die sich
verdeutlicht und konkretisiert in den unterschiedlichen Formen gegenseitiger Hilfeleistung, nicht
nur geistlicher, sondern auch materieller Art. Die Brüderlichkeit unter Priestern schließt niemanden
aus, kann und muß aber ihre Präferenzen haben: es sind dies solche, die dem Evangelium gemäß
sind und vor allem jenen gelten, die am meisten der Hilfe und der Ermutigung bedürfen. Solch

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eine Brüderlichkeit "läßt den jungen Priestern besondere Sorge zuteil werden, bleibt in herzlichem
und brüderlichem Gespräch mit denen mittleren und vorgerückten Alters und mit denen, die sich
aus verschiedenen Gründen in Schwierigkeiten befinden; diese Brüderlichkeit läßt auch die
Priester, die diese Lebensform verlassen haben oder ihr nicht entsprechen, nicht nur nicht im
Stich, sondern folgt ihnen mit noch größerer brüderlicher Sorge" (225).
Zu dem einen Presbyterium gehören - auf einen anderen Titel hin - auch die Ordenspriester, die in
einer Ortskirche leben und arbeiten. Ihre Anwesenheit stellt eine Bereicherung für alle Priester und
für die verschiedenen von ihnen gelebten Charismen dar. Diese Ordenspriester sind dabei ein
lebendiger Anruf, daß die Priester im Verständnis für das eigene Priestertum wachsen sollen, sie
leisten ihren Beitrag, die Weiterbildung der Priester anzuregen und zu begleiten. Die Gabe des
Ordenslebens ist im Gefüge einer Diözese -sofern sie begleitet wird von aufrichtiger
Wertschätzung und der rechten Respektierung der Eigenheiten eines jeden Instituts und einer
jeden geistlichen Tradition - eine Horizonterweiterung für das christliche Zeugnis und trägt auf
mannigfache Weise zur Bereicherung der priesterlichen Spiritualität bei, vor allem hinsichtlich
einer rechten Beziehung und gegenseitigen Einflußnahme zwischen den Werten der Ortskirche
und der Kirche des ganzen Gottesvolkes. Die Ordensleute ihrerseits werden darauf achten, daß
sie einen Geist echter Kirchengemeinschaft bewahren und eine herzliche Teilnahme am Leben
der Diözese und an den pastoralen Entscheiden des Bischofs bekunden, indem sie das ihnen
eigene Charisma bereitwillig für die Auferbauung aller in Liebe zur Verfügung stellen (226).
Schließlich läßt sich im Rahmen der Kirchengemeinschaft und des Presbyteriums dem Problem
der Einsamkeit des Priesters besser begegnen, mit dem sich die Synodenväter beschäftigt haben.
Es gibt eine Einsamkeit, die zur Erfahrung eines jeden gehört und etwas ganz Normales ist. Es
gibt aber auch eine Einsamkeit, die aus bestimmten Schwierigkeiten entsteht und ihrerseits neue
Probleme aufwirft. In diesem Sinne "sind die aktive Zugehörigkeit zum Presbyterium einer
Diözese, die regelmäßigen Kontakte mit dem Bischof und mit den anderen Priestern, die
gegenseitige Zusammenarbeit, das gemeinschaftliche und brüderliche Leben unter Priestern wie
auch die Freundschaft und der herzliche Umgang mit den Gläubigen, die in den Pfarrgemeinden
mitarbeiten, überaus nützliche Hilfsmittel zur Überwindung der Folgen von Einsamkeit, die der
Priester hin und wieder erleben kann" (227).
Die Einsamkeit schafft aber nicht nur Probleme, sondern bietet auch positive Möglichkeiten für das
Leben des Priesters: "Wenn sie im Geist der Hingabe angenommen und in der innigen Beziehung
mit dem Herrn Jesu Christus gesucht wird, kann die Einsamkeit eine Gelegenheit für das Gebet
und das Studium sein sowie eine Hilfe für die Heiligung und das menschliche Wachstum (228).
Zweifelsohne ist eine bestimmte Form von Einsamkeit ein notwendiges Element der ständigen
Weiterbildung. Jesus wußte sich oft allein zurückzuziehen, um zu beten (vgl. Mt 14,23). Die
Fähigkeit, eine recht verstandene Einsamkeit zu pflegen, ist eine unverzichtbare Bedingung für die
Sorge um das geistliche Leben. Es handelt sich um ein von der Anwesenheit des Herrn erfülltes

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Alleinsein, das uns - im Licht des Geistes - mit dem Vater in Verbindung setzt. In diesem Sinn sind
die Sorge um das Schweigen und die Suche nach Zeiten und Orten der "Wüste" notwendig für
eine umfassende persönliche Weiterbildung, sei es auf intellektuellem, sei es auf geistlichem und
pastoralem Gebiet. In diesem Sinne kann man sagen, daß zu wirklicher brüderlicher
Gemeinschaft unfähig ist, wer die eigene Einsamkeit nicht recht zu leben versteht.
75. Die Zielbestimmung der Weiterbildung besteht darin, im Priester das Bewußtsein für seine
Teilnahme an der Heilssendung der Kirche wachsen zu lassen. In der Kirche als "Sendung" hat
die Weiterbildung nicht nur einen Platz als notwendige Bedingung, sondern auch als
unverzichtbares Mittel dafür, den Sinn der Sendung beständig ins rechte Licht zu rücken und ihre
getreue und großzügige Verwirklichung zu gewährleisten. Durch diese Weiterbildung erfährt der
Priester Hilfe darin, das ganze verpflichtende Gewicht, aber zugleich auch die leuchtende Gnade
beim Vollzug seiner Sendung wahrzunehmen: die Inpflichtnahme läßt ihn einerseits nicht ruhen -
wie Paulus soll er sagen können: "Wenn ich nämlich das Evangelium verkünde, kann ich mich
deswegen nicht rühmen; denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, ich das Evangeliun nicht
verkünde!'' (1 Kor 9,16); auf der anderen Seite erfährt sich der Priester ausdrücklich oder
unausgesprochen von den Menschen ständig und dringlich eingefordert, die Gott unermüdlich
zum Heil ruft.
Allein einer angemessenen Weiterbildung gelingt es, den Priester in all dem, was für sein
Dienstamt bzw. seine Treue wesentlich und entscheidend ist, zu stärken gemäß den Worten des
Apostels Paulus: "Von Verwaltern aber verlangt man, daß sie sich treu erweisen" (1 Kor 4,2). Der
Priester soll treu sein ungeachtet der verschiedensten Schwierigkeiten, denen er begegnet, auch
unter den widrigsten Bedingungen und in verständlicher Ermüdung, treu mit allen Kräften, über die
er verfügt, und bis an sein Lebensende. Das Zeugnis des Paulus sollte für jeden Priester Beispiel
und Ansporn sein: "Niemand geben wir", schreibt er an die Christen von Korinth, "auch nur den
geringsten Anstoß, damit unser Dienst nicht getadelt werden kann. In allem erweisen wir uns als
Gottes Diener: durch große Standhaftigkeit, in Bedrängnis, in Not, in Angst, unter Schlägen, in
Gefängnissen, in Zeiten der Unruhe, unter der Last der Arbeit, in durchwachten Nächten, durch
Fasten, durch lautere Gesinnung, durch Erkenntnis, durch Langmut, durch Güte, durch den
Heiligen Geist, durch ungeheuchelte Liebe, durch das Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes, mit
den Waffen der Gerechtigkeit in der Rechten und in der Linken, bei Ehrung und Schmähung, bei
übler Nachrede und bei Lob. Wir gelten als Betrüger und sind doch wahrhaftig; wir werden
verkannt und doch anerkannt; wir sind wie Sterbende, und seht: wir leben; wir werden gezüchtigt
und doch nicht getötet; uns wird Leid zugefügt, und doch sind wir jederzeit fröhlich; wir sind arm
und machen doch viele reich; wir haben nichts und haben doch alles" (2 Kor 6,3-10).
76. Die Weiterbildung muß - eben weil sie "fortdauernd" ist - die Priester immer begleiten, d. h. in
jeder Phase und Lebenslage sowie auch auf jeder Ebene kirchlicher Verantwortung: dabei sind
selbtsverständlich die Möglichkeiten und Charakteristika zu sehen, die mit dem Wechsel von
Lebensphasen, Lebenslagen und anvertrauten Aufgaben zusammenhängen.

