ACG 433-28CG28-29_de


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102. Jahrgang
AMTSBLATT
DES GENERALRATES
DER SALESIANER DON BOSCOS
Offizielles Animations- und Mitteilungs-
or­gan für die Salesianische Kongregation
Oktober 2020
Nr. 433
Welche Salesianer
braucht es
für die Jugendlichen
von heute?
Postkapitulare Reflexionen
28. Generalkapitel
der Gesellschaft des Hl. Franz von Sales
Rom, den 16. August 2020

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Impressum
Herausgeber:
Deutsche und österreichische Provinz der Salesianer Don Boscos
Provinzialat der Salesianer Don Boscos
81669 München, St.-Wolfgangs-Pl. 10
Tel. 089/48008-421 · provinzialat@donbosco.de
Provinzialat der Salesianer Don Boscos
1130 Wien, Österreich, St.-Veit-Gasse 25
Tel. 0043/1/87839 · provinzialat@donbosco.at
Italienische Originalausgabe:
Atti del Consiglio generale della Società salesiana di San Giovanni Bosco
Organo ufficiale di animazione e di comunicazione per la congregazione salesiana
Anno CII, settembre 2020, N. 433
Società di San Francesco di Sales
Sede Centrale Salesiana
00185 Roma, Italia, Via Marsala, 42
Übersetzung:
P. Hatto von Hatzfeld SDB (Schlussansprache des Generaloberen),
Fr. Barbara Klose (übrige Teile)
Redaktion:
Prof. Dr. Clemens Schwaiger SDB
Satz & Druck:
Don Bosco Druck & Design, Ensdorf
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Inhaltsverzeichnis
Geleitwort des Generaloberen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Programmvorschlag des Generaloberen für die salesianische
Kongegration nach dem 28. Generalkapitel . . . . . . . . . . . . . . .13
1. Für immer Salesianer Don Boscos:
„Bruder oder nicht Bruder, ich bleibe bei Don Bosco“
(Cagliero). Eine sechsjährige Periode, um in der
salesianischen Identität zu wachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . .17
2. In einer Kongregation, in der das „Da mihi animas
cetera tolle“ dringende Sorge ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
3. Das „salesianische Sakrament“ der Präsenz leben . . . . . . . . . 26
4. Die Aus- und Fortbildung, um heute salesianische
Seelsorger zu sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .31
5. Absolute Priorität für die jungen Menschen, die ärmsten
und ganz verlassenen und ungeschützten . . . . . . . . . . . . . . 36
6. Gemeinsam mit den Laien in der Sendung und in der
Aus- und Fortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
7. Es ist Zeit für Großherzigkeit innerhalb der Kongregation.
Leben in einer stets missionarischen Kongregation . . . . . . . . . 46
8. Begleiten wir die jungen Menschen zu einer
nachhaltigen Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Botschaft von Papst Franziskus an die Teilnehmer des
28. Generalkapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
Die empfangene Gabe wieder aufleben lassen . . . . . . . . . . . 58
Die „Option Valdocco“ und das Geschenk der jungen Menschen . 61
Die „Option Valdocco“ und das Charisma der Präsenz . . . . . . . 63
Die „Option Valdocco“ in der Vielfalt der Sprachen . . . . . . . . . 67
Die „Option Valdocco“ und die Fähigkeit zu träumen . . . . . . . . 68
3

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„Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?“ . . .71
Erstes Kernthema:
Vorrang der salesianischen Sendung unter den
Jugendlichen von heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Erkennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Deuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
Wählen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
Zweites Kernthema:
Das Profil des Salesianers heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
Erkennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
Deuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
Wählen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
Drittes Kernthema:
Gemeinsam mit den Laien in der Sendung und in der
Aus- und Fortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
Erkennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
Deuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Wählen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
Beschlüsse des 28. Generalkapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
Änderungen der Konstitutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
Änderungen der Satzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
Anhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
Ansprache des Generaloberen Don Ángel Fernandez Artime
zur Eröffnung des 28. Generalkapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
Ansprache von Kardinal João Braz de Aviz, Präfekt der
Kongregation für die Institute des geweihten Lebens
und für die Gesellschaften Apostolischen Lebens . . . . . . . . . . . 140
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Brief der jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer
an das 28. Generalkapitel der Salesianer Don Boscos . . . . . . . . 150
Abschlussrede des Generaloberen zum 28. Generalkapitel . . . . . 154
Chronik des 28. Generalkapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
Teilnehmerliste des 28. Generalkapitels . . . . . . . . . . . . . . . . 168
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Geleitwort
des
Generaloberen
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Geleitwort
Liebe Mitbrüder,
vier Monate sind seit dem Abschluss des 28. Generalkapitels vergangen,
das wegen der Pandemie, die unseren weiteren Aufenthalt in Valdocco
unmöglich gemacht hat, drei Wochen früher beendet wurde. Heute wen-
de ich mich an Euch mit diesem Geleitwort in tiefer Freude über das, was
wir in Valdocco gelebt haben, und zufrieden wegen der, wie ich meine,
fruchtbaren Arbeit aller Kapitulare, die anschließend innerhalb des Ge-
neralrates vollendet wurde. Die Kapitelversammlung hat nämlich dem
Generaloberen und seinem Rat die Aufgabe anvertraut, das zu beenden,
was zum Zeitpunkt des vorzeitigen Endes noch unvollendet war.
Das Dokument, das nun alle Mitbrüder durch diese Veröffentlichung
erreicht, hat den Untertitel „Postkapitulare Reflexionen“ und nicht „Ka-
piteldokumente“, wie es in der Vergangenheit üblich war. Denn die Kapi-
telversammlung konnte den Text nicht mit einer Abstimmung endgültig
beschließen. Nur einige Kapitelbeschlüsse, vor allem rechtlichen Cha-
rakters, entstanden in den ersten vier Wochen unserer Arbeit.
Wie ich es schon bei anderen Gelegenheiten gesagt habe, war das
28. GK aufgrund der Umstände, die wir erleben mussten, ein „spezi-
elles“ Kapitel. Dennoch war es kein Kapitel ohne Orientierungen und
programmatische Aussagen. Das Dokument, das ich Euch vorstelle, ent-
hält in der Tat einen ersten Teil, den sowohl ich als auch die Mitbrüder
des Generalrates als sehr wichtig für die Animation, die Leitung und das
Leben der Kongregation in den nächsten sechs Jahren halten.
Es handelt sich um das Programm, das der Generalobere der Kongre-
gation für die Amtszeit 2020-2026 vorschlägt. In diesem ausführlichen
Vorschlag findet Ihr, liebe Mitbrüder, die nach dem Generalkapitel er-
folgte Reflexion, die Frucht des Kapitels selbst und Zusammenfassung
des Weges unserer Kongregation in den vergangenen sechs Jahren ist.
Es handelt sich um eine reiche und ausführliche Reflexion, die vor allem
den Geist der Botschaft von Papst Franziskus an das Generalkapitel auf-
nimmt; sie vereint außerdem die Punkte, die der Heilige Vater als we-
sentlich benannt hat und die schon in den Überlegungen der Kapitelver-
sammlung zu den ersten beiden Kernthemen gegenwärtig waren. Das
dritte Kernthema wurde – wie Ihr wisst – vom Generalrat erarbeitet.
Dieser Programmvorschlag sollte sicher Anlass für Studium, Analyse
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Geleitwort
und Vertiefung seitens der Provinzen sowie seitens jedes Mitbruders
sein, vor allem seitens der Direktoren in ihrem Dienst der Animation und
Leitung der Hausgemeinschaften. Als selbstverständlich setze ich vo-
raus, dass dieser vom Provinzial und seinem Rat studiert wird.
Ich denke, dass die ganze Kongregation, wenn auch in unterschied-
licher Geschwindigkeit abhängig von den Besonderheiten jeder Provinz,
diesen Weg gehen muss, der identitätsstiftend und charismatisch ist
und Leit- sowie Handlungslinien für unsere Gegenwart bietet.
Auf das Programm für die nächsten sechs Jahre folgt die Botschaft
des Heiligen Vaters, die zweifelsohne das Herz eines jeden Salesianers
erreichen wird und vor allem Anlass zu Betrachtung, Studium, Vertie-
fung und persönlicher Begegnung sein sollte.
Die drei für die Arbeit im Kapitel vorgeschlagenen Kernthemen wurden
umfänglich entwickelt, auch wenn sie nicht alle zu Beginn angedachten
Phasen des Studiums und der Erarbeitung durchlaufen konnten. Die
Texte bieten reichhaltige Überlegungen, genaue und zweckmäßige Vor-
schläge für das Leben der Provinzen und all unserer Präsenzen weltweit.
Schließlich finden sich in dem Dokument die Kapitelbeschlüsse und
wie bei allen Generalkapiteln einige Botschaften und Ansprachen als
Anhang.
Ich glaube, dass das Dokument, das Ihr nun in den Händen haltet, es
erlaubt, die kirchlichen, charismatischen und identitätsstiftenden Moti-
vationen zu vertiefen, die uns helfen werden, den Weg in Treue zu gehen,
den wir als Kongregation und persönlich weiterhin zu gehen wünschen.
Heute nicht weniger als früher brauchen uns unsere Welt, die Kirche und
die jungen Menschen mit ihren Familien, um den Weg der Treue zum
Herrn Jesus Christus weiterhin zu leben. Sie brauchen uns als mutige
und zeichenhafte Propheten. Der Herr möge uns diese Gabe gewähren.
Mittelmäßig und ängstlich können wir den jungen Menschen nur wenig
anbieten, sodass sie nicht in der Lage sind, ihr Leben zu wandeln und es
mit Sinn zu füllen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir alle einer Kongregation ange-
hören möchten, die sich quicklebendig fühlt und in der jeder Mitbruder
die eigene Selbsthingabe jeden Tag erneuert: nicht irgendwie, sondern
in dem Gefühl, dass sich die Mühe lohnt.
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Geleitwort
Ich wünsche mir sehr, dass dieses „spezielle“ 28. GK jedem Mitbruder
helfen möge, die apostolische Leidenschaft, die unseren Vater Don Bos-
co kennzeichnete, neu zu entfachen, um heute wie Don Bosco zu sein, in
jedem Teil der Welt, in jeder Kultur und in jeder Situation.
Ich füge noch eine Bitte hinzu. Während ich dieses Dokument mit
einem Blick des Glaubens und großen Vertrauens übergebe, bitte ich
jeden von Euch, liebe Mitbrüder, es zum Anlass für Gebet, ein gedul-
diges Studium, eine aufmerksame Lektüre und Betrachtung zu machen,
damit es Euer Herz berühren kann. Ich bitte Euch, die Spiritualität, die
Ihr in diesen Überlegungen zum Kapitel findet, zu verinnerlichen, in Aus-
tausch mit den Vorschlägen zu treten, die bedeutend und prophetisch in
der Art und Weise sein wollen, wie wir sie annehmen und in unser Leben
übertragen. Ich denke, dass eine bedeutsame Zeit des Studiums, des
Kennenlernens und der Verinnerlichung sowie des Austauschs, von Herz
zu Herz, vor dem Herrn die einem jeden Mitbruder, einer jeden Provinz
und Visitatorie, einer jeden Region und Provinzialkonferenz anvertraute
Hauptaufgabe sein muss.
Liebe Mitbrüder, die Verkündung dieser „Postkapitularen Reflexi-
onen“ geschieht am 16. August 2020, dem 205. Jahrestag der Geburt
Don Boscos und 162 Jahre nach dem Beginn unserer Kongregation. Bis
heute ist der Weg unserer Kongregation und der Don-Bosco-Familie ein
sehr schöner Weg gewesen. Wenn wir in unserer Antwort dem Herrn
weiterhin treu bleiben, werden wir durch unsere tägliche Selbsthinga-
be noch sehr viel mehr für das Wohl der jungen Menschen tun können.
Überall gibt es junge Menschen, die Salesianer brauchen, die Freund,
Bruder und Vater sein können.
Maria, unsere Mutter und die Helferin der Christen, möge uns auf die-
sem Weg begleiten und wie bei Don Bosco weiterhin alles tun. Von Ihr
lernen wir, was es bedeutet, aufmerksam auf die Stimme des Heiligen
Geistes zu hören und Ihm gelehrig zu sein; wir lernen, die Tiefe eines
Lebens in Gott und die einfache und überzeugte Hingabe täglich zu pfle-
gen. Das lässt uns zu immer authentischeren Zeichen und Botschaftern
der Liebe Gottes zur Jugend werden.
Unserer Mutter, der Helferin der Christen, vertrauen wir uns an, „um
unter der Jugend Zeugen der unerschöpflichen Liebe ihres Sohnes zu
werden“ (K 8).
10

2 Pages 11-20

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Don Ángel Fernández Artime
Generaloberer
Rom, den 16. August 2020
Jahrestag der Geburt Don Boscos
Geleitwort
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Programmvorschlag
des Generaloberen
für die
Salesianische
Kongregation
nach dem
28. Generalkapitel
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Programmvorschlag des Generaloberen
Liebe salesianische Mitbrüder in der ganzen Welt,
mit großer Freude wende ich mich nach dem Generalkapitel und dem
Abschluss der ersten Sitzungsperiode des neuen Generalrates an Euch
alle. Mit diesem Brief, den ich mit dem Generalrat geteilt habe, möch-
te ich Euch allen, liebe Mitbrüder, einen regelrechten „Zeitplan“ für die
nächsten sechs Jahre zur Verfügung stellen, weil der Abbruch des Ge-
neralkapitels, mitten in der Durchführung, es uns nicht erlaubt hat, Ka-
piteldokumente zu haben, die für die folgenden sechs Jahre Norm und
Leitfaden gewesen wären.
Angesichts der schmerzlichen Wirklichkeit der von dem Virus Co-
vid-19 verursachten Pandemie, welche die Welt schwer getroffen hat
und immer noch sehr belastet, haben wir etwas Einzigartiges erlebt:
den vorzeitigen Abbruch eines Generalkapitels. Es ist das erste Mal in
der Geschichte unserer Kongregation geschehen – wenn wir von dem
tragischen Ereignis des Ersten Weltkriegs absehen, der die Durchfüh-
rung des XII. Generalkapitels während der Amtszeit von Don Paolo Albe-
ra unmöglich machte. So musste auf die Durchführung dieses Kapitels
damals fast zwölf Jahre gewartet werden.
In unserem Fall bedeutet der Abbruch der Arbeiten des Kapitels kei-
nesfalls, dass das 28. Generalkapitel bedeutungslos war und keinen in-
haltlichen Reichtum hervorgebracht hat. Alle Kapitulare sind von dem
Erfahrenen bereichert und mit einer salesianischen Gesinnung, die an
den „Quellen von Valdocco“, den Quellen unseres charismatischen Ur-
sprungs, genährt und gestärkt worden ist, in die eigenen Provinzen zu-
rückgekehrt (einige nach mehreren Monaten Wartezeit in Valdocco).
Trotz der gefährlichen Pandemie und dem Risiko der Suspendierung
der Versammlung konnte das Generalkapitel in der letzten Woche den
Generaloberen und alle Mitglieder des Generalrates wählen und uns die
Aufgabe anvertrauen, mit der Reflexion über die noch nicht behandelten
Punkte fortzufahren.
Mein Schreiben und der gesamte Inhalt des Bandes „Postkapitulare
Reflexionen“ wollen eine treue Antwort auf dieses von der Kapitelver-
sammlung empfangene Mandat sein.
Dazu kommt das Gefühl einer tiefen Dankbarkeit für das Erlebte ge-
genüber dem Herrn, vor allem weil wir es in Valdocco erfahren haben.
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Programmvorschlag des Generaloberen
Das 28. GK ist nämlich auf besondere Art und Weise dadurch gekenn-
zeichnet, dass es in Valdocco stattfand, der Wiege unseres Charismas,
dem heiligen Ort, wo unser Vater Don Bosco „auf das Leben der jungen
Menschen mit einem Gesicht und einer Geschichte antwortete“.1 Wir ha-
ben unser Generalkapitel in Valdocco in dem klaren Bewusstsein gelebt,
dass hier das Haus für alle ist.
So sehr denkt der Heilige Vater Franziskus an uns, dass er Don Bosco
in der Person seiner Söhne, die in der Kapitelversammlung vereint sind,
das schönste Geschenk machen und uns aufsuchen wollte.
Der Papst hatte mir vor einigen Monaten seinen persönlichen
Wunsch, nach Valdocco zu kommen, angekündigt. Zu Beginn des Ge-
neralkapitels wurde bei Gesprächen mit den Verantwortlichen für die
Papstbesuche der für den 6. und 7. März vorgesehene Besuch bestätigt.
Alles war bereit. Wir erwarteten ihn zur Mittagszeit am Freitag, den 6.
März. Er wäre mit uns in Valdocco bis zum Morgen des 7. März geblieben
und hätte anschließend seine Familie besucht. Leider haben die Coro-
navirus-Pandemie und die im gesamten italienischen Staat auferlegten
Einschränkungen diesen Besuch unmöglich werden lassen – er wäre ein
einzigartiges Ereignis in unserer Geschichte gewesen, zumindest wegen
der zeitlichen Dauer der Anwesenheit des Heiligen Vaters und seiner di-
rekten Beteiligung am Generalkapitel, wie er es wünschte.
Telefonisch hat uns der Papst einen Gruß übermittelt, den ich mit der
ganzen Kapitelversammlung geteilt habe, und am darauffolgenden Tag
hatten wir seine Botschaft an das 28. GK in den Händen, die Ihr auch in
dieser Publikation findet.
Seit Beginn des 28. GK lebten wir in einem starken Bewusstsein,
das uns dahin führte, uns zur Verfügung zu stellen, damit so „der Hei-
lige Geist die charismatische Gabe [unseres] Gründers wieder aufleben
1 Papst Franziskus, Botschaft an die Teilnehmer des 28. GK, Rom, 4. März 2020. Ich
möchte in dieser ersten Anmerkung darauf hinweisen, dass ich meinen Brief mit
wörtlichen Zitaten aus der Botschaft von Papst Franziskus für uns als Kongregation
und als Kapitelversammlung bereichere, die er uns in einem äußerst günstigen Mo-
ment unserer Reflexionen und unserer Arbeiten übersandt hat. Wegen der Bedeu-
tung der Worte des Heiligen Vaters stehen diese im Fließtext und nicht in den Anmer-
kungen unten auf der Seite. Die Anführungszeichen weisen Euch auf die Worte des
Papstes hin.
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Programmvorschlag des Generaloberen
lässt“. Das wünschte sich der Heilige Vater, als er uns, an das erste Ora-
torium erinnernd, aufforderte, die Fenster nicht vor der Geräuschkulisse
und dem Stimmengewirr zu verschließen, das aus dem Hof von Valdocco
heraufsteigt. Diese „Geräuschkulisse“ soll uns begleiten, uns unruhig
und unerschrocken in unserer Unterscheidung werden lassen.
Damit werden wir uns in den nächsten sechs Jahren beschäftigen, für
das Wohl der jungen Menschen in aller Welt. Junge Menschen, die ein
konkretes und sichtbares Antlitz in der wunderbaren Gruppe annahmen,
die für einige Tage das Generalkapitel mit uns zusammen verlebte, die
uns herausforderte, die zu uns mit Herz und Verstand gesprochen und
uns berührt hat.
Da in Valdocco alles zu uns von Don Bosco und von seinen Jugend-
lichen sprach und weil die heutigen jungen Menschen uns rufen, zu uns
sprechen und auf uns warten, setzen wir uns als Kongregation einige
Ziele, die uns in die Lage versetzen sollen, auf die heutige Wirklichkeit
eine Antwort zu geben, und durch die wir unsere Ängste und unsere
„Komfortzonen“ verlassen werden, wo auch immer wir uns befinden und
welche es auch immer sein mögen.
Die Vorlage, die ich Euch schicke, liebe Mitbrüder, soll zu einem
Handlungsprogramm für die nächsten sechs Jahre werden, in vollstän-
diger Kontinuität mit dem vorherigen von der Kongregation gegangenen
Weg, und sie wird uns auch aus diesem Grund Kraft und Mut verleihen.
Wir müssen in den nächsten sechs Jahren verschiedene Herausforde-
rungen angehen. Ich stelle sie Euch als Ergebnis der während und nach
dem Generalkapitel durchgeführten Überlegungen vor. Ich lege sie der
gesamten Kongregation vor, nachdem ich in den letzten sechs Jahren
die von uns gelebte Wirklichkeit und in letzter Zeit den Weg der Kirche
im Detail kennengelernt habe. Ich lege sie allen Provinzen vor, nachdem
ich sie mit den Mitgliedern des Generalrates geteilt habe: Diese Heraus-
forderungen müssen nämlich der Spiegel sein, dem sich jede Provinz in
der Welt stellen muss, und zu den Kriterien werden, die Zweck, Ziele, Pro-
zesse und konkrete Handlungen der nächsten sechs Jahre bestimmen, an
allen Orten, wo das Charisma der Söhne Don Boscos Wurzeln geschlagen
hat.
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2.7 Page 17

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Programmvorschlag des Generaloberen
Die Herausforderungen, auf die wir antworten müssen, und die zu ver-
folgenden Ziele sind die folgenden:
1. Für immer Salesianer Don Boscos.
Eine sechsjährige Periode, um in der salesianischen Identität zu
wachsen
2. In einer Kongregation, in der wir durch das „Da mihi animas,
cetera tolle“ geleitet werden
3. Das „salesianische Sakrament der Präsenz“ leben
4. Die Aus- und Fortbildung, um heute salesianische Hirten zu sein
5. Absolute Priorität für die jungen Menschen, die ärmsten und ganz
verlassenen und ungeschützten
6. Gemeinsam mit den Laien in der Sendung und der Aus- und Fort-
bildung.
Die charismatische Kraft, die uns die Laien und die Don-Bosco-Fami-
lie anbieten
7. Es ist Zeit für eine stärkere Großherzigkeit in der Kongregation.
Eine weltweite und missionarische Kongregation
8. Begleiten wir die jungen Menschen zu einer nachhaltigen Zukunft
1. Für immer Salesianer Don Boscos:
„Bruder oder nicht Bruder, ich bleibe bei Don Bosco“ (Cagliero).
Eine sechsjährige Periode, um in der salesianischen Identität zu
wachsen
„Der Herr hat uns Don Bosco als Vater und Lehrmeister
gegeben.
Ihn suchen wir kennenzulernen und nachzuahmen, an ihm
bewundern wir den einzigartigen Einklang von Natur und
Gnade. Ganz Mensch und reich an den Vorzügen seines Volkes,
war er offen für die irdischen Wirklichkeiten; zutiefst Mann
Gottes und erfüllt von den Gaben des Heiligen Geistes, lebte er
‚als schaute er den Unsichtbaren‘.“ (K 21)
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2.8 Page 18

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Programmvorschlag des Generaloberen
In der Kapitelsaula habe ich mich während meiner Schlussansprache
zum 28. GK auf ein Gespräch mit einem Mitbruder am vorhergehenden
Tag bezogen. Dieser hatte darum gebeten, mit mir zu sprechen, und
sagte mir: „Lasst uns nicht allein. Wir brauchen Hilfe, um wahrhaft Sale-
sianer zu sein, um unsere Identität nicht zu verlieren“.
Ich habe tief gespürt, dass in diesem Moment der Herr auch durch un-
seren Mitbruder zu uns sprach. Und uns die Bedeutung und Dringlichkeit
spüren ließ, die charismatische Identität unserer Kongregation wachsen
zu lassen und zu festigen.
Der wesentliche und grundlegende Ausgangspunkt ist unser Dasein
als Ordensleute. Die Zukunft des Ordenslebens, und das salesianische
Leben für uns Ordensleute, hat ihre Daseinsberechtigung in ihrem Fun-
dament, das Jesus Christus ist. Als Ordensleute prägt die Nachfolge
Christi unsere Identität, indem sie in diese unsere pastorale Ausbildung
integriert. Als Ordensleute, als Salesianer Don Boscos, macht Gott uns
zur „lebendige[n] Erinnerung an die Lebens- und Handlungsweise Jesu“.2
Die Herausforderung der Berufung besteht für das gesamte Ordensleben
und besonders für uns als Salesianer Don Boscos darin, „immer zu Jesus
zurückzukehren“ und all dem zu entsagen, das nicht Er ist oder uns von
Ihm entfernt.
In Bescheidenheit und mit klarer Sicht müssen wir anerkennen, dass
der Ausweg aus der Krise des Ordenslebens, des salesianischen Lebens,
der Schwierigkeiten jeder Provinz weder in neuen Projekten noch in Stra-
tegieplänen noch in einem „Programm 3.0“ besteht. Meistens geht es
angesichts von Enttäuschung, von existenzieller Erschöpfung, von Moti-
vationsmangel usw. darum, zu Christus zurückzukehren, zum Ordensle-
ben, zum salesianischen geweihten Leben. Wir können nämlich in dem
Irrglauben leben, dass erst durch unser Tun alles einen Sinn gewinnt.
Nein, liebe Mitbrüder, ohne Jesus Christus im Zentrum unseres Denkens,
Fühlens, Lebens, unserer Träume, Arbeit usw. gibt es keine Zukunft und
können wir nichts Bedeutsames anbieten. In den Worten von Papst Fran-
ziskus: „Der Herr fordert alles; was er dafür anbietet, ist wahres Leben,
das Glück, für das wir geschaffen wurden. Er will, dass wir heilig sind,
und erwartet mehr von uns, als dass wir uns mit einer mittelmäßigen,
2 Vita Consecrata, 22.
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2.9 Page 19

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Programmvorschlag des Generaloberen
verwässerten, flüchtigen Existenz zufriedengeben.“3
Vergessen wir nicht, dass die salesianische Sendung und die Kongrega-
tion selbst aus Gott geboren, von seinem Geist erweckt sind: „In Demut
und Dankbarkeit glauben wir, daß die Gesellschaft des Heiligen Franz
von Sales nicht nur aus menschlichem Planen, sondern aus Gottes Initi-
ative hervorgegangen ist“ (K 1) und dass jeder von uns Salesianern Don
Boscos von Gott selbst zur Jugend gesandt ist (vgl. K 15).
Nach diesem „speziellen“ 28. Generalkapitel denke ich, dass von uns
Salesianern, 162 Jahre nach den Anfängen unserer Kongregation, erwar-
tet wird, dass wir bereit und wach sind, um den Atem des Geistes Gottes,
den Heiligen Geist, zu hören, um Jesus Christus weiterhin als Fundament
und Zentrum unseres Lebens zu haben, um die Prophetie zu erneuern,
die unser Leben kennzeichnen soll, und um weiterhin in der Menschlich-
keit zu wachsen, bis wir zu jenen „Experten der Menschlichkeit“ werden,
die zu schauen und zu betrachten wissen, bis wir uns von den Leider-
fahrungen und den Bedürfnissen unserer Brüder und Schwestern (be-
ginnend in unseren Gemeinschaften), der jungen Menschen, der Jungen
und Mädchen, und denen ihrer Familien berühren lassen. Wir müssen
unseren prophetischen Dienst mit Ernsthaftigkeit übernehmen. Unser
spezifischer Beitrag besteht darin, Abbild des Lebensstils Jesu zu sein,
ganz und gar dem Vater und seinem Plan für die Menschheit geweiht zu
sein: dem Reich Gottes. Deshalb wird von uns erwartet, dass wir Zei-
chen und Zeugen der väterlichen Gegenwart Gottes sind – einer sanften
Gegenwart, die zu einem zärtlichen Blick fähig ist und vor allem für die
Ärmsten, für unsere jungen Menschen weit offene Arme hat. So wird un-
sere Brüderlichkeit zur Wirklichkeit, sie wird anziehend und faszinierend
sowie mit Einfachheit und Schlichtheit gelebt.
Der Auferstandene forderte seine Jünger auf, nach Galiläa zurückzu-
kehren, um ihn zu treffen und wiederzusehen. Diese Aufforderung ist für
uns äußerst aktuell. Salesianisch gesehen liegt meiner Meinung nach
unser Galiläa für die heutige Begegnung mit dem Herrn für uns Salesia-
ner Don Boscos in Valdocco, in den durchaus zerbrechlichen Anfängen
von Valdocco, die aber auch die Kraft und Leidenschaft der folgenden
Aussage in sich hatten: „Bruder oder nicht Bruder, ich bleibe bei Don
3 Papst Franziskus, Apostolisches Schreiben Gaudete et exsultate, Rom, 19. März
2018, 1.
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2.10 Page 20

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Programmvorschlag des Generaloberen
Bosco“. So sprach der junge Johannes Cagliero mit brennender Leiden-
schaft und jugendlicher Begeisterung. Valdocco ist in der Tat die spiri-
tuelle und apostolische Atmosphäre, in der jeder von uns den Atem des
Heiligen Geistes spürt, wo wir uns nähren und unsere charismatische
Identität stärken. Es ist der Ort der „Verklärung“ für jeden Salesianer,
der, wenn er alle Elemente unserer Spiritualität pflegt, dazu beitragen
kann, dass jedes unserer Häuser ein authentisches Valdocco wird, wo
es möglich ist, im Alltag unserem Herrn Jesus Christus von Angesicht zu
Angesicht zu begegnen.
Jesus geht vorüber, schaut uns liebevoll an und ruft uns auf, ihm
zu folgen. In dem Geheimnis dieses Rufs, dieses Blicks, der uns nicht
beurteilt, sondern uns innerlich erforscht und uns beobachtet, in dem
Abenteuer, auf seinen Spuren unterwegs zu sein, kann jeder den Plan
entdecken, den Gott für jeden von uns originär erdacht hat. Heute leiden
viele von denen, die entschieden haben, die Kongregation zu verlassen,
unter derselben Sache: Sie sind nicht mit Jesus Christus in Kontakt ge-
kommen und verfügen nicht über dieselbe Leidenschaft wie der junge
Cagliero, um bei Don Bosco in der Nachfolge Jesu zu bleiben. Deshalb
übt manchmal irgendein anderes pastorales Angebot, das einen Schim-
mer von Autonomie, Selbstverwaltung, Unabhängigkeit, Verwaltung der
eigenen wirtschaftlichen Güter hat, auf einige Brüder eine ausreichende
Faszination aus, um sie zu veranlassen, woanders hinzugehen. Wir müs-
sen ehrlich anerkennen, dass es so ist. Manchmal wird auch das Ge-
schenk des Priesteramtes nicht vollständig verstanden und es wird als
„Macht“ instrumentalisiert und gelebt. Dies trübt das Bündnis, das Gott
mit uns durch das Geschenk der Ordensweihe geschlossen hat, welche
im Zentrum unseres persönlichen und gemeinschaftlichen Lebens steht.
VORSCHLÄGE
Diese sechsjährige Periode soll sich durch eine tiefgehende Arbeit in
der Kongregation abheben, um in der Tiefe des Charismas, der salesia-
nischen Identität, in allen Lebensphasen zu wachsen, durch ein ernst-
haftes Engagement in allen Provinzen und in jeder salesianischen
Gemeinschaft, um wie Don Bosco sagen zu können: „Ich habe Gott
versprochen, bis zum letzten Atemzug für meine armen Jugendlichen
dazusein”.4
4 MB XVIII, 258, zitiert in Art. 1 unserer Konstitutionen.
20

3 Pages 21-30

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3.1 Page 21

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Programmvorschlag des Generaloberen
Deshalb:
Sollten wir in jeder Aus- und Fortbildungsphase mit der ihr entspre-
chenden Tiefe als unabdingbar dringliches Bedürfnis diejenigen Ele-
mente pflegen, die jedem Salesianer seine charismatische Identität
geben und die uns Don Bosco und die jungen Menschen mit dem Her-
zen des Guten Hirten lieben lassen.
Sollten wir den Eigenschaften unserer charismatischen Identität als
Ordensleute Vorrang geben, die uns zu prophetischen Zeichen wer-
den lassen: ein glückliches Leben, das im Evangelium verwurzelt ist;
ein starker, in Gott verankerter Glaube; eine Gemeinschaft, die das
gemeinschaftliche Leben anziehend werden lässt; eine prophetische
Haltung angesichts der Ungerechtigkeit des Bösen; schließlich ein
hoffnungsvoller Blick gemeinsam mit dem Wunsch nach Wandlung.
Sollte in den Provinzen im Hinblick auf die Versetzungen der Mitbrü-
der aufmerksam entschieden werden, um den authentischen Sinn
und die Leidenschaft des salesianischen Herzens nicht zu verlieren
und um nicht in eine Art charismatischer Unbestimmtheit zu fallen
oder sich an pastoralen Gegebenheiten der Diözesen auszurichten,
was zur Abtrennung von der Kongregation beiträgt.
Achten wir weiterhin sehr darauf, dass wir als Kongregation nicht vom
„Virus des Klerikalismus und des Karrierismus“5 vereinnahmt wer-
den.
Wollen wir bei der Reflexion und dem Miteinanderteilen innerhalb je-
der Gemeinschaft den ersten Teil des Dokumentes „Animation und
Leitung der Hausgemeinschaften. Der Dienst des salesianischen Di-
rektors“ beachten, der die „salesianische gottgeweihte Identität“
vorstellt.
5  Vgl. Papst Franziskus, Nachsynodales Apostolisches Schreiben Christus vivit, Rom,
25. März 2019, 98. In dem Schreiben findet sich folgendes Zitat: „Der Klerikalismus
ist eine ständige Versuchung für diejenigen Priester, »die das empfangene Amt als
eine auszuübende Macht [verstehen] und nicht als einen mit Selbstlosigkeit und
Großmut anzubietenden Dienst. Jene Haltung führt zu der Auffassung, man gehöre
zu einer Gruppe, die alle Antworten besitzt und nicht mehr zuhören und nichts mehr
zu lernen braucht«.“ Papst Franziskus, Rede vor der ersten Generalkongregation der
15. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode, Rom, 3. Oktober 2018.
21

3.2 Page 22

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Programmvorschlag des Generaloberen
2. In einer Kongregation, in der das „Da mihi animas cetera
tolle“ dringende Sorge ist
„In Demut und Dankbarkeit glauben wir, daß die Gesellschaft
des Heiligen Franz von Sales nicht nur aus menschlichem Pla-
nen, sondern aus Gottes Initiative hervorgegangen ist. Zum Heil
der Jugend, ‚diesem so empfindsamen und wertvollen Teil der
menschlichen Gesellschaft‘, erweckte der Heilige Geist unter
dem mütterlichen Eintreten Mariens den heiligen Johannes
Bosco.
Er gab ihm das Herz eines Vaters und Lehrers, fähig zur Ganz-
hingabe. ‚Ich habe Gott versprochen, bis zum letzten Atemzug
für meine armen Jugendlichen dazusein‘.“ (K 1)
Die Zeugnisse der ersten Zeit der Geschichte unserer Kongregation und
die Reflexion, die diese im Laufe der Jahre erfahren hat, heben eine sehr
bedeutsame Tatsache hervor: Der Eifer und die apostolische Nächsten-
liebe der Salesianer Don Boscos finden sich am besten in folgendem
Ausdruck wieder: „Da mihi animas, coetera tolle“.
Der junge Dominikus Savio, der in Gegenwart des jungen 34-jährigen
Priesters Don Bosco diese Inschrift am Eingang von dessen Büro sieht,
hat das vollständig verstanden: „Ich verstehe; hier wird nicht mit Geld
gehandelt, sondern mit Seelen“.6 Schauen wir auf Don Bosco und ler-
nen wir seine tiefe Spiritualität und seine besonderen erzieherischen
Qualitäten kennen, die seine Art, mit den Heranwachsenden und jungen
Menschen eine Beziehung einzugehen, charakterisieren. Bei Don Bosco
und in seiner Geschichte begegnen wir der Basis unseres erzieherisch-
pastoralen Handelns, das sich durch ein sehr konkretes Angebot christ-
lichen Lebens auszeichnet; durch die Aufmerksamkeit gegenüber allen
jungen Menschen, um ihnen für ihre Bedürfnisse konkrete Antworten
anzubieten; durch das Vertrauen auf die Gegenwart Gottes.
Unsere Aufgabe muss sich, vor allem bei der Begleitung der jungen
Menschen, durch die pädagogische und spirituelle Kreativität auszeich-
nen, die typisch für unseren Vater Don Bosco war. Mit ihrer Hilfe können
6 G. Bosco, Vita del giovanetto Savio Domenico, allievo dell’Oratorio di S. Francesco di
Sales, in: ISS, Fonti Salesiane: Don Bosco e la sua opera, Rom: LAS 2014, S. 1040.
22

3.3 Page 23

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Programmvorschlag des Generaloberen
wir den Abstand angesichts der Empfänglichkeit der neuen Generationen
überwinden, indem wir ihnen liebevoll Gehör und leidenschaftliches
Verständnis schenken, die großen Fragen über das Geheimnis des Le-
bens anregen und ihnen dabei helfen, den Herrn zu suchen und Ihm zu
begegnen.
Das 26. Generalkapitel beschäftigte sich genau damit, als es über
das Motto Don Boscos reflektierte: „Da mihi animas, cetera tolle“. Mit
der heutigen Sicht und der Kenntnis unserer Wirklichkeit glaube ich sa-
gen zu können, dass es für uns notwendig und dringend ist, dass unsere
Kongregation beim Leben, Atemholen und Unterwegssein versucht, aus
dem „Da mihi animas, cetera tolle“ eine Wirklichkeit der Verkündigung
des Evangeliums zu machen, zugunsten unserer jungen Menschen und
für das Wohl von uns selbst.
Unsere Sendung bringt uns sehr oft an Grenzen, wo wir gewöhnli-
cherweise mit Christen anderer Konfessionen, mit Angehörigen anderer
Religionen, mit Nicht-Gläubigen oder mit Menschen, die sich vom Glau-
ben entfernt haben, in Kontakt treten: Auch mit ihnen und für sie wollen
wir die Sendung weiterbringen. Jede Zeit und jeder Ort sind für das Evan-
gelium geeignet.
Liebe Mitbrüder, in dieser Stunde nach dem 28. GK
Ist es dringend, der Aufgabe der Evangelisierung der jungen Men-
schen absolute Priorität zu geben, durch bewusste und ausdrück-
liche Angebote in dieser Intention. Wir sind aufgefordert, sie mit Je-
sus und der Frohen Botschaft des Evangeliums für ihr Leben bekannt
zu machen.
Ist es dringend, den jungen Menschen (und ihren Familien) dabei zu
helfen, die Gegenwart Christi in ihrem Leben als Schlüssel für Glück
und Sinn ihrer Existenz zu entdecken.
Ist es dringend, die Kinder, Heranwachsenden und Jugendlichen bei
ihrem Erziehungsprozess zum Glauben zu begleiten, damit sie per-
sönlich die Person Christi annehmen können.
Ist es dringend, „echte Erzieher“ zu sein, die aufgrund persönlicher
Erfahrung die jungen Menschen im Gespräch mit Gott, im Gebet und
in der Feier der Sakramente begleiten können.
23

3.4 Page 24

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Programmvorschlag des Generaloberen
Ohne dies, liebe Mitbrüder, werden andere gigantische Anstrengungen
der Kongregation zwar auf wirksame menschliche Förderung und soziale
Assistenz ausgerichtet sein – die stets sehr notwendig sind und zu un-
serer charismatischen Identität gehören –, aber sie werden uns nicht zu
dem ersten Grund bringen, dessentwegen der Heilige Geist das salesia-
nische Charisma in Don Bosco erweckt hat: „In Treue zu den Aufgaben,
die uns Don Bosco zugewiesen hat, sind wir Künder des Evangeliums für
die Jugend“ (K 6). Der erste Zweck unserer Jugendpastoral ist die Bekeh-
rung der Menschen zum Evangelium Jesu Christi.
Mit allen Nuancen einer geschichtlichen Sensibilität, die wir gegen-
wärtig haben wollen, und dem sprachlichen Verstehen der damaligen
Zeit, das wir für notwendig halten, können wir nicht von dem wesent-
lichen und konstitutiven Element absehen, welches das erzieherisch-
pastorale Handeln Don Boscos charakterisiert hat. Der Generalobere
Don Vecchi beschreibt es folgendermaßen: „Die Pädagogik Don Boscos
ist eine Pädagogik der Seele, der Gnade, des Übernatürlichen. Wenn es
uns gelingt, diese Energie zu aktivieren, beginnt die fruchtbarste Erzie-
hungsarbeit. Das Andere, in sich gültig, ist passend und begleitet das,
was es übersteigt“.7
Das „cetera tolle“ macht uns bereit, alles zu lassen, was uns daran
hindert, auf denjenigen zuzugehen, der uns am nötigsten braucht. Es
ist die Askese, die aus der vorherigen Option hervorgeht: Der Verzicht
auf vieles (persönliche Neigungen und Vorlieben und sogar berechtigte
Aktionen und Dienstleistungen), auf das, was es uns nicht erlaubt, die
ganze Energie unseres pastoralen Herzens dem zu widmen, dem wir Vor-
rang gegeben haben.
VORSCHLÄGE
Deshalb schlage ich für unsere Kongregation für die nächsten sechs
Jahre vor, dass wir von uns selbst verlangen, auf die „Dringlichkeit, die
Erstverkündigung mit mehr Überzeugung erneut anzubieten, zu ant-
worten. Es gibt nämlich „nichts Solideres, nichts Tieferes, nichts
Sichereres, nichts Dichteres und nichts Weiseres als diese Verkündi-
gung“ (ChV, 214)“.8
7 J.E. Vecchi, Indicazioni per un cammino di spiritualità salesiana, Amtsblatt 354
(1995), S. 26.
8 28. GK, Vorrang der salesianischen Sendung unter den Jugendlichen von heute.
Erstes Kernthema, Nr. 4.
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3.5 Page 25

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Programmvorschlag des Generaloberen
Deshalb:
Sollen der Generalobere und sein Rat sowie jede Provinz sich in dieser
sechsjährigen Amtszeit bemühen, die passenden Entscheidungen zu
treffen, um die salesianische Präsenz in der Evangelisierung und der
Glaubenserziehung zu qualifizieren. Dies ist eine authentische pasto-
rale, persönliche und gemeinschaftliche Neuausrichtung, zu der wir
gerufen sind.
Sollen wir eine Jugendpastoral fördern, die die jungen Menschen im
Hinblick auf ihr persönliches Reifen, das Wachsen ihres Glaubens
begleitet und deren einendes Prinzip die Berufung ist (DF 140, ChV
254).9
Sollen wir uns weiterhin auf allen Ebenen der Kongregation enga-
gieren, um „einen Mentalitätswechsel angesichts der zu verwirkli-
chenden Sendung“ (Papst Franziskus an das 28. GK)10 zu verwirkli-
chen.
Sollen wir als wesentlichen Pfeiler unseres Werkes der Evangelisie-
rung und Erziehung das bekannt machen und schätzen, was für Don
Bosco und viele Generationen von Salesianern wesentlich war: die
wunderbare Gegenwart unserer Mutter, der Helferin der Christen, bei
unseren erzieherischen Angeboten und unserem Gebet mit den jun-
gen Menschen.
9 Abschlussdokument der Jugendsynode, ab jetzt als DF (documento finale) zitiert.
10 Papst Franziskus hat zu uns gesagt: „Die Option Valdocco Eures 28. Generalkapitels
ist eine gute Gelegenheit, um sich mit den Quellen zu messen und den Herrn zu bit-
ten: »Gib mir Seelen, alles andere nimm!« Nimm vor allem das, was während des
Weges allmählich einverleibt wurde und sich verewigt hat und Euch heute, auch
wenn es in einer anderen Zeit eine angemessene Antwort gewesen sein konnte, dar-
an hindert, die salesianische Präsenz in einer bedeutungsvollen Weise gemäß dem
Evangelium in den verschiedenen Situationen der Sendung zu gestalten und auszu-
formen. Das erfordert von unserer Seite, die Ängste und Sorgen zu überwinden, die
auftauchen können, weil man geglaubt hat, dass das Charisma sich auf genau be-
stimmte Werke oder Strukturen reduzieren lasse oder mit diesen identifiziert wer-
den könne. In Treue das Charisma zu leben ist reicher und anspruchsvoller als das
einfache Verlassen, Aufgeben oder Anpassen der Häuser oder der Tätigkeiten; es
beinhaltet einen Mentalitätswechsel angesichts der zu verwirklichenden Sendung“.
25

3.6 Page 26

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Programmvorschlag des Generaloberen
3. Das „salesianische Sakrament“ der Präsenz leben
„Unsere Berufung ist gekennzeichnet durch eine besondere
Gabe Gottes, nämlich die Vorliebe für die Jugendlichen. ‚Es
genügt mir, daß ihr jung seid, um euch überaus zu lieben‘. Diese
Zuneigung ist Ausdruck pastoraler Liebe und prägt unser gan-
zes Leben.
Für das Wohl der Jugend opfern wir gerne Zeit, Talente und
Gesundheit. Don Bosco sagte: ‚Ich studiere für euch, ich arbeite
für euch, ich lebe für euch; für euch bin ich bereit, auch mein
Leben hinzugeben‘.“ (K 14)
Papst Franziskus hat in seiner Botschaft an das Kapitel die „Option Val-
docco und das Charisma der Präsenz“ erwähnt, dieses Charisma, das
ich als „salesianisches Sakrament“ der Präsenz beschreiben möchte.
Der Papst schreibt: „Noch bevor etwas zu tun ist, ist der Salesianer die
lebendige Erinnerung an eine Präsenz, in der Verfügbarkeit, Zuhören,
Freude und Hingabe die grundlegenden Elemente sind, um Prozesse in
Gang zu bringen. Die Selbstlosigkeit der Präsenz rettet die Kongregation
vor jeder Obsession des Aktivismus und vor jedem technisch-funktio-
nalen Reduktionismus. Der erste Ruf ist jener, inmitten der jungen Men-
schen freudig und selbstlos präsent zu sein“. Unser Dasein als Jünger
des Herrn, unsere authentische und tiefe Art und Weise, Apostel der Ju-
gend zu sein, vollzieht sich vor allem dadurch, dass wir mitten unter den
Menschen sind und besonders mitten unter den Kindern und Jugend-
lichen.
Was hier umgangssprachlich gesagt wurde, kann nicht besser ausge-
drückt werden. Es geht darum, liebe Mitbrüder, die erste Liebe der Beru-
fung wiederzufinden, diejenige, die wir alle erfahren haben, als wir den
Ruf des Herrn gehört haben, mitten unter den jungen Menschen freudig
und selbstlos gegenwärtig zu sein. Ich wage zu sagen, dass es keinen
Salesianer gibt, der nicht auf die eine oder andere Weise diesen Ruf in
seinem Herzen gehört hat.
Während des 28. GK haben wir über diesen Aspekt nachgedacht. Wir
sind uns bewusst geworden, dass viele junge Menschen wahrhaftig wie
Waisen leben, auch wenn sie Eltern haben. Die Jugendlichen haben uns
in ihrer Botschaft zum 28. GK selbst gesagt: „[W]ir [sind] ängstlich, ver-
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3.7 Page 27

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Programmvorschlag des Generaloberen
wirrt, frustriert und brauchen Liebe. [...] Als Ergebnis unserer Angst rin-
gen wir damit, Verpflichtungen einzugehen. Wir glauben, dass unsere
Gesellschaft individualistisch ist und dass wir selbst es oft auch sind.
[...] Wir wollen, wie es der Papst in Christus vivit Nr. 34 sagt, fähig sein,
zur ersten Liebe zurückzukehren, die Jesus Christus als Gefährte und
Freund der Jugend ist. Unsere Suche nach geistlicher und menschlicher
Erfüllung beunruhigt uns. Wir wollen mit dem Ziel des spirituellen und
menschlichen Wachstums auf dem Weg sein, und wir wollen es zusam-
men mit euch Salesianern.“11
Wir bezweifeln diese Wahrheit der jungen Menschen nicht, die wir gleich-
zeitig in der Kapitelsaula erkannt haben: „Sie fordern von uns Zeit und
wir geben ihnen Raum; sie fordern von uns Beziehung und wir bieten ih-
nen Dienstleistungen; sie fordern von uns geschwisterliches Leben und
wir bieten ihnen Strukturen; sie fordern von uns Freundschaft und wir
organisieren für sie Aktivitäten. All das verpflichtet uns, den Reichtum
und die Möglichkeiten des ‚Familiengeistes‘ neu zu entdecken.“12
Die jungen Menschen, die uns während des Generalkapitels begleitet
haben, haben selbst einen starken Appell an uns gerichtet, für sie auf
bedeutsame Art und Weise gegenwärtig zu sein. Sie haben uns aus-
drücklich gesagt: „Unsere Suche nach geistlicher und menschlicher
Erfüllung beunruhigt uns. Wir wollen mit dem Ziel des spirituellen und
menschlichen Wachstums auf dem Weg sein, und wir wollen es zusam-
men mit euch Salesianern. [...] Wir wünschen euch als diejenigen, die
uns in unserer Wirklichkeit mit Liebe anleiten. [...] Liebe Salesianer, ver-
gesst uns als junge Menschen nicht, weil wir euch und das Charisma,
das ihr uns lehrtet, nicht vergessen haben. Dies wollen wir von ganzem
Herzen ausdrücken. Unser Hiersein ist die Erfüllung eines Traums: an
diesem besonderen Ort Valdocco, wo die salesianische Sendung be-
gann, Salesianer und junge Menschen zu versammeln, die gemeinsam
die salesianische Sendung tragen, und den Willen haben, Heilige zu
werden. Ihr habt unsere Herzen in euren Händen. Ihr müsst für euren
kostbaren Schatz sorgen. Vergesst uns bitte nicht und hört nicht auf, auf
uns zu hören.“13
11 Brief der jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an das 28. GK.
12 28. GK, Vorrang der salesianischen Sendung unter den Jugendlichen von heute. Er-
stes Kernthema, Nr. 5.
13 Brief der jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an das 28. GK.
27