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Die Weiterbildung nimmt zunächst und vor allem die jungen Priester in die Pflicht: Sie bedarf einer
Häufigkeit und Regelmäßigkeit von entsprechenden Veranstaltungen, die die Jungen Priester -
während diese die Ernsthaftigkeit und Gründlichkeit der im Seminar genossenen Ausbildung
beibehalten -fortschreitend dazu führt, den einzigartigen Reichtum der "Gabe" Gottes, nämlich des
Priestertums, zu verstehen und im Leben zu verwirklichen und ihren auf den Dienst
ausgerichteten Möglichkeiten und Einstellungen Ausdruck zu verleihen. Dazu gehört auch eine
immer überzeugtere und verantwortlichere Einfügung in das Presbyterium und somit in die
Gemeinschaft und Mitverantwortung mit allen Mitbrüdern.
Wenn auch ein gewisses Sättigungsgefühl verständlich ist, das im jungen Priester, kaum daß er
das Seminar verlassen hat, angesichts von neuen Studieneinheiten und Veranstaltungen
aufkommen mag, so muß doch der Gedanke als vollkommen falsch und gefährlich
zurückgewiesen werden, wonach die Priesterausbildung in dem Augenblick abgeschlossen sei, in
dem die Zeit im Seminar endet.
Durch die Teilnahme an den Weiterbildungsmaßnahmen können sich die jungen Priester
wechselseitige Hilfe anbieten, verbunden mit dem Erfahrungsaustausch und gemeinsamer
Besinnung auf die konkrete Umsetzung jenes Ideals von Priestertum und Amtsausübung, das sie
sich während der Seminarzeit angeeignet haben. Zu gleicher Zeit kann ihre aktive Teilnahme an
den Bildungsveranstaltungen des Presbyteriums Beispiel und Ansporn für die anderen, schon
älteren Priester sein, wenn sie auf diese ein Zeugnis für ihr Zugehörigkeitsgefühl zum
Presbyterium und für ihren leidenschaftlichen Eifer für die Ortskirche geben, die gut ausgebildeter
Priester bedarf.
Für die Begleitung der jungen Priester in dieser ersten, äußerst wichtigen Phase ihres
priesterlichen Lebens und Dienstamtes ist es höchst zweckmäßig (wenn nicht heutzutage gar
schlechthin notwendig), ein darauf abgestimmtes stützendes Gefüge einzurichten mit Personen,
die sich für die Anleitung und Weiterbildung eignen, so daß die jungen Priester darin auf
organische und beständige Weise im Amt die notwendigen Hilfen für ihren priesterlichen Dienst zu
finden vermögen. Anläßlich der regelmäßigen Zusammenkünfte - ausreichend lang und häufig,
möglichst in einer gemeinsamen Umgebung, in Art eines festen Aufenthalts - werden ihnen
wertvolle Momente der Entspannung, des Gebetes, der Besinnung und des brüderlichen
Austauschs miteinander geboten. So ist es ihnen leichter möglich, ihrem Leben als Priester von
Anfang an eine am Evangelium ausgerichtete Perspektive zu geben. Sollten die einzelnen
Ortskirchen nicht in der Lage sein, ihren jungen Priestern diese Hilfe anbieten zu können, wird es
zweckmäßig sein, daß sich die benachbarten Kirchen zusammenschließen, gemeinsam Mittel
verfügbar machen und entsprechende Programme ausarbeiten.
77. Die Weiterbildung stellt eine Verpflichtung auch für die Priester im mittleren Alter dar. De facto
gibt es eine Vielzahl von Risiken, die gerade aufgrund dieser Altersstufe eintreten können, wie
zum Beispiel ein übertriebener Aktivismus und eine gewisse Routine bei der Amtsausübung. Der

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Priester ist dann versucht sich einzubilden, daß die eigene persönliche Erfahrung, die sich nun
schon bewährt hat, keiner kritischen Überprüfung durch irgendwen mehr bedürfe. Nicht selten
leidet er auf dieser Altersstufe an einer Art gefährlicher innerer Müdigkeit, die Zeichen resignierter
Enttäuschung angesichts von Schwierigkeiten und Mißerfolgen ist. Die Antwort auf diese Situation
wird von der Weiterbildung gegeben, von einer fortdauernden und ausgewogenen kritischen
Überprüfung seiner selbst und seines Handelns, von der beständigen Suche nach Motivationen
und Hilfsmitteln für die eigene Sendung: auf diese Weise hält der Priester den Geist wachsam und
bereit für die immerwährenden und doch auch immer neuen Formen der Suche nach dem Heil,
mit denen viele Menschen an den Priester - als einen "Mann Gottes" - herantreten.
Die Weiterbildung muß auch die - wegen der schon vorgerückten Zahl an Lebensjahren- als alt
bezeichneten Priester angehen, die in einigen Ortskirchen sogar den zahlenmäßig
umfangreichsten Teil des Presbyteriums bilden. Das Presbyterium muß dem treuen Dienst, den
sie Christus und der Kirche geleistet haben, seine Dankbarkeit bezeugen und der Lage der alten
Priester seine konkrete Solidarität erweisen. Für diese Priester bedeutet Weiterbildung nicht so
sehr die Verpflichtung zum Studium, zum Leben im Heute und zur kulturellen
Auseinandersetzung, als vielmehr die eindeutige und wichtige Bestätigung ihrer Aufgabe, zu
deren Ausübung im Presbyterium sie nach wie vor gerufen sind: nicht allein durch die Fortführung
ihres Amtes als Seelsorger (und sei es auch in anderen Formen), sondern auch durch die
Möglichkeit, dank ihrer Lebenserfahrung und ihrer Erfahrung im Apostolat, ihrerseits zu
wirkungsvollen Begleitern und Helfern für andere Priester zu werden.
Auch diejenigen Priester, die sich aufgrund von schwerer Belastung oder Krankheit in einem
Zustand der seelisch-moralischen Ermüdung befinden, können Hilfe durch eine Weiterbildung
erfahren, die sie ermuntert, ernsthaft und kraftvoll ihren Dienst an der Kirche fortzusetzen; sich
weder gegenüber der Gemeinde noch gegenüber dem Presbyterium abzukapseln, die äußerlichen
Aktivitäten zu verringern und sich denjenigen Handlungen in seelsorglichen Beziehungen oder im
eigenen geistlichen Leben zu widmen, die in der Lage sind, die Motivationen und die Freude an
ihrem Priestertum zu verstärken. Die Weiterbildung hilft ihnen vor allem, die Überzeugung
lebendig zu halten, die sie selbst ihren Gläubigen eingeprägt haben, daß sie nämlich weiterhin
aktive Glieder für den Aufbau der Kirche sind, auch und gerade kraft ihres Einswerdens mit Jesus
Christus als dem Leidenden und mit so vielen anderen Brüdern und Schwestern, die in der Kirche
am Leidensweg des Herrn teilhaben und darin die geistliche Erfahrung des Paulus wiederbeleben,
der schreibt: Jetzt freue ich mich in den Leiden, die ich für euch ertrage. Für den Leib Christi, die
Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt" (Kol
1,24) (229).
78. Die Bedingungen, unter denen sich derzeit das Priesteramt häufig und vielerorts entfaltet,
machen ein ernsthaftes Bemühen um die Ausbildung nicht einfach: die sich vervielfachenden
Aufgaben und Dienste, die Komplexität menschlichen Lebens im allgemeinen und des Lebens der
christlichen Gemeinden im besonderen, der Aktivismus und die Kurzatmigkeit, die weite Bereiche

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unserer Gesellschaft kennzeichnen, nehmen den Priestern oft die Zeit und die unverzichtbaren
Energien, daß sie "auf sich selbst achten" (vgl. 1 Tim 4,16).
Dies muß in allen die Verantwortung dafür wachsen lassen, daß die Schwierigkeiten überwunden
werden, mehr noch, daß sie eine Herausforderung werden, eine Weiterbildung zu erarbeiten und
zu verwirklichen, die in angemessener Weise auf die Großartigkeit der göttlichen Gabe und auf
das Gewicht der Anfragen und Erfordernisse unserer Zeit eingeht.
Die Verantwortlichen für die Weiterbildung der Priester sind in der Kirche als "Gemeinschaft" zu
suchen. In diesem Sinne ist es die gesamte Ortskirche, die - unter der Leitung des Bischofs - mit
der Verantwortung betraut wird, die Weiterbildung der Priester auf verschiedene Weise anzuregen
und für sie Sorge zu tragen. Die Priester sind nicht für sich selbst da, sondern für das Gottesvolk:
deshalb stellt sich die Weiterbildung, gerade insofern sie die menschliche, geistliche, geistige und
pastorale Reife der Priester gewährleistet, als ein Gut dar, dessen Empfänger das ganze
Gottesvolk ist. Im übrigen führt eben die Ausübung des seelsorglichen Dienstamtes zu einem
beständigen und fruchtbaren gegenseitigen Austausch zwischen dem Glaubensleben der Priester
und der Gläubigen. Gerade die Beziehung zwischen dem Priester und der Gemeinde, die Lebens-
Gemeinschaft zwischen ihnen, stellt -sofern sie klug gepflegt und eingesetzt wird - einen
grundlegenden Beitrag zur Weiterbildung dar, die allerdings nicht auf die eine oder andere
Begebenheit oder Einzelinitiative eingeschränkt werden kann, sondern sich auf das Ganze des
priesterlichen Amtes und Lebens erstreckt und es durchzieht. Die christliche Erfahrung einfacher
und demütiger Menschen; der geistliche Elan von Menschen, die von der Liebe zu Gott ergriffen
sind; die beherzte Umsetzung des Glaubens ins Leben seitens derjenigen Christen, die in vielerlei
Verantwortlichkeiten in Staat und Gesellschaft eingebunden sind: dies
alles wird ja vom Priester wahrgenommen, und während er es durch seinen priesterlichen Dienst
zum Leuchten bringt, entdeckt er darin auch eine kostbare geistliche Nahrung. Auch die Zweifel,
die Krisen und die Unsicherheiten angesichts der unterschiedlichsten persönlichen und
gesellschaftlichen Bedingungen, die Versuchung zur Verweigerung oder zur Verzweiflung im
Augenblick des Schmerzes, der Krankheit, des Todes: kurz, alle schwierigen Umstände, denen
die Menschen auf ihrem Glaubensweg begegnen, werden vom Priester brüderlich mit ihnen
zusammen gelebt und aufrichtig in seinem Herzen miterlitten, und in seiner Suche nach Antworten
für die anderen ist er beständig angespornt, sie insbesondere für sich selbst zu finden. So kann
und soll das ganze Gottesvolk in allen seinen Gliedern einen wertvollen Beitrag zur Weiterbildung
seiner Priester leisten. In diesem Sinne muß es den Priestern Zeiträume für das Studium und für
das Gebet lassen; von ihnen das verlangen, wofür sie von Christus gesandt worden sind und
nichts anderes; Mitarbeit in den verschiedenen Bereichen der pastoralen Sendung anbieten,
besonders in jenen, die die Förderung des Menschlichen und den Dienst der Liebe betreffen,
herzliche und brüderliche Beziehungen mit ihnen pflegen; in den Priestern das Bewußtsein zu
stärken, daß sie nicht "Herren über den Glauben", sondern "Helfer zur Freude" aller Gläubigen
sind (vgl. 2 Kor 1,24).