3.8 Page 28

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Programmvorschlag des Generaloberen
Liebe Mitbrüder, es ist ein großes Privileg, den Herzschlag der jun-
gen Menschen zu hören! Und ich habe keinen Zweifel, dass es in der
gesamten Kongregation viele Mitbrüder gibt, die heute für die jungen
Menschen echte Don Boscos sind. Aber ich gebe mich damit nicht zu-
frieden. Wir alle müssen es sein. Wir müssen auf dem Weg der Umkehr
weitergehen. Diese Aufgabe fordert von uns einen Wechsel der Mentali-
tät und unseres Lebensrhythmus, eine Öffnung von Geist und Herz, die
Überwindung von eingewurzelten und erstarrten Gewohnheiten. Die jun-
gen Menschen sagen, dass sie uns gern haben, dass sie uns brauchen,
dass sie auf uns warten. Der Ausspruch Don Boscos: „Sei bestrebt, dich
liebenswert zu machen“ ist heute ganz und gar aktuell. Die Präsenz
besteht nicht nur darin, mit jungen Menschen in einer Gruppe Zeit zu
verbringen, sondern auch darin, ihnen einzeln zu begegnen, auf persön-
liche Art und Weise, um eine Beziehung anzuknüpfen, die es erlaubt,
ihre Wünsche, ihre Schwierigkeiten und Mühen und manchmal auch ihre
Ängste und Befürchtungen kennenzulernen und ihnen zuzuhören. Es ist
eine Beziehung, die über eine oberflächliche Bekanntschaft hinausge-
hen will, indem sie eine Freundschaft anbietet, die durch gegenseitiges
Vertrauen und ein einander Mitteilen geprägt ist. Die Liebenswürdig-
keit oder die Güte ist so wesentlicher Ausdruck der Nächstenliebe Don
Boscos geworden. Dieser fordert heute, wie im Rombrief von 1884, die
Fähigkeit, einander zu begegnen, die Verfügbarkeit zur Annahme, die Fa-
miliarität von uns. Wie Don Bosco müssen wir weiterhin die Kunst, den
ersten Schritt zu gehen, pflegen, um Distanz und Barrieren abzubauen,
um Freude entstehen zu lassen und den Wunsch, sich wiederzusehen,
ja Freunde zu sein. Diese Kunst besteht auch darin, geduldig und hinge-
bungsvoll eine Atmosphäre voller Menschlichkeit zu schaffen, ein fami-
liäres Klima, in dem die Kinder und Jugendlichen sich ganz frei fühlen
und fähig sind, sich auszudrücken und sie selbst zu sein, während sie
freudig die ihnen angebotenen Werte annehmen. Diese Pädagogik des
Familiengeistes ist auch eine Glaubensschule für die jungen Menschen.
Wir bieten Liebe und unbedingte Annahme, damit sie, ausgehend von
der Möglichkeit der persönlichen Freiheit, Schritt für Schritt Vertrauen
und Dialog entdecken können sowie die Erfahrung, den gemeinsamen
Glauben zu feiern.
Vergessen wir nicht, dass die salesianische Präsenz eine besondere
Präsenz ist, deretwegen der Salesianer die jungen Menschen mit tiefem
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3.9 Page 29

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Programmvorschlag des Generaloberen
Respekt behandelt, ihnen auf der Ebene ihrer Freiheit begegnet und sie
als aktive und verantwortliche Subjekte der Erziehungs- und Pastoral-
gemeinschaft behandelt. Deswegen lernt der Salesianer einen Stil des
Zuhörens, des Dialogs und der persönlichen und gemeinschaftlichen
Unterscheidung. Das gilt nicht nur bei der Jugendpastoral, sondern auch
in unseren Ausbildungshäusern, wo man „lernt, Salesianer zu sein“.
Aber diese Art und Weise der Präsenz ist nicht möglich, wenn wir von den
jungen Menschen weit entfernt sind: physisch gesehen weit entfernt,
aber auch weit entfernt von ihrer Psyche und von ihrer kulturellen Welt.
Das ist die Gefahr. Die richtige Alternative besteht darin, als Salesianer,
als Söhne Don Boscos dieselbe Erfahrung der Vaterschaft zu leben, die
dieser mit seinen Jungen lebte. Diese zeigt sich in wahrhaftiger Liebe
und gleichzeitig in einer „glaubwürdigen Autorität“ angesichts der Ju-
gendlichen. Auszugehen ist von dem großen Wert, den die Präsenz unter
den jungen Menschen für uns hat. In der Botschaft des Papstes an das
28. GK lesen wir: „Eure Weihe ist zuallererst Zeichen der selbstlosen Lie-
be des Herrn und der Liebe zum Herrn in seinen jungen Menschen. Sie
definiert sich nicht hauptsächlich über ein Amt, eine Funktion oder einen
besonderen Dienst, sondern durch eine Präsenz. Noch bevor etwas zu
tun ist, ist der Salesianer die lebendige Erinnerung an eine Präsenz, in
der Verfügbarkeit, Zuhören, Freude und Hingabe die grundlegenden Ele-
mente sind, um Prozesse in Gang zu bringen. Die Selbstlosigkeit der Prä-
senz rettet die Kongregation vor jeder Obsession des Aktivismus und vor
jedem technisch-funktionalen Reduktionismus. Der erste Ruf ist jener,
inmitten der jungen Menschen freudig und selbstlos präsent zu sein“.
Ich erlaube mir, daran zu erinnern, dass die Präsenz heute auch die
digitale Welt betrifft, ein wahrhaft neuer Areopag für uns, ein Habitat der
jungen Menschen von heute. Auch hier müssen wir mit einer klaren sa-
lesianischen Identität präsent sein, mit dem Wunsch, die Verkündigung
der Frohen Botschaft zu bringen, und ganz einfach mit der Freude und
der Einfachheit der Jünger des Herrn.14
14 „Die digitale Revolution verlangt von uns, die tiefgehenden Veränderungen zu ver-
stehen, die im Bereich der Kommunikation vor sich gehen und vor allem unsere Art
und Weise betreffen, menschliche Beziehungen einzugehen und zu gestalten“
(Kernthema 1, erarbeitet vom 28. GK).
29

3.10 Page 30

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Programmvorschlag des Generaloberen
VORSCHLÄGE
Ich schlage für diese sechs Jahre als Ausdruck unserer Neuausrichtung
vor, was schon vom 26. GK gefordert wurde:
„Der Salesianer [...] finde die Zeit, als Freund, Erzieher und Zeuge
Gottes unter den Jugendlichen zu sein, unabhängig von seiner Aufgabe
in der Gemeinschaft“.15
Auch wenn es seltsam erscheint, von einem Salesianer fordern zu müs-
sen, dass er die Zeit finde, unter den Jugendlichen zu sein, halte ich es
für überaus wichtig.
Deshalb schlagen wir vor
Eine effektive und affektive Präsenz unter und mit den jungen Men-
schen zu fördern, gemeinschaftlich zu leben und zu handeln. Die
schöne Erfahrung und die erneuerte Figur des Assistenten wertzu-
schätzen und wieder ins Spiel zu bringen, nicht nur für die Mitbrüder
im Praktikum, sondern für das ganze Leben eines Salesianers Don
Boscos.
In jeder Niederlassung den Stil einer oratorianischen Umgebung zu
pflegen: familiäre Atmosphäre, Gastfreundschaft, Spiritualität und
tiefe Freude.
Den dynamischen Elan der jungen Menschen zu begleiten und ihr le-
gitimes Geltungsbedürfnis und die Entwicklung von Führungsquali-
täten zu fördern – in der salesianischen Sendung, die sich in jedem
Haus abspielt.
Die Gegenwart von Ausbildern in den Ausbildungsgemeinschaften
abzusichern, wo sich der salesianische Geist vor allem über das Vor-
bild mitteilt: mitten unter ihnen sein, den jungen Mitbrüdern dabei
helfen, die Erstverantwortlichen für ihre Ausbildung zu sein.
Das Dikasterium für die Soziale Kommunikation auf verschiedenen
Ebenen dazu zu verpflichten, Instrumente und Impulse für einen an-
dauernden Prozess der Überprüfung, Aktualisierung und Inkulturati-
on der salesianischen Sendung in dem digitalen Habitat, in dem die
15 26. GK, „Da mihi animas, cetera tolle“, Nr. 14.
30

4 Pages 31-40

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4.1 Page 31

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Programmvorschlag des Generaloberen
jungen Menschen leben, anzubieten. Dabei sollen unsere Universi-
täten beteiligt sein, im Netzwerk mit anderen Zentren und Agenturen,
die die Veränderungen, die die digitale Welt in die neuen Generati-
onen trägt, mehr aus der Nähe verfolgen und studieren.
4. Die Aus- und Fortbildung, um heute salesianische
Seelsorger zu sein
„In einem lebenslangen Bildungsprozeß bemüht sich der Salesi-
aner, im Lichte der Person Christi und seines Evangeliums, das
er im Geiste Don Boscos lebt, gemäß den verschiedenen Rei-
fungsstufen voranzuschreiten. In den einzelnen Lebensab-
schnitten erfährt er den Wert der salesianischen Berufung. Er
nimmt die Askese auf sich, die ein solcher Weg mit sich bringt.
Mit der Hilfe Mariens, der Mutter und Lehrmeisterin, strebt er
danach, Erzieher und Seelsorger der Jugendlichen zu werden,
als Bruder oder als Priester.“ (K 98)
Die Aus- und Fortbildung ist wirklich ein kostbares Geschenk des Herrn,
das in uns als Salesianer Don Boscos die unermessliche Gabe des Rufs
des Vaters zur christlichen Ordensberufung reifen lässt. Auch wenn die
Zahl der Berufungen in den einzelnen Teilen der Welt sehr unterschied-
lich ist, ist die Kongregation insgesamt jährlich mit dem Eintritt von un-
gefähr 450 Novizen gesegnet. Danken wir Gott, weil jeder Ruf beweist,
wie unsere Konstitutionen sagen, wie sehr der Herr die Kirche und unse-
re Kongregation liebt (vgl. K 22).
Dennoch hat die Kapitelversammlung auch einige unserer Schwä-
chen erkannt und diese so beschrieben: „Wir stellen in der Tat fest,
dass manchmal die salesianische Ordensidentität schwach und wenig
verwurzelt erscheint: Das Primat Gottes ragt im persönlichen und ge-
meinschaftlichen Leben nicht immer klar heraus; aufgrund von Formen
von Klerikalismus und Säkularismus besteht die Gefahr, dass ein ‚Geist
der Verweltlichung‘ in die Kongregation Eingang findet; die Förderung
des Salesianerbruders bleibt in einigen Regionen dürftig; der Mangel an
Personal, das im Bereich der Salesianität ausgebildet ist, zeigt trotz der
zahlreich zur Verfügung stehenden Materialien, dass der Vertiefung des
31

4.2 Page 32

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Programmvorschlag des Generaloberen
Charismas nur unzureichend Aufmerksamkeit geschenkt wird.“16 Diese
Eingabe ist während der Arbeiten unseres 28. Generalkapitels sehr stark
aufgetaucht.
Ich wage zu sagen, dass, obwohl das ähnlich in allen Ordensgemein-
schaften und auch in der Ausbildung in den diözesanen Seminaren ge-
schieht, der tiefe Abgrund, der sich zwischen der Ausbildung und der
salesianischen Sendung auftut, für uns zweifelsohne eine große Heraus-
forderung darstellt. Vielleicht ist diese Distanz dem großen Unterschied
geschuldet, der zwischen der Wirklichkeit der Ausbildungshäuser für die
Grundausbildung und dem Leben in den apostolischen Gemeinschaften
(die gewöhnlichen Gemeinschaften in allen Provinzen) besteht; vielleicht
hängt das Phänomen auch von der Tatsache ab, dass es der Ausbildung
nicht immer gelingt, das Herz des jungen Salesianers in Ausbildung zu
erreichen; vielleicht werden im Ausbildungscurriculum Kenntnisse und
Informationen vermittelt, denen es nicht gelingt, das Leben und die sa-
lesianische Sendung zu berühren. Wachstum ist ein langsamer Prozess,
der im Menschen Lebenserfahrungen, wesentliche Bedürfnisse, Kennt-
nisse, Sendung, Beziehungen, Berufung, Lebensprojekt usw. in Bezie-
hung setzt und so vereint. In diesem Prozess der Vereinigung bilden wir
uns, um Erzieher und Seelsorger in einer neuen Welt und bei einer erneu-
erten Sendung zu sein. Was auch immer die Ursachen für die Grenzen
der Ausbildung, die wir feststellen, sein mögen, wir stehen einer großen
Herausforderung gegenüber, die die Kongregation erkannt hat und die
wir entschieden in den nächsten sechs Jahren angehen müssen.
Andererseits lässt sich leider nicht bestreiten, dass vielfach eine ge-
fährliche Überzeugung existiert: dass die Ausbildung nach der Vollen-
dung der ersten Phasen schon ende; und im Fall von Priesteramtskan-
didaten, dass sie mit dem Zugang zum Amt abgeschlossen sei. Diese
falsche Vorstellung schadet uns sehr und führt dazu, dass wir im pa-
storalen Dienst einen hohen Preis bezahlen. Es handelt sich daher da-
rum, die Ausbildung als einen Prozess der persönlichen Veränderung zu
verstehen, der das ganze Leben hindurch andauert, auch wenn er sich
in den ersten Phasen durch eine besondere Intensität und spezifische
Aufmerksamkeit auszeichnet. Letztendlich ist die Ausbildung ein not-
wendiger Prozess, um unsere Berufung aufzubauen und zu bewahren.
16 28. GK, Profil des Salesianers heute. Zweites Kernthema, Nr. 1.
32

4.3 Page 33

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Programmvorschlag des Generaloberen
Oft wissen wir nicht, wie wir im täglichen pastoralen Leben eine andau-
ernde Gelegenheit zur Ausbildung schaffen können. Deshalb „gelingt
es weder der Ordensgemeinschaft noch der Erziehungs- und Pasto-
ralgemeinschaft, ein natürliches und alltägliches Bildungsumfeld zu
werden“.17 Wir sind uns bewusst, dass die Pastoral durch manche Eigen-
schaft zerbrechlich sein kann: Oberflächlichkeit, Improvisation, Aktivis-
mus. Die Gefahr des Individualismus nimmt nicht weniger Bedeutung
ein. All das erfordert Demut, Klarheit, Authentizität und einen neuen
Impuls in Bezug auf das gemeinschaftliche Verständnis unseres Lebens
und unserer Sendung.
Wie es auf dem Generalkapitel gesagt wurde, ist die Grundausbildung
eine vielseitige, positive und vielversprechende Wirklichkeit. Angesichts
dieser Situation zeigt sich bei der Ausbildung der Ausbilder, d.h. der Mit-
brüder, die mit einer „besonderen Berufung innerhalb ihrer eigenen Be-
rufung“ die Ausbildung der jungen Salesianer begleiten, und der Bildung
von guten Teams, die die Ausbildungsphasen begleiten können, eine
wahre Dringlichkeit und ein echter Vorrang, weil die Gemeinschaft der
erste Ausbildungsort ist.
Müssen wir vielleicht von der Notwendigkeit sprechen, einen neuen
Ausbildungsstil anzunehmen? In seiner Botschaft an das Generalkapi-
tel schreibt Papst Franziskus zu diesem Thema: „Über den Salesianer
für die jungen Menschen von heute nachzudenken beinhaltet auch
anzunehmen, dass wir in einer Zeit des Wandels leben“.18 „Es ist also
notwendig, unseren Ausbildungsstil zu erneuern, der immer stärker per-
sönlich, ganzheitlich, beziehungsorientiert, kontextuell und interkul-
turell gedacht werden muss“.19 Wir müssen daher weitergehen, um die
Ausbildung vor dem Horizont der Berufung zu gestalten und wirklich zu
leben. Das ist weit davon entfernt, sie nur als Pflicht zu verstehen, wozu
wir manchmal neigen, eine Pflicht, die einige Jahre dauert und gezwun-
genermaßen erduldet werden muss, um zum „wirklichen Leben“ zu ge-
langen, zum konkreten Leben, zu dem, was gesucht wird. Wie gefährlich
ist ein Ausbildungskonzept, dass das reale Leben der Ausbildung des
salesianischen Erziehers und Seelsorgers gegenüberstellt!
17 Ebd., Nr. 3.
18 Ebd., Nr. 5.
19 Ebd., Nr. 5.
33

4.4 Page 34

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Programmvorschlag des Generaloberen
Die Ausbildung ist alles in allem ein echte und eigene Handwerkslei-
stung, sowohl seitens derjenigen, die die Mitbrüder begleiten, als auch
eines jeden einzelnen in seinem eigenen Bildungsprozess. In diesem Be-
reich gibt es heute keinen Platz für eine „Serienanfertigung“. Handwerk
bedeutet einzigartige Kunstwerke, selbst hergestellt, eines nach dem
anderen. Wenn wir von einer Handwerksleistung sprechen, dürfen wir
heute auch nicht die Rolle der Frau im salesianisch-erzieherischen Um-
feld vernachlässigen. In der Tat ist die „Anwesenheit der Frau in vielen
unserer Werke [...] eine Tatsache; sowohl was die Zielgruppe betrifft als
auch die Mitverantwortlichen in der Erziehung“.20 In diesem Sinne hat
Papst Franziskus eindringliche Worte in seiner Botschaft an uns gerich-
tet: „Was wäre Valdocco ohne die Präsenz von Mama Margareta? Wären
Eure Häuser möglich gewesen ohne diese gläubige Frau? […] Ohne eine
reale, effektive und warmherzige Präsenz von Frauen würde Euren Wer-
ken der Mut wie die Fähigkeit fehlen, Präsenz als Gastfreundschaft, als
Zuhause zu deklinieren. Angesichts einer Strenge, die ausgrenzt, muss
es gelernt werden, das neue Leben des Evangeliums hervorzubringen.
Ich lade Euch ein, Dynamiken voranzubringen, in denen die Stimme der
Frau, ihr Blick und ihr Handeln – geschätzt in ihrer Einzigartigkeit – ein
Echo beim Treffen von Entscheidungen findet. Frauen sollen nicht bloß
behelfsmäßige, sondern wesentliche Akteure in Euren Präsenzen sein”.
Eine Erneuerung des Ausbildungsstils und -modells wird, auch mit
dem starken Akzent, den Papst Franziskus setzt, nicht möglich sein,
wenn wir den einen und wichtigsten Hauptdarsteller vergessen, der we-
der Ausbilder noch Auszubildender, sondern der Heilige Geist ist, der
Geist Gottes, dem gegenüber jeder von uns gelehrig sein muss. Deshalb
erinnern unsere Konstitutionen daran, dass jeder „Salesianer [...] die
Verantwortung für die eigene Ausbildung“ (K 99) übernimmt. Ich erlaube
mir zu ergänzen, dass jeder Mitbruder dafür sorgen muss, dass der Hei-
lige Geist sein Herz im Laufe des Lebens und in verschiedenen Augenbli-
cken verwandeln kann.
Ein so gelebter Ausbildungsweg wird es uns erlauben, die Kongre-
gation in dem zu festigen, was ich auf den vorhergehenden Seiten be-
hauptet habe: Das „Da mihi animas“ muss der Motor der erzieherischen
und evangelisierenden Leidenschaft sein und auch die „Energie“ für den
gesamten Bildungsprozess liefern.
20 24. GK, Nr. 166.
34

4.5 Page 35

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Programmvorschlag des Generaloberen
Die apostolische Natur unseres Charismas charakterisiert maßgebend
unsere Ausbildung. Papst Franziskus erinnert in seiner Botschaft folgen-
dermaßen daran: „Es ist wichtig festzuhalten, dass wir nicht für die Sen-
dung ausgebildet werden, sondern dass wir in der Sendung ausgebildet
werden, um die sich unser ganzes Leben mit seinen Entscheidungen und
Prioritäten dreht. Die Grundausbildung und die Fortbildung dürfen von
der Identität und der Sensibilität des Schülers nicht abgespalten werden
in einer vorausgehenden oder parallelen Sonderwelt”.
Hier zeigt sich offensichtlich eines der wesentlichen Kernthemen der
Kongregation für die nächsten sechs Jahre: die Pflege der Berufung eines
jeden Mitbruders und insbesondere der jungen Mitbrüder in Ausbildung,
so dass es uns allen gelingt, die Salesianer Don Boscos zu sein, die un-
sere Kinder, Jugendlichen und ihre Familien heute brauchen.
VORSCHLÄGE
Wir bemühen uns, die Kluft zwischen Ausbildung und Sendung zu
überwinden. Dazu fördern wir in der Kongregation eine erneuerte Kul-
tur der Ausbildung. Die Sendung fürs Heute erfordert in der ganzen
salesianischen Welt Maßnahmen und Entscheidungen von großer
Bedeutsamkeit.
Deshalb:
Fördern wir ein erneutes Engagement für die Ausbildungsbegleitung
der Mitbrüder, die das Herz berühren kann und uns verfügbar werden
lässt für eine wahrhafte und radikale Hingabe unserer selbst. Diesem
Zweck dient eine stärkere Wertschätzung des Dokuments „Junge Sa-
lesianer und Begleitung. Orientierungen und Weisungen“, aus dem
hervorgeht, dass unser Ausbildungsmodell nur das Präventivsystem
sein kann.
Die Ausbildungsgemeinschaften bewahren einen schlichten Lebens-
stil, der von einer tiefen Spiritualität und einer großen Fähigkeit zum
Dienst und zur Arbeit geprägt ist. Dieser möge vor der Verbürgerli-
chung schützen und für die Anforderungen der Sendung vorbereiten.
Die pastorale Begleitung als grundlegende Strategie für eine Ausbil-
dung zur Sendung und in der Sendung möge garantiert sein.
35

4.6 Page 36

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Programmvorschlag des Generaloberen
Wir investieren Energie in die Findung und Ausbildung der Ausbilder
und beginnen mutig, institutionelle Bezüge und Ausbildungsstruk-
turen zu überdenken.
Die Verantwortlichen für den Ausbildungssektor sollen eine ernst-
hafte und anspruchsvolle Aktualisierung der Ratio durchführen. Da-
bei soll alles gestärkt werden, was die Integration von Ausbildung
und Sendung fördert und verhindert, dass sich eine Kluft zwischen
diesen beiden Dimensionen bildet. Der Sektor soll Prozesse wahrhaf-
tiger Reifung, Personalisierung und Begleitung sicherstellen.
5. Absolute Priorität für die jungen Menschen, die ärmsten
und ganz verlassenen und ungeschützten
„Der Herr hat Don Bosco die Jugendlichen, vor allem die
ärmeren, als erste und wichtigste Zielgruppe seiner Sendung
anvertraut.
Wir sind zur selben Sendung berufen und messen ihr größte
Bedeutung bei. Die jungen Menschen sind in einem Alter, in dem
sie grundlegende Entscheidungen fürs Leben treffen, welche die
Zukunft von Gesellschaft und Kirche vorbereiten.
Mit Don Bosco bekräftigen wir die vorrangige Sorge um die
‚arme, verlassene und gefährdete Jugend‘, weil sie die Liebe und
die Heilsbotschaft am meisten braucht. Wir arbeiten deshalb
vorzugsweise dort, wo größere Armut herrscht.“ (K 26)
Ich möchte zu Beginn der Abhandlung über diese Priorität einige Sätze
erwähnen, die ich diesem Thema in meinem letzten Beitrag in der Kapi-
telsaula vor dem vorgezogenen Schluss unseres 28. GK gewidmet habe.
Ich kann Euch versichern, liebe Mitbrüder, dass ich diese wenigen Worte
mit einer großen und starken Überzeugung gesagt habe:
Ich habe gesagt: „Ich träume davon, dass von ‚Salesianern Don Bos-
cos‘ heute zu sprechen so viel heißt wie von ‚Verrückten‘ zu sprechen,
d.h. von Salesianern, die mit echtem salesianischen Herzen lieben, also
‚etwas verrückt‘ sind in ihrer Orientierung auf die Armen hin.
Liebe Mitbrüder, wenn wir uns von den Ärmsten entfernen, ist das
der Tod der Kongregation. Don Bosco sagte das in Bezug auf unsere Ar-
mut und die Gefahr des Reichtums. Ich erlaube mir hinzuzufügen: Wenn
36

4.7 Page 37

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Programmvorschlag des Generaloberen
wir eines Tages die jungen Menschen allein lassen und unter ihnen die
ärmsten, beginnt der Niedergang der Kongregation, die heute, Gott sei
Dank, sich noch guter Gesundheit erfreut, trotz all unserer Schwächen.
Beachtet diese Grundentscheidung, die kein förmlicher Beschluss
unseres Kapitels ist, weil sie schon in unseren Konstitutionen steht: Die
radikale, vorrangige, persönliche, institutionelle und strukturelle (zu-
sammengefasst also in jeder Hinsicht unausweichliche) Option für die
bedürftigsten, ärmsten und ausgeschlossenen jungen Menschen. Diese
Option ist vorrangig und grundlegend im Schutz der jungen Menschen
vor Ausbeutung und Missbrauch jeder Art, sexuellem Missbrauch und
anderen Formen des Missbrauchs wie dem Missbrauch durch Gewalt,
dem Mangel an Gerechtigkeit und Machtmissbrauch. Ich glaube, dass
diese Herausforderung eine schöne Verpflichtung ist, die wir in unseren
Herzen tragen müssen. Wenn wir uns in den nächsten sechs Jahren von
diesem Licht leiten lassen, wird uns das viel Lebendigkeit schenken.“
Ich bin überzeugt, dass die Annahme dieser unverzichtbaren Per-
spektive für die gesamte Kongregation in allen Kontexten, Kulturen
und Kontinenten sehr bedeutsam sein wird. Heute gibt es viele Arten
der Jugendarmut, die seitens der ganzen Menschheitsfamilie und zwei-
felsohne besonders auch von Seiten von uns Salesianern dringend der
Aufmerksamkeit bedürfen. In der Tat ist die Geschichte unserer Kongre-
gation von den Rufen geprägt, den ärmsten jungen Menschen entge-
genzugehen. „Als Söhne Don Boscos haben wir die historische Aufgabe
übernommen, der bedürftigen Jugend zu dienen.“21
Unser Vater Don Bosco selbst hat uns schon gesagt: „Alle sehen und
empfangen uns mit Sympathie, vorausgesetzt dass unsere Sorge und
unsere Forderungen auf die Kinder der Armen, auf die am meisten Ge-
fährdeten in der Gesellschaft gerichtet sind. Das muss für uns die größte
Befriedigung sein, die uns niemand wegnehmen kann“.22
Vor einigen Jahren erklärte das 19. GK: „Don Bosco und die Kirche
senden uns heute mehr denn je zu den Armen, den weniger Glücklichen
und dem Volk, um zu arbeiten“.23 Das 20. GK sprach auch von dem abso-
21 20. GK, Nr. 580.
22 MB XVII, 272; vgl. MB XVII, 207.
23 19. GK, Amtsblatt 244, S. 94.
37

4.8 Page 38

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Programmvorschlag des Generaloberen
luten Vorrang der „Jugendlichen“ und unter ihnen der „bedürftigen und
unversorgten Jugend“, als es um die konkreten Empfänger unserer Sen-
dung ging.24
Wir selbst haben auf unserem letzten Kapitel gesagt, dass wir für
die ärmsten jungen Menschen Gott geweiht sind. Wie Don Bosco haben
auch wir in unserem Ordensgelübde versprochen, uns Gott zu schenken,
indem wir unsere Kräfte in den Dienst der jungen Menschen, vor allem
der Ärmsten stellen. Es geht darum, „gemeinsam den Appell zu hören,
den Gott an uns durch die Jugendarmut richtet. Es erfordert dann eine
spirituelle Tiefe, um nicht in blanken Aktionismus oder in eine reine Un-
ternehmermentalität zu verfallen; kulturelle Vorbereitung, um die Phä-
nomene, in die wir eingetaucht sind, und die neuen Ausprägungen der
Jugendarmut zu verstehen; Bereitschaft zu Zusammenarbeit und das
Aufgeben eines pastoralen Individualismus; Flexibilität beim Überden-
ken unseres Lebensstils und unserer Werke, vor allem, wenn diese nicht
mehr die missionarische Energie des Charismas verbreiten und in ihrer
Logik überwiegend auf Erhaltung ausgerichtet sind“.25
Alles in allem besteht der Appell, den ich an alle richte, darin, die
Gesichter unserer Kinder und unserer Jugendlichen wahrhaft anzu-
schauen, bis wir ihre Lebensgeschichten kennen, die oft von echten
Tragödien durchkreuzt wurden. Wenn das geschieht, dann weil wir die
jungen Menschen wirklich lieben, und es uns Leid und Schmerz für sie
verursachen wird. Papst Franziskus teilt uns etwas Wertvolles, das mich
nicht gleichgültig gelassen hat, mit, wenn er von der Option Valdocco
und dem Geschenk der Jugend spricht. Er schreibt: „Das salesianische
Oratorium und alles, was von diesem ausgeht, entsteht, so erzählen es
die Erinnerungen an das Oratorium, als Antwort auf das Leben der jun-
gen Menschen mit einem Gesicht und einer Geschichte, die jenen jungen
Priester bewegten, der nicht fähig war, neutral oder unbeweglich gegen-
über dem, was passierte, zu bleiben. Es war viel mehr als eine Geste
guten Willens [...]. Ich sehe es wie einen andauernden Akt der Bekehrung
und der Antwort an den Herrn, der, ‚müde‘ davon, an unsere Türen ‚anzu-
klopfen‘, darauf wartet, dass wir gehen, um ihn zu suchen und zu treffen
24 20. GK, Nr. 45.
25 28. GK, Vorrang der salesianischen Sendung unter den Jugendlichen von heute.
Erstes Kernthema, Nr. 8.
38

4.9 Page 39

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Programmvorschlag des Generaloberen
... Oder dass wir ihm aufmachen, wenn er von innen klopft. Es war eine
Bekehrung, die sein ganzes Leben einschloss (und verkomplizierte) und
auch das der ihm Nahestehenden. Don Bosco entschied sich nicht, sich
von der Welt abzutrennen, um die Heiligkeit zu suchen, sondern er ließ
sich in Frage stellen und entschied, wie und in welcher Welt er leben
wollte”.26
VORSCHLÄGE
In diesem sechsjährigen Zeitraum trifft die Kongregation in allen Pro-
vinzen die radikale, vorrangige, persönliche – d.h. seitens jedes Sale-
sianers – und institutionelle Option für die bedürftigsten, ärmsten und
ausgeschlossenen jungen Menschen. Dabei gilt eine besondere Auf-
merksamkeit denjenigen, die ausgebeutet und Opfer von irgendeiner
Form von Missbrauch und Gewalt sind („Missbrauch von Macht, finan-
zieller Missbrauch, Missbrauch des Gewissens und sexueller
Missbrauch“27).
Deshalb:
Müssen in jeder salesianischen Präsenz in der Welt und in jeder Pro-
vinz die notwendigen Entscheidungen getroffen werden, damit die
ärmsten Kinder und Jugendlichen an den Orten, wo wir präsent sind,
niemals aus einem salesianischen Haus ausgeschlossen sind, egal
welcher Kraftanstrengung es dafür bedarf. Denken, entscheiden,
schaffen wir die Bedingungen, um diese Entscheidung möglich zu
machen (wie es unser Vater Don Bosco immer getan hat).
Soll es in jeder Provinz und in jedem salesianischen Haus einen
Ethikkodex für die Sorge, die Prävention und den Schutz der uns an-
vertrauten Minderjährigen geben mit der Aufgabe, sie vor jeder Art
von Missbrauch zu schützen, von woher dieser auch kommen möge.
Für uns sind Jungen und Mädchen heilig im Namen Gottes.
Verpflichten wir uns auf der Welt-, Provinz- und Hausebene, die ver-
schiedenen Netzwerke, Aktionen und Formen von Good Practice zu
fördern, die unser Werk und unsere Präsenz unter den ärmsten Jun-
gen und Mädchen, besonders auch unter den Flüchtlingen und Im-
26  Papst Franziskus, Botschaft an die Teilnehmer des 28. GK.
27  Christus vivit, 98.
39

4.10 Page 40

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Programmvorschlag des Generaloberen
migranten betreffen. Die salesianischen Organisationen wie DBNet-
work, DBGA und RASS müssen zur Sicherstellung des Schutzes der
Minderjährigen beitragen und in immer größerer Übereinstimmung
mit dem Dikasterium (Sektor) der Jugendpastoral der Kongregation
unterwegs sein.
6. Gemeinsam mit den Laien in der Sendung und in der
Aus- und Fortbildung
„Wir verwirklichen in unseren Werken die Erziehungs- und
Pastoralgemeinschaft. Sie umfaßt in einer familiären Atmo-
sphäre Jugendliche und Erwachsene, Eltern und Erzieher. So
wird Kirche, in der sich Gottes Heilsplan offenbart, erfahrbar.
In dieser Gemeinschaft bringen unsere Laienmitarbeiter den
eigenständigen Beitrag ihrer Erfahrung und ihrer Lebensform
ein.
Wir nehmen das Angebot ihrer Mitarbeit an und fördern sie. Wir
bieten ihnen die Möglichkeit, den salesianischen Geist und die
Verwirklichung des Präventivsystems kennenzulernen und zu
vertiefen.
Wir fördern das spirituelle Wachstum jedes einzelnen und laden
diejenigen, die sich dazu berufen fühlen, ein, als Mitglied der
Salesianischen Familie noch intensiver an unserer Sendung
teilzunehmen.“ (K 47)
Dieser Artikel unserer Konstitutionen enthält die wesentlichen Elemente
unserer mit den Laien geteilten Sendung. Wir müssen uns an dieser Visi-
on messen und überprüfen, bis zu welchem Punkt der Weg der Kongrega-
tion, jeder Provinz und jedes Mitbruders sich in diese Richtung bewegt,
die gut unsere charismatische Identität ausdrückt. Wir engagieren uns
in der Aus- und Fortbildung der Laien, die mit uns die Sendung teilen,
unterstützen ihr persönliches Wachstum, ihren Glaubensweg und ihre
lebendige Identifikation mit dem salesianischen Geist. Außerdem müs-
sen wir die Mittel anbieten, damit sie die ihnen anvertrauten Aufgaben
erfüllen können. „Die (Neu-)Entdeckung der Berufung und Sendung der
Laien ist eine der großen vom II. Vatikanischen Konzil vorgeschlagenen
und vom nachfolgenden Lehramt reflektierten Herausforderungen der
40

5 Pages 41-50

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5.1 Page 41

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Programmvorschlag des Generaloberen
Erneuerung“.28 Unser 24. GK war sicherlich eine charismatische Ant-
wort auf die Communio-Ekklesiologie des II. Vatikanums. Wir wissen
gut, dass Don Bosco in Valdocco von Beginn seiner Sendung an viele
Laien, Freunde und Mitarbeiter so eingebunden hat, dass sie an seiner
Sendung unter den jungen Menschen teilgenommen haben. Unmittelbar
regt er die „Teilnahme und Mitverantwortlichkeit von seiten der Priester,
Laien – Männern und Frauen – an“.29 Es handelt sich also, trotz unserer
Widerstände, um einen Punkt, von dem es kein Zurück mehr gibt, weil
unser Handlungsmodell der gemeinsamen Sendung mit den Laien, wie
es das 24. GK vorgeschlagen hat, nicht nur dem Handeln Don Boscos
entspricht, sondern tatsächlich „unter den gegebenen Umständen ein-
zig praktikabel“30 ist.
Vierundzwanzig Jahre nach diesem Generalkapitel müssen wir an-
erkennen, dass die Beschlüsse sehr unterschiedlich angenommen und
verwirklicht wurden. In einigen Regionen ist die Anwesenheit von Laien
in der salesianischen Sendung deutlicher geworden. In anderen Regi-
onen der Kongregation ist der Weg sehr viel langsamer. In weiteren Fäl-
len ist die Erfahrung der Gemeinschaft noch an den Anfängen – wie ein
gerade begonnener Weg – und manchmal begegnen wir noch echtem
Widerstand.
Sicherlich wurden in diesen Jahren, auch in den sehr unterschied-
lichen kulturellen Wirklichkeiten, Fortschritte gemacht. Oft sind die
Beziehungen zwischen Salesianern und Laien von Herzlichkeit, einer
gegenseitigen Wertschätzung, Achtung und Zusammenarbeit geprägt.
Wenn es eine klare Identität gibt, erweist sich die Wirklichkeit der Erzie-
hungs- und Pastoralgemeinschaft als sehr reich – auch wenn nicht im-
mer der Wert der Berufung und der Sendung der Laien wahrgenommen
wird. Wir neigen dazu, leichter anzuerkennen, was sie hinsichtlich ihrer
Identität als Laien tun.
Es stimmt, dass es bei den Laien in den 134 Ländern, in denen wir Sa-
lesianer präsent sind, eine große Vielfalt gibt: Viele arbeiten auf der Ba-
sis eines Vertrages und viele andere, vor allem Jüngere, als Freiwillige.
28 28. GK, Gemeinsam mit den Laien in der Sendung und der Aus- und Fortbildung,
Drittes Kernthema, Erkennen, Nr. 1.
29 24. GK, Nr. 71.
30 24. GK, Nr. 39.
41

5.2 Page 42

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Programmvorschlag des Generaloberen
Es gibt Laien mit einer starken christlichen und charismatischen Identi-
tät; andere sind von dieser Wirklichkeit weit entfernt. Es gibt Katholiken,
Christen anderer Konfessionen oder Laien, die anderen Religionen ange-
hören, sowie Personen, die der Religion gleichgültig gegenüberstehen.
Ähnlich sind die Modalitäten der Beziehung zwischen den Gemeinschaf-
ten und den Werken unterschiedlich, abhängig von den konkreten Ge-
gebenheiten, Kontexten usw. Bei der Reflexion im Generalkapitel sind
wir uns dieser großen Verschiedenheit bewusst geworden, wie es unser
Beitrag zum dritten Kernthema des Kapitels widerspiegelt, der in der Ka-
pitelversammlung wegen COVID-19 nicht mehr entwickelt wurde.31
Wie ich schon früher sagte: Von Anfang an bemühte sich unser Grün-
der, die größtmögliche Zahl an Mitarbeitern in sein Projekt einzubinden:
von Mama Margareta bis zu den Arbeitgebern, von den guten Menschen
aus dem Volk bis zu den Theologen, von den Adligen bis zu den Politi-
kern seiner Zeit. Als Salesianer sind wir, historisch gesehen, gemeinsam
mit den Laien und sie mit uns entstanden und gewachsen. Wir müssen
besonders die Bedeutung hervorheben, die die jungen Menschen bei
der Entwicklung des Charismas und der salesianischen Sendung hatten:
Don Bosco fand unter den Jugendlichen seine ersten Mitarbeiter, die so-
mit, in gewissem Sinne, Mitbegründer der Kongregation wurden!
Oft habe ich – und sicher auch andere Generalobere – mit voller
Überzeugung gesagt, dass die Teilhabe der Laien am salesianischen
Charisma und an der Sendung kein Zugeständnis unsererseits ist, eine
Gnade, die wir ihnen anbieten, und auch kein Weg, nur um zu überleben
– wie es viele Mitbrüder so oft gedacht haben. Es ist ein an ihre spezi-
fische Berufung gebundenes Recht. Natürlich gibt es hier offensichtlich
einen Unterschied zwischen dem, der einfach ein Mitarbeiter in einem
salesianischen Haus ist, und dem, der gleichzeitig Teil einer Arbeit, einer
Sendung und einer Berufung ist. Das fordert von uns in vielen Fällen ei-
nen entschiedenen Perspektivenwechsel. Wir sind als Ordensleute eine
spezifische Verkörperung des salesianischen Charismas, aber wir sind
nicht dessen einzige Hüter.
Von daher rührt ein absoluter Vorrang: „Das Miteinanderteilen des
salesianischen Geistes und das Wachsen in der Mitverantwortung er-
31  28. GK, Gemeinsam mit den Laien in der Sendung und der Aus- und Fortbildung,
Drittes Kernthema, Erkennen, Nr. 12-17.
42

5.3 Page 43

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Programmvorschlag des Generaloberen
fordern gemeinsame Ausbildungswege und -erfahrungen, welche auf
die Sendung gerichtet sind, natürlich ohne die je spezifischen Ausbil-
dungswege der salesianischen Ordensbrüder und der Laien zu vernach-
lässigen. Die gemeinsame Aus- und Fortbildung in der geteilten Sen-
dung ist eine absolute Priorität und ist vor allem auf den Animationskern
gerichtet“.32
Die Laien sind Weggefährten, keine Stellvertreter oder Ersatz für
die Ordensleute: Sie und wir haben eine spezifische Identität und spe-
zifische Aufgaben bei der Sendung. Deshalb müssen unsere Laienmit-
arbeiter Don Bosco und sein Charsima, wie es in den salesianischen
Häusern, in denen sie sich befinden, gelebt wird, kennenlernen und aus
der Nähe erfahren. Eine solche Kenntnis und Bildung erfahren sie nicht
nur durch akademische Kurse, sondern auf eine sehr spezielle Art und
Weise, indem sie das, was in der Niederlassung gemeinsam gelebt wird,
reflektieren, überprüfen und weiterentwickeln. Es ist wesentlich, bei
der gemeinsamen Aus- und Fortbildung weitere Schritte zu gehen, be-
sonders bei jenen Themen, die sich auf die Kenntnis und das Leben un-
seres geteilten Charismas beziehen. Wir sind uns nämlich der Tatsache
bewusst, dass „die erste und beste Möglichkeit, sich zu bilden und zur
Teilhabe und Mitverantwortung auszubilden, in der konkreten Verwirkli-
chung der Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft besteht“.33
Mir ist es noch ein Anliegen, ganz entschieden zu betonen, dass die
mit den Laien geteilte Sendung am vollkommensten und reinsten ent-
wickelt ist, wenn diese Mitglieder einer der 32 Gruppen der Don-Bosco-
Familie sind, zu der bekanntlich zwölf Laiengruppen gehören. Im Fall von
Mitgliedern der Don-Bosco-Familie ist der Grad der Identifikation mit
dem Charisma oft sehr hoch und wir leben gemeinsam eine echte Be-
rufung im Charisma. Das ist ein zusätzlicher Grund, um den Mitgliedern
der Don-Bosco-Familie in unseren Niederlassungen Vorrang zu geben,
auch als Mitarbeiter, wenn ihre Professionalität dieselben Bedingungen
erfüllt wie die anderer.
Schließlich dürfen wir nicht vergessen, dass die Zukunft dieses cha-
rismatischen Elements – die mit den Laien geteilte Sendung und Aus-
und Fortbildung – über die Ausbildung der zukünftigen Salesianer geht.
32  Animazione e governo della comunità, 106 u. 122.
33  24. GK, 43.
43

5.4 Page 44

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Programmvorschlag des Generaloberen
Ich möchte Euch nicht verheimlichen, liebe Mitbrüder, dass es eine Ten-
denz bei einem Teil unserer jungen Mitbrüder gibt, die mir Sorgen be-
reitet. Diese lechzen, ich wage zu sagen: sogar vehement, danach, die
Ausbildungsphasen zu beenden, um gegenüber den Laien einen Status
von Leitungsautorität zu gewinnen. Diese Tendenz steht dem Weg, den
wir als Kongregation gehen möchten, vollkommen entgegen. Deshalb
gilt: „Die Aus- und Fortbildung in und für die geteilte Sendung muss
auch die Grundausbildung der Salesianer betreffen, nicht nur als Studi-
enobjekt, sondern auch durch wöchentliche und sommerliche pastorale
Erfahrungen. Die Erfahrung, während des Praktikums mit und unter der
Leitung von Laien zu arbeiten, ebenso wie die Teilnahme am Rat der Er-
ziehungs- und Pastoralgemeinschaft, sind kostbare Bildungsmomente,
vor allem wenn sie von den Mitgliedern des animatorischen Kerns, Sale-
sianern wie auch Laien, begleitet werden“.34
VORSCHLÄGE
Die gesamte Kongregation und alle Provinzen weltweit unternehmen
„weitere Schritte“ im Zeugnis der geteilten Sendung und der gemein-
samen Bildung. Sie arbeiten an einer funktionierenden, besseren
Umsetzung der Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft in allen Nie-
derlassungen der Kongregation. Zwar können wir auf dem Weg, die
Sendung und Bildung in der Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft
zu leben, weiter vorne oder weiter hinten sein, aber es darf nicht sein,
dass wir überhaupt nicht in diese Richtung unterwegs sind. Es bleibt
eine Priorität und Dringlichkeit, wie es schon das 27. GK gefordert
hat: „Die zwischen Salesianern und Laien geteilte Sendung ist nicht
mehr freiwillig – falls jemand noch in diesem Sinne denken sollte“.35
Lasst uns unterwegs sein, Laien in die Ausbildungsteams der Ge-
meinschaften für die Grundausbildung einzubinden.
In diesen sechs Jahren soll in jeder Provinz und in jeder salesia-
nischen Niederlassung ein Prozess der Unterscheidung weiterge-
34 28. GK, Drittes Kernthema, Gemeinsam mit den Laien in der Sendung und der Aus-
und Fortbildung, Nr. 43.
35 27. GK, Zeuge der Radikalität des Evangeliums. Kapiteldokumente: Ansprache des
Generaloberen Don Ángel Fernández Artime zum Abschluss des 27. Generalkapitels,
Nr. 3.7, Rom 2014.
44

5.5 Page 45

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Programmvorschlag des Generaloberen
bracht werden, der gemeinsam zwischen den Salesianern und denje-
nigen, die mit ihnen die Sendung teilen und Teil des Animationskerns
sind, stattfindet, um:
– Die Situation der geteilten Sendung und Bildung realistisch zu er-
mitteln (Erkennen)
– Sich in Einklang mit dem Weg der Kirche und der Kongregation zu
stellen (Deuten)
– Prozesse des Wachstums und der Wandlung zu skizzieren und zu
aktivieren, im Einklang mit den anderen Orten der Provinz, der Re-
gion, der Kongregation (Wählen).
Deshalb:
Sollen Laien mit einer starken charismatischen Identität Schritt für
Schritt in die Provinzteams eingefügt werden und dabei auch Aufga-
ben in der Verantwortung, Koordination und im Leadership überneh-
men.
Soll in den Provinzen eine Aus- und Fortbildung gemäß dem schon
vom 24. GK entschiedenen Handlungsmodell für Animation und Lei-
tung der Häuser verwirklicht werden.
Sollen wir in den Provinzen und in den salesianischen Niederlas-
sungen das offensichtliche und starke Zeugnis der Don-Bosco-Fami-
lie innerhalb der Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft bedeutsam
werden lassen.
Entwickeln die regionalen Fortbildungszentren mit Unterstützung der
Dikasterien für Jugendpastoral und für Aus- und Fortbildung für die
regionalen Umgebungen angemessene Hilfsmittel und fördern die-
sen Prozess auf Ebene der Provinz und der einzelnen Einrichtungen.
So werden sie Empfänger und Verteiler von Best Practice und von
Materialien, die als Beispiel und Impuls für andere salesianischen
Einrichtungen dienen können.
Wird auf Ebene der lokalen Erziehungs- und Pastoralgemeinschaf-
ten als Fortbildungsweg der dritte Teil von „Animation und Leitung
der Gemeinschaft – Der Dienst des salesianischen Direktors“ zur
Geltung gebracht, der der „Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft“
gewidmet ist.
45