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Die Verantwortung der Ortskirche für die Ausbildung der Priester konkretisiert und bestimmt sich
in bezug auf die verschiedenen Glieder, die diese gemeinsam übernehmen, angefangen beim
Priester selbst.
79. In einem gewissen Sinn ist wirklich er, der einzelne Priester, in der Kirche der
Erstverantwortliche für die Weiterbildung: Tatsächlich obliegt jedem Priester die Pflicht, verwurzelt
im Sakrament der Weihe, treu zu sein gegenüber der Gabe Gottes und dem Geschehen täglicher
Bekehrung, die von der Gabe selbst kommt. Die Vorschriften und Normen der kirchlichen Autorität
diesbezüglich reichen ebensowenig wie das Beispiel der anderen Priester, die Weiterbildung
schmackhaft zu machen, wenn der einzelne nicht persönlich von ihrer Notwendigkeit überzeugt ist
und nicht entschieden ist, die Gelegenheiten, Zeiten und Formen dafür zu nutzen. Die
Weiterbildung erhält die Jugendlichkeit des Geistes, die niemand von außen auferlegen kann,
sondern die jeder fortwährend in sich selbst wiederfinden muß. Nur wer den Wunsch, zu lernen
und zu wachsen immer lebendig erhält, besitzt diese Jugendlichkeit".
Grundlegend ist die Verantwortung des Bischofs und mit ihm des Presbyteriums. jene des
Bischofs gründet in der Tatsache, daß die Priester durch ihn ihr Priestertum empfangen und mit
ihm die pastorale Sorge um das Gottesvolk teilen. Er ist verantwortlich für jene Weiterbildung, die
dafür zu sorgen hat, daß all seine Priester der Gabe und dem empfangenen Dienstamt in
besonderer Weise treu sind, so wie das Gottesvolk sie will und mit Recht will. Diese
Verantwortung führt den Bischof in Gemeinschaft mit seinem Presbyterium dazu, einen Plan und
ein Programm zu entwerfen, die geeignet sind, die Weiterbildung zu gestalten, nicht als etwas
Vorübergehendes, sondern als systematisches, inhaltliches Konzept, das sich schrittweise
entfaltet und zu einer genauen Vorgehensweise wird. Der Bischof wird seine Verantwortlichkeit
leben, nicht nur indem er seinem Presbyterium Orte und Zeiten der Weiterbildung sichert, sondern
indem er persönlich anwesend ist und in überzeugter und herzlicher Weise selbst daran teilnimmt.
Oft wird es angemessen oder auch notwendig sein, daß die Bischöfe mehrerer angrenzender
Diözesen oder einer Kirchenregion sich untereinander abstimmen und ihre Kräfte vereinen, um
qualifiziertere und wirklich anregende Initiativen für die Weiterbildung anbieten zu können, wie es
Kurse biblischer, theologischer und pastoraler Erneuerung sind, Wochen der Zusammenkunft,
Konferenzzyklen, Zeiten der Reflexion und Überprüfung auf dem pastoralen Weg des
Presbyteriums und der Kirchengemeinde.
Der Bischof erfüllt seine Verantwortung, wenn er sich um den Beitrag sorgt, der von den
Fakultäten und den theologischen und pastoralen Instituten kommen kann, von den Seminaren,
von den Organen und Verbänden, die Priester, Ordensleute und gläubige Laien vereinen, die in
der Priesterfortbildung beschäftigt sind.
Im Bereich der Ortskirchen ist den Familien ein bedeutender Platz vorbehalten: sie sind - insofern
sie "Hauskirchen" sind - der konkrete Ausgangspunkt des Lebens der kirchlichen Gemeinschaften,
die von den Priestern geistlich bewegt und geleitet werden. Insbesondere ist die Rolle der

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"Kernfamilie" hervorzuheben. Diese kann, vereint und in gemeinsamem Sinne, einen ganz
besonders wichtigen Beitrag zur Sendung des Sohnes leisten. Weil sie den Plan der Vorsehung
zur Erfüllung bringt, der sie als Ort für den Samen der Berufung haben wollte, als Wiege und
Schutz, als unerläßliche Hilfe für sein Wachstum und seine Entwicklung, soll die Familie des
Priesters, in größter Achtung dieses Sohnes, der sich entschieden hat, sich Gott und den
Nächsten zu widmen, stets verbleiben als eine treue, ermutigende Zeugin seiner Sendung, sie mit
Hingabe und Ehrfurcht unterstützen und mit ihm teilen.
80. Wenn auch jeder Moment eine Gnadenzeit sein kann (vgl. 2 Kor 6,2), in der der Heilige Geist
den Priester zu einem unmittelbaren Wachstum im Gebet, im Studium und im Erkennen der
eigenen seelsorglichen Verantwortung führt, so gibt es doch "bevorzugte" Momente, sollten sie
auch allgemeinerer und festgefügter Art sein.
Hier ist besonders an die Begegnungen des Bischofs mit seinem Presbyterium zu denken, seien
sie liturgischer Art (besonders die gemeinsame Feier der Chrisammesse am Gründonnerstag),
pastoraler oder kultureller Art, also zur Abstimmung des seelsorglichen Handelns und zum
Studium bestimmter theologischer Probleme.
Es gibt überdies die Zusammenkünfte zur Pflege der priesterlichen Spiritualität wie die geistlichen
Exerzitien, die Besinnungstage usw. Sie sind eine Gelegenheit für geistliches und pastorales
Wachstum, für längeres und ruhiges Gebet, für eine Rückkehr zu den Wurzeln des Priesterseins,
um Frische und Motivation für Treue und pastoralen Schwung wiederzufinden.
Wichtig sind auch die Treffen zum Studium und zu gemeinsamer Reflexion: Sie verhindern die
kulturelle Verarmung und die Versteifung auf bequeme Positionen auch im pastoralen Bereich, die
Ergebnis geistiger Trägheit ist; sie gewährleisten eine reifere Zusammenschau der verschiedenen
Elemente des geistlichen, kulturellen und apostolischen Lebens; sie öffnen Geist und Herz
gegenüber neuen Herausforderungen der Geschichte und gegenüber neuen Aufrufen, die der
Geist an die Kirche richtet.
81. Zahlreich sind die Hilfen und Mittel, derer man sich bedienen kann, damit die Weiterbildung zu
einer immer wertvolleren Lebenserfahrung für die Priester werde. Unter ihnen erinnern wir an die
verschiedenen Formen gemeinsamen Lebens unter den Priestern (vita communis), die es, wenn
auch in verschiedener Weise und Intensität, immer in der Geschichte der Kirche gibt: "Heute ist es
unmöglich, sie nicht zu empfehlen, vor allem denen, die am selben Ort leben oder pastoral tätig
sind. Über den Nutzen für das pastorale Leben und deren Aktionen hinaus bietet dieses
gemeinsame Leben des Klerus allen, den Mitbrüdern im Priesteramt und den Laien, ein
leuchtendes Beispiel der Liebe und der Einheit" (230).
Andere Hilfen können von Priestergemeinschaften, besonders den priesterlichen Säkularinstituten
gegeben werden, deren typisches Merkmal die Gebundenheit an die Diözese ist, kraft derer die

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Priester sich noch enger an den Bischof binden, und die "einen Weihestand bilden, in dem die
Priester durch Gelübde oder andere heilige Bande dazu geweiht sind, die evangelischen Räte mit
Leben zu erfüllen" (231). Alle von der Kirche approbierten Formen "priesterlicher Brüderlichkeit"
sind nützlich, nicht nur für das geistliche, sondern auch für das apostolische und pastorale Leben.
Auch die Praxis der geistlichen Begleitung trägt nicht wenig zugunsten der Weiterbildung von
Priestern bei. Sie ist ein klassisches Mittel, das nichts an Wert verloren hat, nicht nur für die
geistliche Ausbildung, sondern auch für die Förderung und Erhaltung dauerhafter Treue und
Großzügigkeit in der Ausübung des priesterlichen Dienstes. Mit den Worten des nachmaligen
Papstes Paul VI. "hat die geistliche Begleitung eine sehr schöne Funktion, und man kann sagen,
eine unerläßliche für die moralische und geistliche Erziehung der Jugend, die die Berufung ihres
eigenen Lebens, wie immer sie auch sei, mit absoluter Redlichkeit deuten und befolgen will; sie
behält ihre positive Bedeutung in jedem Lebensalter, wenn im Licht und in der Liebe eines
frommen und klugen Rates die Bewahrheitung der eigenen Aufrichtigkeit und die Bestärkung zur
großmütigen Erfüllung der eigenen Pflichten gefragt ist. Sie ist ein feines pädagogisches Mittel,
aber von größtem Wert; sie ist eine pädagogische und psychologische Kunst, von ernster
Verantwortung für den, der sie ausübt; sie ist geistliche Übung der Demut und des Vertrauens für
den, der sie erhält" (232).
SCHLUSS
82. "Ich gebe euch Hirten nach meinem Herzen" (Jer 3,15).
Noch heute ist diese Verheißung Gottes lebendig und wirksam in der Kirche: sie empfindet sich zu
jeder Zeit als glückliche Empfängerin dieser prophetischen Worte; sie sieht deren Verwirklichung
täglich in vielen Teilen der Erde, oder besser: in vielen Menschenherzen, besonders den jungen.
Und sie wünscht angesichts der ernsten und dringenden eigenen Bedürfnisse und derjenigen der
Welt, daß sich diese göttliche Verheißung an der Schwelle des dritten Jahrtausends in neuer
Weise erfüllt, in immer größerer Weite, Stärke, Wirksamkeit: wie eine außerordentliche
Ausgießung des Pfingstgeistes.
Die Verheißung des Herrn ruft im Herzen der Kirche das Gebet hervor, das vertrauensvolle und
glühende Flehen in der Liebe des Vaters, der, ebenso wie er Jesus, den Guten Hirten, die
Apostel, ihre Nachfolger und eine ungezählte Schar an Priestern gesandt hat, auch weiterhin den
Menschen von heute seine Treue und Güte kundtun wird.
Und die Kirche ist bereit, auf diese Gnade zu antworten. Sie spürt, daß die Gabe Gottes nach
einer gemeinsamen und großherzigen Antwort verlangt: das ganze Volk Gottes soll unermüdlich
für Priesterberufungen beten und arbeiten; die Priesteramtskandidaten sollen sich mit großer
Ernsthaftigkeit darauf vorbereiten, die Gabe Gottes anzunehmen und zu leben, im Bewußtsein,
daß die Kirche und die Welt sie unbedingt brauchen; sie sollen Christus, den Guten Hirten, lieben,