5.6 Page 46

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Programmvorschlag des Generaloberen
Muss diesem Prozess bei Visitationen des Provinzials, bei den Pro-
vinzkapiteln nach drei Jahren, bei außerordentlichen Visitationen
und bei den Visite di insieme vorrangig Aufmerksamkeit geschenkt
werden.
7. Es ist Zeit für Großherzigkeit innerhalb der Kongregation.
Leben in einer stets missionarischen Kongregation
„Jeder von uns ist von Gott in die Salesianische Gesellschaft
gerufen worden. Dafür empfängt er von Ihm persönliche Gaben.
Antwortet er darauf in Treue, so findet er den Weg zu seiner
vollen Verwirklichung in Christus.
Die Salesianische Gesellschaft erkennt ihn in seiner Berufung
an und hilft ihm, sie zu entfalten. Er aber stellt als verantwort-
liches Mitglied sich selbst und seine persönlichen Gaben in den
Dienst des gemeinsamen Lebens und Wirkens.
Jede Berufung macht deutlich, daß der Herr die Kongregation
liebt, sie zum Wohl der Kirche lebendig erhält und nicht aufhört,
sie mit neuen apostolischen Kräften zu bereichern.“ (K 22)
In der abschließenden Sitzung des 28. GK habe ich gesagt, dass mei-
ner Meinung nach „die Zeit der Großherzigkeit in der Kongregation ge-
kommen ist“. Ich zweifle nicht daran, dass unsere über 162-jährige Ge-
schichte von einer enormen Großherzigkeit geprägt ist, beginnend mit
Don Bosco. Dennoch erscheint es mir, dass diese Großherzigkeit heute
notwendiger denn je ist.
Ich versuche mich deutlich zu erklären.
Heute begegnen wir, nicht weniger als in der Vergangenheit, der Not-
wendigkeit der Evangelisierung und der menschlichen Förderung. Im
Kontakt mit unterschiedlichen Kontexten lernen wir vielfache pastorale
Bedürfnisse kennen. An uns werden häufig Appelle und Anfragen gerich-
tet, dass wir diesen oder jenen Dienst in vielen Teilen der Welt überneh-
men möchten. Wir sehen Jungen, Mädchen, junge Menschen und Fami-
lien auf allen Kontinenten in Schwierigkeiten.
– Gott ruft uns weiterhin in die ganze Welt, um „Zeichen und Zeugnis“
seiner rettenden Liebe für die ärmeren jungen Menschen zu sein.
46

5.7 Page 47

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Programmvorschlag des Generaloberen
– Es besteht Bedarf an unserer Unterstützung als Verkünder des Evan-
geliums und Erzieher für die jungen Menschen sowie für die Erwach-
senen der einfachen Bevölkerung, in verschiedenen kulturellen und
religiösen Kontexten.
– Es gibt darüber hinaus einen dringenden Bedarf, unsererseits erzie-
herisch zu handeln, um die Gerechtigkeit in der Welt zu bezeugen
und zu fördern.
– Die Armut, in ihren verschiedenen Ausgestaltungen, bleibt für uns
ein Aufschrei, häufig leise und lautlos: junge Menschen mit materiel-
ler Armut und emotionaler Vernachlässigung, wahrhaftig Verwaiste,
auch wenn sie noch Eltern oder Familie haben, kulturelle Armut (ohne
Zugang zu Schule und Bildung), spirituelle Armut (ohne irgendeine
Kenntnis transzendenter Werte oder von Gott).
Die Hoffnung, einfacher arbeiten (und oft auch studieren) zu können,
erzeugt weiterhin massive Wanderbewegungen zu den Großstädten
(und auch in andere Länder) mit den Folgen des fehlenden Anpas-
sungsvermögens und der sozialen Ausgrenzung. Hinzu kommt die
fürchterliche Wirklichkeit der Flüchtlinge und der Lager, in denen sie
leben; in vielen Flüchtlingslagern teilen unsere Mitbrüder mit den
Flüchtlingen das Leben (Kakuma in Kenia, Juba im Südsudan, Pala-
bek in Uganda).
Ich könnte die Aufzählung solcher Situationen noch fortführen.
Liebe Mitbrüder, wir alle gehören dem einen Gott und unserer Kon-
gregation, deren Mitglieder wir sein dürfen. Wir sind alle Salesianer Don
Boscos für die Welt. Unsere Zuneigung soll sich immer auf die Mitbrü-
der unserer Ursprungsprovinz, in der unsere „Berufung entstanden“ ist,
richten, aber unsere echte und tiefe Zugehörigkeit gehört der Kongrega-
tion und diese beginnt mit unserer Ordensprofess.
Aus diesem Grund muss in den nächsten sechs Jahren die Öffnung
neuer Horizonte noch effektiver und realer werden, dank der Verfügbar-
keit der Mitbrüder und der großherzigen Antwort derjenigen Provinzen,
die mehr Möglichkeiten haben, um anderen Mitbrüdern Unterstützung
anzubieten. Manchmal mit Vereinbarungen zwischen den Provinzialen
selbst, manchmal mit Vermittlung des Generaloberen und seines Rates,
wenn es um Neugründungen, neue missionarische Herausforderungen,
47

5.8 Page 48

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Programmvorschlag des Generaloberen
neue Niederlassungen in anderen Nationen oder in neuen missiona-
rischen Gebieten geht.
Glücklicherweise sind die wirtschaftlich schwächsten Provinzen die-
jenigen, die reich an Berufungen sind. Die Aus- und Fortbildung all die-
ser Mitbrüder ist dank der Großherzigkeit der gesamten Kongregation
möglich geworden. Wieder einmal zeigt sich, dass die Großherzigkeit
alle Träume möglich macht.
Wir leben in einer Zeit, in der wir der Wirklichkeit mit einer erneuerten
Mentalität begegnen müssen, die „Grenzen überwinden“ kann. In einer
Welt, in der Grenzen immer mehr „eine Verteidigung gegen die anderen“
sind, besteht die Prophetie unseres Lebens als Salesianer Don Boscos
auch in folgendem: Zeigen, dass es für uns keine Grenzen gibt. Die ein-
zige Wirklichkeit, auf die wir antworten, ist: Gott, das Evangelium und
die Sendung, die uns anvertraut ist. Gerade deswegen haben unsere in-
ternationalen und interkulturellen Gemeinschaften heute einen großen
prophetischen Wert. Dabei wollen wir nicht verschweigen, dass es einer
gläubigen Sicht und des persönlichen Einsatzes bedarf, um in der Ver-
schiedenheit Brüderlichkeit zu schaffen.
Die missionarische Wirklichkeit unserer Kongregation geht uns wei-
terhin an und bietet uns spannende Herausforderungen. Die Missionen
bringen uns weiter und lassen uns schöne Träume haben, die Wirklich-
keit werden.
Als wir in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von Jahr zu
Jahr in bedeutsamer Zahl immer mehr Mitbrüder verloren, hat der Gene-
ralobere Don Egidio Viganò in prophetischer Art und Weise das Projekt
Afrika initiiert, das heute eine wunderbare Realität ist. Als im Jahr 2000,
angesichts des neuen Jahrtausends, die harte pastorale Realität und die
Notwendigkeit einer Evangelisierung für Europa festgestellt wurde, för-
derte Don Pascual Chávez überzeugt das Projekt Europa. Das sind keine
Zeiten, in denen man sich um das Überleben kümmert, sondern Gelegen-
heiten, um bedeutsamer zu sein.
Papst Franziskus fordert uns ebenfalls in seiner Botschaft an das 28.
GK auf, gegenüber den Ängsten aufmerksam zu sein, die zu folgendem
Zustand führen können: „[...] in einer lähmenden Untätigkeit erstarrt,
die Eurer Sendung den Freimut (griech. Parrhesie) raubt, der den Jüngern
des Herrn eigen ist. Eine solche Untätigkeit kann sich auch ausdrücken
48

5.9 Page 49

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Programmvorschlag des Generaloberen
in einem Blick und einer Haltung voll Pessimismus gegenüber allem, was
uns umgibt, und zwar nicht nur angesichts der Wandlungen, die sich in
der Gesellschaft vollziehen, sondern auch in der Beziehung zur eigenen
Kongregation, zu den Mitbrüdern und zum Leben der Kirche. Eine solche
Haltung ‚boykottiert‘ und verhindert schließlich jede Antwort oder jeden
Prozess, die eine Alternative bieten.“36
VORSCHLÄGE
Ich schlage der ganzen Kongregation vor, diese Zeit der Großherzigkeit
konkret werden zu lassen. Sehen wir die Verfügbarkeit der Mitbrüder al-
ler Provinzen (Versetzung, Tausch, befristete Unterstützung) für interna-
tionale Dienste, Neugründungen sowie neue Herausforderungen, die wir
übernehmen wollen, als etwas Natürliches an.
Deshalb:
Sollen die Provinzen für die Appelle des Generaloberen in Bezug auf
die Notwendigkeiten und die Herausforderungen, die wir überneh-
men, aufmerksam und verfügbar sein.
Sollen der 150. Jahrestag der ersten Missionsaussendung Don Bos-
cos nach Argentinien (der 2025 sein wird) und der 100. Jahrestag der
missionarischen Präsenz im Nordosten Indiens (im Jahr 2022) Ge-
legenheit bieten, das missionarische Projekt unserer Kongregation
weiter zu verfolgen.
Haben wir den missionarischen Appell konkretisiert, indem wir jede
Provinz aufgefordert haben, in ihren Grenzen während der vergange-
nen sechsjährigen Amtszeit ein missionarisches Projekt zu eröffnen
(Flüchtlinge, Immigranten, Grenzgänger, ausgebeutete Kinder ...) und
dabei der Zeichenhaftigkeit und den realen Forderungen der jungen
Menschen von heute nach Unterstützung Vorrang zu geben.
Werden der Generalobere und sein Rat die angemessenen Schritte
aufzeigen, um im Dikasterium (Sektor) für Jugendpastoral der Kon-
gregation den Bereich auszubauen, der sich vorrangig mit der Wirk-
lichkeit der Flüchtlinge und Migranten (besonders der unbegleiteten
Minderjährigen) beschäftigt.
36  Papst Franziskus, Botschaft an die Teilnehmer des 28. GK.
49

5.10 Page 50

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Programmvorschlag des Generaloberen
8. Begleiten wir die jungen Menschen zu einer
nachhaltigen Zukunft
Wir anerkennen, dass die Aufmerksamkeit für eine nachhaltige Zukunft
eine kulturelle Wende und keine Mode ist. Wie jede Wende muss sie
kraftvoll mit ihrem neuen Namen aufgerufen werden.
Die Kapitelversammlung hat den Vorschlag einstimmig angenom-
men, eine kleine Kommission zu bilden, um bei uns die Sensibilität ge-
genüber dieser Notsituation zu fördern. Die Sorge um die Schöpfung ist
keine Modeerscheinung. Das Leben der Menschheit steht auf dem Spiel,
auch wenn viele öffentliche Funktionäre als Gefangene wirtschaftlicher
Interessen wegschauen oder das leugnen, was nicht zu leugnen ist. Die-
se Sensibilisierung hat sich in einem von der Versammlung angenom-
menen Kapitelbeschluss konkretisiert. Papst Franziskus hat darauf hin-
gewiesen, dass wir einen „Klimanotstand“ vermeiden müssen, der das
Risiko in sich trägt, „einen brutalen Akt der Ungerechtigkeit gegenüber
den Armen und den zukünftigen Generationen zu begehen“.37
Unser Engagement für eine ganzheitliche menschliche Ökologie38
entstammt der Glaubensüberzeugung, „dass alles aufeinander bezo-
gen ist und dass die echte Sorge für unser eigenes Leben und unsere
Beziehungen zur Natur nicht zu trennen ist von der Brüderlichkeit, der
Gerechtigkeit und der Treue gegenüber den anderen“.39 Wir können die
Sorge um die Umwelt nicht vom gesellschaftlichen Leben der Menschen
trennen. Deshalb muss die Ökologie ganzheitlich, menschlich sein. In-
folgedessen sind wir zu einer ökologischen Erneuerung aufgerufen, die
nicht nur die Ökonomie und die Politik betrifft, sondern auch das ge-
sellschaftliche Leben, die personalen Beziehungen, die Affektivität und
Spiritualität.
In den letzten Jahren haben wir der Uneinigkeit von Politikern aus
verschiedenen Nationen angesichts dieses Notstands beigewohnt. Das
letzte diesbezügliche Treffen der Staatschefs (geplant in Santiago di Chi-
37 Papst Franziskus, Discorso ai partecipanti all‘incontro promosso dal Dicastero per
il servizio dello sviluppo umano integrale sul tema: Transizione energetica e cura del-
la nostra casa comune, Rom, 14. Juni 2019.
38 Vgl. Papst Franziskus, Enzyklika Laudato sì, Rom, 24. Mai 2015, Nr. 137-162. Als LS
zitiert.
39 LS, 70.
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6 Pages 51-60

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6.1 Page 51

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Programmvorschlag des Generaloberen
le, aber dann abgehalten in Madrid, Spanien) hatte als einziges Ergebnis
die Abmachung, sich innerhalb eines Jahres erneut zu treffen. Es ent-
stand keinerlei bedeutende Vereinbarung zu handeln.
Gleichzeitig haben Millionen und Abermillionen von Menschen, mei-
stens junge Menschen, weltweit einen Aufschrei gemacht. Papst Fran-
ziskus, der sich dieser Realität gegenüber sensibel gezeigt hat, erinnert
daran, dass die jungen Menschen selbst eine radikale Veränderung for-
dern. „Sie fragen sich, wie es möglich ist, den Aufbau einer besseren
Zukunft anzustreben, ohne an die Umweltkrise und an die Leiden der
Ausgeschlossenen zu denken.“40
Der Vorschlag für einen Kapitelbeschluss drückt es folgendermaßen
aus: „Gemeinsam mit Papst Franziskus anerkennen wir den von der Wis-
senschaft erbrachten Nachweis, dass die durch menschliches Handeln
gegebene Beschleunigung des Klimawandels real ist. Luftverschmut-
zung, Wasserverschmutzung, ungeeignete Müllentsorgung, Verlust der
Biodiversität und andere Umweltprobleme, die einen negativen Einfluss
auf das menschliche Leben haben, werden mehr. Die Produktion und der
nicht nachhaltige Konsum bringen unsere Welt und ihr Ökosystem an ihre
Grenzen und bedrohen ihre Fähigkeit, Ressourcen und vitale Aktionen
für das Leben, die Entwicklung und ihre Regeneration zu schaffen.“41
Während ich diese Zeilen schreibe, sind der Planet Erde und alle
Länder der Welt, mal mehr und mal weniger, von dem Virus COVID-19
betroffen, der bis heute 624.000 Todesfälle verursacht hat. 15.300.000
Menschen haben sich angesteckt. Wir wissen gut, dass das Leben jedes
einzelnen Menschen heilig ist. Es gibt so viel Leid wegen der vielen To-
ten. Aber es ist nicht weniger wahr, dass der Planet Erde seit Jahrzehnten
blutet und dass die Verschmutzung jedes Jahr sehr viel mehr Todesfälle
verursacht, als es COVID-19 bisher getan hat. Diese Tatsache wird je-
doch leider nicht ernst genommen.
Es ist auch nicht weniger wahr, dass die Ärmsten (immer die Ärmsten!)
unter den katastrophalen Auswirkungen der Waldrodung und des Klima-
wandels, dem Ruin ihrer armseligen Erträge, ihrer einzigen Lebensres-
source, leiden. Auch das wird nicht angeprangert.
40  LS, 13.
41  28. GK, Vorschlag für einen Beschluss hinsichtlich der Ökologie.
51

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Programmvorschlag des Generaloberen
Zwar könnte ich noch weitere Situationen aufzählen, aber das ist nicht
notwendig. Es reicht zu betonen, dass wir als Erzieher und Seelsorger
gegenüber dieser Wirklichkeit nicht gleichgültig sein dürfen, sondern
etwas tun müssen.
VORSCHLÄGE
Wir hören den weltweiten Aufschrei so vieler junger Menschen von
heute und verpflichten uns als Salesianer, glaubwürdige Zeugen, per-
sönlich und gemeinschaftlich, der Neuausrichtung bei der Sorge um die
Schöpfung und einer ökologischen Spiritualität42 zu sein.
Deshalb:
Soll jede Provinz weltweit durch den jeweiligen Provinzbeauftragten
für die Jugendpastoral auf die Forderung reagieren, unsere Schulen,
Erziehungszentren, Universitäten, Oratorien, Pfarreien zu Modellen
bei der Erziehung zur Sorge um Umwelt und Natur zu machen Wir
müssen in die Erziehung als salesianische Option das Handeln zu-
gunsten der Schöpfung einschließen: die Sorge um die Natur, das
Klima und eine nachhaltige Entwicklung.
Weiten wir, soweit wie möglich, das Netzwerk der salesianischen In-
stitutionen aus, die zu Don Bosco Green Alliance gehören. Wir fördern
die Beteiligung junger Menschen an globalen Kampagnen zugunsten
der Nachhaltigkeit in Umweltfragen aus Sorge für die Schöpfung und
das menschliche Leben.
Nehmen wir die Forderung an, die die salesianische Konferenz zu er-
neuerbaren Energien im November 2019 an das 28. GK gerichtet hat,
dass die Kongregation in allen Provinzen der Welt noch vor dem Jahr
2032 zu 100% erneuerbare Energien nutzen möge. Auch wenn die
Situation der Kongregation in den verschiedenen Ländern sehr un-
terschiedlich ist, nehmen wir diese Herausforderung in Zusammen-
arbeit mit den PDO der Provinzen, den salesianischen NGO und dem
DBN an.
42  LS, 217.
52

6.3 Page 53

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Programmvorschlag des Generaloberen
SCHLUSS
Liebe Mitbrüder, zum Abschluss dieser programmatischen Seiten for-
dere ich Euch auf, diese nicht wie einen einfachen Brief aufzunehmen,
sondern als eine Botschaft, ein Programm, das den Herzschlag der Kon-
gregation heute in der ganzen Welt ausdrücken will.
Ich schlage zwei wichtige Elemente als Haltung vor, mit der wir die
gute Gelegenheit der nächsten sechs Jahre angehen können:
– Die erste Haltung hat etwas mit einer Tugend zu tun, nämlich der
Hoffnung. Nur mit Hoffnung können wir der Zukunft entgegentreten,
im Vertrauen, dass der Herr mit unserem bescheidenen Beitrag das,
was wir hier vorschlagen, erfüllen wird.
– Die zweite hat etwas mit unserer Haltung gegenüber Gott selbst zu
tun. Ich möchte unsere Kongregation bitten, dass wir uns in dieser
sechsjährigen Zeit noch viel mehr vom Heiligen Geist leiten lassen.
Er möge es sein, der unsere Herzen und unsere menschlichen Fähig-
keiten zur Animation und Leitung der Kongregation, der Provinzen
und der Hausgemeinschaften bewegt, damit es jedem von uns gelin-
gen kann, aus allen salesianischen Häusern weltweit gewissermaßen
ein weiteres Valdocco zu machen. Wir sollen den Kindern und Jugend-
lichen von heute eine Antwort geben, so wie es Don Bosco zu seiner
Zeit tat.
In Bezug auf die Hoffnung möchte ich betonen, dass diese bekanntlich
eine Tugend ist, die viel mit unserem christlichen Glauben zu tun hat;
sie ist eine andere Art und Weise, die Zukunft zu betrachten. Die christ-
liche Hoffnung ist eine Lebensart, eine Art, unterwegs zu sein, eine Art
zu schauen.
Die Hoffnung ist die Frucht der Begegnung mit Jesus Christus und die
Frucht der Aufnahme seines Geistes in uns. Die Hoffnung ist nicht das
Ergebnis von Kalkül und Vorhersagen. „Weder Pessimist noch Optimist
ist der Salesianer des 21. Jahrhunderts ein hoffnungsvoller Mann, weil
er weiß, dass er seine Mitte beim Herrn hat, der alles neu machen kann
(vgl. Offb 21,5). Nur das wird uns davor retten, in einer resignativen Hal-
tung bloßen Überlebenskampfes zu verharren. Nur das wird unser Leben
fruchtbar machen“.43
43 Papst Franziskus, Botschaft an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 28. GK. Er
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6.4 Page 54

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Programmvorschlag des Generaloberen
In der Notwendigkeit, uns viel mehr vom Heiligen Geist Gottes leiten zu
lassen, der der wahre innere Meister ist, mache ich mir die Worte des Pa-
triarchen von Konstantinopel Athenagoras I. zu eigen, der sich mit Papst
Paul VI. (der heute heiliggesprochen ist) im Januar 1964 in Jerusalem
traf. Das Ergebnis dieses Treffens im Geist Gottes war die Aufhebung der
gegenseitigen Exkommunikation, die bis zu diesem Augenblick existiert
und das Herz Christi in seiner Kirche zutiefst verletzt hatte.
Dies sind seine Gedanken:
„Ohne den Heiligen Geist
ist Gott weit weg,
Christus bleibt in der Vergangenheit,
das Evangelium besteht aus toten Buchstaben,
die Kirche ist einfach nur eine Organisation,
die Autorität pure Macht,
Mission reine Propaganda,
der Gottesdienst eine bloße Erinnerung
und christliches Handeln eine Moral von Sklaven.
Aber mit dem Heiligen Geist
gerät der Kosmos in Bewegung für das Nahen des Himmelreichs,
der auferstandene Christus ist gegenwärtig,
das Evangelium ist mächtig und lebendig,
die Kirche verwirklicht die drei-eine Gemeinschaft,
Autorität wandelt sich in Dienst,
die Liturgie ist gedenkende Vorwegnahme
und im menschlichen Handeln wird Göttliches sichtbar“.44
Nehmen wir diese Botschaft mit in unser Gebet.
zitiert hier seine Predigt zur Darstellung des Herrn für den 21. Welttag des geweihten
Lebens, 2. Februar 2017.
44 Der Text aus dem Jahr 1968 stammt von Patriarch Athenagoras I., auch wenn das Zi-
tat von einigen dem Patriarchen Ignatius IV. Hazim zugeschrieben wird.
54

6.5 Page 55

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Programmvorschlag des Generaloberen
Liebe salesianische Mitbrüder, das war es, was ich Euch mitteilen wollte
und von Euch allen erwarte. Ich lade Euch ein, diese Herausforderungen
anzunehmen und diese Marschroute für die nächsten sechs Jahre mit
ganzem Herzen und tiefer Sehnsucht in den Haus- und Provinzgemein-
schaften zu verfolgen. Mit der Gnade Gottes und der mütterlichen Ge-
genwart Mariens, der Helferin der Christen, werden es gewiss Jahre der
Treue seitens der Kongregation und der mutigen, prophetischen Ant-
wort auf die Zeichen der heutigen Zeit sein. Die Gottesmutter möge sich
weiterhin um unsere Kongregation sorgen und „alles tun“ wie bei Don
Bosco.
Ihre Fürsprache und die aller salesianischen Heiligen sei für uns ein
Segen bei dem, was in unserer Sendung einzig zählt: „in der Kirche
Zeichen und Botschafter der Liebe Gottes zur Jugend, besonders zur är-
meren, zu sein.“ (K 2)
Ich begleite Euch alle und einen jeden von Euch im Gedenken und mit
dem Gebet.
Ángel Fernández Artime, SDB
Generaloberer
Rom, den 16. August 2020
(am 205. Jahrestag der Geburt Don Boscos)
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Botschaft von
Papst Franziskus
an die
Teilnehmer des
28. Generalkapitels
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Botschaft von Papst Franziskus
Liebe Brüder!
Ich grüße Euch herzlich und danke Gott, dass ich, wenngleich aus der
Ferne, einen Moment des Weges, den Ihr gerade geht, mit Euch teilen
kann.
Es ist bedeutungsvoll, dass Euch die Vorsehung nach einigen Jahr-
zehnten wieder in Valdocco zum Generalkapitel zusammengeführt hat.
Denn an diesem Ort der Erinnerung konkretisierte sich der Traum der
Gründung und erfolgten die ersten Schritte dazu. Ich bin mir sicher, dass
der Lärm und das Stimmengewirr der jungen Menschen im Oratorium
die beste, wirksamste Musik sind, damit der Heilige Geist die charisma-
tische Gabe Eures Gründers wieder aufleben lässt. Schließt vor dieser
Geräuschkulisse nicht die Fenster ... Lasst es zu, dass sie Euch begleitet
und Euch unruhig und unerschrocken in der Unterscheidung hält; und
erlaubt, dass diese Stimmen und Gesänge ihrerseits in Euch die Ge-
sichter von vielen anderen jungen Menschen hervorrufen, die aus ver-
schiedenen Gründen wie Schafe ohne Hirten sind (vgl. Mk 6,34). Dieses
Stimmengewirr und diese Unruhe werden Euch aufmerksam und wach-
sam gegenüber jeder Art von selbst auferlegter Betäubung halten. Sie
werden Euch auch helfen, Eurer salesianischen Identität auf kreative Art
und Weise treu zu bleiben.
Die empfangene Gabe wieder aufleben lassen
Über den Salesianer für die jungen Menschen von heute nachzudenken
beinhaltet auch anzunehmen, dass wir in einer Zeit des Wandels leben,
mit allem, was das an Unsicherheiten erzeugt. Niemand kann mit Sicher-
heit und Präzision sagen (wenn es jemals möglich war), was in naher Zu-
kunft auf sozialer, wirtschaftlicher, erzieherischer und kultureller Ebene
passieren wird. Die Unbeständigkeit und „Wechselhaftigkeit“ der Ereig-
nisse, aber vor allem die Schnelligkeit, mit der die Dinge aufeinander
folgen und sich ausbreiten, sorgt dafür, dass jede Vorhersage zu einer
Lesart wird, die sehr bald überarbeitet werden muss (vgl. Apostolische
Konstitution Veritatis gaudium, 3-4). Diese Perspektive verschärft sich
noch mehr durch die Tatsache, dass Eure Werke sich in besonderer Wei-
se an die Welt der Jugend richten, die selbst eine Welt in Bewegung und
andauerndem Wandel ist. Das erfordert von uns eine doppelte Fügsam-
keit: Fügsamkeit gegenüber den jungen Menschen und ihren Bedürfnis-
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6.9 Page 59

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Botschaft von Papst Franziskus
sen und Fügsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist und all dem, was Er
verwandeln will.
Wenn wir diese Lage – sowohl auf persönlicher als auch auf gemein-
schaftlicher Ebene – verantwortlich annehmen wollen, müssen wir eine
Rhetorik verlassen, die uns andauernd sagen lässt, dass „alles im Wan-
del ist“, und die schließlich, aufgrund der ständigen Wiederholung, in
einer lähmenden Untätigkeit erstarrt, die Eurer Sendung den Freimut
(griech. Parrhesie) raubt, der den Jüngern des Herrn eigen ist. Eine sol-
che Untätigkeit kann sich auch ausdrücken in einem Blick und einer Hal-
tung voll Pessimismus gegenüber allem, was uns umgibt, und zwar nicht
nur angesichts der Wandlungen, die sich in der Gesellschaft vollziehen,
sondern auch in der Beziehung zur eigenen Kongregation, zu den Mitbrü-
dern und zum Leben der Kirche. Eine solche Haltung „boykottiert“ und
verhindert schließlich jede Antwort oder jeden Prozess, die eine Alterna-
tive bieten. Aber auch das genaue Gegenteil kann eintreten: Ein blinder
Optimismus kann die Kraft und Neuheit des Evangeliums verflüchtigen
und verhindern, dass die Komplexität, die die Situation erfordert, und
die Prophetie, die fortzuführen der Herr uns einlädt, konkret angenom-
men werden. Weder Pessimismus noch Optimismus sind Gaben des Hei-
ligen Geistes, weil sie beide aus einer selbstbezogenen Sicht kommen,
die nur fähig ist, sich an den eigenen Kräften, Fähigkeiten oder Fertig-
keiten zu messen und uns daran hindert, das zu sehen, was der Herr
unter uns wahrmacht und verwirklichen will (vgl. Nachsynodales Apo-
stolisches Schreiben Christus vivit, 35). Wir sollten uns weder an eine
Modekultur anpassen noch in eine heroische Vergangenheit fliehen, die
keine Gegenwart mehr verkörpert. In Zeiten des Wandels tut es gut, sich
an die Worte des Heiligen Paulus an Timotheus zu halten: „Darum rufe
ich dir ins Gedächtnis: Entfache die Gnade Gottes wieder, die dir durch
die Auflegung meiner Hände zuteilgeworden ist! Denn Gott hat uns nicht
einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der
Liebe und der Besonnenheit“ (2 Tim 1,6-7).
Diese Worte fordern uns auf, eine kontemplative Haltung zu pflegen,
die fähig ist, die neuralgischen Punkte zu identifizieren und zu unter-
scheiden. Das wird auf dem Weg helfen, sich vertraut zu machen mit
dem Geist und dem Beitrag, der den Söhnen Don Boscos eigen ist, und
wie er eine „mutige kulturelle Revolution“ (Enzyklika Laudato sì, 114) zu
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6.10 Page 60

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Botschaft von Papst Franziskus
fördern. Diese kontemplative Haltung wird Euch erlauben, selbst Eure
Erwartungen zu übertreffen und über Eure Programme hinauszugehen.
Wir sind Männer und Frauen des Glaubens, was von Jesus Christus be-
geisterte Menschen voraussetzt. Wir wissen, dass unsere Gegenwart
wie unsere Zukunft von dieser apostolisch-charismatischen Kraft durch-
drungen sind. Sie ruft uns dazu auf, weiterhin das Leben vieler junger
Menschen zu prägen, die verlassen und gefährdet sind, arm und bedürf-
tig, ausgeschlossen und „abgeschrieben“, ohne Rechte und ohne Dach
über dem Kopf usw. Diese jungen Menschen erwarten einen Blick voll
Hoffnung, der jeder Art von Fatalismus oder Determinismus entgegen-
steht. Sie warten darauf, den Blick von Jesus zu kreuzen, der ihnen sagt,
„dass es in all den dunklen oder schmerzhaften Situationen [...] einen
Ausweg gibt“ (Nachsynodales Apostolisches Schreiben Christus vivit,
104). Genau dort wohnt unsere Freude.
Weder Pessimist noch Optimist, ist der Salesianer des 21. Jahrhun-
derts ein hoffnungsvoller Mann, weil er weiß, dass er seine Mitte beim
Herrn hat, der alles neu machen kann (vgl. Offb 21,5). Nur das wird uns
davor retten, in einer resignativen Haltung bloßen Überlebenskampfes
zu verharren. Nur das wird unser Leben fruchtbar machen (vgl. Predigt,
2. Februar 2017), weil es ermöglicht, dass die empfangene Gabe weiter-
hin für und mit den jungen Menschen von heute erfahren und als gute
Nachricht verstanden wird. Diese Haltung der Hoffnung ist in der Lage,
alternative erzieherische Prozesse zur herrschenden Kultur zu instal-
lieren und zu eröffnen, deren Prozesse in nicht wenigen Situationen –
sowohl aufgrund von Not und extremer Armut als auch von Überfluss,
der in einigen Fällen sogar extrem ist – darin enden, die Träume unserer
jungen Menschen zu ersticken und zu töten, und sie zu einem ohren-
betäubenden, kriecherischen und oft auch betäubenden Konformismus
verdammen. Wir sollen weder billig triumphieren noch immerzu Alarm
schlagen, sondern fröhliche und hoffnungsvolle Männer und Frauen
sein, keine Automaten, sondern geschickt Handelnde: fähig, „andere
Träume zu zeigen, die die Welt nicht geben kann, und Zeugnis zu ge-
ben für die Schönheit der Großherzigkeit, des Dienstes, der Reinheit, der
Stärke, der Vergebung, der Treue zur eigenen Berufung, des Gebets, des
Kampfes für die Gerechtigkeit und für das Gemeinwohl, der Liebe für die
Armen und der sozialen Freundschaft“ (Nachsynodales Apostolisches
Schreiben Christus vivit, 36).
60

7 Pages 61-70

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7.1 Page 61

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Botschaft von Papst Franziskus
Die „Option Valdocco“ Eures 28. Generalkapitels ist eine gute Gelegen-
heit, um sich mit den Quellen zu messen und den Herrn zu bitten: „Gib
mir Seelen, alles andere nimm!“45 Nimm vor allem das, was erst während
des Weges allmählich einverleibt wurde und sich verewigt hat und Euch
heute, auch wenn es in einer anderen Zeit eine angemessene Antwort
gewesen sein konnte, daran hindert, die salesianische Präsenz in einer
bedeutungsvollen Weise gemäß dem Evangelium in den verschiedenen
Situationen der Sendung zu gestalten und auszuformen. Das erfordert
von unserer Seite, die Ängste und Sorgen zu überwinden, die auftau-
chen können, weil man geglaubt hat, dass das Charisma sich auf ganz
bestimmte Werke oder Strukturen reduzieren lasse oder mit diesen
identifiziert werden könne. In Treue das Charisma zu leben ist reicher
und anregender als das einfache Verlassen, Aufgeben oder Anpassen
der Häuser oder der Tätigkeiten; es beinhaltet einen Mentalitätswechsel
angesichts der zu verwirklichenden Sendung.46
Die „Option Valdocco“ und das Geschenk der jungen Menschen
Das salesianische Oratorium und alles, was von diesem ausgeht, ent-
steht, so erzählen es die Erinnerungen an das Oratorium, als Antwort
auf das Leben der jungen Menschen mit einem Gesicht und einer Ge-
schichte, die jenen jungen Priester bewegten, der nicht fähig war, neu-
tral oder unbeweglich gegenüber dem, was passierte, zu bleiben. Es war
viel mehr als eine Geste guten Willens oder von Güte, und sogar sehr
viel mehr als das Ergebnis eines Studienprojekts über die „rechnerische
und charismatische Machbarkeit“. Ich sehe es wie einen andauernden
Akt der Bekehrung und der Antwort an den Herrn, der, „müde“ davon,
an unsere Türen „anzuklopfen“, darauf wartet, dass wir gehen, um ihn
45 Ein Motto, das das Feuer der ersten Missionare prägte. Ich erinnere an den Brief von
Don Giacomo Costamagna an Don Bosco, in dem dieser zum Schluss sagt, nachdem
er von den Schwierigkeiten auf der Reise und verschiedenen Fehlschlägen, denen
sie begegnet waren, erzählt hatte: „Wir bitten einmütig nur um eine Sache: Wir wol-
len bald nach Patagonien gehen, um unzählige Seelen zu retten“. Das Bewusstsein,
aufgefordert zu sein, das Heil der Seelen an den Rändern zu suchen und vermeintli-
che Fehlschläge zu überwinden, ist ein Identitätsmerkmal, an dem das Charisma zu
messen ist: „Gib mir Seelen, alles andere nimm!“
46 Erinnern wir uns an die Belehrung des Herrn: „Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet
euch an die Überlieferung der Menschen“ (Mk 7,8).
61

7.2 Page 62

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Botschaft von Papst Franziskus
zu suchen und zu treffen ... Oder dass wir ihm aufmachen, wenn er von
innen klopft. Es war eine Bekehrung, die sein ganzes Leben einschloss
(und verkomplizierte) und auch das der ihm Nahestehenden. Don Bosco
entschied sich nicht, sich von der Welt abzutrennen, um die Heiligkeit zu
suchen, sondern er ließ sich in Frage stellen und entschied, wie und in
welcher Welt er leben wollte.
Er entschied sich, die Welt der verlassenen Kinder und Jugendlichen,
die ohne Arbeit und Ausbildung waren, anzunehmen. Das erlaubte ih-
nen, die Vaterschaft Gottes spürbar zu erfahren, und gab ihnen Mittel,
ihr Leben und ihre Geschichte im Licht einer bedingungslosen Liebe zu
deuten. Sie halfen ihrerseits der Kirche, der ihr eigenen Sendung erneut
zu begegnen: „Ein Stein, den die Bauleute verwarfen, er ist zum Eckstein
geworden“ (Ps 118,22). Weit davon entfernt, passiv Handelnde oder Zu-
schauer des Sendungswerkes zu sein, wurden diese, ausgehend von
ihrer eigenen Situation – in vielen Fällen „ungebildete Ordensmänner“
und „soziale Analphabeten“ – die Hauptdarsteller des gesamten Grün-
dungsprozesses.47 Die Salesianität entstand genau aus diesem Aufein-
andertreffen und vermochte Prophetie und Visionen hervorzurufen: Sie
ließ die besten Qualitäten als Geschenk für die anderen empfangen,
ergänzen und wachsen, besonders für die ausgeschlossenen und ver-
lassenen Jugendlichen, von denen nichts erwartet wurde. Papst Paul
VI. drückte es so aus: „Die Kirche, Trägerin der Evangelisierung, beginnt
damit, sich selbst zu evangelisieren. [...] [Das bedeutet, dass sie immer
wieder evangelisiert werden muss,] wenn sie ihre Lebendigkeit, ihren
Schwung und ihre Stärke bewahren will, um das Evangelium zu verkün-
den“ (Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi, 15). Jedes Charisma
47 Dank der Hilfe des weisen Don Cafasso entdeckte Don Bosco, wer er in den Augen
der jungen Gefangenen war; und diese jungen Gefangenen entdeckten ein neues
Gesicht im Blick Don Boscos. So entdeckten sie gemeinsam den Traum Gottes, der
solche Begegnungen braucht, um sich zu zeigen. Don Bosco entdeckte seine Sen-
dung nicht vor einem Spiegel, sondern in dem Schmerz, junge Menschen zu sehen,
die keine Zukunft hatten. Der Salesianer des 21. Jahrhunderts wird seine eigene
Identität nicht entdecken, wenn er nicht fähig ist, mitzuleiden mit den „Scharen von
Jugendlichen […], alle gesund, robust und mit wachem Verstand; [aber gepeinigt im
Gefängnis und] nach geistlicher und zeitlicher Nahrung darbend […]. Die Schande
ihrer Heimat, die Unehre ihrer Familien […] waren in diesen Unglücklichen geradezu
personifiziert“ (Erinnerungen an das Oratorium des Heiligen Franz von Sales, Mün-
chen 2001, S. 136f.). Und wir könnten hinzufügen: die Schande unserer Kirche selbst.
62

7.3 Page 63

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Botschaft von Papst Franziskus
bedarf der Erneuerung und Evangelisierung. In Eurem Fall geschieht das
vor allem durch die ärmeren jungen Menschen.
Die Gesprächspartner Don Boscos gestern und der Salesianer heute
sind nicht bloß Empfänger einer im Voraus geplanten Strategie, sondern
lebendige Protagonisten des zu verwirklichenden Oratoriums.48 Durch
sie und mit ihnen zeigt uns der Herr seinen Willen und seine Träume.49
Wir könnten sie Mitgründer Eurer Häuser nennen, wo der Salesianer der
Fachmann dafür ist, diese Art von Dynamik hervor- und zusammenzu-
rufen, ohne sich als Chef davon zu fühlen. Eine solche Verbindung erin-
nert uns daran, dass wir „Kirche im Aufbruch“ sind, und mobilisiert uns
dafür: eine Kirche, die fähig ist, bequeme, sichere und manchmal privi-
legierte Positionen aufzugeben, um in den Letzten die typische Frucht-
barkeit des Reiches Gottes zu finden. Es handelt sich nicht um eine stra-
tegische Entscheidung, sondern um eine charismatische. Eine solche
Fruchtbarkeit hält sich auf der Grundlage des Kreuzes Christi, was eine
skandalöse Ungerechtigkeit für diejenigen ist, die ihre Sensibilität ge-
genüber dem Leid abgeschnitten haben oder sich mit der Ungerechtig-
keit gegenüber dem Unschuldigen abgefunden haben. „Wir dürfen kei-
ne Kirche sein, die angesichts dieser Tragödien ihrer jungen Söhne und
Töchter keinen Schmerz empfindet. Wir dürfen uns nie daran gewöhnen,
denn wer nicht in der Lage ist zu weinen, ist keine Mutter. Wir sollen
weinen, damit auch die Gesellschaft mütterlicher wird“ (Nachsynodales
Apostolisches Schreiben Christus vivit, 75).
Die „Option Valdocco“ und das Charisma der Präsenz
Es ist wichtig festzuhalten, dass wir nicht für die Sendung ausgebil-
det werden, sondern dass wir in der Sendung ausgebildet werden, um
die sich unser ganzes Leben mit seinen Entscheidungen und Prioritä-
ten dreht. Die Grundausbildung und die Weiterbildung dürfen von der
48 Heute sehen wir in vielen Regionen, dass sich die jungen Menschen als erste erhe-
ben und organisieren, um gerechte Anliegen zu fördern. Eure salesianischen Häuser,
weit davon entfernt, dieses Erwachen zu verhindern, sind gerufen, Räume zu wer-
den, die dieses christliche und staatsbürgerliche Gewissen anschieben können. Er-
innern wir uns an den diesjährigen Jahresleitgedanken des Generaloberen: „Gute
Christen und verantwortungsbewusste Staatsbürger”.
49 Ich fordere Euch auf, immer diejenigen im Blick zu behalten, die sich zwar an derglei-
chen Dingen nicht beteiligen, die wir aber nicht einfach ignorieren können, wenn wir
kein geschlossener Verein werden wollen.
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7.4 Page 64

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Botschaft von Papst Franziskus
Identität und Sensibilität des Schülers nicht abgespalten werden in ei-
ner vorausgehenden oder parallelen Sonderwelt. Die Mission unter den
Völkern (inter gentes) ist unsere beste Schule: von ihr ausgehend beten,
überlegen, studieren und ruhen wir. Wenn wir uns vom Volk isolieren
oder entfernen, dem wir doch zu dienen berufen sind, dann droht unsere
Identität als Geweihte verzerrt und entstellt zu werden.
In diesem Sinne hat eines der Hindernisse, die wir ausmachen können,
nicht so sehr mit einer äußeren Verfassung unserer Gemeinschaften zu
tun, sondern es berührt eher direkt ein Zerrbild des Amtes ..., das uns
sehr weh tut: den Klerikalismus. Es ist das persönliche Streben, Räume
besetzen, bündeln und bestimmen zu wollen und dabei die Salbung des
Volkes Gottes zu minimieren und zu annullieren. Der Klerikalismus lebt
die Berufung auf eine elitäre Art und Weise und verwechselt Wahl mit Pri-
vileg, Dienst mit Unterwürfigkeit, Einheit mit Uniformität, Verschieden-
heit mit Widersetzlichkeit, Bildung mit Indoktrination. Der Klerikalismus
ist eine Perversion, die funktionelle, paternalistische, besitzergreifende
und sogar manipulatorische Beziehungen mit den übrigen kirchlichen
Berufungen fördert.
Ein anderes Hindernis, dem wir begegnen – verbreitet und sogar ent-
schuldbar, vor allem in dieser unsicheren und brüchigen Zeit – ist die
Neigung zum Rigorismus. Er verwechselt Autorität mit Autoritarismus.
Er gibt vor, die menschlichen Vorgänge mit einer gewissenhaften, stren-
gen und sogar kleinlichen Haltung gegenüber den eigenen Grenzen und
Schwächen oder denen der anderen (besonders der anderen) zu steu-
ern und zu kontrollieren. Der Rigorist vergisst, dass das Korn und das
Unkraut gemeinsam wachsen (vgl. Mt 13,24-30) und „dass ‚nicht alle
alles können‘, und dass in diesem Leben die menschliche Hinfälligkeit
nicht vollständig und ein für alle Mal durch die Gnade geheilt wird. Wie
der heilige Augustinus lehrte, lädt Gott in manchen Fällen ein, das zu
tun, was man kann, und ‚das zu erbitten, was man nicht kann‘“ (Apo-
stolisches Schreiben Gaudete et Exsultate, 49). Der heilige Thomas von
Aquin erinnert uns mit großer Feinheit und geistlichem Scharfsinn da-
ran, dass „der Teufel viele verführt. Einige lockt er, Sünden zu begehen,
andere hingegen zu einer übermäßigen Strenge gegenüber dem Sünder,
so dass, wenn er sie nicht über ihr sündhaftes Verhalten haben kann, er
jene zur Verdammnis führt, die er schon hat. Dabei nutzt er die Stren-
ge der Kirchenmänner, die nicht mit Barmherzigkeit zurechtweisen. So
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7.5 Page 65

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Botschaft von Papst Franziskus
verirren sie sich und fallen dem Teufel ins Netz. Und das geschieht uns,
wenn wir den Sündern nicht vergeben“.50
Wer andere Menschen bei ihrem Wachsen und Reifen begleitet, muss
selber einen weiten Horizont haben, dazu fähig, Begrenzungen und Hoff-
nung zusammenzubringen, um so dabei zu helfen, immer nach vorne zu
schauen, mit einer heilbringenden Perspektive. Ein Erzieher, „der sich
nicht fürchtet, Grenzen zu setzen, und der sich gleichzeitig auf die Dyna-
mik der Hoffnung verlässt, die sich in seinem Vertrauen auf das Handeln
des Herrn bei den Prozessen ausdrückt, ist das Bild eines starken Men-
schen, der leitet, was nicht ihm, sondern seinem Herrn gehört“.51 Wir
dürfen nicht die Kraft und die Gnade des Möglichen hindern und ersti-
cken, verbirgt sich doch in dessen Verwirklichung immer ein Samen neu-
en und guten Lebens. Lernen wir mitzuarbeiten und auf die Zeiten Gottes
zu vertrauen, die immer größer und weiser sind als unsere kurzsichtigen
Maßnahmen. Er will niemand zugrunderichten, sondern alle retten.
Es ist deshalb dringend, einen Erziehungsstil zu finden, der struktu-
rell der Tatsache gerecht wird, dass Evangelisierung die vollkommene
Teilhabe mit dem vollen Bürgerrecht eines jeden Getauften beinhaltet
– mit seinen ganzen Möglichkeiten und Grenzen – und nicht nur die der
sogenannten „qualifizierten Mitarbeiter“ (vgl. Apostolisches Schreiben
Evangelii gaudium, 120). Bei dieser Beteiligung soll der Dienst, und zwar
der Dienst an den Ärmsten, das Rückgrat sein, das unseren Herrn offen-
bar macht und besser zu bezeugen hilft. Er ist „nicht gekommen, um sich
dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als
Lösegeld für viele“ (Mt 20,28). Ich ermutige Euch, dass Ihr Euch weiterhin
darum bemüht, aus Euren Häusern ein „kirchliches Labor“ zu machen,
das in der Lage ist, die verschiedenen Berufungen und Sendungen in
der Kirche zu erkennen, zu schätzen, aufzumuntern und anzuspornen.52
50 Super II Cor., cap. 2, lect. 2 (in fine). Der vom heiligen Thomas kommentierte Ab-
schnitt ist 2 Kor 2,6-7, in dem der heilige Paulus über einen, der ihn betrübt hat,
schreibt: „Deshalb sollt ihr jetzt lieber verzeihen und trösten, damit ein solcher nicht
von allzu großer Traurigkeit überwältigt wird.“
51 Jorge Maria BERGOGLIO, Meditazioni per religiosi, 105.
52 Eine kirchliche Berufung ist, bevor sie ein Zeichen der Unterscheidung oder Ergän-
zung ist, eine Einladung, eine besondere Gabe für das Wachstum der anderen anzu-
bieten.
65

7.6 Page 66

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Botschaft von Papst Franziskus
In diesem Sinne denke ich konkret an zwei Präsenzen Eurer salesia-
nischen Gemeinschaft, die hilfreiche Bausteine sein können, um den
Platz zu erörtern, den die verschiedenen Berufungen unter Euch einneh-
men; zwei Präsenzen, die ein „Gegengift“ gegen jede Neigung zu Kleri-
kalismus oder Rigorismus bilden könnten: der Salesianerbruder und die
Frauen.
Die Salesianerbrüder sind der lebendige Ausdruck der Selbstlosig-
keit, die zu wahren uns das Ordenscharisma auffordert. Eure Weihe ist
zuallererst Zeichen der selbstlosen Liebe des Herrn und der Liebe zum
Herrn in seinen jungen Menschen. Sie definiert sich nicht hauptsäch-
lich über ein Amt, eine Funktion oder einen besonderen Dienst, sondern
durch eine Präsenz. Noch bevor etwas zu tun ist, ist der Salesianer die
lebendige Erinnerung an eine Präsenz, in der Verfügbarkeit, Zuhören,
Freude und Hingabe die grundlegenden Elemente sind, um Prozesse in
Gang zu bringen. Die Selbstlosigkeit der Präsenz rettet die Kongregation
vor jeder Obsession des Aktivismus und vor jedem technisch-funktio-
nalen Reduktionismus. Der erste Ruf ist jener, inmitten der jungen Men-
schen freudig und selbstlos präsent zu sein.
Was wäre Valdocco ohne die Präsenz von Mama Margerita? Wären
Eure Häuser möglich gewesen ohne diese gläubige Frau? In einigen
Regionen und Orten „gibt es Gemeinschaften, die lange Zeit hindurch
sich gehalten und den Glauben weitergegeben haben, ohne dass dort –
manchmal jahrzehntelang – ein Priester vorbeigekommen wäre. Dies ist
der Präsenz von starken und engagierten Frauen zu verdanken, Die, ge-
wiss berufen und angetrieben vom Heiligen Geist, tauften, Katechesen
hielten, den Menschen das Beten beibrachten und missionarisch wirk-
ten. Jahrhundertelang hielten die Frauen die Kirche an diesen Orten mit
bewundernswerter Hingabe und leidenschaftlichem Glauben aufrecht“
(Nachsynodales Apostolisches Schreiben Querida Amazonia, 99). Ohne
eine reale, effektive und warmherzige Präsenz von Frauen würde Euren
Werken der Mut wie die Fähigkeit fehlen, Präsenz als Gastfreundschaft,
als Zuhause zu deklinieren. Angesichts einer Strenge, die ausgrenzt,
muss es gelernt werden, das neue Leben des Evangeliums hervorzubrin-
gen. Ich lade Euch ein, Dynamiken voranzubringen, in denen die Stimme
der Frau, ihr Blick und ihr Handeln – geschätzt in ihrer Einzigartigkeit
– ein Echo beim Treffen von Entscheidungen findet. Frauen sollen nicht
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7.7 Page 67

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Botschaft von Papst Franziskus
bloß behelfsmäßige, sondern wesentliche Akteure in Euren Präsenzen
sein.
Die „Option Valdocco“ in der Vielfalt der Sprachen
Wie in anderen Zeiten sucht der Mythos Babel sich im Namen der gesam-
ten Menschheit durchzusetzen. Ganze Systeme schaffen ein globales
digitales Kommunikationsnetz, das fähig ist, die verschiedenen Ecken
des Planeten miteinander zu verbinden. Dabei besteht die große Gefahr,
die Kulturen monolithisch zu vereinheitlichen und sie ihrer Wesenszüge
und Ressourcen zu berauben. Die weltweite Präsenz Eurer Don-Bosco-
Familie ist Anreiz und Einladung, den Reichtum vieler Kulturen, in die
Ihr eingetaucht seid, zu hüten und zu bewahren, ohne zu versuchen sie
„gleichzumachen“. Auf der anderen Seite sollt Ihr Euch darum bemühen,
dass das Christentum fähig ist, die Sprache und die Kultur der Menschen
vor Ort anzunehmen. Es ist traurig zu sehen, dass in vielen Teilen die
christliche Präsenz immer noch als eine fremde (vor allem europäische)
Präsenz erfahren wird. Das ist eine Gegebenheit, die man auch bei den
Ausbildungswegen und Lebensstilen antrifft (vgl. ebd., 90).53 Wir sollten
im Gegenteil so handeln, wie es uns diese Anekdote vorgibt: Don Bosco
antwortete auf die Frage, welche Sprache ihm zu sprechen gefiele: „Die-
jenige, die mir meine Mutter gelehrt hat: Das ist die, in der ich am leich-
testen kommunizieren kann“. Wenn wir dieser Gewissheit folgen wollen,
ist der Salesianer aufgerufen, in der Muttersprache der jeweiligen Kultur,
in der er sich befindet, zu sprechen. Die Einheit und Gemeinschaft Eurer
Familie ist in der Lage, diese ganzen Unterschiede anzunehmen und zu
akzeptieren, die den ganzen Leib durch wechselseitige Kommunikation
und Interaktion bereichern können, wo jeder das Beste von sich für das
Wohl des ganzen Leibes anbieten kann. So ist die Salesianität weit da-
von entfernt, sich in der Einförmigkeit der Töne zu verlieren. Sie wird ei-
nen schöneren und anziehenderen Ausdruck gewinnen ... Sie weiß sich
„im Dialekt“ auszudrücken (vgl. 2 Makk 7,26-27).
Gleichzeitig erfordert das Eindringen der virtuellen Realität als vorherr-
53 Vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 116: „So verfügt das Christentum,
wie wir in der Geschichte der Kirche sehen können, nicht über ein einziges kulturel-
les Modell, sondern es bewahrt voll seine eigene Identität in totaler Treue zur Ver-
kündigung des Evangeliums und zur Tradition der Kirche und trägt auch das Ange-
sicht der vielen Kulturen und Völker, in die es hineingegeben und verwurzelt wird“.
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7.8 Page 68

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Botschaft von Papst Franziskus
schende Sprache in vielen Ländern, in denen Ihr Eure Sendung ausübt,
zuallererst alle Möglichkeiten und guten Dinge, die sie hervorbringt, an-
zuerkennen, ohne die Auswirkungen zu unterschätzen oder zu ignorie-
ren, die sie besitzt, weil sie vor allem auf affektiver Ebene Bindungen
schafft. Dagegen sind auch wir als Geweihte und Erwachsene nicht im-
mun. Die weitverbreitete (und notwendige) „Bildschirmpastoral“ fordert
uns auf, das Netz intelligent zu nutzen, indem wir es als einen Raum zur
Mission54 anerkennen. Diese fordert ihrerseits, alle notwendigen Ver-
mittlungen zu setzen, um nicht Gefangene seines Kreislaufs und seiner
besonderen (dichotomischen) Logik zu bleiben. Diese Falle kann uns –
wenn auch im Namen der Sendung – in uns selbst verschließen und uns
in einer bequemen, überflüssigen und nur wenig oder gar nicht mit dem
Leben der jungen Menschen, mit den Mitbrüdern der Gemeinschaft oder
mit den apostolischen Aufgaben in Berührung kommenden Virtualität
isolieren. Das Netz ist nicht neutral und es besitzt eine große Macht da-
rin, Kultur zu schaffen. Unter dem Avatar der virtuellen Nähe können wir
blind oder losgelöst vom konkreten Leben der Menschen enden. So ver-
flacht und verarmt die missionarische Kraft. Der individualistische Rück-
zug, der sehr verbreitet ist und in dieser weithin digitalisierten Kultur
gesellschaftlich vorgeschlagen wird, verlangt eine besondere Aufmerk-
samkeit, nicht nur in Bezug auf unsere pädagogischen Modelle, sondern
auch angesichts des persönlichen und gemeinschaftlichen Gebrauchs
der Zeit, unserer Aktivitäten und unserer Güter.
Die „Option Valdocco“ und die Fähigkeit zu träumen
Eines der „literarischen Genres“ Don Boscos waren Träume. Mit ihnen
trat der Herr in sein Leben und in das Leben Eurer ganzen Kongregation
und erweiterte die Vorstellung des Möglichen. Die Träume, weit davon
entfernt, ihn schläfrig zu machen, halfen ihm, wie es auch dem heiligen
Joseph geschah, ein anderes Format und ein anderes Maß für das Leben
anzunehmen, welche aus dem Inneren der Leidenschaft für Gott entste-
hen. Es war möglich, das Evangelium konkret zu leben ... Er träumte da-
von und gab ihm im Oratorium Gestalt.
54 Heute hingegen macht das „eine Evangelisierung nötig, welche die neuen Formen,
mit Gott, mit den anderen und mit der Umgebung in Beziehung zu treten, erleuchtet
und die grundlegenden Werte wachruft. Es ist notwendig, dorthin zu gelangen, wo
die neuen Geschichten und Paradigmen entstehen“ (Apostolisches Schreiben Evan-
gelii gaudium, 74).
68

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Botschaft von Papst Franziskus
Ich möchte Euch diese Worte als „Gutenacht“ wie in jedem guten salesi-
anischen Haus am Ende des Tages anbieten und Euch einladen, Träume
zu haben, große Träume. Wisst, dass Euch das Übrige dazugegeben wird.
Träumt von offenen, fruchtbringenden und evangelisierenden Häusern,
die es dem Herrn erlauben, vielen jungen Menschen seine bedingungs-
lose Liebe zu zeigen, und die es Euch erlauben, Euch an der Schönheit
zu erfreuen, zu der Ihr berufen seid. Träumt ... Und nicht nur für Euch
und für das Wohl der Kongregation, sondern für alle jungen Menschen,
denen die Kraft, das Licht und der Trost der Freundschaft mit Jesus Chri-
stus fehlen, die ohne eine Glaubensgemeinschaft sind, die sie trägt, de-
nen der Horizont eines sinnvollen Lebens mangelt (vgl. Apostolisches
Schreiben Evangelii gaudium, 49). Träumt ... Und bringt zum Träumen!
Rom, Lateranbasilika, 4. März 2020
69

7.10 Page 70

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8.1 Page 71

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„Welche Salesianer
braucht es
für die Jugendlichen
von heute?“
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8.2 Page 72

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Erstes Kernthema:
Vorrang der salesianischen Sendung unter den
Jugendlichen von heute
Dieses erste Kernthema wurde während des 28. GK vorgestellt und im
Wesentlichen von der Kapitelversammlung beschlossen.
Während der Sommersitzung des Generalrates wurde es im Lichte der
Beobachtungen der Kommissionen des Kapitels noch durchgesehen.
ERKENNEN
1. Mit einem Blick des Glaubens
Als Mitglieder des 28. Generalkapitels sind wir überzeugt, dass Gott
durch seinen Geist im Leben aller jungen Menschen unserer Zeit ge-
genwärtig ist. Mit Hilfe einer geistlichen Unterscheidung haben wir
zuallererst versucht, sein Handeln zu erkennen und dabei in den
Rhythmus einer „doppelten Fügsamkeit: Fügsamkeit gegenüber den
jungen Menschen und ihren Bedürfnissen und Fügsamkeit gegen-
über dem Heiligen Geist und all dem, was Er verwandeln will“ (aus
der Botschaft von Papst Franziskus an das 28. GK), einzutreten.
Von Anfang an hat uns dies gedrängt, einen positiven, von Demut,
Sympathie, Mut, Intelligenz, Glauben und Hoffnung geprägten Blick
zu haben in der Gewissheit, dass genau dieser Blick „der Blick
Gottes des Vaters [ist], der in der Lage ist, die Samen des Guten,
die in die Herzen der jungen Menschen gesät wurden, zur Geltung
zu bringen und zu nähren“, die deshalb von uns als „heilige Erde“
betrachtet werden müssen (vgl. Christus vivit, Nr. 67).
Wir sind gerufen, Freunde, Väter und Seelsorger der jungen Men-
schen zu sein, und wünschen uns deshalb, uns diesen göttlichen
Blick zu eigen zu machen, in dem Bewusstsein, dass wir so den Spu-
ren unseres geliebten Vaters Don Bosco folgen, der genau hier in
Valdocco unter der Führung Marias, der Helferin der Christen, sein
Werk verwirklichte.
2. Im Hören auf den Aufschrei der jungen Menschen
Wer sind die jungen Menschen von heute? Wie sind ihre Bedin-
gungen? Was suchen sie? Was erwarten sie von uns? Um auf diese
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8.3 Page 73

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Fragen zu antworten, haben wir zuallererst zugehört.
Wir hatten das Geschenk, dass unter uns einige junge Menschen aus
der ganzen Welt waren, die die vielen jungen Menschen vertreten
haben, die bei unseren Provinzkapiteln während der Vorbereitung
zum 28. GK anwesend waren. Wir haben ihre Stimme aufmerksam
und bewegt gehört. Sie haben uns ihre spirituelle Unruhe mitgeteilt
und ihren Hunger nach Gott, ihre Sehnsucht, Protagonisten und
Schöpfer einer besseren Welt zu sein, ihre Mühe zu glauben und an-
gesichts der Logiken unserer Zeit gegen den Strom zu schwimmen.
Sie haben uns gebeten, weniger „Verwalter“ und mehr „Seelsorger“
zu sein, uns mitten unter ihnen aufzuhalten und Zeit zu haben, um
sie zu begleiten.
In den vielen Augenblicken der gemeinsamen Arbeit sind wir uns
auch der in vielen Facetten auftretenden Armut der jungen Men-
schen bewusst geworden, was uns ähnlich entsetzt zurückgelassen
hat, wie es Don Bosco bei seinem ersten Besuch im Gefängnis von
Turin war. Der Schrei so vieler junger Menschen berührt auch heute
unser Herz: wirtschaftliche, soziale und kulturelle Armut; Armut an
echten Beziehungen und familiärer Beheimatung; moralische und
spirituelle Armut. In vielen Kontexten benachteiligen Arbeitslosig-
keit und fehlende Ausbildungschancen große Gruppen der jungen
Menschen.
Auf vielerlei Art und Weise haben sich die jungen Menschen für uns
als Propheten erwiesen: Durch ihre Gegenwart hat uns der Herr an-
dauernd seine Erwartungen und seine Appelle für eine Erneuerung
unserer Sendung zur Kenntnis gebracht. So wie Don Bosco „seine
Sendung nicht vor einem Spiegel, sondern in dem Schmerz, junge
Menschen zu sehen, die keine Zukunft hatten, [entdeckte, wird auch]
der Salesianer des 21. Jahrhunderts seine eigene Identität nicht ent-
decken, wenn er nicht fähig ist, mitzuleiden mit den ‚Scharen von Ju-
gendlichen [...], alle gesund, robust und mit wachem Verstand; [aber
gepeinigt im Gefängnis und] nach geistlicher und zeitlicher Nahrung
darbend [...]. Die Schande ihrer Heimat, die Unehre ihrer Familien
[...] waren in diesen Unglücklichen geradezu personifiziert‘. Und wir
könnten hinzufügen: die Schande unserer Kirche selbst“ (aus der
Botschaft von Papst Franziskus an das 28. GK).
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8.4 Page 74

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
3. Innerhalb eines Epochenwandels
Wir erleben gerade einen Epochenwandel: Heute gilt mehr als je
zuvor, dass niemand „mit Sicherheit und Präzision sagen [kann]
(wenn es jemals möglich war), was in naher Zukunft auf sozialer,
wirtschaftlicher, erzieherischer und kultureller Ebene passieren
wird“ (aus der Botschaft von Papst Franziskus an das 28. GK). Es ist
deswegen offensichtlich, dass wir unsere Sendung nicht mehr in der
Form des „Das wurde schon immer so getan“ denken können. Diese
Situation verunsichert uns einerseits, fordert uns aber andererseits
auf, uns demütig und mutig ins Spiel zu bringen. Sie verlangt von
uns, jene jugendliche Dynamik zurückzugewinnen, die in Don Bosco
so lebendig war. Wir sind mehr als je zuvor von dem überzeugt, was
uns Papst Franziskus gerade hier in Valdocco in der Mariahilfbasi-
lika am 21. Juni 2015 gesagt hat: „Euer Charisma ist hochaktuell.
Betrachtet die Straßen, schaut die Kinder an und trefft risikofreudig
Entscheidungen. Habt keine Angst. Handelt, wie er gehandelt hat“.
Neben einigen fortwährenden Herausforderungen, die uns weiter-
hin angehen, bietet unsere Zeit einige Neuheiten, mit denen wir un-
ausweichlich konfrontiert werden. Die digitale Revolution verlangt
von uns, die tiefgehenden Veränderungen zu verstehen, die im Be-
reich der Kommunikation vor sich gehen und vor allem unsere Art
und Weise betreffen, menschliche Beziehungen einzugehen und zu
gestalten. Der Bereich der Affektivität mit der Gender-Problematik
und all den Fragen zur sexuellen Identität fordert unsere Auffassung
vom Menschen heraus. Die Stellung der Frau und ihre Rolle in Ge-
sellschaft und Kirche verlangen von uns eine aufmerksamere und
vertiefte Reflexion. Die Sensibilität für die Umwelt, die unter der
jungen Generation stark zunimmt, verlangt von uns, durch klare
und konsequente Entscheidungen in diesem Bereich prophetisch
zu sein. Der Kontakt mit jungen Migranten, Flüchtlingen und vielen
weiteren jungen Menschen, die ihrer Grundrechte beraubt sind, wird
für uns zu einem dringenden Handlungsappell. Schließlich ist die
schmerzliche Erfahrung des Missbrauchs, die auch unsere Kongre-
gation betrifft, ein starker Aufruf zur Umkehr.
74

8.5 Page 75

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
4. Die Weitergabe des Glaubens
Die gewöhnlichen Abläufe der Glaubensweitergabe sind aktuell
einem schnellen Wandel unterworfen. Hierbei finden sich große
Unterschiede: Während das Glaubensleben in einigen Kontexten
keinerlei Problem darstellt und die jungen Menschen ihre Zugehö-
rigkeit zur Kirche ganz natürlich leben, ist der christliche Glaube in
anderen, stärker säkularisierten Umgebungen zu einer Frage gewor-
den, die keine persönliche oder gesellschaftliche Relevanz mehr
hat. In einigen Gegenden, in denen wir präsent sind, gibt es Funda-
mentalismus, Diskriminierung und sogar Verfolgung; in andern kön-
nen wir das Evangelium ungehindert anbieten. Wir arbeiten auch in
vielen multireligiösen Kontexten, in denen die Mehrheit der jungen
Menschen, die unsere Werke besuchen, anderen Religionen oder
anderen christlichen Konfessionen angehört.
Angesichts der globalen Krise der Autorität, Tradition und Überliefe-
rung sind wir alle herausgefordert, was den Stil, die Inhalte und die
Art und Weise betrifft, mit der wir Jesus Christus verkünden, weil wir
uns alle berufen fühlen, „Missionare der jungen Menschen“ zu sein.
Wir sind von der Notwendigkeit, ihre Herzen zu erreichen, überzeugt
und spüren die Dringlichkeit, die ursprüngliche Botschaft mit mehr
Überzeugung erneut anzubieten. Es gibt nämlich „nichts Solideres,
nichts Tieferes, nichts Sichereres, nichts Dichteres und nichts Wei-
seres als diese Verkündigung“ (Christus vivit, Nr. 214).
5. Der Wunsch, gemeinsam unterwegs zu sein
Die jungen Menschen sind Träger des lebendigen Feuers des sale-
sianischen Charismas und helfen uns dabei, die uns anvertraute
Sendung kennenzulernen, zu vertiefen und besser anzunehmen.
Von Beginn an wurden sie, „[w]eit davon entfernt, passiv Handeln-
de oder Zuschauer des Sendungswerkes zu sein, [...] ausgehend
von ihrer eigenen Situation – in vielen Fällen „ungebildete Ordens-
männer“ und „soziale Analphabeten“ – die Hauptdarsteller des ge-
samten Gründungsprozesses. Die Salesianität entstand genau aus
diesem Aufeinandertreffen und vermochte Prophetie und Visionen
hervorzurufen“, in der Überzeugung, dass jedes „Charisma [...] der
Erneuerung und Evangelisierung [bedarf]. In Eurem Fall geschieht
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8.6 Page 76

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
das vor allem durch die ärmeren jungen Menschen“ (aus der Bot-
schaft von Papst Franziskus an das 28. GK).
Wir sehen es deshalb als unsere Aufgabe an, die jungen Menschen
einzubinden, und halten es für ihr Recht, in die Erziehungs- und Pa-
storalgemeinschaft eingebunden zu sein, die zuallererst eine Fami-
lie ist, in der ein freundschaftliches Klima des Zuhörens, Respekts
und der Zusammenarbeit geteilt wird. Wir anerkennen, dass viele
von ihnen „sich in einer tiefen Situation der Verwaisung [befinden].
[...] Wir müssen darauf Antwort geben, indem wir geschwisterliche
und attraktive Räume schaffen, wo man ein sinnerfülltes Leben füh-
ren kann“ (Christus vivit, Nr. 216). Gerade hier haben uns die letzten
Synoden dabei geholfen, die familiäre Natur der Kirche wiederzuent-
decken, sodass letztere als „Familie aus Familien, die durch das Le-
ben aller Hauskirchen ständig bereichert wird“ (Amoris laetitia, Nr.
87), gedacht werden kann.
Wir sind uns schließlich auch dessen bewusst, dass es uns oft nicht
gelingt, diese echte und wahre „Sehnsucht nach Gemeinschaft“ der
jungen Menschen und der Familien aufzufangen: Sie fordern von
uns Zeit und wir geben ihnen Raum; sie fordern von uns Beziehung
und wir bieten ihnen Dienstleistungen; sie fordern von uns geschwi-
sterliches Leben und wir bieten ihnen Strukturen; sie fordern von
uns Freundschaft und wir organisieren für sie Aktivitäten. All das
verpflichtet uns, die reichen Möglichkeiten des „Familiengeistes“
neu zu entdecken.
DEUTEN
6. Von Don Bosco begleitet
Bei der Interpretation des bisher Erkannten wollen wir uns von
einem der bedeutsamsten Abschnitte des „Rombriefs“ von 1884
leiten lassen. Don Bosco sieht, dass im Oratorium von Valdocco
eine physische wie psychische Schranke zwischen den Salesianern
und den jungen Menschen entstanden ist, die am erzieherischen
Handeln hindert und das Charisma verrät. Im Gespräch mit einem
der Jugendlichen aus dem Traum versucht er die Situation zu ver-
stehen, um eine Lösung zu finden: „Was ist aber zu tun, um diese
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8.7 Page 77

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Schranke zu beseitigen?” Die Antwort, die er bekommt, ist auch für
uns erleuchtend: „Familiarität den Jugendlichen gegenüber, beson-
ders in der Freizeit. Ohne Familiarität lässt sich Liebe nicht zeigen,
und ohne das Zeigen der Liebe gibt es kein Vertrauen. Wer geliebt
werden will, muss zu erkennen geben, dass er selbst liebt. Jesus
Christus machte sich klein mit den Kleinen und trug unsere Leiden.
Seht den Lehrer der Familiarität!“55
Dieser Text hebt die drei Hauptpunkte der Interpretation dieses Kern-
themas hervor: den jungen Menschen an den Orten entgegenzuge-
hen, an denen sie sich befinden und spontan ausdrücken; Nähe, die
Vertrauen schafft und Begleitung möglich macht; der emotionale
Ton der erzieherischen Beziehung, den Don Bosco mit einem Begriff
belegt, der aus der familiären Erfahrung kommt. In dieser Glaubens-
perspektive wollen wir die Gründe für das, was wir leben, suchen,
mit ihrem Licht und Schatten; die Herausforderungen, die auf uns
warten, hervorholen und die Kriterien identifizieren, um diese anzu-
gehen.
Gemeinschaft im Aufbruch zu den ärmeren Jugendlichen
7. Zwei Seiten eines einzigen Problems
Zu oft verwehrt die Armut Kindern und Jugendlichen die Gelegen-
heit, unbeschwert aufzuwachsen, eine angemessene Bildung zu
erhalten und über die eigene Zukunft zu entscheiden. Nicht selten
entfernt Armut auch von der christlichen Gemeinschaft und von der
Gelegenheit, der Freude des Evangeliums zu begegnen, die sich ge-
rade an die Letzten richtet: „Der Geist des Herrn ruht auf mir [...]. Er
hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe“
(Lk 4,18). Die Armut wird so heute zu einer ausschließenden Schran-
ke, die überwunden werden muss.
Das prophetische Lehramt von Papst Franziskus hilft der Kirche da-
bei, sich immer mehr bewusst zu werden, dass die Distanz zu den
Armen das Evangelium verrät und zahlreiche „Krankheiten“ in der
55 Don Giovanni Bosco, Brief vom 10. Mai 1884 aus Rom an die salesianische Gemein-
schaft des Oratoriums von Turin-Valdocco, in: Reinhard Gesing: „Mit der Liebe“. Der
„Rombrief“ Don Boscos und seine Bedeutung für die Pädagogik und Jugendpastoral
heute, München 2009, S. 22.
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8.8 Page 78

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
christlichen Gemeinschaft hervorbringt. Auch wir verspüren das
Bedürfnis, die Zeit, in der wir leben, tiefgehend zu interpretieren,
bis wir erkennen, dass die sozialen Phänomene und die spirituellen
Herausforderungen, die Appelle der jungen Menschen und die Re-
gungen des Heiligen Geistes eng verbunden sind, ohne irgendeine
Möglichkeit der Trennung. Das war die Erfahrung Don Boscos, die
ihn befähigt hat, auf die dringendsten Bedürfnisse seiner Jungen zu
antworten und sie die Zärtlichkeit Gottes, die das Herz wärmt und
Hoffnung einpflanzt, spüren zu lassen. Wo das auch heute mit groß-
herzigem Einsatz und kreativer Pastoral geschieht, sehen wir das
Charisma wahrhaftig erblühen. Wo hingegen die Gemeinschaften
die „Familiarität“ mit den Armen verlieren, wird das Ordensleben
schwach und riskiert zu Salz zu werden, das seinen Geschmack ver-
liert, oder zu einer Leuchte, die unter den Scheffel gestellt ist (vgl.
Mt 5,13.15).
8. Gottgeweihte für die ärmsten jungen Menschen
Der Aufbruch zu den armen jungen Menschen, und zwar als Gemein-
schaft der Gläubigen, ist sicher eine immer neue Herausforderung,
aber auch eine Perspektive, die uns mit Enthusiasmus erfüllt. Wie
unser Vater Don Bosco, so haben auch wir am Tag unseres Ordens-
gelübdes Gott versprochen: „Ich schenke mich Dir in voller Freiheit
ganz und gar. Ich verpflichte mich, alle meine Kräfte für jene einzu-
setzen, zu denen Du mich senden wirst, besonders für die ärmere
Jugend“ (K 24).
Das verlangt von uns vor allem die Fähigkeit der gemeinschaftlichen
Unterscheidung: Es geht nicht darum, einem einzelnen Mitbruder
die Umsetzung neuer Projekte anzuvertrauen, sondern gemein-
sam den Appell zu hören, den Gott an uns durch die Jugendarmut
richtet. Es erfordert dann eine spirituelle Tiefe, um nicht in blanken
Aktionismus oder in eine reine Unternehmermentalität zu verfallen;
kulturelle Vorbereitung, um die Phänomene, in die wir eingetaucht
sind, und die neuen Ausprägungen der Jugendarmut zu verstehen;
Bereitschaft zu Zusammenarbeit und das Aufgeben eines pasto-
ralen Individualismus; Flexibilität beim Überdenken unseres Le-
bensstils und unserer Werke, vor allem, wenn diese nicht mehr die
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8.9 Page 79

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
missionarische Energie des Charismas verbreiten und in ihrer Logik
überwiegend auf Erhaltung ausgerichtet sind.
Begleitung der jungen Menschen aus Berufungssicht
9. Eine reiche Tradition
„Ohne Familiarität lässt sich Liebe nicht zeigen, und ohne das Zei-
gen der Liebe gibt es kein Vertrauen”. Diese Worte Don Boscos sind
ausreichend, damit wir den Wert verstehen, den es für ihn hatte, das
Herz eines Jungen zu erreichen und diesem so zu erlauben, sich ver-
trauensvoll zu öffnen und ehrlich zu vertrauen. Don Bosco benutzte
noch nicht das Wort „Begleitung“, aber sein ganzes Handeln zielte
darauf ab. Sein erzieherisches Engagement, das reich an Angebo-
ten und aufmerksam gegenüber den verschiedenen Dimensionen
des Wachstums war, war darauf gerichtet, die jungen Menschen auf
einfache und konkrete Weise zur Heiligkeit zu begleiten. Wenn diese
Dimension des Präventivsystems vernachlässigt wird, bedeutet das
eine Verfälschung.
Während die ganze Kirche bei der Jugendsynode den Wert der Be-
gleitung für die geistliche Unterscheidung wiederentdeckt hat, sind
auch wir eingeladen, die Reichtümer unserer Tradition zu diesem
Thema neu zu interpretieren. Diese überliefert uns drei Ebenen der
Begleitung, die eng untereinander verbunden sind: die Betreuung
des Umfeldes, die Begleitung einer Gruppe und schließlich die einer
Einzelperson. Die erste Form verwirklicht sich durch das Angebot
eines gastfreundlichen, fröhlichen Klimas, das reich an differen-
zierten Angeboten ist und fähig, Wachstumsprozesse anzustoßen.
Die zweite unterstützt ein größeres Engagement für die persönliche
Reifung und den Glaubensweg, schätzt die Haltungen eines jeden,
fördert die Spiritualität der salesianischen Jugendbewegung und
die Zugehörigkeit zu dieser. Die dritte führt den jungen Menschen
dahin, den Sinn des eigenen Lebens vor Gott tiefergehend zu un-
terscheiden. In diesem Sinn hat die Jugendsynode von einer Beglei-
tung „aus Berufungssicht“ gesprochen (Abschlussdokument der Sy-
node, Nr. 138-143; Christus vivit, Kap. VIII), die dabei helfen soll, das
Leben nicht als ein Projekt der individuellen Selbstverwirklichung
zu denken, sondern als einen Weg, um den göttlichen Ruf zu entde-
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8.10 Page 80

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
cken und auf diesen zu antworten. Der Ausdruck von Papst Franzis-
kus „ich bin eine Sendung“ (Christus vivit, Nr. 254) verweist klar auf
das Ziel, das die Begleitung vor sich hat: jedem dabei zu helfen, die
eigene Einzigartigkeit als Gabe für die anderen zu entdecken.
10. Subjekte und Ziel der Begleitung
Weil die Begleitung aus der Familiarität im Alltag entsteht, bezieht
sie eine Vielfalt an Subjekten mit ein und ist nicht ausschließlich
die Aufgabe einer Person. Die gesamte Erziehungs- und Pastoralge-
meinschaft ist hier einbezogen, auch wenn nicht alle dieselbe Eig-
nung und Vorbereitung haben, um die persönliche Unterscheidung
zu leiten. Auf jeden Fall ist der Protagonist jeder Begleitung der Hei-
lige Geist des Herrn, der uns mit Gaben und Charisma erfüllt; wir
sind nur einfache Diener und Vermittler des Werkes Gottes.
Es ist sehr wichtig hervorzuheben, dass eine gute Begleitung den
jungen Menschen nicht in eine passive oder subalterne Position
bringt, sondern dass sie im Gegenteil seine aktive Beteiligung am
Leben der Gemeinschaft und die Mitverantwortung im Dienst für
die Ärmsten fördert. Es handelt sich also um eine Begleitung durch
Einbeziehen, durch aktive und verantwortliche Präsenz in der Ge-
sellschaft und in der Kirche. Die Hauptrolle der jungen Menschen
bei der Gründung unserer Kongregation und das aktive Engagement
der Gruppierungen im Oratorium von Valdocco haben uns in diesem
Sinne noch vieles zu sagen.
In der Gewissheit, dass derjenige, der „andere Menschen bei ihrem
Wachsen und Reifen begleitet, […] selber einen weiten Horizont ha-
ben [muss], dazu fähig, Begrenzungen und Hoffnung zusammen-
zubringen, um so dabei zu helfen, immer nach vorne zu schauen,
mit einer heilbringenden Perspektive“ (aus der Botschaft von Papst
Franziskus an das 28. GK), sind wir gerufen, einen erneuten Einsatz
für die Begleitung zu fördern. Dies verlangt zuallererst, sich stär-
ker um die Vorbereitung der Mitbrüder und Laien in diesem heiklen
Bereich zu sorgen. Auch müssen wir selbst die Erfahrung, begleitet
zu sein, leben. Die Perspektive einer aktiven Einbeziehung der jun-
gen Menschen setzt dann ein größeres Vertrauen in ihre Ressourcen
voraus: Wir dürfen keine Angst haben vor ihrer gesunden Unruhe,
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9 Pages 81-90

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9.1 Page 81

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
ihren Fragen und ihrer Sensibilität für neue Themen, die wir nicht
immer anzugehen bereit sind. Lernen wir also jeden Tag, einfühlsam
zuzuhören und ihnen unsere Hilfe demütig anzubieten. Die echte
Autorität eines Erziehers besteht nicht in der Macht zu lenken, son-
dern in der Kraft, die Freiheit zu fördern: Das ist die Vaterschaft Don
Boscos.
Wegbegleitung für Familien und affektive Erziehung
11. In der Nähe der Familien
Wir sind uns bewusst, dass die Familie die Schule der Liebe ist, in
der wir die Grammatik der Gefühle lernen, durch die sich Gott er-
kennen und vernehmen lässt. Die letzten Familiensynoden und das
nachsynodale apostolische Schreiben Amoris Laetitia haben viele
pastorale Hinweise zur Begleitung der Familien und zur affektiven
Erziehung gegeben, die auch wir annehmen und uns zu eigen ma-
chen sollten.
Für uns Salesianer entspringt das Interesse für die Familie spon-
tan aus der Herzmitte unseres erzieherischen Charismas. Wir wis-
sen, wieviel Don Bosco von Mama Margareta gelernt hat, sodass
er sie bei sich in Valdocco haben wollte, als kostbare Präsenz, um
aus dem Oratorium ein wahres „Zuhause“ zu machen. Andererseits
ist der junge Johannes Bosco nicht in einer perfekten Familie auf-
gewachsen: Er hat das Leid, väterlicherseits Waise zu sein, selbst
erlebt, das Unverständnis seines Bruders Antonio, die Demütigung
durch die Armut, die Notwendigkeit, auf der Suche nach Arbeit von
Zuhause wegzugehen. All das hat in ihm zur Reifung eines väter-
lichen Herzens, das reich an Mitleid und Annahme ist, beigetragen.
Auch wir fühlen den Bedarf nach einer großen Nähe zu den Familien,
wir nehmen sie mit ihren Mühen an, aber vor allem fördern wir ihre
Reichtümer. In unseren Werken begegnen wir nämlich sehr vielen
Familien in ganz verschiedenen Situationen: Einige wenden sich
wegen unserer Erziehungsangebote an uns, andere teilen die reli-
giöse Entscheidung und charismatische Inspiration, wieder andere
stehen in den ersten Ehejahren und bitten um Begleitung. Nicht sel-
ten handelt es sich um Situationen von Armut und Entbehrung oder
sind Kinder verwaist oder wachsen in Patchwork-Familien auf. Dann
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9.2 Page 82

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
gibt es junge Menschen, die mit uns groß geworden sind und uns
bitten, sie auf dem Weg zur Ehe zu begleiten. Daneben finden sich in
unserem Umfeld auch Menschen, die in neuen Beziehungskonstel-
lationen leben.
Diese Komplexität stellt zweifelsohne eine Herausforderung dar
und erfordert eine angemessene Vorbereitung. Die Gegenwart vieler
Familien aus den Gruppen der Don-Bosco-Familie und weiterer, die
mit uns zusammenarbeiten, stellt auf jeden Fall eine große Ressour-
ce dar, vor allem wenn wir in der Lage sind, auf ihre Erfahrungen zu
hören und ihr Zeugnis wertzuschätzen.
12. Jugendpastoral, Familie und affektive Erziehung
Das wesentliche Kriterium für unsere Arbeit mit den Familien findet
sich in der erzieherischen Natur unserer Sendung. Wir wollen keine
parallel zur Jugendpastoral stattfindende Familienpastoral, sondern
es geht eher darum, die Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft als
den Ort und die Form unseres Wegs mit den Familien herauszustel-
len.
Aus diesem Kriterium leitet sich auch der Anspruch ab, die Heraus-
forderung einer ganzheitlichen sexuellen Erziehung der jungen Men-
schen mutiger anzunehmen. Das ist eine Forderung, die schon das
Konzil an die Erziehungsinstitutionen der Kirche gerichtet hatte (vgl.
Gravissimum educationis, Nr. 1) und der wir noch zu wenig nachge-
kommen sind. Es geht nicht einfach darum, Informationen zu geben,
sondern auf einem Weg der Selbsterkenntnis und der Entdeckung
der Berufung zur Liebe zu begleiten. Wir kennen die Bedeutung, die
Don Bosco der Reinheit beim Wachstum der Jungen beimaß, und
das Feingefühl, mit dem er davon sprach. In einem Umfeld, in dem
Sexualität nicht selten banalisiert wird, sind wir gerufen, eine frohe,
positive und ausgewogene Sicht des emotional besetzten Themas
zu vermitteln, über die Körpersprache aufzuklären und über den
Sinn der gegenseitigen Beziehung von Mann und Frau – im Einklang
mit dem Wort Gottes. Die Sorge um ein konstruktives und „präven-
tives“ Umfeld, eine Animation, die die jungen Menschen in all ihren
Dimensionen einzubinden weiß (Theater, Sport, Kunst, Spiel, Musik
...), eine persönliche Begleitung, die sich um die tiefe Dynamik eines
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9.3 Page 83

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Menschen sorgt, das sind die Mittel, die uns unsere Tradition be-
reitstellt. Wir sind gerufen, über diese unter den Bedingungen von
heute neu nachzudenken.
WÄHLEN
13. Gemeinschaft im Aufbruch zu den armen jungen Menschen
Brechen wir zu den armen jungen Menschen auf, indem wir eine
Pastoral der Bewahrung überwinden und die Dynamik unserer Ge-
meinschaften erneuern.
Haltungen und Mentalitäten, die des Umdenkens bedürfen
a) Von einer Pastoral der Bewahrung zu einer missionarischen Pa-
storal, die sich an den Bedürfnissen der jungen Menschen aus-
richtet.
b) Von einer elitären und exklusiven Pastoral zu einer populären
und inklusiven Pastoral.
c) Von einer Gemeinschaft, die sich in ihre Komfortzone zurückge-
zogen hat, zu einem Zeugnis sichtbarer Brüderlichkeit im Teilen
mit den armen jungen Menschen.
Zu aktivierende Prozesse
d) Die Sektoren für die Jugendpastoral und die Missionen fördern
einen Unternehmungsgeist, dessen Spezifikum die Aufmerksam-
keit und Annahme der unterschiedlichen Armut der jungen Men-
schen ist.
e) Bei der Neuordnung der Niederlassungen sehen die Provinzen
Gemeinschaften vor, die mit den Salesianern Kinder und Jugend-
liche in Schwierigkeiten (Migranten, Flüchtlinge, Straßenkinder
usw.) aufnehmen können, um ihnen die Gelegenheit zum Studi-
um, zu Berufsausbildung und zur Eingliederung in die Arbeitswelt
zu bieten.
f) Alle Ebenen der Kongregation sind wachsam, damit die Bedin-
gungen für die Förderung und Verteidigung der Rechte der jungen
Menschen, vor allem der Schutz von Minderjährigen und verletz-
lichen Erwachsenen garantiert sind.
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9.4 Page 84

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Zu garantierende strukturelle Bedingungen
g) Auf zentraler Ebene soll sich ein Koordinierungsnetzwerk mit
anderen Orden sowie nationalen und internationalen Organisati-
onen zum Dienst an den ärmsten jungen Menschen entwickeln.
h) Es soll auf Ebene der Provinz und der Hausgemeinschaften ein
Verhaltenskodex erarbeitet werden, der es erlaubt, real und ge-
wiss Kontakte mit den jungen Menschen, vor allem mit den armen
zu haben.
i) Die Gemeinschaften sollen besondere Momente und dauerhafte
Bedingungen für die Aufnahme junger Menschen haben: Sie
sollen Zeiten, Strukturen, Umgebung und Beziehungsstile über-
prüfen, um auf authentische Art und Weise eine offene und gast-
freundliche Gemeinschaft zu sein.
14. Begleitung der jungen Menschen aus Berufungssicht
Wir fördern ein erneutes Engagement für die Begleitung in der
Perspektive der Berufung, indem wir eine angemessene Ausbil-
dung von Salesianern und Laien in diesem Bereich pflegen.
Haltungen und Mentalitäten, die des Umdenkens bedürfen
a) Von einer Pastoral der Initiativen und Aktivitäten zu einer Auf-
merksamkeit für den persönlichen Wachstumsweg.
b) Von der Zerstückelung der Pastoral in viele Bereiche zu ihrer Inte-
gration in der Perspektive der Berufung.
c) Von einer Geisteshaltung der pastoralen Selbstgenügsamkeit zur
Einbeziehung der jungen Menschen entsprechend ihrer Reife.
Zu aktivierende Prozesse
d) Die Sektoren der Jugendpastoral und der Aus- und Fortbildung
bieten Qualifizierungsmaßnahmen zur Begleitung für Salesianer
und Laien an.
e) Der Sektor der Jugendpastoral animiert, unterstützt und orien-
tiert das Engagement der Provinzen zum Thema Berufung.
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9.5 Page 85

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
f) Jede Provinz soll den jungen Menschen eine Zeit anbieten, „die
für die Reifung des christlichen Erwachsenenlebens bestimmt
ist“. Wenn sie in unseren Häusern leben, sollen sie bei einem be-
stimmten Projekt das brüderliche Leben, das Apostolat und die
Spiritualität teilen können (vgl. Abschlussdokument der Jugend-
synode, Nr. 161).
Zu garantierende strukturelle Bedingungen
g) Der Generalobere mit seinem Rat wägt die Ratsamkeit der Einrich-
tung einer zentralen Koordinierung für die Berufungsanimation
ab.
h) Die Regionen kümmern sich um die Entwicklung und die Errich-
tung von regionalen Ausbildungszentren für Salesianer und Laien
für die Begleitung.
i) Die Provinzen fördern die Eingliederung von jungen Menschen
in das Team der Jugendpastoral, in die Beratungen auf Provinze-
bene und in andere Strukturen der pastoralen Animation.
15. Wegbegleitung für Familien und affektive Erziehung
Wir stärken den Weg mit den Familien in der Erziehungs- und Pa-
storalgemeinschaft und bieten Wege zur Pflege der affektiven Er-
ziehung an.
Haltungen und Mentalitäten, die des Umdenkens bedürfen
a) Von einer Familie, die nur Empfänger der Familienpastoral ist, zu
einem aktiven Subjekt der Sendung, das in die Erziehungs- und
Pastoralgemeinschaft einbezogen wird.
b) Von einer rigiden, simplifizierenden Geisteshaltung zur Annah-
me und Begleitung der gelebten Familienrealität in Achtung ihrer
Komplexität.
c) Von der Betrachtung unserer Affektivität als einer immerwäh-
renden Errungenschaft hin zu einer salesianischen Aus- und Fort-
bildung, die sie als Weg des Wachstums und der Reifung des Her-
zens versteht.
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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Zu aktivierende Prozesse
d) Die Sektoren der Jugendpastoral und der Aus- und Fortbildung,
überprüfen die Erfahrung und den Beitrag der Familien und geben
Hinweise, um angemessene Angebote zur affektiven und sexuel-
len Erziehung zu erarbeiten, und kümmern sich um die Aus- und
Fortbildung der Salesianer und Laien in diesem Bereich.
e) Die Provinzen fördern Familiengruppen, die von der salesia-
nischen Spiritualität inspiriert werden, unterstützen ihre heraus-
ragende apostolische Rolle und beziehen sie aktiv in die Erzie-
hungs- und Pastoralgemeinschaft ein.
f) Die Provinzen überprüfen die schon bei dem internationalen Kon-
gress „Jugendpastoral und Familie“ (Madrid, 2017) begonnene
Reflexion und erarbeiten Instrumente und Prozesse, um die Fami-
lien bei ihrer Erziehungsaufgabe zu unterstützen.
Zu garantierende strukturelle Bedingungen
g) Die Provinzen investieren in die Aus- und Fortbildung von Perso-
nal für die Begleitung der Familien und für die affektive Erziehung.
h) Die Provinzen fördern die Eingliederung einiger Familien in den
Rat der Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft und fördern regel-
mäßige Momente der Gemeinschaft und Bildung.
i) Die Provinzen fördern das apostolische Engagement der Laien-
gruppen der Don-Bosco-Familie im Dienst der Familie.
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9.7 Page 87

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Zweites Kernthema:
Das Profil des Salesianers heute
Dieses zweite Kernthema wurde während des 28. GK in einer ersten
Fassung erarbeitet, es konnte jedoch der Kapitelversammlung nicht
mehr vorgestellt werden.
Während der Sitzung des Generalrates im Sommer 2020 wurde es
vervollständigt.
ERKENNEN
16. Berufung und Bildung:
Die Kraft des Charismas ruft uns auf den Plan
Im Traum, den Johannes Bosco mit neun Jahren hatte, zeigte ihm die
Jungfrau Maria zuerst sein Arbeitsfeld und forderte ihn dann auf,
„demütig, stark und tapfer“ zu werden. Mit diesen Worten schlägt
sie ihm einen herausfordernden Bildungsweg vor, der eng mit der
erhaltenen Berufung und der anvertrauten Sendung verbunden ist.
Auch wir erkennen an, dass die Aus- und Fortbildung ein kostbares
Geschenk des Herrn ist und eine unabdingbare Forderung des Beru-
fungsweges. Eine solche Bildung berührt alle Dimensionen unserer
apostolischen Weihe: Deswegen hat das 27. Generalkapitel das Pro-
fil des Salesianers konsequent als Mystiker im Geiste, Prophet der
Brüderlichkeit und Diener der Jugend gezeichnet.
Die Statistiken der Kongregation zeigen uns, dass wir im letzten
Jahrzehnt im jährlichen Mittel ungefähr 2.600 junge Männer in der
Ordensausbildung hatten. Dies erfüllt uns mit Freude und Hoffnung,
weil es zeigt, dass unser Charisma weiterhin fruchtbar ist. Gleich-
zeitig fordert uns diese Zahl heraus und legt uns die Verantwortung
auf, die Qualität unserer Grundausbildung und unserer Fortbildung
zu überprüfen.
Wir stellen in der Tat fest, dass manchmal die salesianische Or-
densidentität schwach und wenig verwurzelt erscheint: Das Primat
Gottes ragt im persönlichen und gemeinschaftlichen Leben nicht
immer klar heraus; aufgrund von Formen von Klerikalismus und Sä-
kularismus besteht die Gefahr, dass ein „Geist der Verweltlichung“
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9.8 Page 88

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
in die Kongregation Eingang findet; die Förderung des Salesianer-
bruders bleibt in einigen Regionen dürftig; der Mangel an Personal,
das im Bereich der Salesianität ausgebildet ist, zeigt trotz der zahl-
reich zur Verfügung stehenden Materialien, dass der Vertiefung des
Charismas nur unzureichend Aufmerksamkeit geschenkt wird.
17. Bildung und Sendung: eine Kluft, derer wir uns bewusst
werden müssen
Bei den Überlegungen des Kapitels über das Profil des Salesianers
heute ist eine Sorge ganz klar zum Vorschein gekommen: das Aus-
einanderdriften des Bildungswegs in seinen verschiedenen Phasen
und der Wirklichkeit der gewöhnlichen erzieherischen und pasto-
ralen Sendung. Manche sprechen von einer Kluft zwischen Bildung
und Sendung, andere von einer Trennung der Grundausbildung von
dem lebenslangen Lernen, wieder andere von einer gewissen Wider-
sprüchlichkeit zwischen dem, was die Kongregation als Grundaus-
bildung anbietet, und dem, was tatsächlich in den apostolischen
Gemeinschaften gelebt wird.
Die aktuelle Aus- und Fortbildung erscheint mit ihren Strukturen,
Stilen und Methoden manchmal eher informativ als performativ,
weil es ihr nicht immer gelingt, das Herz zu wandeln. Die aposto-
lische Sendung schafft es andererseits nicht immer, aus der Reali-
tät der jungen Menschen und aus dem konkreten Leben die Inhalte
für ein lebenslanges Lernen zu ziehen: Das „Lehrfach Realität“ tut
sich schwer, eine gläubige Lektüre der Lebensgeschichte zu liefern
(lectio vitae), indem es Bausteine für eine andauernde Erneuerung
unseres Seins und Handelns anbietet.
Wir anerkennen auch die dringende Vertiefung einiger Themen,
die ganz und gar Teil des Bildungsweges werden müssen: Qualifi-
zierungsmaßnahmen zur spirituellen Begleitung der jungen Men-
schen, die das Reifen eines besonderen Feingefühls verlangt; das
klare Bewusstsein, dass unsere Sendung mit den Laien geteilt wird
und sie deshalb neuer Kompetenzen im Umgang miteinander be-
darf; die wachsende Aufmerksamkeit für ökologische Themen, die
eine spezifische Vorbereitung in diesem Bereich erfordert. Schließ-
lich zwingt uns die neue digitalisierte Welt, dass wir überdenken,
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9.9 Page 89

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
wie wir unser brüderliches Leben und die apostolische Sendung in
ihrer Gesamtheit gestalten, weil der „individualistische Rückzug,
der sehr verbreitet ist und in dieser weithin digitalisierten Kultur
gesellschaftlich vorgeschlagen wird, [...] eine besondere Aufmerk-
samkeit, nicht nur in Bezug auf unsere pädagogischen Modelle,
sondern auch angesichts des persönlichen und gemeinschaftlichen
Gebrauchs der Zeit, unserer Aktivitäten und unserer Güter“ verlangt
(aus der Botschaft von Papst Franziskus an das 28. GK).
18. Lebenslanges Lernen:
Das Dasein unter dem Blickwinkel der Bildung leben
Wir sind dankbar, dass es eine stattliche Zahl von Salesianern gibt,
die die von Gott empfangene Gabe andauernd neu entfachen (vgl. 2
Tim 1,6), nämlich durch „eine kontemplative Haltung [...], die fähig
ist, die neuralgischen Punkte zu identifizieren und zu unterschei-
den“ (aus der Botschaft von Papst Franziskus an das 28. GK). Nur
auf diese Art und Weise kann das leider tiefverwurzelte Vorurteil
überwunden werden, dass die Ausbildung mit dem Abschluss der
Grundausbildung und der Zulassung zum Priesteramt zu Ende sei.
Es fehlt in der Tat bei einigen Mitbrüdern die Überzeugung, dass
das Engagement für die eigene Bildung der passende Stil für die
Annahme der Sendung ist, da es sich so als schwierig erweist, die
Sehnsucht und Leidenschaft für das lebenslange Lernen zu entfa-
chen. Wir anerkennen, dass es sowohl auf Ebene der Kongregation
als auch auf Ebene der Provinzen Anstrengungen gibt, um Bildungs-
mittel und -wege anzubieten, die aber nicht immer die erhofften Er-
gebnisse bringen. Es erweist sich im Besonderen als schwierig, die
tägliche pastorale Erfahrung selbst in Gelegenheiten zur Bildung zu
verwandeln, weil wir noch nicht begonnen haben, von der konkreten
Realität ausgehend zu unterscheiden. Deswegen gelingt es weder
der Ordensgemeinschaft noch der Erziehungs- und Pastoralgemein-
schaft, ein natürliches und alltägliches Bildungsumfeld zu werden.
Es ist aber auch festzustellen, dass eine gewisse Verwirrung über
die verantwortlichen Subjekte und den Ablauf des lebenslangen
Lernens besteht: Oft fehlen Mitbrüder, die vorbereitet wurden,
um diesen Weg zu begleiten, während es auf Ebene der Provinzen
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9.10 Page 90