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ihr Herz nach dem seinen formen, bereit sein, als sein Abbild auf die Straßen der Welt
hinauszugehen, um allen Christus, den Weg, die Wahrheit und das Leben, zu verkündigen.
Einen besonderen Aufruf richte ich an die Familien: daß die Eltern und besonders die Mütter dem
Herrn freigebig ihre Söhne schenken, die er zum Priestertum beruft, und daß sie mit Freude am
Weg ihrer Berufung mitwirken, im Wissen darum, daß sie so ihre christliche und kirchliche
"Fruchtbarkeit" vergrößern und vertiefen und daß sie - in einem gewissen Sinne - die
Seligpreisung der Jungfrau und Mutter Maria erfahren können: "Gesegnet bist du unter den
Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes" (Lk 1,42). Und den jugendlichen von heute
sage ich: Achtet noch mehr auf die Stimme des Geistes, laßt die großen Erwartungen der Kirche
und der Menschheit in der Tiefe des Herzens wiederklingen, fürchtet euch nicht, euren Geist dem
Ruf Christi des Herrn zu öffnen, spürt, daß der liebvolle Blick Jesu auf euch gerichtet ist und
antwortet mit Begeisterung auf die vorgelegte Möglichkeit radikaler Nachfolge.
Die Kirche antwortet auf die Gnade mit der Verpflichtung, die die Priester übernehmen, um jene
Weiterbildung zu verwirklichen, die die Würde und Verantwortung, die ihnen im Sakrament der
Weihe übertragen wird, verlangen. Alle Priester sind gerufen, das einzig Dringende ihrer Formung
in der jetzigen Stunde zu erkennen: die Neuevangelisierung braucht neue Verkünder, und das
sind die Priester, die sich verpflichten, ihr Priestertum als besonderen Weg zur Heiligkeit zu leben.
Die Verheißung Gottes ist es, der Kirche nicht irgendwelche Hirten zuzusichern, sondern Hirten
"nach seinem Herzen". Das "Herz" Gottes hat sich uns vollkommen offenbart im Herzen Christi,
des Guten Hirten. Und das Herz Christi hat auch heute Mitleid mit der Menge und gibt das Brot
der Wahrheit, das Brot der Liebe und des Lebens (vgl. Mk 6,30ff), und es wünscht, in anderen
Herzen zu schlagen - in denen der Priester: "Gebt ihr ihnen zu" (Mk 6,37). Die Leute haben das
Bedürfnis, der Anonymität und der essen Furcht zu entgehen; das Bedürfnis, erkannt und beim
Namen gerufen zu werden; sicher auf den Pfaden des Lebens zu gehen; wiedergefunden zu
werden, wenn sie verlorengehen; geliebt zu werden; das Heil als höchste Gabe der Liebe Gottes
zu empfangen: genau dies tut Jesus, der Gute Hirte; er - und die Priester zusammen mit ihm.
Und nun, am Ende dieses Schreibens, richte ich den Blick auf die Vielzahl der Anwärter auf das
Priestertum, der Seminaristen und der Priester, die in allen Teilen der Welt, auch unter
schwierigen, manchmal dramatischen Bedingungen, immer aber in dem freudigen Bemühen der
Treue zum Herrn und in unermüdlichem Dienst an seiner Herde, täglich ihr eigenes Leben
hingeben für das Wachstum des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe in den Herzen und in der
Geschichte der Männer und Frauen unserer Zeit.
Ihr, meine lieben Priester, tut dies, weil der Herr selbst euch mit der Kraft seines Geistes dazu
berufen hat, den unschätzbaren Schatz seiner Liebe, die die des Guten Hirten ist, in den
zerbrechlichen Gefäßen eures ganz schlichten Lebens zu tragen.

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In Gemeinschaft mit den Synodenvätern und im Namen aller Bischöfe der Welt und der ganzen
Kirchengemeinschaft drücke ich die volle Anerkennung aus, die eure Treue und euer Dienst
verdienen (233).
Und während ich euch allen die Gnade wünsche, jeden Tag das durch die Auflegung der Hände
(vgl. 2 Tim 1,6), von Gott empfangene Geschenk zu erneuern; die Tröstung der tiefen
Freundschaft, die euch an Jesus bindet und miteinander vereint, zu empfinden; die Freude über
das Wachstum der Herde Gottes auf eine immer größere Liebe zu ihm und zu jedem Menschen
hin zu erfahren; die ermutigende Überzeugung zu pflegen, daß der, der dieses gute Werk in euch
begonnen hat, es auch zur Vollendung bringen wird bis zum Tag Jesu Christi (vgl. Phil 1,6),
wende ich mich mit euch allen gemeinsam und mit jedem einzelnen von euch im Gebet an Maria,
die Mutter und Erzieherin unseres Priestertums.
Jeder Aspekt der priesterlichen Ausbildung kann auf Maria bezogen werden, als den Menschen,
der mehr als jeder andere der Berufung Gottes entsprochen hat; die Magd und Jüngerin des
Wortes geworden ist, bis sie in ihrem Herzen und in ihrem Fleische das fleischgewordene Wort
empfangen hat, um es der Menschheit zu schenken; die gerufen wurde zur Erziehung des
einzigen und ewigen Hohenpriesters, der gehorsam wurde und sich ihrer mütterlichen Autorität
unterwarf. Mit ihrem Beispiel und ihrer Fürsprache wacht die heiligste Jungfrau weiterhin über die
Entwicklung der Berufungen und des priesterlichen Lebens in der Kirche.
Daher sind wir Priester gerufen, in einer festen und zugleich zartfühlenden Marienfrömmigkeit zu
wachsen, indem wir sie durch die Nachahmung ihrer Tugenden und häufiges Gebet bezeugen.
Maria , Mutter Jesu Christi und Mutter der Priester,
empfange diesen Namen, den wir Dir entgegenbringen,
um Deine Mutterschaft zu feiern
und mit Dir das Priestertum
Deines Sohnes und Deiner Söhne zu betrachten,
Heilige Gottesmutter. Mutter Christi,
dem Messias und Priester hast Du einen menschlichen Leib geschenkt
durch die Kraft des Heiligen Geistes,
zum Heil der Armen und der im Herzen Betrübten:
behüte die Priester in Deinem Herzen und in der Kirche,
Mutter des Erlösers.Mutter des Glaubens,
Du hast den Menschensohn zum Tempel geleitet
in Erfüllung der den Vätern gegebenen Verheißung:
empfiehl die Priester Deines Sohnes
dem Vater zu seiner Verherrlichung,
Arche des Bundes.Mutter der Kirche,
inmitten der jünger im Abendmahlssaal hast Du zum Heiligen Geist gebetet

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für das Neue Volk und die Hirten:
erhalte dem Priesterstand
die Früchte der Gaben,
Königin der Apostel.Mutter Jesu Christi,
Du warst bei Ihm in den Anfängen seines Lebens
und seiner Sendung;
Ihn, den Meister, hast Du in der Menschenmenge gesucht,
Ihm bist Du beigestanden, da er von der Erde erhöht wurde
und sich hingab als das eine und ewige Opfer;
Du hattest Johannes bei Dir, Deinen Sohn:
nimm an, die von Anfang an gerufen sind,
schütze ihr Wachsen,
begleite Deine Söhne in ihrem Leben und Dienst,
Mutter der Priester.Amen!Gegeben zu Rom, bei Sankt Peter, am 25. März, dem Fest Mariä Verkündigung des Jahres
1992, dem vierzehnten Jahr meines Pontifikates. JOHANNES PAUL
II.
Anmerkungen(1) Propositio 2.(2) Johannes Paul II, Ansprache zum Abschluß der achten Weltbischofssynode (27.
Oktober 1990), 5: O.R.dt. Nr. 45 vom 9.11.1990, 4.(3) Vgl. Propositio 1.(4) Wir beziehen uns selbstverständig auf Nr.28
der dogmatischen Konstitution Lumen Gentium und auf die beiden Dekrete über Dienst und Leben der Priester
Presbyterorum ordinis und über die Priesterausbildung Optatam totius.(5) Hl. Kongregation für das Katholische
Bildungswesen, Ratio fundamentalis institutionis sacerdotalis (Grundordnung für die Ausbildung der Priester) (6. Januar
1970): AAS 62 (1970) 321-384.(6) Johannes Paul II., Ansprache zum Abschluß der achten Weltbischofssynode (27.
Oktober 1990), 3: a.a.O.,4.(7) Ebd.,1.(8) Achte Weltbischofssynode, Botschaft der Synodenväter an das Volk Gottes (28.
Oktober 1990), III: L'Osservatore Romano,29./30.Oktober 1990, 4.(9) Johannes Paul II. Ansprache vor dem Angelus, 14.
Januar 1990, 2: L'Osservatore Romano,15./16. Januar 1990,5.(10) Ebd.,3.(11) Vgl. Propositio 3.(12) Paul VI., Homilie bei
der Eucharistiefeier zu Beginn der 9. öffentlichen Konzilssitzung (7. Dezember 1965): AAS 58 (1966) 55.(13) Vgl.
Propositio 3.(14) Vgl. ebd.(15) Vgl. Lineamenta, Einleitung, Nr.1.(16). Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution
über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 4.(17) Vgl. Achte Weltbischofssynode, Schlußbotschaft an das
Volk Gottes (28. Oktober 1990), I.(18) Johannes Paul II., Ansprache zum Abschluß der Achten Weltbischofssynode (27.
Oktober 1990), 4: a.a.O., 4; vgl auch das Gründonnerstagsschreiben an die Priester (15. März 1991): L'Osservatore
Romano, 15 März 1991, 4.(19) Vgl. vor allem II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über Dienst und Leben
der Priester Presbyterorum ordinis und Dekret über die Priesterausbildung Optatam totius; vgl. u.a. auch Hl.
Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Ratio fundamentalis institutionis sacerdotatils (Grundordnung für die
Ausbildung der Priester) (6. Januar1970): a.aO., und II. Vollversammlung der Weltbischofssynode (1971).(20) Vgl.
Propositio 7.(21) II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 5.(22) Johannes
Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben über die Berufung und Sendung der Laien in Kirche und Welt
Christifideles laici (30. Dezember 1988), 8: AAS 81 (1989) 405; vgl auch II. Außerordentliche Bischofssynode (1985).(23)
Vgl. Propositio 7.(24) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis, 7-
8.(25) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 1.(26) Vgl. Propositio
7.(27) Vgl. Propositio 7.(28) Vgl. Propositio 7.(29) Instrumentum laboris, Nr. 16; vgl. Propositio 7.(30) Vgl. Johannes Paul
II., Ansprache vor dem Angelus, 25 Februar 1990.(31) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der