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
und Hausgemeinschaften ein vielfältiges Durcheinander bei den
Bildungsangeboten gibt. Einige sprechen von der Gefahr, das le-
benslange Lernen nur auf einige sporadische Auffrischungskurse zu
beschränken oder es der Lieferung von einem neuen Handbuch zu
überlassen. Es existiert schließlich in einer immer unbeständigeren
Welt die Herausforderung des „kulturellen Fleißes“ in der Kongrega-
tion, weil es ohne Studium, Lektüre und Auffrischung nicht gelingen
kann, aus einer Pastoral der Wiederholung des immer Gleichen he-
rauszukommen.
19. Grundausbildung:
eine entstehende Wirklichkeit, die begleitet werden muss
Aus den Daten und Diskussionen des Kapitels erkennen wir, dass
die Grundausbildung in ihrer Gesamtheit eine vielseitige, positive
und vielversprechende Wirklichkeit ist. Es handelt sich um ein
großes Mosaik aus verschiedenen Situationen, in denen wir die Prä-
senz neuer Dynamiken innerhalb der Kongregation erkennen.
Welche jungen Menschen sind heute in Ausbildung? Zusammen-
fassend können wir feststellen, dass der größte Teil von ihnen aus
Asien und Afrika kommt; im Großen und Ganzen sind es „junge Er-
wachsene“ und nicht, wie in den vergangenen Zeiten, „Heranwach-
sende“; es sind junge Menschen unserer Zeit, die also die gesamten
Potentiale und Gefährdungen der jungen Menschen von heute in
sich tragen; sie sind auf der Suche nach einem authentischen Leben
in prophetischer Brüderlichkeit, auch wenn manchmal die Gründe,
die sie zum salesianischen Leben bringen, noch reifen müssen; weil
sie näher an der jungen Generation sind, haben sie schneller Kon-
takt und verfügen über eine natürliche, sprachliche Gemeinsamkeit
mit der Welt der jungen Menschen. All das zieht eine völlig anders
geartete Herangehensweise an die Bildung in unseren Ausbildungs-
häusern und Studienzentren nach sich.
Aufgrund dieser epochalen Veränderung versteht man, dass die
Auswahl und Ausbildung der Ausbilder wirklich dringend ist und auf
die beste Art und Weise angegangen werden muss. Wir erkennen
an, dass Ausbilder zu sein eine „Berufung in der Berufung“ ist; es
wird notwendig sein, von der Improvisation zu einer authentischen
90

10 Pages 91-100

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10.1 Page 91

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Unterscheidung in Bezug auf eine qualifizierte Auswahl der Ausbil-
der und Lehrer überzugehen: Es ist keine Frage der „Rekrutierung“,
sondern eines echten Berufungsdialogs. Wir anerkennen dann die
Gemeinschaft als ersten bildenden Ort; die Kapitulare haben be-
tont, wie entscheidend das Team der Ausbilder ist, die im Einklang
und unter der Leitung des Direktors handeln, der mehr als alle ande-
ren die Aufgabe hat, zu begleiten und die Aufgaben aller zu koordi-
nieren.
20. Die Notwendigkeit, einen neuen Ausbildungsstil anzunehmen
Wie Papst Franziskus sagt: „Über den Salesianer für die jungen Men-
schen von heute nachzudenken beinhaltet auch anzunehmen, dass
wir in einer Zeit des Wandels leben“ (aus der Botschaft von Papst
Franziskus an das 28. GK). Es ist also notwendig, unseren Ausbil-
dungsstil zu erneuern, der immer stärker persönlich, ganzheitlich,
beziehungsorientiert, kontextuell und interkulturell gedacht wer-
den muss.
Es muss vor allem ein Stil sein, der fähig ist, aus der Sendung seinen
wesentlichen Ton zu entnehmen, weil es die Sendung ist, die „un-
serem ganzen Dasein seine konkrete Prägung [gibt]. Sie verleiht un-
serer Aufgabe in der Kirche ihre Besonderheit und bestimmt unsere
Stellung innerhalb der Ordensfamilien“ (K 3). Außerdem sind wir alle
überzeugt, dass, wenn „wir uns vom Volk isolieren oder entfernen,
dem wir doch zu dienen berufen sind, dann [...] unsere Identität als
Geweihte verzerrt und entstellt zu werden“ droht (aus der Botschaft
von Papst Franziskus an das 28. GK).
Dieser neue Ausbildungsstil, von dem wir träumen, müsste die Ein-
heit der Kongregation in der Vielfalt ihrer Ausdrucksformen strahlen
lassen: Es ist äußerst wichtig, gegen die „große Gefahr, die Kulturen
monolithisch zu vereinheitlichen“, anzuerkennen, dass die weltwei-
te Präsenz unserer charismatischen Wirklichkeit „Anreiz und Einla-
dung [ist], den Reichtum vieler Kulturen, in die Ihr eingetaucht seid,
zu hüten und zu bewahren, ohne zu versuchen, sie ‚gleichzuma-
chen‘“ (aus der Botschaft von Papst Franziskus an das 28. GK).
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10.2 Page 92

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
DEUTEN
21. Die Bildungserfahrung Don Boscos
Um eine gesunde Unterscheidung über unsere Bildung durchzu-
führen, ist es nützlich, über die Bildungserfahrung von Don Bosco
nachzudenken. Er selbst erzählt die wichtigsten Momente in seinen
Erinnerungen an das Oratorium. Er erwähnt dabei viele Beobach-
tungen, die klar seine Vision zu diesem Thema erkennen lassen. Wir
verweilen hier besonders bei einer der Bildungsphasen, gegenüber
der Don Bosco größte Wertschätzung gezeigt hat: das kirchliche
Konvikt. Von dieser Institution sagt Don Bosco: „Hier aber lernte
man, Priester zu sein“ (Erinnerungen an das Oratorium des Heiligen
Franz von Sales, München 2001, S. 133).
Die Ausbildung im Konvikt verband ein solides spirituelles und
kulturelles Angebot („Betrachtung, geistliche Lesung, zwei Konfe-
renzen am Tag, Vorlesungen in Homiletik, zurückgezogenes Leben,
gute Studienmöglichkeiten“) mit der Begleitung, um „live“ „die
Bosheit und das Elend der Menschen“ (ebd., S. 136) an den Orten
größter Armut zu treffen. Das entscheidende Element, das die jun-
gen Priester dabei anleitete, Gebet und Amt, Reflexion und pastora-
le Praxis in Einklang zu bringen, bestand in einer Gruppe Ausbilder
von allerhöchstem Profil, unter denen Don Cafasso hervorstach.
Don Bosco traf ihn in der Vorlesung, aber er sah ihn auch engagiert
bei den verschiedensten und schwierigen Aufgaben seines Amtes.
Sie waren für ihn und seine Gefährten solide Lehrmeister, handelten
mit Unternehmungsgeist und waren echte Modelle fürs Leben. Wir
sprechen heute von einem kompakten vorbildhaften Team, das bei
der Übernahme des Sendungsauftrags ganzheitlich begleitet.
Die Jahre im Konvikt waren für das apostolische Reifen Don Boscos
bestimmend. Man darf feststellen, dass sie auf seiner Entscheidung
beruhten, er war nicht zu ihnen verpflichtet. Er hat diese Aufgabe
übernommen, als er schon Priester war; er hätte sich auch sofort
ganz und gar in seine Aufgabe stürzen können. Aber auf Ratschlag
von Don Cafasso hat er einen anderen Weg beschritten, der heraus-
fordernder, aber unendlich viel fruchtbarer war. Sein Beispiel lehrt
uns, dass die Ausbildung nicht mit dem Abschluss des Studiums,
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10.3 Page 93

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
der ewigen Profess oder der Priesterweihe aufhört, sondern ein of-
fener Prozess bleibt, den man sorgfältig das ganze Leben hindurch
pflegen muss. Es erinnert uns auch daran, dass der wahre Apostel
nicht dadurch reift, dass er eine steile Karriere macht. Die frucht-
barere Investition für die Sendung ist eine gute Ausbildung.
Bildung und Berufung:
eine Begleitung im Licht des Charismas
22. Das Geschenk der Bildung
Im Ordensleben reduziert sich die Bildung nicht nur auf eine An-
sammlung von Techniken und Methoden, sondern sie ist eine
Glaubenserfahrung, die ihre Wurzeln im Geheimnis der Berufung
schlägt. Gott Vater, der uns vor der Erschaffung der Welt ausgewählt
hat, wirkt weiterhin in uns mit der Kraft seines Geistes, um uns Chri-
stus immer ähnlicher werden zu lassen. Das Ziel des Bildungsweges
ist es nämlich, dahin zu gelangen, in sich selbst die Empfindungen
des Sohnes zu haben, das heißt, wie Er zu fühlen, zu denken und zu
handeln (vgl. Phil 2,5).
Wenn wir die Bildung vor dem Horizont der Berufung sehen, hilft uns
das, sie nicht als ein von außen – von den Regeln der Kirche oder der
Kongregation – auferlegte Pflicht zu sehen, sondern als eine Gna-
dengabe, die uns hilft, die „Form“ des salesianischen Ordenslebens
wirklich zu unserer zu machen und so zu verhindern, dass diese nur
eine Art äußeres Gewand bleibt.
Das Vorhandensein gescheiterter Berufungen erinnert uns daran,
wie heikel dieser Prozess ist und dass die erste Annahme des Rufs
nicht automatisch davor bewahrt, den Weg zu verlieren oder umzu-
drehen. Was sind nämlich Klerikalismus, Säkularismus und Indivi-
dualismus anderes als Abweichungen von der Kraft der Berufungen,
die deren Schönheit auslöschen und deren Wachstum aufgrund feh-
lender Tiefe, abwesender Motivation oder zu wenig Großherzigkeit
verhindern? Die Berufung ohne eine angemessene Bildung wird also
mit einer Art „Volontariat auf Lebenszeit“ verwechselt, in dem man
Gott und den jungen Menschen nicht wirklich sein Herz schenkt und
die bildende Umkehr, die dies mit sich bringt, nicht annimmt.
93

10.4 Page 94

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
23. Das Präventivsystem als Bildungssystem
Weil die Bildung eine Pädagogik der Gnade ist, kann sie niemals
zuallererst eine Frage von Regeln und Normen sein. Diese sind
zweifelsohne notwendig, weil sie vor Irrtümern bewahren und be-
festigte Wege anzeigen, aber sie allein sind nicht ausreichend, um
die Rahmenbedingungen für eine echte Bildungserfahrung zu set-
zen. Wir müssen also aufmerksam sein, um nicht hauptsächlich
normative Lösungen auf eine Herausforderung zu geben, die vor
allem charismatisch und kreativ ist. Bildung ist tägliches Handwerk,
praktische Weisheit, qualitätsvolles Zeugnis, Fähigkeit, die Situa-
tionen zu verstehen und die Herzen zu berühren: alles Dinge, die
kein Gesetz garantieren kann und für deren Gewährleistung kein
Handbuch ausreichend ist. Daran erinnert uns der verehrungswür-
dige Joseph Quadrio, ein außergewöhnliches Vorbild für Ausbilder
und Dozenten. Eine solche Qualität ist vor allem Frucht der inneren
Gelehrigkeit gegenüber dem Heiligen Geist, der in unserer charis-
matischen Familie wirkliche Lebensmeister erweckt.
Für unser Bildungsangebot taugen also alle Hinweise auf praktische
Weisheit, die Don Bosco bei der Erziehung nutzte. Das Präventiv-
system wird immer mehr als inspirierendes Prinzip und tiefe Seele
unseres Bildungssystems wiederentdeckt. Das bedeutet, den Pri-
mat der Gottes- und Nächstenliebe und des Vertrauens über jede
Gesetzestreue und jeden Formalismus zu stellen; die Werte der Be-
rufung über einen echten Familiengeist zu vermitteln; die jüngeren
Mitbrüder aktiv einzubinden und sie für Bildungsentscheidungen
verantwortlich zu machen. Die Pädagogik des Präventivsystems ist
nämlich eine Pädagogik des Vertrauens, die an die Ressourcen der
jungen Menschen glaubt und sie zur Großherzigkeit des Einsatzes
bewegt, ohne jemals gute Eingebungen zu beschämen oder deren
Kreativität zu stutzen. In dieser Logik stellt Artikel 99 unserer Kon-
stitutionen fest: „Jeder Salesianer übernimmt die Verantwortung für
die eigene Ausbildung“. Mittels der Treue zu dieser Inspiration zeigt
sich die Kongregation als Mutter für jeden Mitbruder und hilft ihm,
seinen eigenen Berufungsweg reifen zu lassen.
94

10.5 Page 95

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Bildung und Sendung: ein einheitlicher Prozess
24. Das Motto „Da mihi animas“ als Energiequelle
des Bildungsprozesses
Die apostolische Natur unseres Charismas charakterisiert maßge-
bend unsere Ausbildung. Papst Franziskus drückt es in seiner Bot-
schaft folgendermaßen aus: „Es ist wichtig festzuhalten, dass wir
nicht für die Sendung ausgebildet werden, sondern dass wir in der
Sendung ausgebildet werden, um die sich unser ganzes Leben mit
seinen Entscheidungen und Prioritäten dreht. Die Grundausbildung
und die Fortbildung dürfen von der Identität und der Sensibilität des
Schülers nicht abgespalten werden in einer vorausgehenden oder
parallelen Sonderwelt” (aus der Botschaft von Papst Franziskus an
das 28. GK). Diese Worte zeigen sehr klar, dass Bildung und Sen-
dung eng miteinander verflochten sind und nicht ohne einander be-
stehen.
Die Bildung im Horizont der Sendung zu verstehen, bedeutet zuerst,
das Da mihi animas als tiefe Energiequelle des Bildungsprozesses
hervorzuheben. Wenn diese Energie ausgelöscht wird und keine
Wärme mehr für das Wohl der Kinder verbreitet, ist das Reifen der
Berufung schwer beeinträchtigt. Wenn dagegen die apostolische
Leidenschaft lebendig ist, nährt sie das menschliche Wachstum,
das Engagement für das Studium, die Sorge um das spirituelle Le-
ben sowie das pastorale Reifen. Das Da mihi animas ist nämlich die
Art und Weise, wie Gott uns zu Teilhabern seiner Liebe für die Welt
werden lässt.
Der Papst bekräftigt dies erneut: „Don Bosco entschied sich nicht,
sich von der Welt abzutrennen, um die Heiligkeit zu suchen, sondern
er ließ sich in Frage stellen und entschied, wie und in welcher Welt
er leben wollte.“ Die Sendung als bildendes Prinzip anzunehmen
verlangt, den Blick des Seelsorgers und den Mut des Propheten zu
entwickeln, der bei den armen jungen Menschen zu bleiben und mit
ihnen und für sie eine andere Welt zu erträumen weiß. „Die Mission
unter den Völkern (inter gentes) ist [deshalb] unsere beste Schule:
von ihr ausgehend beten, überlegen, studieren und ruhen wir“ (aus
der Botschaft von Papst Franziskus an das 28. GK).
95

10.6 Page 96

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
25. Für eine größere Integration
Um die Kluft zwischen Bildung und Sendung zu überwinden, ist
es vor allem notwendig, die Mentalität des Delegierens zu verlas-
sen, wo man nicht selten dazu neigt, die Verantwortung in diesem
schwierigen Bereich der Ausbildungsgemeinschaft aufzuladen. Die
Weitergabe des Charismas erfolgt in der Tat nicht vor allem in eigens
strukturierten Gemeinschaften, sondern in der Frische des alltäg-
lichen gemeinsamen Dienstes an den jungen Menschen. Die erste
Quelle für Bildung innerhalb der Kongregation ist das großherzige
Leben der Mitbrüder – ein wahrer Schatz. Wo Gemeinschaften im
Dienst lebendig, fest in der Spiritualität verwurzelt und fähig zur
Reflexion sind, sind die von den Ausbildungshäusern angebotenen
Wege wirkungsvoller, weil sie in eine Art und Weise einführen, die
Salesianität zu leben, die die jungen Mitbrüder in der alltäglichen
Wirklichkeit der Häuser antreffen. Das erklärt die Bedeutung, die
unsere Tradition immer schon dem Praktikum zugemessen hat,
das eine typisch salesianische Ausbildungsphase ist. Wo hingegen
die Sendung mit der Arbeit vermischt und das lebenslange Lernen
in den Gemeinschaften nicht gepflegt wird, verarmt der ganze Bil-
dungsweg.
Eine größere Integration verlangt daher, „einen Erziehungsstil zu
finden, der strukturell der Tatsache gerecht wird, dass Evangelisie-
rung die vollkommene Teilhabe mit dem vollen Bürgerrecht eines
jeden Getauften beinhaltet“. Machen wir aus unseren Häusern ein
„‚kirchliches Labor‘ [...], das in der Lage ist, die verschiedenen Be-
rufungen und Sendungen in der Kirche zu erkennen, zu schätzen,
aufzumuntern und anzuspornen“. Genau das versuchen wir zu tun,
indem wir modellhafte Erziehungs- und Pastoralgemeinschaften
bauen. Auf welche Art und Weise dieses Modell in der Grundaus-
bildung Einfluss nehmen kann und sollte, ist eine Frage, auf die es
noch keine klare Antwort gibt. Die Jugendsynode hat zum Beispiel
von der Wichtigkeit gesprochen, unterschiedlich zusammengesetz-
te Ausbildungsteams zu bilden, die auch Frauen einschließen und
in denen verschiedene Berufungen vertreten sind (vgl. Abschluss-
dokument der Jugendsynode, Nr. 163). Der Dialog zwischen den Ge-
meinschaften auf Provinzebene und den Ausbildungshäusern kann
außerdem eine bedeutsamere Interaktion mit dem Weg der Erzie-
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10.7 Page 97

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
hungs- und Pastoralgemeinschaften fördern und den Ausbildern
eine größere Präsenz an der Seite der jungen Mitbrüder bei den
seelsorgerlichen Übungen zugestehen. Eher als an einer einzigen
strukturellen Lösung, die der beachtlichen Vielfalt der Umfelder
keine Beachtung schenkt, muss man deshalb an einer Erneuerung
des Unternehmungsgeistes im Sinne der Sendung arbeiten, der in
jedem Umfeld die ihm angemessene Verwirklichung suchen sollte.
Bildung und Strukturen: eine notwendige Erneuerung
26. Institutionen und Sorge um die Bildungsprozesse
Eines der Risiken unseres Bildungsweges, das mehrmals in der Kon-
gregation genannt wurde, ist eine gewisse Fragmentierung der ver-
schiedenen Etappen. Zweifelsohne bietet der Übergang von einer
Phase der Grundausbildung zur nächsten den Reichtum neuer An-
reize und trägt zur Horizonterweiterung bei. Er bringt aber auch die
Mühsal mit sich, häufiger den Weg der Begleitung erneut aufzuneh-
men. Diese Mühsal wird schwerer, wenn die Auswahl der Bildungs-
angebote und die durch die Begleitung angebotenen Mittel nicht
angemessen koordiniert sind.
Dies zeigt die offensichtliche Notwendigkeit, dass in der Kongre-
gation die Ausbildungsstrukturen geklärt und, wo immer möglich,
vereinfacht werden müssen. Ebenso sind die Aufgaben und Verant-
wortlichkeiten genauer festzusetzen, wenn die verschiedenen Pha-
sen und Ebenen der Bildung aufeinander abgestimmt werden. Zu oft
nämlich werden wichtige Entscheidungen für den Bildungsweg ver-
langsamt oder bleiben aus einer systemischen Unsicherheit heraus
unbearbeitet.
In der Ratio und ihren Anhängen finden sich kostbare Hinweise
für die Bildungsarbeit, vor allem in Bezug auf die zu erreichenden
Ziele und die Kriterien der Zulassung. Schwächer ist hingegen der
methodische Aspekt der Hilfsmittel. Es ist deswegen wichtig, den
von der Kongregation begonnenen Prozess der Überarbeitung der
Ausbildungsbegleitung durchzuführen und dessen Ergebnisse zu
überprüfen. Die Klarheit und der Austausch über dieses Thema sind
die erste Bedingung für eine solidere und personalisierte Bildung.
97

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
27. Ausbilder und Ausbildungszentren
Jeder Wachstumsprozess benötigt Strukturen, die ihn erleichtern.
In diesem Sinne muss der Wille, eine bessere Begleitung zu fördern,
sich dadurch zeigen, dass die Kongregation großherzig investiert,
um Ausbilder aufzufinden und angemessen auszubilden, die dann
in einem Team unter der Leitung und Verantwortlichkeit des Direk-
tors arbeiten können.
Nicht weniger wichtig ist die innere Erneuerung unserer Studienzen-
tren, die aufgerufen sind, die Hinweise der apostolischen Konsti-
tution Veritatis Gaudium entschlossen anzunehmen. Diese bieten
nicht nur den jungen Mitbrüdern, die sie besuchen, einen unent-
behrlichen Dienst, sondern auch der kulturellen Festigung unserer
Provinzen. Aus diesen Zentren sticht besonders die Università Pon-
tificia Salesiana heraus, die die maßgebliche kulturelle Stimme der
Kongregation in der Kirche darstellt. Die Erneuerung, derer sie be-
darf, verlangt danach, die Motivationen, die vor achtzig Jahren ihre
Gründung veranlasst haben, neu zu entdecken.
Die regionalen Bildungszentren bieten einen anerkannten Dienst
für das lebenslange Lernen der Mitbrüder. Sie sind aufgerufen, sich
immer mehr auch um die Aus- und Fortbildung zusammen mit den
Laien zu kümmern. Regionen, in denen es noch keine Bildungszen-
tren gibt, sollen die am besten geeigneten Formen herausfinden,
um diesen Dienst sicherzustellen.
WÄHLEN
28. Bildung und Berufung: eine Begleitung im Licht des Charismas
Wir fördern ein erneutes Engagement für die Begleitung der Mit-
brüder in Ausbildung im Licht unseres Charismas.
Haltungen und Mentalitäten, die des Umdenkens bedürfen
a) Von einer Sicht der Bildung als „institutioneller Verpflichtung“ zu
einem Blick aus dem Glauben heraus, der sie als Geschenk und
Erfordernis der Berufung versteht.
b) Von einem äußeren Formalismus zur Sorge um die Begleitung
im aufrichtigen Vertrauen und im Familiengeist des Präventivsy-
stems.
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10.9 Page 99

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
c) Vom Unterschätzen des lebenslangen Lernens zur persönlichen
und gemeinschaftlichen Sorge um das eigene spirituelle und
apostolische Wachstum.
Zu aktivierende Prozesse
d) Der Generalobere und sein Rat untersuchen das Problem der Dis-
kontinuität zwischen den Phasen der Grundausbildung, um einen
einheitlicheren Weg der Begleitung zu unterstützen.
e) Der Sektor für die Ausbildung fördert die Umsetzung und Über-
prüfung der Orientierungen und Weisungen „Junge Salesianer
und Begleitung“.
f) Die Gemeinschaften der Grundausbildung sorgen für eine Ausbil-
dungsorganisation, die im Einklang mit den großen spirituellen
und pädagogischen Orientierungen des Präventivsystems steht:
Familiengeist, aktive Einbindung der Mitbrüder, Pädagogik des
Vertrauens und der Vertrautheit; das Kuratorium überprüft und
fördert eine solche Organisation.
g) Die Provinzen und die Gemeinschaften fördern eine Erneuerung
der Begleitungskultur und helfen den Mitbrüdern dabei, deren
Bedeutung und Wert erneut zu entdecken.
Zu garantierende strukturelle Bedingungen
h) In den Gemeinschaften der Grundausbildung muss die Anwesen-
heit eines Teams sichergestellt sein, das fähig ist, das Präventiv-
system lebendig zu vermitteln; die Ausbilder bieten persönliche
geistliche Begleitung an, die mit dem Ausbildungsangebot der
Gemeinschaft im Einklang steht; man sorgt dafür, dass angemes-
sen vorbereitete Beichtväter zur Verfügung stehen.
i) Die Provinziale und die Provinzbeauftragten pflegen den Dialog
und den Austausch mit den Ausbildungsgemeinschaften, um die
Kontinuität der Begleitung bei der Grundausbildung zu fördern.
j) Den Mitbrüdern in der Grundausbildung wird geholfen, den Wert
der persönlichen geistlichen Begleitung zu entdecken.
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10.10 Page 100

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
29 Bildung und Sendung: ein einheitlicher Prozess
Wir bemühen uns, die Kluft zwischen Ausbildung und Sendung zu
überwinden, indem wir eine Kultur der Ausbildung in der Sendung
auf allen Ebenen fördern.
Haltungen und Mentalitäten, die des Umdenkens bedürfen
a) Von einer Abschiebung der Verantwortung an die Ausbildungs-
häuser zum Bewusstsein, dass der Lebensstil der Gemeinschaf-
ten einen starken Einfluss auf die Ausbildung der jungen Mitbrü-
der hat.
b) Von einer Ausbildung, die als eine der Sendung vorausgehende
Phase verstanden wird, zur Sorge um eine kulturelle und spiri-
tuelle Beständigkeit als bleibende Bedingung des apostolischen
Lebens.
c) Von einem elitären Ausbildungsstil zur Verpflichtung, den Beitrag
der Laien zur Ausbildung und die missionarische Verantwortung
eines jeden Getauften zu schätzen.
Zu aktivierende Prozesse
d) Die Provinzen kümmern sich um die Ausbildungsqualität des
Praktikums und gewährleisten die Bedingungen für die prak-
tische Aneignung der salesianischen Pädagogik und die Beglei-
tung während der Ausbildung.
e) Die Gemeinschaften der Grundausbildung pflegen einen schlich-
ten Lebensstil, der vor der Verbürgerlichung schützen und auf die
Anforderungen der Sendung vorbereiten möge, und fördern die
Begleitung der pastoralen Praktika.
f) Die Provinzen investieren in die Qualifizierung der Mitbrüder in
Bezug auf die Salesianität und sorgen für eine bessere kulturelle
Festigung; die Hausgemeinschaften überprüfen und verstärken
ihren Einsatz für die Bildung im Alltäglichen.
Zu garantierende strukturelle Bedingungen
g) Der Sektor für die Ausbildung bietet Hinweise, damit das Modell
der Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft eine angemessene
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11 Pages 101-110

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11.1 Page 101

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Umsetzung auch in den Ausbildungsgemeinschaften findet,
durch die Einbeziehung der Laien und Familien in den Ausbil-
dungsprozess.
h) Die Gemeinschaften für das Praktikum gewährleisten die Beglei-
tung der Praktikanten während der Ausbildung, sie helfen ihnen,
sich in die Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft einzufügen, sie
engagieren sich in Bezug auf die Wertschätzung des Wachstums
ihrer Berufung.
i) Die Ausbildungskommissionen der Provinzen helfen den Gemein-
schaften, ihren Einsatz für die Bildung in der Sendung zu über-
prüfen und zu verstärken.
Bildung und Strukturen: eine notwendige Erneuerung
Wir investieren Energie in das Finden und in die Ausbildung der
Ausbilder und beginnen mutig, institutionelle Bezüge und Ausbil-
dungsstrukturen zu überdenken.
Haltungen und Mentalitäten, die des Umdenkens bedürfen
a) Vom Rückzug auf das dringend Notwendige zu einer mutigen In-
vestition in die Bildung der Mitbrüder.
b) Von einem Blick auf die örtlichen Notwendigkeiten zur Verfüg-
barkeit, Mitbrüder und Ressourcen für die Anforderungen der Bil-
dung in der Kongregation und für die Zusammenarbeit der Provin-
zen anzubieten.
c) Vom Risiko der Oberflächlichkeit zur Sorge um ein ernsthaftes
Studium und um die kulturelle Festigung der Mitbrüder.
Zu aktivierende Prozesse
d) Der Generalobere mit seinem Rat fördert einen großherzigen Ein-
satz der Kongregation in Bezug auf das Auffinden und die Ausbil-
dung der Ausbilder; die Provinzen investieren in die Bildung der
Mitbrüder und in die Vorbereitung der Ausbilder.
e) Der Generalobere mit seinem Rat überprüft die Struktur der Ausbil-
dungskontrolle, um sie klarer, einfacher und funktioneller zu ma-
chen.
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11.2 Page 102

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
f) Der Generalobere mit seinem Rat überprüft die Zahl und die Ver-
teilung der Gemeinschaften der Grundausbildung innerhalb eines
einheitlichen Projekts; er fördert die Erneuerung der Università
Pontificia Salesiana, die Stärkung der Studienzentren und die
Sorge um die regionalen Bildungszentren.
Zu garantierende strukturelle Bedingungen
g) Der Sektor für die Ausbildung überprüft die Teile der Ratio, die
an die aktuellen Umstände angepasst werden müssen, und ver-
stärkt konkrete Hinweise auf Methoden und gemeinsame Hilfs-
mittel.
h) Der Sektor für die Ausbildung studiert die besten Bedingungen,
um die provinzübergreifenden Ausbildungsgemeinschaften zu
begleiten; er präzisiert die Aufgaben des Kuratoriums und ver-
folgt dessen Funktionieren im Austausch mit den Regionalräten;
er begleitet die Provinziale dabei, ihre Verantwortung für die Aus-
bildung wahrzunehmen.
i) Die Regionen fördern die regionalen Bildungszentren, überprüfen
deren Angebot; wo diese noch fehlen, richten sie solche ein.
102

11.3 Page 103

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Drittes Kernthema:
Gemeinsam mit den Laien in der Sendung und in der
Aus- und Fortbildung
Während der Sommersitzung 2020 hat der Generalrat am dritten Kern-
thema des 28. GK gearbeitet, soweit dieses noch nicht während des
Generalkapitels aufgrund des der Pandemie geschuldeten erzwun-
genen Abbruchs behandelt worden war.
Der Generalrat hat von den Arbeitsunterlagen ausgehend dieselbe
Methode der Unterscheidung genutzt wie das 28. GK und hat unter den
Bedingungen der Kommissionen des Kapitels gearbeitet. Bei der
Textabfassung wurde versucht, die Form beizubehalten, so wie sie für
das erste und zweite Kernthema während des 28. GK erarbeitet wurde.
ERKENNEN
31. Umsetzungen und Widerstände bei der mit den Laien
geteilten Sendung
Wir anerkennen, dass das 24. GK für alle „ein Punkt [ist], von dem
es kein Zurück mehr gibt“, in Bezug auf die Erneuerung unserer Art
zu leben und gemeinsam zu arbeiten. Es steht im Mittelpunkt der
offiziellen salesianischen Lehre nach dem Konzil und bezeichnet
gleichzeitig eine Rückkehr zu den Ursprüngen des salesianischen
Charismas: Don Bosco hat von Beginn an viele Laien in seine Sen-
dung zur Jugend und zum einfachen Volk eingebunden.
Wir anerkennen, dass in der gesamten Kongregation viele Schritte
nach vorne gemacht wurden, wenn auch unterschiedlich schnell und
auf verschiedene Art und Weise: die Einbeziehung der gesamten Er-
ziehungs- und Pastoralgemeinschaft; die spirituelle, pädagogische
und pastorale Bildung der Laien; die Eingliederung der jungen Men-
schen in die Animationsteams; die vertrauensvolle Übertragung ei-
niger Werke an Laien. Diese Wahrnehmung einer wachsenden ge-
genseitigen Einbeziehung, des geteilten Reichtums, der Kraft der
gemeinsamen Hilfe und der Fruchtbarkeit des Charismas muss sich
Schritt für Schritt konkretisieren und dabei von der Sichtweise, die
Laien in das erzieherisch pastorale Handeln mit einzubeziehen, da-
hin gehen, dass wir mit ihnen unsere Spiritualität teilen.
103

11.4 Page 104

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Gleichzeitig nehmen wir wahr, dass noch einige Anstrengungen üb-
rig bleiben, weil es uns nicht immer gelingt, die Laien zu Teilhabern
des Geistes und der salesianischen Sendung zu machen: Viele Pro-
vinzen müssen noch von einer zweckmäßigen Einbindung der Laien
zur Mitverantwortung gemäß dem Evangelium übergehen. Manch-
mal begegnen wir auch wirklichem Widerstand: Manche Ordensleu-
te beklagen die überzogene Hauptrolle der Laien, während einige
Laien ihr Mitarbeit nur aus opportunistischen Gründen anbieten.
Für Laien, die mehr im erzieherisch-pastoralen Handeln engagiert
sind, ist es auch nicht einfach, die Forderungen der salesianischen
Sendung mit dem persönlichen Familienleben in Einklang zu brin-
gen. Wir stellen schließlich in einigen Situationen eine Tendenz zur
Angleichung der verschiedenen Lebensstände fest, sodass einige
denken, dass Ordensleute für die Aufrechterhaltung des Charismas
nicht weiter notwendig seien.
32. Wechselseitige Beziehung zwischen Salesianern und Laien
Sehr oft sind die Beziehungen zwischen Salesianern und Laien auf
Wertschätzung, Respekt, Herzlichkeit und Zusammenarbeit aus-
gerichtet, vor allem dort, wo es eine klare Identität der Berufung
gibt wie auch ein einheitliches Bildungsangebot und einen gemein-
samen Weg mit den notwendigen Organen und Hilfsmitteln wie dem
Rat der Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft und dem salesia-
nischen Erziehungs- und Pastoralkonzept.
Nicht immer wird der charakteristische Beitrag der Laien akzeptiert
und geschätzt und ihre Identität und Berufungserfahrung beachtet:
Es wird anerkannt, was sie tun, aber nicht geschätzt, was sie sind.
Wo die Klarheit über die gegenseitige Identität fehlt, wohnen wir ei-
ner Art „Klerikalisierung der Laien“ und „Laisierung der Ordensleu-
te“ bei. In diesem Fall führt die tägliche Zusammenarbeit, anstatt
die Besonderheit eines jeden hervorzuheben, zu einer Angleichung
der Identitäten. Manchmal sind die Laien einfach in ein hierarchi-
sches, pyramidenförmiges Modell eines „salesianischen Werkes“
eingeordnet und positioniert.
Bei den Salesianern treffen wir manchmal auf ein gewisses Unbeha-
gen bei der Leitung von komplexen Werken, die Fähigkeiten eines
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11.5 Page 105

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Managers erfordern, und auf eine mangelnde Vorbereitung auf die
Herausforderungen, die aus dem pastoralen Modell des Miteinan-
ders mit den Laien hervorgehen. Wir stellen fest, dass wir angesichts
des Epochenwandels nicht wirklich in der Lage sind zu „unterschei-
den“ und dass wir deshalb riskieren, in der Falle des pastoralen Be-
wahrens eines „Das wurde immer schon so gemacht“ zu verharren.
Wir stellen fest, dass es verschiedene Typen von Laien gibt: Ange-
stellte, Freiwillige, junge Erwachsene, katholische Christen oder
Christen anderer Konfessionen, praktizierend oder auch weiter von
der Kirche entfernt Stehende. Manchmal beziehen wir uns mit dem-
selben Wort „Laie“, das in der Kirchensprache die Getauften meint
(Christifideles laici), auch auf Mitarbeiter unserer Werke, die eine
andere Religion haben. Um Verwirrung oder Irritationen zu vermei-
den, ist es wichtig, die theologischen und pastoralen Fragen dieses
komplexen Gebildes ernsthaft zu behandeln. So kann die Form, zu
der die Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft in multireligiösen
oder säkularisierten Umfeldern gerufen ist, besser erhellt werden.
33. Gemeinsame Aus- und Fortbildung von Salesianern und Laien
In diesen Jahren sind gute Initiativen für die gemeinsame Aus- und
Fortbildung von Salesianern und Laien gewachsen. In Bezug auf
Aus- und Fortbildungskurse gibt es sehr gute Angebote auf Ebene
der Werke, der Provinzen und der Region. Manchmal mangelt es an
Systematik bei den Bildungswegen, was sich dann in einem schwa-
chen erzieherischen und pastoralen Unternehmungsgeist zeigt. Es
fehlt nämlich eine einheitlichere Aus- und Fortbildung, die darauf
abzielt, alle Aspekte des salesianischen Charismas (spirituell, pä-
dagogisch, pastoral und beruflich) zu integrieren. Offen bleibt das
Thema der Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter anderer Religionen
und Überzeugungen.
Im Alltag passiert die gemeinsame Bildung durch die Erziehungs-
und Pastoralgemeinschaft mit ihren Organen und Prozessen der
Animation, Unterscheidung und Leitung. Das Leben der Erziehungs-
und Pastoralgemeinschaft ist einer der wirksamsten Räume für eine
gemeinsame Bildung von Salesianern und Laien und ein sehr gutes
Beispiel für die „Bildung in der Sendung“.
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11.6 Page 106

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Es ist seitens einiger Mitbrüder ein gewisser Widerstand zu beob-
achten, in die Bildung mit den Laien einbezogen zu werden, und die
Schwierigkeit, eine gewisse Haltung vorgeblicher Überlegenheit ab-
zulegen. Eine weitere Quelle der Müdigkeit gegenüber einer gemein-
samen Bildung ist Überdruss, ein Übermaß an Aktivitäten und die
Anhäufung von Aufgaben und Rollen. Einige Laien verfügen nicht
über ein großes Bewusstsein angesichts ihrer Aufgaben in der Kir-
che und sind daher auch nur wenig bereit, die daraus entstehende
Verantwortung für die Bildung anzunehmen.
34. Verschiedene Formen der Beziehung zwischen
Ordensgemeinschaft und salesianischem Werk
In der Kongregation existieren aktuell verschiedene Arten der Be-
ziehung zwischen der Ordensgemeinschaft und dem salesianischen
Werk: Es gibt Werke oder Teile eines Werkes, die der salesianischen
Gemeinschaft und Laien gemeinsam anvertraut sind; es gibt Werke
die innerhalb eines Provinzprojektes Laien anvertraut sind; es gibt
auch Werke, in denen die pastorale Animation, aber nicht die Lei-
tung einer nahen salesianischen Gemeinschaft anvertraut ist. Es
gibt weiterhin Werke, in denen die Zahl der Mitbrüder es zulässt,
alle Rollen der Verantwortung abzudecken: in diesem Fall gibt es
viele Laienmitarbeiter mit wenig oder gar keiner Verantwortung; hier
sind die Animationsstrukturen der Erziehungs- und Pastoralgemein-
schaft sehr schwach oder fehlen ganz.
Bei den Werken, die Salesianern und Laien gemeinsam anvertraut
sind, wird nicht immer verwirklicht, was das 24. GK in den Nr. 149-
159 festgeschrieben hat. Wenn es sich um ein Werk mit an Laien
übertragener Leitung unter der Leitung der Provinz handelt, gehen
die Provinzen in vielen Fällen die Herausforderung der Begleitung
sehr überlegt und kreativ an.
Obwohl positive Aspekte festzustellen sind, zeigen sich auch ge-
wichtige Probleme: die Schwierigkeit der Salesianer, eine syste-
matische Begleitung zu gewährleisten; die Bemühungen der Laien,
den von diesen Werken geforderten Einsatz mit den Forderungen
des Familienlebens zu vereinbaren; die Schwierigkeiten, die mit
dem Wechsel bei den Laien verbunden sind; fehlende Kontrollkri-
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11.7 Page 107

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
terien und -instrumente; die Notwendigkeit, Mechanismen zur Lei-
stungsbeurteilung einzuführen; die Notwendigkeit eines angemes-
senen juristischen Rahmens; die Forderung eines Wandels bei der
Aus- und Fortbildungskultur von beiden Seiten, um sich besser auf
diese neue Wirklichkeit vorzubereiten. Es kommt in manchen Häu-
sern sogar vor, dass die Rollen, Kompetenzen und Funktionen der
Salesianer und Laien in Leitungsverantwortung weder klar noch gut
definiert sind.
Wenn ein Werk oder ein Teil eines Werks ganz und gar an Laien
übergeben wird, bleibt es innerhalb eines Projektes und der Verant-
wortung der Provinz. Es gibt Situationen, in denen die Provinz eine
Aktivität, ein Werk oder Teile eines solchen an eine Rechtspersön-
lichkeit (Stiftung, Verein, Genossenschaft, Gesellschaft) übergibt
sowie die Nutzung eigener Immobilien abtritt. In diesem Fall wird
leider nicht immer ein Vertrag geschlossen, der die rechtlichen und
wirtschaftlichen Beziehungen regelt.
DEUTEN
35. Don Bosco, Vater und Lehrmeister für das Einbeziehen
und die Mitverantwortung
Die grundlegenden Elemente, um die Theorie und die Praxis der
Gemeinschaft und des Miteinanderteilens des Geistes und der Sen-
dung Don Boscos zu vertiefen, finden sich im Schlussdokument des
24. GK, das in diesem Bereich ein unumgänglicher Bezugspunkt
bleibt.
Im Blick auf die ursprünglichen Inspirationen zeigen einige kostbare
Abschnitte, dass unser Gründer sich während seines ganzen Lebens
darum sorgte, die größtmögliche Zahl von möglichen Mitarbeitern
in sein Projekt mit einzubeziehen. So rief er eine „umfassende Be-
wegung [ins Leben], in der Menschen auf verschiedene Weise zum
Heil der Jugend wirken“ (K 5): von seinen engen Freunden bis zu Stu-
dienkollegen, von Mama Margareta bis zu den Arbeitgebern, von
den guten Menschen aus dem Volk bis zu den Theologen, von den
Adligen bis zu den Politikern seiner Epoche (vgl. 24. GK, 69-86).
Als Salesianer sind wir, historisch gesehen, gemeinsam mit den
Laien und sie mit uns entstanden und gewachsen. Wir müssen be-
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11.8 Page 108

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
sonders die Bedeutung hervorheben, die die jungen Menschen bei
der Entwicklung des Charismas und der salesianischen Sendung
hatten: Don Bosco fand unter den Jugendlichen seine ersten Mitar-
beiter, die somit, in gewissem Sinne, Mitbegründer der Kongregati-
on wurden!
In dieser konstanten Dynamik, die auf die Suche nach Gemein-
schaft, Miteinanderteilen und Mitverantwortung ausgerichtet ist,
finden wir auch noch heute einen der Wesenszüge unserer Beru-
fung, für die Ankunft des Reiches Gottes in der Welt zu arbeiten.
Synodale Kirche für die Sendung und Besonderheit der Beru-
fungen
36. An der Wurzel der Verwirklichungen und der Widerstände
Viele der Widerstände gegen eine ernsthafte Übernahme des Mit-
einanders im Geist und in der salesianischen Sendung sind in einer
schwachen Rezeption der zwei großen ekklesiologischen Säulen des
II. Vatikanischen Konzils verwurzelt: die Wirklichkeit der Kirche als
Volk Gottes auf dem Weg durch die Geschichte und die daraus fol-
gende Communio-Ekklesiologie, die das wechselseitige Sich-Ergän-
zen der verschiedenen Berufungen in der Kirche hervorhebt.
Aus dieser Perspektive ist es offensichtlich, dass die Teilhabe der
Laien am Charisma und an der salesianischen Sendung kein großzü-
giges Zugeständnis seitens der salesianischen Ordensleute ist und
keine Überlebensstrategie. Der heilige Paulus lehrt klar, dass die
Charismen Gaben des Heiligen Geistes zum gemeinsamen Nutzen
sind (1 Kor 12); sie sind kein Vorrecht eines gewissen Lebensstands,
sondern bereichern das Leben der Kirche in der Vielfältigkeit und
dem Sich-Ergänzen ihrer Berufungen.
In der Überzeugung, dass es keine höhere Würde als die mit der
Taufe verliehene gibt, sodass „jeder Getaufte [...] aktiver Träger der
Evangelisierung“ ist und „es [...] unangemessen [wäre], an einen
Evangelisierungsplan zu denken, der von qualifizierten Mitarbeitern
umgesetzt würde, wobei der Rest des gläubigen Volkes nur Empfän-
ger ihres Handelns wäre“ (Evangelii gaudium, Nr. 120), fühlen wir –
Salesianer, Mitglieder der Don-Bosco-Familie, Laien und junge Men-
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11.9 Page 109

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
schen – uns dazu berufen, dass ein jeder seine Besonderheit, seine
eigene Berufung im Hinblick auf die gegenseitige Auferbauung lebt.
Wo diese ekklesiologische Struktur mit Freude aufgenommen und
überzeugend weiterentwickelt wird, lassen sich die Ergebnisse se-
hen: Die Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft blüht auf und wird
zu einer Erfahrung von Kirche, die Gemeinschaft und Sendung in ei-
ner anziehenden und fruchtbaren Form lebt.
37. Die „missionarische Synodalität“ der Kirche
Die Wiederentdeckung der synodalen Kirche war einer der bedeut-
samen Punkte der letzten Jugendsynode: „Die Frucht dieser Syno-
de, die Entscheidung, die uns der Heilige Geist durch das Hören
und Unterscheiden eingegeben hat, besteht darin, mit den jungen
Menschen zu allen zu gehen, um die Liebe Gottes zu bezeugen. Wir
können diesen Prozess beschreiben, indem wir von Synodalität für
die Mission bzw. von missionarischer Synodalität sprechen“ (Ab-
schlussdokument der Jugendsynode, Nr. 118). Anstatt uns aufzufor-
dern, irgendetwas für sie zu tun, haben uns die jungen Menschen
eher dazu eingeladen, mit ihnen unterwegs zu sein!
Papst Franziskus ist noch radikaler, als er feststellte: „Genau die-
ser Weg der Synodalität ist das, was Gott sich von der Kirche des
dritten Jahrtausends erwartet“ (vgl. Ansprache von Papst Franzis-
kus zur 50-Jahr-Feier der Errichtung der Bischofssynode, 17. Oktober
2015). Im Einklang mit dieser Feststellung wird die XVI. Ordentliche
Generalversammlung der Bischofssynode – die sich noch in der Vor-
bereitungsphase befindet und im Oktober 2022 stattfinden wird –
gerade die Synodalität als Thema haben: „Für eine synodale Kirche
– Gemeinschaft, Teilhabe und Mission“.
Solche Worte können unser salesianisches Umfeld nicht gleichgül-
tig lassen. Sie erfordern dagegen eine Umkehr des Herzens und
des Geistes sowie eine erneute Verfügbarkeit für einen Wechsel der
Gewohnheiten. Gerade die Jugendpastoral – die „nur synodal sein“
kann (Christus vivit, Nr. 206) – sollte unverzüglich in diese Richtung
vorwärtsgehen und dabei neue Wege zum Wohl aller eröffnen. Es
wird immer deutlicher, dass nur Männer und Frauen in Gemeinschaft
Familiengeist schaffen und die Sendung teilen können.
109

11.10 Page 110

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
38. Gegenseitigkeit der Beziehung, Charisma der Laien
und die Rolle der Ordensgemeinschaft
Eine gute Identifikation mit der eigenen Berufung und eine ange-
messene Kenntnis der Berufung der anderen sind wesentlich, um
die geteilte Sendung nicht auf die ausführende Zusammenarbeit
zu reduzieren. Salesianer, die ihren besonderen Ruf mit Freude und
Frische leben, sind zu einer wirkungsvollen und geschwisterlich
animierenden Präsenz fähig und können den Laien bei den Schwie-
rigkeiten, auf die diese treffen, emotionale und wirksame Unter-
stützung anbieten. Laien, die ihre Taufberufung als Zeugen des
Evangeliums überzeugt annehmen, sind frei von dem Komplex, zu
zweitrangigen pastoralen Diensten abgestellt zu sein. Gemeinsam
werden wir „kirchliches Labor“ und prophetisches Zeichen der Ge-
meinschaft für die Kirche und die Gesellschaft.
Manchmal nehmen die jungen Menschen eher das Zeugnis von Laien
an, weil dieses weniger absehbar ist, und sie unterstellen, dass die-
se nicht nur wegen ihrer Zugehörigkeit so sprechen und handeln.
Ihre Berufung, die sie mitten in die Welt stellt, lässt sie manchmal
geeigneter sein, auf die neuen kulturellen Fragen der jungen Men-
schen zu antworten. So sprechen die Laien eine für den Alltag ange-
messenere Sprache und besitzen oft berufliche Qualifikationen, die
sie in der Sendung wertvoll machen.
Die Veränderung der Rolle der Ordensgemeinschaft hängt von ver-
schiedenen Faktoren ab, aber unter diesen werden die folgenden
immer wichtiger: die Bereitschaft, sich in der Begegnung mit der
charismatischen Option von Grund auf neu zu verstehen; die Bereit-
schaft, die Rolle des allein verantwortlichen Leiters für das Werk an-
gesichts der Mitverantwortung der Laien in Frage zu stellen; die Fä-
higkeit, die Bedeutung der eigenen Präsenz innerhalb des Umfelds,
in dem man sich befindet, neu zu interpretieren.
110