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Priester Presbyterorum ordinis, 7-8.(32) Ebd., 8; vgl. Propositio 7.(33) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst
und Leben der Priester Presbyterorum ordinis, 9.(34) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die
Kirche Lumen gentium,10.(35) Vgl. Propositio 7.(36) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der
Priester Presbyterorum ordinis, 10.(37) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester, Optatum totius,
20.(38) Vgl. Propositio 12.(39) Achte Weltbischofssynode, Botschaft der Synodenväter an das Volk Gottes (28. Oktober
1990), III: a.a.O.,4.(40) II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 40.(41) II.
Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis, 12.(42) Hl. Augustinus, Sermo
340, 1: PL 38, 1483.(43) Ebd.(44) Vgl Propositio 8.(45) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der
Priester Presbyterorum ordinis,6.(46) Vgl Propositio 8.(47) Hl. Augustinus, Serm. Geulferb., 32,1: PLS 2, 637.(48)
Römisches Meßbuch, Kommunion-Antiphon der Messe des vierten Sonntags der Osterzeit.(49) Vgl. Johannes Paul II.,
Apostolisches Schreiben Mulieris dignitatem (15. August 1988).(50) Propositio 7.(51) Johannes Paul ., Predigt bei der
eucharistischen Anbetung (Seoul, 7. Oktober 1989), 2: Insegnamenti, XII, 2 (1989) 785.(52) Hl. Augustinus, Tract. in Io.,
123, 5: PL 35 1967.(53) Johannes Paul II., An die Priester, die an einem von der CEI ausgerichteten Kongreß teilnahmen
(4. November 1980).(54) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis,
14.(55) Ebd.(56) Ebd.(57) Vgl. Paul VI., Evangelii nuntiandi, 75.(58) Propositio 8.(59) II. Vatikanisches Konzil, Dekret
über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis,12.(60) Hl. Augustinus, Tract. in Io., 123, 5: a.a.O.(61) II.
Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis,12.(62) Ebd., 5.(63) Vgl. Konzils
von Trient, Sess. VI, cap. 7; Sess. VII, can. 6 (DS 1592; 1606).(64) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und
Leben der Priester Presbyterorum ordinis,12.(65) Hl. Augustinus, Sermo de Nat. Sanct. Apost. Petri et Pauli ex Evangelio
in quo ait: Simon Iohannis diligis me?. Bibliotheca Casinensis, in: "Miscellanea Augustiniana", Bd. I, hrsg. von G. Morin,
O.S.B., Rom, Tip. Poligl. Vat., 1930, S. 404.(66) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester
Presbyterorum ordinis, 4-6;13.(67) Vgl. Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi, 15: a.a.O., 13-15.(68) Vgl.
II. Vatikanisvhes Konzil, Dogmatische Konstitution über die Göttliche Offenbarung Dei Verbum, 8; 10.(69) II.
Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis, 5.(70) Johannes Paul II.,
Nachsynodales Apostolisches Schreiben Reconciliatio et paenitentia über Versöhnung und Buße in der Sendung der
Kirche heute (2. Dezember 1984), 31, VI: AAS 77 (1985) 265-266.(71) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und
Leben der Priester Presbyterorum ordinis, 6.(72) Vgl. II. Vatikanisches Konzil Dogmatische Konstitution über die Kirche
Lumen gentium, 42.(73) Propositio 9.(74) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester
Presbyterorum ordinis, 15.(75) Vgl. Ebd.(76) Vgl. II. Vatikanisches Konzil Dogmatische Konstitution über die Kirche
Lumen gentium, 42.(77) Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben über die Aufgaben der christlichen Familie in der
Welt von heute, Familiaris consortio (22. November 1981), 16: AAS 74 (1982) 98.(78) Propositio 11.(79) II. Vatikanisches
Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis, 16.(80) Ebd.(81) Propositio 8.(82) Vgl. II.
Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis, 17.(83) Propositio 10.(84)
Ebd.(85) Vgl. Kongregation für die Ordensleute und Säkularinstitute und Kongregation für die Bischöfe, Mutuae
relationes. Leitlinien für die gegenseitigen Beziehungen zwischen Bischöfen und Ordensleuten in der Kirche (14. Mai
1978), 18: AAS 70 (1978) 484-485.(86) Propositio 25 und 38.(87) II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über
die Kirche Lumen gentium, 23.(88) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum
ordinis, Vgl. Propositio 12.(89) Johannes Paul II., Enzyklika über die fortdauernde Gütigkeit des missionarischen Auftrags
Redemptoris missio (7. Dezember 1990), 67.(90) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester
Presbyterorum ordinis, 10.(91) Johannes Paul II., Predigt bei Messe mit Priestern aus der ganzen Welt (9. Oktober 1984)
2: Insegnamenti, VIII, 2 (1984) 899.(92) Johannes Paul II., Ansprache zum Abschluß der achten Weltbischofssynode (27.

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Oktober 1990), 5.(93) Vgl. Propositio 6.(94) Vgl. Propositio 13.(95) Vgl. Propositio 4.(96) II. Vatikanisches Konzil,
Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 9.(97) Ebd.(98) Hl. Cyprianus, De dominica Oratione, 23: CCL
3/A, 105.(99) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über das Laienapostolat Apostolicam actuositatem, 3.(100) Propositio
5.(101) Johannes Paul II., Ansprache vor dem Angelus am 3. Dezember 1989, in: Oss, Rom., 4./5. Dez. 1989.(102) Paul
VI., Botschaft zum 5. Weltgebetstag für Priesterberufe (19. April 1968): Insegnamenti, VI (1968) 134-135.(103) Vgl.
Propositio 5.(104) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 10; Dekret
über Dienst und Leben der Presbyterorum ordinis,12.(105) Vgl. Propositio 13.(106) II: Vatikanisches Konzil,
Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 16.(107) Römisches Meßbuch, Tagesgebet
der Messe um Berufe zu den heiligen Weihen (MB, S. 1057).(108) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Konstitution über die
heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium, 10.(109) Propositio 15.(110) Ebd.(111) Vgl. CIC, can. 220: "Niemand darf (...)
das Persönliche Recht eines jeden auf den Schutz der eigenen Intimsphäre verletzen"; vgl. auch can. 642.(112) II.
Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester Optatam totius, 2.(113) Vgl. II. Vatikanisches Konzil,
Dekret über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche Christus Dominus,15.(114) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret
über die Ausbildung der Priester Optatam totius, 2.(115) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der
Priester Presbyterorum ordinis, 6.(116) Ebd., 11.(117) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der
Priester Optatam totius, 2.(118) Propositio 14.(119) Propositio 15.(120) Vgl. Propositio 16.(121) Johannes Paul II.,
Botschaft zum 22. Weltgebetstag für geistliche Berufe, 13. April 1985, 1.(122) Achte Weltbischofssynode, Botschaft der
Synodenväter an das Volk Gottes (28. Oktober 1990), IV: a.aO.,4.(123) Propositio 21.(124) Vgl. II. Vatikanisches Konzil,
Dekret über die Ausbildung der Priester Optatam totius, 11, und Dekret über Dienst und Leben der Priester
Presbyterorum ordinis, 3; Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Grundordnung für die Ausbildung der
Priester Ratio fundamentalis institutionis sacerdotalis (6. Januar 1970), 51: a.a.O., 356-357.(125) Vgl. Propositio 21.(126)
Johannes Paul II., Enzyklika Redemptor hominis (4. März 1979), 10: AAS 71 (1979) 274.(127) Johannes Paul II.,
Apostolisches Schreiben über die Aufgaben der christlichen Familie in der Welt von heute Familiaris consortio (22.
November 1981), 37.(128) Ebd.(129) Propositio 21.(130) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et
spes, 24.(131) Vgl. Propositio 21.(132) Propositio 22.(133) Vgl. Hl. Augustinus, Confessiones (Bekentnisse) I, 1:CSEL
33, 1.(134) Achte Weltbischofssynode, Instrumentum laboris, 30, E Civitate Vaticana, 1990, 62.(135) Propositio 22.(136)
Propositio 23.(137) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester Optatam totius, 8.(138) II.
Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung Dei Verbum, 24.(139) Ebd., 2.(140) Ebd.,
25.(141) Johannes Paul II., Ansprache vor dem Angelus (4. März 1990), 2-3: L'Osservatore Romano, 5./6. März
1990,1.(142) II. Vatikanisches Konzil, Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium,14.(143) Hl.
Augustinus, In Ioannis Evangelium Tractatus XXVI, 13: CCL 26, 266.(144) Vgl. Liturgia Horarum, In festo SS. Corporis
Christi, ad II Vesperas antiphona ad Magnificat.(145) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der
Priester Presbyterorum ordinis, 13;(146) Johannes Paul II., Ansprache vor dem Angelus (1. Juli 1990), 3: L'Osservatore
Romano, 2./3. Juli 1990, 7.(147) Propositio 23.(148) Ebd.(149) Vgl. ebd.(150) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über
die Ausbildung der Priester Optatam totius, 9.(151) Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Grundordnung für
die Ausbildung der Priester Ratio fundamentalis institutionis sacerdotalis (6. Januar 1970), 51: a.a.O.,354.(152) Vgl. II.
Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester Optatam totius, 10.(153) Ebd.(154) Vgl. Johannes Paul II.,
Schreiben an alla Priester der Kirche zum Gründonnerstag (8. April 1979): Insegnamenti, II, 1 (1979) 841-862.(155)
Propositio 24.(156) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et
spes, 15.(157) Propositio 26.(158) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester Optatam totius,
16.(159) Achte Weltbischofssynode, Instrumentum laboris,39.(160) Vgl. Kongregation für das Katholische