12 Pages 111-120

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12.1 Page 111

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Leitung des Werkes, Leben der Gemeinschaft und animato-
rischer Kern56
39. Zwei Betriebsformen und die Zentralität des animatorischen Kerns
Die Kongregation erkennt heute nur zwei Arten der Beziehung zwi-
schen der Ordensgemeinschaft und dem Werk an. Die erste und
wichtigste, die als Bezugsnorm angesehen wird, besteht gemein-
sam aus salesianischer Gemeinschaft und Laien; die zweite bezieht
sich auf „von Laien geleitete Aktivitäten und Werke innerhalb des
salesianischen Provinzprojekts“ (vgl. 24. GK, Nr. 180-182).
Wir glauben, dass das vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil als
gültig angesehene Modell nicht mehr existiert, das eine alleinige
Animation durch Salesianer vorsieht. Wir betonen ausdrücklich,
dass die salesianische Sendung in ihrer Struktur gemeinschaftlich
verfasst ist, d.h. einer Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft sowie
derem animatorischen Kern anvertraut ist. Dieser letztere setzt sich
aus Salesianern und Laien zusammen, wobei das Verhältnis zuei-
nander unterschiedlich ist und sich beide Seiten ergänzen: Die Sen-
dung, die uns Don Bosco übergeben hat, ist niemals ein individua-
listisches und selbstbezogenes Handeln!
In jedem dieser beiden Modelle ist der „animatorische Kern“ oder
„der Rat der Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft“ zentral. Er ist
als der Motor und das Herz der gesamten Erziehungs- und Pasto-
ralgemeinschaft zu betrachten, weil von seiner Befähigung und von
seinem richtigen Funktionieren der gute Fortgang des Werkes ab-
hängt. Er ist ein wertvolles Animationsorgan und der Schlüssel für
das Leben des Werkes: „Es ist eine Gruppe von Personen, die sich
identifiziert mit der Sendung, dem Erziehungssystem und der sale-
sianischen Spiritualität und die auf solidarische Weise die Aufgabe
übernimmt, all jene zusammenzurufen, zu motivieren und einzube-
ziehen, die sich für ein Werk interessieren, um gemeinsam mit ihnen
die Erziehungsgemeinschaft zu bilden und ein Konzept der Evange-
lisierung und der Erziehung der Jugendlichen verwirklichen“ (J.E.
Vecchi, „Experten, Zeugen und Baumeister der Gemeinsamkeit.“ Die
56 Anm. d. Ü.: In den letzten Jahren findet sich im Deutschen eher der Begriff „anima-
torischer Kern“ anstelle von „Animationskern“.
111

12.2 Page 112

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
salesianische Gemeinschaft als Animationskern, in: Amtsblatt des
Generalrates der Salesianer Don Boscos, 79. Jg. [1998], Nr. 363, S.
8; Leitfaden. Die salesianische Jugendpastoral, V, 1,3, S. 126-128;
Animation und Leitung der Gemeinschaft, Nr. 121-122).
40 Salesianern und Laien anvertraute Werke
In Werken, die der Ordensgemeinschaft und Laien anvertraut sind,
ist die Gemeinschaft der bedeutende Teil des animatorischen Kerns
und charismatischer Bezugspunkt: „Eine solche Ebene des Mitein-
anders von Geist und Sendung Don Boscos mit den Laien bezeich-
net eine neue Phase in der Entwicklung unseres Charismas. Daraus
leitet sich die Notwendigkeit für die salesianische Ordensgemein-
schaft ab, ihre relativ neue Rolle innerhalb der Erziehungs- und Pa-
storalgemeinschaft voll und ganz zu überdenken und anzunehmen.
[...] Das führt zu einem radikalen Wechsel von einer hierarchischen
Autoritätsstruktur zu einem partizipativen Stil, bei dem Bezie-
hungen und persönliche Prozesse von sehr großer Bedeutung sind“
(Animation und Leitung der Gemeinschaft, Nr. 124).
Die konkrete Ausformung der Beziehung zwischen der Ordensge-
meinschaft und dem Werk als Ganzes kann nicht auf ein einziges
Modell reduziert werden (vgl. 26. GK, Nr. 120). Deswegen ist es
wichtig, einige entscheidende Faktoren zu berücksichtigen: die
verschiedenen Ebenen der Zugehörigkeit und des Miteinanders im
Geist und in der salesianischen Sendung; die verschiedenen Gra-
de, die Mitverantwortung annehmen kann; die Arten der Werke;
die Präsenz der Laien als Freiwillige oder aufgrund von Verträgen.
Schließlich muss daran erinnert werden, dass „die genaue Bezie-
hung zwischen der salesianischen Gemeinschaft und dem Werk,
wie auch der Modus, wie die Autorität des Direktors ausgeübt wird,
im salesianischen Erziehungs- und Pastoralprojekt auf Provinz-
ebene und vor Ort festgelegt werden muss“ (Animation und Leitung
der Gemeinschaft, Nr. 125).
112

12.3 Page 113

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
41. Von Laien geleitete Aktivitäten und Werke innerhalb des
salesianischen Provinzprojektes
Das 24. GK stellte vor 24 Jahren diese Art von Werk unter die Über-
schrift „Besondere neue Situationen“ (vgl. 24. GK, Teil III, Kapitel
III). Heute können wir feststellen, dass diese Neuheiten in der Kon-
gregation auf Weltebene alltäglich geworden sind, auch wenn Aus-
maß, Form und Modus in den Regionen und Provinzen ziemlich un-
terschiedlich sind.
Es ist wichtig, die beiden wesentlichen Bedingungen für die Über-
gabe eines Werkes an Laien zu wiederholen: Zuerst müssen die Kri-
terien der Identität, Gemeinschaft und salesianischen Bedeutsam-
keit überprüft werden; dann muss eine beständige und qualifizierte
Begleitung durch den Provinzial und seinen Rat gewährleistet sein
(vgl. 24. GK, Nr. 180-182); Leitfaden. Die salesianische Jugendpasto-
ral, VIII, 2,2, S. 287f.; Animation und Leitung der Gemeinschaft, Nr.
126).
Diese Bedingungen müssen beim Entscheidungsprozess in Bezug
auf die Übergabe eines Werkes an Laien aufmerksam abgewogen
werden. Eine charismatische Entscheidung und eine angemessene
Fortbildung sind besonders für jene notwendig, die Führungsaufga-
ben übernehmen, wie auch gerechte Entlohnung und angemessene
Arbeitsbedingungen. Schließlich darf nicht vergessen werden, dass
dieser mit den Laien begonnene Weg neben der Begleitung auch
ständig überprüft werden muss.
Gemeinsame Bildung für die Sendung
42. Eine absolute Priorität, die die verschiedenen Ebenen der Leitung
und Animation einbezieht
Das Miteinanderteilen des salesianischen Geistes und das Wachsen
in der Mitverantwortung erfordern gemeinsame Ausbildungswege
und -erfahrungen, welche auf die Sendung gerichtet sind, natür-
lich ohne die spezifischen Ausbildungswege der Mitbrüder und der
Laien zu vernachlässigen. Die gemeinsame Aus- und Fortbildung in
der geteilten Sendung ist eine absolute Priorität und muss vor allem
auf die Mitglieder des animatorischen Kerns gerichtet sein (vgl. Ani-
113

12.4 Page 114

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
mation und Leitung der Gemeinschaft, Nr. 106 und 122). Unsere Lai-
enmitarbeiter brauchen es, Don Bosco aus der Nähe zu erleben und
kennenzulernen und darüber nachzudenken, was in unseren Wer-
ken gelebt wird.
Es ist Aufgabe der Provinz und der Region, angemessene Bildungs-
wege für Salesianer und Laien anzubieten. Die Provinz ist gerufen,
einen gemeinsamen Bildungsplan auf Provinzebene zu erarbeiten
und die Begleitung der Prozesse auf örtlicher Ebene durch ange-
messene Personalressourcen und Mittel zu gewährleisten. Auf
Ebene der Hausgemeinschaft ist es eines der ersten Ziele, dass der
salesianische Direktor zusammen mit dem Hausobernrat und dem
animatorischen Kern der Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft
einen Bildungsplan erarbeitet, der diesem Thema eine besondere
Aufmerksamkeit sichert.
In der Erfahrung hat es sich als sehr positiv erwiesen, die Organi-
sation verschiedener Bildungsinitiativen an gemischte Teams aus
Salesianern und Laien zu vergeben: Die Salesianer bieten ihr in der
Ausbildung, Assistenz und Spiritualität erworbenes Wissen; die
Laien ihrerseits bieten neben ihren spezifischen Kompetenzen ihren
Kontakt zur Berufswelt, eine größere Aufmerksamkeit für das Fami-
lienleben, einen einfachen, freundschaftlichen Stil in der Beziehung
zu den Frauen und einen Sinn für das tägliche Leben gemäß dem
Evangelium.
Schließlich tut es gut, daran zu erinnern, dass Bildung nicht nur
durch akademische Kurse geschieht, sondern vor allem ausgehend
von der Erfahrung, gemeinsam zu leben und zu arbeiten, weil „die
erste und beste Möglichkeit, sich zu bilden und zur Teilhabe und
Mitverantwortung auszubilden, in der korrekten Verwirklichung der
EPG besteht“ (24. GK, Nr. 43).
43. Grundausbildung und lebenslanges Lernen der Salesianer
„Es ist wichtig festzuhalten, dass wir nicht für die Sendung ausge-
bildet werden, sondern dass wir in der Sendung ausgebildet wer-
den, um die sich unser ganzes Leben mit seinen Entscheidungen
und Prioritäten dreht. Die Grundausbildung und die Weiterbildung
dürfen von der Identität und der Sensibilität des Schülers nicht ab-
114

12.5 Page 115

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
gespalten werden in einer vorausgehenden oder parallelen Sonder-
welt. Die Mission unter den Völkern (inter gentes) ist unsere beste
Schule: von ihr ausgehend beten, überlegen, studieren und ruhen
wir. Wenn wir uns vom Volk isolieren oder entfernen, dem wir doch
zu dienen berufen sind, dann droht unsere Identität als Geweihte
verzerrt und entstellt zu werden.“ Diese starke Feststellung von
Papst Franziskus in seiner Botschaft an das 28. GK spricht von der
Wichtigkeit eines radikalen Perspektivenwechsels bei der Bildung
aller Mitbrüder, besonders jener, die in der Grundausbildung sind:
Wir müssen immer mehr lernen, die pastorale Erfahrung, die wir mit-
ten unter den jungen Menschen leben, kritisch zu reflektieren!
Die Aus- und Fortbildung in und für die geteilte Sendung muss auch
die Grundausbildung der Salesianer betreffen, nicht nur als Studien-
objekt, sondern auch durch wöchentliche und sommerliche pasto-
rale Erfahrungen. Die Erfahrung, während des Praktikums mit und
unter der Leitung von Laien zu arbeiten, ebenso wie die Teilnahme
am Rat der Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft, sind kostbare
Bildungsmomente, vor allem wenn sie von den Mitgliedern des ani-
matorischen Kerns, Salesianern wie auch Laien, begleitet werden.
44. Mitarbeiter anderer Religionen und Weltanschauungen
In säkularisierten und multireligiösen Kontexten teilen wir unseren
erzieherischen Einsatz mit Menschen verschiedener Religionen und
Weltanschauungen. Viele von ihnen sind auch in den animatorischen
Kern der Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft eingegliedert. Ihre
Bildung ist eine schwierige Herausforderung, die Weisheit, Mut und
Kreativität erfordert. Die Lehre der Kirche besagt, dass die Offenba-
rung Gottes in Jesus Christus, obwohl sie auf überraschende Wei-
se die menschliche Weisheit und die Erfahrung anderer religiöser
Traditionen überwindet, die Keime der Weisheit vollendet, die darin
enthalten sind, und fordert auf vielfältige Weise dazu auf, sich im in-
terreligiösen Dialog zu engagieren. Deshalb ist es möglich, gemein-
same Werte zu erkennen, die die Grundlage für eine differenzierte,
inkulturierte und kontextualisierte Aus- und Fortbildung sind, ohne
deshalb auf die Originalität des christlichen Glaubens verzichten zu
müssen.
115

12.6 Page 116

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Das 24. GK hat zu diesem Thema schon eine reiche Reflexion ent-
wickelt (vgl. 24. GK, Nr. 113, 184-186) und dabei zwei wesentliche
Elemente erkannt, die die Grundlage für die Zusammenarbeit mit
Menschen anderer Traditionen und Überzeugungen sind: zuallererst
das Miteinanderteilen des Präventivsystems (in den menschlichen
und weltlichen Werten mit jenen, die nicht an Gott glauben; in den
religiösen Werten mit jenen, die Gott oder das Transzendente an-
erkennen; im Evangelium Christi mit Christen anderer Kirchen und
kirchlicher Gemeinschaften); zweitens die Offenheit für die Suche
nach Gott seitens derjenigen, die keinen Glauben ausüben (vgl. 24.
GK, Nr. 185 und 100). Weil die „Sendung zur Jugend in der Erziehung
zugleich auf Evangelisierung ausgerichtet ist“, hat das 24. GK auch
bekannt, dass der katholischen Kirche feindlich gesinnte Positi-
onen, wie sie sich in einigen Ideologien, Sekten oder Bewegungen
finden, mit unserer Sendung dagegen nicht zu vereinbaren sind (vgl.
24. GK, Nr. 185).
Nach der Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte wäre eine Über-
prüfung der Anwendung dieser Kriterien und deren konkreter Er-
gebnisse in Bezug auf die Erziehung und Evangelisierung nützlich,
um gute Praktiken zu vermehren und Risiken zu vermeiden. Sicher
besteht eine wesentliche Bedingung in der zuverlässigen Präsenz
von Salesianern und, wo möglich, von christlichen Laien, die ihre
Berufung authentisch und mit Freude leben (24. GK, Nr. 183-185;
Animation und Leitung der Gemeinschaft, Nr. 135), ohne zu ver-
bergen, was die innere Mitte und Motivation ihres Lebens bildet.
Genauso wichtig ist ein Klima der Achtung, Geduld, Annahme und
Freundschaft, das das Aufzwingen von Werten und Überzeugungen
ebenso vermeidet wie die Angst, Themen zu berühren, die unsere
Identität ausmachen.
Wir sind überzeugt, dass wir mit allen Menschen guten Willens, die
an der salesianischen Sendung teilnehmen möchten, die väterliche
Liebenswürdigkeit Don Boscos, die Vernunft seines Erziehungssy-
stems und das Vertrauen in die Ressourcen der jungen Menschen
teilen können, ebenso die bevorzugte Entscheidung für die Armen
und den Einsatz für eine Kultur der Akzeptanz, die keine Grenzen in
Bezug auf Rasse, Hautfarbe, Nation, Kultur und Religion kennt.
116

12.7 Page 117

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
WÄHLEN
45. Synodale Kirche, geteilte Sendung und Erziehungs-
und Pastoralgemeinschaft
Wir nehmen die zwischen Salesianern und Laien geteilte Sendung
entschieden an und schätzen die Gegenseitigkeit der Berufungen.
Haltungen und Mentalitäten, die des Umdenkens bedürfen
a) Von einer Sendung, die den „persönlichen Positionen“ der Or-
densleute anvertraut ist, zu einer bewussten Communio-Ekklesi-
ologie und zur Entdeckung der Rolle der Laien.
b) Von einem Blick auf die Laien als einfachen „Mitarbeitern“ bei
der apostolischen Arbeit hin zum Ernstnehmen der Mitverantwor-
tung von Laien als einem grundlegenden charismatischen Kriteri-
um.
c) Von einem Blick auf die jungen Menschen als reinen Empfängern
unserer erzieherischen Aktivitäten dahin, dass sie sich mitver-
antwortlich für die eine Sendung fühlen.
Zu aktivierende Prozesse
d) Die Sektoren für die Ausbildung und für die Jugendpastoral för-
dern die Aufstellung einiger Leitlinien für die Animation und die
Begleitung der Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft auf der
Grundlage „Guter Praktiken“ der Kongregation.
e) Die Provinzen legen ein besonderes Augenmerk darauf, das Ver-
ständnis der Erziehungs- und Pastoralgemeinschaft zu stärken;
sie kümmern sich um die Bildung ihrer Mitglieder und die Vor-
bereitung des salesianischen Erziehungs- und Pastoralprojektes
und überprüfen regelmäßig den zurückgelegten Weg.
f) Die Provinzen übergeben schrittweise institutionelle Verant-
wortung an charismatisch gefestigte und beruflich vorbereitete
Laien, auf Haus- wie Provinzebene, und beziehen sie in die pasto-
rale Planung und die wirtschaftliche Leitung mit ein.
117

12.8 Page 118

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Zu garantierende strukturelle Bedingungen
g) Die Provinzen studieren und bestimmen Leitungsmodelle für
die verschiedenen Aufgabentypen, die den Laien innerhalb des
Provinzprojektes anvertraut werden (Provinzentwicklungsplan,
Salesianisches Erziehungs- und Pastoralkonzept der Provinz,
Provinzdirektorium) mit besonderem Bezug auf die Pflichten, die
Ernennungen, die gerechte wirtschaftliche Entlohnung, die Dauer
der Aufgaben und die Entscheidungsorgane.
h) Die Provinzen begleiten die Werke unter Führung von Laien zu-
verlässig durch die Präsenz des Provinzials und des Animations-
teams auf Provinzebene und verfassen zu diesem Thema ein Sta-
tut.
i) Die Provinzen beziehen die Gruppen der Don-Bosco-Familie in
den Plan zur Neuordnung der salesianischen Präsenzen ein und
stellen Erfahrungen der Zusammenarbeit zugunsten der Ärmsten
bereit.
46. Gemeinsame Bildung für die Sendung
Wir gewährleisten Räume und Zeiten für gemeinsame Bildung
und das Miteinanderteilen des Lebens zwischen Salesianern und
Laien für einen besseren pastoralen und erzieherischen Dienst für
die jungen Menschen.
Haltungen und Mentalitäten, die des Umdenkens bedürfen
a) Von einer sporadischen und gelegentlichen gemeinsamen Aus-
und Fortbildung zu einer systematischeren Bildung, die darauf
abzielt, alle Aspekte der salesianischen Sendung (spirituell, pä-
dagogisch, pastoral und beruflich) zu integrieren.
b) Von einer nur von Seiten der Ordensbrüder gegebenen Bildung
zu einer gemeinsam mit den Laien geplanten und verwirklichten
Bildung.
c) Von einer selbstgenügsamen Geisteshaltung zu einer wahren
Erfahrung der Notwendigkeit der gemeinsamen Aus- und Fortbil-
dung.
118

12.9 Page 119

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Welche Salesianer braucht es für die Jugendlichen von heute?
Zu aktivierende Prozesse
d) Die Sektoren für die Ausbildung und für die Jugendpastoral för-
dern die Reflexion auf der Regionalebene für ein erneuertes Ver-
ständnis und eine neue Wertschätzung der gemeinsamen Aus-
und Fortbildung vor dem Hintergrund der geteilten Sendung.
e) Der Sektor für die Missionen koordiniert Überlegungen, um die
notwendigen Bedingungen für die Teilnahme von Laienmitar-
beitern anderer Religionen und Überzeugungen an der salesia-
nischen Sendung zu vertiefen. Er schlägt geeignete und differen-
zierte Bildungswege vor, die auf die Säulen des Präventivsystems
zentriert sind.
f) Die Provinzen investieren in die gemeinsame Bildung – auch bei
der Grundausbildung – mit Hilfe der regionalen Strukturen zum
lebenslangen Lernen und gewährleisten eine wirtschaftliche Un-
terstützung, um die Teilnahme von Laien zu fördern.
Zu garantierende strukturelle Bedingungen
g) Die Provinzen erarbeiten einen Plan für die gemeinsame Bildung,
der die Bildungsniveaus, Inhalte, Zielgruppen und Subjekte durch
unterschiedliche Bildungswege unterscheidet (menschlich, spiri-
tuell, salesianisch und beruflich).
h) Die Hausgemeinschaft verwirklicht Bildungsprozesse für Salesia-
ner und Laien, die in der Lage sind, das spirituelle und brüderliche
Leben zu teilen über erzieherisch-pastorale Aktionen hinaus.
i) Die Hausgemeinschaft macht sich auf den Weg, die Erziehungs-
und Pastoralgemeinschaft und die Räte der Erziehungs- und Pa-
storalgemeinschaft als animatorischen Kern und wirksamen Ort
aufzubauen, um spirituelle und gemeinschaftliche Erfahrungen
des Dienstes mit den Laien und den jungen Menschen systema-
tisch einzuleiten.
119

12.10 Page 120

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120

13 Pages 121-130

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13.1 Page 121

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Beschlüsse
des
28. Generalkapitels
121

13.2 Page 122

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Beschlüsse
Änderungen der Konstitutionen57
1. Wahl des Generaloberen (K 128)
Der Generalobere wird vom Generalkapitel für die Dauer von sechs Jah-
ren gewählt und kann nur für eine zweite Amtsperiode wiedergewählt
werden. Ohne Zustimmung des Apostolischen Stuhles kann er nicht von
seinem Amt zurücktreten.
2. Wahlen des Vikars des Generaloberen und der Generalräte
(K 142 § 1)
Der Vikar des Generaloberen bleibt sechs Jahre im Amt und kann für das-
selbe Amt nur für eine zweite Amtsperiode wiedergewählt werden.
Am Ende der ersten Amtszeit kann der Vikar des Generaloberen zum Ge-
neralrat oder zum Generaloberen gewählt werden.
Am Ende der zweiten Amtszeit kann er nur zum Generaloberen gewählt
werden.
Die Generalräte bleiben sechs Jahre im Amt. Sie können für dasselbe
Amt oder für ein anderes Amt als Generalrat nur für eine zweite Amtszeit
wiedergewählt werden.
Am Ende der ersten oder der zweiten Amtszeit können die Generalräte
zum Vikar des Generaloberen oder zum Generaloberen gewählt werden.
Änderungen der Satzungen
3. Aufgaben der Regionalräte (S 135)
Die Regionalräte mögen den Kontakt mit den einzelnen Provinzen auf-
rechterhalten: Sie müssen sie regelmäßig visitieren sowie die Provinzi-
alräte versammeln. Im Einverständnis mit den Provinzialen können sie
die Direktoren und andere Gruppen von Mitbrüdern und Laien treffen,
um die Anregungen zu geben, die ihnen für das Wohl der Kongregation
und für einen wirksameren Dienst an der Provinz und der Teilkirche not-
wendig erscheinen.
57 Die folgenden geänderten Artikel der Konstitutionen wurden dem Heiligen Vater zur
Approbation durch die Kongregation für die Institute des gottgeweihten Lebens und
die Gesellschaften apostolischen Lebens vorgelegt. Sie wurden vom Heiligen Vater
am 7. März 2020 approbiert (Prot. N. T. 9-1/2002).
122

13.3 Page 123

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Beschlüsse
Sie treffen sich mindestens einmal jährlich mit allen Provinzialen der Re-
gion und halten die Verbindung mit den Organen der Region, den Ausbil-
dungsgemeinschaften und den Provinzenkonferenzen.
4. Nutzung des Computersystems zur Abstimmung (S 131)
Die Abstimmung passiert mit Hilfe des Computersystems (Intranet).
Dafür steht jedem Kapitular der Zugang zum Personenregister der wähl-
baren Mitglieder zur Verfügung. Die Kapitulare wählen, indem sie den
Nachnamen des Mitglieds, für das sie ihre Vorzugsstimme geben möch-
ten, auswählen.
Falls es zu einem technischen Systemfehler kommt, wird die Wahl per
Stimmzettel durchgeführt.
Die Stimmenauszähler stellen fest, ob die Zahl der Stimmen mit der der
Wahlberechtigten übereinstimmt. Überschreitet sie die Zahl der Wahl-
berechtigten, ist die Abstimmung ungültig. Stimmt sie dagegen mit ihr
überein oder ist sie niedriger als diese, wird mit der Stimmenauszählung
begonnen. Die Sekretäre schreiben die Namen ins Protokoll, die von
einem der Stimmenauszähler verlesen werden.
Beschluss
5. Durchführung der außerordentlichen Visitation (S 104)
Der Generalobere und der Generalrat legen zu Beginn der Amtszeit
die Zeiten und Modalitäten für die außerordentlichen Visitationen in
jeder Region fest, wobei sie die Möglichkeiten, die in Artikel 104 der
Satzungen festgelegt sind, nutzen, um auf jeden Fall zu gewährleisten:
– die Möglichkeit zu einem persönlichen Gespräch eines jeden Mitbru-
ders mit dem Beauftragten des Generaloberen;
– die Kenntnis der Situation vor Ort, wo unsere Sendung ausgeübt wird;
– die wirksame Ausübung der rechtlichen Vollmachten, die sich aus der
Natur der Visitation ergeben;
– die Anwesenheit des Regionalrates zumindest bei einigen Momenten
der Visitation, wenn diese von einem anderen Visitator durchgeführt
wird;
123

13.4 Page 124

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Beschlüsse
– die Kommunikation zwischen dem Visitator und dem Regionalrat, um
die weitere Begleitung durch den Regionalrat nach der Visitation zu
gewährleisten;
– angemessene Zeiten, damit der Regionalrat die Aufgaben seines
Amtes im Dienst der Region und der einzelnen Provinzen durchführen
kann (K 140 und 154; S 135-137).
124

13.5 Page 125

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Anhänge
125

13.6 Page 126

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Anhang
Ansprache
des Generaloberen Don Ángel Fernandez Artime
zur Eröffnung des 28. Generalkapiels
Gruss an die Eingeladenen
Eure Eminenz,
Kard. João Braz de Aviz
Präfekt der Kongregation für die Institute des gottgeweihten Lebens und die
Gesellschaften apostolischen Lebens
Eure Eminenz,
Kard. Tarcisio Bertone
Kard. Riccardo Ezzati
Kard. Oscar Andres Rodriguez Maradiaga
Eure Exzellenzen salesianische Erzbischöfe und Bischöfe,
Liebe Mutter Yvonne Reungoat,
Generaloberin der Don-Bosco-Schwestern,
Sehr geehrte Verantwortliche
der verschiedenen Gruppen der Don-Bosco-Familie,
Geschätzte Vertreter der Stadt Turin und der Region Piemont,
im Namen aller Mitglieder des Generalkapitels danke ich Euch für Eure
Anwesenheit und für Eure Bereitschaft, mit der Ihr auf bedeutsame Art
und Weise die offizielle Eröffnung des 28. Generalkapitels der Gesell-
schaft des Heiligen Franz von Sales (Salesianer Don Boscos) begleiten
wollt.
Es ehrt uns, dass wir uns durch die Anwesenheit eines jeden von
Euch begleitet fühlen dürfen. Gleichzeitig erinnert es uns auch an die
Verantwortung, die wir gegenüber der Kirche und gegenüber der ganzen
Don-Bosco-Familie haben, besonders gegenüber der Salesianischen
126

13.7 Page 127

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Anhang
Kongregation. Das alles ermutigt uns, diese Aufgabe mit einem prophe-
tischen und hoffnungsvollen Blick zu beginnen.
Gleichzeitig möchte ich den Willkommensgruß offiziell auf alle hier
anwesenden salesianischen Mitbrüder ausweiten, die aus den neunzig
rechtlichen Bezirken der Kongregation kommen: Provinziale und kano-
nische Obere der Visitatorien, Provinzdelegierte, Salesianer als Beob-
achter und Gäste. Die Anwesenheit von Euch allen ist wichtig. In der Tat
wissen wir nämlich und sind uns dessen im Lichte der Glaubensvision,
die jeder von uns tief im eigenen Herzen hat, bewusst: Der Herr hat uns
hier durch die „geheimnisvollen“ Wege seiner Vorsehung versammelt.
Während des ersten Generalkapitels unserer Kongregation, auf das
ich mich im folgenden Punkt beziehe, sagte Don Bosco zu Beginn: „Wir
beginnen mit einer Angelegenheit von höchster Bedeutung für unsere
Kongregation“.58 Nun, auch wir sind für eine besondere und für unsere
Kongregation wichtige Aufgabe berufen worden. Das Ergebnis des 28.
Generalkapitels wird heute von großer Bedeutung sein, so wie es auch
gestern war. Zweifelsfrei ist der gute Wille eines jeden entscheidend für
die Ergebnisse dieser Kapitelversammlung.
1. Das 28. GK der Gesellschaft des heiligen Franz von Sales
Unser Vater Don Bosco berief das erste Generalkapitel für den 5. Sep-
tember 1877 nach Lanzo Torinese. Es waren dreiundzwanzig Teilnehmer
und das Kapitel dauerte ganze drei Tage. Es folgten weitere Generalka-
pitel, wie wir gut wissen. Einige hier in Valdocco. Heute, zweiundsechzig
Jahre nach dem letzten Generalkapitel in Valdocco, der Wiege unseres
Charismas, kehren wir in tiefem Glauben an den Herrn und an seinen
Heiligen Geist, der unserer Kongregation und der Don-Bosco-Familie bei-
steht, hierher zurück. Wir sind von unserer Mutter Maria, der Helferin der
Christen, die „weiterhin alles tut“, an die Hand genommen. Don Bosco
richtet an uns einen Appell, der hier an diesem heiligen salesianischen
Ort besonders vielsagend und leidenschaftlich widerhallt.
Bei der Eröffnung dieses ersten Generalkapitels sagte Don Bosco zu
seinen Mitbrüdern: „Der göttliche Retter sagt im heiligen Evangelium,
dass dort, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind, er sich
mitten unter ihnen befindet. Wir haben bei diesem Treffen kein anderes
58 MB XIII, 250.
127

13.8 Page 128

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Anhang
Ziel als die höchste Ehre Gottes und das Heil der durch das kostbare Blut
Jesu Christi erlösten Seelen. Wir können also sicher sein, dass der Herr
sich unter uns befindet und dass Er die Dinge so führen wird, dass alles
zu seiner höchsten Ehre beitragen wird“.59
In derselben Überzeugung und mit demselben Blick im Glauben, mit
denen ich die letzte Aussage von Don Bosco durch Kursivschrift betonen
wollte, wollen und müssen wir die wichtige Aufgabe angehen, die die
ganze Kongregation uns mit diesem 28. Generalkapitel anvertraut.
Wir lesen in unseren Konstitutionen: „Das Generalkapitel ist das
grundlegende Zeichen der Einheit der Kongregation in ihrer Verschie-
denartigkeit. Es ist die brüderliche Begegnung, bei der die Salesianer
gemeinschaftlich Überlegungen anstellen mit dem Ziel, treu gegenüber
dem Evangelium und dem Charisma des Gründers und hellhörig gegen-
über den Erfordernissen von Zeit und Ort zu sein und zu bleiben.
Unter der Anleitung des Heiligen Geistes sucht die gesamte Kongre-
gation durch das Generalkapitel in einem bestimmten Augenblick der
Geschichte den Willen Gottes für den wirksameren Dienst an der Kirche
zu erkennen.“60
Ich bin fest davon überzeugt, dass das Kapitel eine Zeit sein wird,
während der der Geist des Herrn uns leiten und uns seine Gegenwart
spüren lassen wird, wie es nur Gott zu tun weiß, um uns in unserem
Wunsch zu stärken, Jesus Christus auf dem von Don Bosco skizzierten
Weg immer treuer zu sein.
1.1. In der Verantwortung stehend, ein vom Heiligen Geist erwecktes
Charisma im Dienst von Kirche und Welt zu beleben und zu lenken
Bevor ich mich auf das Generalkapitel beziehe, erlaube ich mir, auf eini-
ge Elemente zu verweisen, die als selbstverständlich genommen werden
könnten, die aber zweifelsohne wesentlich und von großer Bedeutung
sind. Der erste Punkt wurde gerade genannt.
Wir haben eine große Verantwortung: Das Charisma, uns um die Ju-
gendlichen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu sorgen, ist
nicht unser exklusives Eigentum, es gehört uns nicht, weil es eine Gabe
des Heiligen Geistes für die Kirche und die Welt ist. Dennoch erfordert es
von uns als Salesianern Don Boscos größte Sorge und höchste Treue.
59 MB XIII, 251.
60 K 146.
128

13.9 Page 129

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Anhang
Eben habe ich an den Artikel unserer Konstitutionen erinnert, in dem ge-
sagt wird, dass das Generalkapitel uns drängen muss, den Willen Gottes
in diesem Augenblick der Geschichte zu entdecken und zu erkennen,
um so der Kirche wirksamer zu dienen. Unsere Mühe des Nachdenkens,
des Studierens und der Auseinandersetzung in einem Klima unterschei-
dender Suche hat kein anderes Ziel als zu versuchen, den Willen Gottes
für uns heute bei den folgenden großen Fragen zu erkennen: Wie können
wir heute authentische Ordensmänner sein? Wie können wir jene Sale-
sianer sein, die Don Bosco selbst für die Jugendlichen von heute und für
diejenigen, die morgen kommen werden, gewollt haben würde?
Ich habe keine Zweifel, dass wir in unserem Herzen den tiefen Wunsch
hegen, weiterhin die nötigen Schritte zu vollziehen, damit das salesia-
nische Charisma reich an der Kraft des Evangeliums sei. Ich habe keine
Zweifel, dass wir im Herzen den Wunsch hegen, mutig und äußerst frei
zu sein, um das zu suchen, was uns auf dem Weg der Treue führt. Ich
habe überhaupt keinen Zweifel, dass die Klugheit, mit der wir so viele
Dinge angehen, weit von uns lähmenden Ängsten und Fesseln entfernt
ist, die weder etwas mit der Verkündigung des Evangeliums noch mit
der Erziehung der Jugendlichen zum Glauben oder mit ihrer Vorbereitung
auf das Leben und ihrem Glück zu tun haben. Das muss auch weiterhin
so sein. Vergessen wir nicht, dass Ängste und individuelle wie institu-
tionelle Fesseln die Treue töten, weil sie das Charisma daran hindern,
immer dasselbe und immer lebendig zu sein, auch im Fortgang der Jahr-
zehnte und Jahrhunderte.
1.2. In der Verantwortung stehend, die Gemeinschaft und die Einheit
des Lebens in unserer Kongregation zu leiten
Eine der Gnaden, die der Herr uns in den zurückliegenden sechs Jahren
reichlich gewährt hat, ist eine große Gemeinschaft und Einheit, jenseits
der naturgegebenen spezifischen Schwierigkeiten jeder menschlichen
Gruppe und noch mehr bei einer so zahlreichen Kongregation wie der
unseren. Wir werden dies im Bericht über den Zustand der Kongregation
sehen. Wir wachsen in der Einheit – nicht in der Einförmigkeit – und in
der Gemeinschaft. Das ist ein Geschenk und ein großer Wert, die heute
und stets bewahrt werden müssen.
Deshalb muss das Generalkapitel Zeugnis dieser vollkommenen Ge-
meinschaft des Geistes und der Sendung geben. Die Unterschiede in
129

13.10 Page 130

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Anhang
Kultur und Kontext, in Nationalität und Sprache sind ein Reichtum und
eine Gelegenheit für ein Charisma, das seine eigenen Wurzeln heute in
134 Ländern ausgestreckt hat.
Es ist wirklich erhellend zu sehen, wie unser Vater wollte, dass diese
Einheit sehr fest wäre. Beim ersten Generalkapitel sagte Don Bosco zu
den Kapitularen: „Wir stehen noch an unseren Anfängen; unsere Zahl
ist noch nicht außergewöhnlich groß und bis jetzt ist das Oratorium das
Zentrum für alle [...], aber wenn wir weitergehend nicht jede Art und Wei-
se studieren, dieses Band zu verknüpfen, werden wir in Kürze heterogen
sein und es wird keine absolute Einheit mehr unter uns geben“.61
Zum Glück ist dies dank der Gnade Gottes nicht eingetreten. Im Ge-
genteil, die Suche nach Einheit und Gemeinschaft wächst weiterhin und
festigt sich, weil es nur ein Charisma, einen heiligen Gründer, einen Le-
bensstand und eine Lebensregel für uns gibt: die Konstitutionen und
Satzungen der Salesianer Don Boscos.
1.3. Es geht um die Sache Gottes
Ich erlaube mir, wortwörtlich den Ausdruck des Generaloberen Don Luigi
Ricceri aus seiner Ansprache zur Eröffnung des 20. Besonderen General-
kapitels zu benutzen, weil er hervorragend das klare und tiefe Bewusst-
sein wiedergibt, das wir vom Wesen unseres Auftrags haben sollten. Alle
Generalkapitel sind wichtig, weil sie dabei helfen, in der jeweiligen Zeit
den Weg in Treue zu gehen. Alle drängen uns, mutig weiterzugehen. Alle
öffnen einen Weg oder befestigen den schon existierenden. Und gleich-
zeitig muss in allen der Blickwinkel des Glaubens der wichtigste sein.
Ich schlage es vor und fordere es ganz besonders für unser 28. GK,
speziell für die Thematik, die uns beschäftigen wird, und für die Frucht
unserer Entscheidungen. Ich bin davon überzeugt, dass die Aufgabe, die
uns als gläubigen Menschen anvertraut wurde, die die Kirche und die
Kongregation lieben, uns helfen wird, uns auf das Profil des Salesianers
zu konzentrieren, den in Treue zu den Konstitutionen die heutige Welt
und die heutigen Jugendlichen weiterhin brauchen. Ich bin auch davon
überzeugt, dass es von großer Bedeutung für die Fortbildung aller Sale-
sianer ist und besonders für die Grundausbildung der jungen Salesianer,
die heute sein wollen wie Don Bosco.
61 MB XIII, 286.
130

14 Pages 131-140

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14.1 Page 131

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Anhang
Deswegen müssen wir sehr frei und mutig sein sowie einen Blickwin-
kel aus dem Glauben heraus haben und ein Herz, das aufmerksam mit
großem Feingefühl die Stimme des Heiligen Geistes wahrnimmt.
„Wir sind keine Versammlung von Aktionären eines Industrieunter-
nehmens, oder von Politikern mit ihren Gruppeninteressen, denen es um
ihr Prestige, oder gar nur um das Rechthabenwollen geht. Wir sind hier
Kirche, genauer eine Versammlung von Menschen, die sich Gott geweiht
haben. Wir sind im Namen des Herrn versammelt. Es geht uns einzig und
allein um übernatürliche Dinge. Wir sind gläubige Menschen; unsere
Sorgen hängen mit unserer gläubigen Sicht der Dinge zusammen; und
auch dieses unser jetziges Tun sehen wir vom Glauben her; es ist von
ihm her beseelt, empfängt von ihm her seine Antriebe. Es geht uns in
keiner Weise um irgendwelche menschlichen Interessen, sondern um
die Sache Gottes, um die Sache seines Reiches, seiner Kirche.“62
Wenn ich an die erhoffte Frucht unseres Generalkapitels denke, er-
weist sich das gerade Gesagte als entscheidend: Was nicht zur Begeg-
nung mit Gott in der Person seines Sohnes Jesus Christus führt, kommt
nicht von Gott und wird uns nicht dienen. Was uns nicht treuer macht
gegenüber dem Charisma und unserem Gründer Don Bosco selbst, ist
zum Scheitern verurteilt, auch wenn das Trugbild des Augenblicks etwas
Anderes anzukündigen scheint. Wir sind keine Kongregation, die schon
seit Jahrhunderten lebt; aber wir sind auch nicht die letzten, die entstan-
den sind. Die 160 Jahre unserer Geschichte haben uns schon viel gelehrt.
Nur wenn sie sich vom Geist Gottes leiten lässt, findet die Kongregation
die Art und Weise, wie sie jetzt und zukünftig am besten antwortet. Nur
ein freier und klarer Blick gegenüber einer stark säkularisierten und he-
donistischen Mentalität erlaubt einen sicheren Weg. Andere Versuche
scheitern früher oder später, reiben sich auf und lassen das Lebensideal
schwächer werden, das zu der wesentlichen Entscheidung des jungen
Cagliero führt: „Bruder oder nicht Bruder, ich bleibe bei Don Bosco“.
62 20. BGK, Ansprache des Generaloberen zur Eröffnung des Besonderen Generalkapi-
tels, Rom 1971, S. 504.
131

14.2 Page 132

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Anhang
2. THEMA UND ZIEL DES 28. GK
Alle Anwesenden, einschließlich unserer Gäste, die uns mit ihrer Anwe-
senheit sehr beehren, kennen das Thema des Generalkapitels, das wir
heute offiziell für eröffnet erklären: „Welche Salesianer braucht es für
die Jugendlichen von heute?“
Das Thema antwortet auf die Dringlichkeit, unsere Aufmerksamkeit
in diesem Augenblick unserer Geschichte auf die Person des Salesianers
zu konzentrieren, der als Mann Gottes, Ordensmann und Apostel fähig
sein muss, sich auf die bestmögliche Weise auf die jungen Menschen
von heute und ihre Welt einzustellen. Sein Ziel ist es, mit ihnen bei der
Erziehung und Glaubensbildung unterwegs zu sein und ihnen zu helfen,
gute Gläubige zu sein – unter Berücksichtigung dessen, dass sie sehr oft
anderen Religionen angehören – sowie sie auf das Leben vorzubereiten,
indem er sie bei der Suche nach Sinn und auf die Begegnung mit Gott hin
begleitet.
Wir sind uns bewusst, dass nicht nur wir, die Salesianer Don Boscos,
die Verantwortung für diese Sendung haben. In der Tat verwirklichen wir
sie mit der Unterstützung zahlreicher weiterer Kräfte, Erzieher und Er-
zieherinnen, vieler Laien in allen Einrichtungen der salesianischen Welt.
In diesen sieben Wochen beschäftigt uns ein einziges Thema, das
aus drei Kernpunkten besteht:
– Priorität der salesianischen Sendung unter den Jugendlichen von heute
– Profil des Salesianers für die Jugendlichen von heute
– Gemeinsam mit den Laien in der Sendung und in der Aus- und
Fortbildung.
Die Welt, in der wir in diesem 21. Jahrhundert leben und die durch
die Verschiedenartigkeit der Kulturen und Kontexte charakterisiert ist,
braucht – wir können sogar sagen, dass sie darauf wartet – die Begeg-
nung mit salesianischen Ordensmännern und Aposteln, die darauf vor-
bereitet sind, das eigene Leben im Geiste und mit dem Herzen Don Bos-
cos zu leben. Salesianer, die fähig und bereit sind, ihr Leben weiterhin
für die Jugendlichen der heutigen Welt, mit deren Sprache, deren Visi-
onen und Interessen zu geben. Zweifelsohne befinden sich viele dieser
jungen Menschen in den salesianischen Häusern, während viele andere
„andere Höfe“ besuchen: Wir sind auch für diese Salesianer.
132

14.3 Page 133

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Anhang
Ich denke, dass die Worte von Papst Franziskus weiterhin sehr stark
nachklingen und ein sehr aktueller Appell sind, die er uns zum 200. Jah-
restag der Geburt Don Boscos an eben diesem heiligen salesianischen
Ort, nämlich Valdocco, am 21. Juni 2015 gesagt hat. Er forderte uns auf,
die tiefen Sehnsüchte der Jugendlichen nicht zu enttäuschen: ihr Bedürf-
nis nach Leben, Offenheit, Freude, Freiheit und Zukunft; ihre Sehnsucht
beim Aufbau einer gerechteren und geschwisterlichen Welt, bei der Ent-
wicklung aller Völker und bei der Bewahrung der Schöpfung und aller Be-
reiche des Lebens ... Der Papst fordert uns auf, ihnen bei der Erfahrung
zu helfen, dass sich die echten Ideale nur in einem Leben der Gnade, d.h.
in der Freundschaft mit Christus, ganz verwirklichen lassen.63
So wie sie dem Generalkapitel als Herausforderung für die ganze Kon-
gregation vorgeschlagen wurden, hoffen wir, diese Worte auf die einzig
mögliche und gültige Art verwirklichen zu können, wie ich es schon ge-
sagt habe und es erneut betone: auf dem Weg in Treue zum Herrn und zu
Don Bosco und in Treue zu den Jugendlichen. Viele dieser Jugendlichen
bitten mehr oder weniger bewusst darum, nicht wie Schiffbrüchige ih-
rem Schicksal, einem ungewissen Schicksal überlassen zu werden, weil
wir unfähig sind, Erzieher, Freunde, Brüder und Väter zu sein – wie es
hingegen Don Bosco zu seiner Zeit für die Jugendlichen war –, die in der
Lage sind, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen oder ihren Ruf zu hören.
Deswegen muss sich die Reflexion des Kapitels auf folgende Punkte
konzentrieren.
2.1. Es gilt der salesianischen Sendung zu den Jugendlichen von heute
absolute Priorität zu geben, und unter ihnen vorrangig den Bedürf-
tigsten, Ärmsten und Verlassenen. Es geht um eine Vorliebe für die
jungen Menschen von heute, die sich in einem gewissen Sinn ganz
sicher von denen von vor zehn Jahren unterscheiden; so verschieden
sind die sozialen und erzieherischen Umgebungen, in denen sie leben
und die deswegen objektiv gesehen unsere Sendung bedingen. Wir
wissen gut, dass wir uns, wenn wir von dieser Vorliebe für die Jugend-
lichen sprechen, auf etwas beziehen, das wesentlich bestimmend für
unsere charismatische Identität ist.
63 Vgl. Papst Franziskus, Wie Don Bosco, mit den Jugendlichen und für die Jugendlichen.
Brief von Papst Franziskus an den Generaloberen der Salesianer Don Boscos, in: Amts-
blatt des Generalrates der Salesianer Don Boscos, 96. Jg. (2015), Nr. 421, S. 73.
133

14.4 Page 134

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Anhang
Mit einem Zitat aus dem Einberufungsbrief zum 28. GK erinnere ich die
Kapitelversammlung an diese Priorität: „Das neue Generalkapitel wird
eine Gelegenheit sein, aufmerksam und mutig zu erkennen und zu über-
prüfen, ob unsere Präsenzen, unsere Werke und unsere Tätigkeiten im
Dienst der ärmeren Jugend stehen; ob diese unser Herz besetzen und im
Zentrum unserer Sorgen und unserer Interessen stehen; ob wir unsere
Energien und Kräfte auf sie konzentrieren.“64
2.2. Aufmerksam sein mit derselben Priorität für das Profil des
Salesianers von heute
Was von uns Salesianern gefordert und erwartet wird, wird nur möglich
sein, wenn wir in der Lage sind, wie ich es in meinem Kommentar zum
Jahresleitgedanken für die Don-Bosco-Familie gesagt habe, „wie Don
Bosco, für die Jugendlichen und mit den Jugendlichen“ zu sein. Deswe-
gen muss ein entscheidender Teil unserer Reflexion und unserer Kapi-
telsbeschlüsse der Person des Salesianers sowie unserer Aus- und Fort-
bildung besondere Aufmerksamkeit schenken.
Mit Don Bosco als Vorbild,
– sollten wir heute, wenn wir Salesianer sagen, einen Mann tiefen Glau-
bens meinen
– sollten wir heute, wenn wir Salesianer sagen, die apostolische Lei-
denschaft für die Jugendlichen meinen
– sollten wir heute, wenn wir Salesianer sagen, den Sohn Gottes mei-
nen, der Vater der Jugendlichen zu sein weiß und sich als ihr Vater
fühlt
– sollten wir heute, wenn wir Salesianer sagen, die charismatische
Identität eines jeden meinen, die die Kirche um das Charisma Don
Boscos bereichert und kirchliche Gemeinschaft schafft
– sollten wir heute, wenn wir Salesianer sagen, stets treue, stets flexi-
ble und kreative Apostel der Jugendlichen meinen
– sollten wir heute, wenn wir Salesianer sagen, immer einen Erzieher
und Freund der Jugendlichen meinen.
64 Amtsblatt des Generalrates der Salesianer Don Boscos, 99. Jg. (2018), Nr. 427, S. 9.
134