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Bildungswesen, Schreiben alle Bischöfe über die Notvendigkeit einer intensiven Förderung des Studiums der Philosophie
an den Seminaren De necessitate Philosophiae studia in Seminariis impensius promovendi (20. Januar 1972).(161)
Desideravi intellectu videre quod credidi, et multum disputavi et laboravia, De Trinitate XV, 28: CCL 50/A, 534.(162) Paul
VI., Ansprache an die Teilnehmer an der 21. Italienischen Bibelwoche (25. September 1970): AAS 62 (1970) 618.(163)
Propositio 26.(164) Fides, quae est quasi habitus principiorum theologiae, In Boëth. de Trin. 5, 4, ad 8: Opuscula
Theologica, vol. II (hrsg. von R. Spiazzi, O.P., Turin, Marietti 1954, 378).(165) Vgl. hl. Thomas, in I Sentent. Prolog., 9. I,
a. 1-5.(166) Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Instruktion über die kirchliche Berufung des Theologen, Donum
veritatis (24. Mai 1990) 11; AAS 82 (1990) 1554-1555; 1568-1569.(167) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die
Ausbildung der Priester Optatam totius, 14.(168) Itinerarium mentis in Deum, Prol. Nr 4: Opera omnia, Tomus V, Ad
Claras Aquas (Quaracchi) prope Florentiam, Ex Typographia Collegii S. Bonaventurae 1891, 296.(169) Vgl. II.
Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester Optatam totius, 16.(170) Johannes Paul II. Enzyklika
Sollicitudo rei socialis (30. Dezember 1987), 41: AAS 80 (1988) 571.(171) Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Centesimus
annus (1. Mai 1991), 54: AAS 83 (1991), 859-860.(172) Kongregation für die Glaubenslehre, Instruktion über die
kirchliche Berufung des Theologen, Donum veritatis (24. Mai 1990), 21: a.a.O., 1559.(173) Propositio 26.(174) So
schreib z.B. der hl. Thomas von Aquin: "Man muß sich mehr an die Autorität der Kirche als an die Autorität eines
Augustinus oder Hieronymus oder irgendeines anderen Kirchenlehrers halten" (S. Theol., II-II, 10,12). Und weiter, daß
niemand sich mit der Autorität des Hieronymus oder Augustinus oder irgendeines anderen Kirchenlehrer gegen die
Autorität des Petrus verteidigen kann. Vgl. edb., II-II,11,1-3.(175) Propositio 32.(176) Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika
Redemptoris missio (7. Dezember 1990), 52-54.(177) Vgl. Propositio 32.(178) Propositio 27.(179) II. Vatikanisches
Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester Optatam totius, 4.(180) II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische
Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 48.(181) Hl. Beda Venerabilis, Explanatio Apocalypsis, Lib. II, 12: PL 93,
166.(182) Vgl. Propositio 28.(183) Ebd.(184) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester
Presbyterorum ordinis, 9. Vgl. auch Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben über die Berufung und
Sendung der Laien in Kirche und Welt Christifideles laici (30. Dezember 1988), 61: a.a.O., 512-514.(185) Propositio
28.(186) Vgl. ebd.(187) Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio (7. Dezember 1990), 67-68.(188) II.
Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester Optatam totius, 4.(189) Propositio 20.(190) Ebd.(191)
Ebd.(192) Ebd.(193) Vgl. Johannes Paul II., Ansprache an die Alumnen und Ex-Alumnen des römischen Collegio
Capranica (21. Januar 1983), in: Insegnamenti VI/1 (1983), 173-178.(194) Propositio 20.(195) Ebd.(196) Vgl. Propositio
19.(197) Ebd.(198) In Iohannes Evangelistam Expositio, c. 21, lect. V,2.(199) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die
Ausbildung der Priester Optatam totius, 3.(200) Vgl. Propositio 20.(201) Vgl. Kongregation für das Katholische
Bildungswesen, Ratio Fundamentalis institutionis sacerdotalis (6. Januar 1970), 19: a.a.O., 342.(202) II. Vatikanisches
Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis, 7.(203) Propositio 29.(204) Ebd.(205) Vgl.
Propositio 23.(206) Vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Christifidelis Laici (30. Dezember
1988), 61 und 63; a.a.O., 512-514 und 517-518; Apostolisches Schreiben Mulieris dignitatem (15. August 1988), 29-31;
a.a.O., 1721-1729.(207) Vgl. Propositio 29.(208) Propositio 30.(209) Ebd.(210) Vgl. Propositio 25.(211) Johannes Paul
II., Ansprache an die Priester von Comunione e Liberazione (12. September 1985): AAS 78 (1986) 256.(212) Vgl.
Propositio 25.(213) Johannes Paul II., Ansprache an den Klerus der Schweiz in Einsiedeln (15. Juni 1984), 10:
Insegnamenti VII, 1 (1984), 1798.(214) Vgl. Augustinus, in : Iohannis Evangelium Tractatus, CX-XIII, 5: CCL 36, 678-
680.(215) Vgl. Propositio 31.(216) Karl Borromäus, Acta Ecclesiae Mediolanesis, Mailand 1599, 1178.(217) Vgl. II.
Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 22.(218) Achte
Weltbischofssynode, Instrumentum laboris, 55 a.a.O.(219) II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der

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Priester Presbyterorum ordinis, 6.(220) Paul VI., Enzyklika Ecclesiam suam (6. August 1964), III: AAS 56 (1964)
647.(221) Vgl. Kongregation für den Klerus, Nota directiva Postquam Apostolici (25. März 1980): AAS 72 (1980) 343-
364.(222) Propositio 39.(223) Propositio 34.(224) Ebd.(225) Ebd.(226) Vgl. Propositio 38; II. Vatikanisches Konzil, Dekret
über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis, 1; dass., Dekret über die Ausbildung der Priester Optatam
totius, 1; Kongregation für die Ordensleute und für die Säkularinstitute und Kongregation für die Bischöfe, Nota directiva
Mutuae relationes (14. Mai 1978), 2 und 10: AAS 70 (1978), 475 und 479-480.(227) Propositio 35.(228) Ebd.(229) Vgl.
Propositio 36.(230) Weltbischofssynode, Instrumentum laboris, 60: a.a.O., 117; vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über
die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Welt Christus Dominus, 30; dass., Dekret über Dienst und Leben der Priester
Presbyterorum ordinis, 8; CIC, can. 550, par. 2.(231) Propositio 37.(232) G.B. Montini, Hirtenschreiben Vom Sinn der
Moral, 1961.(233) Vgl. Propositio 40. © Copyright 1992 - Libreria Editrice Vaticana
Copyright © Dicastero per la Comunicazione - Libreria Editrice Vaticana