14.5 Page 135

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Anhang
2.2.1. Ein Profil eines Salesianers, der nicht improvisiert, sondern
sich bildet
Das ist einer der Gründe, worin wir die Bedeutung dieses Themas für das
Kapitel gesehen haben. Die Berufung eines jeden von uns ist Antwort
auf einen Ruf; einen Ruf der Liebe und Gnade, den wir mit Dankbarkeit
und Staunen empfangen, nicht als Recht und Verdienst. Es ist ein per-
sönlicher Ruf in einem konkreten Augenblick der Geschichte eines jeden
Menschen, im Drehbuch der Zeit und oft mit vielfältigen Vermittlungen,
oder manchmal auch nur einer; es ist ein Ruf in einem bestimmten fami-
liären, gesellschaftlichen, religiösen, kulturellen Umfeld; es ist ein Ruf,
der in der Welt eines jeden, mit ihrer eigenen Vielfalt und vielleicht auch
Komplexität, ergeht.
In so unterschiedlichen Umgebungen und Bedingungen muss jeder
von uns einen Weg beschreiten, der uns in der Nachfolge unseres Herrn
Jesus Christus dahin bringt, unser Herz und unsere Persönlichkeit so zu
formen, dass wir in uns selbst das gleiche pastorale Herz wie Don Bosco
haben, in Nachahmung von Jesus Christus, dem guten Hirten, und mit
dem Wunsch, uns großzügig den anderen zu schenken, besonders den
Jugendlichen. Ohne in einer Unbestimmtheit zu leben, die besorgniser-
regend und gefährlich wäre, sondern als Ordensmänner und Salesianer
Don Boscos in der Kirche für die Jugendlichen.
Deswegen bekräftige ich meine tiefe Überzeugung, dass das Profil
des Salesianers kein Ergebnis von Improvisation sein darf, sondern über
verschiedene Ausbildungsphasen mit ihren Erfahrungen, Zeiten und
Personen vermittelt sein muss.
2.2.2.Mit Hilfe der Qualität der Ausbildungsteams und
personalisierter Prozesse
Wir wissen sehr wohl, dass dieser Weg nicht ohne die Hilfe von Vermitt-
lungen gegangen werden kann. Häufig sind es viele und unterschied-
liche Vermittlungen. Ich kann mir vorstellen, dass unsere Reflexion beim
Kapitel sich dessen bewusst wird, dass es, mit dem Profil des Salesia-
ners von heute vor Augen, wichtiger als je zuvor wird, auf eine echte Un-
terscheidung und Begleitung zählen zu können. Deswegen ist die Rolle
der Gemeinschaft von entscheidender Bedeutung, also die Rolle der sa-
lesianischen Ortsgemeinschaften, die Rolle der Laien in der Erziehungs-
und Pastoralgemeinschaft und die der Mitbrüder in der Provinz.
135

14.6 Page 136

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Anhang
Das Überdenken und Verstehen unserer Ausbildungswirklichkeit in der
Welt von heute werden uns während der Arbeit unseres Kapitels zu der
Frage bringen, welche Erneuerung in Bezug auf die Aus- und Weiterbil-
dung wir brauchen. Denn die heutigen jungen Salesianer sind alle „digi-
tal natives“ und kommen aus kulturellen Kontexten, die sich vielleicht
von dem unseren sehr unterscheiden. Sicher sind sie ganz anders als
der Ausbildungskontext war, den diejenigen erlebt haben, die mit ihnen
sprechen. Wir bekennen uns zu denselben salesianischen Konstituti-
onen, aber in sehr unterschiedlichen Ländern, Kulturen, Sprachen und
Umgebungen. All das muss uns dahin bringen, an personalisierte Bil-
dungsprozesse zu denken, die vielleicht die einzige Garantie für einen
guten Berufungsweg mit einer Perspektive für die Zukunft sind.
Dazu gehört natürlich auch die Notwendigkeit, weiterhin die besten
Ausbildungsteams zu haben, gefestigte und stabile Teams, nicht impro-
visiert zusammengesetzt, sondern mit Personen, die für diesen beson-
deren Dienst vorbereitet sind.
2.3. Gemeinsam mit den Laien in der Sendung und in der
Aus- und Weiterbildung
Wir alle kennen das Thema des 24. GK: „Salesianer und Laien: Gemein-
schaft und Teilen im Geist und in der Sendung Don Boscos“ von 1996.
Nach vielen Jahren auf diesem Weg der gemeinsamen Sendung in den
Erziehungs- und Pastoralgemeinschaften haben wir als Kongregation
das Bedürfnis, den gegangenen Weg mit seinen Resultaten und den Wi-
derständen, die uns begegnet sind, zu überprüfen.
Wir glauben ganz sicher, dass die gemeinsame Sendung mit den
Laien ein Weg für die Entdeckung der charismatischen Identität ist, wie
besonders vom 24. GK klargestellt wurde. Heute erweist er sich als die
einzig mögliche Art und Weise, die salesianische Sendung in unserer
komplizierten Welt, in der komplexen Verschiedenheit so vieler nationa-
ler und kultureller Sondersituationen und in den vielfältigen Umfeldern
voranzubringen.
Ich ahne, dass das Kapitel bei diesem so wichtigen Teil unserer Refle-
xion, der Hand in Hand mit der Reflexion über das Profil des heute benö-
tigten und von den Jugendlichen erwarteten Salesianers geht – zusam-
men mit den Laien, die mit uns eine Sendung teilen –, vielleicht einige
dieser Punkte erwägen wird, auf die wir unsere Unterscheidung richten
müssen:
136

14.7 Page 137

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Anhang
a) Umsetzungen und Widerstände bei der mit den Laien geteilten Sen-
dung;
b) Wechselseitige Beziehung zwischen Salesianern und Laien
c) Gemeinsame Aus- und Fortbildung von Salesianern und Laien
d) Die neuen Gegebenheiten der heutigen Wirklichkeit, 24 Jahre nach
dem 24. GK, und die zu beachtenden Leitlinien und Kriterien.
3. Die „Stunde“ des 28. Generalkapitels
Liebe Mitbrüder im Kapitel, in diesen Monaten der Vorbereitung habe ich
die Hoffnung, mit der ich auf unser Generalkapitel gewartet habe, nicht
verborgen. Ich glaube nämlich, dass es sehr bedeutend und von großer
Relevanz sein wird. Alle vorhergehenden waren das auch. Ich denke, es
wird dasselbe für das 28. GK sein. Wie ich auch im Einberufungsbrief be-
stätigt habe: Wir sind „gerufen, mit Realismus, Mut und Entschlossen-
heit die Richtung des Weges einzuschlagen, der in diesem 21. Jahrhun-
dert zurückzulegen ist, in einem ganz besonderen Moment kirchlicher
Erneuerung und Läuterung“.65
– Wir sind gerufen, in unseren Entscheidungen und Beschlüssen den
zentralen Vorrang den Dingen einzuräumen, die sich auf die salesi-
anische Sendung zugunsten der ärmsten und bedürftigsten Kinder,
Heranwachsenden und Jugendlichen beziehen, also der buchstäblich
letzten, die oft ignoriert oder abgeschrieben werden.
– Wir sind gerufen, in einer ständigen Haltung des Lernens, der Offen-
heit gegenüber einer sich ständig ändernden Wirklichkeit alles uns
Mögliche zu tun, und zwar in jedem Lebensalter, um nicht aufzuhö-
ren, für und mit den Jugendlichen zu sein.
– Wir sind gerufen, die Ausbildung der jungen Salesianer von heute und
morgen zu begleiten, damit sie authentische Ordensmänner sind, vol-
ler Leidenschaft für Christus und diese so oft leidende Menschheit,
die sich danach sehnen, heute in der Einfachheit und Großzügigkeit
ihrer Hingabe „andere Don Boscos“ zu sein.
– Wir sind gerufen, eine Vision und ein großes Herz zu haben, um das
gesamte apostolische Potential wertzuschätzen, das wir als Salesi-
aner und Laien gemeinsam haben. Wir sind gerufen, zu analysieren
65 Amtsblatt des Generalrates der Salesianer Don Boscos, 99. Jg. (2018), Nr. 427, S. 27.
137

14.8 Page 138

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Anhang
und zu diagnostizieren sowie mutig Entscheidungen zu treffen, um
die prophetische Vision ganz und gar zu entwickeln, die die Kongre-
gation seit Jahren hat: gemeinsam zugunsten der Sendung und des
Dienstes unterwegs zu sein, die wir gegenüber denjenigen ausüben,
für die unser Charisma geboren wurde.
SCHLUSS
Zum Abschluss der Vorstellung dieser Herausforderungen, die uns be-
schäftigen werden, beziehe ich mich ein letztes Mal auf Don Bosco und
unsere Mutter Maria, die Helferin der Christen.
Unser Gründer war sich bewusst, dass mit ihm nicht alles aufhören
würde, sondern dass er sicher am Beginn eines langen Weges stünde.
In diesem Bewusstsein sagte er eines Tages im Jahr 1875 zu Don Giulio
Barberis, einem seiner engsten Mitarbeiter: „Ihr werdet das von mir be-
gonnene Werk vollenden; ich skizziere, Ihr malt aus [...]. Ich mache einen
groben Entwurf der Kongregation und überlasse es denen nach mir, ihn
zu verschönern“.66
Ich denke, dass wir mit dem heute beginnenden 28. GK weitere Teile
der Skizze, die uns Don Bosco überlassen hat, wieder säubern, weil der
Heilige Geist uns auch heute weiterhin darin erleuchtet, dem Herrn Jesus
Christus in der Treue zum ursprünglichen Charisma treu zu sein, mit den
Gesichtern und der Musik und den Farben von heute.
Bei dieser Sendung sind wir nicht allein. Wir wissen und fühlen, dass
die Gottesmutter Maria, die Helferin der Christen und „Helferin Don Bos-
cos“, uns leitet. Am Festtag der Unbefleckten Empfängnis 1887, zwei
Monate vor seinem Tod, sagte Don Bosco zu den Salesianern, die ihn
gerührt umgaben, bei der Betrachtung des langen und nicht einfachen
Weges seines eigenen Lebens: „Bis jetzt waren wir sicher unterwegs. Wir
können nicht irren; es ist Maria, die uns leitet“.67
Sie ist die Mutter von uns allen, die Mutter der jungen Menschen und
ihrer Familien (wenn sie welche haben). Sie ist äußerst empfindlich für
die ärmsten und bedürftigsten. Sie sagt zu uns, auch in dieser Stunde
des 28. GK: „Was er euch sagt, das tut!“68 So wie es in Kana in Galiläa
geschah.
66 MB XI, 309.
67 MB XVIII, 439.
68 Joh 2,5.
138

14.9 Page 139

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Anhang
Unsere Mutter Maria, die Helferin der Christen, möge uns erleuchten und
führen, wie sie es bei Don Bosco tat, damit wir dem Herrn treu sind und
niemals die Jugendlichen, besonders die bedürftigen, enttäuschen.
Don Ángel Fernández Artime
Generaloberer
139

14.10 Page 140

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Anhang
Ansprache von Kardinal João Braz de Aviz,
Präfekt der Kongregation für die
Institute des geweihten Lebens und für die
Gesellschaften Apostolischen Lebens
Die Identität des geweihten Lebens und sein Beitrag zum Leben
der Kirche und der Welt
Die Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gesell-
schaften apostolischen Lebens (CIVCSVA) hat in einem kleinen Heft69
die Leitlinien gesammelt, die das Ergebnis der Vollversammlung des
Dikasteriums im November 2014 sowie anschließender Überlegungen
sind. Ausgehend von dem Wort Jesu „Auch füllt niemand jungen Wein in
alte Schläuche. Sonst zerreißt der Wein die Schläuche; der Wein ist ver-
loren und die Schläuche sind unbrauchbar. Junger Wein gehört in neue
Schläuche“ (Mk 2,22), haben wir versucht, die großen vom Zweiten Vati-
kanischen Konzil eröffneten Perspektiven zu sammeln und uns der noch
offenen Herausforderungen bewusst zu werden. Folgende Herausforde-
rungen haben wir festgestellt, die zu vertiefen sind: die Berufung und
Identität des geweihten Lebens, die Neuordnung der Ausbildung im Blick
auf menschliche Beziehungen, d.h. in der Gegenseitigkeit von Mann und
Frau, ferner der Dienst der Autorität und der Gehorsam, schließlich der
Beziehungsaspekt und der Zeugnischarakter bei Besitz, Gebrauch und
Verwaltung der Güter.
Nach diesem Blick auf die Herausforderungen haben wir gefragt, wie
wir die neuen Schläuche bereiten können mittels einer Suche, die dem
Heiligen Geist treu bleibt. Das geschieht, indem wir Ausbildungsmodelle
ausarbeiten und uns um die Ausbildung der Ausbilder kümmern, in Rich-
tung auf eine Beziehungsfähigkeit im Sinne des Evangeliums, was sich
in wechselseitigen, multikulturellen Prozessen zeigt, sodann im Dienst
der Autorität in Entsprechung zu den Beziehungsmodellen und zu den
Strukturen der Räte und Kapitel.
69 CIVCSVA, Für jungen Wein neue Schläuche. Geweihtes Leben und noch offene Her-
ausforderungen seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Leitlinien, Bonn 2018 (= Ver-
lautbarungen des Apostolischen Stuhls, Nr. 210).
140

15 Pages 141-150

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15.1 Page 141

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Anhang
1. Die nachkonziliare Erneuerung
Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil sind mehr als fünfzig Jahre ver-
gangen. Papst Franziskus, wie wir Ordensmann, hat uns durch starke
Worte und Gesten dazu angeregt, die vom Zweiten Vatikanischen Konzil
vorgeschlagene Erneuerung für das geweihte Leben voranzubringen und
dabei die heutigen Herausforderungen präsent zu halten.70 Die theolo-
gischen und ekklesiologischen Grundlagen für die Erneuerung wurden
von den Konzilsvätern in der dogmatischen Konstitution Lumen gentium
in Kapitel VI (Nr. 43-47) benannt. Es geht um die geistliche, kirchliche,
charismatische und institutionelle Erneuerung des geweihten Lebens in
der Kirche.
Heute können wir sagen, dass das Zweite Vatikanische Konzil wäh-
rend dieses Aggiornamento äußerst wirkungsvolle Impulse und Me-
thoden hervorgebracht hat. Es ist ein neues Selbstverständnis des
geweihten Lebens entstanden. In der Tat waren vor dem Konzil seine
Ausprägungen und Strukturen eine „vereinte Arbeitskraft für Leben und
Sendung einer kämpferischen Kirche, die sich in ständiger Opposition
zur Welt erlebte.
In der neuen Ära der Öffnung und des Dialogs mit der Welt fühlte sich
das geweihte Leben in erster Linie dazu aufgerufen, zum Wohle des ge-
samten Kirchenkörpers die Koordinaten für eine neue Beziehung zwi-
schen Kirche und Welt auszuloten. [...] Im Sinne des Dialogs und des
Annehmens ist das geweihte Leben tatkräftig auf die Risiken dieses
neuen Abenteuers, sich zu öffnen, Gehör zu schenken und zu dienen,
zugegangen.“71
Die Charismen und das spirituelle Erbe des geweihten Lebens wur-
den in diesem neuen Klima vertrauensvoll diesem gewandelten Weltver-
hältnis zur Verfügung gestellt; gleichzeitig war es aber erforderlich, das
Risiko dieser neuen Wege einzugehen.72
In dieser Zeit nach dem Konzil wurden Vorschriften und institutionelle
Formen als Anpassung an den neuen Kodex des Kanonischen Rechts
(1983) überarbeitet. „Jede Ordensfamilie hat sich intensiv dafür einge-
setzt, den ‚Geist des Ursprungs der Institute‘ (PC, 2) neu zu deuten und
zu interpretieren. Damit wurden hauptsächlich zwei Ziele verfolgt: den
70 Vgl. das Dekret Perfectae caritatis, 1.
71 Für jungen Wein neue Schläuche, a.a.O., S. 13.
72 Vgl. ebd., S. 13.
141

15.2 Page 142

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Anhang
‚Stifterwillen‘ (CIC 1983 c. 578) getreulich zu bewahren und ‚mutig den
Unternehmungsgeist, die Erfindungsgabe und die Heiligkeit der Grün-
der und Gründerinnen wieder hervorzuheben‘ [als Antwort auf die in der
heutigen Welt auftretenden Zeichen der Zeit] (VC, 37).“73
Neue Ausbildungswege, Anpassung der Leitungsstrukturen und der
wirtschaftlichen Verwaltung sowie der Tätigkeit wurden sehr verantwort-
lich und mit Vertrauen in die Tat umgesetzt. Die Päpste dieser Zeit haben
durch ihr Lehramt den Weg des geweihten Lebens großherzig unterstützt
und dabei geholfen, „die neuen Überzeugungen zu festigen, neue Wege
zu erkennen und bei neuen Entscheidungen über Wirken und Dienst die
Rufe des Heiligen Geistes stets zu erhören und uns weise im kirchlichen
Sinne zu führen.“74 Im Besonderen werden im nachsynodalen aposto-
lischen Schreiben Vita consecrata (1996) „die Kontemplation und der
ursprüngliche Bezug zum Mysterium der Allerheiligsten Dreifaltigkeit
beleuchtet […], [d]as geweihte Leben wird zur confessio trinitatis, auch
weil es sich der Herausforderung des brüderlichen Lebens stellt‚ kraft
dessen sich die Personen des geweihten Lebens bemühen, in Christus
zu leben und »ein Herz und eine Seele« zu sein (Apg 4,32)‘ (VC, 21)“.75
Jetzt hat Papst Franziskus die Kongregation für die Institute geweih-
ten Lebens und für die Gesellschaften Apostolischen Lebens (CIVCSVA)
und die Bischofskongregation gebeten, die Überarbeitung des Doku-
mentes „Mutuae relationes“ vorzubereiten.76 In der Zwischenzeit hat
die Glaubenskongregation das Dokument „Iuvenescit ecclesia“77 veröf-
fentlicht. Dieses Schreiben verwirklicht eine erhellende Vertiefung der
Beziehungen zwischen den Bischöfen und den Ordensleuten im Lichte
der Ekklesiologie und Spiritualität der Communio und im Lichte der bei-
den gleich wesentlichen Prinzipien der Kirche, der Hierarchie und der
Charismen. So ist der neue Text von „Mutuae relationes“, der sich schon
in der Endredaktion befindet, um dann dem Heiligen Vater präsentiert zu
werden, auf willkommene Weise bereichert worden.
73 Ebd., S. 14.
74 Ebd., S. 15.
75 Ebd., S. 15f.
76 SCIVCSVA, Leitkriterien zu den Beziehungen zwischen Bischöfen und Ordensleuten in
der Kirche, Vatikanstadt 1978.
77 Kongregation für die Glaubenslehre, Iuvenescit Ecclesia. Schreiben über die Bezie-
hung zwischen hierarchischen und charismatischen Gaben im Leben und in der Sen-
dung der Kirche, Vatikan 2016.
142

15.3 Page 143

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Anhang
Jetzt drängt uns die Erfahrung des Jahrs des geweihten Lebens und
des Jubeljahres zur Barmherzigkeit dahin, neue Wege zu eröffnen. Wir
sind durch die gesellschaftliche, wirtschaftliche, politische, wissen-
schaftliche und technologische Entwicklung vielfach herausgefordert.
Bereiche, in denen früher Ordensleute fleißig tätig waren, unterstehen
heute dem Staat. Neue, ungekannte Notsituationen, neue Formen der
Armut, die Verbreitung von Freiwilligeninitiativen, die Öffnung für neue
Fronten der Sendung, vor allem bei der Gründung neuer Teilkirchen, all
dies schafft einen neuen Kontext des geweihten Lebens. Wir sind von mo-
nokulturellen Gegebenheiten zur Herausforderung der Multikulturalität
übergegangen, mit internationalen Gemeinschaften, die in unbekannten
oder multireligiösen Kontexten präsent und in schwierigen Umfeldern
angesiedelt sind, oft bedroht von unterschiedlichen Formen der Gewalt.
In vielen Fällen stehen die traditionellen Bildungsstrukturen in einer Kri-
se. Diese als Bereicherung empfundenen Neuerungen führen auch zu
Spannungen und schaffen ein unbestimmtes Gefühl der Erschöpfung,
mit der nachfolgenden Versuchung, sich mit einer Überlebensstrategie
zufrieden zu geben. Wir verstehen immer mehr, dass wir allein nicht fä-
hig sein werden, diesen notwendigen Übergang zu bewerkstelligen.78
2. Noch offene Herausforderungen
Wir gehen von einer ziemlich offensichtlichen Feststellung aus: „Je-
des etablierte System neigt dazu, sich gegen Veränderungen zu sper-
ren, und bemüht sich, seine Stellung zu halten. Dabei werden manches
Mal Unstimmigkeiten verschleiert und manchmal Altes und Neues
vermischt, indem entweder die Realität und Reibungen unter dem Deck-
mantel einer scheinbaren Eintracht ignoriert oder die eigenen Zielset-
zungen hinter oberflächlichen Korrekturen künstlich verborgen werden.
Leider trifft man immer wieder auf Beispiele für eine rein formale Zustim-
mung ohne die gebührende Umkehr des Herzens.“79
Aktuell ist die Anzahl der Austritte aus dem Ordensleben hoch. Wich-
tig ist, die Gründe für dieses Phänomen zu suchen, die sowohl bald nach
dem Ausbildungsgang als auch im fortgeschrittenen Alter erfolgen, und
zwar in allen kulturellen und geographischen Kontexten. Es handelt sich
nicht nur um emotionale Krisen, sondern auch um Enttäuschung über ein
78 Vgl. Für jungen Wein neue Schläuche, a.a.O., S. 13-23.
79 Ebd., S. 23f.
143

15.4 Page 144

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Anhang
Gemeinschaftsleben, das nicht authentisch ist. Manchmal entsprechen
die angebotenen Werte nicht dem konkret Gelebten oder der Umfang
an Aufgaben ist zu hoch und lässt kein solides spirituelles Leben zu.
Es kommt auch zur Isolierung der jungen Menschen in Gemeinschaften
mit vorwiegend alten Mitgliedern. Obwohl viele junge Menschen eine
Bereitschaft zur Transzendenz zeigen und ebenso die Fähigkeit, sich lei-
denschaftlich für die Werte des Evangeliums zu engagieren, werden sie
durch ein äußerst standardisiertes Ordensleben blockiert. So gelingt es
oft nicht, ihr Herz zu berühren und sie zu verwandeln.80
Die Integration unterschiedlicher Kulturen ist in einigen Instituten zu
einem Problem geworden: manchmal steht wenigen alten Mitgliedern
eine große Schar an jungen Mitgliedern aus verschiedenen Kulturen ge-
genüber, die sich ausgegrenzt fühlen, weil sie nur untergeordnete Rollen
einnehmen. „Es wird immer klarer, dass nicht die Bewahrung der For-
men das wichtigste ist, sondern die Bereitschaft, das geweihte Leben
in kreativer Kontinuität wieder als Erinnerung des Evangeliums an einen
permanenten Zustand der Umkehr zu sehen, aus dem konkrete Einge-
bungen und Entscheidungen hervorgehen.“81
In Bezug auf die Erneuerung der Erfahrung von Autorität und Gehor-
sam lässt sich inmitten der aktuellen Krise in verschiedenen Instituten
feststellen: „Diese Kongregation kann aus Erfahrung sagen, dass es kein
Zufall ist, dass zu den Hauptgründen für den Austritt eine Schwächung
der Glaubensvision, Konflikte im brüderlichen Leben und ein menschlich
schwaches Leben der Brüderlichkeit zählen.“82
Wo Entscheidungen im Bereich der Ausbildung zu treffen sind, sind
aktuell die Herausforderungen besonders offen. Die konkreten An-
strengungen der Institute und der (nationalen und internationalen)
Konferenzen der Ordensoberen sind erheblich. Eine der bedeutenden
Schwierigkeiten besteht noch immer darin, „dass die theologische und
anthropologische Vision nur in geringem Maße in die Konzeption von
Ausbildung, Ausbildungsmodellen und erzieherischer Pädagogik inte-
griert ist. [...] diese geringe Integration ermöglicht keine Interaktion und
keinen Dialog zwischen den beiden wesentlichen Komponenten, die für
80 Vgl. ebd., S. 24f.
81 Ebd., S. 26.
82 Ebd., S. 41.
144

15.5 Page 145

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Anhang
einen Weg der Weiterentwicklung unerlässlich sind: die spirituelle und
die menschliche Dimension.“83
Bei den Ausbildern und Ausbilderinnen ist eine Empfänglichkeit für
die Werte der verschiedenen Kulturen, der neuen Generationen und der
verschiedenen Lebenskontexte notwendig. Hier muss die Aufmerksam-
keit besonders auf die Unterscheidung der Berufungsmotivationen in
den verschiedenen kulturellen Bereichen und Kontinenten gelegt wer-
den.84
Die dringenden Aufgaben der Werke haben in vielen Instituten, ins-
besondere in Fraueninstituten, den Vorrang vor einem systematischen
und organischen Bildungsweg. Darüber hinaus findet sich häufig ein Un-
gleichgewicht zwischen der theologischen Bildung und der beruflichen.
Dadurch verliert die Ausbildung zur Jüngerschaft und zum geweihten Le-
ben leider an Bedeutung.85
Wenn wir den Blick auf die Ausbilder richten, sehen wir, dass sie nicht
selten unzureichend vorbereitet sind, aber auch, dass ihre Zahl unzurei-
chend ist. Die Ausbildung der Ausbilder wird so zu einer der wichtigsten
aktuellen Herausforderungen. Wie können wir eine persönliche Päda-
gogik, das heißt eine auf den Betroffenen zugeschnittene Ausbildung
sicherstellen, sodass in der Grundausbildung der Ausbilder vor allem
als Experte auf dem Weg der Gottsuche seinem Schüler vertrauens- und
hoffnungsvoll zur Seite steht?
Eine wichtige Rolle hat die Gemeinschaft: „In der Brüderlichkeit lernt
ein jeder mit dem zu leben, den Gott neben ihn gestellt hat, indem er
seine positiven Wesensmerkmale und zugleich seine Andersartigkeit
und seine Grenzen annimmt. Und in der Brüderlichkeit lernt man, die für
die Erbauung aller empfangenen Gaben mit den anderen zu teilen. In der
Brüderlichkeit lernt man die missionarische Dimension der Weihe (vgl.
VC 67)“.86
Im Hinblick auf die Weiterbildung muss sich noch eine Fortbildungs-
kultur entwickeln, zu der nicht nur die Ausarbeitung theoretischer Kon-
zepte gehört, sondern auch die Fähigkeit zur Verarbeitung und Überprü-
fung des konkret in der Gemeinschaft Erlebten. Hierhin gehört auch eine
83 Ebd., S. 26f.
84 Vgl. ebd., S. 27.
85 Vgl. ebd., S. 28.
86 Ebd., S. 29f.
145

15.6 Page 146

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Anhang
seriöse Einweisung in die Leitungstätigkeit, um ein reines Improvisieren
und eine unangemessene und mangelhafte Ausübung der Leitungaufga-
be zu überwinden.87
Hinsichtlich der menschlichen Dimension der Herausforderungen
des geweihten Lebens bleibt ein besonders wichtiges Feld übrig, näm-
lich die Wechselbeziehung zwischen Mann und Frau. „In Bezug auf Le-
bensmodelle, Organisations- und Leitungsstrukturen, Sprachgebrauch
und kollektive Vorstellungswelt haben wir eine Mentalität geerbt, die
tiefgreifende Unterschiede zwischen Mann und Frau in der Vordergrund
gestellt und ihnen nicht dieselbe Würde zugesprochen hat. Nicht nur in
der Gesellschaft, sondern auch in der Kirche haben einseitige Vorurteile
verhindert, dass die Gaben des echten Genius der Frau (vgl. VC, 58) und
ihr ureigener Beitrag anerkannt wurden. Diese Art von Unterschätzung
betraf vor allem die geweihten Frauen, die man nur am Rande des Le-
bens, der Seelsorge und der Mission der Kirche hat wirken lassen (vgl.
VC, 57).“88
Dieses Szenario hat sich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil be-
gonnen zu ändern, aber es ist „noch keine ausgewogene Synthese und
keine Bereinigung der aus der Vergangenheit übernommenen Schemata
und Modelle erreicht worden [...]. Es gibt weiter Hindernisse in den Struk-
turen, und es existiert immer noch etliches an Misstrauen, wenn geprüft
wird, ob Frauen in der Kirche und in der konkreten Leitung des geweihten
Lebens‚ Räume zur Mitwirkung in verschiedenen Bereichen und auf allen
Ebenen eröffnet werden, auch in den Prozessen der Entscheidungsfin-
dung, vor allem dort, wo es um sie selbst geht‘ (VC, 58)“.89
In unserem Umfeld des geweihten Lebens fehlt es im Verhältnis von
Mann und Frau noch an Reife, die besonders in unserer Zeit notwendig
ist. Die aufgrund von asketisch-spirituellen Gründen erzeugte Distanz
hat eine gegenseitige Verarmung und den Verlust der Empfindsamkeit
für die unterschiedliche Sicht des anderen provoziert. Dies spiegelt sich
im geweihten Leben auch in der verschiedenen Sensibilität der jungen
und alten Menschen wieder: „Wir können von einer kognitiven Disso-
nanz sprechen, die zwischen alten und jungen Ordensleuten existiert.
Bei den einen sind die Beziehungen zu Weiblichem und Männlichem von
87 Vgl. ebd., S. 30.
88 Ebd., S. 31.
89 Ebd., S. 33.
146

15.7 Page 147

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Anhang
viel Zurückhaltung oder gar von Ablehnung geprägt, bei den anderen
von Offenheit, Spontanität und Natürlichkeit.“90
Schließlich müssen wir noch auf „die Schwäche [hinweisen], die man
im Innern der Institute in Bezug auf diesen anthropologisch-kulturellen
Prozess einer tatsächlichen Integration der weiblichen und männlichen
Sensibilität und ihrer wechselseitigen Komplementarität feststellt. Der
hl. Johannes Paul II. hat den Wunsch der geweihten Frauen nach ‚Räu-
men zur Mitwirkung in verschiedenen Bereichen und auf allen Ebenen‘
(VC, 58) als berechtigt anerkannt. De facto sind wir in der Praxis jedoch
noch weit davon entfernt. Und man riskiert, die Kirche selbst massiv är-
mer zu machen, wie Papst Franziskus gesagt hat: ‚Schränken wir den
Einsatz der Frauen in der Kirche nicht ein, sondern fördern wir ihre aktive
Rolle in der kirchlichen Gemeinschaft. Wenn die Kirche die Frauen ver-
liert, in ihrer totalen und realen Dimension, riskiert sie, unfruchtbar zu
werden‘ (Ansprache anlässlich der Begegnung mit den brasilianischen
Bischöfen, 27. Juli 2013)“.91
Eine andere offene Herausforderung betrifft den Dienst der Autorität.
Noch heute begegnet man in verschiedenen Ordensgemeinschaften der
„Tendenz zu einer auf die Leitungsspitze konzentrierten Zentralisierung
in der Ausübung der Autorität auf lokaler Ebene und auch weiter oben,
wobei die erforderliche Subsidiarität umgangen wird. In einigen Fällen
wirkt es verdächtig, dass manche Oberen darauf bestehen, ihre Auto-
rität sei an ihre Person gebunden. Dies kann so weit gehen, dass die
Zusammenarbeit mit den Räten in der Überzeugung, (unabhängig) nach
dem eigenen Gewissen zu handeln, nahezu vereitelt wird. Das Resultat
ist eine schwache oder wirkungslose Mitverantwortung in der Leitungs-
praxis, weil nicht entsprechend delegiert wird. Die Leitung darf sich
keinesfalls in der Hand einer einzigen Person konzentrieren, denn so
werden kirchenrechtliche Verbote umgangen (vgl. CIC 1983, c. 636). In
verschiedenen Instituten gibt es immer noch Oberinnen und Oberen, die
Entscheidungen des Kapitels nicht gebührend berücksichtigen.“92 Vorab
gebildete Mehrheiten oder die Bildung verschiedener Lager, um schwer-
wiegende Fragen zu lösen, sind eine Leitungspraxis, die den Geist des
Evangeliums verletzt. Obere, die in der Macht so weit versteinern, dass
90 Ebd., S. 33.
91 Ebd., S. 34.
92 Ebd., S. 34f.
147

15.8 Page 148

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Anhang
sie in einigen Fällen sogar die Konstitutionen ändern, verursachen ih-
ren Ordenscharismen großes Leid und unterbinden das Wachstum vieler
anderer Brüder und Schwestern, die der Gemeinschaft noch mehr hel-
fen könnten. Die Umkehr vieler Oberer und Oberinnen, damit sie wirk-
lich dabei helfen können, den Willen Gottes zu unterscheiden, ist heute
unumgänglich. In einigen ganz extremen Fällen haben Obere die Reife
einer ganzen Generation von Ordensleuten verspielt, weil sie krankhafte
Beziehungen von Abhängigkeit und Sklaverei geschaffen haben. Das Di-
kasterium muss oft eingreifen, um diese Situationen zu heilen.93
Wenn wir noch vom Dienst der Autorität sprechen, müssen wir „uns
vergegenwärtigen, dass echter Gehorsam nicht umhin kann, sowohl
den Gehorsam der Autorität als auch den des Gehorchenden gegenüber
Gott an die erste Stelle zu stellen, so wie er nicht ohne einen Verweis auf
den Gehorsam Jesu auskommt, einen Gehorsam, der den Ruf der Liebe
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (Mt 27,46) und das
Schweigen der Liebe des Vaters umfasst.“94
Schließlich müssen wir bei den offenen Herausforderungen des ge-
weihten Lebens heute noch ein Wort zur Verwaltung der kirchlichen Gü-
ter der Institute des geweihten Lebens und der Gesellschaften aposto-
lischen Lebens in der Kirche sagen.
Papst Franziskus hat die Aufmerksamkeit des geweihten Lebens auf
die Verwaltung der kirchlichen Güter gelenkt. In den letzten Jahren hat
CIVSCVA in Rom zwei Symposien zu dem Thema veranstaltet. Deren Ziel
war es, die Sorge für die in den Besitz der Ordensgemeinschaften gekom-
menen weltlichen Güter zu verbessern und zu aktualisieren. An der Zahl
der Teilnehmer konnten wir das vorhandene Interesse abmessen. Teile
des Inhaltes des ersten Symposiums (2014) wurden veröffentlicht.95
„Das geweihte Leben war in seiner langen Geschichte immer dann
dazu fähig, sich prophetisch zu widersetzen, wenn die wirtschaftliche
Macht die Menschen und insbesondere die Ärmsten zu erniedrigen
drohte. In der heutigen weltweiten Finanzkrise, auf die Papst Franziskus
immer wieder hinweist, sind die Geweihten dazu aufgerufen, wahrhaft
treu und kreativ zu sein, um die Prophezeiung des gemeinsamen Lebens
93 Vgl. ebd., S. 35f.
94 Ebd., S. 40.
95 Sequela Christi. La gestione dei beni ecclesiastici degli Istituti di vita consacrata nella
Chiesa, 2014/01, Studi e commenti, S. 89-148.
148

15.9 Page 149

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Anhang
im Inneren und die Solidarität nach außen besonders gegenüber den Ar-
men und den Schwächsten nicht zu vernachlässigen.
Aus der häuslichen Ökonomie sind Verwaltungs- und Steuerungspro-
zesse geworden, die sich sozusagen unserer Kontrolle entziehen, die
aufzeigen, wie unsicher, und mehr noch, wie schlecht wir vorbereitet
sind. Wir müssen uns endlich wieder auf wirtschaftliche und finanzielle
Transparenz konzentrieren. Dies ist der erste Schritt, um den echten
Sinn der realen Gütergemeinschaft innerhalb der Gemeinschaften wie-
derherzustellen und diesen Besitz konkret mit denen, die an unserer
Seite leben, zu teilen.“96
Schluss
Drei Hinweise des Zweiten Vatikanischen Konzils stehen in diesem Au-
genblick unserer Geschichte besonders im Mittelpunkt der Reform des
geweihten Lebens: die im Lichte der Worte Jesu gelebte und transparent
bezeugte Nachfolge Christi; die Rückkehr zum zentralen Kern des Grün-
dercharismas und der Verzicht auf alles, was nicht wesentlich ist; der
ständige Austausch von Mann und Frau heute, um uns immer auf dem
Laufenden zu halten über die Fragen unserer Zeit.
Eine zentrale Rolle fällt dabei dem notwendigen Übergang zu einer
Spiritualität der Gemeinschaft zu, die in jeder Beziehung mit Großherzig-
keit und einer festen Überzeugung gelebt wird.
Das aktuelle Kapitel, das heute für Euch Salesianer beginnt, kann
wirklich eine Zeit der Gnade sein, um die Erneuerung der Gesellschaft
des Heiligen Franz von Sales voranzubringen. Dafür alles Gute!
Turin, den 22. Februar 2020
96 Für jungen Wein neue Schläuche, a.a.O., S. 43.
149

15.10 Page 150

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Anhang
Brief der jugendlichen
Teilnehmerinnen und Teilnehmer
an das 28. Generalkapitel
der Salesianer Don Boscos97
Liebe Salesianer, die ihr uns Väter, Lehrer und Freunde seid!
Diesen Brief schreiben wir Euch von Herzen. Wir haben diese Woche auf
dem 28. Generalkapitel verbracht, indem wir hörend und unterscheidend
an der Diskussion über den Salesianer für die Jugend von heute teilnah-
men. Wir wissen, dass wir selber nicht perfekt sind, und beanspruchen
daher auch keine Vollkommenheit von Euch. Versteht daher diesen Brief
bitte so, wie wenn ein Sohn oder eine Tochter an den Vater schreibt, um
ihm zu sagen, wie er oder sie sich fühlt. Als Gruppe konzentrieren wir
uns auf zwei Fragen. Das Folgende sind die Früchte unserer Arbeit.
Was ist die gegenwärtige Situation der jungen Menschen heute in
unseren Regionen, aus denen wir kommen?
Die Welt, in der wir leben, ist komplex und hat viele bedeutende He-
rausforderungen. Es ist schwierig, authentisch zu sein; darum sind wir
ängstlich, verwirrt, frustriert und brauchen viel Liebe. Den Glauben zu
leben, verlangt von uns, auf den Wegen des Evangeliums zu gehen; die
säkulare Kultur verlangt aber von uns, auf andere Weise zu leben. Die-
ses Doppelspiel macht es uns schwer, im Glauben verwurzelt zu bleiben.
Als Ergebnis unserer Angst ringen wir damit, Verpflichtungen einzuge-
hen. Eine der häufigsten Fragen, die wir stellen, lautet: „Was fange ich
an mit meinem Leben?“ Das zeigt sich, wenn wir über unsere Berufung
nachdenken. Der Erfolgsdruck kann Unsicherheit verursachen und ver-
hindert, dass wir echtes Glück finden. Die Wirklichkeit, mit der wir uns
auseinandersetzen, ist gekennzeichnet durch Arbeitslosigkeit, Schul-
und Studienabbrüche und das Fehlen von Studienmotivation.
97 In der Woche vom 28. Februar bis 7. März 2020 haben einige Jugendlich aus sieben
Regionen der Kongregation die Arbeitseinheiten zusammen mit den Kapitularen ge-
teilt. Zum Abschluss dieser Erfahrung der Anteilnahme haben sie den hier abge-
druckten Brief hinterlassen.
150

16 Pages 151-160

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16.1 Page 151

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Anhang
Wir glauben, dass unsere Gesellschaft individualistisch ist und dass wir
selbst es oft auch sind. Weil wir uns von der Gesellschaft nicht geliebt
fühlen, flüchten wir uns hinter Bildschirme und fliehen vor menschlichem
Kontakt. Ihr sollt nicht glauben, wir wären nicht an der Welt um uns he-
rum interessiert. Aber in unserer Gesellschaft, die dauernd im Fluss ist
und oft entmenschlicht, ist es schwierig, sich selbstlos für die Bedürf-
nisse der anderen zu engagieren.
Ihr aber habt noch immer die Fähigkeit, in uns jungen Menschen die
christliche Berufung für unseren Nächsten zu wecken. Das kann unser
Leben und die Welt um uns herum verwandeln, so wie es Don Bosco bei
Michele Magone gelang.
Wir sind kritisch eingestellt und verlangen danach, dass die Kirche
sich mit uns in den Anliegen positioniert, die uns betreffen. Wir füh-
len uns unwohl und verstehen oft nicht, was die Kirche zu den Themen
Gender, Frauen, sexuelle Diversität und nachhaltige Ökologie sagt und
tut. Für uns ist der Diskurs über das kognitive, soziale und emotionale
Wohlergehen normal und über den Klimawandel, worüber die Kirche zu
sprechen zögert. Dies ist ja nicht nur eine Forderung der Jugend, sondern
eine Forderung des Evangeliums.
Mit unseren Herausforderungen, so finden wir, sind wir dynamischer
als je zuvor und stimmen mit den Trends überein, die digitale Welt einge-
schlossen. Wir sind kreativ und bereit, Neues zu entdecken; wir wollen
dabei aber ganzheitlich begleitet werden (mit Geist, Leib und Seele).
Jung zu sein, ist für uns ein Zustand des Herzens und wird nicht durch
das Alter definiert. Wir wollen, wie Papst Franziskus es in Christus vivit
(Nr. 34) sagt, fähig sein, zur ersten Liebe zurückzukehren, die Jesus Chri-
stus als Gefährte und Freund der jungen Menschen ist. Es besteht in uns
ein starkes Bedürfnis nach menschlicher und geistlicher Erfüllung. Wir
wollen mit dem Ziel des persönlichen und spirituellen Wachstums auf
dem Weg sein, und wir wollen es zusammen mit Euch Salesianern.
Wie wünschen wir uns die Salesianer von heute, damit sie den verschie-
denen Wirklichkeiten junger Menschen entsprechen?
Wir waren fähig, unsere Herzen und Träume in Einklang zu bringen. Ihr
gabt uns die Gelegenheit, uns mit Euch, den Salesianern, zu verbinden,
und wir wollen ebenso mit Euch verbunden sein. Ihr habt es in dem Euch
151

16.2 Page 152

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Anhang
eigenen salesianischen Stil getan: indem Ihr mit uns wart, Seite an Sei-
te, und uns erlaubt habt, Hauptdarsteller zu sein.
Wir verstehen, dass die Salesianer für uns wie Eltern sind, die uns
begleiten. Wir wünschen Euch als diejenigen, die uns in unserer Wirk-
lichkeit mit Liebe anleiten. Eine Liebe, die uns nicht vorschreibt, was wir
sagen sollen; eine Liebe, die uns nicht diktiert, was wir zu tun haben;
eine Liebe, die für uns Gelegenheiten vorsieht, die uns helfen, geistlich
zu wachsen und unser Leben zu verwandeln.
Wir wünschen, dass Ihr in unserer Welt lebt, so wie wir von unserer
Familie wünschen, dass sie an allen Aspekten unseres täglichen Lebens
teilnimmt, und das schließt sowohl die physische wie die digitale Wirk-
lichkeit ein.
Wir wünschen, dass Ihr uns bestärkt und befähigt, gemeinsam die
Führer des Wandels der Kirche zu sein. Wir glauben an die Stärkung der
Kirche durch die Frauen. Wir glauben, dass es für einen Salesianer un-
möglich ist zu wachsen ohne die Rolle der Frauen unter uns. Denkt zum
Beispiel an den sehr bedeutsamen Beitrag von Margareta Occhiena als
Mutter des Oratoriums. Wir glauben daran, dass Frauen sich mit den Sa-
lesianern zusammentun können, um miteinander zu lernen, wie alle jun-
gen Menschen in angemessener und effektiver Weise begleitet werden.
Wir glauben, dass die Salesianer eine Kultur der Geschlechtergerech-
tigkeit praktizieren sollten. Wir glauben, dass sie die Initiative ergreifen
sollten, um zu lernen, wie sie effektiv für alle jungen Menschen wirken
können, unabhängig von ihrer Präferenz (LGBTQ+, Rasse, Migranten, In-
digene, Ethnie, Religion). Wir wünschen uns eine ganzheitliche Beglei-
tung jeder Person in ihrem jeweiligen Kontext.
Wir glauben, dass es für die Begleitung nötig ist, selbst eine ursprüng-
liche und kontinuierliche Erfahrung des Begleitetwerdens zu machen.
Wir glauben, dass die Salesianer selbst Begleitung brauchen, und wir
sind hier, dies mit Euch zu tun. Wir glauben, dass diese Art der Erfahrung
und der Begegnung der ganzen Salesianischen Familie guttut. Wir un-
terstützen Papst Franziskus, der sich in seinem Schreiben Christus vivit
(Nr. 242-245) ausdrücklich für die Bedeutsamkeit der Begleitung aus-
spricht.
Es ist sehr wichtig für uns, dass die Salesianer zu ihren Wurzeln zu-
rückkehren, indem sie außerhalb ihrer Verwaltungsfunktionen präsent
und in allen Kontexten bei den jungen Menschen sind. Wir möchten Euch
152

16.3 Page 153

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Anhang
gern daran erinnern, dass Ihr nicht nur begrenzt seid auf Eure Rolle und
Stellung in Eurer Gemeinschaft.
Wir glauben jedoch, dass es für die Salesianer von großer Bedeutung
ist, in Bezug auf ihre Grenzen klar zu sein. Als junge Menschen waren
und sind wir besorgt über die Skandale von sexuellem Missbrauch in der
Kirche. Liebe Salesianer, seid Ihr in dieser Angelegenheit die Führer und
ergreift die Initiative, um Kinder zu schützen.
Es ist für unser Wachstum sehr bedeutsam, dass eine geistliche Be-
gleitung erfolgt. Wenn wir unseren Lebensweg gehen, möchten wir gern
unseren Wunsch zum Ausdruck bringen, mit dem salesianischen Charis-
ma Gott zu dienen. Wir bitten Euch Salesianer, uns in wesentliche und
wichtige Entscheidungen einzubinden. Wir sind zur Sendung komple-
mentär, kein von der Sendung abgetrennter Teil.
Liebe Salesianer, vergesst uns als junge Menschen nicht, weil wir
Euch und das Charisma, das Ihr uns lehrtet, nicht vergessen haben. Dies
wollen wir von ganzem Herzen ausdrücken. Unser Hiersein ist die Erfül-
lung eines Traums: an diesem besonderen Ort Valdocco, wo die salesi-
anische Sendung begann, Salesianer und junge Menschen zu versam-
meln, die gemeinsam die salesianische Sendung tragen und den Willen
haben, Heilige zu werden.
Ihr habt unsere Herzen in Euren Händen. Ihr müsst für Euren kost-
baren Schatz sorgen. Vergesst uns bitte nicht und hört nicht auf, auf uns
zu hören.
Andre LAUNIO (FIN), Zenaida Ann MIRANDA (FIS), John Baptist NGUYEN
NGOC HUY (VIE), Pinky SARKAR (ING), Lloyd Don NUNES (INB), Guilherme
Ozias LOPES (SUE), Eduardo GARCIA URANGA (MEG), Carlos HERMIDA
CORBAL (SSM), Gonzalo Eduardo PERALTA CASANOVA (CIL), Elena MAR-
CANDELLA (INE), Bealoum Nahormadji MADJITOINGAR (ATE), Sergio
CEBRAL OLCINA (SMX), Elizabeth DOS SANTOS MACHADO (BMA), Juan
Pablo REYES (URU), Amal MARZOUK (MOR)
153

16.4 Page 154

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Anhang
Abschlussrede des Generaloberen
zum 28. Generalkapitel
Liebe Mitbrüder!
Meint ihr nicht, dass Gott uns in diesen vier Wochen wirklich und viel
gesagt hat, auch wenn wir nun kein von allen beschlossenes Schluss-
dokument des Generalkapitels in Händen haben? Das ist die Frage, die
ich mir stelle. Glaubt ihr nicht, dass Gott zu uns gesprochen hat in der
starken Erfahrung der Gegenwart Don Boscos, unseres geliebten Vaters?
Glaubt ihr nicht, dass Gott zu uns gesprochen hat in der wunderschönen
Erfahrung der Brüderlichkeit?
Liebe Mitbrüder, wir haben sicher alle unser brüderliches Zusam-
mensein als sehr schön erlebt und in der Begegnung mit dem anderen,
so wie er ist, Freude erfahren. Dies ist keineswegs das Ergebnis einer
Strategie. Es ist die Frucht des Heiligen Geistes, ein reifer Ausdruck des
Lebens unserer Kongregation und derer, die zurzeit die Verantwortung
der Leitung und der Animation der Provinzen innehaben.
Und ich habe mich auch gefragt: Glaubt ihr nicht, dass er uns viel
gesagt hat in diesem Klima des Glaubens und der Aufrichtigkeit, in dem
wir unsere Entscheidungen und Abstimmungen vollzogen haben? Ich
glaube, doch. Glaubt ihr nicht, dass er zu uns gesprochen hat im außer-
ordentlichen Schutz durch Maria, die Helferin der Christen? Ich glaube,
doch. Er hat zu uns gesprochen, und zwar viel, in diesem Generalkapitel,
auch wenn wir nicht zu einem Kapitelsdokument gekommen sind, das
alle internen Schritte bis zur endgültigen Beschlussfassung durchlaufen
hätte.
Liebe Mitbrüder, lasst eure Herzen nicht schwer werden aus der Ent-
täuschung darüber, dass ihr in eure Provinzen zurückkehrt, ohne die
Arbeiten des Kapitels abgeschlossen zu haben. Lasst euch davon nicht
beeindrucken; ich halte das nicht für das Wesentliche. Wir haben in
diesen Wochen gemeinsame Überlegungen angestellt und diese auch
schon in einem ersten Entwurf zusammengefasst. Wir haben auch die
gesamten Lehrtexte unserer Kongregation bis heute, insbesondere den
des 24. Generalkapitels über unsere von Salesianern und Laien gemein-
sam getragene Sendung.
154

16.5 Page 155

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Anhang
Wir haben auch die schöne und programmatische Botschaft von Papst
Franziskus an das Generalkapitel. Dies alles erweitert unseren Blick
durch Gelassenheit und großes Vertrauen.
Der zweite Teil meiner Überlegungen, die – wie ihr schon seht – sehr
kurz sein werden, soll ein Blick in die Zukunft sein. Zunächst will ich
euch sagen, dass mich eine Dankesbezeugung sehr beeindruckt hat, die
ich gestern erfahren durfte, bevor ich zum Gebet in die Basilika ging.
Einer der hier Anwesenden, ein Kapitular aus Osteuropa, sagte zu mir:
„Lieber Rettor Maggiore, ich möchte dir für zwei Dinge danken: Einmal
dafür, dass es möglich war, diese heiligen Stätten zurückzugewinnen,
und zum zweiten, dass wir Hilfe brauchen für unsere salesianische Iden-
tität: Lasst uns nicht allein!“ Ich habe diesem Mitbruder geantwortet:
„Für die erste Aussage danke ich dir; allerdings war das vor allem ein Er-
gebnis des vorigen Generalkapitels, das wir aus vielen Gründen für pro-
phetisch halten: Die ‚salesianischen heiligen Stätten, das Herz unseres
Charismas‘, zu renovieren und zu stärken. Es war das Kapitel, das dies
beschlossen hat. Danach haben einige von uns ihren Beitrag geleistet,
um diese Entscheidung umzusetzen.“
Für mich ist die schönste Sache dies: Ihr sollt in eure Provinzen zu-
rückkehren und den Mitbrüdern sagen: Hier ist das Haus für alle, hier
entstand der Traum unseres Charismas, hier kam unser Charisma zur
Welt, hier steht die Wiege, wo alle Salesianer der Welt geboren sind, hier
ist unser Charisma geboren. Hierhin sollen alle kommen können, weil sie
das Recht haben, die Erregung zu spüren, wenigstens einmal im Leben
hier in Valdocco zu sein. Ich danke dem Provinzial von Piemont aufrichtig
dafür, dass er die Sorge für diese Stätten trägt. Ich habe ihm versprochen
und tue dies weiterhin, dass wir ihn in der Sorge für dieses wundervolle
Erbe nicht allein lassen. Es ist ein Schatz für die ganze Kongregation.
Als zweites habe ich dem Mitbruder gesagt: „Ich verspreche euch, dass
wir euch auf eurem Weg der Identität nicht allein lassen.“
1. Dies ist der erste Gesichtspunkt, die erste Herausforderung, vor der
wir stehen: Gemeinsam, und zwar gemeinsam in allen Provinzen,
in allen Regionen, in der charismatischen Identität, in der salesia-
nischen Identität und Spiritualität zu wachsen. Wir alle brauchen
das, in manchen Provinzen, in manchen Regionen noch mehr als in
anderen. Wir müssen uns klar sein, dass eine hohe Zahl an Neupro-
fessen noch keine Garantie für eine starke Identität darstellt. Das ist
155

16.6 Page 156

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Anhang
nicht dasselbe. Wir müssen die Identität sicherstellen, wir müssen
sie mehr pflegen. Ich kann euch versichern, dass wir in den letzten
Jahren gesehen haben, dass viele kleinere oder größere Schwierig-
keiten mit einem Mangel an Identität zusammenhängen, wie ich es
schon bei der Eröffnung des Kapitels gesagt habe. Ich bin überzeugt,
dass dies in unseren Planungen für die kommenden sechs Jahre eine
Priorität sein muss: Unsere charismatische Identität bei allen Sale-
sianern sicherstellen. Wie ich gesagt habe, reicht es nicht, die erste
Profess abzulegen, um zu sagen: „Ich besitze die volle salesianische
Identität.“ Es ist ein Weg, manchmal ein sehr mühsamer, aber eine
wundervolle Herausforderung, die unserer Kongregation so viel
Schönheit und Kraft schenkt.
2. Eine zweite Herausforderung für unseren Sechs-Jahres-Plan: Zu Don
Bosco zurückkehren, wie es Pascual Chávez uns schon in den vergan-
genen Jahren empfohlen hat. Wir müssen immer mehr zu Don Bosco
zurückfinden, und das heißt: zur Liebe zu den jungen Menschen. Sie
haben uns darum gebeten, dass wir sie lieben. Und deshalb, als Fol-
ge daraus, sind wir zur Präsenz aller Salesianer unter ihnen, unter
den jungen Menschen, aufgerufen. Das nenne ich das „salesianische
Sakrament“ der Präsenz. Um das zu verstehen, sind keine theolo-
gischen Analysen nötig: Das Sakrament der Präsenz. Mit den Jugend-
lichen und Heranwachsenden unterwegs zu sein, um sie entdecken
zu lassen, dass Gott sie liebt, dass Gott wirklich die Liebe ist, für uns
und auch für sie. Wirklich Verkünder des Evangeliums für die jungen
Menschen zu sein. Ich glaube, das bedeutet, immer noch mehr zu
Don Bosco zurückzukehren; das ist heute eine Aufgabe und eine
Herausforderung, auch wenn wir nicht bei Null beginnen.
3. Eine dritte Herausforderung ist, Salesianer so zu auszubilden wie
Don Bosco es heute täte. Liebe Mitbrüder, nach meiner Überzeugung
ist dies vorrangig, und zwar nicht eine klerikale Ausbildung, sondern
eine gute salesianische Bildung. Die Ausbildung guter Ausbilder ist
vorrangig und ist eine Garantie. Wir müssen mehr für gute Teams
in unseren Ausbildungshäusern sorgen, damit sie wirklich salesia-
nisch und nicht elitär sind: Das stellt eine authentisch salesianische
Zukunft sicher. Keine oberflächliche allgemeine Bildung, sondern
echter salesianischer Geist. Diese dritte Herausforderung betrifft die
156

16.7 Page 157

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Anhang
gesamte Bildung der Salesianer, also auch die ständige Weiterbil-
dung, vor allem aber die Grundausbildung.
4. Eine vierte Herausforderung: Ich träume davon, dass von „Salesi-
anern Don Boscos“ heute zu sprechen so viel heißt wie von „Ver-
rückten“ zu sprechen, d.h. von Salesianern, die mit echtem salesia-
nischen Herz lieben, also „etwas verrückt“ sind in ihrer Orientierung
auf die Armen hin. Liebe Mitbrüder, wenn wir uns von den Ärmsten
entfernen, ist das der Tod der Kongregation. Don Bosco sagte das in
Bezug auf Armut und Reichtum. Ich erlaube mir hinzuzufügen: Wenn
wir eines Tages die jungen Menschen allein lassen und unter ihnen
die ärmsten, beginnt der Niedergang der Kongregation, die heute,
Gott sei Dank, sich noch guter Gesundheit erfreut, trotz all unserer
Schwächen. Beachtet diese Grundentscheidung, die kein förmlicher
Beschluss unseres Kapitels ist, weil sie schon in unseren Konstituti-
onen steht: Die radikale, vorrangige, persönliche, institutionelle und
strukturelle (zusammengefasst also in jeder Hinsicht unausweich-
liche) Option für die bedürftigsten, ärmsten und ausgeschlossenen
jungen Menschen. Diese Option ist vorrangig und grundlegend – im
Schutz der jungen Menschen vor Ausbeutung und Missbrauch jeder
Art, sexuellem Missbrauch und anderem wie dem Missbrauch durch
Gewalt, dem Mangel an Gerechtigkeit und Machtmissbrauch. Dieser
vierte Punkt ist eine schöne Verpflichtung, die wir in unseren Herzen
tragen müssen. Wenn wir uns die nächsten sechs Jahre von diesem
Licht leiten lassen, wird uns das viel Leben schenken.
5. Die fünfte Priorität. Ich glaube, dass jetzt die Zeit der Großherzigkeit
in der Kongregation gekommen ist, nicht nur beim Geld, sondern vor
allem mit dem Großmut und der Verfügbarkeit der Mitbrüder, neue
Präsenzen zu eröffnen, weil wir zum einen überall angefragt werden,
vor allem an den Orten größter Armut, zum zweiten in der Arbeit für
die Flüchtlinge, eine schreckliche und neue Armut, und zum dritten
an neuen Orten der Mission. Liebe Mitbrüder, wir alle gehören Gott
und der einen Kongregation, wir sind alle Salesianer Don Boscos für
die Welt. Ich glaube, dass die kommenden sechs Jahre eine Amtszeit
sein werden, in der dies noch mehr Realität wird, mit der Verfügbar-
keit der Mitbrüder, mit der großherzigen Antwort derjenigen Provin-
zen, die über mehr Möglichkeiten zum Dienst für andere Provinzen
157

16.8 Page 158

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Anhang
verfügen, manchmal unter der Leitung des Generaloberen und sei-
nes Rates, immer aber mit diesem Blick auf das Ganze. Dies ist der
Moment für eine neue Geisteshaltung, die die Grenzen überwinden
kann; in einer Welt, in der Grenzen mehr und mehr zu Hindernissen
werden, ist dies unser prophetisches Zeugnis: Zeigen, dass es für uns
keine Grenzen gibt. Die einzige Wirklichkeit für uns ist Gott, das Evan-
gelium und die Sendung.
6. Eine letzte Herausforderung – und wir sind dabei, sie zu bewältigen
– ist diese: Wir haben über die Don-Bosco-Familie (wörtlich: salesi-
anische Familie) gesprochen. In diesen Jahren haben wir gut gear-
beitet, bis jenseits der Erschöpfung der für diese Gruppen Zuständi-
gen. Wir haben auch gesehen, dass die Zeit für weitere Schritte noch
nicht reif ist. Dennoch wird die Don-Bosco-Familie, zusammen mit
der Wirklichkeit der mit den Laien gemeinsamen Sendung, Zielpunkt
und Garantie der salesianischen Sendung sein. Sie kann nicht nur ein
Betätigungsfeld einzelner oder eine Gelegenheit für Freundschaften
darstellen. Sie ist ein wesentliches charismatisches Element, heute
noch viel stärker als zu Don Boscos Zeiten; denn sie hat sich in diesen
160 Jahren sehr weiterentwickelt. Deshalb fordere ich euch auf, wei-
terhin an die salesianische Familie zu glauben. Sie ist nicht überall
gleich entfaltet; in einigen Gebieten ist sie bereits eine schöne Reali-
tät, in anderen steht sie noch am Anfang.
7. Nun einige sehr kurze abschließende Gedanken:
a. Dank an alle für das Geschenk des neuen Generalrats. Es ist eine
Erneuerung, die wir mit einem Blick des Glaubens annehmen
müssen. Ich glaube, dass eine der schönen Früchte des Gene-
ralkapitels, so wie auch schon immer in der Vergangenheit, das
Geschenk eines Generalrates ist. Ich bin überzeugt, das wir als
Generalrat den Wunsch nach großer Treue zum Herrn und zu Don
Bosco mit einem tiefgründigen Blick des Glaubens und mit vo-
rausschauendem Gestaltungswillen aufnehmen. Alles Weitere
sind Dinge, die wir mit unseren Fähigkeiten, unseren Beziehungen
und persönlichen Begabungen angehen. Mit großer Gelassenheit
danke ich euch für diesen neuen Generalrat.
b. Nach einigen Reflexionen in diesen Tagen sehe ich als General-
oberer nun meine erste Aufgabe der Animation der Provinzen in
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16.9 Page 159

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Anhang
der Gestaltung der geistlichen Exerzitien für die Provinziale und
die Mitglieder der Provinzialräte, jeweils für die ganze Region
oder Untergruppen von Provinzen. Damit sollen die Früchte des
28. Generalkapitels (eines sehr speziellen Kapitels!) vermittelt
werden, damit wir so die großen Herausforderungen angehen, vor
denen wir stehen und die wir jetzt klarer erkennen.
c. Nochmals möchte ich euch danken für die starke Gemeinschaft,
die unter uns besteht.
d. Dies ist die große Hoffnung, die wir in uns tragen und von der
wir tief überzeugt sind: Wir wollen die Kirche bereichern durch
die Gabe des salesianischen Charismas zum Heil der jungen Men-
schen.
Liebe Mitbrüder, von ganzem Herzen: Danke!
(Übersetzt aus dem Spanischen)
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16.10 Page 160

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Anhang
Chronik des 28. Generalkapitels
Samstag, 15. Februar:
Ankunft in Valdocco, wo Empfang und Unterkunft organisiert werden –
eine große logistische Leistung.
Sonntag, 16. Februar, nachmittags:
Beginn des Generalkapitels mit dem Grußwort des Generaloberen und
mit einigen Informationen zu den technischen Abläufen; Eucharistiefeier
zur Eröffnung des Kapitels unter dem Vorsitz des Generaloberen, der zu
den drei Schlüsselbegriffen „Fügsamkeit – Treue – Hoffnung“ predigt.
Erste Woche: 17.–22. Februar
Montag, 17.02.:
Berichte der Räte der Sektoren und der Regionalräte (erster Teil), Gute-
nacht von Kardinal Cristobal López SDB, Erzbischof von Rabat (Marok-
ko).
Dienstag, 18. Februar:
Weitere Berichte, die mit dem Bericht des Generaloberen abschließen.
Der Generalobere erinnert neben dem Rechenschaftsbericht seiner
Amtszeit und der Überprüfung der aktuellen Verfassung der Kongregati-
on an die Herausforderungen, denen die Kongregation zuletzt begegnen
musste; gleichzeitig bietet er einen hoffnungsvollen Blick in die Zukunft,
um die Versuchung der Entmutigung abzuwenden.
Mittwoch, 19.02:
Erster Tag zur Spiritualität mit Überlegungen von Don Rossano Sala
zu dem ersten Kernthema „Zentralität der Sendung unter den Jugend-
lichen“. Der Vormittag schließt mit einer von Don Sala zelebrierten
Eucharistiefeier. Nachmittags beginnen die Arbeiten zum Bericht des
Generaloberen mit Bezug zu den einzelnen Sektoren. Nach dem Abend-
essen gibt es ein Konzert in der Basilika anlässlich des 250. Geburtstags
von Ludwig van Beethoven.
160

17 Pages 161-170

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17.1 Page 161

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Anhang
Donnerstag, 20.02.:
Zweiter Tag zur Spiritualität mit einem Vortrag von Fr. Eunan McDonell
über das zweite Kernthema „Profil des Salesianers für die Jugendlichen
von heute“. Am Ende des Vormittags steht Don Eunan der Eucharistiefei-
er vor. Wie am Vortag geht es nachmittags um das Studium der Berichte,
diesmal derjenigen der Regionen.
Freitag, 21.02.:
Dritter Tag zur Spiritualität mit einem Vortrag von Koldo Gutiérrez über
das dritte Kernthema „Gemeinsam mit den Laien in der Sendung und in
der Aus- und Fortbildung“. Der Eucharistiefeier am Ende des Vormittags
steht Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga vor. Nachmittags fin-
det die Arbeit der Regionen über den Bericht des Generaloberen zum
Zustand der Kongregation seinen Abschluss.
Samstag, 22.02.:
Tag der offiziellen Eröffnung des 28. GK, der mit einer Eucharistiefeier in
der Basilika beginnt, der Kardinal João Braz de Aviz vorsteht. Nach dem
Frühstück findet in der Aula Magna die Eröffnung mit Grußworten, der
Botschaft des Kardinals João Braz de Aviz, Präfekt der Kongregation für
die Institute des gottgeweihten Lebens und die Gesellschaften aposto-
lischen Lebens, sowie der Eröffnungsrede des Generaloberen statt.
Der Vormittag endet mit dem Mittagessen, die dann folgende Zeit ist frei
bis Montag, den 24. Februar.
Zweite Woche: 24.–29. Februar
Montag, 24.02.:
Der erste Teil des Tages findet als Plenum statt: Wahl des Platzes in der
Aula, Wahl der Sekretäre und Moderatoren, Funktionieren der Überset-
zungen, der Wahlen, Vorstellung der Kapitelsatzung und Wahl der Kom-
missionen. Nachmittags Erläuterung zu den Vorschlägen zu Änderungen
der Regelungen und dann ein erstes Treffen der Kommissionen für die
Wahl des Präsidenten, Sprechers und Sekretärs. Abends lässt uns der
Generalobere vor der Vesper und der Gutenacht wissen, dass wir auf-
grund des Notstands durch das Coronavirus sehr verantwortungsvoll
sein müssen, um uns und andere nicht zu gefährden und um den staat-
161

17.2 Page 162

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Anhang
lichen Anordnungen Folge zu leisten, wonach unter anderem Fahrten in
Reisebussen verboten sind. Deshalb wird die Fahrt zum Exerzitientag am
Colle Don Bosco und nach Chieri, die für Aschermittwoch vorgesehen
war, abgesagt.
Dienstag, 25.02.:
Fest der salesianischen Protomärtyrer aus China, Hl. Aloisius Versiglia
und Hl. Kallistus Caravario: In der ersten Tageshälfte Vorstellung der von
Andrea Bozzolo erstellten Arbeitsunterlage zum Kapitelthema, darauf
folgt die zweite Zusammenfassung der von den Regionen erkannten He-
rausforderungen, nachdem sie den Bericht über den Zustand der Kon-
gregation studiert haben; dann Vorstellung der Arbeitsunterlage zu den
rechtlichen Elementen, dann folgt die Abstimmung der Satzung. In der
zweiten Tageshälfte antworten der Generalobere und die Mitglieder des
Generalrates auf die Fragen der Regionen und von Mitbrüdern, die aus
dem Studium des Berichts über den Zustand der Kongregation hervor-
gegangen sind.
Mittwoch, 26.02.:
Beginn der Fastenzeit mit dem Aschermittwoch: Morgens ein Wort-
gottesdienst mit Don Pascual Chávez, der eine Betrachtung des Rom-
briefs von 1884, des Evangeliums Don Boscos, anbietet, auf die eine
Zeit des persönlichen Gebets, der eucharistischen Anbetung und für die
Beichte folgt. Nachmittags Treffen der Kommissionen zur Wahl des Ver-
treters in der Redaktionskommission und für die Organisation der Grup-
penarbeit. Der Tag schließt mit einer Eucharistiefeier unter Vorsitz von
Don Pascual Chávez.
Donnerstag, 27.02.:
Zuerst Treffen im Plenum für die Approbation der Protokolle der voraus-
gehenden Tage und für Informationen zur Kommissionsarbeit; dann in
den Kommissionen Beratung über den ersten Teil (‚Erkennen‘) des er-
sten Kernthemas „Die Priorität der salesianischen Sendung unter den
Jugendlichen von heute“.
Freitag, 28.02.:
Die Kommissionen beraten den ganzen Tag über den zweiten Teil (‚Deu-
ten‘) des ersten Kernthemas „Die Priorität der salesianischen Sendung
unter den Jugendlichen von heute“. Der Tag schließt mit einem von der
Region Ostasien und Ozeanien organisierten Kreuzweg ab.
162

17.3 Page 163

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Anhang
Samstag, 29.02.:
Zu Beginn im Plenum Laudes und Lectio divina durch Andrea Bozzolo
über den Lieblingsjünger beim Letzten Abendmahl, später Arbeit in den
Kommissionen über den dritten Teil (‚Wählen‘) des ersten Kernthemas.
Der Tag schließt gegen Mittag mit der vom Turiner Erzbischof Cesare No-
siglia zelebrierten Eucharistiefeier. Freizeit bis Montag, den 02. März.
Dritte Woche: 2.–7. März
Montag, 02.03.:
Morgens Arbeit in den Kommissionen, um das erste Kernthema abzu-
schließen, unter Beteiligung der jungen Menschen, die für diese Woche
gekommen sind. Nachmittags Plenum für die Lesung und Approbation
der Protokolle, die Vorstellung des Dokuments des Dikasteriums für die
Aus- und Fortbildung „Junge Salesianer und Begleitung. Orientierungen
und Weisungen“ und die Vorstellung der Vorschläge der Rechtskommis-
sion, danach Rückkehr in die Kommissionen.
Dienstag, 03.03.:
Vormittags Plenum zur Approbation der Protokolle, Vorstellung der Zu-
sammenfassung jeder der vier Kommissionen zum ersten Kernthema,
danach Zeit zum Austausch. Nachmittags Arbeit in den Kommissionen
für den ersten Teil des zweiten Themas: „Welche Aus- und Fortbildung
für den Salesianer für die Jugendlichen von heute?”
Mittwoch, 04.03.:
Vormittags im Plenum Approbation der Protokolle, technische Erpro-
bung des elektronischen Wahlsystems; nach vielen Misshelligkeiten
beschließt man die Verschiebung; erste Debatte über die rechtlichen
Themen, bei der viele Kapitulare zu den unterschiedlichen Themen ge-
sprochen haben. Nachmittags Weiterarbeit in den Kommissionen zum
ersten Teil des zweiten Themas.
Donnerstag, 05.03.:
Morgens Arbeit in den Kommissionen, noch zum zweiten Teil des zweiten
Themas. Nachmittags zuerst ein Treffen im Plenum für wichtige Mittei-
lungen des Generaloberen zum Notstand in Italien aufgrund der Corona-
virus-Epidemie (die vom italienischen Staat vorgesehenen Maßnahmen
sind ernst zu nehmen; man bittet uns, uns als Gruppe von Kapitularen
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17.4 Page 164

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Anhang
unauffällig zu verhalten; es dürfen keinerlei Informationen über das Ka-
pitel herausgegeben werden; alle Besuche, einschließlich der Treffen
mit den Laien, die zum Kapitel eingeladen waren, sind abgesagt), dann
hören wir einen Gruß von Papst Franziskus, der uns besuchen wollte
und uns stattdessen eine Botschaft geschickt hat; schließlich wird die
Möglichkeit angesprochen, dass die Wahl des Generaloberen und des
Generalrates vorgezogen werden muss, weil die weitere Entwicklung
der Epidemie unsicher ist und zu einer erzwungenen Beendigung des
Generalkapitels ohne Wahl der Leitung der Kongregation führen könnte.
Nach diesen Informationen finden zwei Meinungsumfragen der Rechts-
kommission statt. Zum Abschluss beginnt der dritte Teil (‚Wählen‘) des
zweiten Kernthemas.
Freitag, 06.03.:
Erster Teil in der Aula zur Lesung und Approbation der Protokolle, Ab-
stimmung über das Vorziehen der Wahlen, mit positivem Ergebnis, Ab-
stimmung über die rechtlichen Elemente. Nachmittags Arbeit in den
Kommissionen zu dem dritten Teil des zweiten Themas.
Samstag, 07.03.:
Vormittags im Plenum Laudes und Lectio divina durch Don Andrea Boz-
zolo über den Lieblingsjünger am Fuß des Kreuzes. Zuerst Lesung und
Approbation der Protokolle, dann endgültige Abstimmung über die am
Vortag präsentierten rechtlichen Elemente. Danach bekommen die jun-
gen Menschen Gehör geschenkt. Sie fordern von uns, unter ihnen prä-
sent zu sein, Gehör, Begleitung, Vertrauen, Teilen, gemeinsames Un-
terwegssein und vor allem Liebe. Am Schluss ihres Beitrags segnet der
Generalobere die Statue von Mama Margareta, die vor dem Pinardihaus
aufgestellt ist; dann findet in der Basilika eine Eucharistiefeier unter Vor-
sitz von Don Fabio Attard statt.
Vierte Woche: 9.–14. März
Montag, 09.03.:
Erster Teil im Plenum für Lesung und Approbation des Protokolls, dann
folgt die Vorstellung der ersten Fassung des ersten Kernthemas: „Pri-
orität der salesianischen Sendung unter den Jugendlichen von heute”.
Anschließend Treffen in den Kommissionen für eine erste Reaktion und
164

17.5 Page 165

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Anhang
Vorschläge. Nachmittags im Plenum eröffnet P. Pierluigi Nava SMM, Un-
tersekretär der CIVCSVA, der die Unterscheidung zu den Wahlen leiten
soll, diese Phase des Generalkapitels mit einer Reflexion über „Die Un-
terscheidung aus kirchlicher Perspektive“. Darauf folgt eine Zeit des Ge-
bets und der persönlichen Reflexion mit der Vesper in der Basilika und
eucharistischer Anbetung nach dem Abendessen.
Dienstag, 10.03.:
Morgens Eucharistiefeier mit P. Nava in der Basilika; dieser präsentiert
anschließend im Plenum eine zweite Reflexion: „Wahl, Unterscheidung
und Konsensbildung“, der eine Zeit des Gebets und der persönlichen Re-
flexion folgt. Bei einem zweiten Treffen in den Kommissionen beginnt die
Unterscheidung im Hinblick auf die Wahl des Generaloberen. Nachmit-
tags wird dieser Prozess zunächst fortgesetzt. Er endet mit der Übergabe
der Wahlperspektiven an den Leiter; in der Aula wird dann das Ergebnis
der Unterscheidung der Kommissionen vorgestellt: Zwei Namen haben
die meisten Vorzugsstimmen erhalten, nämlich Don Ángel Fernández
und Don Fabio Attard. Nach dem Abendessen eucharistische Anbetung.
Mittwoch, 11.03.:
Vormittags Eucharistie in der Basilika, dann in der Aula Wahl der Sekre-
täre und Stimmenauszähler für die Wahlen, danach Abstimmung und
Wahl des Generaloberen. Don Ángel Fernández Artime wird für eine zwei-
te Amtszeit wiedergewählt. In den beiden folgenden Arbeitssitzungen
geht es in die Kommissionen zurück für die Unterscheidung im Hinblick
auf die Wahl des Vikars des Generaloberen. Nach der Vesper Gutenacht
des Generaloberen. Nach dem Abendessen eine Stunde eucharistische
Anbetung.
Donnerstag, 12.03.:
Vormittags Eucharistie in der Basilika unter Vorsitz des Generalobe-
ren mit einer Predigt über den ‚Guten Hirten‘. Erste Arbeitssitzung in
der Aula mit einer Meinungsumfrage zu den Kandidaten und Wahl des
Vikars des GO, Don Stefano Martoglio. Direkt im Anschluss geht es in
die Kommissionen nach Regionen, um die Kandidaten für die Räte der
verschiedenen Sektoren (Aus- und Fortbildung, Jugendpastoral, Soziale
Kommunikation, Missionen und Ökonomie) zu benennen. Gleichzeitig
findet eine Versammlung einer kleinen Gruppe von Kapitularen (Don Ste-
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17.6 Page 166

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Anhang
fano Martoglio, Don Enrico Stasi, Don Pier Fausto Frisoli, Don Rossano
Sala, Don Pascual Chávez) statt, die der GO zusammengerufen hat, um
die Entscheidung angesichts der verpflichtenden Maßnahmen der Re-
gierung im Notfall Coronavirus zu überlegen. Es wird die Entscheidung
getroffen, das 28. GK am Samstagvormittag mit der Heiligen Messe zu
beenden, wonach die Mitbrüder abfahren können. Das bedeutet, dass
alle Wahlen der Räte bis Freitagabend stattgefunden haben müssen und
im Plenum dem Generaloberen und seinem Rat die Arbeit zu der Arbeits-
unterlage hinsichtlich eines Kapiteldokuments anvertraut werden muss.
Deswegen gibt es vor dem Mittagessen in der Aula eine offizielle Vermel-
dung des Generaloberen zu dem getroffenen Entschluss hinsichtlich der
Beendigung des Kapitels.
Nachmittags wird die Arbeit in den Kommissionen nach Regionen fortge-
setzt; diese übergeben die Namen für Kandidaten für die Räte. In einem
zweiten Teil wird im Plenum eine Meinungsumfrage und die Wahl der
Räte durchgeführt: Aus- und Fortbildung, Don Ivo Coelho; Jugendpasto-
ral, Don Miguel Ángel García Morcuende, der kein Kapitular war; soziale
Kommunikation, Don Gildásio dos Santos; Missionen, Don Alfred Mara-
villa; Ökonomie, Herr Jean Paul Muller. Nach der Vesper Gutenacht von
Don Stefano Martoglio.
Freitag, 13.03.:
Vormittags in der Basilika Eucharistie unter Don Stefano Martoglio; zu-
erst Arbeit in den Kommissionen der Regionen zur Wahl ihres Kandidaten
als Regionalrat, anschließend die Abstimmung. Hier das Ergebnis: Afri-
ka Madagaskar, Don Alphonse Owoudou (AFO); Latein- und Südameri-
ka, Don Gabriel Romero (ARN); Ostasien und Ozeanien, Don Joseph Phu-
oc Nguyen (VIE); Südasien, Don Michael Biju Pulianmackal; Mittel- und
Nordeuropa, Don Roman Jachimowicz (PLN); Mittel- und Nordamerika,
Don Hugo Orozco (MEG); Mittelmeerraum, Don Juan Carlos Pérez Godoy.
Nachmittags ein Erinnerungsfoto des 28. GK vor der Don-Bosco-Statue,
anschließend in der Aula ein Film über Artemide Zatti und zum Ab-
schluss der Arbeiten die Schlussansprache des Generaloberen und die
Erklärung des Endes des 28. GK.
Zum Abschluss gab es in der Basilika die Vesper, das Te Deum und die
Übergabe des Kreuzes des Guten Hirten. Nach dem Abendessen folgte
ein Fest für den Generaloberen und den neuen Generalrat.
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17.7 Page 167

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Anhang
Samstag, 14.03.:
Morgens in der Basilika Abschlusseucharistiefeier unter Vorsitz des Ge-
neraloberen.
Nach dem Frühstück Abreise in die verschiedenen Herkunftsländer der
Kapitulare.
Beim Mittagessen wurde in einfacher Form des 80. Jahrestages der Grün-
dung der UPS gedacht. Zum Abschluss lud Don Ángel eine Gruppe von
Kapitularen ein, die Arbeiten im Don-Bosco-Museum zu besichtigen, das
sehr schön geworden ist und ein großes Geschenk für die Kongregation
und die ganze Don-Bosco-Familie sein wird, weil es die verschiedenen
Phasen dieses „Mutterhauses“, ihrer Entwicklung und ihrer heutigen
Präsenz in der Welt rekonstruiert.
167

17.8 Page 168

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Anhang
Teilnehmerliste
des 28. Generalkapitels
Generalrat
1 P FERNÁNDEZ ARTIME Ángel Generaloberer – Vorsitzender
2 P CEREDA Francesco
Vikar des Generaloberen
3 P COELHO Ivo
Generalrat für Ausbildung
4 P ATTARD Fabio
Generalrat für Jugendpastoral
5 P BASAÑES Guillermo
Generalrat für Missionen
6 P GONZÁLEZ Plasencia Filiberto Generalrat für Soziale Kommunikation
7 L MULLER Jean Paul
Generalökonom
8 P CHAQUISSE Américo
Regionalrat
9 P KANAGA Maria Arokiam
Regionalrat
10 P KLEMENT Václav
Regionalrat
11 P MARTOGLIO Stefano
Regionalrat
12 P PLOCH Timothy
Regionalrat
13 P ROZMUS Tadeusz
Regionalrat
14 P VITALI Natale
Regionalrat
15 P VANOLI Stefano
Generalsekretär – Regulator
16 P FRISOLI Pier Fausto
Generalprokurator
17 P CHÁVEZ VILLANUEVA Pascual Ehemaliger Generaloberer
Salesianische Region: Afrika und Madagaskar
18 P JIMÉNEZ CASTRO Manuel
Visitatorieoberer Afrika Kongo Kongo
19 P ITSIEKI MANZANZA Alfred
Delegierter
Afrika Kongo Kongo
20 P TESFAY Hailemariam Medhin Visiatorieoberer Afrika Äthiopien
21 P LAVENTURE Ignacio
Delegierter
Afrika Äthiopien
22 P KITUNGWA Albert
Provinzial
Zentralafrika
23 P CABALA UMBI Didier
Delegierter
Zentralafrika
24 P KALUMBU BESA Dieudonné Delegierter
Zentralafrika
25 P LIPUKA Simon Asira
Provinzial
Ostafrika
26 L NJUGUNA Ngigi
Delegierter
Ostafrika
27 P SELLAM Augustine
Delegierter
Ostafrika
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17.9 Page 169

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Anhang
28 P THEKUMCHERIKUNNEL Joy Sebastian
Visitatorieoberer Südafrika
29 P TLAILE Lingoan
Delegierter
Südafrika
30 P ELÉGBÉDÉ José
Provinzial
Französischsprachiges
Westafrika
31 P BADJI Jésus Benoît
Delegierter
Französischsprachiges
Westafrika
32 P KARIKUNNEL Michael
Provinzial
Englischsprachiges
Westafrika
33 P KPEN-ANA Peter
Delegierter
Englischsprachiges
Westafrika
34 P NGOBOKA Pierre Célestin
Visitatorieoberer Afrika
Gebiet der großen Seen
35 P TURABANYE Jean-Pierre
Delegierter
Afrika
Gebiet der großen Seen
36 P SEQUEIRA GUTIERREZ Victor Luis Visitatorieoberer Angola
37 P LUCAS Manuel Cambanje
Delegierter
Angola
38 P OWOUDOU Alphonse
Visitatorieoberer Äquatorialafrika
39 P ELA ENAM André Young
Delegierter
Äquatorialafrika
40 P RANDIMBISOA Charles Armand Visitatorieoberer Madagaskar
41 P BIZIMANA Innocent
Delegierter
Madagaskar
42 P SARMENTO Adolfo de Jesus Visitatorieoberer Mosambik
43 P MATAVELE Arlindo Alberto Delegierter
Mosambik
44 P RYCHCIK Krzysztof
Visitatorieoberer Sambia-Malawi-
Namibia-Simbabwe
45 P KUNDA Christopher
Delegierter
Sambia-Malawi-
Namibia-Simbabwe
Salesianische Region: Lateinamerika (Süd)
46 P ROMERO Hector Gabriel
Provinzial
47 L SAADE Osvaldo Fernando
Delegierter
48 P PERERA Darío Ramón
Provinzial
49 L CAMILETTI Agustín
Delegierter
50 P SANTOS Gildásio
Provinzial
51 P SACRAMENTO Ricardo Sávio do Delegierter
52 P CARLOS Ricardo
Provinzial
53 P OLIVEIRA Ademir
Delegierter
Nordargentinien
Nordargentinien
Südargentinien
Südargentinien
Brasilien Belo Horizonte
Brasilien Belo Horizonte
Brasilien Campo Grande
Brasilien Campo Grande
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17.10 Page 170

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Anhang
54 P SANTOS Jefferson Luis
Provinzial
55 P DA CUNHA Daniel Olivera
Delegierter
56 P DA SILVA Gilson Marcos
Provinzial
57 P SANTOS Renato dos
Delegierter
58 P PESSINATTI Nivaldo Luiz
Provinzial
59 P VIEIRA Francisco Inácio
Delegierter
60 P PICCININI Justo Ernesto
Provinzial
61 L OLIVEIRA Marcelo dos Santos Delegierter
62 P LIRA Carlo
Provinzial
63 P ALBORNOZ David
Delegierter
64 P VILLALBA Mario
Provinzial
65 L CÁCERES Cristóbal
Delegierter
66 P BAUER Alfonso
Provinzial
67 P PÉREZ Jorge
Delegierter
Brasilien Manaus
Brasilien Manaus
Brasilien Porto Alegre
Brasilien Porto Alegre
Brasilien Recife
Brasilien Recife
Brasilien São Paulo
Brasilien São Paulo
Chile
Chile
Paraguay
Paraguay
Uruguay
Uruguay
Salesianische Region: Ostasien – Ozeanien
68 P MATTHEWS William
Provinzial
Australien
69 P GRAHAM Bernard
Delegierter
Australien
70 P NG Joseph
Provinzial
China
71 P LEONG Domingos
Delegierter
China
72 P MARTIN Gerardo
Provinzial
Nordphilippinen
73 P CAMAYA Joel
Delegierter
Nordphilippinen
74 P ATIENZA Godofredo
Provinzial
Südphilippinen
75 L VILLORDON Edward
Delegierter
Südphilippinen
76 P HAMAGUCHI Jacobo
Provinzial
Japan
77 P LAP Michael
Delegierter
Japan
78 P WONG Andrew
Visitatorieoberer Indonesien
79 P BELO Lino
Delegierter
Indonesien
80 P CHOI Timothy
Provinzial
Korea
81 P BAEK Marcello
Delegierter
Korea
82 P SAW Charles
Visitatorieoberer Myanmar
83 P ZEY AUNG Bosco
Delegierter
Myanmar
84 P MARAVILLA Alfred
Visitatorieoberer Papua-Neuguinea
und Salomoninseln
85 P PARAPPILLY Robinson
Delegierter
Papua-Neuguinea
170

18 Pages 171-180

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18.1 Page 171

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Anhang
86 P THEPHARAT PITISANT John Bosco Provinzial
und Salomoninseln
Thailand
87 P NIPHON SARACHIT Peter
Delegierter
Thailand
88 P NETO Apolinário
Visitatorieoberer Osttimor
89 P De SOUSA Mario
Delegierter
Osttimor
90 P NGUYEN VAN QUANG Giuseppe Provinzial
Vietnam
91 P LÊ AN PHONG Barnaba
Delegierter
Vietnam
92 L NGUYEN DUC NAM Domenico Delegierter
Vietnam
Salesianische Region: Südasien
93 P SILVEIRA Savio
Provinzial
94 P FURTADO Adolph
Delegierter
95 P PINTO Anthony
Delegierter
96 P GOMES Nirmol
Provinzial
97 P CHUNKAPURA Jose
Delegierter
98 P PAURIA Joseph
Delegierter
99 P KURUVACHIRA Jose
Provinzial
100 P PATHIKULANGARA Jerry Thomas Delegierter
101 P THOTTATHIMYALIL Francis Delegierter
102 P SANGMA Januarius
Provinzial
103 L KARAKOMBIL Joby Mani (Louis) Delegierter
104 P PULIANMACKAL Biju Michael Delegierter
105 P THATHIREDDY Vijaya Bhaskar Provinzial
106 P THUMMA Vijaya Pratap
Delegierter
107 P THONIKUZHIYIL Joyce Mathew Provinzial
108 P KOROTH Sivy
Delegierter
109 P KUTTIANIMATTATHIL Jose
Delegierter
110 P KOCHAMKUNNEL Jose
Provinzial
111 P JOSEPH Andrew
Delegierter
112 P LOURDUSAMY Don Bosco
Delegierter
113 P KOORAPPALLIL Jose Mathew Provinzial
114 P KERKETTA Shilanand
Delegierter
115 P MANIPARAMBEN Davis
Delegierter
116 P FERNANDES Fèlix
Provinzial
117 P TELLES Clive
Delegierter
Indien Mumbai
Indien Mumbai
Indien Mumbai
Indien Kalkutta
Indien Kalkutta
Indien Kalkutta
Indien Dimapur
Indien Dimapur
Indien Dimapur
Indien Guwahati
Indien Guwahati
Indien Guwahati
Indien Hyderabad
Indien Hyderabad
Indien Bangalore
Indien Bangalore
Indien Bangalore
Indien Chennai
Indien Chennai
Indien Chennai
Indien Neu Delhi
Indien Neu Delhi
Indien Neu Delhi
Indien Panjim
Indien Panjim
171

18.2 Page 172

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Anhang
118 P LYNGKOT Paul Olphindro
119 P CHURULIYIL Manoj
120 P ZOSIAMA John
121 P SARPRASADAM Agilan
122 P JEYARAYAN Amala
123 P ROYAN Ricopar
124 P ALMEIDA Joseph
125 P ATHTHIDIYAGE Chalana
Provinzial
Indien Shillong
Delegierter
Indien Shillong
Delegierter
Indien Shillong
Provinzial
Indien Tiruchy
Delegierter
Indien Tiruchy
Delegierter
Indien Tiruchy
Visitatorieoberer Sri Lanka
Delegierter
Sri Lanka
Salesianische Region: Mittel- und Nordeuropa
126 P OBERMÜLLER Petrus
Provinzial
Österreich
127 L MAYER Günter
Delegierter
Österreich
128 P WAMBEKE Wilfried
Provinzial
Nordbelgien
129 P HAELVOET Eric
Delegierter
Nordbelgien
130 P VACULÍK Petr
Provinzial
Tschechien
131 P ŽENÍŠEK Pavel
Delegierter
Tschechien
132 P ŠUTALO Tihomir
Provinzial
Kroatien
133 L BEŠLIĆ Domagoj
Delegierter
Kroatien
134 P FEDERSPIEL Daniel
Provinzial
Frankreich und
Südbelgien
135 P ERNST Xavier
Delegierter
Frankreich und
Südbelgien
136 P BRIODY James
Provinzial
Großbritannien
137 P ANDERSON Kieran
Delegierter
Großbritannien
138 P GESING Reinhard
Provinzial
Deutschland
139 L GOLDSMITS Mike
Delegierter
Deutschland
140 P VON HATZFELD Hatto
Delegierter
Deutschland
141 P McDONNELL Eunan
Provinzial
Irland
142 P HENNESSY Patrick
Delegierter
Irland
143 P FORMOSA Paul
Visitatorieoberer Malta
144 P FALZON Robert
Delegierter
Malta
145 P JARECKI Tadeusz
Provinzial
Polen Warschau
146 P SOLARSKI Przemysław
Delegierter
Polen Warschau
147 P ZDZIEBORSKI Jacek
Delegierter
Polen Warschau
148 P JACHIMOWICZ Roman
Provinzial
Polen Piła
172

18.3 Page 173

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Anhang
149 P POPŁAWSKI Adam
150 P SZULCZYŃSKI Witold
151 P PIZOŃ Jarosław
152 P MAZUR Roman
153 P KAZNOWSKI Marcin
154 P WOCIAL Michał
155 P BUČÁNY Peter
156 P KAČMÁRY Martín
157 P KOŠNIK Marko
158 P KOLAR Bogdan
159 P MANÍK Karol
160 P PLATOSH Andrii
161 P ANDRÁSFALVY János
162 P VITÁLIS Gábor
Delegierter
Polen Piła
Delegierter
Polen Piła
Provinzial
Polen Wrocław
Delegierter
Polen Wrocław
Provinzial
Polen Kraków
Delegierter
Polen Kraków
Provinzialvikar Slowakei
Delegierter
Slowakei
Provinzial
Slowenien
Delegierter
Slowenien
Visitatorieoberer Ukraine
Delegierter
Ukraine
Provinzial
Ungarn
Delegierter
Ungarn
Salesianische Region: Mittel- und Nordamerika
163 P BATISTA Francisco
164 P MARRERO Adán Luis
165 P ORTIZ Javier
166 P ROCABADO Alvaro
167 P PRADO José Ángel
168 P GUZMÁN Rodolfo
169 P GÓMEZ RÚA John Jairo
170 P JARAMILLO Rubén
171 P VALENCIA Luis Fernando
172 P GUERRERO José Ariel
173 P SÁNCHEZ Francisco
174 P CÁRDENAS Juan
175 P MÉSIDOR Jean-Paul
176 P BONHOMME Morachel
177 P OROZCO SÁNCHEZ Hugo
178 P LARA PÉREZ Eduardo
179 P OCAMPO URIBE Ignacio
180 P MORALES Paulo Armando
181 P CAYO Manuel
Provinzial
Delegierter
Provinzial
Delegierter
Provinzial
Delegierter
Provinzial
Delegierter
Provinzial
Delegierter
Provinzial
Delegierter
Provinzial
Delegierter
Provinzial
Delegierter
Provinzial
Delegierter
Provinzial
Antillen
Antillen
Bolivien
Bolivien
Mittelamerika
Mittelamerika
Kolumbien Bogotà
Kolumbien Bogotà
Kolumbien Medellín
Kolumbien Medellín
Ecuador
Ecuador
Haiti
Haiti
Mexiko Guadalajara
Mexiko Guadalajara
Mexiko Mexiko-Stadt
Mexiko Mexiko-Stadt
Peru
173

18.4 Page 174

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Anhang
182 P MEDINA Pablo
183 P ZAK Timothy
184 P CONWAY Michael
185 P MONTEMAYOR Ted
186 L VU Alphonse
187 P MONTENEGRO Rafael
188 P OLIVEROS Ramón Alfredo
Delegierter
Provinzial
Delegierter
Provinzial
Delegierter
Provinzial
Delegierter
Salesianische Region: Mittelmeerraum
189 P ASPETTATI Stefano
Provinzial
190 P COLAMEO Roberto
Delegierter
191 P MERLINI Daniele
Delegierter
192 P VERLEZZA Maurizio
Delegierter
193 P STASI Enrico
Provinzial
194 P BARONE Luca
Delegierter
195 P DEGIORGI Giorgio
Delegierter
196 L TOSO Gianluca
Delegierter
197 P GIACOMAZZI Giuliano
Provinzial
198 P LEONI Erino
Delegierter
199 P PICCINOTTI Giordano
Delegierter
200 P SANTORSOLA Angelo
Provinzial
201 P ROMA Gianpaolo
Delegierter
202 P BIFFI Igino
Provinzial
203 P GAETAN Enrico
Delegierter
204 P ZANCHETTA Silvio
Delegierter
205 P D’ANDREA Giovanni
Provinzial
206 P COSTA Giuseppe
Delegierter
207 P VIVIANO Michele
Delegierter
208 P LEÓN MENDOZA Alejandro José Provinzial
Peru
Vereinigte Staaten, Ost
Vereinigte Staaten, Ost
Vereinigte Staaten, West
Vereinigte Staaten, West
Venezuela
Venezuela
Mittelitalien
Mittelitalien
Mittelitalien
Mittelitalien
Italien Piemont und
Aostatal
Italien Piemont und
Aostatal
Italien Piemont und
Aostatal
Italien Piemont und
Aostatal
Italien Lombardei
Emiliana
Italien Lombardei
Emiliana
Italien Lombardei
Emiliana
Süditalien
Süditalien
Nordostitalien
Nordostitalien
Nordostitalien
Italien Sizilien
Italien Sizilien
Italien Sizilien
Mittlerer Orient
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18.5 Page 175

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Anhang
209 P ZAKERIAN Simon
Delegierter
210 P MENDNOÇA José Aníbal
Provinzial
211 P FREITAS De SOUSA Juan Eduardo Delegierter
212 P ASURMENDI MARTÍNEZ Ángel Provinzial
213 P CANINO Miguel
Delegierter
214 P MIRANDA Fernando
Delegierter
215 P NÚÑEZ José Miguel
Delegierter
216 P PÉREZ Juan Carlos
Provinzial
217 P GARCÍA SÁNCHEZ Fernando Delegierter
218 P GUTIÉRREZ Luis Fernando
Delegierter
219 P SEGURA Samuel
Delegierter
Mittlerer Orient
Portugal
Portugal
Spanien Sevilla
Spanien Sevilla
Spanien Sevilla
Spanien Sevilla
Spanien Madrid
Spanien Madrid
Spanien Madrid
Spanien Madrid
Università Pontificia Salesiana (UPS)
220 P RIVA Eugenio
221 P MANTOVANI Mauro
Visitatorieoberer UPS
Delegierter
UPS
Generalat und direkt vom Generaloberen abhängige Gemeinschaften
222 P CAMERONI Pierluigi
Delegierter
RMG
Eingeladene Beobachter
223 L BECERRA Christian
Gast
224 P BOZZOLO Andrea
Gast
225 L CHINAPPAN Francis
Gast
226 P HAIDUKEVICH Viktar
Gast
227 P HOBZA Martin
Gast
228 P KETTNER Siegfried
Gast
229 P LASARTE Martín
Gast
230 L LOPES Marçal
Gast
231 L METOULE David
Gast
232 P MUÑOZ RUIZ Eusebio
Gast
233 P OCHE Anthony
Gast
234 L PÉREZ GÓMEZ Marcelo
Gast
235 P PULIKKAL Joseph
Gast
236 P SALA Rossano
Gast
Peru
Italien Piemont und
Aostatal
Indien Chennai
Polen Warschau
Tschechien
Österreich
Angola
Osttimor
Äquatorialafrika
RMG
Englischsprachiges
Westafrika
Spanien Madrid
Ostafrika
Mittelitalien
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Anhang
237 P SCHWEIZER Thomas
Gast
238 P SORO Denis
Gast
239 P SOTO Roel
Gast
240 P TIMKO Peter
Gast
241 L VADAKKEVETTUVAZHIYIL
Sunny Joseph
Gast
242 P VITO PAU Petelo
Gast
Deutschland
Französischsprachiges
Westafrika
Thailand
Slowakei
Indien Dimapur
Australien
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